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The good part

EraserMight
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
*Vornweg...der Link für die Übersetzung: https://www.jpopasia.com/lyrics/40345/universe/echoes/ Komplett anzeigen

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Endurance

Etwas hatte sich verändert. Langsam, geradezu schleichend…und überraschenderweise ohne, dass er es direkt zu deuten gewusst hatte. Das war neu. Sonst konnte er sich auf sein Gespür verlassen, seine Chancen einschätzen, doch vermutlich lag das an dem Bild, das er zuvor von diesem Mann gehabt hatte. Er hatte eigentlich keinerlei Intention in diese Richtung gehabt…nun, bis sie sich privat getroffen hatten. Damit hatte alles angefangen.

Aizawa war niemand, der sich Hals über Kopf in etwas verrannte, nicht mal, als er jünger gewesen war. Was das anging, siegte die Rationalität, und da er seinen speziellen Lebensstil nicht aufzugeben gedachte, blieb ihm auch nichts anderes übrig. Das Problem dabei war, dass er sich auf diese Weise auf nichts Festes einlassen konnte…und wollte. Wer kam schon ewig damit zurecht, hinter zwei Jobs zurückstehen zu müssen? Seine freie Zeit war knapp bemessen und meistens verbrachte er sie mit schlafen oder einem seltenen Trinkgelage. Was sich auf seinen Patrouillen ergab oder nicht, war eine andere Geschichte. Fazit war, dass er aus mehreren Gründen kein Beziehungsmensch war.

Folglich hatte er keine Erwartungen gehabt, was diese neue Situation…und was All Might selbst anging. Die Anziehung ließ sich nicht leugnen und nein, er bereute nichts. Er hatte bloß nicht damit gerechnet, dass es dermaßen…unkompliziert sein würde.

Zugegeben, All Might selbst war gefühlsmäßig ein komplettes Desaster. Der Kerl machte sich eindeutig viel zu oft verrückt wegen nichts. Wobei es wohl bloß aus Aizawas Sicht nichts war; vielleicht war er zu stumpfsinnig. Wie auch immer, jedenfalls empfand er ihr Miteinander als überraschend angenehm, denn All Might forderte nichts von ihm ein. Weder klebte er an ihm, noch beschwerte er sich darüber, dass sie sich recht selten privat trafen. Er blieb stets geduldig und diskret, wobei Letzteres ironisch war, wenn er so daran dachte, wie wenig das zu seinem muskelbepackten Alter Ego passte. An dem war rein gar nichts diskret…nicht mal sein bescheuerter Klingelton. Hatte er den eigentlich immer noch eingestellt? Hoffentlich nicht...

Jedenfalls schienen sie einer Meinung zu sein, was diese neuartige Beziehung zwischen ihnen anging, und dass ein langsames Tempo vollkommen in Ordnung war. Sie hatten beide genügend zu tun, denn auch wenn All Might als Held zurückgetreten war, kniete er sich mittlerweile in seinen neuen Vollzeitjob rein. Angefangen mit diesem fragwürdigen Ratgeber, den er sich besorgt hatte, bis hin zu seiner Umsetzung, die gar nicht mal so schlecht war. Er lernte dazu, nahm den Job als Lehrer ernst…und möglicherweise war Aizawa im Park zu hart zu ihm gewesen. Es war ihm nicht entgangen, dass All Might die Schüler in seinem Unterricht mehr förderte als bisher, sie zwar anleitete, aber ebenso selbst nachdenken und arbeiten ließ, um ihr Potenzial auszuschöpfen. Ihm fiel auf, dass All Might oft länger in der Schule blieb und seine Notizen, die er sich zu den jeweiligen Schülern gemacht hatte, durchging. Manchmal fragte er ihn oder einen der anderen Lehrer um Rat, wenn er bei etwas unsicher war. Er bereitete seine nächsten Stunden vor und konzentrierte sich nicht mehr vorrangig auf Midoriya, zu dem er zweifellos eine besondere Bindung hatte. Was er in seiner Freizeit mit dem Jungen besprach, ging Aizawa nichts an.
 

Während er zusammengesunken vor seinem Monitor saß, glitt sein Blick für einen Moment zu dem blonden Schopf, dessen Ansatz er von seinem Platz aus sehen konnte. Freitag, ging es ihm unweigerlich durch den Kopf, ehe er überlegte und zu dem Schluss kam, dass er nicht zu müde war, seinen Feierabend mit All Might zu verbringen. Er würde ihn ansprechen, sobald ihre Kollegen verschwunden waren, damit sie mehr Ruhe hatten…und niemand auf die Idee kam, ihre plötzliche Freundschaft zu hinterfragen. Nicht, dass Aizawa etwas von Versteckspielen hielt, doch es war auf diese Weise einfacher, da es sich erstens um All Might handelte und das mit ihnen zweitens noch ganz frisch war. Kein Grund, gleich die ganze Welt zu unterhalten…oder eben das teilweise recht geschwätzige Kollegium.

„Okay buddy, heute Abend steigt die Party!“

Aizawa zuckte zusammen, als sich plötzlich ein Arm um ihn schlang und ihn in den Schwitzkasten nahm. Mic’s Stimme war ohnehin schon übertrieben laut und sie so nahe an seinem Ohr zu hören, machte es nicht besser. Warum bekam er das Gefühl nicht los, dass sein Abend am Ende ganz anders aussehen würde…?

„Party, huh?“, brummte er nur und befreite sich aus der Umarmung.

„Yeaaaah! Wir gehen alle zusammen in die Karaoke-Bar!“

Ernsthaft? Ausgerechnet an einem der seltenen Tage, an denen er mal nicht direkt ins Koma fiel? Fragte sich, wie er aus der Nummer rauskam, denn sein Freund war überaus hartnäckig, würde sich demnach nicht so leicht abspeisen lassen.

„Oh, denk gar nicht daran, abzusagen, Eraser~“

Abermals fand er sich in einem Klammergriff wieder, wobei sich die rot lackierten Nägel in seinen Arm gruben.

„Oder hast du etwas Besseres vor?“, hauchte ihm Midnight ins Ohr. „Mit jemand Besserem?"

Für einen Moment war er zu verdutzt, um etwas zu erwidern, auch wenn sich dies nicht in seiner Mimik wiederspiegelte. Ausdruckslos blickte er in die blauen Augen seiner Kollegin, die ihn grinsend anfunkelte.

„Vielleicht habe ich einfach nur keine Lust.“

„Ach, sei nicht so!“, schmollte sie nun. „Alle kommen mit! Wirklich alle! Du kannst nicht als Einziger fehlen!“

Alle? Er versuchte krampfhaft, nicht direkt wieder zu All Might zu sehen, doch Midnight fuhr in genau dieser Sekunde herum.

„Oh! Fast vergessen, du kommst natürlich auch mit, All Might! Immerhin bist du ein fester Bestandteil des Kollegiums!“

„She’s right, buddy!“, brüllte Mic los, woraufhin All Might erschrocken zusammenzuckte.

Dann schaute er über den Bildschirm, wobei sein Blick von einem zum anderen wanderte…auch in seine Richtung. Hoffentlich ließ er sich nicht breitschlagen. Okay, nein…er würde sich überreden lassen. Aizawa sah es an dem unsicheren Blick, dem schiefen Lächeln…er würde mitkommen. Keine Chance. Da konnte er ihn noch so eindringlich anstarren, er würde bei so viel Beharrlichkeit nachgeben.
 

„Uhm…danke für die Einladung, aber ich trinke nicht und…ich will wirklich kein Spielverderber sein, also-“

„Unsinn!“, fuhr ihm Midnight dazwischen und quetschte Aizawa in ihrem Griff zusammen. „Dann trinkst du eben nicht! Du kannst trotzdem Spaß haben!“

„Yeah! Du kannst dich aus so einem Grund nicht drücken! Du gehörst dazu, big guy!“

„Alle sind dabei, sogar unser Griesgram hier!“

„Ich habe nein ge-“

„Ignorier ihn einfach, All Might! Das sagt er immer und am Ende ist er jedes Mal dabei!“

„Yes!“, kam es von Mic und er nickte heftig. „Also…können wir auf dich zählen?“

All Mights Lächeln wurde eine Spur ehrlicher; vermutlich fühlte er sich geschmeichelt, dass ihn diese Idioten unbedingt dabei haben wollten. Er konnte es ihm nicht mal übelnehmen, aber es besiegelte dennoch ihren gemeinsamen Abend. Nun ja, nicht ganz, denn Aizawa würde in dem Fall tatsächlich mitkommen…möglicherweise konnten sie irgendwann unbemerkt verschwinden. Vorzugsweise, wenn seine beiden Freunde genügend Alkohol intus hatten…

„Das könnt ihr. Danke für die Einladung“, hörte er den Blonden höflich zusagen, woraufhin Midnight endlich von ihm abließ.

„Awww, nicht so förmlich, All Might!“, zwitscherte sie verzückt. „Wir freuen uns, dass du dabei bist! Wenigstens einer, der es zu würdigen weiß, dass man ihn fragt…“

Ihre blauen Augen spießten ihn praktisch auf, das wusste er, ohne dass er es sehen musste. Aizawa seufzte tief, warf ihr dann einen finsteren Seitenblick zu.

„Schon gut“, murrte er. „Ich komme mit.“

„Na also, es geht doch!“, erwiderte sie zufrieden, ehe sie etwas kritischer hinzufügte: „Und zieh dir ausnahmsweise mal etwas Anständiges an! Eine Rasur könnte auch nicht schaden und-“

„Midnight…“, grollte er, um sie zu unterbrechen, allerdings stieg da schon der Nächste mit ein.

„Ganz Unrecht hat sie nicht, buddy…“

Natürlich musste ihm Mic in den Rücken fallen, doch was konnte man von jemandem erwarten, der jeden Morgen eine halbe Stunde allein für das Styling seiner Haare benötigte? Da konnte er nur verlieren. Auch wenn er sich ernsthaft fragte, was ausgerechnet Midnight einfiel, ihm zu raten, er solle sich anständig anziehen. Die Frau trug Strapse und Handschellen, während sie Minderjährige unterrichtete, und wurde nicht grundlos die R18-Heroine genannt. All Might schien froh zu sein, dass man ihn aus dieser Diskussion raushielt, so verkniffen, wie er lächelte.

„Lass wenigstens deine Bondage Weapon zuhause…“

Capture Weapon“, korrigierte er seine Kollegin trocken, während Mic losprustete und All Mights Gesichtsfarbe um ein paar Nuancen dunkler wurde.

„Jaja, wie auch immer…bis heute Abend dann!“

Midnight winkte ab, zwinkerte ihnen noch einmal abschließend zu und zog gemeinsam mit Mic von dannen. Ihm fiel jetzt erst auf, dass die anderen Lehrkräfte bereits aus dem Büro verschwunden waren. Ectoplasm ausgenommen, denn der packte gerade seine Tasche und summte gut gelaunt ein paar Lieder; es war kein Geheimnis, dass der Kerl Karaoke liebte.
 

„Uhm…“

Aizawa blickte auf, kaum dass die Tür hinter Ectoplasm ins Schloss fiel und sich neben ihm jemand räusperte. All Might hatte die Hände ineinander verhakt, während seine, von schwarzen Schatten umrahmten, blauen Augen abwechselnd zu seinen Fingern und zu ihm wanderten.

„…ich hoffe, ich habe deine eventuellen…anderen Pläne damit nicht über den Haufen geworfen“, hörte er ihn leise sagen und runzelte die Stirn.

„Soweit ich es mitbekommen habe, war die Karaoke-Bar nicht deine Idee“, entgegnete er, woraufhin der Ältere gezwungen lächelte.

„Eh…nein. Das nicht. Es war nur schwer…na ja…nein zu sagen. Mir ist auf die Schnelle auch keine gute Ausrede eingefallen...und bestimmt wird es ganz nett werden.“

Vor allen Dingen würde es laut und peinlich werden, schließlich war das nicht Aizawas erster Abend dieser Art. Trotzdem war es eine gute Abwechslung zu ihrem stressigen Alltag, das konnte er nicht leugnen; Nervensägen hin oder her, die beiden waren seine Freunde. Er seufzte einmal, rieb sich den steifen Nacken und erwiderte seinen Blick dann wieder.

„Ja, vermutlich“, stimmte er zu. „Und was diese eventuellen, anderen Pläne angeht...“

Er griff nach All Mights dunkler Krawatte, die einen deutlichen Kontrast zu seinem schrecklichen, senfgelben Anzug darstellte, und zog ihn daran zu sich herunter. Die blauen Augen weiteten sich im ersten Moment, dann röteten sich die eingefallenen Wangen.

„…dafür ist vielleicht trotzdem Zeit. Später.“

Er sprach leise und ruhig, bemerkte, wie All Mights Blick an seinen Lippen klebte.

„Eh…ja…später ist…gut“, stammelte er, brachte ihn damit zum Grinsen.

„Ja?“

„J-Ja…“

Man konnte ja regelrecht beobachten, wie hin und her gerissen er war und Aizawa musste zugeben, dass er gespannt war. Nicht, dass er unbedingt von jemandem erwischt werden wollte, doch wie groß war das Risiko? Die anderen Kollegen hatten längst Feierabend gemacht…und welcher Schüler würde sie jetzt noch aufsuchen? Ja, er schätzte das Risiko als gering genug ein…und All Might wohl ebenso, da er sich langsam vorbeugte…
 

In der nächsten Sekunde wurde die Tür mit so viel Wucht aufgerissen, dass Aizawa reflexartig an der Krawatte riss und den anderen somit ungewollt strangulierte; dass All Might gleichzeitig den Kopf zurückwarf, um Abstand zwischen sie zu bringen, verschlimmerte das Ganze noch.

„Oi! All Might! Wir müssen re…was zur Hölle tut ihr da?!“

Aizawa ließ die Krawatte sofort los, spürte sein eigenes Herz unangenehm hektisch in seiner Brust schlagen, während sich der blonde Hüne keuchend an seinem Schreibtisch festklammerte. Sein Kopf schien zu glühen, als er sich beiläufig das Blut von den Lippen wischte und mit schreckgeweiteten Augen zu dem Jungen im Türrahmen sah. Vermutlich dachten sie beide dasselbe: Scheiße.

„B-Bakugou-shonen, was…es ist nicht-“

„Der Unterricht ist längst zu Ende, Bakugou. Was gibt es?“, fiel Aizawa ihm harsch ins Wort, ehe All Might tatsächlich es ist nicht das, wonach es aussieht sagen konnte.

Im Gegensatz zu dem Älteren bemühte er sich, sich nicht verdächtiger als nötig zu benehmen. Ruhe bewahren. Selbst wenn er sie gesehen hatte und etwas hinein interpretieren wollte, Bakugou war nicht der Typ dafür, es direkt herum zu posaunen. Im besten Fall glaubte er, dass sie gestritten hatten und dabei handgreiflich geworden waren…wobei, war das wirklich positiv? Für Vorbilder vermutlich nicht.

Bakugou antwortete nicht sofort, sondern sah mit verengten Augen zwischen ihnen hin und her. Etwas lag ihm auf den Lippen, er sah es an dem vorgeschobenen Unterkiefer, an seiner angespannten Haltung.

„Das weiß ich selbst!“, knurrte er schließlich und verschränkte die Arme. „Ich wollte zu All Might! Was fragen. Wegen der Stunde heute…wusste ja nicht, dass ich in irgendwas Komisches reinplatze. Tse!“

All Might presste sich die Hand auf den Mund, wahrscheinlich, um sein Blut nicht durch den Raum zu spucken. Konnte der sich nicht wenigstens ein bisschen fangen? Warum musste das an ihm allein hängen bleiben…

„Ich wüsste nicht, was an einer Konversation zwischen zwei Kollegen komisch sein soll. Frag, was du fragen wolltest. All Might hat ebenso Feierabend wie ich.“

„Uhm…wenn…also, ich nehme mir natürlich Zeit für dich, wenn du über etwas sprechen möchtest“, kam es von dem Hünen, der seine blutigen Lippen zu einem Lächeln zwang.

Bakugous Reaktion bestand daraus, seinen immer noch bockigen Blick von einem zum anderen wandern zu lassen. Man konnte bezüglich seines Temperaments über ihn sagen, was man wollte, aber der Junge war scharfsinnig. Mit etwas Pech hatte er die Situation bereits richtig gedeutet und überlegte, wie er sich verhalten sollte. Aizawa hatte eigentlich nicht geplant, diese Art von Gespräch heute noch mit einem Schüler führen zu müssen, doch wenn sich nicht vermeiden ließ…

„Nein“, hörte er ihn schließlich murren. „Schon gut, hat auch Zeit bis Montag.“

„Bist du s-“

„Ja, verdammt, hab ich doch gesagt!“, fauchte Bakugou direkt dazwischen, kaum dass All Might den Mund aufgemacht hatte. „Hn, wie auch immer…bye.“

Damit schob er die Hände in die Hosentaschen und ließ sie beide einfach stehen.
 

Schweigend sahen sie ihm hinterher, ehe sie einen Blick tauschten.

„…denkst du, dass er…?“, begann All Might vorsichtig, woraufhin Aizawa die Schultern zuckte.

„Möglich.“

„Oh Gott…und…und was nun?“

„Abwarten“, lautete seine Antwort darauf.

Sicher, es war ein wenig ungünstig, aber selbst wenn Bakugou das richtig interpretierte, so würde es kein Weltuntergang sein. Im schlimmsten Fall war er angewidert und mied sie eine Weile, doch er würde sich schon wieder beruhigen. Notfalls würde er eben mit ihm sprechen und ein paar Dinge klarstellen…aber ernsthafte Sorgen machte er sich nicht. Der blonde Hüne neben ihm sah dagegen aus, als würde er gleich den nächsten Schwall Blut spucken.

„…tut mir leid, das war meine Schuld…ich hätte nicht-“

Abrupt packte Aizawa erneut die dunkelblaue Krawatte und zerrte ihn mit einem Ruck zu sich herunter, was All Might ein abgehacktes Ächzen entweichen ließ. Fest bohrte er seinen Blick in den des anderen, während er ihn so im Griff hielt.

„Solange du mich nicht in irgendeiner Weise zu etwas genötigt hast, das ich nicht tun will, will ich auch keine Entschuldigung von dir hören, verstanden?“

All Mights Wangen nahmen erneut an Farbe zu, während er ihn anstarrte und zaghaft nickte.

„Verstanden“, brummte er, woraufhin Aizawa ihn losließ und sich erhob.

Er rieb sich mit der einen Hand den verspannten Nacken und wühlte mit der anderen in seiner Hosentasche.

„Wenn wir jetzt gehen, bekomme ich vielleicht noch ein, zwei Stunden Schlaf“, brummte er und lehnte den Kopf zurück, um sich die Augentropfen zu verabreichen.

All Might antwortete nicht, blickte bloß still vor sich hin und Aizawa wusste, dass er die Sorgen wegen Bakugou nicht einfach abstellen konnte. Vermutlich haderte er innerlich mit sich, ob er dem Jungen nacheilen und mit ihm reden sollte. Angesichts Bakugous Temperament wäre es aber wohl besser, die Sache auf sich beruhen zu lassen…zumindest fürs Erste.

„Oi.“

Der blonde Hüne blickte erst auf, als er ihn erneut ansprach, woraufhin Aizawa darauf schloss, dass er ihm eben nicht mal zugehört hatte. Seufzend steckte er das Fläschchen wieder zurück in die Tasche, blickte ihn ernst an.

„Wenn er sich am Montag seltsam verhält, spreche ich mit ihm. In Ordnung?“

Das schien All Might zumindest ein bisschen zu erleichtern, denn dessen angespannte Haltung lockerte sich etwas.

„Ja…ja, das wäre gut, denke ich“, stimmte er zu und lächelte zögerlich. „Uhm, wir sollten los, oder? Wenn du noch schlafen willst?“

Hatte er ihm also doch zugehört. Aizawa nickte bloß, ehe er seinen gelben Schlafsack schulterte und wartete, dass der andere seine Tasche holte. Nun, vielleicht war die Aussicht auf einen Drink gar nicht so verkehrt…und etwas Ablenkung. Ja…das klang auf einmal besser als gedacht.
 

Wie jedes Mal, wenn sie dieser Freizeitbeschäftigung am Wochenende nachgingen, war auch an diesem Abend viel los, als er bei der Karaoke-Bar ankam. Bei den zahlreichen, schnatternden Teenagern, die sich am Eingang tummelten, fragte sich Aizawa unweigerlich, ob sie nicht irgendwann mal zu alt für sowas sein würden. Wenn er ehrlich war, fühlte er sich jetzt schon zu alt dafür…doch seine Kollegen schienen da anderer Meinung zu sein. Kayama hatte ihnen wie immer einen der Räume reserviert und als er diesen betrat, stellte er fest, dass er wohl einer der Letzten war.

„Aizawaaaaaa!“

„HERE MY FRIEND!!“

Aizawa hätte die beiden auch ohne das unnötige Gebrüll und das überschwängliche Winken auf der langen Couch entdeckt, schließlich war der Raum nicht riesig. Seine zwei verrückten Freunde hatten All Might eingekesselt, der mit einem schiefen Lächeln grüßend die Hand hob. Den senfgelben Anzug hatte er gegen eine graue Stoffhose und ein weißes Hemd getauscht…und ausnahmsweise trug er keine Übergröße. Vielleicht haftete sein Blick ein paar Sekunden länger als nötig an der hageren Gestalt, dann hob Aizawa ebenfalls die Hand und nickte den anderen kurz zu.

Ectoplasm hatte sich bereits die Songliste geschnappt und diskutierte eifrig mit Snipe darüber, was am besten zu ihm passte. Obwohl er die beiden seit einigen Jahren kannte, war es immer noch seltsam, sie in ihrer Freizeit ohne ihr Kostüm anzutreffen. Wie musste es wohl All Might gehen?

„Awww, du hast ja sogar auf mich gehört~“, schnurrte Kayama, kaum dass er sich neben sie gesetzt hatte. „Ich meine, du hast dir ein Hemd angezogen! Und du hast diesen Mopp von Haaren gebändigt…nur das mit der Rasur musst du noch mal üben…“

Aizawa brummte genervt, schob seine aufdringliche Freundin, die ihm den Zeigefinger in die stoppelige Wange bohrte, beiseite. Als ob sie ihn noch nie in Alltagskleidung oder mit zusammengebundenen Haaren gesehen hätte, schließlich waren sie gemeinsam mit Yamada zur Schule gegangen. Dass er mittlerweile hauptsächlich seinen Jumpsuit trug, lag daran, dass er seine freie Zeit auf ein Minimum reduziert hatte und die Stunden dazwischen meistens schlief. Wieso es sich also nicht möglichst bequem machen?

„Für wen von uns hast du dich so schick gemacht, hm?“, fuhr sie fort, ihn zu triezen und zwinkerte zu allem Überfluss neckisch.

Was zur Hölle war mit ihr los? Nicht, dass sie sich sonst wie ein Engel benahm, aber sie erschien ihm heute besonders hartnäckig, ihn zur Weißglut zu treiben.

„Mach so weiter und ich gehe wieder“, gab er zurück, ehe er nach dem iPad griff, um mehr Bier zu ordern.

Kayama neben ihm zog einen Schmollmund, auch wenn sie sicher wusste, dass er das nicht tun würde. Zumal er All Might schlecht mit ihnen allein lassen konnte, nein, das wäre nicht fair. Er vertippte sich beinahe, als sie ihren Körper, der in einem langärmligen Shirt mit großzügigem Ausschnitt und einer hautengen Jeans steckte, mit mehr Schwung als nötig gegen seinen warf. Seltsamerweise zeigte sie sich hier bedeckter als in der Schule…
 

„Sei nicht so!“, maulte sie, das Kinn auf seine Schulter gestützt. „Ich mach doch nur Spaß.“

„Hn“, machte er bloß, ehe er den Blick schweifen ließ. „Wo ist eigentlich Kan?“

„Der kommt nach. Muss seine Bulldogge noch Gassi führen.“

Stimmte ja. Kan besaß einen Hund…warum auch immer. Hunde waren anstrengend, sie brauchten Auslauf, sabberten und bellten. Wenn er sich ein Haustier anschaffen würde, wäre es auf jeden Fall eine Katze. Katzen waren um einiges angenehmer und selbstständiger, außerdem rochen sie besser und ihr Schnurren wirkte zumindest auf ihn beruhigend. Nun gut, jedem das seine.

„Ah“, machte er daher nur, woraufhin Yamada kicherte.

„Aizawa hasst Hunde“, hörte er ihn an All Might gewandt sagen. „Er ist eher ein Kitty-Fan! Hab ihn schon öfter dabei erwischt, wie er irgendwelche Streuner gefüttert hat!“

„Ich hasse Hunde nicht, ich-“

„Oi Kayama, weißt du noch, als er klitschnass mit einem Karton Kätzchen im Lehrerzimmer aufgetaucht ist?"

"Ach ja! Wie viele waren es noch gleich? Fünf?“

„Yes, five! Irgendjemand muss sie ausgesetzt haben und er konnte sie einfach nicht da lassen…“

„Awww, sie sind überall herumgekrabbelt…“

„…und sie haben die Möbel zerkratzt...“

„…und ein paar Zeugnisse zerfetzt…“

„…und stubenrein waren sie auch nicht.“

Zugegeben…es war nicht die beste Idee gewesen, wenn er sich so daran zurückerinnerte, allerdings hatte er keine Alternative gehabt. Er hätte den Karton beinahe nicht bemerkt, allerdings hatte ihn das klägliche Maunzen innehalten lassen. Helden retteten schließlich nicht bloß Menschenleben. Sein Blick glitt für einen Moment zu Yagi, der amüsiert in seine Richtung lächelte. Schön, dass der Blonde seinen Spaß mit alten Geschichten über ihn hatte…

„Nezu war nicht begeistert darüber, dass seine natürlichen Feinde das Lehrerzimmer eingenommen haben“, witzelte Kayama zwinkernd.

„Yeah, das kann man wohl sagen“, stimmte Yamada grinsend zu. „Aber wir sind sie dann relativ schnell an die Schüler losgeworden – natürlich in Absprache mit den Eltern!“

Aizawa sagte nichts dazu, sondern griff zu seinem Glas Bier, nachdem Kayama ihm etwas eingeschenkt hatte. Solange sie nur diese Story erzählten, konnte er gut damit leben. Es gab sicher viele Leute, die einen Karton ausgesetzter Kätzchen nicht ignoriert hätten.

„Auch wenn er immer so grimmig guckt, besitzt er ein Herz aus Gold~“, flötete sie absichtlich übertrieben, woraufhin Aizawa das Gesicht verzog.

War sie schon betrunken oder warum war sie heute noch stärker darauf erpicht, ihn ins Rampenlicht zu rücken? Glücklicherweise schienen nicht alle von ihnen zuzuhören, eigentlich nur All Might, dem, so eingekesselt, aber auch keine andere Wahl blieb.

„Ja. Dass Aizawa-kun ein guter Kerl ist, ist mir bereits aufgefallen“, hörte er diesen sagen und verschluckte sich prompt an seinem Bier.

Musste er sich wirklich auf dieses peinliche Gespräch einlassen? Das war unangenehm und er drehte den Kopf weg, damit niemandem die verräterische Röte in seinem blassen Gesicht auffiel. Selbstverständlich ließ Kayama das nicht zu, sondern packte ihn an den Wangen und drehte ihn so ruckartig wieder in ihre Richtung, dass sein Nacken knackte. Diese verdammte…!!

„Awww, hast du das gehört, Aizawa? All Might durchschaut dich vollkommen~“

„…schön“, knurrte er gereizt und mit immer noch rotem Kopf. „Ich bin nicht taub – und jetzt lass los.“

Wenigstens gehorchte sie direkt, wenn sie ihn auch weiterhin mit diesem dreckigen Grinsen betrachtete. Hatte er irgendetwas getan, das sie verärgert hatte? So, wie sie sich benahm, hatte er beinahe das Gefühl, sie wollte sich an ihm rächen. Leider fiel ihm partout nicht ein, was er verbrochen haben könnte, wobei er da manchmal recht unsensibel war. Vielleicht sollte er sie später fragen, möglichst allein.
 

„Oh, da ist Kan!“, rief sie plötzlich aus und warf die Hände hoch. „Dann können wir ja gleich beginnen! Komm Yamada, du musst mir bei der Songauswahl helfen!“

„Of course!“, krakeelte der Angesprochene direkt los und sie stürzten beide zu dem armen Neuankömmling.

Aizawa atmete tief durch, ließ sich etwas tiefer ins Polster der Couch sinken, während er sich fragte, warum ausgerechnet die zwei seine ältesten Freunde waren. Das Schicksal musste ihn aus irgendeinem Grund strafen wollen…

Als er den Blick zu All Might schweifen ließ, bemerkte er, dass dieser zur Seite sah, recht verlegen wirkte. Klasse. Wurde es jetzt auch noch komisch zwischen ihnen? Nur kurz zögerte er, rutschte dann aber näher an den blonden Hünen heran, welcher daraufhin zu ihm schaute.

„Was haben Sie noch über mich erzählt?“, brummte er missgelaunt, woraufhin All Might blinzelte.

„Uhm…ehrlich gesagt, haben sie erst damit angefangen, als du gekommen bist. Davor waren sie…ruhiger.“

Okay, also handelte es sich definitiv um einen Akt der Rache, doch ihm fiel wirklich kein Grund ein. Dann musste er wohl fürs Erste da durch und es aushalten, selbst wenn ihn das an den Rand seiner Beherrschung treiben würde.

„Verstehe.“

„Ja…uhm…“

Aizawa runzelte die Stirn, während der Ältere so herumdruckste; verschwieg er ihm doch etwas? Jedenfalls fiel ihm ansonsten nichts ein, was dieses Verhalten ausgelöst haben könnte – es sei denn, Kayama hatte ihn mit ihrem Geplapper mehr beschämt als gedacht.

„Was ist?“

„…du…siehst wirklich attraktiv aus“, murmelte All Might und rieb sich den Nacken, wich seinem Blick dabei aus. „Das Hemd…es steht dir…“

Oh. Mit einem Kompliment hatte er nicht gerechnet, weswegen er ihn so verdutzt anstarrte. Nicht, dass es ihm nicht schmeichelte oder dass es nicht nett war…bloß unerwartet. Was nicht bedeutete, dass es ihm missfiel – ganz bestimmt nicht. Ein Grinsen zuckte um seine Lippen, nur kurz, damit es hoffentlich niemand anders bemerkte.

„Gleichfalls“, gab er amüsiert zurück. „Weiß steht dir eindeutig besser, als dieses schreckliche Senfgelb.“

„Hey…du redest von meinem Lieblingsanzug!“, kam es entrüstet von All Might.

„Ich hoffe, dass das ein Scherz ist…“

„Er hat fast dieselbe Farbe wie dein Schlafsack“, argumentierte der Blonde unnachgiebig, woraufhin Aizawa stockte.

Er konnte nicht mal behaupten, dass ein Schlafsack kein Kleidungsstück war, schließlich sah man ihn recht häufig darin dösen. Sozusagen in jeder freien Minute, was All Might sehr wohl bewusst war, so triumphierend, wie er plötzlich drein sah.

„…schön. Ich sage nichts mehr über deinen…Anzug. Das Hemd steht dir ohne trotzdem besser.“

Anscheinend realisierte All Might das Kompliment erst jetzt, denn er lief wieder rot an, räusperte sich.

„Danke…das ist nett.“

Für jemanden, der dank seiner riesigen Fangemeinschaft eigentlich an so etwas gewöhnt sein sollte, reagierte er recht verhalten. Nun, das war eben der Unterschied zu All Might und Yagi Toshinori – obwohl es sich um dieselbe Person handelte, benahm sich der hagere Mann viel schüchterner als sein Alter Ego. Vielleicht sollte er damit anfangen, ihn bei seinem eigentlichen Namen zu nennen…zumindest in ihrer Freizeit, so wie er es auch bei seinen Freunden tat. Dass All Might und er sowas in der Art waren, reichte als Begründung aus, nicht wahr? Sollte er ihn danach fragen? Das wäre höflich, richtig?
 

„Heeeeeey!! Rutscht mal mehr zusammen, guys! Here I’m coming!!“

Aizawa kam nicht mehr dazu, seine Gedanken in die Tat umzusetzen, da Yamada in diesem Moment herangerauscht kam und sich mit so viel Schwung gegen ihn warf, dass er mit dem Oberkörper auf All Mights Schoß landete. Sie beide erstarrten merklich aufgrund der plötzlichen Nähe…und Aizawas Herz trommelte wie das einer Maus in seiner Brust. Scheiße.

Gott sei Dank hatte er das Bier vorher abgestellt – andererseits hätte es dann eine gute Ausrede gegeben, um mit dem Hünen zu verschwinden. Dieser sah perplex zu ihm herunter, ehe er ihm merklich verlegen beim Aufsetzen half…und Aizawa hasste Yamada dafür, dass diese Aktion dafür sorgte, dass er All Might an seinen blonden Haarsträhnen packen und erneut heftig küssen wollte. Noch mehr als sowieso schon. Er musste eindeutig mit dem Alkohol aufpassen, wenn der Drang schon jetzt so präsent war.

„Aber sonst geht’s dir gut, ja?“, raunzte er den Voice Hero an, der entschuldigend die Hände hob.

„Sorry friends~“

Aizawa gab ein genervtes Knurren von sich, das deutlich machte, was er von dieser Entschuldigung hielt. Waren heute denn alle verrückt geworden? Noch verrückter als sonst…und er war einiges gewöhnt.

„Es ist ja nichts passiert…“, hörte er All Might beschwichtigend sagen, woraufhin Yamada breit grinste.

„You see? All Might findet es nicht schlimm, dass ihr ein bisschen gekuschelt habt~ Everybody needs some love, yeah!“

Bevor Aizawa etwas anderes tun konnte, als ihn fassungslos anzustarren, setzte sich Kan zu ihnen, ein Bier in der Hand und mit gerunzelter Stirn. Er musste nicht zu All Might sehen, um dessen Reaktion mitzubekommen – das unterdrückte Keuchen sprach für sich. Hoffentlich blutete er sein weißes Hemd nicht voll…

„Wer braucht Liebe?“, brummte Kan irritiert und schaute von einem zum anderen. „Hab ich was verpasst, huh?“

Obwohl er bloß eine Frage stellte, wirkte er so, als würde er sie gleich verprügeln, was wohl an dem vorgeschobenen Unterkiefer mit den sichtbaren, spitzen Eckzähnen lag. Selbst in seiner lockeren Alltagskleidung wirkte Kan bullig und bedrohlich, auch wenn sie alle wussten, dass er kein übler Kerl war. Der Hauslehrer der 1-B kümmerte sich gewissenhaft um seine Klasse, versuchte alles, dass diese nicht hinter der 1-A zurückstand, wie es oftmals behauptet wurde. Aizawa wusste nicht, ob man dies immer dem Talent seiner Schüler zuschreiben konnte, so häufig wie diese schon in den Medien erschienen waren, weil sie mal wieder auf eigene Faust gehandelt und sich in Gefahr gebracht hatten.

„Frag einfach nicht…“, wiegelte er ab und hoffte, dass sich das Thema damit erledigt hatte.

Konnte man Herzrasen nicht abstellen? Seines anscheinend nicht, weswegen er stur All Mights Blick mied und darauf vertraute, dass dieser das nicht falsch verstand.

„Ah ja…“, kommentierte Kan dies, zuckte gleichmütig mit seinen breiten Schultern. „Wie auch immer, Kayama sagt, ihr sollt euch einen Song aussuchen…hier.“

Er reichte Aizawa die Liste, welcher dieser mit mäßigem Elan bedachte – um einen Song würde er wie jedes Mal nicht herumkommen. Nun, nach ein paar Bier würde sein Schamgefühl soweit abgeklungen sein, dass sich das irgendwie vereinbaren ließ. Er reichte die Liste an All Might weiter, der sich gerade mit dem Daumen das Blut von der Lippe wischte und ihn verdutzt ansah.

„Oh…ich soll...auch…?“, stammelte er überfordert, während er sich die Auswahl besah.

„Tja, deswegen sind wir hier, nicht wahr?“, erwiderte Kan und rieb sich den massigen Nacken. „Richtig wild drauf bin ich auch nicht, aber es ist ne gute Gelegenheit mal raus zu kommen und was zu trinken.“

Zur Untermalung seiner Worte hob er die Flasche an, wollte All Might Bier in sein leeres Glas einschenken, woraufhin der andere hastig abwinkte.

„Ich trinke nicht, aber danke.“

„Ach so? Na dann…“

Aizawa kannte den herausfordernden Blick des anderen Hauslehrers bereits zur Genüge, als dieser ihm nachschenkte. Jedes Mal schien es Kan als eine Art Challenge zu sehen, ihn unter den Tisch zu saufen – nicht, dass er dies bisher geschafft hätte. Die Rivalität ihrer Klassen schien auf Kan mehr abzufärben als auf ihn…
 

„Hey buddy, don’t be shy! Du kannst es nicht schlechter als die beiden hier machen!“, versicherte Yamada dem Blonden, der daraufhin schief lächelte.

Kan schnaufte empört, warf dem Voice Hero einen finsteren Blick zu, während Aizawa das Gerede ignorierte. Es stimmte halt auch…dagegen konnte er nichts sagen.

„Have fun, All Might! Das ist das Einzige, das zählt!“

Aizawa führte still sein Glas an die Lippen, nahm einen Schluck; anscheinend musste er sich korrigieren. Es kam wohl zumindest aus Yamadas vorlautem Mund nicht ausschließlich Mist. Er spürte, wie sich All Might neben ihm ein wenig mehr entspannte – so wie es sein sollte. Dazu waren sie schließlich hier.

„Oh, Ectoplasm legt los…das war klar, oder? Er ist immer der Erste…“

Tatsächlich hatte sich der Mathematiklehrer bereits vor dem Bildschirm platziert, das Mikrophon in der Hand und wippte mit seinem schlaksigen Körper im Takt der Musik. Das blau-rote Licht der Scheinwerfer wanderte durch den Raum, sollte wohl Partystimmung vermitteln. Zugegeben, eine musikalische Glanzleistung lieferte Ectoplasm nicht ab, aber man konnte nicht verhehlen, dass er nicht seinen Spaß hatte oder sich nicht genügend Mühe gab. Die anderen johlten und klatschten, feuerten ihn kräftig an, während mehr Bier nachgeschenkt wurde.

Aizawas Blick glitt zu All Might, der ebenfalls zu ihrem Kollegen blickte, ein amüsiertes Lächeln in seinem ausgemergelten Gesicht. Wie lange es wohl her war, dass er so etwas gemacht hatte? Wenn er an ihr Gespräch im Vergnügungspark dachte, musste es ein sehr langer Zeitraum sein. Unweigerlich kam ihm die verdrehte Rede wieder in den Sinn, bei der ihm All Might mit seinem Gefühlschaos überschüttet hatte. Es musste nicht für alles sofort eine Antwort oder eine Bezeichnung geben, aber mit Ehrlichkeit traf er den richtigen Nerv bei ihm.

Die auffälligen blauen Augen strahlten in dem bunten Licht noch mehr als sonst, richteten sich auf ihn, als sie seinen Blick bemerkten. Irrte er sich oder wurde der Ausdruck des Älteren milder? Fuck. Da war er wieder. Der Drang, den anderen zu küssen. Später, mahnte er sich selbst, und wandte sich wieder Ectoplasms Vorführung zu. Dass er dabei mit seiner Schulter All Mights berührte, an diese gelehnt blieb, war kein Versehen…
 

Eine Stunde später war die Stimmung auf ihrem Höhepunkt, woran der Alkohol bestimmt nicht unschuldig war. Es war schwierig, sich zurückzunehmen, wenn Kan ihm kontinuierlich nachschenkte und ihn zum Trinken aufforderte. Aizawa war nicht betrunken, aber die Wärme in seinem Inneren mitsamt dem schwammigen Gefühl sagten ihm, dass er auf dem besten Wege dahin war. Nun, seine Patrouille würde er in dieser Nacht ohnehin ausfallen lassen müssen, schlechtes Gewissen hin oder her. Er war nicht so lebensmüde, sich in dem Zustand absichtlich mit irgendwelchen Schurken anzulegen – was nicht bedeutete, dass er im Notfall nichts tun würde. Konnte er nicht. So waren Helden nun mal.

Er lehnte sich wieder zurück, spürte All Mights knochige Schulter an seinem Rücken, eine seiner großen Hände berührte seine eigene. Gänsehaut…und er war froh, dass alle damit beschäftigt waren, Kayamas und Kans schiefem Duett zuzuhören. So konnte der Blood Hero ihn wenigstens vorerst nicht weiter abfüllen. Aizawa stutzte, als ihm ein Glas Wasser unter die Nase gehalten wurde und lehnte den Kopf in den Nacken, blickte in All Mights blaue Augen.

„Das…hilft vielleicht?“

Aizawa schnaubte leise, nahm das Glas jedoch an und trank einen Schluck daraus, wobei er wieder nach vorn zu ihren Kollegen sah.

„Ich weiß, was ich vertrage“, brummte er.

„Oh, ich wollte dir nichts unterstellen, aber…Vlad King und du scheint eine Art Rivalität zu hegen?“

„Hn…ja. Irgendwie schon. Er nimmt es persönlich, dass die 1-A populärer ist als seine 1-B.“

Kayama schlug gerade einen so schrillen Ton an, dass Kan kurzzeitig aus dem Konzept geriet und nicht mehr mitkam, auch wenn er durchzuhalten versuchte. Der Song war ohnehin bald zu Ende.

„Wir kommen eigentlich gut miteinander aus, aber das nagt an ihm“, fuhr er fort und nippte wieder an All Mights Wasserglas.

„Verstehe…dabei sind auch in der 1-B sehr viele talentierte Schüler.“

Aizawa gab einen zustimmenden Laut von sich, während einige ihrer Kollegen nach eine Zugabe verlangten. Es war generell ziemlich laut geworden, aber gut, so gehörte sich das eben in einer Karaokebar. Als Nächstes würde Yamada singen und Aizawa wusste, dass er ihnen gleich eine ziemliche Show bieten würde – schließlich war es unter anderem sein Job, die Leute zu animieren.

„Übrigens...“

Aizawa wandte sich wieder dem blonden Hünen zu, der ihn fragend anblickte.

„…würde ich dich lieber bei deinem richtigen Namen nennen. So wie die anderen…nun, zumindest in unserer Freizeit – auch wenn wir nicht viel davon haben.“

Da All Might ihn bloß verdutzt anstarrte, trotzdem er zweifellos etwas sagen wollte, da er den Mund leicht öffnete, sprach Aizawa weiter.

„Ich weiß, dass du immer noch All Might bist…ob Ruhestand oder nicht…und das ist in Ordnung. Aber du bist genauso Yagi Toshinori.“

Lag es am Alkohol, dass er mehr als sonst redete? Vielleicht befürchtete er aber auch, dass All Might…nein, Yagi es falsch verstehen würde. Laut seinen Freunden konnte er recht unsensibel sein…also lieber sichergehen. Was er nicht erwartet hatte, war Yagis plötzliches Lächeln, das seine verhärmten Züge weicher wirken ließ…und das wieder diese Gefühle in Aizawa aufflammen ließ. Mist.

„Inzwischen wohl mehr als ich All Might bin, hm?“, erwiderte er, doch es klang nicht so bitter wie sonst. „Ehrlich gesagt, gibt es nur zwei, vielleicht drei Leute, die mich so nennen…es ist ungewohnt. Ich sollte mich wohl langsam daran gewöhnen…und nun, ja, sicher. Es spricht nichts dagegen.“

Aizawa nickte langsam, schaute dann wieder zu Yamada, der soeben alle aufforderte, in die Hände zu klatschen; er war anscheinend vollkommen in seinem Element.

„Gut“, murmelte er, was in dem gebrüllten „ARE YOU READY?!“ beinahe unterging.
 

„So, ihr beiden, ich hoffe, ihr habt euch ein Lied für euer Duett ausgesucht!“

Aizawa hob eine Braue, als sich Kayama wieder zu ihnen auf die Couch warf, die Wangen rot vom Alkohol und ein beunruhigendes Glänzen in ihren blauen Augen. Moment mal…

„Wir…beide? Duett?“, wiederholte er, woraufhin sie enthusiastisch nickte.

„Wieso nicht? Du solltest ihn unterstützen, immerhin ist er im Gegensatz zu uns anderen nüchtern! Es wäre fies, ihn allein auf die Bühne zu schicken, denkst du nicht, hm? Du willst doch kein Fiesling sein, Aizawa? Und außerdem habe ich Kan eben ja auch unterstützt! Nun bist du dran!“

„Ah ja…“, brummte er mit mäßigem Elan, warf dann aber einen Blick zu Yagi. „Okay für dich?“

Dieser sah von ihm zu Kayama und wieder zurück, ehe er schief lächelnd nickte.

„Uhm…ja…danke, dass du mich unterstützen möchtest…“

Vermutlich wollte Yagi am liebsten überhaupt nicht nach vorn und irgendeinen Song trällern, so zurückhaltend, wie er für gewöhnlich war. Jedenfalls solange er nicht in seinem aufgepumpten Alter Ego steckte. Aizawa seufzte innerlich, reichte dem Blonden dann die Songliste.

„Such du etwas aus…“

„Oh, na gut…mh…“

„Ich helfe gerne dabei~!“, trällerte Kayama und beugte sich über seinen Schoß, um besser sehen zu können.

Der Underground Hero ließ sie machen, schaute derweil Yamada zu, wie dieser allmählich zum Ende kam. Es war ihm persönlich egal, welchen Song sie singen würden. Er war nicht gut darin und sein Ehrgeiz gleich null, von daher konnte Yagi es nicht schlechter machen, sollte dies seine Sorge sein. Wobei Kayama schon Recht hatte; im angetrunkenen Zustand konnte man sich leichter dazu überwinden.

„So, wir haben was gefunden~!“, summte diese gerade in eindeutig zu guter Laune.

Anhand Yagis skeptischem Gesichtsausdruck konnte er sich denken, dass ihm die Auswahl weniger gefallen wurde. Was hatte sie sich jetzt wieder überlegt?

„Der Song ist einfach und langsam – und er passt so gut zu euren dunklen Stimmen~“, schwärmte sie und hielt ihm die Liste hin, wo ihm Titel und Text ins Auge sprangen.

Er meinte sogar, ihn schon mal gehört zu haben, was vermutlich Yamada zuzuschreiben war, da dieser ihm seine neusten Lieblingssongs meist in Endlosschleife aufzwang. Echoes. Oh nein…war das ihr Ernst?

„Das ist-“

„Ganz wundervoll, da hast du Recht und nun husch! Ab mit euch nach vorn, bevor Yamada noch eine Zugabe gibt! Er ist richtig wild darauf!“

Anscheinend würde jeder Protest ohnehin abgeschmettert werden, sodass er es gar nicht erst versuchte, sondern sich seufzend seinem Schicksal ergab. Was sollte es? Kayama und Kan hatten immerhin auch einen schnulzigen Song abgeliefert, ohne dass sie dumme Sprüche kassiert hatten. Die meisten ihrer Kollegen hielten außerdem einen konstanten Pegel, weswegen er sich wohl keine Sorgen machen musste. Er warf einen Blick zu Yagi, dem man bereits jetzt ansah, wie unwohl er sich fühlte…und er gab sich einen Ruck.

„Es sind nicht mal fünf volle Minuten“, brummte er diesem zu. „Dann sind wir durch damit…also bringen wir es hinter uns.“

„Uhm…ja, das stimmt“, murmelte der andere zurück, wirkte jedoch weiterhin wie ein Reh im Scheinwerferlicht.

Aizawa konnte sich ein spöttisches Schnauben nicht verkneifen.

„Ehrlich, Yagi…wieso besitzt jemand wie du überhaupt Schamgefühl?“, fragte er, während ihnen Ectoplasm zusammen mit Kayama den Song raus suchte.

„Das…ist etwas anderes“, erwiderte dieser leise, warf ihm einen zaghaften Seitenblick zu. „Das hier…ist…persönlicher…“

Aizawa konnte sich denken, was er damit meinte; hier war er nicht All Might. Diese Leute waren nicht irgendwelche Fremden, sondern ihre Kollegen…Freunde. Für jemanden, der bis vor einer Weile kein existentes Privatleben gehabt hatte, konnte das durchaus ein Grund zur Nervosität sein.

„Dann gewöhn dich besser schon mal dran“, riet er ihm. „Die zwei lassen dich in Zukunft sicher ebenso wenig vom Haken wie mich…“

Das brachte Yagi doch zu einem wackligen Lächeln, welches auch schnell wieder verschwand, als Yamada ihnen die Mikrophone brachte und sie dann lauthals ankündigte. Direkt johlte das komplette Kollegium los, klatschte und feierte sie bereits, als hätten sie schon begonnen – was nicht der Fall war.
 

Aizawa atmete durch, während er seine blutunterlaufenen Augen auf den Monitor vor ihnen richtete, auf dem gerade der Text eingeblendet wurde. Ausgerechnet so ein Song…er würde das Kayama irgendwie heimzahlen. Später. Er tauschte einen Blick mit Yagi, ehe sie begannen – und Aizawa für seinen Teil war froh, dass er nicht komplett nüchtern da durch musste.
 

*kotoba no imi sae mo kokoro no okiba sae mo

koe sae ushinattemo boku wa koko de utau darou

koko kara hibike tooku
 

Seine Wangen fühlten sich heißer an als noch zuvor und er hoffte, dass dies niemandem aufgrund der wechselnden, bunten Lichter auffiel. Der Text war zwar furchtbar schnulzig, aber beim Tempo kamen sie wirklich gut mit. Außerdem…empfand er Yagis tiefe Stimme als angenehm. Abermals machte sich dieses verräterische Kribbeln in seinen Wangen bemerkbar und er vermied es, dem anderen in die Augen zu sehen. Einfach stur auf den Monitor starren…
 

(listen to it) yasashiku yuri okosu MERODI

(listen to me) oto ni kawaru
 

Zumindest ihre Kollegen schienen nichts seltsam daran zu finden, dass gerade zwei erwachsene Männer gemeinsam ein offensichtliches Liebeslied sangen, so laut wie sie sie anfeuerten. Er sah Kayama mit Yamada ihre Gläser heben, Kan wippte im Takt der Musik, den Arm um Cementoss geschlungen, und Ectoplasm trällerte lautstark mit. Aus den Augenwinkeln sah er kurz zu Yagi, welcher seine Pranken mit den langen Fingern um das Mikrophon gekrampft hatte und mit roten Wangen den Text verfolgte. Er sollte sich wirklich besser konzentrieren…und dieses viel zu schnelle Pochen in seiner Brust ignorieren…
 

kotoba no imi sae mo toki to tomo ni

itsuka wa usureteku mono dakara

takusan no kokoro o tsunagu you ni hibike OUR SONG

kimi to kimi ga omou kimi e
 

Immerhin war es zu Ende. Nicht mal fünf Minuten und dennoch hatten sie sich länger angefühlt…vermutlich weil sie beide so bemüht waren, einander nicht anzusehen. Ein verfluchter Liebessong...und das in ihrer Situation. Unpassender ging es wirklich nicht. Allzu schrecklich schien ihre Darbietung allerdings nicht gewesen zu sein, wenn man die Reaktionen bedachte, die aus Pfeifen und Grölen bestand – nun gut, Betrunkenen sollte man nicht vertrauen. Apropos, er brauchte jetzt Bier…

Sein Blick traf unweigerlich auf Yagis, woraufhin dieser verlegen lächelte…und es damit nicht besser machte. Nicht für Aizawa. Vielleicht sollten sie einfach früher gehen…und sich etwas Zeit füreinander nehmen. So war schließlich der Plan gewesen, nicht wahr? Dann sollten sie ihn allmählich auch umsetzen…
 

Gesagt, getan…und während sich Yagi zuerst verabschiedete, damit nicht doch noch jemand falsche Schlüsse zog, rutschte Kayama neben ihn und Yamada auf seine freie Seite. Aizawa würde dem Blonden nach ein paar Minuten folgen, wie sie es zuvor besprochen hatten. Er musste nur irgendwie seine beiden Kletten und Kan, der schon wieder neues Bier orderte, abwimmeln.

„Übrigens, Aizawa…“, begann Kayama mit einem trügerisch sanften Lächeln, das ihm die Haare zu Berge stehen ließ.

Ohne dass er Erasure einsetzen musste. Er warf ihr einen misstrauischen Blick zu, abwartend, was nun von ihr kommen würde.

„…Yamada und ich wollten dich noch etwas fragen.“

Der Voice Hero stützte den Ellenbogen auf seiner Schulter ab, grinste ihn an und wackelte dabei mit seinen Brauen.

„Right~“

„…und das wäre?“, fragte er argwöhnisch.

„Oh, keine große Sache…wir dachten nur, dass du uns vielleicht aufklären möchtest“, meinte Kayama und zückte ihr Handy, um es ihm unter die Nase zu halten.

Aizawa spürte, wie sein Herz für eine Sekunde auszusetzen schien, während er ungläubig auf das Foto schaute. Yagi und er. Aneinander gekuschelt und schlafend…in einem Bus. Der Ausflug zum Vergnügungspark, fiel es ihm siedend heiß ein…was bedeutete, dass einer der Schüler das Foto gemacht haben musste. Diese miesen, kleinen…!

„Möchtest du uns was sagen?“

„Du hast doch sicher keine Geheimnisse vor deinen besten Freunden, hm?“

„…wer hat das Foto noch gesehen?“, brummte er anstelle einer Antwort.

Kayama schob ihr Handy wieder in die Tasche, ehe sie mit den Schultern zuckte.

„Vermutlich hat es die Runde gemacht, wenn auch eher bei den Schülern…also keine Sorge, die meisten finden es einfach zuckersüß, wie gut ihr euch versteht. Andere halten es für ein Versehen…“

„But we know better…“, fügte Yamada an und stützte sich noch mehr bei ihm ab. „So?“

„…deswegen habt ihr euch noch idiotischer als sonst aufgeführt?“, knurrte er bloß und funkelte vor allem Kayama an, welche abwehrend die Hände hob.

„Wir wollten nur sehen, ob wir das Foto überbewerten oder nicht! Aber nun…so, wie du reagiert hast, brauchen wir eigentlich nicht mal eine Antwort~“

„Oh my god…und ich dachte, du kannst ihn nicht leiden. You liar, Aizawa!“

„Stell dir vor, wie es uns ging, als wir davon erfahren haben!“

Das durfte doch einfach nicht wahr sein…deswegen dieser Aufriss? Er wusste nicht mal, was er dazu sagen sollte. Tief atmete er durch, darauf bedacht, ihnen nicht die Köpfe abzureißen. Hätte er seine Capture Weapon dabei gehabt, hätte er die beiden damit stranguliert.

„Ich habe nichts gesagt, weil es nichts zu sagen gibt“, zischte er ihnen zu.

„Ach komm…das kannst du vielleicht jedem anderen erzählen, aber bestimmt nicht uns!“

„Kayama hat einen sechsten Sinn dafür, Bro…“

„Und so oft, wie ihr euch zu zweit trefft…“

„Ihr verbringt mehr Zeit miteinander als wir mit dir!“

„Abgesehen davon-“

„Also gut, ja verdammt!“, fuhr er ihnen verärgert dazwischen und die beiden grinsten triumphierend. „Ich werde trotzdem nichts dazu sagen. Das geht nur ihn und mich etwas an.“

„Aber-“

„Und es geht noch nicht lange. Deswegen will ich nicht, dass sich irgendjemand einmischt. Verstanden?“

Abrupt wurde es still zwischen ihnen. Für Aizawa unangenehm still…vor allem, da er begriff, warum sie plötzlich nicht mehr rumnervten.

„Oh Gott, Aizawa…es ist dir ernst!“

„Das-“

„Oh buddy, we are so sorry!!“

“Rede verdammt noch mal leiser!“, raunzte er Yamada an, auch wenn keiner sonst auf sie achtete.

„Sorry, sorry!“

„Wir dachten einfach, dass es…na ja…das Übliche ist und…oh~ das ist wirklich süß.“

„Ist es nicht.“

„Ist es doch!“, widersprach Kayama bestimmend. „Und wir werden euer Geheimnis für uns behalten! Jedenfalls bis du bereit bist, es uns in allen Einzelhalten zu erzählen!“

Da konnten sie lange drauf warten – erst recht nach dieser beschränkten Aktion. Es war nicht so, dass er sich für irgendetwas vor ihnen schämte. Mit solchen Freunden konnte man auf Dauer nicht prüde sein…aber es ging hier erstens nicht nur um ihn und zweitens war es ja wirklich noch ganz frisch. Wer wusste schon, was daraus werden würde…was er allerdings nie herausfinden würde, wenn er nicht endlich Yagi folgte. Nicht, dass dieser noch glaubte, er hätte ihn vergessen oder es sich anders überlegt.
 

Tatsächlich schaffte er es danach recht schnell, sich loszueisen, auch wenn Kan ihm vorwarf, er würde auf diese Weise seiner Niederlage entgehen wollen. Aizawas Bemerkung, dass der Hauslehrer der 1-B den Sieg gern für sich verbuchen konnte, schien diesen nur mäßig zu besänftigen. Als er schließlich die Karaoke-Bar verließ, schlug ihm kühle Nachtluft entgegen. Aizawa spürte, wie sich der Alkohol wieder bemerkbar machte und ihm für einen Moment schwindelig wurde. Vielleicht hatte er doch das ein oder andere Bier zu viel gehabt…

„Aizawa-kun?“

Yagi. Sicher. Er blickte in die blauen Augen, die trotz Dunkelheit unheimlich intensiv leuchteten und Besorgnis ausdrückten. Yagi machte sich immer viel zu viele Sorgen…aber das gehörte wohl zu ihm. Ebenso wie diese Freundlichkeit, die ihn dazu brachte, ihn stützen zu wollen. Soweit kam es noch…auch wenn er gegen Nähe an sich nichts einzuwenden hatte. Absolut nicht.

„Lass uns gehen“, brummte er daher, woraufhin der andere nickte.

Eine Weile schwiegen sie, während sie nebeneinander her gingen und die Geräuschkulisse langsam leiser wurde. Es war spät und fernab der Clubs und Bars wesentlich ruhiger, was Aizawa nur recht war. Zumal es ihm Zeit gab, seine Gedanken zu ordnen…sofern sein alkoholisiertes Hirn das zuließ. Sollte er Yagi von dem Gespräch erzählen? Vielleicht besser morgen…es änderte im Prinzip nichts…und er fühlte sich gerade zu müde für solch ein Thema. Wenn er ehrlich war, wusste er genau, was er gleich noch machen wollte.

„Hey.“

Yagi sah ihn von der Seite her fragend an, als er die Stille plötzlich brach.

„Wie stehst du zu Couch und Fernsehen?“

Der Gedanke, mit Yagi auf der Couch herumzulungern, in eine dicke Wolldecke gekuschelt und irgendeinen lahmen Film zu schauen, erschien ihm gerade verlockender als alles andere. Langweilig, ruhig…in einem Tempo, das für sie beide okay war. Alles andere ergab sich sowieso von selbst. Ohne Druck oder irgendwelche Erwartungen.

„Das klingt ehrlich gesagt sehr gut“, antwortete Yagi mit einem sanften Lächeln.

„Hmhm…“, machte er zustimmend.

„Mit Tee…“

„…und einer Wolldecke.“

„Ich glaube, ich habe eine, die groß genug für uns beide ist.“

Aizawa blickte auf, wobei er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte; glücklicherweise schien Yagi zu den wenigen Menschen zu gehören, die bei seinem Grinsen keine Panik bekamen. Jedenfalls lächelte er immer noch.

„Ich sehe, wir verstehen uns.“

Daraufhin schmunzelte der blonde Hüne bloß, nickte zustimmend. Ja, er würde ihm morgen davon erzählen, das war definitiv besser. Kein Grund, den anderen nervös zu machen, wo dieser gerade ungewöhnlich entspannt wirkte. Vielleicht wirkten der Karaoke-Auftritt und das Resultat, dass sich nichts wegen dieses dummen Liebessongs zwischen ihnen verändert hatte, ja beruhigend auf Yagis Nerven? Was es auch war…es gefiel ihm. Und was ihm ebenfalls gefiel, war die große, warme Hand, die sich gerade um seine eigene schloss.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und schon wieder so ein dicker, fetter...Text. :D
Wenn man einmal anfängt und einfach kein Ende bekommt...
Mag noch jemand Bakugou? :D
Oder die beiden Nervensägen, die Aizawa seine Freunde nennt?
Also ich schon...hehe...jedenfalls wieder viel Fluff, ohne Einhörner...ich bekomme einfach nicht genug davon. ^^
Für Echoes habe ich mich entschieden, weil Suwabe Junichi (Aizawas Synchronsprecher) dieses Lied mal (als Grimmjow) gecovert hat.
Kommis sind immer gern gesehen...und natürlich danke an LSiomha fürs Betan! <3

LG Komplett anzeigen

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