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Sein Blick traf mich wie eine Kugel

von

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No.6

Kid bekam in den kommenden drei Tagen so etwas wie Bettruhe von Law verordnet. Sie bekamen ohnehin keine Aufträge und sein Bein sollte erst etwas abheilen, bevor er es wieder voll belastete. Eigentlich war er kein Freund vom Nichtstun, gewöhnte sich aber doch recht schnell daran. Denn die meiste Zeit verbrachten sie damit zu reden und einige von Laws Filmen zu gucken, die er noch nicht kannte. Seine Würgemale und die Kratzer versteckte Law hinter einem schicken Rollkragenpulli. Kid erfuhr, in dieser Zeit einiges mehr über die Organisation und ihre Machenschaften. Zumindest über den Bereich, in den Law auch eingeweiht war. Kid war sich nicht ganz sicher, ob Law nicht mehr wusste, oder einfach noch nicht mehr verriet, aber das würde sich im Laufe der Zeit zeigen. Was er ihm allerdings verriet war, dass seine beiden besten Freunde tatsächlich nicht zum Clan gehörten. Er kannte sie aus Studienzeiten. Penguin, dessen richtigen Namen Law nicht verriet, arbeitete wohl in der Pathologie in einem der von Donquixote im Schatten kontrollierten Krankenhäusern. Er half Law auch deswegen immer wieder aus, wusste in welcher Lage er sich befand und hatte durchaus mit einigen Mafia-Geschäften zu tun, wenn auch nur bedingt. Shachi hingegen war kein Arzt, er war nur Assistent und arbeitete in einer kleinen Arztpraxis. Er und Penguin lebten zusammen in einem Haus nicht weit von der Villa entfernt. Ob sie vielleicht sogar in einer Beziehung waren, verschwieg Law allerdings und Kid fragte nicht nach. Beide konnten etwas kämpfen und mit Waffen umgehen, Law versuchte allerdings sie so gut es ging aus den Dingen rauszuhalten, die ihn bedrohten. Er wollte niemals riskieren, dass ihnen etwas geschah.

Die Sache mit dem Organhandel hatte Kid noch nicht so ganz durchstiegen. Law wohl vor allem derjenige, der in Krankenhäuser geschleust wurde, um dort als „Aushilfsarzt“ die Organe von dem Tode nahen oder bereits kürzlich verstorbenen Patienten zu entnehmen. Mit dem Transport und dem Verkauf hatte er dann eher wenig zu tun, das übernahmen andere Mitglieder der Familie. Dass diese allerdings auch oft ihre Finger im Spiel hatten, um Law entsprechende Patienten zu liefern, war ganz klar. Was genau Kids Aufgabe werden würde, müsste sich noch herausstellen. Gerade saß er auf dem angrenzenden Balkon von Laws Terrasse und rauchte eine Zigarette. Er hatte keinen Balkon und Law hatte ihn davor gewarnt, im Haus zu rauchen. Da war der Herr des Hauses wohl recht empfindlich und Kid wollte es sich ja nicht gleich verscherzen. Außerdem war er ohnehin viel mehr bei Law, als bei sich. Die paar Tage Auszeit hatten ihm gut getan, sein Bein schmerzte kaum noch und er genoss die letzten warmen Herbstsonnenstrahlen in seinem Gesicht. Leider hatte er hier bisher genauso schlecht schlafen können, wie anderswo. Wenn er ehrlich war sogar noch schlechter, weil ihn so unendlich viel beschäftigte. Daher hatte er, nachdem die Kippe aufgeraucht war, für einen Moment die Augen geschlossen. Er hörte Law trotzdem, als dieser auf die Terrasse kam und sich auf den Stuhl neben ihn setzte. „Du siehst müde aus…!“ kam es ruhig von Law, der ihm eine Cola auf den Tisch zwischen ihnen stellte. Kid sah ihn kurz an, lächelte dann etwas und nahm sie. „Danke!“ In den letzten Tagen hatten sie sich doch besser kennengelernt und Kid genoss die Gesellschaft des Anderen inzwischen sehr. „Ja, ich kann einfach nicht richtig schlafen… kann ich seit Jahren nicht, aber seit ich hier bin ist es noch schlimmer!“ gestand er dann und trank eine Schluck, sah dabei wieder über die Brüstung auf den Prachtvollen Garten. „Wieso hast du nichts gesagt? Ich kann dir was geben, dass du besser einschlafen kannst.“, antwortete Law ruhig und sah zu dem Rothaarigen. Seine Haare waren wie Kupferfäden im abendlichen Licht der Sonne und seine Augen strahlten, als wären sie die Sonne selbst. Law erwischte sich bei dem Gedanken, wie attraktiv der Andere war. Er sah nur sein Profil von der rechten Seite, von den Narben der linken Seite keine Spur. Doch schnell wandte er den Blick ab, als Kid ihn wieder ansah. Er durfte diese Gedanken nicht zulassen. Donquixote würde es merken. „Ich weiß, aber… dasselbe wie beim Alkohol. Sie machen einen benommen. Was wenn nachts doch etwas ist? Wenn ich…“ Doch Kid brach ab, sah wieder weg. Er hatte nicht vergessen, wie er Law nachts hatte schreien hören. Und Law wusste genau, dass er daran dachte. „Hier passiert aber normal nichts in der Nacht… ich werde dir etwas geben, was deine Sinne nicht beeinflusst. Aber du brauchst genügend Schlaf, sonst bist du genauso wenig Herr deines Körper!“ Law klang streng, es war klar, dass das keine Bitte war und eigentlich hatte er ja auch Recht. Kid schmunzelte etwas, es gefiel ihm, wie der andere sich kümmerte. „Okay… Danke, Law!“ Kid lächelte zu ihm und wurde in Laws Augen dadurch noch schöner. Schnell wandte er den Blick wieder ab und sah auch in den Garten. Das Licht wurde langsam weniger. „Er hat einen Auftrag für dich!“ sagte er dann ruhig. Wer ER war, war ganz klar. „Oh, okay? Heute?“ Law nickte und reichte Kid einen Zettel mit Informationen, ohne ihn anzusehen. „Es ist einer von Blackbeards Leuten… Wir haben rausgefunden, dass er heute Abend wohl auf einem geheimen Geschäftstreffen ist. Er ist ihm ein Dorn im Auge, schon lange und ich glaube er will dich damit testen!“ Kid las den Zettel durch, es waren nur spärlich Infos, wenn er ehrlich war. Normal erledigte er die Vorarbeit, wo sein Opfer wann sein würde, selbst. Alles so serviert zu bekommen, ohne sicher zu sein ob die Infos stimmten, gefiel ihm eigentlich nicht, aber er hatte ja eh keine Wahl als darauf zu vertrauen. „Den kenn ich, der war da, als ich den Auftrag für dich bekam!“ sagte Kid und besah sich das beigefügte Foto. „Okay, dann muss ich wohl bald ran…!“ Kid erhob sich von seinem Stuhl, er würde sich noch umziehen müssen. „Ich komme mit!“ Auch Law stand auf, Kid sah ihn erstaunt an. „Okay? Sollst du mit, oder willst du mit?“ Law grinste. „Ich will! Dem berühmt, berüchtigten Kid mal bei der Arbeit zuschauen, was gäbe es besseres? Das lass ich mir nicht nehmen.“ Kid musste nun auch grinsen. „Na gut, dann darfst du zusehen! Aber nur weil du es bist!“ Law schmunzelte. „Wie gnädig!“ „So bin ich!“ Wenn Kid ehrlich war, freute es ihn, dass Law mitkam. Jede Minute, die er mit dem anderen verbrachte, machte ihn zufrieden. Wie es sein konnte, dass er den Anderen innerhalb so kurzer Zeit gerne bei sich haben wollte, wo Kid doch normal der totale Einzelgänger war, begriff er nicht so ganz. Er fühlte sich zu ihm hingezogen, auch körperlich. Und das obwohl er wusste, wem er eigentlich ‚gehörte‘. Es war nicht, dass es Kid anekelte, dass der Mafia-Boss ihn für sich missbrauchte. Wie könnte er auch? Aber auch wenn Law es nicht ausgesprochen hatte, konnte er sich denken, dass es für sie beide nicht gerade förderlich wäre, wenn Kid ihn anfasste. Menschen wie Donquixote teilte nicht… mit niemandem. Kid versuchte sich das klar zu machen, sich keine Hoffnungen zu machen, denn auch wenn sie beide hier raus wollten, ob und wie ihnen das gelang war fraglich, vor allem wenn sie den Don gegen sie aufbrachten, in dem sie flirteten. Aber irgendetwas war zwischen den beiden, das wusste sowohl Kid, als auch Law. Kid war nicht hetero, aber auch nicht schwul. Er hatte gerne Sex, egal mit wem, ob Mann oder Frau war ihm dabei egal, beide Geschlechter hatten ihn in seinem Leben bisher gleichermaßen begehrt und Kid hatte ihnen gegeben, was sie wollten. So etwas wie Liebe allerdings kannte er nicht. Er wusste nicht, wie es sich anfühlte, jemanden auch seelisch zu brauchen, zu begehren, zu lieben. Die einzige Liebe, die er je erfahren hatte, war die seiner Mutter, und Großmutter. Beide wurden ihm genommen. Deswegen gab Kid auch nichts auf die Gefühle, die er hatte, wenn er bei Law war. Er mochte ihn, er würde auch mit ihm schlafen, wenn es nicht solche Gefahren mit sich brächte. Aber so war es nun mal, mehr war da nicht… oder?

Kid zog sich um, dachte dabei darüber nach und kam zu dem Schluss, dass es Schwachsinn war. Law war vermutlich ohnehin nicht schwul, völlig egal was er meinte zwischen ihnen zu spüren… Er wurde misshandelt von einem Mann, er würde kaum zulassen, von einem anderen freiwillig genommen zu werden. Er würde gemeinsam mit ihm hier verschwinden und Law so das normale Leben ermöglichen, dass der sich wünschte. Ein ehrlicher Job, eine Frau und Kinder, wenn er das denn wollte. Und Kid würde aus seinem Leben danach verschwinden, und tun was er immer tat: Töten! Dass in Law etwas völlig anderes vorging, ahnte er nicht, als dieser auch angezogen in einer dunkelblauen Jeans und einem schwarzen Hoodie ins Zimmer kam. Kid band sich gerade die Springerstiefel zu, er war komplett Schwarz angezogen, hatte sich auch eine schwarze Mütze über die rote Mähne gezogen. „Dann lass uns gehen!“ sagte der Rothaarige und schnappte sich seine Autoschlüssel und Handy. Er hatte sein Auto vorgestern begutachtete, es war kein Kratzer dran, glücklicherweise, und seine im Kofferraum gelagerten Waffen waren alle noch drin. Auch das Scharfschützengewehr, das sie achtlos auf die Rückbank geworfen hatte, hatte Kid gereinigt und auseinander genommen, bis zum nächsten Einsatz. Und der würde heute sein. Sie fuhren von dem luxuriösen Außenbezirk, in dem die Villa lag mit dem schwarzen Mustang Richtung Innenstadt. Sein Auto war nicht gerade unauffällig, das wusste Kid. Und trotzdem war er bisher immer schnell und schlau genug gewesen, dass niemand wusste, dass dieser protzige Sportwagen zu ihm gehörte. Die Scheiben waren getönt und von außen konnte man nicht hinein blicken. Kid fuhr zu der Adresse, an der das geheime Treffen stattfinden sollte. Es war ein edler Club der superreichen und der Yakuza. Vorne trank und feierte die High-society, in den Hinterzimmern wickelten die Yakuza ihre Geschäfte ab. Kid kannte Clubs wie diese zur Genüge, doch er vermied es, sie zu betreten. Natürlich hatte er Tarnung dafür, sein Wagen passte hier hin und ein schwarzer Anzug machte ihn schnell zu einem reichen Amerikaner. Aber war man erstmal drin, war es schwer, wieder raus zu kommen, wenn darin ein Mord geschah. Deswegen gab er immer alles, seine Opfer davor, oder danach zu erwischen. Sie waren früh genug, als dass davor eine Option war, deswegen fuhr Kid daran vorbei.

„Wir suchen uns lieber ein lauschiges Plätzchen, wir sind hier wohl eher nicht willkommen!“ sagte Kid grinsend und Law nickte. Kids Gesicht war, anders als sein Name, nicht allen geläufig in der Unterwelt Japans. Laws allerdings schon. Man würde ihn sicherlich nicht einfach reinspazieren lassen, wenn Blackbeards Bande, die ihn töten wollte, ein geheimes Treffen im Hinterzimmer vereinbarte. „Bin ich mit einverstanden!“ antwortete Law. Er war gespannt auf die Arbeit des Anderen. Er fragte sich durchaus, wie Kid ihn hatte verfehlen können, wo über ihn doch genau das bekannt war: Dass er nie daneben schoss! Er würde ihn danach fragen, aber nicht jetzt. Kid parkte den Wagen in einer etwas entfernten, schmalen Seitengasse. Sie war der sehr ähnlich, in der er vor gut einer Woche geparkt hatte, um Law zu erschießen. Von dort aus folgte Law Kid über eine Feuerleiter auf die Dächer der Stadt. Kid sah sich prüfend um, er war schon jetzt hochkonzentriert und irgendwie gefiel Law das. Der große Amerikaner hatte sein Scharfschützengewehr wieder geschultert und vorsichtig näherten sie sich der Kante, die zur Straße hin zeigte. Die Geräusche des nächtlichen Tokyos drangen zu ihnen hoch. Kid sah in geduckter Haltung über die Brüstung, der Eingang des Clubs war gut 500 Meter entfernt. Von hier würde er schießen können. „Welchen Wagen fährt der Mann? Oder in welchem wird er gefahren?“ fragte Kid seine Partner, während er sein Gewehr lud und entsicherte. Law sah ihm dabei zu, er hatte sich ebenso hinter der Brüstung geduckt. „Das wissen wir nicht! Schwarz, vermutlich, allerdings wechselt er die Autos immer. Aber er wird nicht alleine kommen, er hat immer mindestens zwei Begleitfahrzeuge, es sollte auffällig sein!“ antwortete Law, Kid nickte. Normal machte er dieser Art der Vorbereitung immer sehr akribisch. Nicht alle Details zu kennen gefiel ihm nicht, aber Law würde dann eben helfen müssen. Aus der schwarzen Umhängetasche, die Kid mit sich trug, zog er ein schmales, schwarzes Militärfernglas und reichte es Law. „Dann darfst du helfen, mitzugucken!“ sagte er grinsend. Law sah kurz skeptisch auf das Fernglas, seufzte dann aber und nahm es an. „Na gut!“ Kid schmunzelte und gemeinsam legten sie sich auf die Lauer. Kid sah immer wieder durch das Zielfernrohr seines Gewehrs, Law durch das Fernglas. Sie warteten gut eine Stunde, bis ein Konvoi aus drei Fahrzeugen anrückte.

Kids Herz begann sofort schneller zu schlagen. Er liebte den Nervenkitzel, wenn es endlich los ging und er veränderte seine Position. „Das sind sie!“ sagte Law leise, als die erste Person ausstieg, er schien sie zu erkennen. „Mittlerer Wagen!“ Kid nickte, antwortete allerdings nicht, er war hochkonzentriert. Die Zielperson stieg aus, allerdings wusste seine Bodyguards ihren Job zu machen, denn Kid bekam keine freie Schussbahn. Immer stand einer der großen, breiten Männer vor dem Ziel. „Scheiße!“ fluchte Kid leise, als sie den Eingang fast erreicht hatten. Er zielte, aber der perfekte Moment kam einfach nicht und der Mann verschwand im Club. „Fuck!“ fluchte Kid als er das Gewehr sinken ließ. Law sah zu ihm. „Warum hast du nicht geschossen?“ Kid knurrte etwas. „Weil er nicht frei war! Wenn ich einen von seinen Leibwachen erwische, dann können wir gleich einpacken, dann ist er schneller weg als wir gucken können!“ Kid war hörbar genervt, dass er so viele Wachen dabei hatte, hätte man ihm ruhig sagen können. „Und jetzt? Warten bis er wieder raus kommt? Ich dachte du wärst der Beste!“ Law schien ebenso etwas angefressen, wenn diese Aktion heute nicht erfolgreich sein würde, würde das bei dem Don äußerst schlecht ankommen. Kid sah zu Law, zum ersten Mal tauschten sie keine warmen, freundlichen Blicke aus. „Ich BIN der Beste! Aber normal mache ich meine Vorbereitungen selbst und deutlich besser als die Leute bei deinem Don!“ fauchte Kid und stand auf. „Komm mit, wird ja kaum ein Hinterzimmer ohne Fenster sein.“ Law seufzte, er wollte Kid ja eigentlich keine Vorwürfe machen, aber auch ihn machte das alles nervös. Er wollte nicht, dass Donquixote einen Grund bekäme, an Kid zu zweifeln. Also folgte er ihm. Kid überquerte das Dach, sprang sogar über einen schmalen Abgrund zum nächsten und suchte das Gebäude es Clubs ab. Es gab kaum Fenster, und wenn waren sie dunkel oder sie waren aus ihrer Entfernung nicht einsehbar. Kid bekam einen Tropfen ab und er sah hinauf in den schwarzen Himmel. Nicht mal das Wetter hatte er abgecheckt, er war wirklich schlecht vorbereitet. Denn mit einem Mal begann es zu regnen. Seine Laune sank sichtbar in den Keller, bis plötzlich doch in einem der Räume Licht anging. Kid ging sofort in Deckung, Law ebenso. Er beobachtete durch das Zielfernrohr das Geschehen. Erst betrat nur ein Angestellter des Clubs den Raum und Kid wollte schon genervt den Blick sinken lassen. Doch dann betrat tatsächlich das Ziel das Zimmer, gefolgt von nur zwei Bodyguards. Dafür folgte noch eine Reihe anderer Männer mit Aktenkoffern in den Raum, das Treffen fand wohl genau dort statt. Einer der breit gebauten Männer trat ans Fenster heran. „In Deckung!“ kam es gezischt von Kid und beide versteckten sich hinter der Brüstung. Man durfte sie hier nicht sehen. Nach einer Minute linste Kid vorsichtig über die Brüstung. Durch den Regen war die Sicht ohnehin nicht gut gewesen und der Sicherheitsmann hatte die Vorhänge zugezogen, als rechneten sie mit einem Angriff. Sonderlich sogfältig war er dabei allerdings nicht gewesen, denn ein schmaler Spalt war offen geblieben. „Kannst du ihn dadurch noch sehen?“ fragte Law leise, der offenbar auch wieder geguckt hatte. Kid richtet erneut sein Gewehr aus und er begann zu grinsen. „Klar und deutlich!“ antwortete er, wobei das übertrieben war. Durch die vom Regen verschwommene Scheibe war es nahezu unmöglich, auf die Entfernung etwas zu erkennen. Nicht aber für Kid. „Ist das Panzerglas?“ fragte er den anderen. Law schüttelte den Kopf. „Nein!“ Er war selbst in dem Club mal zu Gast gewesen, er wusste es daher. „Gut!“ Mehr antwortete Kid nicht, bis er schoss. Ein lauter Knall durchbrach die Stille, fast im selben Moment klirrte eine Scheibe und Kid schulterte sein Gewehr. „Getroffen, lass uns abhauen!“ Law hatte es gesehen. Kid hatte direkt in den Kopf getroffen, trotz schlechter Sicht und Regen. Er hatte nicht untertrieben. Er WAR der Beste. Law konnte gar nicht so schnell reagieren, wie Kid seine Hand griff und ihn wegzog von der Kante. Sie blieben noch kurz geduckt, bis sie außer Sichtweite waren, ehe Kid seine Hand losließ und über das Dach rannte. Law hatte kaum Mühe Schritt zu halten, obwohl der Boden vom Regen rutschig war. Sie sprangen erneut über den Spalt zwischen den Dächer zurück zur zu der Feuerleiter, die Kid zuerst runter kletterte. Er hatte offenbar wieder bessere Laune. „Ich hoffe, du bist jetzt zufrie….“ Offenbar hoffte Kid auf ein Lob, allerdings konnte er nicht zu Ende sprechen, denn die nächste Sprosse der rostigen Feuerleiter gab unter Kids Bein nach. Durch den Regen und das verletzte Bein verlor er den Halt. Seine kalten Hände rutschte von dem nassen Metall ab und Kid fiel rückwärst gut eineinhalb Meter auf den Boden. Ein dumpfes keuchen kam beim Aufschlag von ihm.

„KID“, rief Law besorgt, der nur von oben hatte zusehen können. So schnell und so vorsichtig er konnte kletterte er den Rest runter und landete neben dem anderen auf den Füßen. „Kid, alles okay?“ Er war sofort bei ihm, der rothaarige verzog schmerzlich das Gesicht, setzte sich aber mit Laws Hilfe auf. „J-Ja…!“ keuchte er, klang aber nicht überzeugt und hielt sich den Rücken. Er war auf sein Gewehr gefallen. „Komm, wir müssen weg, ich schau mir das Zuhause an!“ Law half Kid auf die Füße, der nickte nur. „Ist halb so wild, aber… kannst du fahren?“ Offenbar hatte er doch mehr Schmerzen, als er bereit war zuzugeben. Warum hatte er sich schon das zweite Mal verletzt, seit er in Laws Nähe war? „Ja, klar!“ Law nahm von Kid den Schlüssel entgegen und setzte ihn auf dem Beifahrersitz ab, ehe er einstieg. Besorgt sah er zu ihm, als er den Motor startete, ein Sturz auf den Rücken konnte gefährlich werden. „Wie schlimm ist es?“ Kid verzog noch immer das Gesicht, konnte sich auf nicht richtig anlehnen. Das Gewehr hatte er einfach auf die Rückbank geworfen, es war sicherlich jetzt eh hinüber. „Es geht… schau lieber auf die Straße, wenn du auch nur einen Kratzer in mein Baby fährst, demolier ich dir deinen Rücken!“ knurrte Kid. Wie der Andere mit ihm sprach passte Law allerdings kein Stück. „Red weiter so mit mir und ich werf dich raus und klau dir dein ‚Baby‘!“ Law sprach den Namen des Autos abfällig aus! „Dann kannst du gucken, wie du klar kommst. Dein Kopfgeld wird sicherlich nicht weniger nach heute!“ Law startete den Motor und fuhr los. Kid merkte wohl, dass er unfair zu Law gewesen war. Der andere sorgte sich ja nur, aber er war über seine eigene Ungeschicktheit so furchtbar genervt und ihm lag eine bissige Antwort auf der Zunge. Doch er schluckt sie herunter. „Sorry…!“ keuchte er stattdessen. Law fuhr aus der Gasse und wollte nach rechts abbiegen wollte, statt nach links, wo der Club lag. „Nein, fahr links!“ gab Kid ihm Anweisungen, Law sie ihn skeptisch an. „Dass sie uns direkt sehen?“ „Keiner kennt mein Auto! Glaub mir, ein Wagen, der sich rasend schnell vom Tatort entfernt ist wesentlich auffälliger, als wenn man einfach vorbei fährt! Vertrau mir!“ Law sah Kid einen Moment in die Augen. Vertrauen fiel ihm schwer… aber irgendwie nicht ganz so sehr, wenn Kid ihn darum bat. Also bog er nach links ab. Und Kid behielt recht… Vor dem Club war furchtbare Unruhe, schwarz gekleidete Männer stürmten heraus, die Security des erschossenen, und rannten in die Richtung, aus der sie eben gekommen waren. Doch niemand beachtete ihr Auto und sie entkamen absolut unentdeckt. Law schlug direkt den Weg zurück zu Villa ein, immer wieder dabei besorgt zu Kid blickend. Der saß gekrümmt da, immer noch nicht angelehnt und die Hand an einer Seite vorbei an seine Rippen. Kid hatte das Gewehr auf dieser Seite getragen, Law hoffte sehr, dass der andere sich nur etwas geprellt hatte. Eine Weile schwieg er, bis ein bei einer Bodenwelle ein erneutes keuchen von Kid kam. „Ich hab eine kleine Praxis auf dem Gelände der Villa… wir fahren direkt dorthin, dann schau ich mir deine Verletzung an.“ Sie waren fast da, aber Kids Laune war immer noch nicht besser. „Ich hab gesagt es geht schon… ich will einfach nur schlafen!“ gab er zurück, ohne den Anderen anzusehen. „Was genau ist gerade dein Problem, Kid? Ich will dir helfen, also pamp mich nicht die ganze Zeit an!“ Kid wusste natürlich, dass er unfair war, aber er war auch einfach ein furchtbar schwieriger Mensch. „Dieser ganze Auftrag ist mein Problem! Mit ein bisschen mehr Vorbereitung hätte das alles schneller und einfacher funktionieren können. Wenn dein Don es nicht schafft, mir in Zukunft ausreichend Informationen zu liefern oder wenigstens früh genug damit zu kommen, dass ich mich selbst noch umgucken kann, dann können wir’s auch gleich lassen!“ Law verstand natürlich Kids Argumente, trotzdem nervte ihn sein Tonfall. „Darüber können wir ja reden, du hast den Job trotzdem absolut professionell erledigt!“ Da war das erhoffte Lob von Law, auch wenn Kid es gerade nicht annehmen konnte. „Aber das hatte ja nichts mit deinem Sturz zu tun! Sowas passiert nun mal, auch wenn es dein Ego ankratzt…! “ Law traf genau ins Schwarze, der Sturz kratzte an Kids Stolz, wo er doch erst vor kurzem versagt hatte und auch verletzt wurde. „Fuck you! Mein Ego geht dich nen feuchten Dreck an!“ Law fuhr gerade auf den Hof und stellte Kids Wagen auf dem Parkplatz ab. „Kannst du jetzt mal aufhören, so mit mir zu reden?“ fauchte Law zurück, Kids Verhalten ging ihm gehörig auf die Nerven und er fragte sich, wo der nette Mann, den er die letzten Tage kennengelernt hatte, hin war. Kid sah kurz zu dem Schwarzhaarigen. „Ach, leck mich!“ knurrte er allerdings nur und stieg aus dem Wagen. Er hasste es selbst, so zu sein… vor allem zu Menschen, die er eigentlich mochte. Aber er konnte manchmal nicht anders, er stand sich selbst ihm Weg und hatte dadurch bisher jede Freundschaft und jede angehende Beziehung zerstört. Bis auf die zu Killer, seinem besten Freund, aber das funktionierte wohl nur, weil der alles über ihn wusste, weil sie sich aus Kindheitstagen kannten und er wusste, was Kid hatte durchmachen müssen. Denn das hatte aus ihm dieses emotionale Wrack gemacht, das er heute war und Killer akzeptierte seine Launen.

Law hingegen verstand gerade gar nichts. Er stieg nach Kid aus dem Wagen. „Kid, warte…!“ Doch der hörte nicht, sondern ging schnellen Schrittes zurück zum Haus und verschwand darin. Law seufzte leise und schloss noch den Wagen ab. Es war spät, im Haus brannte kaum noch ein Licht und plötzlich fühlte sich Law wieder furchtbar alleine. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, seine Hoffnungen in den aufbrausenden Rotschopf zu stecken. Vielleicht war es eben doch wie jeder andere Halunke, der Law nur so lange benutze, wie er es brauchte und ihn dann wegwarf.

Im Haus wollte er sich seinen emotionalen Zustand nicht anmerken lassen, obwohl ihm eh fast niemand mehr begegnete. Er würde auch keinen Bericht mehr heute Nacht erstatten, also ging er zurück zu seinem Wohnbereich. Kid holte er nicht mehr ein, und er fragte sich, wie man so stur sein konnte. Er musste furchtbare Schmerzen haben, vielleicht hatte er sich sogar eine Rippe angebrochen? Vor der Tür des Rothaarigen blieb Law stehen. Er sorgte sich, aber dieses Mal war es sein eigener Stolz, der ihn einfach weitergehen ließ, ohne zu klopfen „Idiot...!“ murmelte Law leise. Kid hatte sich über die Maßen daneben benommen, ihn beleidigt und seine Hilfe abgelehnt. Also wieso sollte er nun hinterher laufen. Wenn der andere seine Hilfe noch wollte, sollte er gefälligst zu ihm kommen. Den Autoschlüssel des schwarzen Mustangs nahm er einfach mit, er würde ihn ihm am nächsten Tag wiedergeben. Müde und immer noch in Gedanken bei Kid lag Law gut eine halbe Stunde später im Bett. Einschlafen fiel ihm schwer, doch irgendwann dämmerte er weg.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Katsumi-Youko
2019-12-20T07:36:13+00:00 20.12.2019 08:36
Jungs hier wird nicht gestritten... Seid lieb miteinander...

Ach wie ist das spannend und die emotionale Situation beider gefällt mir auch sehr gut

Lg Youko
Antwort von:  -MyNameisKid-
20.12.2019 13:27
Vielen Dank!
Ja, sie sind halt doch beide etwas impulsiv, vor allem der gute Kid!


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