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Der Wächter

von

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Auf Messers Schneide

Währenddessen tobte die Schlacht. Die Neugeborenen, die nichts von den Wölfen wussten und äußerst irritiert über deren Wildheit waren, schraken zurück. Ohne zu zögern stürzte sich das Rudel auf seine Feinde und nutzte die Verwirrung, um gleich vier von ihnen ohne Gegenwehr auszuschalten. Entsetzt über den Tod ihrer Kameraden, griff die Meute erneut an.

Sam zog sich rasch zurück und schüttelte Jakes Zorn ab. Dann verschaffte er sich einen Überblick. Das Rudel war vollkommen außer Kontrolle. Sie griffen wild und ungestüm an und zerstörten einen Vampir nach dem anderen, konnten dabei aber auch nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden. Mit seiner Macht steuerte er das Rudel und achtete darauf, dass die Wölfe nicht ausversehen die Cullens erwischten. Er war so beschäftigt, dass er kaum etwas anderes tun konnte, als im Hintergrund die Fäden zu ziehen.

Von seiner Position aus konnte er auch sehen, wie die Cullens sich nicht nur um sich selbst kümmerten, sondern auch seinen Wölfen halfen. Einige Male retteten sie ihnen sogar das Leben. Die Neugeborenen waren stärker als die anderen Vampire und drohten einige des Rudels zu zerquetschen, sobald sie diese in die Finger bekamen. Durch das beherzte Eingreifen der Cullens wurden Tote auf beiden Seiten verhindert.

Schnell verbesserte Sam seine Kontrolle über das Rudel und achtete mehr auf ihren Schutz. Als Gegenleistung für diese Hilfe, tat er es ihnen gleich und half auch den verbündeten Vampiren, wenn sie in der Klemme steckten. Erstaunt stellte er dabei fest, dass sie gut zusammenarbeiteten und sehr effizient die Anzahl der Gegner reduzierten.

Nach der ersten Welle kam eine zweite und dann eine dritte. Die Anzahl der Gegner schien nahezu endlos zu sein. Für jeden, den sie vernichteten, rückten mindestens zwei Neue nach.

Vollkommen außer sich tauchte nun auch Jake bei ihnen auf. Mit seinem ersten Sprung erledigte er bereits einen Angreifer und wütete anschließend, wie ein Berserker, in den Reihen der Gegner. Dabei ging er absolut rücksichtslos vor und Sam musste feststellen, dass er ihn nicht kontrollieren konnte, zumindest nicht, während er auch alle anderen bändigen musste.

Sämtliche Vampire, auch die Cullens, wichen rasch vor dem tollwütigen Wolf zurück. Dieser dachte jedoch nicht einmal im Traum daran seine Beute entkommen zu lassen. Es war nun lediglich eine Frage der Zeit, bis Jake auch den ersten Verbündeten zerreißen würde.

Jakes Toben erlaubte es dessen Verbündeten, die vor Schreck gelähmten Neugeborenen rasch zu vernichten.

Der Kampf schien, ohne gröbere Verletzungen seitens der Wölfe und der Cullens, bereits gelaufen zu sein. Plötzlich passierte es: Jake hatte keine Gegner mehr. Ohne Sinn und Verstand, absolut gefangen in seinem unbändigen Zorn, stürzte er sich zähnefletschend auf den erschrockenen Emmett.

Dieser konnte den Angriff zwar abwehren, fauchte aber dennoch: „Hey, komm mal wieder runter, Jacob.“

Der Beta hörte ihm gar nicht erst zu und sprang den Verbündeten erneut an. Schnell wurde klar: Jake würde bis zum bitteren Ende kämpfen, egal ob es sich dabei um Freund oder Feind handelte. Er hatte keine Kontrolle mehr über sich selbst und seine Handlungen. Das konnte Sam nicht zulassen und sprang zwischen die Beiden.

Die Augen des rostbraunen Wolfes fixierten den neuen Gegner, seinen Alpha, und er griff diesen, ohne zu zögern an. Beide Wölfe kämpften verbissen und mussten dabei einige Verletzungen einstecken. Die Umstehenden sahen ihnen ungläubig zu. Jakes ungebändigte Wut drängte Sam in die Defensive und machte dessen Pläne, ihn zu unterwerfen, zunichte.

So langsam wurde es wirklich gefährlich. Das war kein normales Gerangel mehr und dem Leitwolf blieb keine andere Wahl, als ebenfalls ernst zu machen. Er musste seinen Beta unter Kontrolle bringen, koste es, was es wolle.

Urplötzlich hörten alle Mitglieder des Rudels eine Stimme in der Verbindung: „Jake, beruhige dich.“

Die bernsteinfarbenen Augen des Angesprochenen zuckten außer sich hin und her. Es schien so als ob er gerade vollkommen den Verstand verlieren würde. Dann schrie Jake nur ein Wort in die Verbringung: „Isaak!“

Er konnte nicht mehr. Es war zu viel für ihn und Jake sprintete auf einen nahen Felsen zu. Es gab nur noch einen Ausweg für ihn. So konnte er nicht weiterleben.

Entsetzt, und unfähig sich zu bewegen, sahen alle zu, wie er sich dem Felsen rasant schnell näherte. Als er den Kopf senkte, ging ihnen allen ein Licht auf: Jake wollte sich selbst töten, indem er sich den Schädel einschlug.

Erneut erklang die Stimme des Fremden und befahl: „Jake, STOP!“ Die Macht, welche diesen Befehl begleitete, ließ alle Wölfe, auch den Alpha, zu Stein erstarren.

Jake hatte jedoch nicht vor zu gehorchen. Einen Augenblick lang kämpften sie gegeneinander und Jake stolperte. Er fiel in vollem Sprint, verlor die Kontrolle und rollte über den Boden. Dann krachte er gegen den Felsen und stieß sich den Kopf. Schmerz explodierte in seinem Schädel und die Welt wurde schwarz. Reglos blieb er liegen.
 

Ungefähr 1500 km entfernt, auf halber Strecke, stand Isaak schweißgebadet da und zitterte am ganzen Körper. Sein Eingreifen hatte ihn sehr geschwächt, aber es war noch nicht vorbei. Sein ganzer Körper schmerzte, dennoch zwang er sich weiterzurennen und setzte seinen Weg fort.
 

Unterdessen mussten auch Bella, Edward und Seth sich einem Kampf stellen. Seth erledigte dabei einen Vampir namens Riley, während Bella sich selbst verletzte und somit Edward Victoria zerstören konnte. Das Ganze war von der Vampirfrau angezettelt worden, um Bella zu töten und somit Edward für den Tod ihres Gefährten James zu bestrafen.

Durch die Verbindung zwischen Seth und dem Rudel erfuhren sie von den Geschehnissen und eilten rasch zu den Anderen.
 

Während die Wölfe immer noch unter Isaaks Bann standen, rannte Carlisle zu Jake, welcher sich bewusstlos zurückverwandelt hatte. Er untersuchte den jungen Mann fachmännisch und sagte: „Sein Schädel ist nicht gebrochen. Er wird eine Gehirnerschütterung haben, aber er wird wieder.“

Diese Nachricht holte das Rudel aus seinem Schock. Alle verwandelten sich augenblicklich und stürzten auf ihren Kameraden zu. Schnell zog sich der Vampir zurück. Er wusste nicht, wie die Wölfe reagieren würden.

Die anderen Cullens sammelten unterdessen die Körperteile ihrer Feinde ein und warfen sie auf einen improvisierten Scheiterhaufen. Nur so konnten sie ihre Feinde endgültig erledigen. Sam befahl dem Rudel ihnen dabei zu helfen und alle arbeiteten schweigend.

Nachdenklich betrachtete der Alpha den Bewusstlosen und fragte sich, wie es weitergehen sollte. Dann hörte er Seths Gedanken und sah zu ihnen, als die Drei auf sie zukamen. Edward schien äußerst beunruhigt und sah sich im Rennen suchend um. Dann schrie er: „Achtung! Da sind noch zwei.“

Bevor Sam reagieren konnte stieß ihm jemand in den Rücken und er wurde wegkatapultiert. Sogleich stürzten sich die letzten Feinde auf den bewusstlosen Jake. Als die Beiden ihre Zähne in seinen Körper schlugen erwachte dieser und schrie auf. In ihrer Blutgier klammerten sie sich an den Körper vor sich und alle hörten das Knacken von brechenden Knochen.

In tobender Raserei stürzte sich das verwandelte Wolfsrudel auf die beiden Angreifer und rissen sie von ihrem Kameraden weg. Während sie ihrer Wut freien Lauf ließen und die Feinde zu kleinen Fetzen verarbeiteten, stürmte Carlisle zu dem schreienden Jungen und untersuchte dessen Verletzungen.

Schnell stand Sam hinter dem Vampir und mahlte mit den Zähnen. Ein dunkles, unheilvolles Knurren entsprang seiner Kehle. Bella rannte ebenfalls zu ihnen und Tränen liefen ihr dabei über die Wangen.

„Carlisle, bitte. Hilf ihm!“, stieß Bella panisch hervor.

Dieser tastete noch einige Augenblicke den Körper des Betas ab. Seine Schultern sackten nach unten und er offenbarte traurig: „Ich kann ihm nicht helfen Bella. Fast jeder Knochen in seiner Brust ist gebrochen. Zudem fürchte ich, dass er innere Blutungen hat. Das Schlimmste ist aber das Vampirgift.“ Er deutete auf die Zahnabdrücke über seinem Herzen.

Außer sich schrie Bella: „Saug es raus. So, wie Edward bei mir.“

Carlisle erhob sich und sah Sam an: „Das Gift hat bereits das Herz erreicht und verteilt sich in seinem gesamten Blutkreislauf. Ich kann es nicht entfernen. Es tut mir leid. Ich kann nichts tun.“

„Aber ich kann“, sagte eine Stimme und Isaak schoss auf die Lichtung. Er bremste ab und riss den Boden dabei auf. Keuchend kam er zum Stehen. Er ging leicht in die Knie, legte die Hände auf die Oberschenkel und japste heftig nach Luft. Das Rudel stellte sich augenblicklich vor Jake auf und schirmte ihn knurrend ab.

Der Rotblonde hob zitternd eine Hand und offenbarte: „Ich kann Jacob retten. Beiseite. Die Zeit ist knapp.“ Dabei sah er aber nicht auf. Er stand einfach nur da, schweißnass und versuchte seine Atmung in den Griff zu bekommen.

Dann stellte er sich aufrecht hin und knurrte: „Geht beiseite. Ich werde nicht zulassen, dass er stirbt.“

Jake indes verstummte in diesem Moment und verlor abermals das Bewusstsein.

Der selbsternannte Wächter erbleichte und sah zu ihm. „Entscheidet euch. Sein Leben ist auf Messers Schneide.“

Bella sprang auf und rief ihm zu: „Rette Jake!“

Der Alpha warf schnell einen Blick auf den Bewusstlosen und befahl zähneknirschend: „Macht den Weg frei.“ Zu Isaak keifte er aber: „Wenn er stirbt, stirbst auch du.“

„Einverstanden“, sagte der Rotblonde direkt neben Jake. Seine Geschwindigkeit war beeindruckend. Sie hatten die Bewegung nicht einmal gesehen.

Begleitet von dunklem Knurren zog das Rudel einen Kreis um die Gruppe, behielt aber genug Abstand, sodass Isaak arbeiten konnte.

Dieser schloss die Augen, hob eine Hand etwa zehn Zentimeter über Jakes Kopf und fuhr dessen Konturen nach. Er berührte ihn nicht, begann aber mit sich selbst zu sprechen: „Keine Hirnverletzung. Multiple Knochenbrüche im gesamten Brustbereich, sowie rechter Schulter. Massive innere Blutungen. Rechter Lungenflügel mehrmals durchbohrt und außer Funktion. Linker Lungenflügel kurz vor dem Kollaps. Milzriss. Verehrende Schäden am Verdauungstrakt. Dritter Brustwirbel zertrümmert. Multiples Organversagen steht kurz bevor. Und zu allem Überdruss auch noch diese verdammtes Vampirgift.“

Isaak öffnet die Augen und biss sich auf die Unterlippe. Dann sah er auf und suchte Carlisle Blick.

Dieser war erstaunt über die Diagnose und offenbarte: „Niemand kann ihm jetzt noch helfen. Es ist hoffnungslos. Es tut mir sehr leid.“

Der andere ignorierte ihn und sagte: „Du musst meinen Anweisungen genaustens einhalten. Dann kann ich ihn retten. Es mag seltsam aussehen, aber ihr müsst mir vertrauen. Ich weiß was ich tue.“

Der Arzt nickte zaghaft, glaubte dem Rotblonden aber nicht wirklich. Niemand konnte solche Verletzungen überleben, noch nicht einmal ein Gestaltwandler.

Isaak nickte ebenfalls und befahl: „Sieh auf die Uhr. 8 Minuten und 48 Sekunden. Dann zieh den Dolch raus.“ Schneller als alle reagieren konnten legte Isaak seine rechte Hand auf Jakes Brust, genau über dessen Herzen. Es blitzte etwas Silbernes auf. Schon stieß Isaak einen kleinen Dolch, durch seine Hand hindurch, dem Beta direkt ins Herz.

Alle rissen die Augen auf und waren entsetzt über diese Wendung. Isaak zuckte nicht einmal, als die Klinge seine Hand durchbohrte. Kurz darauf sackte er aber kraftlos zusammen und stammelte: „Zieht den Dolch heraus und Jacob wird sterben. Tötet mich, und Jacob wird sterben.“

Mit gewaltiger Anstrengung hob er den Blick und sah zu Carlisle auf. „8 Minuten und 37 Sekunden.“ Der Rotblonde begann zu schwanken und schloss die Augen. „Ich werde gleich bewusstlos. Mein Körper wird von allein handeln und versuchen die Verbindung zu trennen. Der Dolch darf nicht entfernt werden. 8 Minuten und 32 Sekunden.“ Dann fiel der Verrückte um und verlor das Bewusstsein.

Sam und Carlisle sprangen vor. Der Alpha griff nach dem Dolch und wollte ihn gerade herausziehen, als der Arzt ihn davonabhielt: „Warte. Ich verstehe es zwar nicht, aber Jacobs Puls wird stärker.“

Irritiert sahen sich die beiden an.

„Willst du etwa sagen DAS hilft Jake?“

Carlisle schüttelte den Kopf und zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Aber Jakes Lebenszeichen werden stärker. Sieh doch.“

Der Beta war totenblass, aber quälend langsam kehrte Farbe in sein Gesicht zurück.

Der Arzt sah auf seine Armbanduhr und erklärte: „Was haben wir zu verlieren? Versuchen wir es. Noch 7 Minuten und 57 Sekunden.“

Sam sah zwischen den beiden Bewusstlosen hin und her. In der gleichen Geschwindigkeit, in der Jake erstarkte, schien Isaak schwacher zu werden. Er hatte schon etwas Farbe im Gesicht eingebüßt.

„Versuchen wir es. Aber wenn es nicht funktioniert, dann schwöre ich, werde ich ihn in Stücke reißen“, schnaubte er seine Entscheidung kund. Sein Blick ruhte bei diesen Worten auf dem Rotblonden.

Die Lage entspannte sich etwas. Währenddessen prüfte Carlisle ständig die Lebenzeichen der beiden, ging Sam angespannt auf und ab. Die anderen Cullens hatten sich versammelt, wagten es aber nicht, sich den marodierenden Wölfen zu nähern.

Drei Minuten verstrichen, in denen nichts passierte. Dann zuckte Isaak auf einmal. Sofort stand Sam über ihn gebeugt und funkelte ihn böse an. Es blieb nicht bei einem Zucken. Je mehr Zeit ins Land ging, desto stärker und öfter erbebte der Körper des Mannes.

Zudem konnte Bella erstaunt beobachten, wie sich einige kleine Schnittwunden an Jakes Oberarm wie von Geisterhand zusammenzogen. Kaum einen Augenblick später war die Verletzung gänzlich verschwunden. Sie machte die anderen auf ihre Entdeckung aufmerksam und alle schauten fassungslos zu, wie Schürfwunden, Schnitte und aufgeplatzte Stellen rasant verheilten.

Dann zuckte auch Jakes Körper und es knackte unheimlich. Carlisle war sofort zur Stelle und tastete Jakes Brustkorb ab. „Ich kann spüren, wie die Knochen sich von selbst richten.“ Es knackte erneut und er sagte sprachlos: „Das war eine Rippe. Sie ist nun wieder an ihrem richtigen Platz.“

Der rasselnde Atem des Wolfsjungen verlor allmählich seinen unheilvollen Klang und es wirkte, als würde er einfach nur schlafen.

Der Arzt sah auf die Uhr und sagte: „Noch 2 Minuten und 18 Sekunden.“

Plötzlich erstarb das Zittern bei Isaak und sein linker Arm hob sich. Das Seltsame daran war allerdings, dass der Mann immer noch bewusstlos war. Schnell griff Sam zu und drückte die Gliedmaße nieder, die sich in Richtung des Dolches bewegt hatte. Er griff immer fester zu, da der Widerstand immer stärker wurde. Nach einigen Sekunden knurrte der Alpha: „Der ist ganz schön stark.“ Er benötigte bereits seine ganze Kraft um Isaaks Arm im Zaum zu halten.

Der Leitwolf ruckte nach oben als die Gliedmaße sich, trotz Gegenwehr, erhob. Es mutete seltsam an, einen gestandenen Mann, mit übermenschlichen Kräften, dabei zu beobachten, wie er mit einem Arm rang. Schnell griff auch Carlisle zu und sie konnten die Bewegung stoppen.

Eine weitere Minute verging und beide benötigten mittlerweile ihre volle Kraft. Unentwegt näherte sich dabei die ausgestreckte Hand dem Dolch.

„Sam, lass die anderen durch. Wir brauchen Hilfe. Wir sind stärker als ihr in Menschengestalt.“

Der Alpha lief mittlerweile, vor Anstrengung, rot an und nickte schlussendlich. Sofort öffnete sich eine Lücke und die Vampire stürzten zu ihnen. Emmet übernahm Sams Part, welcher sich atemlos ins Gras sinken ließ.

„Noch 41 Sekunden.“, stieß Carlisle zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Mittlerweile zerrten alle Vampire an dem linken Arm.

Bella war sprachlos und starrte mit offenem Mund auf dieses Schauspiel. Isaak war ein wahres Monster. Wenn sein Körper bewusstlos zu so etwas im Stande war, wollte sie nicht wissen, was er bei vollem Bewusstsein alles anrichten konnte.

Sam sah auf und knurrte: „Schlagt ihm den Arm ab.“

„Er rettet Jake das Leben. Das wäre nicht sehr nett“, zischte Esme.

„Wir haben kaum eine andere Wahl“, erwiderte Emmett. „Er bewegt sich wieder.“

„Noch 18 Sekunden.“

„Beiseite, ich schlage ihm den Arm ab“, knurrte Sam, als sich die Hand, langsam aber stetig, dem Dolch wieder näherte.

Die Vampire machten etwas Platz und der Alpha schlug mit der Handkante zu. Er traf direkt im Ellenbogen. Es knackte entsetzlich und sie glaubten es geschafft zu haben. Dann schrie Sam vor Schmerz auf und zog seine zertrümmerte Hand zu sich.

Erbost knurrte der Gestaltwandler: „Der ist härter als ein Vampir. Was zum Teufel ist das für ein Monster?“ Hilflos sah er zu, wie die linke Hand nun den Dolch erreichte und die Finger sich um den Griff legten.

„Noch 7 Sekunden“, schrie Carlisle und die Vampire warfen sich von oben auf die Gliedmaße, um diese daran zu hindern den Dolch zu entfernen.

Verzweifelt schrie Bella auf. Sie konnte nichts tun. Die Wölfe fingen an zu heulen und zogen den Kreis enger.

In seiner Not biss Edward zu. Aber weder seine Zähne, noch sein Gift, konnten die Haut des Mannes durchdringen.

Bella warf einen Blick auf die Uhr an Carlisles Handgelenk und zählte laut: „Drei.“

Ein Ruck ging durch ihre Körper, als der Arm sie abschütteln wollte, aber sie blieben standhaft.

„Zwei.“

Embry warf sich in Wolfsgestalt auf den Haufen, um das Gewicht zu erhöhen. Die Vampire zischten ungehalten, blieben aber wo sie waren.

„Eins.“

Nun warf sich auch Seth auf den Haufen. Es war allerdings zwecklos. Plötzlich kam eine Art Wind auf und fegte sie alle von Jake herunter. Sie kullerten in verschiedene Richtungen davon und prallten gegen die kreisenden Wölfe.

Entsetzt sah Bella, wie die Hand hochschnellte und den Dolch aus Jakes Brust und der anderen Hand zog.

„Null.“, wimmerte Bella und sackte zusammen.

Nachdem der Dolch entfernt war, zog Isaak die Arme an die Brust und rollte sich in einer Art Embryostellung zusammen. Dabei landete der Dolch auf Jakes Brust und blieb dort liegen.

Augenblicklich sprang Carlisle auf die Füße und zu seinem Patienten. Die anderen Cullens zogen sich zurück und sammelten sich außerhalb des Todeskreises. Sam hingegen schnappte sich Isaak mit seiner unverletzten Hand und schleifte diesen weg. Das Rudel umstellte knurrend den Rotblonden und fletschte die Zähne. Sie warteten nur noch auf Sams Kommando. Diese Monster durfte nicht weiterleben.

Edward hingegen stellte sich hinter Bella auf, um sie zu beschützen und ihr Trost zu spenden. Alle Augen wanderten zu Jake.

Aus der Wunde, welche der Dolch hinterlassen hatte, quoll Blut hervor und die Vampire zischten gefährlich. Sam kam wieder zu ihnen und sie warteten auf das Urteil des Arztes. Dieser untersuchte Jake einen Augenblick lang und sagte: „Soweit ich das beurteilen kann, sind alle Knochen wieder heil und dort, wo sie hingehören. Was seine inneren Verletzungen anbelangt kann ich keine Spur von Blut im Gewebe finden. Aber ohne Ultraschall- und Röntgenaufnahmen kann ich nichts mit Bestimmtheit sagen. Am meisten Sorgen macht mir immer noch das Vampirgift und diese Wunde.“ Er deutete auf das Loch in seiner Brust.

In just diesem Moment versiegte der Blutstrom. Die Wundränder zogen sich zusammen und das Gewebe verheilte rasend schnell. Einen Augenblick später war es nur mehr eine Narbe zu sehen. Dann verschwand auch diese und ließ einen makellosen Oberkörper zurück.

Es zischte und die Bissspuren, die letzten verbliebenen sichtbaren Wunden, begannen leicht zu rauchen. Dann quoll eine schwarze dickflüssige Substanz heraus. Jakes Körper schien das Vampirgift abzustoßen. Carlisle riss sich ein Stück von seinem Ärmel ab und tupfte das Sekret ab. Als das Zischen verebbte und nichts mehr aus der Wunde drang, schloss sich die Haut und wirkte, als wäre nie etwas gewesen.

Plötzlich riss Jake die Augen auf, setzte sich auf und griff sich an die Brust. Mit völlig verklärtem Blick sah und betastete er seinen Körper. „Was ist passiert?“, stammelte er.

„Du wurdest schwer verletzt und…“, Carlisle verstummte und suchte den Blick des Alphas. Dieser schüttelte kaum merklich den Kopf. „Wie geht es dir, Jake?“

Der kratzte nun über seine Brust und zwickte sich in die straffe Haut. Dann sah er auf und sagte: „Gut, glaube ich.“

„Keine Schmerzen oder sonst etwas Ungewöhnliches?“

„Nö.“

„An was erinnerst du dich?“

Er dachte kurz nach. „Ich war bei Bella und ihrem Blutsauger, dann… ist alles verschwommen. Ich glaube ich habe ein paar Vampire erledigt.“

„Ok, und wie gehts deinem Kopf?“

Jake sah in die Runde und ihm wurden die starrenden Blicke der anderen bewusst. Etwas beschämt verschränkte er die Arme im Schoß und knurrte: „Außer, dass ich hier nackt rumsitze und mich alle anstarren, geht’s mit gut.“

Bella konnte nun nicht mehr an sich halten und fiel dem Wolf um den Hals. Sie brach in Tränen aus und schniefte lauthals an seiner Brust. Jake tätschelte sie irritiert und warf Edward einen fragenden Blick zu.

Die Vampire wandten sich ab, während Edward Bella im Auge behielt. Die Scham des Wolfsjungen war ihm völlig egal.

Carlisle trat zu Sam, deutete auf dessen Hand, und fragte: „Darf ich?“ Dieser schnaubte nur und hob seine zertrümmerte Hand. Er bekam kaum etwas mit, war zu sehr in Gedanken. Was sollten sie nun machen? Was sollte mit dem Fremden passieren?

„Sam“, wurde er aus den Gedanken gerissen und knurrte: „Ja, Doc?“

„Die beschleunigte Heilung hat bereits eingesetzt. Ich muss die Knochen richten bevor sie falsch zusammenwachsen. Das wird weh tun.“

Der Alpha zuckte mit den Schultern und sagte: „Dann mach halt.“ Die kalte Haut des anderen fühlte sich falsch an und er hätte sich ihm am liebsten entzogen, aber er brauchte seine Hand noch.

„Ich habe keine Schmerzmittel dabei.“

„Nun mach schon“, knurrte Sam und sah in eine andere Richtung. Dann schrie er vor Schmerz auf, als Carlisle seine Knochen richtete. Wenige Handgriffe später war alles vorbei und der Vampir sagte: „Du solltest deine Hand noch ein paar Tage schonen. Komplikationen bei der Heilung sollten aber keine auftreten.“

Sam wandte sich ab und zur Überraschung aller knurrte er: „Danke.“

Nachdem ihn Bella losgelassen hatte, fasste sich Jake erschrocken an die Brust und brabbelte: „Wo ist mein Anhänger?“

„Jake“, begann Bella besorgt.

Dann verengten sich die dunkelbraunen Augen und er knurrte wütend: „Isaak.“

Sofort wanderten sämtliche Blicke des Rudels zum Beta. Sie spürten seinen aufkeimenden Zorn und ihnen schwante Schlimmes.

„Jake, hör auf“, schnauzte Bella ihn an und unterbrach dessen Gedankenmuster. „Er wollte dir nur helfen. Komm endlich zur Vernunft.“

„Der kann mich mal“, regte er sich erneut auf.

Ungeachtet des aufkommenden Streits, hatte Carlisle den Bewusstlosen ebenfalls untersucht und erklärte Sam: „Er ist schwach, aber am Leben. Soweit ich das jedenfalls sagen kann. Ich weiß nicht was er ist und wie sich seine Physiologie von der unseren unterscheidet. Fakt ist aber, er atmet stoßweise; sein Puls ist schwach und unregelmäßig; er ist unterkühlt und bewusstlos. Ich kann keinerlei äußere Verletzungen erkennen. Außer der Dolchwunde an seiner Hand. Mehr kann ich ohne Geräte nicht sagen.“

Sam dachte kurz über die Situation nach. Da sprang Jake erbost auf und schrie: „Er ist hier? Tötet ihn!“

Diesmal reagierte das Rudel aber nicht auf seinen Befehl und wartete ab, was der Alpha entschied. Nach allem was sie mitangesehen hatten, wussten sie nicht einmal, ob sie ihn überhaupt töten konnten, aber sie würden es versuchen.

„SAM, gib den Befehl“, brüllte Jake und ging auf den Leitwolf zu.

Dann tauchte auf einmal Bella vor ihm auf und gab ihm eine saftige Ohrfeige. Anschließend hüpfte sie vor Schmerz auf und ab und schimpfte: „Du Arschloch. Isaak hat dir gerade das das Leben gerettet und sich Sam ausgeliefert und dir fällt nichts Besseres ein als ihn zu töten? Benutz doch mal zur Abwechslung dein Hirn. Du hast selbst gesagt, dass er dir nichts getan hat. Ganz im Gegenteil. Isaak hat sich Sorgen um dich gemacht. Er hat dir den Anhänger gegeben, um dir zu helfen und ist, von wer weiß woher, angerannt gekommen, nur um dir das Leben zu retten. Er ist gegangen als du ihn fortgeschickt hast, oder? Er verhält sich deinen Wünschen entsprechend, während du dich wie das größte Arschloch der Welt aufführst.“

„Bella“, sagte Jake tonlos und griff nach ihrer malträtierten Hand.

„Fass mich nicht an. Geh und sieh selbst was er für DICH getan hat“, fuhr sie ihn an und deutete in die Mitte der Wölfe. Dann stiefelte sie zornig zu Carlisle und bedachte ihn keines weiteren Blickes.

Jake war sprachlos und starrte ihr nach. Dann, wie in Trance, setzte er sich in Bewegung und das Rudel machte ihm Platz. In ihrer Mitte lag Isaak. Sein Atem ging stoßweise, seine Haut war leichenblass, zudem zitterte und zuckte er unruhig. Er sah sehr schlecht aus.

In Jake rührte sich etwas. Der andere sah einfach so schutzbedürftig aus in diesem Moment. Mit seinen Gedanken tastete Jake nach Sam und ließ sich von ihm zeigen, was vorgefallen war. Isaak war also zu ihm gekommen und hatte sein eigenes Leben riskiert, um ihn zu retten.

Seine Wut war verraucht und seine Gefühle für den Mann überschwemmten ihn. Nein, er konnte nicht zulassen, dass Isaak ein Leid geschah.

Bevor er jedoch etwas sagen oder tun konnte, rief Alice: „Die Volturi kommen. Sie sind gleich da.“

Carlisle sah zu Sam und sagte: „Sie werden den Vertrag zwischen uns nicht respektieren. Ihr müsst sofort verschwinden. Wenn wir kämpfen, werden wir verlieren. Sie sind zu stark.“

Der Alpha knurrte ungehalten, aber er konnte im Moment nicht kämpfen. Rückzug war die bessere Option. „Zurück!“, rief er in die Verbindung und rannte los.

Alle Wölfe machten kehrt und stürmten ihrem Alpha nach. Nur Jake blieb zurück. Er sah immer noch zu Isaak hinunter. Dann griff er zu. Er hob den anderen Mann mit Leichtigkeit hoch, warf ihn sich über die Schulter und folgte dem Rudel. Dabei sah er Bellas Lächeln nicht. Endlich hatte er den ersten Schritt gemacht.



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