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Der Wächter

von

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Das zoologische Forschungsinstitut

Als sie sich an die geänderten Lichtverhältnisse angepasst hatten, sahen sie, dass sie in einem großen runden Raum standen. Die Wände, die Decke, einfach alles bestand aus dem silbernen Material aus dem auch der Aufzug war. Eine feine Linie auf dem Boden zeigte an, wo sich die Plattform befand. Das Licht selbst schien aus dem Nichts zukommen. Sie konnten keine Lampen oder sonst etwas erkennen. Der Raum war vollkommen schmucklos und leer. Es gab keine Fenster, keine Treppen einfach gar nichts.

Isaak schmunzelte und stieg von der Plattform. „Also, es gibt Bereiche zu denen nur Wächter Zutritt haben. Zum Beispiel die Zentralkammer. KI, Lageplan.“

Eine in der Luft schwebende silbrige Kugel erschien, dann klappte sich unten eine Scheibe auf und sie sahen einen runden leeren Raum. Im Inneren des Raumes leuchteten kleine rote Punkte. „Das“ er zeigte auf die Punkte. „Sind wir. Die Steuerung ist intuitiv.“ Er machte eine einfache Abwärtsbewegung und die nächste Scheibe löste sich aus der Karte. Detailliert stellte sie das nächste obere Geschoss da.

„Es ist ganz einfach. Ihr könnt einfach auf einen Raum tippen oder der Matrix den entsprechenden Befehl geben. Wichtig ist nur, dass ihr immer das Befehlswort KI davorsetzt.“ Er machte eine wischende Bewegung und die Karte verschwand.

Isaak sah zu der Gruppe und lächelte. „Wirklich simpel. Ich zeige es euch mal. Macht es mir einfach nach. Bis gleich.“

Dann befahl er: „KI, bring mich zur Aussichtsplattform.“ Eine Art Pling erklang. Dann verfärbte sich ein kleiner Kreis auf dem Boden um den Wächter herum rot. Zusätzlich wurde dieser von einem bläulichen Schild umhüllt. Die kleine rote Scheibe schoss plötzlich in die Höhe und auf die Decke zu. Alle rissen die Augen auf und dachten, dass der Rotblonde gegen die Decke krachen würde. Dann öffnete sich ein Loch in der Decke und der Wächter flog durch dieses. Hinter ihm schloss sich das Loch wieder.

Die anderen standen mit offenen Mündern da. Dann schüttelte Bella dann Kopf und befahl: „KI, bring mich zur Aussichtsplattform.“ Ein anderer Ton erklang und die Frauenstimme sagte: „Befehl nicht ausführbar. Bitte verlassen sie die Aufstiegsplattform und wiederholen sie den Befehl.“

„Oh“, sage die junge Dame und hüpfte ausgelassen von der Plattform. Augenblicklich war Edward hinter ihr und schlag die Arme um sie. Bella kicherte und befahl: „KI, bring uns zur Aussichtsplattform.“ Diesmal erklang das Pling. Ein größerer roter Kreis erschien diesmal auf dem Boden. Dann schossen die beiden, eingehüllt von einer Barriere, davon.

„Wartet, lass mich nicht allein“, rief ihnen Jake hinterher. Da waren sie schon durch die Decke gesaust. Ungehalten sprang der Beta von dem Aufzug und brabbelte: „KI, bring mich zur Plattform.“

„Welche Plattform meinen Sie?“, fragte die Frauenstimme und der Lageplan erschien vor seinen Augen. Die Kugel spaltete sich mehrfach auf und einige Bereiche wurden grün umrandet.

„Die Aussichtsplattform. Bring mich zur Aussichtsplattform“, sagte er diesmal mit fester Stimme. Aber, nichts passierte. Er kratzte sich am Kopf und fragte: „KI?“

„Was kann ich für Sie tun?“, wollte diese wissen.

„Bring mich zur Aussichtsplattform“, knurrte er angefressen. Wieder passierte nichts. Isaak sagte durch ihre Verbindung: „Schatz, du musst jeden Befehl mit KI beginnen.“

„Ach so“, gab er schnell zurück und sagte Laut: „KI, bring mich zur Aussichtsplattform.“

Diesmal erklang das Bestätigungsgeräusch und er schoss davon. Nachdem er die Decke passiert hatte, sah er sich staunend um. Die Sphäre war innen offenbar hohl. Es gab dort einen gigantischen kugelförmigen Raum. Fast der ganze Bereich war mit einer detaillierten, leicht durchsichtigen, Darstellung der Erde ausgefüllt.

Dieser riesige Globus zeigte nicht nur Landmassen und Ozeane, nein auch das Wetter. Er konnte erkennen, dass es zu Hause offenbar regnete, jedenfalls an den dunklen Wolkenformationen gemessen, welche diesen Bereich überdeckte. Durch den Atlantik hindurch konnte er in das Innere der Darstellung sehen. Im Zentrum befand sich ein, mit einer Barriere abgeschirmter Bereich. Das war wohl die Zentralkammer.

Rund um den Globus waren Stockwerke mit je einem Laufsteg, inklusive Geländer angeordnet. Alles bestand aus dem silbernen Material.

Jake flog immer höher, wobei sein Aufzug dem Globus auswich. Dann schoss er auf die Decke des Raumes zu und dieses öffnete sich, kurz bevor er mit ihr kollidierte. Dennoch presste er die Augen zusammen und wartete. Es gab erneut ein leises Pling und er wagte einen Blick.

Sie standen im Freien. Jedenfalls gab es keine Wände. Eine weitere bläuliche Kuppel überspannte das Areal. Die Plattform maß nur etwa zwanzig Meter im Durchmesser und befand sich offenbar an der Spitze der Sphäre. Von seiner Position aus konnte er nichts anderes sehen als den blauen Himmel und einige wenige Wolkenfetzen.

Vom Rand der Plattform her winkte ihm Isaak fröhlich zu und er sprang schnell auf diesen zu. Diesmal gab es ein Geländer, dass machte es ihm deutlich leichter bis an den Rand zu gehen.

Der Wächter stellte sich hinter seinen Freund und nahm ihn in die Arme. Dann sagte er mit ruhiger Stimme. „Schau dir diese Aussicht an.“

Jake wagte einen Blick über den Rand der Plattform und staunte. Er konnte kilometerweit sehen. Unter ihnen erstreckte sich die Wüste, in der sie einen Tag verbracht hatten. Von hier oben aus sah er auch, dass die Sandfläche gar nicht so groß war. Sie mussten von der einen Seite zur anderen gelaufen sein. Drumherum war eine eher karge Landschaft mit Steinen, Felsen und Sand. Er konnte sogar einige kleine Zeltdörfer erkennen.

Jake entspannte sich und ein Seufzen entfuhr seinen Lippen. „Schön, nicht?“, flüsterte der Wächter ihm ins Ohr und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

„Das verstehe ich nicht“, sagte Edward nachdenklich. „Müssten wir nicht unter uns die Kugel sehen? Die war doch größer als dieser Bereich hier.“

„Oh, das liegt daran, dass die Außenhülle so modifiziert ist, dass man komplett hindurchsehen kann. Sonst hätten die Menschen diesen Außenposten schon längst gefunden. Auch wir sind unter dem Schild unsichtbar, von außen gesehen“, erklärte der Rotblonde leichthin, als wäre es das Normalste der Welt, dass es diese riesige fliegende, durchsichtige Kugel gab.

„Und was ist, wenn ein Flugzeug der Kugel zu nahekommt?“, hakte der Vampir nach.

„Das fliegt dann einfach durch den Außenposten durch. Das Wissen, wie genau das geht, ist geheim. Was ich dir sagen kann ist, dass die Kugel leicht phasenverschoben ist. Weder das Flugzeug, noch der Posten werden bei einem Durchflug beeinträchtigt.“

Irritiert runzelten die drei restlichen Personen die Stirn und zuckten synchron mit den Schultern. Dann wandten sich alle von dem Wächter ab.

Noch einen Moment lang standen alle vier schweigend da und genossen die Aussicht, dann löste sich Isaak von seinem Freund und sagte: „Ich fange dann mal an die Kernsysteme hochzufahren. Tobt euch ruhig aus. Alle Bereiche mit gefährlichen Dingen sind abgeriegelt, also keine Angst.“

„Warte“, sagte Bella und hielt den Wächter auf. „Was sollen wir in der Zeit machen? Und wie lange brauchst du dafür?“

„Es gibt hier so einiges Interessantes. Ihr findet bestimmt etwas, mit dem ihr euch beschäftigen könnt. Ruft einfach nach der Karte und seht es euch selbst an. Ich werde wohl so in etwa drei Stunden benötigen“, sagte der Wächter und drehte sich um.

„Eine Dusche wäre schön“, sagte Bella.

„Es gibt ein kleines Gästezimmer mit Dusche“, verriet der Rotblonde. Entschuldigend fügte er hinzu: „Dieser Außenposten ist recht klein und nicht dazu gedacht Besucher zu empfangen.“

„Was ist mit der KI? Die wirft uns nicht einfach raus oder macht etwas Ähnliches, wie die andere, oder?“, fragte die junge Dame mit zittriger Stimme.

Isaak grinste über die Schulter und schüttelte den Kopf. „Nein. Im eigentlichen Sinne ist sie auch keine KI. Sie ist nicht mehr als ein Computer mit Sprachsteuerung. Sie denkt nicht, ist nicht intelligent und macht nur das was man ihr sagt. Ein sehr rudimentäres System. Wir hatten nie wirklich Interesse daran es auszubauen. Es tut, was es soll, mehr interessiert uns nicht.

Wenn ihr etwas nicht versteht oder nicht wisst was es ist, dann fragte die KI, aber erwartet keine geistreichen Antworten. Viele Informationen sind auch für Nichtwächter verriegelt, zum Beispiel alles was mit Magie und Technologie zu tun hat. Ihr werdet also nicht erklärt bekommen, wie ein Gerät irgendwas macht, oder einen Bauplan erhalten. Ihr könnt aber fragen, was die Funktion ist und wie man es bedient.

So nun muss ich aber los. In diesem Außenposten gibt es nichts zu Essen. Wenn alles gut geht, sind wir gegen Mittag im nächsten, dort werden wir dann auch übernachten.“

Mental fragte Jake: „Darf ich mitkommen?“

„Tut mir leid, Wölfchen, aber die Zentralkammer darf nur ich betreten. Es sind doch nur drei Stunden, dann hast du mich wieder. Leider muss ich auch die geistige Verbindung unterbrechen. Das was ich tue muss ich vor dir verbergen. So sind nun einmal die Regeln. Zudem benötige ich meine volle Konzentration“, antwortete Isaak durch die Verbindung.

Schnell raubte sich der Beta noch einen Kuss, da sagte der Wächter auch schon: „KI, bring mich zur Zentralkammer.“ Nur wenige Augenblicke später war er auch schon weg. Auch spürte Jake wie sein Freund sich vor ihm abschottete. Unwillkürlich musste er schlucken. Er hatte sich so daran gewöhnt, stets und ständig mit Isaak verbunden zu sein, dass es ihm nun vorkam, als hätte man ihm einen Teil seiner selbst entrissen.

Der Wolfsjunge ließ kurz den Kopf hängen. Dann sah er zu den anderen und setzte ein falsches Lächeln auf. „Na dann erstmal duschen würde ich sagen. KI, bring uns drei in das Gästezimmer.“

Die Reise dauerte nicht sehr lange. Der gewünschte Raum war lediglich einen Stock tiefer. Die Außenwand war aus Glas, oder aus etwas anderem, bei den Wächtern konnte man ja nie wissen, sie war jedenfalls durchsichtig. Es gab ein einfaches Doppelbett und einen kleinen schmucklosen Schreibtisch. Der Raum wirkte sehr spartanisch. Das passte zu dem, was sie bisher über die Wächter wussten.

Eine Tür führte zu einem kleinen Bad. Hier gab es eine Überraschung. Auch hier war die Außenwand durchsichtig. Beim Duschen konnten man direkt in den blauen Himmel sehen. Zudem waren in dem Raum nur noch eine Toilette, eine Dusche und ein einfaches Waschbecken. Es gab keine Handtücher, Toilettenpapier oder Schränke. Nur eine seltsame Ablage ragte aus der Wand.

Irritiert deutete Jake auf diese und fragte: „Was soll denn das sein?“

„Keine Ahnung“, kam es von Bella. Diese war einerseits fasziniert von der Dusche, aber auch entsetzt über die karge Einrichtung.

„Hm“, sagte der Vampir drängte sich in den Raum und fragte laut: „KI, was ist das?“ er deutete auf die Fläche vor sich.

Die Frauenstimme antwortete: „Dies ist eine Reinigungs- und Wiederherstellung Plattform.“

„KI, was ist eine Reinigungs- und Wiederherstellung Plattform?“, fragte Bella, welche den Faden aufgenommen hatte.

„Diese Gerät ist für das Reinigen und Wiederherstellen von nicht lebenden Festkörpern aller Art ausgelegt.“

„Ok. Ich glaube das ist sozusagen eine Art Waschmaschine und Schneider in einem“, setzte Edward die Angaben der KI in verständliche Sprache um.

„Das versuchen wir doch gleich mal“, sagte Jake und zog sich das T-Shirt aus. Dann packte er das verschwitzte Teil auf die Plattform. Einen Augenblick passierte nichts, dann tauchte eine Art Display auf. Darauf befanden sich drei beschriftete Felder: Reinigen, Wiederherstellen, Beides.

Mutig drückte Jake auf Reinigen. Ein Kraftfeld überspannte den Bereich und es summte ein wenig. Auf dem Display lief ein Timer von zehn Sekunden rückwärts. Alle warten gespannt. Als die Zahl auf null sprang, verschwand das Kraftfeld und der Beta zog vorsichtig sein T-Shirt zu sich. Er roch daran und hielt es weit von sich.

„Boar, das stinkt. Vorher wars es deutlich besser“, murrte der Wolfsjunge.

Bella schnappe sich der Shirt und roch daran. „Das stinkt doch nicht, das ist Veilchen.“

„Ja, das stimmt“, bestätigte Edward und drückte auf dem Display auf ein kleines Zahnradsymbol. Einige Einstelloptionen wurden angezeigt. Der Vampir drückte auf Duft und das Display wurde größer. Mehrere Blumendüfte waren farblich hervorgehoben unter anderem auch Veilchen.

„Ah“, sagte der Blutsauger. Er deaktivierte alles und wählte Wald, aus. „Versuche es jetzt nochmal.“

Gesagt getan. Nach weiteren zehn Sekunden roch der Wolfsjunge abermals an den Klamotten und seufzte erleichtert auf. Viel besser. Jetzt roch sein Shirt so vertraut wie sein Zuhause. Genau sein Geschmack.

Bella und zu Jakes Verdruss auch Edward, schnüffelten an dem Stoff. „Cool“, sagte Bella und in ihren Augen glitzerte es. Die beiden Männer sahen sich an. Die junge Dame hatte also eine Beschäftigung für die nächste Zeit gefunden.

Bevor sie jedoch sich an dem Gerät festbeißen konnte, frage Jake: „KI, wo sind die Handtücher?“

„So etwas gibt es hier nicht“, sagte die Frauenstimme und alle schauten sich an. Sie versuchten verschiedene Fragen und kamen jedoch zu keinem Ergebnis.

Nach knapp drei Minuten platzte Jake der Kragen und er knurrt: „KI, wie trockne ich mich ab?“

„Wenn Sie abgetrocknet werden wollen, befehlen Sie einfach Abtrocknen.“

Ungläubig starrten sie sich gegenseitig an. So langsam verstanden sie, was der Wächter damit gemeint hatte, als er sagte das System sei recht simpel.

Bella schaute schon wieder gierig zu der Reinigungsablage. Schnell entschied Jake: „Ich gehe zuerst duschen und teste das mal. Nicht, dass Bella am Ende die Haut abgezogen wird oder so.“ Dann begann er einfach sich auszuziehen, womit er die beiden anderen erfolgreich in die Flucht schlug.

Bevor er duschte, wandte er sich zur Toilette. Auch hier war es ganz einfach. Er musste nur genau befehlen was er wollte und die KI tat das. Um sich später nichts anhören zu müssen, versuchte er es erneut mit: „KI, Raumspray Waldduft.“ Auch das funktionierte.

Dieser Geruch erinnerte ihn an zu Hause und hatte es ihm irgendwie angetan. Während er gleich die ganze Tasche mitsamt Inhalt reinigen und parfümieren ließ, ging er duschen. Das Abtrocknen war ein seltsames Erlebnis. Es fühlte sich so an, als ob er mit einem unsichtbaren Abzieher von Kopf bis Fuß vom Wasser befreit wurde. Einzig und allein seine Haare wurden nicht ganz trocken.

Wenig später kehrte er, eingehüllt in eine Wolke Waldaroma, in das Schlafzimmer zurück. Sofort schoss Edward ins Bad. Der Beta war rundum zufrieden mit sich und warf sich zu Bella auf das Bett, auf genau die Stelle, wo zuvor noch der Vampir gelegen hatte. „Gleich mal das Revier markieren“, dachte er sich und rieb sich an dem Laken.

Schnell schnupperte die junge Dame an ihm und seufzte. „Das riecht wie daheim.“

„Ja, super, nicht wahr?“, scherzte der Wolfsjunge und streckte sich genüsslich.

„Passt zu dir“, grinste sie zurück.

„Wenn du nichts dagegen hast, mache ich mal ein Nickerchen“, gähnte Jake und schloss die Augen.

„Mach das“, sagte sie und machte es sich ebenfalls bequem. Seitdem die seltsame Beziehung zwischen ihnen geklärt war, hatte der Wolfsjunge aufgehört zwanghaft einen Körperkontakt herzustellen. Bella sah das mit gespaltener Meinung. Einerseits vermisste sie die liebevollen Berührungen des anderen, andererseits war sie froh ihrem besten Freund keine Abfuhr mehr erteilen zu müssen. Für Jake stellten diese Kontakte immer etwas anderes da, als es für sie der Fall gewesen war.

Dann zuckte sie mit den Schultern und schmiegte sich an den Beta neben sich. Er war so schön warm. Auch wenn es in diesem Raum nicht kalt war, so hatte sie doch das Bedürfnis, sich an den anderen zu kuscheln. Mit angehaltenem Atem wartete sie dessen Reaktion ab.

Liebevoll tätschelte er ihr die Schulter und legte einen Arm schützend um sie. Diesmal fühlte es sich aber richtig an. Es war eine rein freundschaftliche Geste, von keinem der beiden gingen stärkere Gefühle aus. Auch zog Jacob sie nicht weiter an sich, so wie er es früher getan hatte. Ja, sie liebten sich, aber nicht wie ein Liebespaar, sondern wie Geschwister.

Wie zur Bestätigung dieser Annahme murmelte der Beta: „Ich liebe dich, kleine Schwester.“

Bella seufzte und flüsterte zurück: „Ich dich auch, Kleiner.“

Jake schnaubte und sein Brustkorb hüpfte ein wenig. Belustigt sagte er: „Sagte der Gartenzwerg.“

Auch die junge Dame grinste und erwiderte: „Pass bloß auf. David besiegt Goliath.“

Beide lachten und die Welt war für sie in Ordnung. Ein wenig miesepetrig sah Edward den beiden zu. Dann sagte er mit seiner melodischen Stimme: „Das Bad ist frei, Schatz.“ Seine Kleidung war wieder vollständig intakt und er roch leicht nach verschiedenen Blumen.

Wie von der wilden Tarantel gestochen sprang Bella auf und stürmte in den anderen Raum. Sie sagte noch: „Bis später“, da schloss sich auch schon die Tür. Die beiden zurückgebliebenen Männer sahen sich kurz in die Augen. Beide wussten, so schnell würde sie die junge Dame nicht wiedersehen.

Während sich Jake mit einem Grinsen weiter auf dem Bett ausbreitete, ging Edward zu dem Bürostuhl und beschäftigte sich damit, der KI Fragen zu stellen. Der Beta achtete nicht besonders auf den Blutsauger, bekam aber mit Genugtuung mit, dass die Frauenstimme immer mal wieder sagte: „Diese Information ist für Sterbliche gesperrt.“

Jake konnte sich ein bissiges Kommentar einfach nicht verkneifen: „Tja, offenbar gelten Blutsauger in den Augen der Wächter nicht als unsterblich. Würde mir zu denken geben.“

Gekonnt wurde er ignoriert und Edward machte einfach weiter mit seinen Fragen, während der Beta nun vollends einschlief.
 

Es klopfte. Jake schlug die Augen auf und saß kerzengerade im Bett. Wachsam sahen er und der Blutsauger zur Zimmertür.

„Darf ich reinkommen?“, fragte Isaaks gedämpfte Stimme.

„Klar“, erwiderte der Wolfsjunge und ließ sich in die Kissen zurücksinken. Die Verbindung war wieder da. Wären sie allein gewesen, so schwor er sich, dann hätte er seinen Freund nun besprungen und ihm am Boden festgenagelt. Da ihm dieses Verhalten aber einen Biss eingebracht hätte, weil es nicht gerade männlich war, entschied er sich dagegen. Außerdem hatte er keinen Bock, dass der Blutsauger ihnen dabei zusah. Der war eh der Stimmungskiller schlechthin, die olle Diskokugel.

Langsam kam der Wächter in den Raum und sah sich irritiert um. „Wart ihr die ganze Zeit in diesem Zimmer?“

„Ja“, antwortete Edward und entspannte sich ebenfalls.

„Seltsam. Normalerweise wandern Besucher immer umher und sehen sich alles an“, flüsterte der Rotblonde.

Die beiden anderen nickten zum Bad hin und Jake erklärte: „Bella hat sich offenbar an der Waschmaschine festgesaugt.“

„Sie ist schon seit Stunden da drin“, ergänzte der Vampir und grinste süffisant.

„Ah, du meinst die Reinigungs- und Wiederherstellungs-Plattform. Ich verstehe. Seitdem eine meiner Vorgängerinnen die Duftfunktion hinzugefügt hat, übt sie eine seltsam starke Faszination auf Frauen aus. In der Bedienungsanleitung steht sogar ein Hinweis zu diesem Phänomen. Dennoch ist es nur eine unbedeutende Spielerei“, erklärte Isaak und grinste.

Dann sagte er laut: „Bella, ich bin fertig. Du brauchst keine Angst zu haben, diese Plattformen haben wir in allen Außenposten installiert. Du hast noch ein paar Tage Zeit alles auszutesten.“

„Komme“, erklang die Stimme der jungen Dame und sie betrat den Raum.

„Hyazinthen“, sagte Isaak und Edward nickte eifrig. Jake hingegen verzog leicht das Gesicht. Unvermittelt maulte er zu seinem Freund: „Wehe du rennst auch mit so nem Blumenduft rum.“

„Keine Sorge, ich bevorzuge andere Aromen“, lachte der Wächter. Dann sagte er: „Kommt, ich will euch noch was zeigen bevor wir verschwinden.“

Er öffnete die Tür und alle folgten ihm. Zur Sicherheit nahm Jake auch gleich ihr Gepäck mit.

Sie traten auf den inneren Rundweg und Isaak deutete auf den großen Globus. „Ich habe schon etliche Stunden damit zugebracht von hier die Welt zu beobachten.“ Er seufzte.

Die anderen stimmten zu und Jake nahm seinen Freund von hinten in den Arm. Edward tat das Gleiche mit Bella. Alle starrten eine Weile auf die sich langsam drehende Darstellung der Erde.

Unvermittelt fragte der Vampir: „Was genau macht dieses Wetterkontrollobservatorium? Was ist ihr Zweck?“

„Hm, ich nehme mal an, die KI wollte das nicht verraten, oder?“, harkte Isaak nach.

„Ja“, bestätigte Jake. Diese Frage hatte er noch mitbekommen.

Der Wächter schüttelte sanft den Kopf und sagte: „Ich habe euch schon zu viel erzählt, da macht es keinen Unterschied, wenn ich das auch noch offenbare. Dieser Außenposten überwacht das weltweite Wetter und greift regulierend ein, falls es zu Problemen kommt.“

„Was?“, stieß der Blutsauger aus. „Ich dachte, ihr mischt euch nicht ein?“

„In der Vergangenheit war das Wetter bei weitem unbeständiger. Es stellte eine Bedrohung dar, also haben wir es gebändigt. Diese Maschine sorgt für optimale Bedingungen, damit das Leben im Allgemeinen erblühen kann. Das ist auch der Grund, warum die Menschen es einfach nicht schaffen, das Wetter genau vorherzusagen. Sie wissen nicht, dass die Wächter ihre Finger im Spiel haben.“

„Aber warum gibt es dann immer noch Hurrikans und solche Dinge?“, warf Bella fasziniert mit ein.

„Sagen wir mal so, wenn das Wetterkontrollobservatorium nicht eingreifen würde, dann wären diese Ereignisse um einiges Schlimmer. Es ist nur eine kleine Korrektur, keine vollständige Kontrolle vorgesehen. Das Wetter an sich ist ein natürliches Phänomen. Es gehört dazu und es hilft dem Planeten sich zu erneuern. Alles Schädliche zu entfernen, würde ebenfalls eine Gefahr für alles Leben bedeuten. Das ist der ewige Kreislauf von Leben und Tod.“

Isaak seufzte schwer: „Aber es wird schlimmer. Seitdem die Menschen die globale Erwärmung vorantreiben, muss immer mehr eingegriffen werden. Vielleicht wird der Tag kommen, an dem ich oder mein Nachfolger die Maschine abstellen und die Erde sich selbst überlassen muss. Das würde dann sprichwörtlich eine Apokalypse auslösen. Wir bereiten uns schon seit langem auf dieses Szenario vor.“

„Was meinst du damit?“, fragte Jake unruhig nach.

„Das ist Geheim“, sagte Isaak mit einem Grinsen im Gesicht. „Wenn ihr wollt, können wir sofort aufbrechen. Ich bin hier fertig.“

„Na dann. Von mir aus können wir los“, gab Bella zum Besten und alle stimmten ihr zu.

Isaak schmunzelte und befahl: „KI, bring uns alle zur Aufstiegsplattform.“

Das Pling erklang und sie wurden als eine Gruppe von dem blauen Kraftfeld umgeben. Dann schossen sie auf den Boden zu. Jake klammerte sich an Isaak, dieser streichelte ihm sanft über die Arme. Nach nur wenigen Sekunden erreichten sie auch schon den Eingangsbereich.

Der Wächter stellte sich auf die Scheibe und zog seinen Freund gleich mit. Dieser schnappte sich noch schnell die Tasche im Vorbeigehen. Auch die anderen beiden gesellten sich zu ihnen.

„So, habt keine Angst, euch kann nichts passieren“, beruhigte Isaak die Gruppe und forderte laut: „KI, starte Teleportation. Ziel: Außenposten 3.“

„Verstanden. Teleportationssequenz initiiert. Auf Wiedersehen, Wächter“, flötete die Frauenstimme.

Wie schon so auf dem Hochweg erschien ein blau schimmernde Kuppel um sie herum. Bevor sie sich jedoch Gedanken machen konnten, verschwand die Welt um sie herum und wurde schwarz.

Alle, außer der Wächter, zuckten zusammen, als eine tiefe Männerstimme sagte: „Authentifizierung erforderlich.“

Wie zuvor im ersten Außenposten sahen sie nichts außerhalb des Kraftfeldes. Zudem wuchs abermals die silberne Kristallsäule in der Mitte der Plattform empor. Isaak legte eine Hand auf und sagte seinen Namen. Nachdem die männliche KI mit der DNA-Analyse zufrieden war, erlosch der Schutzschild um sie herum.

Die KI begrüßte sie mit: „Willkommen im zoologischen Forschungsinstitut.“

Es war immer noch stockdunkel, dann ging langsam das Licht an. Der Raum sah ähnlich aus, wie der aus dem gerade herkamen. Der Boden bestand offenbar aus glänzendem schwarzen Granit mit weißen Einschlüssen. Die Kuppelförmige Decke war rabenschwarz.

Isaak grinste und befahl: „KI, aktivierte Aussichtsmodus.“

Ein Pling, wie in der anderen Struktur erklang, und die Kuppel um sie herum wurde durchsichtig. Erstaunt stellten alle fest, dass diese entweder aus Glas bestand oder ein Schutzschild war. Dann leuchtete sie kurz auf und gab die Aussicht auf eine blaue Umgebung preis. Alle stürzten an den Rand und sahen sich interessiert um.

Zu allen Seiten und nach oben hin war alles dunkelblau. Direkt um sie herum sahen sie eine karge Felsenlandschaft. Dann fiel ihr Blick auf eine gigantische Qualle, welche am Schirm leuchtete, wie ein Karussell auf dem Jahrmarkt.

„Wir sind Unterwasser“, sagte Edward verblüfft.

„Um genau zu sein befinden wir uns am Grund des Mariannengrabens, in zirka 11.000 Meter Tiefe“, erklärte der Wächter und zeigte zu einer Seite. „Dort könnt ihr eine der Wände des Grabens sehen.“

Die anderen sahen mit offenen Mündern auf eine massive Bergflanke.

„Dort seht ihr ein paar schwarze Raucher. Es ist sehr interessant die Tiere dort zu beobachten“, offenbarte der Rotblonde und zeigte der Gruppe einen dieser kleinen Unterwasservulkane, welcher keine zehn Meter vor ihnen aus dem Boden ragte.

Durchscheinende Korallenstrukturen umgaben den Schlot. Dazu gelbliche Muscheln und schneeweiße Krebse. Am Interessantesten waren die etwa ein Meter langen röhrenartigen Gebilde, welche außen weiß waren und an ihrer Spitze ein blutroter Schwamm herausragte.

„Wow“, entfuhr es Bella und Jake ehrfürchtig.

„Ich dachte nicht, dass ich jemals ein solches Biotop mit eigenen Augen zu Sicht bekommen“, gestand der Vampir.

„Was sind das da für Röhrendinger?“, fragte Bella aufgeregt.

„Das sind Bartwürmer“, erklärte ihr Edward und benannte auch die anderen Arten: „Das sind Hoff-Krabben und das da Venusmuscheln.“

„Da bin ich ja überflüssig“, gluckste der Wächter.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tomasu
2021-04-28T11:39:04+00:00 28.04.2021 13:39
Moin moin ^^

ich will auch mit auf die versiehenden Plattformen. Die Erde von Oben sehen und den Mon, die Welt Unter dem Meer und das ohne nass zu werden. Denn da ich auf einem Ohr kein Trommelfell besitze (noch nie gehabt) ist mir das untertauchen nur ein paar cm möglich. der druck bringt mich schon zum zusammenzucken wenn ich einen hügel runter fahre. das ist für mich horror.

grüße TK
Antwort von:  Drachenlords
04.05.2021 10:13
oh das klingt gar nicht gut. Sowas wie Achterbahn fahren kannst du ja dann auch nicht oder?
Hm... da kann man nur hoffen, dass es soetwas bald virtuell gibt, damit du alles machen kannst was du willst ^^

Ich hoffe mal die technische Seite der Wächter ist nicht zu viel. Mir hat es jedenfalls gut gefallen mir das alles auszudenken und zu konstruieren.

LG Drachenlords


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