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REQUIEM - 6. Akt: Am Scheideweg

von

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Der Fluch der Gaunts

Es war tiefste Nacht als Albus Dumbledore den steinigen Weg in Little Hangleton hinab ging. Er war schon einmal hier gewesen. In einer weit entfernten Erinnerung. In einer anderen Zeit.
 

Sein Zauberstab erleuchtete den Weg hell bis er zu der Ruine eines Landhauses kam. Der ganze Ort war von Moos überwuchert. Das Dach hatte große Löcher und in den Balken nisteten Vögel.
 

Albus war sich sicher, dass dies eines der Verstecke war an dem Tom Riddle vor vielen Jahren einen seiner Horcruxe versteckt hatte. Er war zu Severus nicht ganz ehrlich gewesen. Albus verfolgte die Spur der Horcruxe schon lange. Spätestens aber seit Harry Potter ihm das zerstörte Tagebuch aus der Kammer des Schreckens mitgebracht hatte. Ihm war immer klar gewesen, dass Tom Riddle etwas Schreckliches getan haben musste, um Lord Voldemort zu werden. Das Zerteilen der eigenen Seele war so ziemlich das Schlimmste, was man sich selbst antun konnte. Als Severus ihm vor einem Jahr das erste Mal beschrieb wie sich dieses Auseinandereisen bei Tom Riddle äußerte bestätigte das seine Theorie nur. Und Severus hatte recht als er sagte, dass das niemands Verstand überleben könne. Die langen Jahre ohne Körper hatten sicher noch ihr übriges getan. Die Horcruxe zu zerstören und Voldemort endgültig zu töten war mehr die Erlösung eines Schwerkranken denn ein Mord. Dennoch tat es Albus leid. Er kannte den Jungen, den er damals aus diesem furchtbaren Waisenhaus geholt hatte. Und die ersten Jahre in Hogwarts dachte Albus wirklich, dass er Tom Riddle helfen könne, aber vermutlich war sein Geist schon damals zu beschädigt, um ihn noch auf den rechten Weg zu bringen. Albus hatte immer bedauert, dass ihm das nie gelungen war.
 

Er atmete tief durch, bevor er die Ruine betrat. Das ehemalige Haus der Gaunts. Der Familie von Riddles Mutter. Es war schon seit Jahrzehnten nicht mehr bewohnt. Seit dem Tag an dem ihr Enkel zu ihnen zurückkehrte und sie alle umbrachte. Tom Riddle hinterließ schon bevor er zu Lord Voldemort wurde eine Spur aus Tod überall um sich herum.
 

Albus hörte das unaufhörliche Tropfen von Etwas. Es hatte nicht geregnet und das Haus war ebenso staubtrocken wie das Land draußen. Er folgte dem tropfenden Geräusch eine knarzende, alte Treppe hinunter in den Keller. Die Türklinke der Kellertür war von einem seltsamen, schwarzen, zähflüssigen Schleim umhüllt, der auf den Boden tropfte.
 

Albus deutete mit dem Zauberstab auf die Tür und sagte leise: „Aperire“
 

Die Tür schwang auf und offenbarte den Keller, der komplett überzogen war mit diesem schleimigen Etwas. Fäden zogen sich von der Decke zum Boden auf dem eine Schachtel lag aus der unaufhörlich diese unnatürliche Flüssigkeit hervorquoll. Albus griff unter seinen Reisemantel und zog das Schwer von Godric Gryffindor hervor.
 

Einen Horcrux zu zerstören war nicht einfach. Man brauchte sehr mächtige Magie, um das zu bewerkstelligen. Das Schwert Gryffindors war eines der wenigen Artefakte, die in der Lage waren etwas derartiges zu zerstören.
 

Albus deutete mit dem Zauberstab auf die Schachtel und öffnete sie mit einem Wink. Drinnen befand sich eine silberner Wappenring. Aus ihm strömte und sprudelte der schwarze Schleim wie aus einem überkochenden Topf. Es war als ohne Zweifel der Horcrux. Aber er schien auf seltsame Art beschädigt als habe bereits jemand versucht ihn zu zerstören und sei gescheitert. Er hatte lediglich ein Loch in ihn gestoßen und das Böse blubberte seitdem unaufhörlich aus dem Horcrux wie dicker Brei aus einem Kochtopf.
 

Zeit es zu beenden.
 

Albus holte mit dem Schwert aus und wollte zuschlagen, doch genau während des Hiebes ertöne die verzerrte Stimme Voldemorts in jeder Faser dieses Ortes.
 

„NEIN!“, rief sie.
 

Schwarze Fäden schossen aus der Flüssigkeit am Boden und der Decke. Sie packten Albus samt Schwert und schleuderten ihn davon. Er flog die Treppe nach oben und landete in einer morschen Holzwand, die er laut knallend durchschlug.
 

Das schleimige Böse aus dem Keller krabbelte die Treppe hinauf. Stufe für Stufe. Es umschlang Wände und alte Möbel und kroch genau auf Albus zu. Wieder schossen die wabbeligen Schleimtentakel auf ihn zu. Sie umschlangen seine Hand. Ein unvorstellbarer Schmerz durchfuhr ihn und er ließ das Schwert fallen. Seine Hand färbte sich allmählich schwarz wie abgestorbenes Fleisch.
 

„DU KONNTEST SIE NICHT RETTEN!“, sagte erneut die hohle Stimme Voldemorts. „UND DU WIRST IHN NICHT RETTEN! DU VERSAGST WIE SCHON DAMALS!“
 

Albus schwang seinen Zauberstab in Richtung der Tentakel, die ihn festhielten, und zerschnitt sie. Unter Schmerzen griff er mit seiner schwarzen Hand nach dem Schwert. Sie war taub und er fühlte wie der bösartige Schleim unter seiner Haut ihm den Arm hoch krabbelte. Unter einem Schrei rammte er den Zauberstab in den Boden und eine Welle aus Feuer breitete sich um ihn aus. Sie verbrannte die schwarze Massen, die einen schmerzverzerrten Schrei ausstieß.
 

Albus nahm seine ganze Kraft zusammen und sprintete erneut hinunter in den Keller, wo sich bereits neue Schleimfäden um den Ring wandten. Er schlug mit dem Schwert zu. Ohne Vorwarnung wurde er zu Boden geschleudert als eine schwarze Eruption sich durch das ganze Haus ausbreitete. Unter dem verzerrten Schrei von Voldemorts Stimme riss es die Reste des Haus in einer Welle schwarzen Lichts in Stücke. Das Dach brach zusammen und begrub alles unter sich.
 

Albus hustete vor lauter Staub. Zugegeben, so etwas hatte er noch nie gesehen. Wie schon damals bei Tom Riddles Tagebuch mussten die in den Horcruxen eingeschlossenen Seelenstücke unfassbar mächtig sein. Das Böse, was sich darin angesammelt hatte, war wesentlich schlimmer als er vermutet hatte. Albus hatte mit einem zweiten Tom Riddle gerechnet, der ihn angreifen würde, doch nicht mit etwas derartig dunklen und bösen.
 

Unter Schmerzen nahm er den Ring an sich und sprengte ein Loch in den Schutt, der die Treppe versperrte. Oben sah es aus als sei ein Tornado über das Haus hinweg gefegt. Kein Stein stand mehr auf dem anderen. Die Explosion des Horcrux hätte ihn vermutlich getötet, wenn er nicht im Keller gewesen wäre.
 

Albus disapperierte genau in das Büro des Schulleiters. Minerva, die an seinem Schreibtisch stand, schrie erschrocken auf und ließ ihren Stapel Pergamente auf den Boden fallen als sie Albus entdeckte. Er rutschte auf die Knie und hielt sich am Schwert Gryffindors fest, das er in den Boden stemmte. Das würde Scharten im Parkett geben.
 

„Holen Sie Severus!“, sagte Albus erschöpft.
 

Minerva stockte für einen Augenblick, rannte dann aber an ihm vorbei die Treppe des Turms hinunter. Albus griff in die Tasche seines Mantels und holte den Ring hervor. Er war gespalten und nun nur noch ein Stück Metall.
 

Als Minerva endlich mit Severus im Schlepptau zurück kam verdrehte Albus die Augen und fiel zur Seite um.
 

„Albus!“, hörte er Severus noch rufen. „Albus, wachen Sie auf!“
 

Albus jedoch war ohnmächtig geworden. Während er schlief suchten ihn dunkle Visionen heim. Das Böse das im Haus der Gaunts lauerte war wenigstens zu Teilen auf ihn übergegangen. Es versuchte nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Geist. Die glibbrigen Tentakel schlängelten sich durch ihn hindurch auf der Suche nach etwas, dass sie absorbieren und in die Finsternis hinabziehen konnten.
 

Schweißgebadet wachte Albus auf. Sein Arm war in dicke Bandagen gewickelt und er lag auf der Couch in seinem Büro. Er sah durch das Fenster wie die Sonne bereits hinter den Bergen auftauchte.
 

„Gott sei dank sind Sie wach.“, hörte er Severus sagen, der mit einem Glas Schnaps vor dem Kamin stand. „Was ist eigentlich passiert?“
 

„Genau das ist die Frage, nicht wahr?“, sagte Albus schwach.
 

Severus stellte sein Glas auf den Kaminsims und hockte sich neben die Couch.
 

„Wenn Sie das nächste Mal losziehen, um einen Horcrux zu zerstören, dann sagen Sie vorher bescheid.“, ermahnte ihn Severus ernst. „Was Sie sich da zugezogen haben ...“
 

„... ist ein Teil von Lord Voldemorts Seele.“, beendete Albus den Satz. „Ein Horcrux, lebendig und gefährlich. Es ist pures, konzentriertes Böses, Severus. Mehr Dunkelheit kann man sich nicht vorstellen.“
 

„Dieses Ding in Ihnen wird sich weiter ausbreiten.“, sagte Severus, ganz mit der Stimme eines Arztes, der seinem Patienten schlechte Nachrichten brachte. „Ich habe es lediglich verlangsamt.“
 

„Wie lange?“, fragte Albus, dem völlig klar war worauf das alles hinauslaufen würde.
 

„Ein Jahr vielleicht.“, sagte Severus und er klang ehrlich betrübt.
 

„Dann haben wir ja noch reichlich Zeit.“
 

„Das ist kein Zeitpunkt für Scherze, Dumbledore!“
 

Albus sah in Severus' Gesicht und er schien ernsthaft voller Sorge.
 

„Trauern Sie nicht um mich. Ich lebe eh schon viel zu lange. Der Tod ist nur das nächste Abenteuer.“
 

Severus erhob sich grummelnd. Es gefiel ihm eindeutig nicht, aber für Bedauern war es ohnehin zu spät.
 

„Wenn die Zeit kommt, dann möchte ich, dass Sie etwas für mich tun, Severus. Kümmern Sie sich um Harry. So schwer es auch fällt.“
 

Severus sah ihn an.
 

„Warum ich?“, fragte er. „Potter hat doch so viele Freunde, die ihn viel besser verstehen.“
 

„Mag sein, aber keinen von denen kann tun, was getan werden muss. Sie haben zu viel Mitleid mit ihm.“, sagte Albus.
 

„Sie glauben, ich habe kein Mitleid? Da irren Sie sich aber, Albus. Nur wegen meines Mitleids bin ich überhaupt hier.“
 

Severus nahm sein Schnapsglas vom Kaminsims und trank es auf Ex aus.
 

„Sie sollten Ihren Arm möglichst nicht bewegen.“, sagte er noch und schnappte sich seine Robe, die über dem Sessel am Kamin hing.
 

„Dann muss ich wohl meine andere Zauberstabhand trainieren.“, entgegnete Albus.
 

„Sie müssen auch immer das letzte Wort haben.“, grummelte Severus und ging aus dem Raum.
 

Albus lehnte sich zurück und sah der Sonne beim Aufgehen zu.



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