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Der Wächter

von

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Wilde Magie

Jake

Jake blinzelte. Um ihn herum war es weder dunkel noch hell. Weder farbenfroh, noch eintönig. Seine Umgebung schien keine feste Form zu haben. Schemenhafte Umrisse bildeten sich und verfielen gleich wieder. Er sah nichts und doch alles. Ein eigenartiges Erlebnis.

Auch seine anderen Sinne waren von den hiesigen Eindrücken verwirrt. Es war weder laut noch leise. Der Geschmack auf seiner Zunge wechselte so schnell, dass er nicht imstande war ihn zu erfassen. Ebenso erging es ihm bei seinem Geruchssinn. Selbst die Temperatur um ihn herum schwankte stark. Von eiskalt bis brütend heiß.

Nur eines wusste er mit Bestimmtheit: Er befand sich im Inneren der magischen Kugel. Um ihn waberte reine, wilde Magie. Das Chaos höchstpersönlich. Das Seltsame daran war aber, er war allein. Weder Isaak noch Morgan le Fay konnte er in seiner Umgebung ausmachen.

Um sich von den verstörenden Sinneseindrücken abzulenken sah er an sich herab. Etwas Bekanntes zu sehen würde ihm sicher helfen sich zu beruhigen. Jedoch war da nichts. Kein Körper, keine Arme oder Beine, einfach gar nichts. Wie es schien bestand er aus zwei Augen inmitten von allem und nichts.

Mehr als diese Tatsache beunruhigte ihn etwas anderes. Wo war Isaak? Bis vor einem Augenblick hatte er sich noch an den Rücken seines Freundes geklammert. Nun aber war er allein.

Jake schloss die Augen, aber er sah immer noch seine Umgebung. Ob er überhaupt Augenlider hatte? Egal. Er musste sich konzentrieren. Ihre Verbindung, wenn auch sehr schwach, existierte noch. Das war schon mal eine gute Nachricht. Mehr als das sein Geliebter lebte, vermochte er jedoch nicht zu sagen. Weder ein Gefühl noch ein Gedanke konnte er auffangen.

“Löse die Verbindung.”

Hätte Jake einen Körper gehabt, dann wäre er zusammengezuckt. So aber sah er sich um. Woher kam diese Stimme?

“Was ihr getan habt ist abscheulich. Widernatürlich.”

Das sehe ich anders, hätte er am liebsten erwidert, doch ohne einen Mund konnte er nichts sagen und mental wollte er nicht mit einem ihm unbekannten Wesen sprechen.

“Löse die Verbindung und befreie dich von dieser Last.”

Egal, wohin er sah. Jake war allein. Die Stimme schien direkt in seinen nicht vorhanden Kopf zu sprechen. Ergab das einen Sinn? In dieser chaotischen Welt offenbar schon.

“Löse dich und sei frei.”

Nein. Jake liebte Isaak von ganzem Herzen. Niemals würde er ihre Verbindung so einfach aufgeben. War die Stimme, weder Mann noch Frau, Morgan le Fay? Versuchte sie ihn zu einer Dummheit zu überreden? Wenn er ihre Verbindung trennte, dann würden sie beide sterben. So verlangte es ihre Seelenbindung.

“Das ist eine Lüge. Alles war eine Lüge. Isaak hat dich nur benutzt. Er liebt dich nicht. Du bist für ihn nicht mehr als eine schnelle Nummer für Zwischendurch.”

Lüge!

“Es ist die Wahrheit. Warum sonst hat er dir immer so viel verschwiegen? Er hat es selbst zugegeben, dass er dir nur einen Teil seines Verstandes zeigt. Den Teil, den er kontrollieren kann. Die Lüge, die dein Herz verwirrt hat. In Wahrheit liebt er dich nicht. Er hatte nie Gefühle für dich, die tiefer gingen als seine Wolllust.”

Das stimmte nicht. Isaak liebte ihn, da war er sich sicher.

“Wie sicher kannst du dir schon sein? Sei kein Narr. Seitdem du diesem Scharlatan ins Netz gegangen bist, steht dein Leben auf dem Kopf. Das war alles sein Werk. Isaak manipuliert dich. Mach endlich die Augen auf, bevor es zu spät ist.”

Jake wollte nicht länger zuhören. Sich die Ohren zuhalten war jedoch keine Option. Dazu fehlte ihm ein Körper. Konnte er denn gar nichts tun? Mental rief er nach seinem Freund. Eine Antwort erhielt er aber nicht.

“Er hat dich fallen gelassen. In dem Augenblick in dem du keinen Nutzen mehr für ihn hattest, hat er dich zum Sterben zurückgelassen.”

Was für eine fadenscheinige Lüge. Nicht nur, dass Isaak so etwas niemals tun würde, sein Tod wäre auch der von Isaak.

“Eine weitere Lüge, damit du von ihm abhängig bist. Du benötigst ihn nicht, um zu leben. Löse die Verbindung und erkenne die Wahrheit.”

So langsam ging Jake diese Stimme auf die Nerven. Sie schien in seinem Kopf, in seinen Gedanken zu sein. Aber wer oder was war sie?

“Ich bin alles und nichts. Der Anfang und das Ende. Isaak würde mich wilde Magie nennen, doch bin ich viel mehr als das. Ich existiere seit Anbeginn der Zeit und werde da sein, bis in alle Ewigkeit.”

Das war nicht gerade aufschlussreich. Genervt verdrehte Jake die Augen. Ob er es allerdings wirklich Tat oder nur dachte, dass er es tat, konnte er nicht feststellen. Derart körperlos zu sein hatte entscheidende Nachteile.

“Löse die Verbindung und ich gebe dir deinen Körper wieder.”

“Leck mich”, konterte Jake mental. Bisher hatte er es vermieden direkt mit der Stimme zu reden, aber seine Geduld war aufgebraucht. “Wo ist mein Freund?”

“Deine wirklichen Freunde schweben in großer Gefahr. Ohne deine Hilfe werden sie nicht überleben.”

“Was soll das bedeuten?”

“Diese törichte menschliche Magierin hat Wesen aus der Urzeit gerufen. Dinge, die sie besser nicht geweckt hätte. Sie gehören wie ich dem Chaos allen Seins an. Sollten sie nicht aufgehalten werden, so wird alles Leben auf der Erde ein Ende finden. Noch können sich deine Kameraden gegen sie behaupten, doch wie lange noch?”

Sein Rudel war in Gefahr? “Sam”, rief er in die Verbindung der Wölfe hinein. Nachdem er eine Sekunde lang auf eine Antwort gewartet hatte, öffnete er sich komplett und suchte in der Verbindung nach seinen Leuten.

“Ein aussichtsloses Unterfangen. Morgan le Fay hat die mentale Verbindung zwischen dir und deinem Rudel unterbrochen. In dem Augenblick in dem sie dich berührte, legte sie einen Bann auf dich.”

Das zumindest stimmte wohl. Er konnte keinen der Wölfe spüren. Weder ihre Gedanken noch ihre Gefühle drangen zu ihm durch. Verdammt! Was sollte er jetzt machen?

“Löse die Verbindung, dann lasse ich dich gehen. Ich schenke dir das Leben und gebe dir einen Körper. Dann kannst du dein Rudel retten.”

“Wo ist Isaak?”

“Hier und dort. Überall und nirgendwo. Der Mann, den du kanntest, existiert nicht mehr.”

“Lügner. Ich kann spüren, dass er am Leben ist.”

“Er lebt, so wie auch du noch am Leben bist. Gleichsam seit ihr tod. Ohne eure physischen Hüllen ist das eine Frage der Perspektive.”

Das ergab irgendwie Sinn. Aber auch nicht. Jake konnte denken und fühlen. Also war er am Leben. Was die Angelegenheit mit seinem Körper betraf, so sagte die Stimme anscheinend die Wahrheit. Konnte man ohne einen Körper am Leben sein? Es schwierige Frage. Darüber würde er später nachdenken.

“Wenn Isaak so wie ich noch existiert. Dann bring mich zu ihm.”

“Nein. Er und Morgana haben es gewagt meine Ruhe zu stören. Das werde ich ihnen nicht vergeben. Sie haben ihr Schicksal besiegelt in dem Augenblick als sie mir eine Form gaben.”

“Du bist die magische Kugel”, schlussfolgerte Jake.

“Wenn es dir hilft es zu verstehen, dann sieh es so.”

Innerlich ärgerte er sich über die Stimme. Sprach sie absichtlich in Rätseln, um ihn zu verwirren?

“Lass mich mit Isaak reden.”

“Nein.”

“Warum nicht?”

“Es ist unmöglich.”

Das war nicht die Antwort, die er hören wollte. So kamen sie nicht weiter.

“Warum ist das unmöglich?”

“Er und Morgana sind ein Teil von mir. Keinen von beiden werde ich gehen lassen. Dieses Gespräch dauert schon zu lange. Löse jetzt die Verbindung oder ich werde auch dich verschlingen.”

Jake zuckte mit seinen imaginären Schultern. “Dann verschling mich.” In einer Welt ohne Isaak wollte er nicht leben.

“Du hast ein reines Herz, daher verdienst du meine Gnade. Überdenke deine Wahl. Es ist nur zu deinem besten.”

Irgendwie klang das nach eine sehr weit her geholten Begründung. Das war seltsam. Wenn dieses Wesen wirklich so mächtig war, wie es sich selbst darstellen, warum verschwendete es so viel Zeit damit, ihn zu überzeugen?

Hatte die Stimme gelogen? Was wenn das alles hier nur ein ausgeklügelter Plan von Morgana war? Jake war sich nicht sicher. Er beschloss, auf volles Risiko zu gehen. Wenn die Stimme ihm nicht helfen wollte, dann musste er eben selbst einen Ausweg finden.

“Es gibt nur einen Ausweg. Löse die Verbindung.”

Nun war er sich sicher. Was auch immer diese Stimme war, sie wollte, das er die Verbindung zu Isaak abbrach. Was würde geschehen, wenn er genau das Gegenteil machte?

“Wage es ja nicht. Ich werde dich verschlingen.”

“Du bluffst doch”, schnaubte Jake mental und konzentrierte sich. Das hätte er von Anfang an tun sollen. Jake griff nach ihrer Verbindung und zog daran.

Die Welt um ihn her begann zu pulsieren.

“Hör auf damit.”

Täuschte er sich oder klang die Stimme verzweifelt? Hätte Jake einen Mund, so würde er nun schelmisch Grinsen. Der Gedanke würde wohl reichen müssen. In seinem Geist stellte er sich ihre Verbindung wie einen Faden vor. Ein Ende war er, das andere Isaak. Wenn er nun die Schnur einholte dann würde er seinen Freund schon finden.

“Ok, ok. Neuer Deal …”, begann die Stimme, aber Jake hörte ihr nicht mehr zu. Die Verbindung zu seinem Liebsten vibrierte unheilvoll. Etwas war im Weg. Er konnte Isaak nicht näher zu sich ziehen. Nun dann eben andersrum, mit diesem Gedanken folgte er dem Faden und presste sich daran entlang.

Plötzlich stieß er gegen eine Art Barriere. Was war das denn? Egal. Nichts würde ihn aufhalten. Mit aller Gewalt drängte er sich gegen das, was ihn daran hinderte zu Isaak zu gelangen.

“Lass das!”, schrie die Stimme im Hintergrund.

Es knirscht und vor Jake entstand ein Riss im Raum. Noch einmal hämmerte er mit aller Gewalt gegen das Hindernis und es zerbrach. Er stolperte und fiel auf einen weißen Boden.

“Jake, wo kommst du denn her?”

So schnell er konnte hob er den Blick. Da war er, Isaak stand vor ihm. Im Gesicht seines Liebsten spiegelten sich unterschiedliche Emotionen wieder. Einerseits war Isaak verwirrt, aber auch sehr froh ihn zu sehen. Durch die Verbindung drangen nun auch wieder ihre Gefühle und Gedanken frei hin und her.

Bevor Jake sich vollständig erhoben hatte, war Isaak schon bei ihm, um ihm zu helfen. Schnell warf Jake noch einen Blick über die Schuler. Hinter ihm und um ihn erstreckte sich die vertraute weiße Leere, wie immer wenn er in Isaaks Verstand war.

Erleichtert diesen körperlosen Raum und der Stimme entkommen zu sein, schlang er die Arme um Isaak. So schnell hatte Jake nicht vor, seinen Geliebten wieder gehen zu lassen.

Die, wenn auch recht kurze, Zeit der Ungewissheit als körperloses Augenpaar, hatte sein Herz in Sehnsucht entflammt. Etwas, was er niemals freiwillig laut aussprechen würde.

Wie zwei Magneten fanden sich ihre Lippen und vereinigten sich zu einem überschwänglichen Wiedersehen-Kuss. Auch sein Freund hatte ihn vermisst. Isaak musste nichts sagen, Jake wusste es auch so.

Eine Ewigkeit, so schien es, standen sie einfach nur da und genossen die Nähe zueinander, bis Isaak fragte: “Wie bist du hier reingekommen?”

Etwas irritiert brachte Jake ein wenig Abstand zwischen ihnen, damit er seinem Freund in die Augen sehen konnte. “Ich bin unserer Verbindung gefolgt. Wir sind in deinem Kopf oder?”

Nachdenklich runzelte Isaak die Stirn. “Ja, wir sind in meinem Verstand. Um genau zu sein, in einer geheimen Ecke, dem sprichwörtlichen hintersten Winkel meines Seins.”

Jake löse die Umarmung. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn als er Isaaks Unbehagen spürte. Sein Freund wollte ihn nicht hier habe. Hatte die Stimme doch die Wahrheit gesagt? Verheimlichte Isaak etwas vor ihm? War alles zwischen ihnen eine Lüge gewesen?

Sein Freund verdrehte die Augen, dann stupste er Jake gegen die Nase. “Dummes Wölfchen.” Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht seinen Liebsten aus.

“Ich freue mich immer, dich zu sehen und ich habe nichts dagegen, dass du hier bist. Sieh dich ruhig um. Ich habe nicht vor, dir etwas zu verheimlichen.”

“Wenn das stimmt, warum bist du dann besorgt?” Jake musste es einfach wissen. Das würde ihm sonst keine Ruhe lassen.

“Nun ja”, druckste Isaak ein wenig herum. “Eigentlich sollte niemand, selbst du nicht, in diesem Bereich eindringen können. Nennen wir es einen Safe-Room. Das trifft es einigermaßen.”

Diese Worte beruhigen Jake kein Stück. “Und was versteckt du hier?”

“Alles Wissen über die Technologie und die Magie der Wächter. Ebenso meine wertvollsten Erinnerungen.”

Darum ging es also. Erleichtert atmete Jake aus, während er weiter zuhörte.

“Ich muss herausfinden, wie du es geschafft hast hier einzudringen. Offenbar gibt es eine Sicherheitslücke. Wie du weißt, liegt ein Blutschwur auf uns. Sollte jemand anderes als du es hierher schaffen, würde das uns beide umbringen.”

Ok, da war was dran. Nun konnte Jake verstehen, warum sein Freund so besorgt war. Allerdings wurde er durch das Gesagte neugierig. “Welche Erinnerungen lagerst du hier?”

“Alles, was mein Vater mir angetan hat und …”

“Erinnerungen an deinen Vater? Das ist doch nicht dein Ernst, oder? Sowas siehst du als wertvoll an?” Entsetzt starrte Jake ihn an. Er konnte einfach nicht glauben, was er zu hören bekam.

“Ja, Erinnerungen an meinen Vater”. Isaak runzelte die Stirn. “Egal, ob es mir gefällt oder nicht. Mein Leben als Mensch hat mich entscheidend geprägt und meinen Charakter geformt. Ich lagere hier auch jede Erinnerung, die mit dir zu tun hat.”

“Warum?”

“Einerseits, weil diese Erinnerungen meine Liebsten sind, zum anderen als reine Sicherheitsvorkehrung. Dieses Wissen ist zu gefährlich und könnte gegen mich verwendet werden.”

Jake legte den Kopf leicht schief. “Bist du nicht ein wenig paranoid? Was bringt es einem Fremden zu wissen, was dein Vater getan hat oder was zwischen uns läuft?”

“Stell dir mal vor, jemand dringt in meinen Verstand ein. Diese Person könnte meine Erinnerungen verfälschen. Es genügen winzige Veränderungen, um meinen Charakter und oder meine Gefühle komplett umzuschreiben.”

“Gib mir mal ein Beispiel”, forderte Jake. So ganz hatte er es immer noch nicht verstanden.

“Gut. Nehmen wir meine Entscheidung, keine Rache an meinem Vater zu nehmen und verdrehen wir sie ins Gegenteil. Ich wäre dann nicht mehr der, der ich jetzt bin. Selbst ich kann nicht vorhersehen, was dann mit meinem Charakter passieren würde.

Es könnte sein, dass ich mich mit dem Mord an meinem Vater zufrieden geben würde. Vielleicht würde ich auch anfangen aktiv Jagd auf Vergewaltiger zu machen, um meine Rachegelüste zu befriedigen. Oder ich könnte zu der Überzeugung gelangt sein, die Menschheit als ganzes zu beseitigen. Du siehst, eine winzige Änderung und ich könnte zu einer Bedrohung allen Lebens werden.”

Mit offenem Mund starrte Jake Isaak an. Damit hatte er nicht gerechnet. “Kannst du mir auch so einen Raum einrichten?”

“Den hast du bereits. Er befindet sich in deinem Unterbewusstsein. Durch den Blutschwur war es unabdingbar deine Erinnerungen vor dem Zugriff eines Fremden zu schützen.”

“Und das sagst du mir erst jetzt?”

Isaak senkte verlegen den Blick. “Erst hielt ich diese Information für unwichtig. Das Wissen über diesen Save-Room bringt dir auch nichts, solange du nicht verstehst, wofür er da ist. Außerdem hast du mehr als einmal gesagt, dass wir Wächter es übertreiben mit unseren Maßnahmen. Daher vermutete ich, es wäre besser, dich nicht damit zu behelligen.”

“Falsch gedacht”, knurrte Jake und sah genau, wie Isaak zusammenzuckte. Einen kleinen Augenblick ließ er ihn schmoren, dann begann Jake zu Grinsen. “Kopf hoch. Ich nehme dir das nicht übel. Ich weiß ja, wie anders dein Verstand arbeitet. Es ist aber gut zu wissen, dass meine Erinnerungen sicher sind und nicht manipuliert werden können.”

Sie sahen sich gegenseitig tief in die Augen. In solchen Momenten verstanden sie sich ohne ein weiteres Wort. Sie beendeten dieses Theme mit einem langen Kuss, inklusive einer sinnlichen Umarmung.

Nach einer Weile trennten sie sich voneinander. Nachdenklich fragte Isaak: “Jake, du hast vorhin über eine seltsame Stimme nachgedacht. Erklärst du mir bitte, was es damit auf sich hat?”

Mit einem Schulterzucken sagte Jake: “Sieh dir einfach meine Erinnerungen an. Das geht schneller.”

“Das kann ich gerade nicht.”

Jake runzelte die Stirn. “Was meinst du damit?”

“Ich bin nicht aus Spaß in meinem Save-Room. Mein Verstand ist vollkommen überlastet, so dass ich mich hierher zurückziehen musste.”

Diese Erklärung reichte Jake nicht aus, daher meckerte er wehleidig: “Komm schon, lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Erklär es mir, so dass auch ich es verstehen kann.”

Ok, das freche Schmunzeln und das Augenrollen seines Liebsten hatte er verdient. Sein Verhalten war eher das einen Kleinkindes. Aber hey, vor Isaak musste er sich nicht verstellen. Da konnte er so sein, wie er eben war.

“Erinnerst du dich daran, was ich dir in der Wüste über meinen Verstand gesagt hatte?”

“Du nimmst mehr war als ich und denkst anders, oder?”

“Ja, so in etwa. Normale Menschen blenden unbedeutende Informationen aus, ich hingegen verarbeite aktiv alle Sinneseindrücke. Genau das ist gerade mein Problem.

Hier, im Inneren der magischen Kugel, werden all meine Sinne mit derart vielen Eindrücken bombardiert, dass mein Verstand an seine Grenzen gestoßen ist. Um nicht verrückt zu werden, habe ich mich hierher zurückgezogen.”

Jake wusste genau, was Isaak meinte. Bevor er in dessen Geist eingedrungen war, ging es ihm ähnlich. Als normal denkender Mensch, konnte er aber das alles ausblenden. Sein Freund konnte das nicht.

Besorgt fragte Jake: “Wie geht es dir?”

“Es geht mir einigermaßen gut. Jedoch sind mir die Hände gebunden. Ich habe absolut keine Kontrolle mehr über meinen Verstand, meinen Körper oder meine Magie. Ich bin hier eingesperrt.”

Das klang ja noch schlimmer als Jake sich das ausgemalt hatte. “Kann ich dir irgendwie helfen?”

“Ich wüsste nicht, wie.” Isaak seufzte laut auf. “Auch für so einen Fall wurde der Save-Room erschaffen. Weder ich noch einer meiner Vorgänger hatte aber damit gerechnet, dass dieser Zustand länger als einen Augenblick anhalten könnte. In Anbetracht unserer massiven geistigen Aktivität haben wir ein solches Szenario als unmöglich angesehn. Da hat uns wohl unser Hochmut eine Falle gestellt.”

Mit einem gequälten Grinsen legte Jake ihm eine Hand auf die Schulter. “Selbst ihr Wächter seid nicht unfehlbar.”

Unwillig brummte Isaak vor sich hin. “Das habe ich auch nie behauptet.”

Zu gerne würde Jake seinen Freund noch ein wenig aufziehen, aber sie hatten wichtigeres zu tun. Sie mussten noch immer einen Weg aus der magischen Kugel finden und sich anschließend um Morgana le Fay kümmern.

Jake machte es sich auf dem Boden bequem und zog Isaak rücklings auf seinen Schoss. Dann erst begann er zu erzählen, was er erlebt hatte.

Einige Minuten, das glaube Jake jedenfalls, vergingen in denen Isaak über alles nachdachte. In der Zwischenzeit beschäftigte Jake sich damit seinen Freund zu streicheln. Er genoss die Nähe und die zarten Berührungen. Dabei glitten seine Gedanken langsam ab. Ob Sex in der Gedankenwelt möglich war? Würde sich das anders anfühlen?

Eher mechanisch antwortete ihm Isaak. “Theoretisch wäre es möglich. Jedoch kann ich dir nicht sagen, ob es da Unterschiede gibt. Das müsste man ausprobieren.”

Sein Freund hob den Kopf und sah ihm in die Augen. “Ein interessantes Gedankenkonstrukt. Lass uns das zu gegebener Zeit mal Testen.”

“Jetzt?” Jake legte absichtlich sein bestes schiefes Grinsen an den Tag.

“Nein.”

“Schade”, brummte Jake halbherzig. Er hatte es eh nicht ernst gemeint, oder doch?

Unvermittelt stand Isaak auf. “Du bist echt schlimm, Wölfchen.”

Jake nahm die angebotenen Hand seines Liebsten an und ließ sich hochziehen. “Ich nehme an, du hast einen Ausweg gefunden?”

“Ja und nein. Ich denke, die Stimme hatte Angst vor unserer Seelenverbindung. Immerhin hatte sie diese als abartig bezeichnet.”

Jake verengte die Augen, dabei knurrte er: “Diese Stimme war ein echt homophobes Arschloch.”

“Ich denke nicht, dass es um diesen Punkt ging.”

Ratlos sah er seinen Freund an.

“Wer oder was auch immer diese Stimme ist, ich glaube es ging ihr darum, dass sich unsere Seelen berührt haben.”

Das klang in Jakes Ohren weit hergeholt. Oder doch nicht? Immerhin wollte die Stimme nur eines, dass er die Verbindung zu Isaak unterbrach.

Jake knabberte nachdenklich an seine Unterlippe. “Du denkst, in dem wir genau das Gegenteil tun, was die Stimme will, kommen wir hier raus?”

“Es wäre möglich. Ich würde sagen, lass es uns versuchen. Etwas anderes fällt mir gerade nicht ein.” Mit diesen Worten drängte sich Isaak an ihn.

Jake nickte, dann zwängten sie sich durch den Spalt in der Barriere und berührten sich.

Vom Boden her sah Jake auf. Wie immer hatten sie sich voneinander entfernt, wie zwei gleichpolige Magneten schienen sie sich abzustoßen, sobald sich ihre Seelen berührten.

Der Save-Room war angereichert mit einer Unmenge an Energie. Viel mehr, als all die Male zuvor. Jake sah Isaak dabei zu, wie dieser aufstand. Sein Liebster hob die Arme hoch, während Jake den Atem anhielt.

Nichts geschah.

Nach einer Weile atmete er aus. “Was ist los?”

Niedergeschlagen ließ Isaak die Arme und gleich darauf die Schultern sinken. “Mit dem wenigen an Konzentration, die ich noch besitze, kann ich die Energie nicht bändigen.”

“Na toll”, grummelte Jake. “Und was sollen wir jetzt mit dieser Energie anfangen?”

“Ich könnte versuchen ein wenig davon in die Umgebung abzuleiten.”

So langsam verlor Jake die Geduld. Egal, ob die Stimme bezüglich seines Rudels gelogen hatte oder nicht, sie mussten hier raus und nach dem Rechten sehen. Allerdings machte er sich nicht allzu große Sorgen. Immerhin hatte er mit Sam einen kampferprobten Stellvertreter zurückgelassen.

“Das klingt besser als dumm rum zu sitzen. Tu es.”

Isaak zuckte mit den Schultern und hob erneut die Hände.

Plötzlich vibriert der ganze Raum.

“Was ist los?”, fragte Jake, während er versucht das gleichgewicht zu halten.

“Ich weiß es nicht.” Die Stimme seines Liebsten war vor Anstrengung verzerrt. Jake konnte nur hoffen, dass das ein gutes Zeichen war.

Plötzlich sah Jake etwas. Mit seinen Augen, mit seinen echten Augen. Eine Wand, weder weiß noch schwarz, und doch beides befand sich vor ihm.

Er zog den Kopf etwas zurück und stellte fest, sein realer Körper klammerte sich noch immer an Isaaks Rücken.

Wenn Jake es richtig verstand, schwebten sie an der gleichen Stelle, an der die Kugel sie verschluckt hatte. Von Isaak sah er nur den Rücken und einen Teil des Halses. Der Rest von seinem Freund steckte in der Kugel.

Im Isaaks Save-Room rief Jake aufgeregt. “Es funktioniert. Gib der Kugel noch eine Portion.”

“Zu Befehl”, knurrte Isaak zitternd vor Anstrengung.

Während er in der Gedankenwelt seinen Freund anfeuerte, sah er in der Realität, wie die Kugel in sich zusammen schrumpfte. Dabei gab sie Stück für Stück Isaaks Hinterkopf preis.

“Nur noch ein bisschen mehr und dein Kopf ist frei.”

“Ich versuche es ja”, beschwerte sich Isaak. “Das ist nicht so leicht, wie es aussieht.”

“Mach einfach.” Das war nicht gerade nett von Jake, aber was sollte er sonst machen. Er konnte seinen Liebsten nur mental beistehen. Mit Magie kannte er sich kein Stück aus.

“Es geht nicht”, rief Isaak auf einmal. “Ich verliere die Kontrolle.”

“Halte durch, ich versuch mal was.” Während er sprach löste er in der Realität eine Hand von Isaaks Brust, die er immer noch umklammert hielt, und zog sie aus der magischen Kugel. So weit so gut. Er schloss eine Faust und öffnete sie gleich wieder. Alles war so wie immer.

Damit wurde es Zeit für einen weiteren Vorstoß. Beherzt griff er nach Isaaks Haarpracht. Mit einem kräftigen Ruck riss er ihm den Kopf in den Nacken. Sogleich fanden sich ihre Blicke.

“Aua, das hat weh getan”, bescherte sich Isaak, grinste aber.

“Sorry.” Versöhnlich streichelte Jake die Kopfhaut seines Liebsten. Er war auf Nummer sicher gegangen und nicht gerade zimperlich gewesen.

“Schon gut.” Isaaks Augen waren noch immer auf ihn gerichtet, doch wusste Jake, dass sein Freund ihn gerade nicht wahrnahm.

Langsam schwebten sie rückwärts, wodurch Isaak ihre beiden Körper vollständig aus der Kugel herauszog. Erleichtert atmete sein Liebster aus. “Das wäre geschafft.”

In der Gedankenwelt saugte Isaak sämtliche Energie in sich auf, wobei er in der Realität seinen Blick auf die Kugel richtete. Mit erhobenen Händen knurrte sein Freund: “Und jetzt zu dir.”

In der Zwischenzeit hatte sich Jake wieder vollständig an Isaak festgeklammert, sie schwebten ja immer noch etliche hundert Meter in der Luft. Dann sah er fasziniert zu, wie sein Geliebter einen Strom reiner Energie auf die magische Kugel abfeuerte.

Die Sphäre schrumpfte rasch zusammen. Dabei fiel die ebenfalls befreite Magierin gen Erde. Morgan le Fay hatte ihren Aufenthalt innerhalb der wilden Magie offenbar mehr zugesetzt als ihm und Isaak.

Einen Augenblick lang sah er der Frau beim Fallen zu. “Nein”, schrie sie plötzlich und schlug mitten in der Luft wild um sich. Bevor sie aber auf dem Boden aufschlug, verschwand sie einfach.

Verdammt, sie war ihnen doch tatsächlch entkommen. Aber daran konnte sie nichts ändern. Vor allem da sein Freund noch immer mit der Kugel beschäftigt war.

Die wilde Magie hatte mittlerweile die Größe einer Kastanie angenommen. Diese schwebte zwischen Isaaks Händen. Aus den Gedanken seines Freundes erfuhr Jake, dass er versuchte die Magie zu bannen.

So ganz verstand Jake nicht, was Isaak da trieb. Einige Zauber später griff sein Liebster nach der Kugel. Zwischen Zeigefinger und Daumen hielt Isaak sie fest. Die Oberfläche der Magie war zwar immer noch ein Wirbel aus allem und nichts, aber sie hatte offenbar eine feste Form.

“Geschafft”, seufzte Isaak und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

“Was genau hast du mit diesem Ding vor?” Diese Frage beschäftigte Jake ungemein. Die wilde Magie war eine nicht zu unterschätzende Waffe. Wer wusste schon zu was diese Kugel alles fähig war.

“Keine Sorge. Solange meine Barrieren aktiv sind, droht keine Gefahr. Ich werde sie erstmal bei mir behalten. Wenn die Zitadelle wieder da ist, werde ich sie dort lagern. Zusammen mit all den anderen magischen Waffen, Artefakte und Fehlschlägen.”

Jake blinzelte. Nein, er fragte jetzt nicht weiter nach. Sie hatten wichtigeres zu tun. “Kannst du den Bann von mir nehmen. Ich muss wissen, was in Folks passiert.”

“Mal sehen”, murmelte Isaak, wobei Jake das Gefühl bekam, durchleuchtete zu werden. Nebenbei schlug sein Freund die Hände zusammen. Als er sie wieder öffnete war die magische Kugel verschwunden.

Es war immer interessant mit anzusehen, wenn Isaak etwas auf diese Art verschwinden ließ. Dabei gerieten Jakes Gedanken allerdings ein wenig auf Abwege. Er würde auch gerne etwas in ihn rammen.

“Später”, murmelte Isaak geistesabwesend. “Nur noch ein kleines bisschen. So, geschafft.” Mit dem Verklingen der letzten Silbe, öffnete sich Jakes Verbindung zum Rudel. Augenblicklich wurde er überschwemmt von Eindrücken, Gefühlen und Schreien!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tomasu
2022-02-15T19:40:35+00:00 15.02.2022 20:40
Oh mein Gott, ich stelle mir gerade Bildlich vor was du geschrieben hast und versuche meinen Phantasie mit der Realität da draußen in einklang zu bringen und bin immer wieder überwelltigt was andere Menschen sich erdenken können und mir zeigen das es so viel mehr gibt als meinen Kopf ^^

ich freue mich auf das weiter lesen und eine neue Frage ist auf meiner List erschienen ^^ was hat es mit der Kugel auf sich udn was mit der Stimme. Ich dachte erst die Stimme gehört Jakes zweifeln, aber scheinbar ist dem ja nicht so

Grüße TK ^^
Antwort von:  Drachenlords
20.02.2022 13:35
Hiho,
das mit der Stimme war ein spontaner einfall von mir. Mal sehen was damit noch anstelle.
Da sich diese FF langsam den Ende neigt, wird das wohl erst in der Fortsetzung geklärt werden ^^
Aber schön zu lesen, das ich zumindest einen echten Fan habe, dem gefällt was ich schreibe.

MFG
Drachenlords


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