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All of me

von

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My head's under water but I'm breathing fine

"Ruf Scott!" hatte Derek gebrüllt, doch dann war Stiles das glitschige Telefon einfach so entglitten. Er hatte sich bloß nach dem verdammten Ding bücken wollen, doch beim Versuch es wieder aufzuheben hatte der paralysierte Derek sich offenbar nicht mehr halten können. Er war ganz einfach in den dummen Pool gefallen, war versunken wie ein Stein und ohne Stiles Hilfe würde er mit Sicherheit ertrinken.
 

Stiles warf noch einen letzten Blick auf sein Handy am Boden, ehe er dem Alpha mit einem beherzten Kopfsprung hinterher hechtete, um ihn zu retten.
 

Im Eintauchen in das kühle Nass wurde Stiles etwas klar: Die Situation vorhin hätte auch ganz anders verlaufen können, als plötzlich dieses monströse Vieh hinter ihm aufgetaucht war. Derek hätte sich auch ganz einfach die bewusstlose Erica schnappen, verschwinden und Stiles seinem Schicksal überlassen können, doch das hatte er eben nicht getan. Stattdessen hatte der tolle Übermacker sich zwischen Stiles und diese widerliche Echse geworfen, um gegen sie zu kämpfen und hatte Stiles zugerufen, dass er weglaufen solle, wobei er dann von dem Ungeheuer gekratzt und dadurch vergiftet und paralysiert worden war.
 

War das wohl bloß der reine übergriffig-überbeschützerische Alpha-Reflex gewesen, oder bedeutete es mehr als das? Stiles wagte es kaum zu hoffen, aber möglicherweise war es Derek ja doch nicht vollkommen gleichgültig, ob er lebte, oder starb, auch wenn der, dumme, alte Grummelwolf immer so furchtbar feindselig tat?
 

Stiles hatte den Versunkenen erreicht, schnappte sich einen Arm und zerrte ihn wieder zurück an die Wasseroberfläche, wo Derek gierig nach Luft schnappte:
 

"Wo ist es hin? Wo ist es? Kannst du es sehen?" fragte Stiles und sie beide blickten sich panisch nach der echsenartigen Kreatur um. Von ihr selbst war zwar gerade weit und breit nichts zu sehen, dafür hörten sie nun ihr Gebrüll.

Es wäre ja auch zu schön um wahr zu sein gewesen, wenn das Biest sich nun einfach so gesagt hätte `In Ordnung, für heute habe ich genug Unheil gestiftet. Jetzt beginnt mein wohlverdienter Feierabend und ich gehe heim zu Misses Monster. Macht´s gut, Leute!´
 

Stiles blickte sich hektisch nach allen Seiten um, doch gerade war von der Kreatur gerade wieder nirgendwo etwas zu sehen. Er paddelte angestrengt mit den Füßen und dem einen freien Arm, den er zur Verfügung hatte. Den anderen hatte er fest um Dereks schmale Hüfte gewunden, damit der Gelähmte ihm nicht entglitt. Eher beiläufig bemerkte Stiles dabei, dass Dereks Körper sich genauso anfühlte, wie er sich das immer vorgestellt hatte, stahlharte Muskeln und nicht ein Gramm überschüssiges Fett.

Eine Unverschämtheit!
 

Das Ganze wäre längst nicht so mühsam, wenn sich ihrer beider Kleider nicht so vollständig mit Wasser vollgesogen hätten. Natürlich hätte Stiles anfangen können, sie beide auszuziehen, um sich diese ganze Lebensrettungssache ein wenig leichter zu machen, aber nicht, wenn das erstens bedeutete, dass er dafür vor diesem athletischen Halbgott seinen blassen, mageren Körper herzeigen musste und er zweitens dann auf unbestimmte Zeit Haut an Haut mit Mr. Fitness hier im Pool herumpaddeln musste.

Nein, besten Dank, da zog er doch wirklich den Tod durch ertrinken vor.

(Und möglicherweise stimmte etwas mit seinen Prioritäten nicht?)
 

In seine höchst peinlichen Gedanken hinein bellte Derek nun ungeduldig:

"Und holst du mich nun hier raus, ehe ich ertrinke?"
 

Stiles zuckte schuldbewusst ein wenig zusammen und erwiderte lauter als nötig:

"Du hast Angst zu ertrinken? Ist dir eigentlich das Ding mit den messerscharfen Zähnen aufgefallen?
 

"Und ist dir aufgefallen, dass ich vom Nacken abwärts gelähmt in acht Fuß tiefem Wasser treibe?" knurrte der Werwolf böse.
 

Warum musste der Kerl eigentlich immer so herumbrüllen? Stiles war vielleicht bloß ein minderbemittelter, kleiner Mensch, aber sein Gehör funktionierte dennoch recht gut. Unter normalen Umständen hätte er sicherlich einen Konter parat gehabt, aber weil er vor lauter Anstrengung kaum Luft bekam und außerdem mit jedem Wort stets ein wenig von dem widerlichen Chlorwasser schluckte, blickte Stiles sich lediglich noch einmal in der Schwimmhalle um, so gut er es vermochte, verkündete dann: "Okay! Ich sehe es nicht!" und schickte sich nun an, gemeinsam mit Derek zum Beckenrand hinüberzuschwimmen, an die Stelle, wo er sein Handy hatte fallenlassen.
 

„Warte, warte! Stop!“ rief Derek aus.
 

Stiles folgte dem Blick des Werwolfs und da erblickte auch er es; zunächst war es nur der Schatten und dann tauchte die hässliche Echse im Original und in Lebensgröße auf und tapste am Beckenrand entlang, genau auf Stiles Handy zu.
 

„Worauf wartet es?“ fragte Stiles verwirrt, denn schließlich lagen; oder vielmehr schwammen sie hier doch wie auf dem Präsentierteller, oder etwa nicht?
 

Nun wurden die beiden jungen Männer Zeugen von etwas eigenartigem. Das Ungeheuer patschte mit einer seiner Klauen auf die Wasseroberfläche und zog sich dann erschrocken zurück:

„Hast du das gesehen?“ fragte Stiles stirnrunzelnd: „Anscheinend kann es nicht schwimmen?“
 

Na das waren doch mal gute Neuigkeiten, dachte Stiles! Sie würden also ertrinken, anstatt gefressen, oder in Fetzen gerissen zu werden. Und wenn man sie beizeiten fände, dann würden sie auch nicht allzu sehr aufquellen und gäben am Ende wenigstens noch recht hübsche Leichname ab.

Aber noch war es zum Glück nicht so weit. Noch war Stiles entschlossen zu kämpfen.
 

Eine ganze Weile später sah die Sache dann schon ein wenig anders aus. Sie paddelten nun schon eine gefühlte Ewigkeit hier herum, Stiles spürte seine Beine kaum noch und er hatte das ungute Gefühl, dass er bald einen Krampf bekommen würde und das bedeutete das Aus für sie beide:

„Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen. Ich schaffe das hier nicht länger.“ ließ er den Werwolf also wissen.

Er warf einen Blick hinüber zu seinem Telefon:
 

„Nein, nein, nein, nein, nein! Denk nicht einmal daran!“ herrschte der Alpha ihn an, als sei er gerade ernsthaft in der Position, irgendwelche Kommandos zu bellen.

Also wirklich!
 

„Kannst du mir nicht wenigstens dieses eine Mal vertrauen?“ bat Stiles mit so viel Geduld, wie er in diesem Moment aufbringen konnte.
 

Und was antwortete Derek wohl darauf?

„Nein!“

Einfach nur Nein.

Warum sollte ein höher entwickeltes Wesen wie Derek Stiles, der ja bloß ein niederer Mensch war, gegenüber auch irgendeine Erklärung abgeben, richtig?

Dieser blöde Penner!
 

„Ich halte dich hier am Leben, okay! Kriegst du das mit?“ grollte Stiles, nun ernstlich in seinen Gefühlen verletzt:
 

„Ja!“ gab Derek zurück: „Und wenn Lähmung nachlässt; wer wird dann dieses Ding bekämpfen! Du oder ich?
 

"Also deshalb halte ich dich bereits seit zwei Stunden über Wasser?“

Stiles war fassungslos.

SO dachte Derek also von ihm?

Und das nach allem, was sie bereits gemeinsam durchgestanden hatten?

Das war doch einfach nicht zu fassen!

Und nun setzte Derek sogar noch einen drauf, indem er sagte:
 

"Jupp. Du vertraust mir nicht, ich vertraue dir nicht! Du brauchst mich, um zu überleben und darum lässt du mich auch nicht los!“
 

Das war der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. Stiles hätte Derek in dieser Minute am liebsten umgebracht! Er wollte ihn boxen, kratzen, oder ohrfeigen, doch er tat nichts davon.
 

Anstatt dessen tat er etwas vollkommen anderes; etwas verrücktes und irrationales, denn er zog den wehrlosen Derek in seine Arme und kam ihm mit seinem Gesicht näher und näher, bis schließlich seine Lippen auf denen des Werwolfs lagen:

„Du bist echt ein Idiot, weißt du das, Derek!“ knurrte er noch, ehe er den Gelähmten von sich stieß und zu seinem Handy hinüber paddelte.
 

Derek sank langsam hinab auf den Grund des Beckens. Mit seinen Augen folgte er der Gestalt in dem roten Trainingsanzug über ihm.

Eigentlich sollte er nun wohl Todesangst haben, oder nicht? Doch er fühlte sich friedlich. Beinahe war ihm so, als könne er unter Wasser atmen.

Das Wasser, dass Derek umgab, kühlte seinen bewegungsunfähigen Körper aus.

Doch seine Lippen glühten!
 

Das mit dem Anruf bei Scott hatte nicht funktioniert, denn dieser hatte Stiles einfach so weggedrückt, da er ebenjener Minute mit Allison im Haus der Argents herumschnüffelte und sich dabei nicht erwischen lassen durfte. Und dafür hatte Stiles nun so viel riskiert? Er ließ sein blödes, nutzloses Handy auf den Grund des Pools sinken und tauchte ab, um Derek ein weiteres Mal vor dem Ertrinken zu retten, auch wenn dies ihrer beider unweigerliches Ende bloß aufschieben würde.

Doch Stiles kämpfte weiter und betete für ein Wunder.
 

Und das Wunder geschah, denn genau der Minute, als Stiles endgültig die Kräfte endgültig verließen, war urplötzlich Scott zu Stelle. Er rettete die beiden vor dem Ertrinken und es gelang ihm am Ende sogar, das Ungeheuer zu vertreiben, welches sie um ein Haar ihr Leben gekostet hätte.
 

Über den Kuss hatte Stiles und Derek bislang nicht ein einziges Wort verloren, als hätte es ihn nie gegeben. Dereks Paralyse verschwand nach einer Weile einfach so von allein und auch Erica hatte sich von ihrer Kopfverletzung scheinbar wieder vollkommen erholt.
 

Und so gingen sie schließlich alle ihrer Wege und Stiles fragte sich, ob er Derek nach dieser Nacht und dem, was er getan hatte überhaupt jemals wiedersehen würde?
 

Gott, was hatte er da bloß angestellt? Und vor allem... wieso hatte er es überhaupt getan?

War er denn vollkommen verrückt geworden, einfach so Derek, den schlechtgelauntesten, ungehobeltsten, nervtötendsten unter den Wölfen zu küssen?
 

Stiles war vorhin so wahnsinnig wütend gewesen und gleichzeitig so furchtbar erschöpft und dann hatte er die Worte vernommen und dieses schöne, vollkommene und gleichzeitig so versteinerte Gesicht vor sich gesehen. Und eine Stimme in ihm; laut genug, um jede Vernunft niederzubrüllen hatte ihm zugerufen, dass er diese Felsenmauer durchbrechen musste.

Na ja, und das hatte er dann eben auch getan! Er hatte auf die Konsequenzen gepfiffen und war ganz allein seinem Herzen gefolgt.

Offenbar hatte er ja wohl den Verstand verloren?
 

Stiles war allein zuhause, denn sein Dad hatte heute Nachtdienst. Er duschte eine Ewigkeit lang, um den Gestank von Chlor loszuwerden und weil seine wehen Muskeln nach der Strapaze das heiße Wasser so unendlich genossen. Dann schließlich schlüpfte er in T-Shirt und Boxershorts und sank in sein Bett. Eigentlich hatte er zwar einen Bärenhunger, doch das musste warten, denn zum Essen war er viel zu erschöpft.

Als Stiles jedoch endlich lag, war es ihm trotz aller Müdigkeit lange Zeit unmöglich einzuschlafen. Es wurde schon fast wieder Morgen, als er endlich in eine Art Dämmerzustand fiel.

Daraus schreckte er jedoch schnell wieder auf, als er vernahm, wie sein Schlafzimmerfenster von außen geöffnet wurde. Stiles zwang sich die Augen zu öffnen und erkannte im spärlichen Licht der ersten Morgenröte, wie Derek durch sein Fenster einstieg.
 

Stiles sagte nichts, auch nicht, als der Werwolf nun an seine Bettseite trat und mit einem schwer zu deutenden Blick auf ihn hinabschaute.
 

Auch Derek selbst gab kein Wort von sich. Was er stattdessen tat, war sich seine Schuhe auszuziehen, dann zu Stiles ins Bett zu steigen.
 

Dies hier war ein Traum, oder? Es musste ein Traum sein und es war nicht der erste mit erotischem Inhalt, den Stiles je gehabt hatte, also musste es wieder einer sein!
 

Derek brachte sich über ihn, ließ sich auf ihm nieder, küsste ihn, schob einen Oberschenkel zwischen die Beine von Stiles, ließ eine Hand unter sein T-Shirt wandern, spielte mit seinen Nippeln, bis sie hart wurden und begann schließlich an seinem Hals zu knabbern.
 

Nein, dies hier war kein Traum!
 

„Heißt das, du vertraust mir nun?“ fragte Stiles den Werwolf schüchtern
 

Derek hob den Kopf und schenkte ihm ein Lächeln, dass der Sonne, die in diesem Moment aufging Konkurrenz machen konnte.

What would I do without your smart mouth?

Derek war immer glücklich, wenn Stiles nachhause kam, auch wenn er dann manchmal arbeiten musste, so wie gerade in dieser Minute, wo er mit Stöpseln in den Ohren über seinem Laptop auf der Couch vor sich hin brütete.
 

Alles an ihrem gemeinsamen Heim fühlte sich irgendwie falsch an, wenn Stiles nicht darin war, um sein Chaos hier zu verbreiten; wie zum Beispiel indem er das Radio so laut aufdrehte, dass Derek die Wolfsohren wehtaten, oder indem er überall nasse Handtücher, halbleere Kaffeebecher und schmutzige Socken herumliegen ließ, die Derek dann für ihn wegräumte, weil er Unordnung nun einmal nicht gut ertragen konnte.

Die Wochen, in denen Stiles in Washington im FBI-Hauptquartier und nicht zuhause war, konnte man daran erkennen, dass in ihrem Apartment alles still und sauber bis an die Grenze zur Sterilität war. Außerdem war das Bett war viel zu groß, wenn Stiles sich darin nicht breit machte und alle Viere von sich streckte, so dass für Derek, den Größeren und Breiteren von ihnen, nur noch ein winzig kleines Eckchen übrigblieb.
 

Derek hasste es, wenn sein Gefährte nicht zuhause war, doch nun war Stiles ja hier und alles war so, wie es sein sollte!
 

In seiner großen Konzentration wirkte Stiles jung, beinahe wie der sechzehnjährige Junge, der er gewesen war, als sie sich kennengelernt hatten; der clevere Bursche, der über seinen Hausaufgaben brütete, oder über einem listigen Plan, um sein Rudel vor irgendwelchen Bösewichten zu retten.

Dieser Junge von einst war ein leichtsinniges, zähes, starrköpfiges, großmäuliges, kleines Arschloch gewesen und Derek hatte sich bereits beinahe in der allerersten Minute unsterblich in ihn verliebt!

Zwölf Jahre war das nun her. Und beinahe unglaubliche zehn Jahre davon waren sie bereits ein Paar!

Die Zeit war vergangen, wie ein Wimpernschlag.
 

Derek nahm seinen Zeichenblock und seine Graphitstifte zur Hand und begann damit, eine Skizze von dem, in seine Arbeit vertieften Stiles anzufertigen. Im Bild fing er die schönen, markanten Züge ein, die weichen, rosigen, sensibel geschwundenen Lippen, das trotzige Kinn und die großen, lang bewimperten, hellbraunen Augen, welche gerade zu kleinen Schlitzen verengt waren, weil sein Gefährte wieder einmal zu eitel war, um seine Brille aufzusetzen.

Seit Derek vor ein paar Jahren zu Zeichnen angefangen hatte, war Stiles sein erklärtes Lieblingsmotiv. Er hatte bereits hunderte von Skizzen von ihm angefertigt und wurde es dennoch niemals müde, es immer wieder auf´s Neue zu versuchen, die Schönheit und die wahre Essenz seines Geliebten auf das Papier zu bannen.
 

Nachdem Derek nach einer Weile Block und Stifte wieder beiseite gelegt hatte, sah ihr kleiner Kater Sindbad seine Chance gekommen, ein wenig Werwolfliebe abzustauben und so sprang er auf Dereks Schoß und rieb sein Köpfchen an dessen Brust. Derek begann nun also gehorsam mit sanften Fingern das seidige Fell zu kraulen, so wie der kleine Kerl es gern hatte, ohne dabei jedoch den Blick von seinem Liebhaber zu nehmen.

Sindbad hatte seinen Namen nach dem Seefahrer erhalten, weil weil Stiles und Derek ihn als Junges im Wasser gefunden hatten und sie fanden, dass dieser Kater einen Namen verdiente, der eines Helden würdig war. Irgendwelche Unmenschen hatten damals nämlich einen ganzen Wurf Katzenbabys in einen Sack gesteckt und in einem See in Beacon Hills Naturschutzgebiet geworfen. Das Paar war gerade spazieren gewesen, als Derek ein verzweifeltes Maunzen vernommen hatte. Seine Geschwister waren da leider bereits tot gewesen, doch Sindbad hatten sie zum Glück noch retten können und seitdem waren sie drei eben eine Familie.

Und das kleine Katerchen liebte seine Retter abgöttisch.
 

Derek wusste, was Stiles gerade an seinem Computer tat. Er hörte sich Aufnahmen von Verhören an, las Berichte, sichtete Beweismittel und versuchte daraus Rückschlüsse zu ziehen und mittels seines großen, wahnsinnig effektiven Hirns Licht ins Dunkel zu bringen und die vorliegenden Fälle zu lösen.
 

Derek war immer heilfroh, wenn Stiles so wie jetzt gerade mit Schreibtischarbeit beschäftigt war. Wenn sein Gefährte hingegen Außeneinsätze hatte, drehte er jedes Mal beinahe durch. Stiles war dann zwar bewaffnet, doch das waren die bösen Jungs schließlich auch.

Derek hasste Schusswaffen, vermutlich auch deshalb, weil er selbst schon öfter von Kugeln durchsiebt worden war, als er zählen konnte, aber er heilte immerhin.

Stiles dagegen war nur ein Mensch; verletzlich!
 

Sicher, das FBI hatte ihn gründlich ausgebildet in den verschiedensten Kampfsportarten mit und ohne Waffen und hatte durch das regelmäßige, eiserne Training aus dem dürren Jungen, der Stiles einmal gewesen war einen athletischen Kämpfer für Staat, Recht und Gesetz geschmiedet. Dennoch wünschte Derek, sein Gefährte hätte einen weniger gefährlichen Job gewählt.

Doch da hatte Stiles einfach nicht mit sich reden lassen! Er hatte erklärt, er sei erwachsen, würde alle wichtigen Entscheidungen in seinem Leben selbst treffen und könne gut auf sich aufpassen.

Wer hatte ihm bloß diese Flausen in den Kopf gesetzt?

Natürlich sah Derek das vollkommen anders, doch sein Veto war irgendwie leider überhaupt nicht von Interesse!

Während er sich einmal mehr ausmalte, was Stiles alles geschehen konnte, hatte er den Kater auf seinem Schoß wohl ein wenig gröber angefasst, als dieser es gern hatte und darum wies er nun mit einem unzufriedenen Miauen darauf hin. Derek entschuldigte sich, indem er den kleinen Kerl hochnahm und ihm die pelzige Stirn küsste. Dann nahm er ihn mit in die Küche, wo er ihm sein Lunch hinstelle.
 

Als das Tier versorgt war, erledigte Derek ein paar Hausarbeiten; belud die Wasch- und Spülmaschine, putzte das Bad, räumte ein wenig auf und legte Wäsche zusammen. Als er ein paar seiner sauberen Socken wieder in die dafür vorgesehene Schublade räumte, fiel sein Blick auf ein kleines Schächtelchen und ein leises Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Er hatte den darin befindlichen Ring bereits vor über einem Jahr gekauft, hatte seitdem immer auf den passenden Moment gewartet, Stiles die entscheidende Frage zu stellen, hatte bei ein paar Gelegenheiten auch den Schwanz eingekniffen und sich dann im Grunde dafür entschieden, noch zu warten, bis zu ihrem zehnten Jahrestag, der nun noch etwa einen Monat in der Zukunft lag.

Doch plötzlich traf Derek mit unglaublicher Klarheit eine Erkenntnis: Er brauchte ja überhaupt keinen speziellen Anlass und kein besonderes Datum.

Und ihm wurde noch etwas bewusst: Er wollte keinen einzigen Tag mehr warten!
 

Er kehrte also zu Stiles ins Wohnzimmer zurück, wo dieser immer noch in seine Arbeit vertieft war. Das ging heute nun wirklich schon lange genug so, entschied Derek mit Blick auf die Uhr an der Wand. Stiles hatte gleich nach dem Frühstück zu arbeiten begonnen und nun war es bereits halb fünf am Nachmittag.

Der Werwolf setzte sich darum an die Seite seines Gefährten, zupfte die Kopfhörer aus dessen Ohren und ließ sich mit seinem Oberkörper auf dessen Schoß nieder, wobei er den störenden Laptop ganz einfach beiseite drängte.
 

Stiles Blick wirkte so, als sei er soeben aus großen Tiefen aufgetaucht:

„Hey, mein Großer! Langweilst du dich etwa?“ fragte er lächelnd und vergrub seine Finger zärtlich in Dereks schwarzem Haar.
 

Derek machte einen Laut, welcher Zustimmung bedeutete, schob Stiles T-Shirt ein wenig nach oben und begann nun, dessen flachen Bauch zu küssen; den kleinen behaarten Pfad hinab, bis zum Saum seiner Trainingshose:

„Was hältst du davon, wenn wir und heute Abend schick anziehen und bei „Jaques“ essen gehen würden?“ wollte er wissen.
 

Stiles machte große Augen:

„Französisch? Warum willst du mich denn so verwöhnen? Gibt es irgendwas Besonderes? Habe ich etwa einen Jahrestag vergessen, oder so?“
 

Derek schob den Bund von Stiles Trainingshose ein Stückchen nach unten, so dass er einen Kuss auf den Ansatz seiner Scham platzieren konnte:

„Nichts Besonderes. Einfach nur so!“ log er:
 

„Gib´s zu, du willst anschließend einfach nur flachgelegt werden und versuchst es mit Romantik, richtig?“ erwiderte Stiles grinsend:
 

„Seit wann muss ich mich dafür denn so anstrengen?“ erkundigte sich Derek gespielt empört: „Früher musste ich dir bloß meinen Waschbrettbauch zeigen und schon hast du mich angesprungen.“
 

„Tja, ...“ antwortete Stiles mit einem unverschämten kleinen Grinsen: „...jeder Reiz nutzt sich früher oder später ab und nach zehn Jahren musst du dir da schon ein bisschen mehr Mühe geben.“
 

„Sie haben eine ganz schön freche Klappe, Agent Stilinski!“ tadelte Derek streng, doch Stiles lachte bloß und stellte richtig:
 

„Du LIEBST meine freche Klappe, Baby!“
 

Derek richtete sich auf und bestätigte mit einem gutmütigen Lächeln:

„Das stimmt. Ich liebe deine freche Klappe. Und ich liebe DICH, Stiles!“
 

Er gab seinem Gefährten einen langen, tiefen Kuss, ehe er sein Telefon aus seiner Hosentasche zog, um im Restaurant anzurufen und einen Tisch für Zwei zu bestellen.

What´s going on in that beautiful mind?

Sechste Stunde Bio!

Derek saß ganz hinten in der Klasse und das war auch kein Zufall. Dies war der Platz, an dem er von Mr. Harris, ihrem Lehrer und vom Unterrichtsgeschehen relativ ungestört seinen Gedanken nachhängen konnte und die hatten zugegebenermaßen selten etwas mit der Schule zu tun.

Nein, Derek stand wirklich nicht im Verdacht, ein Intellektueller Überflieger zu sein.
 

Andererseits war er wohl auch schlauer, als man ihm allgemein zutraute, denn er hatte das Ganze sehr genau durchdacht und durchschaut. Er war ein Sport-As. Das war ein immer schon gewesen und dann hatte er im Sophomore-Jahr noch einmal diesen Wachstumsschub gemacht und nun in der Junior-Class war er der Star seiner Schule. Das Basketballteam der Beacon Hills High bestand praktisch nur aus ihm. Vor den Spielen gab ihnen der Trainer nur eine einzige Spielanweisung und die lautete `Spielt zu Derek!´.
 

Man machte sich in Dereks Position vielleicht nicht immer nur Freunde, aber mit Sicherheit hatte man den Respekt der Anderen!

Und darum hatte Derek es auch überhaupt nicht nötig, sich in der Schule anzustrengen. Die Lehrer ließen ihn nicht durchfallen, ganz gleich, wie schwach seine Leistungen waren, denn da waren immerhin die ganzen Sponsoren!

Und über die Zukunft musste Derek sich auch keine Sorgen machen, denn die besten Colleges des Landes hatten ihm bereits Sportstipendien angeboten.
 

Stiles dagegen saß in jeder Klasse, die sie gemeinsam hatten stets ganz vorn. Er meldete sich ständig und wusste fast immer die richtigen Antworten.

Im Sport hingegen war er eine ziemliche Null, genauso wie sein Freund Scott, der wie immer in der Bank neben im saß. Die beiden spielten Lacrosse, eine selten dämliche Sportart und obendrein waren die Zwei darin auch noch wirklich mies. Stiles röchelte, er japste, er stolperte über seine eigenen Füße, machte auf dem Spielfeld eine noch schlechtere Figur, als sein asthmatischer Kumpel und bei jedem Spiel der Saison wärmte er mit schöner Regelmäßigkeit mit seinem kleinen Hintern die Bank.

Es gab beim besten Willen keinen vernünftigen Grund, sich dieses Trauerspiel anzuschauen!
 

Und doch blieb Derek nach jedem Basketballspiel eine Weile am Rand des Lacrossefelds stehen und schaute.

Und er lächelte!
 

Und auch jetzt, wo Harris vor der Klasse stand und den Unterschied zwischen Mitose und Meiose erklärte, hatte Derek nichts besseres zu tun, als auf Stiles kurzgeschorenen Hinterkopf zu starren und sich zu fragen, was in dessen Verstand wohl gerade vorgehen mochte.
 

Derek liebte Stiles, doch das tat er ganz leise.

Niemand durfte jemals etwas über seine Gefühle erfahren, schon gar nicht seine Clique. Das wäre das Ende der Welt!

Danny Mahealani, Ethan Steiner, Brett Talbot und Jackson Whittemore, das waren seine Jungs; große, athletische, maskuline und sehr, sehr heterosexuelle Kerle. Und Derek war ihr Anführer.

Typen wie sie waren einfach nicht schwul!
 

Schwule, das waren so kleine, schmalbrüstige Nerds wie Corey und Mason aus der Unterstufe, die ständig Hand in Hand durch die Gänge liefen. Kein Wunder, dass ihr Schultag oft damit endete, dass man sie als Schwuchteln beschimpfte, ihre Schulrucksäcke am Fahnenmast aufhängte, oder ihnen sonst irgendeine Gemeinheit tat.
 

Derek tat so etwas nicht. Nein, er war kein Mobber.

Er unternahm allerdings auch nichts dagegen, wenn Jackson so etwas machte, obwohl es ein Leichtes für ihn gewesen wäre, doch die Angst war zu groß, dass sein Geheimnis dadurch auch irgendwann auffliegen könnte.
 

Und diese Angst war auch der Grund, warum Derek eine Freundin nach der anderen hatte; die süße Paige, die feurige Erica, die gerissene Kate, die unnahbare Braeden und im vorigen Jahr sogar die schüchterne Referendarin Jennifer Blake, die ein paar Monate lang ihre Klasse unterrichtet hatte.

Derek hatte sich einen gewissen Ruf erworben, was nur noch mehr zu seiner Legende beitrug.

Mit ihm selbst, mit seinem wahren Kern hatte das alles herzlich wenig zu tun, aber das musste ja keiner wissen.
 

Und nun saß Derek hier im Biologieunterricht und starrte Stiles Stilinski an, welcher vergeblich versuchte, die Aufmerksamkeit von Mr. Harris zu erlangen, welcher von diesem aber ignoriert wurde, weil der den nervösen, blassen Jungen nämlich aus tiefster Seele zu hassen schien.

Derek nahm an, dass es sich hierbei wohl um eine Art Übertragung handeln musste. Der Lehrer erkannte sich offenbar in seinem Schüler wieder und verabscheute was er sah.

Derek, der Starathlet selbst hingegen, wurde von Harris beinahe schon hofiert. Dieser komische Nerd rannte tatsächlich immer noch hinter der Anerkennung der coolen Kids her, dabei war er längst jenseits der dreißig.

Es war grotesk und erbärmlich!
 

Stiles tat das nicht. Ihm schien es total egal zu sein, wie die beliebten Schüler ihn sahen und dass er selbst ein ziemlicher Außenseiter war. Stiles machte was er wollte und es mangelte ihm dabei wirklich nicht an Selbstvertrauen, auch wenn es Derek ein Rätsel war, woher er dies eigentlich nahm?

Stiles hatte eine wahnsinnig große Klappe und immer einen sarkastischen Spruch auf den Lippen.

Er watschelte über den Schulhof, als würde er ihm gehören und wenn er dabei wieder einmal ungeschickt auf die Nase fiel, dann stand er eben einfach wieder auf!

Neulich war Stiles in so einem komischen, grauen Sakko in die Schule gekommen. Welcher Siebzehnjährige trug schon freiwillig so ein komisches Ding? Doch Stiles war das offensichtlich ziemlich Wurst gewesen. Er hatte das scheußliche Ding mit Würde und Selbstsicherheit getragen!

Zumindest bis Jackson und Ethan vorbeikamen, denn dann hatten diese ihm die Jacke nämlich abgenommen, sie eine Weile hin- und hergeworfen und Stiles danach jagen lassen, bis sie sich schließlich dazu entschlossen hatten, das Kleidungsstück im Jungsklo zu versenken.

Genau in diesem Augenblick war Derek hinzu gekommen. Und er hatte er endlich einmal den Arsch in der Hose gehabt einzuschreiten:

"Lasst gut sein, Jungs!" hatte er gesagt, Jackson die Jacke aus der Hand genommen und sie Stiles überreicht.
 

Sowohl diesem, als auch Dereks Freunden war in diesem Moment die Kinnlade heruntergefallen. Stiles hatte sich dann aber schnell wieder gefasst, einen finsteren Blick aufgesetzt, sich mit einem zackigen Nicken bei Derek bedankt und hatte Jackson im Hinausgehen angerempelt.

Derek hatte daraufhin alle Mühe gehabt, seinen Freund davon abzuhalten Stiles dafür gründlich den Arsch aufzureißen.
 

Und heimlich wäre Derek in diesem Augenblick beinahe das Herz aus der Brust gesprungen, so sehr liebte und bewunderte er diesen kleinen, leichtsinnigen, sich selbst überschätzenden, tapferen Mistkerl in diesem Moment. Stiles musste immerhin klar gewesen sein, dass er sich von Jackson dafür ganz leicht heftige Prügel hätte einfangen können, doch er pfiff darauf, weil es ihm offenbar wichtiger war, seine Würde zu bewahren?
 

Nachts lag Derek oft wach und dachte daran, Stiles zu küssen.

Bestimmt war Stiles noch ungeküsst?

Bestimmt waren diese schönen, geschwungenen, zart rosafarbenen Lippen köstlich?

Allein davon zu träumen brachte Derek beinahe um den Verstand.
 

Gerade kritzelte Derek eine Zeichnung dieser Lippen hinten in sein Bioheft, dann eine weitere von diesen großen, hellbraunen Augen, die unter einem Schatten dichter Wimpern lagen und dann noch eine von den kräftigen Händen, die einander gegenseitig nervös kneteten, weil Stiles wütend darüber war, dass Harris ihn ignorierte und weil er dies dank seines ADHS nicht gut verbergen konnte.
 

Oh ja, Derek liebte diesen Jungen, liebte ihn wider alle Vernunft und ohne selbst auch nur die geringste Ahnung zu haben wieso. Er liebte ihn, obwohl sie auf unterschiedlichen Planeten lebten, obwohl aus dieser Sache höchstwahrscheinlich niemals etwas werden würde und obwohl es ihn wahrscheinlich alles kosten würde, was er hatte, wenn doch.
 

Er liebte diesen Verstand, diesen Witz, diese Unerschrockenheit und diese Unvernunft.

Aber er tat es ganz leise und von der letzten Reihe aus!

Give your all to me, I´ll give my all to you, Teil 1. Im Schlafzimmer

Scott schaute sich dass jetzt schon seit mehreren Minuten an: Stiles, nur in ein offenstehendes, blütenweißes, gestärktes Oberhemd, eine Spiderman-Boxershorts und bis zu den Knien hochgezogene, schwarze Strümpfe gekleidet, lief wie ein Irrer im Schlafzimmer auf und ab, blickte sich nervös um, schnaubte, stöhnte und raufte sich die Haare:
 

„Sag´ mal, suchst du irgendwas, Kumpel?“ erkundigte sich sein bester Freund geduldig.
 

Stiles Kopf wurde sogleich hochrot vor Entrüstung:

„Ob ich... ob ich etwas suche?“ polterte er los: „Du fragst mich allen Ernstes, ob ich etwas suche? Natürlich suche ich etwas, verflixt! Wonach sieht es denn wohl für dich aus? Ich finde diese verdammten Manschettenknöpfe nicht! Und ohne die Manschettenknöpfe bin ich erledigt. Mein ganzes zukünftiges Leben steht auf dem Spiel, wenn ich diese Mistdinger nicht finde. Der heutige Tag wird total in die Hose gehen ohne sie und mein Dad und Derek werden mir das niemals verzeihen. Ich drehe gleich durch, verstehst du? ICH D R E H E GLEICH DURCH!“

Stiles sah mittlerweile so aus, als würde er jede Minute in Tränen ausbrechen.
 

„Hey Bro! Ganz ruhig!“ säuselte Scott beschwichtigend: „Man wird auch ohne Manschettenknöpfe getraut, weißt du? Es ist nicht so wichtig. Aber wir müssen in fünfzehn Minuten los und du hast nicht einmal Hosen an.“
 

„Nein, ich brauche sie!“ erwiderte Stiles verzweifelt und seine Tränenkanäle hatten mittlerweile die Schleusentore geöffnet: „Drei Generationen von Stilinski-Männern haben mit diesen Manschettenknöpfen geheiratet. Mein Vater killt mich, wenn ich sie verbummelt habe. Ich hasse mich und meine Schlampigkeit! Ich bin so ein Idiot!“

Stiles Stimme wurde so schrill, dass Scott die Wolfsohren schmerzten und die Fensterscheiben zu bersten drohten und der Bräutigam rieb sich ungestüm mit den weiß hervorstehenden Knöcheln seiner Fäuste das Wasser aus den Augenwinkeln:
 

„Hey, Stiles! Vergiss´ nicht zu atmen und krieg´ jetzt keine deiner berühmten Panikattacken, in Ordnung!“ forderte Scott sanft. Er war inzwischen vom Bett aufgestanden und nahm Stiles bei den Schultern: „Du ziehst dich jetzt fertig an und ich finde die dummen Manschettenknöpfe für dich, abgemacht?“

Er suchte den Blick seines Freundes und sie atmeten ein paar Züge gemeinsam, ehe Stiles schließlich schniefend nickte und begann, sein Hemd über seiner blassen Brust zuzuknöpfen.
 

Scott machte sich derweil wie versprochen auf die Suche. Er blickte unter´s Bett, und ups, er fand dort einen ziemlich realistisch wirkenden, wenn auch ein wenig überdimensionierten schwarzen Dildo und ein paar Wollmäuse, aber nicht die gesuchten Manschettenknöpfe. Unter dem Kleiderschrank waren sie auch nicht, also begann er stattdessen darin zu kramen und sogar obenauf nachzusehen.

Nichts!
 

Stiles hatte mittlerweile Hosen an, kämpfte mit seiner Krawatte und Scott begann Schubladen aufzuziehen:

„Nicht in der! Da habe ich schon dreimal hineingesehen!“ zischte Stiles gereizt, als Scott die Nachttischschublade aufzog:
 

„Aber offenbar nicht allzu gründlich!“ stellte der Trauzeuge triumphierend fest, als er die verzweifelt gesuchten Schmuckstücke unter einem Päckchen Kondome hervorzog: „Ta-daa! Wie wäre es mit diesen hier?“

Er präsentierte die hübsch gearbeiteten goldenen Manschettenknöpfe mit dem Schneeflockenobsidian auf der flachen Hand.
 

Stiles, der sich gerade abmühte, in die steifen, nagelneuen, glänzenden, an den Zehen spitz zulaufenden, schwarzen Halbschuhe zu gelangen blickte kurz auf und atmete erleichtert auf, als er die Manschettenknöpfe erblickte, nur um gleich darauf ein entnervtes Stöhnen auszustoßen:

„Verdammt! Die Schuhe passen nicht! Ich habe anscheinend vor lauter Stress Wasser eingelagert und nun passen die Schuhe nicht! Ich werde gleich wahnsinnig! Ich kann doch nicht barfuß zu meiner eigenen Hochzeit gehen, oder in Turnschuhen! Derek nimmt mich doch so nicht. SCOTT! HILFE!“
 

Der junge Alpha bemühte sich redlich, nicht in Gelächter auszubrechen. Er biss sich hierzu kurz in die Innenseiten seiner Wangen und erklärte dann mit Engelszungen:

„Bro! Derek würde dich auch nackt, oder in Lumpen gehüllt heiraten, denn er liebt dich zufällig! Aber keine Sorge, dass mit den Schuhen kriegen wir trotzdem hin. Setz dich!“
 

Er klopfte auf die Bettkante und Stiles ließ sich eben dorthin plumpsen, wie ein kleiner Junge. Sein bester Freund schnappte sich indes die Schuhe, kniete sich vor ihn hin, zwinkerte ihm aufmunternd zu und machte sich ans Werk. Er öffnete die Schnürsenkel, denn diese Mühe hatte der überreizte Bräutigam sich natürlich gar nicht erst gemacht, lockerte sie ein wenig und begann dann das Leder eine wenig aufzubiegen, um es geschmeidiger zu machen. Das alles machte er zweimal und forderte dann munter:

„Schlüpf´ rein, Cinderella!“
 

Stiles gehorchte und, oh Wunder! Die Schuhe passte wie angegossen!
 

Scott schnürte sie, machte zur Sicherheit eine Doppelschleife und wo er schon dabei war, schlug er auch noch Stiles Manschetten um, befestigte die Zierknöpfe daran, half seinem Freund auf die Füße und in sein Jackett, putzte ihm die Nase, steckte ihm die einzelne, rote Rose mit dem Schleierkraut ins Knopfloch, ging ihm noch einmal mit dem Kamm durch´s Haar und drehte ihn schließlich in Richtung Spiegel, damit er sich selbst bewundern konnte:

„Du siehst umwerfend aus, Mann! Also ich würde dich heiraten!“ stellte er liebevoll fest und legte seinem Herzensbruder von hinten das Kinn auf die Schulter.
 

Stiles strahlte wie die liebe Sonne:

„Sorry Bro! Du kommst zu spät! Ich bin bereits einem anderen versprochen! Und der wartet schon auf mich!“

Give your all to me, I´ll give my all to you 2. Teil: Bei Peter

„Warum genau machen wir das hier nochmal bei MIR zuhause?“ fragte Peter und blies gelangweilt die Backen auf.
 

„Weil es Unglück bringt, wenn Stiles und ich uns vor der Hochzeit sehen!“ Derek suchte wie ein Trüffelschwein in Peters Chaos nach seinen Socken: „Sag´ mal, warum sieht es hier eigentlich neuerdings aus, wie in einem Kriegsgebiet? Hat deine Putzfrau etwa wegen sexueller Belästigung gekündigt, oder wie?“
 

Peter lachte dreckig:

„Wo denkst du hin? Conzuela liebt mich! Nein, das ist alles noch von vergangener Nacht. Ich habe hier nämlich gestern deinen Junggesellenabschied gefeiert habe.“
 

Derek stutzte:

„Aha? Hätte ich dazu nicht irgendwie... ich weiß nicht...? … anwesend sein müssen?“
 

„Das wäre nichts für dich gewesen!“ versicherte der Onkel des Bräutigams: „Alkohol, Drogen, freie Liebe... dein puritanisches Weltbild hätte mit Sicherheit einen Knacks bekommen. Oder es hätte dir am Ende doch noch die Augen geöffnet und du hättest die ganze Hochzeits-Kiste abgeblasen? Wer weiß?“
 

„ICH weiß!“ stellte Derek klar: „Dein Rumgehure, dein ewiges Hinterherrennen hinter deiner Jugend und deinem eigenen Schwanz - Wortspiel beabsichtigt - das ist erbärmlich und lächerlich! Damit kannst du auch nicht kaschieren, dass dein Fell langsam schütter und grau wird!“
 

Peter grinste:

„Keine Sorge, in diesen alten Knochen steckt noch jede Menge Musik! Frag´ die Zwillinge, die ich letzte Nacht hier hatte!“
 

Derek rollte genervt mit den Augen und bückte sich nach seinen Socken, welche endlich unter einem Berg Kissen wieder aufgetaucht waren:

„Zwillinge, huh? Mädchen oder Jungs?“ fragte er ohne großes Interesse.
 

„Beides!“ erwiderte Peter und grinste hochzufrieden bei der Erinnerung: „Aber du wirst ja nun ein ganzes Menschenleben lang an der Seite ein- und desselben Bengels einschlafen und wieder aufwachen. Stiles mag vielleicht süß sein, aber er ist auch eine schreckliche Nervensäge. Und abgesehen davon muss es doch früher oder später verdammt LANGWEILIG werden!“
 

Nun war es an Derek zufrieden zu schmunzeln:

„Niemals!“ entgegnete er überzeugt. Dann schaute er sich seinen Onkel einmal genauer an und fragte: „Sag´ mal, wirst du dich eigentlich nicht auch noch ein wenig zurecht machen, oder willst du allen Ernstes in diesem „Out-Of-Bed-Look“ bei meiner Hochzeit aufkreuzen?“
 

„Wieso nicht?“ fragte Peter schulterzuckend: „Außerdem nenne ich es nicht den „Out-Of-Bed-Look“, sondern den „Ich-Wurde-Flachgelegt-Und-Du-Nicht-Look“!“
 

„Geh dich kämmen und rasieren, du Sittenstrolch!“ herrschte Derek seinen Onkel an, der überraschender Weise Folge leistete und mehr zu sich selbst murmelte er: „Ich hätte doch Malia fragen sollen, ob SIE meine Trauzeugin werden will!“
 

Als Peter aus dem Bad zurückkehrte, war Derek fertig angezogen und sein Onkel schüttelte ungläubig den Kopf:

„Dein kleiner Mensch hat dich also wirklich dazu gekriegt, dass du weiß trägst, ja? Warum bist du dann nicht konsequent und trägst ein Kleid?“
 

„Weil ich in einem Kleid fett aussehe und jetzt nerv´ mich nicht, Peter, sondern hilf mir lieber!“ knurrte Derek, der sich mit seiner silbern schimmernden Krawatte abmühte, die er farblich passend zu den Aufschlägen seines Smokings gewählt hatte.
 

„Na komm´ her!“ erwiderte Peter gutmütig, band seinem Neffen den Schlips, richtete auch noch seinen Kragen und steckte ihm die rote Rose ins Knopfloch. Dann trat er einen Schritt zurück, besah sich sein Werk und stellte anerkennend fest:

„Der kleine Stiles hätte es schlechter treffen können!“

Give your all to me, I´ll give my all to you 3.Teil: Die Hinfahrt

Stiles blickte missmutig zwischen seinem altersschwachen, mintfarbenen Jeep und Melissa McCalls rostbraunem, dreißig Jahre alten Kombi hin und her:

„Keines von beiden ist die Art Hochzeitskutsche, von der ich immer geträumt habe!“ schmollte er.
 

„Na komm´ schon! Wir nehmen Moms Wagen, der ist wenigstens zuverlässig!“ schlug Scott geduldig vor.
 

Stiles besah sich die reichlich durchgerittene Familienkutsche seiner Ziehmutter mit gerümpfter Nase, scharrte unschlüssig mit den Füßen und entschied dann kopfschüttelnd:

„Nein, wir nehmen Roscoe! Er ist mein treuer, alter Weggefährte, hat uns tausendmal den Arsch gerettet und er ist fast so etwas wie ein Freund und da ist es nur Recht, wenn er mich auch zu meiner Trauung bringt!“
 

Scott runzelte die Stirn, doch er sagte nichts. Dies hier war Stiles Tag, also wurde alles so gemacht, wie er es sagte.
 

Und zunächst ging auch alles gut, bis dann auf halber Strecke plötzlich ein lauter Knall ertönte, der Wagen ins Schlingern geriet und Scott, der am Steuer saß, beinahe die Kontrolle über ihn verlor. Es gelang ihm gerade so eben, rechts ran zu fahren und den Wagen zum Stehen zu bringen. Stiles sprang sofort heraus, um sich den Schlamassel anzuschauen.
 

Der rechte Vorderreifen war platt und daran konnte alles Panzerklebeband der Welt nichts ändern!
 

Scott war mittlerweile ebenfalls ausgestiegen und behauptete:

„Nicht so schlimm! Wir wechseln ihn schnell!“
 

Stiles blickte schuldbewusst zu Boden:
 

„Du hast keinen Ersatzreifen!“ stellte sein bester Freund seufzend fest:
 

„Und auch keinen Wagenheber. Beides war hinüber und ich hatte mir fest vorgenommen, ganz bald etwas neues anzuschaffen.“ bekannte der Bräutigam geknickt.
 

Scott stöhnte:

„Na großartig! Und was nun?“
 

„Nun wird Derek denken, ich hätte kalte Füße bekommen. Die ganze Zeit hat er immer wieder gesagt `Wehe du lässt mich da vorm Traualtar stehen, wie ein Idiot!´ Er wird mich hassen! Er wird nie wieder ein Wort mit mir sprechen!“ jammerte Stiles, hockte sich hinter seinem Wagen auf den Kantstein, schlang die Arme um seine Beine und verbarg sein Gesicht zwischen seinen Knien.
 

„Ach Blödsinn! Das wird nicht passieren. Ich lasse mir etwas einfallen. Immerhin ist es meine Aufgabe als Trauzeuge, dich sicher und pünktlich zu deiner Hochzeit zu bringen.“ versicherte Scott und blickte sich um.
 

Sie waren mitten im Industriegebiet von Beacon Hills liegengeblieben. Hier war weit und breit keine Menschenseele und ein Blick auf seine Armbanduhr zeigte, dass sie in zwanzig Minuten in der Kapelle sein mussten.
 

Scott zückte sein Handy und stellte fest, dass sein Akku fast leer war.

Natürlich! Das war doch wieder einmal typisch!“

„Gibst du mir mal dein Telefon, Bro!“ bat er:
 

„Das liegt zuhause! Es hätte mir den Anzug ausgebeult!“ erwiderte Stiles unglücklich.
 

Das wurde ja immer besser!

Scott bis sich auf die Zunge, um seinem verzweifelten besten Freund nun nicht auch noch Vorwürfe zu machen und versuchte es mit seinem eigenen Handy. Er musste ja einfach nur irgendwen erreichen, der Bescheid sagte, dass es hier später wurde und der ein Taxi zu ihrem Standort schickte.

Wie schwer konnte das sein?
 

Kira ging nicht dran.

Lydia, Malia, Cora, Peter, der Sheriff, seine Mom, Liam, Mason und Corey ebenso wenig.

Dereks Handy forderte ihn ohne Umschweife auf, eine Nachricht zu hinterlassen.
 

Entweder hatten alle anderen ebenfalls aus Angst vor ausgebeutelter Abendgarderobe ihre Mobiltelefone zuhause gelassen, oder sie waren schon da und hatten sie lautlos gestellt.

Scott wollte es gerade weiter versuchen, als sich sein Telefon endgültig verabschiedete.
 

So langsam gingen ihm hier die Optionen aus!
 

„Ach Scheiß drauf! Wir laufen!“ bellte der junge Alpha.
 

Stiles blickte ihn an, als habe er den Verstand verloren:

„Bist du irre? Ich trage keine Jogginghose, sondern meinen Hochzeitsanzug und neue, unbequeme Schuhe! Wir werden viel zu spät kommen, verschwitzt und mit wunden Füßen. Ich wollte für Derek so gut wie möglich aussehen und mit meinem tollen Ehemann den Eröffnungstanz tanzen. Ich wollte einen vollkommenen Tag und nun ist alles Scheiße! Ich wünschte, ich wäre tot!“
 

Stiles weinte schon wieder und Scott brach es das Herz:

„Zur Not trage ich dich Huckepack dorthin, aber du kommst zu deiner Hochzeit und es wird perfekt werden!“ erklärte er fest.
 

Doch so weit kam es nicht!

Aus der Ferne erscholl plötzlich der Lärm mehrerer Motoren und er kam genau auf sie zu. Sollte das etwa ihre Rettung sein?
 

Stiles blickte mit einer Spur Hoffnung im Blick auf und wischte sich über die Augen.
 

Was da aus der Ferne angebraust kam war eine Motorradgang, mindestens zwanzig Öfen, geritten von haarigen, finster wirkenden, raubeinigen Kerlen.
 

Scott seufzte. Wenn man ein Wunder brauchte, durfte man wohl nicht allzu wählerisch sein, richtig? Er streckte also einen Arm aus, um die Gruppe zum Halten zu bringen. Vielleicht würden sie ihnen ja wenigstens ein Taxi rufen? Man wusste ja nie?
 

Und die Truppe hielt tatsächlich an und ein Typ der sein dickes, graues Haar links und rechts zu Zöpfen geflochten hatte und dessen Helm mit zwei gewaltigen Hörner geschmückt war, weil er ganz offensichtlich die moderne Version eines Wikingers war schlug sein Visier hoch, grinste spöttisch beim Blick des Jeeps und der zwei geknickt wirkenden jungen Männer im feinen Zwirn und fragte:

„Na Jungs! Liegengeblieben?“
 

`Ein ganz helles Köpfchen!´, dachte Scott grimmig und erwartete eigentlich, dass die Horde jeden Moment unter Gelächter weiterziehen würde. Dennoch versuchte er sein Glück:

„Mein Kumpel hier muss zu seiner Hochzeit und wir haben nur noch fünfzehn Minuten. Könnt ihr uns helfen?“
 

„Das heißt, irgendwo in dieser Stadt wartet nun eine süße, kleine Braut am Traualtar und fürchtet, ihr Bräutigam hätte Muffensausen bekommen?“ stellte der Zweirad-Wikinger fest.
 

War das etwa so etwas wie Mitgefühl?

Scott hoffte so sehr, dass Stiles die Worte einfach so stehen lassen würde, denn mit Sicherheit wären diese Typen weitaus weniger kooperativ, wenn sie erfuhren, dass dies eine Hochzeit von zwei Kerlen werden würde, doch natürlich tat sein bester Freund ihm nicht den Gefallen, einfach ein einziges Mal in seinem Leben die Klappe zu halten. Stattdessen erhob sich Stiles, trat auf den Wikinger zu und erklärte schniefend:

„Er heißt Derek und ich liebe ihn. Ich will für immer mit ihm zusammen sein! Ich will jetzt zu Derek!“
 

Die Miene des Bikers war wie versteinert, doch Stiles schien davon nichts mitzubekommen. Er plapperte einfach weiter, erzählte vom Kennenlernen des Paares, von ihrem letzten Ibiza-Urlaub und davon, wie romantisch der Heiratsantrag gewesen sei, als ob das hier irgendetwas zur Sache täte und Scott bereitete sich schon mal innerlich darauf vor, ganze zwanzig Biker zu vermöbeln, nur um seinen Freund an seinem Hochzeitstag davor zu bewahren, das Opfer von Anti-Schwuler Gewalt zu werden.
 

Als Stiles endlich aufhörte zu sprechen war es einen Moment lang ganz still. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Dann lachte der Wikinger kurz auf und rief seinen Leuten zu:

„Ihr habt es gehört, Männer! Es geht um die einzig wahre, große Liebe!“

Zu Scott und Stiles sagte er:

„Hüpft rauf, Jungs! Wir haben es schließlich eilig!“
 

Scott fiel vor Verblüffung die Kinnlade herunter.
 

Bräutigam und Trauzeuge wurden mit Helmen ausgestattet, Stiles kletterte hinten auf den Bock des Wikinger und Scott hinter einen riesigen, übergewichtigen Glatzkopf der nur eine schwarze Lederweste trug. Dass er dennoch nicht fror musste daran liegen, dass er am ganzen Leib mit schwarzem Pelz bewachsen war.
 

Und so brauste die Gruppe in Lichtgeschwindigkeit los in Richtung Kapelle
 

-SZENENWECHSEL-
 

„Halt sofort an und fahr´ rechts ran!“ knurrte Peter:
 

Derek blickte ihn verständnislos an:

„Wieso denn? Ich habe einen wichtigen Termin, wie du ja wohl weißt.“
 

„Wieso?“ plusterte sich sein Onkel sich sein Onkel auf: „Na vielleicht weil du fährst wie ein Idiot, der drei Tage und Nächte nur von Energydrinks gelebt und „Grand Theft Auto“ gespielt hat!“
 

„Upps?“ machte Derek und warf einen Blick auf den Tacho.

Er bretterte gerade mit Hundertzwanzig durch die Innenstadt!
 

„Ich helfe dir gleich! Upps? Ich bin nicht zweimal von den Toten zurückgekehrt, damit du uns gleich um den nächsten Straßenbaum wickelst! Halt an! Ich fahre!“
 

Überraschenderweise tat sein Neffe ganz brav, wie ihm geheißen ward, verlangsamte den Camaro, kam schließlich zum Stehen und sie tauschten die Plätze:
 

„Idiot!“ knurrte Peter noch einmal und setzte ihre Fahrt dann betont langsam und unter Einhaltung sämtlicher Verkehrsregeln fort: „Kannst es gar nicht erwarten, deine Freiheit für immer aufzugeben, was?“
 

Derek würdigte dieser Bemerkung keine Erwiderung. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und er sah aus, als wolle er gleich ins Armaturenbrett beißen. Das einzige, woran er in diesem Moment denken konnte war, dass er Stiles versprochen hatte, vor ihm in der Kirche zu sein und vor dem Traualtar auf ihn zu warten!
 

Als sie endlich ankamen, waren sie bereits fünf Minuten über der Zeit. Derek stieg aus und blickte sich auf dem Parkplatz nach Stiles Jeep um.

Nichts!

Sollte es ihm tatsächlich immer noch gelingen, sein Wort zu halten?
 

„Kommst du?“ fragte sein Onkel, packte ihn am Arm und zog ihn hinter sich her.
 

Sie waren gerade im Begriff in die Kapelle einzutreten, als Derek das Dröhnen schwerer Maschinen hörte. Er blickte sich kurz um, nur um zu sehen, wie eine ganze Biker-Truppe auf den Kirchenparklatz einbog.

Und war das nicht sein Verlobter, der hinten auf der ersten Maschine saß?
 

Ehe er die Sache genauer in Augenschein nehmen konnte, hatte Peter ihn bereits hinter sich her in Innere gezerrt.

Give your all to me, I´ll give my all to you 4. Teil: Die Trauung

Stiles hatte seine Retter zum Dank kurzerhand zu seiner Hochzeit eingeladen und weil die Biker gerade nichts Besseres vorhatten, hatten sie Ja gesagt. Und so zog die grölende Meute nun in die Kapelle ein, um sich dort in die letzte Reihe zu setzen. Verwirrt blickten sich die anderen Hochzeitsgäste nach den Neuankömmlingen um, doch die wilden Kerle waren, nachdem jeder erst einmal seinen Platz gefunden hatte, mucksmäuschenstill und lammfromm und so sagte auch keiner etwas.
 

Scott war mit Stiles vor der Tür geblieben und lauschte dessen rasendem Herzschlag:

„Bist du bereit bereit, Bro?“ wollte er wissen.
 

„Ja!“ antwortete Stiles und dann wieder: „Nein! Ich bin so aufgeregt! Ich glaube, ich werde gleich ohnmächtig. Hilfe!“
 

Der junge Alpha lächelte:

„Da drinnen sind all die Menschen, die dich lieben und die diesen Tag mit dir feiern wollen und außerdem ist da ja auch noch dein Freund Derek, der darauf brennt, dir zu versprechen, für immer an deiner Seite zu bleiben. Da ist absolut nichts, wovor du Angst haben musst! Also frage ich dich noch einmal: Bist du bereit, Bro?“
 

Der Bräutigam lächelte ein ganz kleines bisschen und so setzten sie sich in Bewegung.
 

Als Stiles die Kirche betrat, kam es ihm mit einem Mal so vor, als geschehe alles in Zeitlupe.

Wie er es sich gewünscht hatte, spielten sie Pachelbels „Canon in D-Dur“, als er langsam durch den Mittelgang schritt.

Im Inneren des Gebäudes war alles in weiß gehalten und zur Feier des Tages schmückten weißer Tüll und zarte rosa Blumenranken Säulen und Bänke.
 

Stiles hatte in diesem Moment scheinbar alle Zeit der Welt, um in jedes einzelne Gesicht zu schauen, welches sich ihm zuwandte:

Da waren Melissa und sein Dad. Beide hatten feuchte Augen und Stiles entging nicht, dass sie sich bei den Händen hielten. Nach all den Jahren hatte es also endlich doch noch zwischen ihnen gefunkt.

Das war wohl das schönste Hochzeitsgeschenk!
 

Raffael McCall war ebenfalls aus San Francisco angereist. An seiner Seite saß eine Blondine, die halb so alt war, wie er selbst und dennoch beobachtete er seine Ex-Ehefrau, welche nun die Hand des Sheriffs hielt und ihn keines Blickes würdigte mit sauertöpfischer Miene.
 

Jackson und Ethan hatten ihren zweijährigen Sohn Ian in ihrer Mitte und während alle anderen Anwesenden still waren, plapperte der Kleine munter vor sich hin und kaute zufrieden sabbernd an der Gottesdienstordnung
 

Die Mädchen saßen alle beieinander und sahen wundervoll in ihren identischen, zart rosafarbenen Taftkleidern aus. Stiles erinnerte sich lächelnd an den sektseligen Nachmittag, an dem sie sie gemeinsam ausgesucht hatten.

Kira hatte ihr schwarzes Haar mit vier Bambusstäbchen kunstvoll hochgesteckt. Lydia hatte ihre spektakuläre erdbeerblonde Mähne in hübsche, weiche Wasserwellen gelegt. Und Malia hatte ihren, sonst immer ein wenig wirr wirkenden dunkelblonden Bob zur Feier des Tages geglättet und mit Spangen gebändigt. Bis zuletzt hatte Stiles Ex behauptet, sie würde in Shorts kommen, oder zur Not auch in einem Abendanzug, aber auf keinen Fall würde sie so ein dämliches, unbequemes Kleid tragen, und nun hatte sie es doch getan; für Derek und ihn. Stiles liebte sie in diesem Augenblick noch einmal so sehr, als ohnehin schon.
 

Chris Argent war da und das offenbar in Begleitung von Lydias Mutter.

Das war neu?

Stiles fand, dass die beiden wunderbar zusammen passten.
 

Nun entdeckte Stiles ein Gesicht, dass er seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte und er freute sich wie ein Schneekönig. Isaac hatte sich auf die Einladung hin nicht zurückgemeldet, doch nun er war doch hier; in einem gut sitzenden, dunkelblauen Anzug und an der Seite von Cora Hale, auf die er ja schon immer ein Auge geworfen hatte.

Hoffentlich gab es deswegen nicht später noch Ärger mit Derek?

Andererseits war Cora nicht gerade die Art Frau, die sich von ihrem großen Bruder in ihr Leben hineinreden ließ. Sie würde Derek schon zu händeln wissen!
 

Stiles Blick wanderte zu zwei süßen Pärchen, von denen er hoffte, dass sie vielleicht die nächsten wären, die hier vorn stehen und den Bund der Ehe eingehen würden. Das waren zum einen Liam und Hayden, und dann natürlich Corey und Mason.
 

Deaton war wie immer allein erschienen. Ob er sich wohl jemals auf eine Beziehung zu einem anderen Menschen einlassen würde? Stiles wünschte es dem rätselhaften, aber mit Sicherheit recht einsamen Mann von Herzen.
 

Stiles Augen wanderten über die Kirchenbänke besetzt mit ehemaligen Mitschülern und Lehrern, Kollegen seines Dads, Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen und sie alle waren hier, um ihn heute heiraten zu sehen!
 

Mittlerweile war Stiles vorne am Traualtar angekommen und dort war ER, Derek, der Mann, den er so sehr liebte, der Einzige, mit dem er sein Leben verbringen wollte. Er sah so unglaublich toll aus in seinem weißen Anzug mit den dezenten silbrigen Applikationen. Und dann war da natürlich auch noch dieser Blick; ein Blick der allein für Stiles reserviert war, voller Zärtlichkeit und Liebe!
 

Ohne dass er es stoppen, oder beeinflussen konnte, liefen Stiles schon wieder die Augen über, doch auch die von Derek hatten in diesem Moment einen verdächtigen Glanz angenommen und alles, was sie sahen war Stiles!
 

Die beiden Männer nahmen sich bei den Händen, weil sie es einfach keine Sekunde länger ohne den Körperkontakt zu einander aushielten.
 

Hinter dem Bräutigamenpaar hatten nun die Trauzeugen Scott und Peter ihre Plätze eingenommen.
 

Ihre Pastorin, die sie bereits von dem Vorgespräch her kannten war eine kleine, rundliche, Mittfünfzigerin mit kurzem, grauem Haar, einem rotwangigen freundlichen Gesicht und frischen, wasserblauen Augen.

Sie begrüßte das Paar, die Trauzeugen und die Gäste und hatte dann viele wunderschöne Worte über die Liebe, das Leben und das Glück zusammen zu gehören.

Stiles bemühte sich sehr, dies alles in sich aufzunehmen, doch er war so aufgeregt, das es ihm nicht einmal gelingen wollte, auch nur die Hälfte davon wirklich zu begreifen und so verlegte er sich einfach darauf, auf keinen Fall seinen Einsatz zu verpassen. Und als es dann so weit war, kam sein: „Ja, ich will!“ praktisch wie aus der Pistole geschossen und die Anwesenden brachen in Gelächter aus.
 

Auch Derek schmunzelte und versicherte:

„Und ich will auch!“ und ohne die Erlaubnis ihrer Pastorin hierzu abzuwarten zog er Stiles in seine Arme, um ihn zu küssen, so dass der Geistlichen nur noch eines zu sagen blieb:
 

„Im Namen Gottes und Kraft meines Amtes erkläre ich diese zwei Liebenden zu Ehemann und Ehemann!“

Give your all to me, I´ll give my all to you 5.Teil: Die Party

Um mit ihren Gästen ihren großen Tag zu feiern hatten Stiles und Derek sich etwas Besonderes ausgedacht. Anstatt sich einfach irgendeine Partylocation zu mieten, hatten sie kurzerhand eine erschaffen. Mitten auf einer großen Lichtung im Beacon Hills Resevat hatten sie ein riesiges weißes Zelt aufstellen lassen. Die Stromversorgung funktionierte über einen Generator und ein Team von Technikern, Köchen und Servicepersonal war engagiert worden, um für den reibungslosen Ablauf und das Wohl der Gäste zu sorgen.

Nun musste die Partygesellschaft nur noch dort hin gelangen. Hierzu wurde ein großer Autokorso gebildet, angeführt von Sheriff Stilinski und seinen Kollegen in ihren Polizeifahrzeugen und den Abschluss bildeten zwanzig Rocker auf ihren Motorrädern.

So eine Hochzeitsgesellschaft hatte Beacon Hills ganz gewiss noch nie gesehen und die Passanten verdrehten ihre Köpfe, als sie vorüber brausten.

Im Camaro griff Derek hinüber zur Beifahrerseite, nahm Stiles Hand in seine eigene und wollte wissen:

„Und Ehemann? Verrätst du mir nun, wo du diese Biker aufgegegabelt hast?“
 

Das Wort „Ehemann“ hüllte Stiles ein, wie eine warme Decke, doch er ließ sich nichts davon anmerken, sondern fragte stattdessen frech:

„Wieso? Magst du meine Freunde etwa nicht?“
 

Derek grinste gutmütig:

„Du bist wirklich ein kleiner Verrückter, weißt du das?“
 

„Und du hast dich mir soeben mit Haut und Haar verschrieben und nun bist du Mein. Es gibt kein zurück mehr, Hale!“ erwiderte Stiles und streckte ihm die Zunge heraus.
 

„Noch wurde die Ehe nicht vollzogen!“ gab Derek zu bedenken:
 

„Also das können wir ändern! Fahr´ sofort rechts ran!“ forderte sein frischgebackener Ehemann und ließ seine Finger zwischen die Beine des Fahrers wandern.
 

„Lass´ das bleiben, du Frechdachs!“ forderte Derek, um Strenge bemüht: „Willst du, dass ich einen Unfall baue.“
 

„Pft!“ machte Stiles: „Ich dachte, ihr Wölfe verfügt über überlegene Reflexe? Ich wusste doch, dass das alles nur Angeberei ist. Aber wart´s nur ab! Heute Nacht bist du fällig, Freundchen!“
 

Der Werwolf warf einen zärtlichen Seitenblick auf seinen Gefährten und erklärte:

„Ich liebe dich wie verrückt, weißt das?“
 

Stiles strahlte.
 

Bis eben noch war es ein wenig bewölkt gewesen, doch kaum kam der Autokorso zum Stillstand, brach der Himmel auf und die Sonne zeigte ihr strahlendstes Gesicht.

Sie alle mussten ein kurzes Stück bis zu der Lichtung laufen, was in der festlichen Kleidung gar nicht so einfach war, insbesondere nicht für die Frauen mit ihren hohen Schuhen.

Einer der Rocker, bot Dereks Cousine Malia aus diesem Grund an, sie auf Händen dorthin zu tragen und wurde auch sogleich handgreiflich. Wie zu erwarten war, wurde er von der Werkoyotin dafür auch ohne große Vorrede mit einem Kinnhaken niedergestreckt, was bei seinen Kumpeln für ausgelassenes Gelächter sorgte. Sie selbst beachtete diese Typen gar nicht weiter, stieg über ihn hinweg, schlüpfte kurzerhand aus ihren Pumps, stapfte, mit den Schuhen in der Hand wütend weiter und murmelte vor sich hin:

„Hätte ich bloß nicht dieses verdammte Kleid angezogen! Ich werde Stiles umbringen!“
 

Doch irgendwie kamen schließlich alle Gäste auf die eine oder andere Weise heil am Festzelt an und wurden dort sogleich von den Kellnern an die Tische geführt, denn zu allererst würde es ein Drei-Gänge-Menü als Mittagessen geben, damit alle gestärkt für den weiteren Tag wären.

Stiles hatte bei der Planung alle Mühe gehabt, Derek ein „Surf-and-Turf“ für sechzig bis achtzig Gäste auszureden, weil das ein mittleres Vermögen gekostet hätte. Zwar hätte Derek sich das sehr wohl leisten können, doch Stiles sah überhaupt nicht ein, warum sie die Sache unnötig noch teurer machen sollten, als ohnehin schon. Anstatt dessen sah das Menü nun folgendermaßen aus: Vorweg ein Steinpilzrahmsüppchen, dann Schweinemedaillons, Brokkoli mit gerösteten Mandelblättern und Kartoffelgratin als Hauptgang und zum Dessert eine „Creme Catalan“.

Es war köstlich!
 

Nach dem Essen stellten hilfreiche Geister rasch die Tische zur Seite, damit Platz zum Tanzen wäre und die engagierte Band baute ihre Instrumente auf.

Die Gäste nutzen die Zeit für einen kleinen Verdauungsspaziergang, um ihre Geschenke für das Bräutigamenpaar auf dem Gabentisch abzustellen, oder um sich im angrenzenden Waschraumcontainer noch einmal frisch zu machen.
 

Schließlich kamen sie jedoch alle wieder zusammen, um den Eröffnungstanz mitzuerleben. Die Sängerin der Band war eine schlanke, hübsche, hochgewachsene Afroamerikanerin, die große Ähnlichkeit mit einer jungen Whitney Houston hatte und die auch beinahe ebenso wundervoll sang. Das Stück, welches der altmodische Derek hierfür ausgewählt hatte, war „The way you look tonight“. Es war über fünfzig Jahre alt, doch es war auch heute noch romantisch und wunderschön.

Und nun gehörte die gesamte Tanzfläche ihnen und sie tanzten einen langsamen Stehblues. Anfänglich fühlte Derek, der Aufmerksamkeit hasste wie die Pest und der im Grunde auch überhaupt nicht tanzen konnte sich steif und unwohl, weil aller Augen auf sie gerichtet waren, doch Stiles kannte ihn gut und wusste, was da zu tun war:
 

„Ist in Ordnung, Großer! Ich hab dich!“ hauchte er in sein Ohr und da gelang es Derek schließlich, vollkommen im karamellfarbenen Blick seines Tanzpartners zu versinken und das Drumherum zu vergessen. Sie wurden wie Eins und wiegten sich gemeinsam zu der bittersüßen Melodie.
 

Als das Lied nach einer Weile verklang, gab es Applaus, Pfiffe und Gejohle, die Frischvermählten küssten sich und von allen Seiten wurden Fotos gemacht.
 

Erst jetzt war auch für die Gäste die Zeit gekommen, dem Paar auf das Parkett zu folgen. Derek dagegen war dankbar, dass er nun nicht mehr tanzen musste, denn so hatte Stiles es ihm versprochen: Ein Tanz zu einem Lied seiner Wahl und er wäre erlöst!

Und irgendwie hatte er sich vorgestellt, sein Gemahl würde ihm folgen und sie würden sich dann für den Rest des Abends wie zwei Mauerblümchen gemeinsam irgendwo an den Rand setzen. Da hatte er natürlich die Rechnung ohne seinen rastlosen Gefährten gemacht, der, anders als er selbst ein begeisterter Tänzer war.

Dennoch waren sie jetzt gerade Hand in Hand auf dem Weg zu einem der Tische, aber da kam der unvermeidliche Peter angeschissen kam und gab bekannt:
 

„Dein Ehemann sieht echt heiß in einem Smoking aus, Derek. Ich klatsche jetzt ab!“
 

Das war alles andere als eine höfliche Frage, sondern ganz offensichtlich ausgemachte Sache für Dereks Onkel, der nun auch schon Stiles freie Hand ergriffen hatte und ihn hinter sich her, zurück in Richtung Tanzfläche schleifte.

Dem derart Entführten blieb eigentlich nichts weiter, als seinem Gatten noch rasch einen entschuldigenden Blick zuzuwerfen und dann Peter zu nachzufolgen.
 

Derek marschierte also allein zu ihrem Tisch, ließ sich bockig auf einen der Stühle plumpsen, verschränkte die Arme vor der breiten Brust und beobachtete mit finsterer Miene, wie sein Onkel seine ungezogenen Fingerchen an das legte, was doch eigentlich Sein war!

Dieser Kerl ließ wirklich keine Gelegenheit aus, ihn zu ärgern!

Nicht einmal an seinem eigenen Hochzeitstag blieb er davon verschont!
 

Er knurrte leise, als er gewahr wurde, dass sein Onkel mittlerweile das Hinterteil seines Gemahls in beiden Händen hatte. Derek war kurz davor aufzustehen, um etwas dagegen zu unternehmen, doch da hatte Stiles selbst schon die Haltung seines Tanzpartner korrigiert und erklärte ihm nun Dirty-Dancing-mäßig, wo wessen Tanzbereich sei:
 

„Ich könnte ihn festnehmen; einfach so zum Spaß! Das wäre dann so etwas wie ein weiteres Hochzeitsgeschenk von mir an dich, Junge.“
 

Derek konnte das Grinsen in der Stimme seines Schwiegervater hören, der sich ihm unbemerkt von hinten genähert hatte:

„Nein lass´ nur! Peter hat eine sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne. Der findet bestimmt gleich etwas anderes, um sich zu amüsieren.“
 

John Stilinski hatte zwei Whiskey in der Hand, reichte eines an Derek weiter und ließ sich an dessen Tisch nieder:

„Na hoffen wir es! Ich will mit dir anstoßen, Derek und dir sagen, wie glücklich es mich macht, dass mein Sohn und du euch nun endlich das Ja-Wort gegeben habt.“
 

Sie ließen die Gläser klirrend zusammenstoßen und Derek strahlte.
 

Das waren die Momente, in denen der Sheriff plötzlich genau verstand, was seinen Sohn zu diesem, oft so finster und einschüchternd wirkenden Mann hingezogen hatte. Wenn er lächelte fielen für Sekundenbruchteile die Mauern um ihn und man erkannte den traurigen, ängstlichen Jungen dahinter.
 

Und warum es Derek seinerseits zu Stiles zog, war für John ebenfalls nicht schwer zu begreifen. Sein Sohn machte ihm Mut und er brachte ihn zum Lachen und wenn das einer nötig hatte, dann doch wohl dieser Griesgram?
 

John dachte darüber nach, zu formulieren was ihm gerade durch den Kopf ging, doch dann entschied er sich dagegen, weil es Derek sicher in Verlegenheit gebracht hätte. Stattdessen saßen sie schweigend Seite an Seite und beobachteten das Treiben auf der Tanzfläche.
 

Wie sich zeigen sollte, hatte Derek mit seiner Prognose Recht gehabt. Peter hatte nach einer Weile keine Lust mehr zu tanzen. Er hatte nun vielmehr Lust auf einen süßen, mageren, wahnsinnig jungen, rothaarigen, sommersprossigen Kellner, mit dem er für eine Weile im Wald verschwand.
 

Stiles jedoch tanzte weiter; mal mit Lydia, mal mit Malia, Melissa, oder Kira, mal allein und einmal sogar mit Scott.

Wenn er zwischendrin einmal ins Schwitzen kam, oder durstig wurde, kam er zu Derek an den Tisch, hockte sich auf dessen Schoß und erzählte ihm wieder und wieder, wie wahnsinnig glücklich er heute sei, obwohl Derek diese Information auch sehr leicht aus seinem strahlenden Gesicht, den glühenden Wangen und seinem Geruch herauslesen konnte.

Und weil Glück eben ansteckend ist, färbte es ebenfalls auf den Werwolf ab, der vielleicht Menschenansammlungen und das Tanzen nicht liebte, sehr wohl aber seinen Stiles!
 

Im Laufe des Nachmittags floss der Nektar reichlich und einige Gäste waren bereits ziemlich betrunken und so gab Derek der dem Personal das Zeichen, bereits eine halbe Stunde früher das Büffet für das Abendessen aufzubauen, in der Hoffnung, dass das reichhaltige Angebot an Fingerfood den Alkohol ein wenig zu neutralisieren vermochte.
 

Die Vorbereitungen waren gerade im vollem Gange, als Coach Finstock; voll wie ein Eimer, lautstark verkündete, dass er ein großer Sambatänzer sei und dies auch gleich unter Beweis zu stellen versuchte. Er hatte den Ober-Biker irgendwie dazu überredet, ihm seinen gehörnten Helm zu leihen, welchen er nun auf dem Kopf trug, während er sich gleichzeitig in betrunkenen Zuckungen und Verrenkungen erging, die lediglich in seinem vernebelten Zustand etwas mit Samba zu tun haben mochten. Das Gelächter ringsherum verwechselte er offenbar mit Applaus und davon angestachelt wurden seine Bewegungen nur noch hektischer und verrückter. Und so kam es schließlich, wie es kommen musste: Der Coach geriet ins Straucheln, fing sich aber beinahe wieder. Als er dann allerdings versuchte alles zu retten, indem er eine Pirouette drehte, ging am Ende doch noch krachend zu Boden, wobei ihm dann sogar noch die Hose am Gesäß platzte.

Die Skinny- Mode war eben einfach nichts für jeden Typ!
 

Einen Augenblick lang war es mucksmäuschenstill. Sogar die Band hörte auf zu spielen, doch dann ging das Gelächter los. Der Coach seinerseits drehte sich auf den Rücken und hielt, ebenfalls lachend Zeige- und Mittelfinger zum Victory-V hoch und so lag er nun da, wie ein hilfloser Käfer.
 

Derek rollte mit den Augen und raunte in Stiles Nacken:

„Warum zur Hölle hast du den Kerl eingeladen? Der ist ja oberpeinlich!“
 

„Was? Das ist er gar nicht. Das ist eben Coach! Er ist wie ein Vater für mich!“ behauptete sein frisch Angetrauter säuerlich.
 

Der Sheriff, der mit ihnen am Tisch saß hob verächtlich eine Augenbraue und schlug vor:

„Dann solltest du deiner großartigen Vaterfigur vielleicht mal wieder auf die Beine und am besten auch gleich nach draußen helfen, bevor es sich noch über die gesamte Festgesellschaft erbricht!“
 

Stiles erhob sich, um genau das zu tun, doch ein anderer war ihm zuvorgekommen und hatte den Sportlehrer sanft und fürsorglich wieder aufgestellt:
 

„Waswillsuvonmir, Greeburg!“ lallte Finstock: „Fingawech! Ichhassedichhörssu? Ich HASSE Dich, Greenburg!“
 

Die Tänzer hatten sich im Kreis um die beiden versammelt und man wartete gespannt ab, wie das hier nun wohl ausgehen mochte.
 

In drei Highschooljahren hatte Greenburg stets jede Beleidigung des Coaches hingenommen, hatte sich nie beschwert, gewehrt und hatte Finstock anschließend sogar noch die Tasche ins Lehrerzimmer hinterher geschleppt, doch damit schien nun Schluss zu sein. Der ehemalige Schüler stieß seinen Tyrannen verletzt von sich, direkt in die Arme von Jackson und Ethan, welche diesen gerade noch eben so auffangen konnten:
 

„Sie hassen mich also, Coach? Ehrlich? Sie hassen MICH?“ bellte Greenburg zornig und seine Stimme wurde schrill: „Ich hasse SIE nämlich auch! Was habe ich ihnen eigentlich jemals getan? Ich war stets nett und höflich zu ihnen, habe zu ihnen aufgesehen und wollte doch immer bloß ein freundliches Wort von ihnen! Aber sie waren so gemein zu mir! Sie haben mir meine Schulzeit zur Hölle gemacht, schlimmer als jeder Schulhofschläger. Wieso? Ich will einfach nur wissen WISO? Womit habe ich das verdient?“

Greenburgs Stimme versagte. Er hatte zu weinen begonnen. Sein Körper bebte und er hatte die Arme um sich selbst geschlungen.
 

Finstock hatte sich mit Ethans Hilfe wieder vollständig aufgerichtet und stand nun da, wie vom Donner gerührt:

„Wiesoweinssudennjetz?“ murmelte er unbehaglich: „Ich... daswollteichnich! Ehrlich!“

Coach wankte auf seinen ehemaligen Schüler zu und zog ihn in die Arme: „Tutmirleid, Junge! Ichwussejanich, dassu Gefühlehast? Oh, Mann!“
 

Nun warf Greenburg sich an Finstocks Brust und heulte sich so richtig gründlich aus.
 

Es endete damit, dass Greenburg sich erbot, den Coach sicher nachhause zu fahren und so verließen die beiden Männer, die nach so langer Zeit endlich Frieden miteinander geschlossen hatten das Festzelt, wobei sie jeweils einen Arm um die Schulter des anderen gelegt hatten.
 

Diese ganze Szene war so unwirklich, bizarr und grotesk, aber sie ging dennoch irgendwie ans Herz und ließ kaum ein Auge trocken.
 

Lediglich Derek fasste sich an den Kopf, als habe er einen Migräneanfall und murmelte:

„Meine Güte ist das bescheuert!“
 

Danach konnte der Abend wie geplant weitergehen. Die Band spielte erneut auf, der Ansturm auf´s Büfett begann, dann wurde wieder getanzt und schließlich schnitten die Bräutigame die prächtige, beinahe mannshohe Hochzeitstorte an und fütterten sich vor aller Augen mit den Händen, ehe schließlich auch Kuchenstücke an die Gäste verteilt wurden.
 

Gegen zweiundzwanzig Uhr sollte die Band eigentlich Schluss machen und ein DJ sollte übernehmen, doch da machte die Sängerin eine Ankündigung:

„Bevor wir uns nun zurückziehen, hat einer der Gäste noch eine Überraschung für das Paar vorbereitet. Wir wünschen ihnen dabei viel Vergnügen und verabschieden uns für heute von ihnen!“

Die Band verließ die Bühne. Lediglich ihr Pianist blieb zurück.
 

Stiles und Derek blickten einander ratlos an und zuckten beide mit den Schultern.
 

Und es war Peter, der nun die Bühne betrat.
 

„Wenn er zu strippen beginnt, dann werde ich ihn an den Sackhaaren von der Bühnezerren!“ zischte Derek seinem Ehemann zu, doch scheinbar hatte sein Onkel etwas völlig anderes vor. Er reichte dem Pianisten ein paar Notenblätter und schnappte sich das Mikrophon.
 

Die Bräutigame befürchtete schon das Schlimmste, da begann der Pianist zu spielen und Peter dazu zu singen.

Als Stiles das Stück erkannte, musste er grinsen. Es handelte sich um „Makin´ Whopee!“, einem kleinen Schmählied auf Heirat und Ehe.

Das war so typisch für Peter!
 

Dereks Onkel hauchte sexy in das Mikro, wickelte sich sinnlich um dessen Ständer und erklomm schließlich den Flügel und sang schmachtend den Pianisten an, der daraufhin ein wenig errötete. Mit dieser Nummer schlug er Michelle Pfeiffer, welche dieses Stück in dem Film „Die fabelhaften Baker-Boys“ ebenfalls zum Besten gegeben hatte um Längen, dachte Stiles amüsiert.
 

Als das Lied vorüber war, erhob Peter sein Sektglas, prostete den Eheleuten zu und rief:

„Auf euch, ihr Luschen! Onkel Peter liebt euch!“
 

Dann hüpfte der Streuner munter von der Bühne und machte auf die Suche nach neuen Abenteuern.
 

„Das war jetzt aber irgendwie süß?“ urteilte Stiles:
 

„Na, wenn du das sagst?“ gab Derek zurück: „Du bist ja jetzt mein Mann, was ja wohl bedeutet, dass du immer recht hast, stimmt´s!“
 

Stiles grinste zufrieden und forderte:

„Also, das hätte ich gern schriftlich!“
 

Es wurde noch eine lange Nacht und Derek überwand sich sogar nicht einige Male mit Stiles zu tanzen.

Erst gegen drei Uhr morgens lichteten sich so langsam die Reihen und da konnte endlich auch das Bräutigamenpaar aufbrechen.
 

Sie überließen das Aufräumen dem Personal, denn nun erwartete sie der eigentliche Höhepunkt dieses langen und aufregenden Tages.

Give your all to me, I´ll give my all to you Teil 6: Die Hochzeitsnacht

Stiles war auf dem Beifahrersitz eingeschlafen, lediglich aufrecht gehalten von Lehne und Gurt. Derek warf seufzend einen Blick auf den Beifahrersitz. Ihre Hochzeitsnacht würden sie wohl verschieben müssen, dachte er ein wenig wehmütig bei sich, denn er würde seinen erschöpften Liebsten dafür sicherlich nicht extra aufwecken. Vielmehr stellte er sich jetzt schon darauf ein, ihn gleich zuhause nach oben zu tragen, ihm vorsichtig die Schuhe auszuziehen und ihn ins Bett zu befördern, damit er sich nach diesem turbulenten Tag ein wenig ausruhen konnte.
 

Derek musste lächeln. Stiles sah so unglaublich lieb, süß und unschuldig aus, wenn er schlief, beinahe wie ein Kind. Niemand käme in solchen Momenten darauf, dass dieser Mann es faustdick hinter den Ohren hatte.
 

SEIN Mann!
 

Endlich!
 

Beinahe hatte Derek nicht mehr daran geglaubt, dass es irgendwann doch noch passieren würde. Unwillkürlich glitt sein Blick hinab zu seiner rechten Hand am Steuer, an deren vorletztem Finger nun ein edler, schlichter Platinring steckte.
 

Sie waren da und kaum, dass Derek den Wagen anhielt, schreckte Stiles auf, setzte sich kerzengerade hin und nach ein paar Sekunden, die er brauchte, um sich zu orientieren wo er war, warf er Derek ein freches Grinsen zu:

„Verdammt! Auf diesen Moment habe ich schon den ganzen Tag gewartet!“ schnurrte er, löste seinen Gurt und schwang sich dann mühelos hinüber zu Derek auf den Fahrersitz, um sich rittlings auf dessen Schoß zu setzen und sein Gesäß gegen dessen Schritt zu reiben.
 

Überrascht und gleichzeitig erregt von dieser unerwarteten Wendung der Situation stöhnte Derek leise auf und ließ Stiles kurz gewähren. Ihre Münder verschmolzen zu hungrigen, tiefen, warmen und atemlosen Küssen und binnen Minuten waren die Scheiben des Camaros beschlagen.

Äußerst widerwillig löste Derek seine Lippen nach einer Weile wieder von denen seines Angetrauten, um zu fragen:

„Willst du unsere Hochzeitsnacht tatsächlich hier im engen Wagen vollziehen, obwohl wir da oben ein großes, bequemes Bett haben?“
 

Stiles seufzte dramatisch und beschwerte sich:

„Du bist immer so vernünftig!“

Dennoch kletterte er von Dereks Schoß herunter und sie beide entstiegen dem Auto.
 

Ohne sich abzusprechen zogen sie im Treppenhaus beide ihre Jacketts aus und trugen sie vor der Hüfte, denn die alte, einsame Ms. Stringer aus dem ersten Stock, die zu jeder Tages- und Nachtzeit hinter ihrem Türspion lauerte, um mitzubekommen was ihre Nachbarn wohl so taten, musste ja nicht unbedingt den Schreck ihres Lebens bekommen, weil die beiden Jungs aus dem Dritten gerade eine beginnende Erektion vor sich her trugen.
 

Oben an ihrem Apartment angekommen zückte Derek seinen Schlüssel, doch kaum war die Tür offen, fiel Stiles einen Veränderung an ihm auf. Derek stellten sich die Haare auf, so wie sie es immer taten, wenn er in Alarmbereitschaft war.

Als sie sich vor zehn Jahren kennengelernt hatten; damals war Stiles noch ein sechzehnjähriger Schüler gewesen und sie hatten noch einen weiten Weg vor sich, um das Paar zu werden, dass sie heute waren; da hatte Derek ständig so ausgesehen und Stiles hatte das lediglich für eine eigenwillige Art gehalten, sich zu frisieren. Er hatte noch nicht gewusst, dass es sich um so etwas wie gesträubtes Fell handelte, weil Derek zu jener Zeit durch den gewaltsamen Tod seiner Familie schwer traumatisiert und in ständiger Alarmbereitschaft gewesen ist. ´
 

Doch heute, nach all den gemeinsamen Jahren konnte Stiles seinen Geliebten lesen, wie ein Buch und so fragte er:

„Was ist los, Baby? Stimmt etwas nicht?“
 

Derek gab ein leises Knurren von sich und flüsterte dann:

„Das kannst du wohl laut sagen! Jemand ist hier gewesen und vielleicht ist er es sogar immer noch? Bleib´ hinter mir!“
 

Derek war in diesem Moment voll und ganz ein Wolf auf der Pirsch und Stiles wusste, dass man in diesen Augenblicken gar nicht erst mit ihm diskutieren sollte. Sie machten kein Licht, Derek setzte sich in Bewegung und Stiles folgte ihm nach und versuchte, möglichst leise und nicht im Weg zu sein.
 

Im Flur und im Wohnzimmer war alles wie immer und auch in Küche und Gästezimmer war niemand zu sehen. Sie gingen ins Bad und hier spürte sogar Stiles, dass etwas anders war, als es sein sollte: Es waren die Luftfeuchtigkeit und der Geruch, also betätigte Stiles nun doch noch den Lichtschalter, auch wenn er sich dafür einen säuerlichen Blick seines Lieblingsraubtiers einhandelte.

Der Anblick, der sich ihnen bot war unerwartet: Ihre große Badewanne war bis oben hin mit dampfenden Wasser gefüllt und auf die üppige Schaumkrone hatte jemand rote und rosafarbene Rosenblütenblätter gestreut.

Derek knurrte erneut, wandte sich abrupt um und stapfte hinüber in ihr Schlafzimmer. Stiles folgte ihm dichtauf und und auch hier hatte jemand Rosenblüten verstreut, nämlich eine Spur bis zum Bett und dann nach ein paar handvoll auf das Laken. Auf einem der Nachttische stand ein Sektkühler, gefüllt mit Eis und einer Magnumflasche Champagner darin. Daneben ein silberner Teller, ebenfalls mit Eis und obendrauf einige Austern. Auf dem gegenüberliegenden Nachttisch stand ebenfalls ein Sektkühler, jedoch enthielt dieser warmes Wasser und eine große Flasche Gleitgel und daran angelehnt ein edler Umschlag aus feinstem Büttenpapier auf den in großen, vornehmen Lettern geschrieben stand „An die Bräutigame“
 

Derek schnappte sich den Umschlag, öffnete ihn und zog mit ungeduldigen Fingern den Brief hervor. Stiles lehnte sich an ihn, damit sie beide die, an sie gerichteten Worte lesen konnten:
 


 

Hallo Kinderchen!
 

Ich finde es süß, dass ihr euch für einander aufgespart habt. Nun ist eure große Nacht gekommen und ihr werdet eure Unschuld verlieren.

Ist das nicht aufregend?
 

Hierzu noch ein paar gutgemeinte Ratschläge: Nehmt vorher ein Bad! Da könnt ihr herrlich den Stress des aufregenden Tages wegwaschen und außerdem ist es sehr entspannend und das ist besonders wichtig für das, was ihr vorhabt, wenn ihr versteht, was ich meine. Die Austern sind für dich Derek. Sie helfen der Potenz auf die Sprünge und ich dachte mir, das könnte in deinem Fall hilfreich sein. Und der Champagner ist dafür gedacht, dass ihr Zwei ein wenig lockerer werdet, auch wenn nur einer von euch beiden davon betrunken werden kann. Und dann ist da ja noch das Gleitgel. Ich habe es für euch aufgewärmt, denn es gibt wohl keinen schlimmeren Lustkiller, als wenn das glitschige Zeug eiskalt ist.
 

Wenn ihr nun noch Fragen habt, zum Beispiel wo was hingehört, wenn man ES tut, oder ob das Ganze wirklich bloß drei Minuten dauern sollte, dann ruft mich ruhig an.
 

Ich wünsche euch viel Spaß bei eurem kurzen, holprigen Vergnügen.
 

Euer Peter
 


 

Derek zerknüllte das Blatt, warf es in eine Ecke und zückte sein Handy:

„Oh, ich WERDE ihn anrufen!“ knurrte er: „Ich werde ihn anrufen und ihm sagen, dass ich ihn UMBRINGEN werde. Unschuld verlieren? Austern? Der hat doch wohl einen Knall? Ich werde ihn fertig machen!“
 

Stiles grinste gutmütig, nahm seinem Mann das Handy aus der Hand und erwiderte:

„Er will dich doch bloß ärgern, Baby! Und du machst es ihm jedes mal auf´s Neue wieder so unglaublich leicht! Aber schau dich doch mal um! Siehst du eigentlich, was Peter hier getan hat? Er hat sich richtig ins Zeug gelegt, damit du und ich eine vollkommene Hochzeitsnacht haben können. Mir ist ein Rätsel, wie er das alles organisiert hat. Es ist wahrscheinlich das Liebste, was der böse Wolf in seinem Leben je gemacht hat, also sei nicht böse, sondern freu´ dich lieber!“
 

„Er ist hier eingebrochen! Er hat mein Revier verletzt!“ schmollte Derek nun wie ein ganz, ganz kleines Wölfchen.
 

Stiles lachte leise:

„Er ist nicht eingebrochen! Du hast ihm deinen Schlüssel für Notfälle gegeben und das hat er heute eben kreativ ausgelegt. Und ich will jetzt meine Hochzeitsnacht mit dir, mein schöner Mann! Ich will das Bad, den Schampus, die Austern und ich will es mit dir wie die Karnickel treiben, bis die Sonne wieder aufgeht, hörst du?“
 

Derek schmolz endgültig. Dennoch spekulierte er:

„Bestimmt hat Peter hier überall Webcams installiert und er lädt unsere Hochzeitsnacht live bei X-Tube hoch!“
 

Wieder ein Lachen von Stiles:

„Na wenn das so ist, dann sollten wir uns ja wohl extra-viel Mühe geben, oder was denkst du?“

Und nun begann er langsam damit, für Derek zu strippen.

Als er schließlich nur noch in seiner Unterhose vor ihm stand, gingen dem Werwolf beinahe die Augen über:
 

„Du hast sie noch?“ rief er aus und deutete auf die Boxershorts mit der Abbildung von Spider-Man vorne drauf, denn dieses Kleidungsstück hatte er bislang nämlich nur bei einer einzigen Gelegenheit zu Gesicht bekommen und zwar in einer ganz besonderen Nacht vor etlichen Jahren, als Stiles und er zum ersten Mal miteinander intim geworden waren. Sie waren beide reichlich ungeduldig und auch wahnsinnig nervös gewesen, doch dann kam dieses Ding zum Vorschein und da hatte Derek ganz einfach Lachen müssen und nachdem Stiles zunächst ganz kurz eingeschnappt gewesen war, hatte auch er mit eingestimmt und da war der Knoten geplatzt, ihre Nervosität war verschwunden und es war eine denkwürdige Nacht geworden:
 

„Ich dachte, die hättest du längst entsorgt? Hast du die etwa für den heutigen Tag aufgehoben?“ fragte Derek verblüfft:
 

„Ich wusste immer schon, dass dieser heutige Tag irgendwann kommen würde und darum!“ bestätigte Stiles grinsend und schälte Derek aus seinem Hochzeitsanzug.
 

Irgendwie war dies das schönste Hochzeitsgeschenk, welches sein frisch Angetrauter ihm hätte machen können. Stiles hatte also schon von der allerersten Sekunde an sie beide geglaubt, auch wenn das mit ihnen allen anfangs so unwahrscheinlich erschienen war, auch wenn ihr Weg nicht immer leicht gewesen war und sie sich zeitweise so heftig gestritten hatten, dass es aussah, als würde ihre Liebe daran zerbrechen?

Aber während all´ dieser Jahre hatte Stiles dieses lächerlich-bezaubernde Kleidungsstück aufgehoben, um es an ihrem Hochzeitstag zu tragen, weil er an sie geglaubt hatte!
 

Und nun ließ der Jüngere diese letzte Hülle fallen, nahm seinen Ehemann bei der Hand, sie eilten lachend ins Badezimmer, stiegen in das duftende, heiße Wasser, schmiegten sich dort eng aneinander und begannen küssend, die Welt um sich herum zu vergessen.

Als das Wasser irgendwann abkühlte und ihnen kuscheln nicht mehr genügte, huschten sie, nackt und nass zurück ins Schlafzimmer.

Stiles nahm eine Austernschale, kippte sich den Inhalt in den Mund, spülte mit reichlich Champagner nach und ließ sich auf das Bett fallen:

„Na los, Großer! Mach´ mich zu Deinem!“ forderte er mit laszivem Blick.
 

Das musste man dem Werwolf nicht zweimal sagen. Grinsend und mit einem kleinen Knurren setzte er zum Sprung an.

Give your all to me, I´ll give my all to you Teil 7: Der Morgen danach

Stiles erwachte mit einem listigen Grinsen auf den Lippen. Derek neben ihm schlief noch, doch damit sollte es nun vorbei sein. Stiles langte ohne Umschweife nach der Mitte seines Angetrauten und was er fühlte war zwar ausbaufähig, aber dennoch vielversprechend und so tauchte er mit dem Kopf unter die Decke machte er sich ans Werk:
 

„Was genau treibst du da eigentlich?“ murmelte Derek verschlafen:
 

„Komisch? Ich dachte, das sei selbsterklärend?“ gab Stiles zurück und machte dann unbeirrt weiter:
 

„Aber ich schlafe noch!“ maulte der Werwolf.
 

Stiles schüttelte selbstbewusst den Kopf:

„Stimmt doch gar nicht, Baby. Du sprichst mit mir, folglich bist du bist ja wohl wach!“
 

„Du bist eine furchtbare Nervensäge, weißt du das Mister?“ behauptete Derek. Und dennoch zog er seinen Mann nun auf sich, Stiles hatte wieder einmal gewonnen!

Er hockte sich also auf nun seinen Geliebten und ließ ihn langsam und nach dem, was sie letzte Nacht bereits an Vorarbeit geleistet hatten, mühelos in sich gleiten.
 

Es dauerte nicht lange, bis die Zwei derart in Ekstase waren, dass nicht einmal Derek mit seinem Supergehör das Klappen ihrer Wohnungstür hörte und bald darauf gipfelten ihre Bemühungen in einem geräuschvollem Höhepunkt.

Und genau in diesem Moment wurde ihre Schlafzimmertür aufgerissen und ein putzmunterer Peter Hale kam hereingetrabt:
 

„Guten Morgen, Kinderchen! Haben alle ausgeschlafen?“ trompete er fröhlich.
 

Nach einer kurzen Schrecksekunde sprang Stiles von Derek herunter, breitete die Decke über sie beide und zog sie sich bis zum Hals:
 

„WAS MACHST DU HIER, PETER?“ brüllte Derek und warf ein Kissen nach seinem Onkel:
 

„Na, was schon?“ gab Peter zurück, der geschickt dem Kissen ausgewichen war: „Ich sehe nach dem Rechten und bringe euch Frühstück! Ihr müsst doch vollkommen ausgehungert sein, nach all dem Matratzen-Sport.“

Er riss Vorhänge und dazu auch gleich noch die Fensterläden auf und stellte fest: „Also wirklich Jungs! Hier mieft´s ja wie im Puff!“
 

„Es geht dich einen Scheiß an, wonach es hier riecht. Verschwinde Peter! Oder findest du es wirklich angemessen, zwei Frischvermählte einfach so beim Sex zu stören? Du hast sie doch echt nicht mehr alle!“ knurrte Derek:
 

„So etwas würde ich doch niemals tun? Was bin ich? Schlecht erzogen etwa? Ich habe sehr höflich draußen gewartet, bis ihr zwei fertig gewesen seid!“
 

„DU HAST GELAUSCHT?“ schrie Derek entsetzt:
 

„Jetzt sei doch nicht immer so prüde!“ erwiderte Peter gelangweilt und forderte dann: „Ihr zwei Turteltäubchen schwingt jetzt brav eure haarigen Ärsche in eine Hose, denn nebenan erwarten euch Scott und die Mädchen und die wollt ihr ja schließlich nicht zu Tode erschrecken, oder? Außerdem stehen Kaffee und Lachsbagel für alle bereit.“
 

„Ich werde das verdammte Schloss austauschen!“ brummte Derek mürrisch, erhob sich, stapfte nackt wie er war an seinem Onkel vorbei und rempelte ihn dabei absichtlich an, öffnete den Kleiderschrank schnappte sich T-Shirt und Jogginghose und reichte dann Stiles dieselbe Garnitur, welcher sich lieber schamhaft unter der Bettdecke anzog.
 

Am gedeckten Küchentisch saßen Scott, Kira, Lydia und Malia mit schuldbewussten Mienen und der Alpha versicherte:

„Entschuldige, Bro! Peter hat behauptet, ihr wüsstet, dass wir kommen. Wir wären doch sonst nicht einfach so hier hereingeplatzt!“
 

„Es gibt eine Grundsatzregel im Umgang mit Peter: Glaub´ niemals ein Wort aus seinem Munde!“ gab Stiles achselzuckend zurück und schnappte sich dann eine Bagelhälfte, welche er gierig noch im Stehen verschlang:
 

„Hey, hey! Sei nicht so vorlaut, junger Mann! Du bist nun ein Teil dieser Familie und als ihr Patriarch verdiene ich deinen Respekt!“ behauptete Peter übertrieben empört.
 

Stiles platze laut los vor Lachen und bespuckte Dereks Onkel dabei versehentlich überreichlich mit halb zerkauten Lachs- und Brötchenbröseln:
 

„Ein Benehmen hat dieser Junge?“ kommentierte Peter naserümpfend und griff nach einem Lappen, um sich zu reinigen.
 

Stiles ließ das allerdings vollkommen kalt. Er hockte sich neben seinen besten Freund und hatte nun bereits den zweiten Bagel am Wickel, welchen er hungrig mit einem großen Latte Macchiato herunter spülte.
 

„Und, Ehemann? Bist du glücklich?“ wollte Scott von ihm wissen:
 

„Sehr!“ bestätigte Stiles strahlend und lehnte sich an die Schulter des jungen Alpha.

Sicher hätte er sich genauso gut auch noch stundenlang mit Derek in den Laken wälzen können aber das lief ja schließlich nicht weg, denn immerhin waren sie ja nun glücklich verheiratete Ehemänner, aber dies hier; Freunde, Frühstück und Faulenzen; das war auch verdammt gut!
 

-ENDE-

Don´t know what hit me, but I´ll be allright – Teil 1, New Moon

Bereits als Stiles Jeep die Grenze seiner Heimatstadt Beacon Hills passierte, hatte er ein eigenartiges, beklemmendes Gefühl. Es dämmerte soeben. Er warf einen flüchtigen Blick aus dem Seitenfenster und mit einem Mal meinte er dort draußen zwischen den Bäumen irgendetwas zu sehen; einen Schatten, eine Gestalt, ein Tier vielleicht, welches sich da gleichauf mit ihm selbst bewegte.

Nur wie sollte das überhaupt möglich sein? Immerhin fuhr er achtzig Kilometer in der Stunde. Welcher Mensch oder welches heimische Landsäugetier sollte wohl in der Lage sein, da mit zu halten?

Er kniff die Augen ein wenig zusammen, um besser sehen zu können. Dann meinte er mit einem Mal ein eigenartiges rotes Funkeln zwischen den Zweigen zu erkennen.

Und dann... nichts mehr, als sei nie etwas dagewesen.
 

Stiles schüttelte den Kopf und schob es auf den Stress der letzten Monate. Seine überreizten Nerven hatten ihm einfach bloß einen Streich gespielt.
 

Aber nun war er ja wieder daheim und alles würde wieder gut werden! Sein Dad wartete sicherlich bereits mit dem Abendessen auf ihn.

Dieser tröstliche Gedanke ließ ihn Lächeln.
 

San Francisco zu verlassen war die einzig richtige Entscheidung gewesen, sagte er zu sich selbst.

Beacon Hills war seine Heimat. Hier war alles, was er brauchte und kannte; Scott war hier, sein Dad, sein Elternhaus, all seine Freunde von früher, die Erinnerungen an beinahe sein gesamtes Leben und der Wald, in dem er seine Kindheit und Jugend zugebracht hatte. Hier hatte er die Ruhe, um endlich seine Masterarbeit in Kriminalistik zu vollenden, denn es war immer noch sein erklärtes Ziel, ein Profiler beim FBI zu werden.
 

San Francisco hingegen hatte nur zwei Dinge gehabt; Danny und den Ozean.

Aber Danny war weg! Die große, bunte Stadt mit ihren unzähligen Verlockungen, die sie für attraktive, junge, schwule Männer bereit hielt, hatte ihn ganz einfach fort gelockt.

Ein dürrer, schlauer, junger Mann mit ADHS und großer Klappe hatte da nicht mithalten können und ihre Highschool-Liebe war zu Staub zerfallen, wie ein Vampir um die Mittagszeit am Bakers-Beach.

Stiles hatte dann trotzdem noch das letzte Semester hinter sich gebracht, auch wenn er furchtbar einsam und todtraurig gewesen war, doch dann hatte er seine Sachen zusammengepackt um, mit eingekniffenem Schwanz und um eine Illusion ärmer, nachhause zurückzukehren, denn was es den Ozean betraf, so war dieser eben einfach nicht Grund genug, um zu bleiben.

Und falls Stiles doch einmal die Sehnsucht überkam, so war das Meer ja auch nur zwei Autostunden entfernt.
 

„Junge!“ begrüßte ihn Noah Stilinski, immer noch in seiner Uniform in der Tür und als Stiles dieses warme Lächeln im lieben, wettergegerbten Gesicht seines Vaters erblickte, liefen ihm die Augen über und er warf sich in die geöffneten Arme.
 

„Burger und Curly-Fries, Dad?“ fragte Stiles tadelnd, vor allem um seine Fassung wieder zu erlangen, als sie die Küche betraten:
 

„Da ist auch Salat!“ rechtfertigte sich sein Vater: „Ich bin gerade erst reingekommen und hatte keine Zeit zum Kochen, oder dazu, mich umzuziehen, weißt du? Im Revier war heute die Hölle los. Und nun tu doch nicht so, als scheinheilig! Du liebst doch Curly-Fries!“
 

„Aber dein Herz, Dad! Du musst auf dich aufpassen!“ mahnte Stiles.
 

Der Sheriff lachte leise:

„Das tue ich auch, Stiles, keine Sorge! Ich habe dir doch am Telefon erzählt, dass Melissa und ich uns zweimal die Woche zum Joggen treffen, oder nicht? Und neuerdings verabreden wir uns auch einmal täglich zum essen, wenn auch immer zu unterschiedlichen Tageszeiten, je nachdem, wie es unser beider Schichtdienst zulässt. Und weißt du, was es heute zum Mittag für mich gab? Veganen Quinoa-Salat! Weißt du überhaupt, was Quinoa ist? Vogelfutter! Und ICH habe das gegessen!“
 

Stiles deckte den Tisch und erkundigte sich kichernd:

„Und wie war´s?“
 

„Es wäre besser gewesen mit einer Portion gebackenem Hühnchen wenn du mich fragst, aber es war okay!“ erwiderte Noah schmunzelnd und ließ sich auf seinen Stuhl nieder.
 

„Was läuft da eigentlich zwischen Scotts Mum und dir?“ wollte Stiles wissen.
 

Noah sah ertappt aus, doch er behauptete:

„Gar nichts! Wir sind Freunde, das ist alles, Stiles! Männer und Frauen KÖNNEN einfach nur Freunde sein, weißt du?“
 

„Na wenn du das sagst, Dad.“ erwiderte Stiles grinsend, aber weil er ein guter Sohn war, insistierte er nicht weiter.
 

Vater und Sohn waren nach dem Essen noch lange am Tisch sitzen geblieben, hatten über Dies und Das geredet, ohne allzu sehr in die Tiefe zu gehen, hatten ein paar Flaschen Bier geleert, bis Stiles endlich dazu bereit gewesen war, über sein gebrochenes Herz zu sprechen und wie es war, zu lieben und zu verlieren.

Sein Dad hatte sich das alles geduldig angehört, ihn nicht unterbrochen und hinterher hatte er ihm versichert, dass Herzen wieder heilen konnten; manchmal sogar viel schneller, als man vermutete. Er hatte ihn auch wissen lassen, dass er glücklich sei, seinen kleinen Jungen wieder zuhause bei sich zu haben und versprochen, dass nun alles wieder gut werden würde. Stiles hatte noch ein wenig geweint und sein Vater hatte ihm dabei warm und beruhigend seine Hand zwischen die Schulterblätter gelegt.
 

Es tat gut, wieder zuhause zu sein!
 

Nun war Stiles allein in seinem alten Kinderzimmer. Das Licht hatte er soeben gelöscht und trat nun ans Fenster, um in den Nachthimmel hinauf zu schauen. Es war eine dunkle Neumondnacht, die Sterne funkelten kalt von Ferne und es war vollkommen still.

Plötzlich hatte Stiles das beklemmende Gefühl, dass ihn jemand beobachten würde. Er versuchte in den dichten, in Schwärze gehüllten Büschen im Garten etwas zu erkennen, doch da war nichts, keine ungewöhnlichen Bewegungen, keine verdächtigen Umrisse und auch kein Geräusch. Stiles versuchte, das Gefühl abzuschütteln, schloss das Fenster und legte sich ins Bett. Es dauerte nur Minuten, ehe eingeschlafen war.
 

Von dem Paar rotglühender Augen, welche ihn durch die Fensterscheiben betrachteten, bekam er nichts mit.
 

Am folgenden Morgen erwachte Stiles in aller Herrgottsfrühe mit dem Drang sich zu bewegen, ehe er sich an den Schreibtisch setzen würde, also zog er sich seine Laufschuhe, eine Trainingshose und einen roten Hoodie an und rannte los in Richtung Beacon Hills Reservat.

Mit dem Joggen hatte er in San Francisco angefangen. Wenn alle um einen herum so furchtbar fit und gesund waren, dann war man ja praktisch gezwungen, auch irgendetwas für sich zu tun. Und zu seiner Überraschung hatte Stiles festgestellt, dass das Laufen ihm gut tat und er seine Hyperaktivität dadurch besser in den Griff bekam, als mit einer Dosis Adderall, also hatte er eine Regelmäßigkeit daraus gemacht.
 

Der Wald seiner Kindheit war ein sonnendurchfluteter Mischwald; Eichen, Ebereschen, andere Laubbäume und auch ein paar Koniferen. Jetzt im Hochsommer war der Boden knochentrocken und es knisterte bei jedem Schritt.

Stiles hatte sich Kopfhörer mitgebracht, weil die Musik ihm in San Francisco geholfen hatte, den Großstadtlärm auszuschalten, doch hier brauchte er sie nicht, denn hier sangen die Vögel, die Blätter der Bäume raschelten im Wind und das war besser, als jede Musik.

Zufrieden lächelnd setzte Stiles sich in Bewegung.
 

Er war bereits eine Dreiviertelstunde unterwegs, als ihn ein weiteres Mal das Gefühl beschlich nicht allein zu sein. Er blieb schwer atmend stehen und begann sich umzusehen. Es dauerte eine Weile, doch dann entdeckte er tatsächlich etwas und das ließ sein Herz einen Schlag lang aussetzen ließ: Hinter ein paar Bäumen in der Nähe der ausgebrannten Ruine, die einstmals das Haus der Hales, einer der bekanntesten Familie von Beacon Hills gewesen war, saß ein großes, schwarzes Tier auf seinen Hinterläufen und starrte ihn an. Es sah aus, wie ein Wolf; ein Timberwolf vielleicht, weil er so groß war, nur war in ganz Kalifornien bereits seit über neunzig Jahren kein Wolf mehr gesichtet worden.
 

Stiles unterdrückte einen Schrei und auch seinen den ersten Impuls, den er hatte, nämlich den zur Flucht. Sobald er zu rennen begann, würde er in den Augen des Raubtieres wohl zur Beute werden. Er blieb also stehen wo er war, ließ das Tier nicht aus den Augen und sah sich gleichzeitig in seiner Umgebung nach einer Waffe um. Er fand einen kräftigen Ast und hob ihn auf.
 

Der Wolf rührte sich nicht vom Fleck, betrachtete ihn lediglich aufmerksam und legte dabei den Kopf schief.
 

„Gutes Wölfchen! Bleib´ schön da, wo du bist!“ murmelte Stiles und fragte sich, ob er so schwitzte, weil er sich angestrengt hatte, oder weil er Angst hatte.
 

Nun erhob sich das Tier. Stiles nahm eine kampfbereite Haltung ein. Doch dem großen Schwarzen schien gar nicht der Sinn nach einem Frühstück in Turnschuhen zu stehen, sondern eher nach einem Spielkameraden. Wie ein übermütiger Welpe ging er mit den Vorderläufen zunächst tiefer und begann dann fröhlich bellend hin und her zu hopsen.

`Vielleicht hat er Tollwut? Das löst bei Tieren doch ungewöhnliche Verhaltensweisen aus?´ sagte eine ängstliche Stimme in Stiles Innerem.

Dann schüttelte er über sich selbst den Kopf. Viel wahrscheinlicher war, dass dieser Wolf zahm war und irgendwem gehörte, denn normalerweise mieden Wölfe doch die Gesellschaft von Menschen und forderten sie nicht zum Stöckchenwerfen auf.
 

„Hey Kumpel! Du wirst mich doch nicht fressen, oder?“ fragte Stiles nervös.

Selbstverständlich antwortete das Tier ihm nicht. Es gab lediglich ein empört klingendes Schnauben von sich und dann verschwand es mit großen Sprüngen im Unterholz.
 

Stiles atmete erleichtert auf, schlug die entgegengesetzte Richtung ein und rannte, was das Zeug hielt.

Als er zuhause durch die Hintertür in die Küche gestürmt kam, kippte sich sein Dad gerade den letzten Schluck Kaffee in den Rachen und zuckte erschrocken zusammen:

„Himmel Junge! Willst du mich umbringen? Was ist den los?“
 

„Wolf!“ keuchte Stiles: „Wald!“
 

Noah Stilinski schüttelte den Kopf:

„Wir haben hier keine Wölfe? Was du gesehen hast, war mit Sicherheit ein Koyote, oder so?“
 

„Nein, es war ein Wolf!“ beharrte Stiles. Er angelte sich eine kleine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und leerte sie in einem Zug: „Ehrlich! Ich habe es gesehen!“
 

Der Sheriff legte seinen Waffengürtel an und erwiderte:

„Tja, manchmal legen Wölfe auf der Suche nach einem neuen Revier sehr weite Strecken zurück. Vielleicht hat sich ja doch einer von ihnen, oder ein ganzes Rudel nach Beacon County verirrt? Also dann werde ich wohl den Rangern Bescheid sagen müssen, damit die sich darum kümmern, ehe noch Schafe, oder gar Kinder dran glauben müssen?“
 

„Oh...“ machte Stiles verunsichert und wollte wissen: „Und was werden diese Ranger dann unternehmen?“
 

„Na ja, sie werden erst einmal versuchen, das Viech zu finden und einzufangen und wenn nötig, werden sie es auch erschießen.“ gab sein Vater zurück und steckte die Dienstmarke an seine Brust:
 

„Nein, Dad!“ forderte Stiles, den die Begegnung mit dem Raubtier zwar zu Tode geängstigt hatte, der aber deswegen noch lange nicht wollte, dass diese edle Kreatur, die ihm ja eigentlich überhaupt nichts zuleide getan hatte, einfach über den Haufen geschossen wurde: „Tu das nicht, Dad! Vielleicht habe ich mich ja doch getäuscht und es war einfach bloß ein großer Hund, oder so? Er wirkte zahm und ich glaube, er wollte bloß spielen. Vergiss es einfach wieder!“
 

Stilinski Senior runzelte die Stirn. Dann gab er seinem Sohn einen Klaps auf die Schulter und befahl:

„Geh´ erst mal Duschen, Sohn! Du stinkst! Ich muss zur Arbeit. Wir sehen uns heute Abend.“
 

„Ich koche!“ versprach Stiles und blickte seinem Vater hinterher.

Nach dem Duschen nahm er bescheidenes Frühstück zu sich und setzte sich an seinen Schreibtisch, wo er sich derart in seine Arbeit vertiefte, dass der Schreck des Morgens alsbald vergessen war.
 

Gegen drei Uhr rief Scott an und wollte wissen, ob sein bester Freund ihn wohl schon vollkommen vergessen habe, oder warum er es nicht einmal für nötig hielt, kurz anzurufen und zu sagen, dass er wohlbehalten angekommen sei?
 

„Bro! Wie könnte ich dich denn wohl vergessen. Du weißt doch, dass mein Herz allein für dich schlägt. Aber als ich gestern ankam war es schon echt spät und heute wollte ich dich nicht bei der Arbeit stören. Aber weißt du was? Du kommst heute zu Dad und mir zum Abendessen, einverstanden? Ich mache Lasagne.“
 

„Italienisch? Du weißt, dass ich da nicht nein sagen kann!“ entgegnete Scott, schon wieder halbwegs versöhnt und damit war es abgemacht.
 

„Wo ist das Fleisch?“ maulte der Sheriff und stocherte in seinem Stück Lasagne herum:
 

„Er ist vegetarische Lasagne, Dad! Das tut uns allen mal ganz gut!“ behauptete Stiles: „Stichworte: Darmkrebs, Salmonellen, CO2 und Antibiotikabelastung! Vielleicht kostet du erst mal, ehe du meckerst?“
 

Noah Stilinski verzog das Gesicht:

„Du bist in der Großstadt ein ganz schöner Gesundheitsapostel geworden!“ murrte er: „Kochst unschuldiges Gemüse zu Tode, gehst freiwillig joggen... ? Ich erinnere mich noch an deine Schulzeit. Dir war es doch im Grunde ganz recht, dass Finstock dich immer die Bank mit dem Hintern hat wärmen lassen.“ Dann nahm der Sheriff einen Bissen und ein dümmliches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht.
 

„Schmeckt´s?“ fragte Stiles selbstzufrieden, denn noch etwas anderes hatte sich in der Großstadt verändert: Er war ein hervorragender Koch geworden.

Seinen Mann hatte er damit trotzdem nicht halten können. Wie auch, wenn einer sich ausschließlich von gekochtem Hühnchen und Proteinshakes ernährte?
 

„Geht so!“ behauptete der Sheriff, doch der zufriedene Gesichtsausdruck strafte seine Worte Lügen.
 

Scott, belustigt von der kleinen Vater-Sohn-Zankerei, versicherte:

„Das ist echt gut, Stiles. Wenn ich nicht schon verlobt wäre, dann würde ich dir jetzt einen Antrag machen.“
 

„Spiel nicht mit dem Herzen eines unschuldigen Jungen!“ lachte sein Freund und boxte ihn freundschaftlich in den Oberarm.
 

Nach dem Abendessen zogen die drei Männer ins Wohnzimmer vor den Fernseher um, wo sie, ein Bier in der Hand ein Football-Spiel anschauten, doch es war eine ziemlich öde Partie und es dauerte nicht lange, ehe dem Sheriff, der eine anstrengende Arbeitswoche hinter sich hatte, die Augen zufielen.

Den Freunden kam das eigentlich ganz gelegen, gab es ihnen doch noch ein wenig Zeit zu zweit.

Stiles zog seinem Vater also die Schuhe aus, legte seine Beine hoch, deckte ihn zu, knipste den Fernseher aus und er und Scott verließen das Haus.

Obwohl sie kein festes Ziel vor Augen gehabt haben, führte ihr Weg sie dann doch wie ferngesteuert zu ihrer alten Highschool.

Es dämmerte bereits.
 

„Was meinst du? Noch einmal um der alten Zeiten Willen?“ fragte Stiles und zauberte aus der Innentasche seiner Jeansjacke eine Flasche Jack Daniels hervor, die er seinem Vater gemopst hatte.
 

Scott grinste und sie marschierten hinüber zum Lacrosse-Feld, wo sie sich auf der Tribüne niederließen und die Flasche öffneten.
 

Während sich der Pegelstand immer weiter verringerte, berichtete Scott von den Leiden eines Mannes in einer Fernbeziehung über kontinentale Grenzen hinweg, denn seine Verlobte Allison studierte nun bereits im zweiten Semester an der Sorbonne in Paris. Ihr Großvater, der alte Fuchs hatte das ausgeheckt und Scott war sicher, dass das Ganze nur dem einen Zweck diente, das Paar auseinanderzubringen. Natürlich wollte Allison davon nichts wissen. Sie war zu verzaubert von der Möglichkeit, im Land ihrer Ahnen ihrer Herkunft auf den Grund zu gehen.

Was der alte Gerard allerdings nicht mit einkalkuliert hatte war die Tatsache, dass das zwischen Scott und Allison die einzige, die wahre, große Liebe war und dagegen kam einfach niemand an, auch kein böser alter Mann.

Womit Argent Senior wohl auch nicht gerechnet hatte war die Tatsache, das seine Enkelin und ihr Verlobter Skype-Sex zu einer Kunstform und zu einer olympischen Disziplin erheben würden!
 

Anschließend war Stiles an der Reihe, davon zu berichten, wie es zwischen Danny und ihm zu Ende gegangen war. Es flossen ein paar Tränen, Flüche wurden ausgestoßen und wieder widerrufen und irgendwann war alles gesagt und die Flasche geleert.
 

Die Freunde saßen schweigend nebeneinander, blickten hinauf in den Sternenhimmel und genossen es ganz einfach, einander wieder zu haben.
 

Da plötzlich zerriss das sehnsüchtige, traurige Heulen eines einsamen Wolfes die Stille der Nacht.

Don´t know what hit me, but I´ll be allright – Teil 2, Sehnsucht, Fieber und Verzweiflung

Scott hatte Stiles am Ärmel gepackt, hinter sich her, zurück zum Jeep gezogen und sie waren losgesaust, als sei der Teufel hinter ihnen her:

„Verdammt! Was war denn das?“ hatte Scott atemlos gefragt: „Das ist doch gar nicht möglich!“
 

Stiles hatte mit den Achseln gezuckt und sachlich festgestellt:

„Klang wie ein Wolf, oder nicht?“

Doch während sie beide heimwärts flohen, war da plötzlich diese unerklärliche Unruhe in ihm, die ihn im Grunde in die genau entgegengesetzte Richtung zog, hin zu dem Geheul.
 

Als Stiles am kommenden Morgen seinem Vater beim Frühstück gegenüber saß, bemerkte dieser:

„Gott Junge, was ist denn los mit dir? Hast du denn gar nicht geschlafen? Du siehst ja furchtbar aus!“
 

Tatsächlich hatte Stiles eigentlich das Gefühl gehabt, nachdem er Scott zuhause abgesetzt und dann in sein eigenes Bett gesunken war, dass er geschlafen habe, wie ein Bewusstloser. Er hatte wohl geträumt, doch er konnte sich im Grunde an nichts erinnern:

„Weiß nicht, Dad? Vielleicht werde ich ja krank?“
 

Ohne groß darüber nachzudenken, langte der Sheriff über den Tisch und legte seinem Sohn die Hand auf die Stirn:

„Du fühlst dich wirklich ziemlich warm an, Junge!“ stellte er fest: „Bleib heute besser im Bett! Ich bringe dir in der Mitteagspause eine Hühnersuppe mit.“
 

Stiles rührte diese väterliche Geste und er fühlte sich beinahe wieder wie ein Zehnjähriger:

„Aber Dad! Ich werde mich total langweilen! Ich kann doch ein wenig am Schreibtisch arbeiten und wenn ich wirklich zu schlapp bin, dann kann ich mich immer noch hinlegen.“
 

Stilinski Senior schüttelte genervt den Kopf:

„Das ist mein Sohn! Stur wie eh und je! Schon als du klein warst, war es fast unmöglich, dich im Bett zu halten, wenn du krank warst.“
 

Stiles grinste:

„Mach´ dir keine Sorgen, Dad! Mir geht’s gut. Scott und ich waren letzte Nacht noch draußen, haben auf die alten Zeiten angestoßen und sind dabei ein wenig über die Stränge geschlagen.“
 

„Ihr seid doch nicht etwa betrunken Auto gefahren?“ fragte der Sheriff entsetzt.
 

„Öhm!“ machte der ehemalige Kapitän des Beacon-Hills-High-Debattierteams ganz plötzlich wenig wortgewandt:
 

„Verdammt, Stiles! Du weißt, dass ich hier in der Stadt für Recht und Gesetz verantwortlich bin, richtig? Und was dabei alles hätte passieren können! Ich könnte dich umbringen, du Idiot! Und ja, Du WIRST dich nachher ins Bett legen!“ knurrte Noah Stilinski:
 

„Ich bin vierundzwanzig Jahre alt.“ erinnerte ihn Stiles:
 

„Und ich bin dein Vater, also was genau ist dein Punkt?“ bellte der Ältere:
 

„Ich liebe dich, Dad!“ versicherte sein Sohn grinsend:
 

„Ach ja? Und ich hasse dich, du kleiner Blödmann! Du wirst mich noch in ein frühes Grab befördern!“ Noah verwuschelte seiner ungezogenen Brut zärtlich das Haar, stellte dann seine Tasse und seinen Teller in die Spülmaschine und machte sich dann zum Aufbruch bereit:
 

„Ist es für ein FRÜHES Grab in deinem Fall nicht schon ein wenig spät?“ fragte Stiles frech zurück.
 

Sein Vater drehte sich um, blickte ihn wenig belustigt an und zog eine Augenbraue hoch.

Stiles antwortete mit einem sonnigen, arglosen, bezaubernden Grinsen.
 

Als Noah Stilinski weg war gehorchte Stiles tatsächlich ein einziges Mal und legte sich wieder ins Bett, denn er fror mit einem Mal erbärmlich und war vollkommen erschöpft.

Das konnte doch nicht bloß ein Kater sein?

Er machte die Augen zu und war bald darauf eingeschlafen.
 

***
 

Stiles befand sich im Beacon Hills Resevat und es wurde bereits dunkel. Er war an der Stelle, wo sich die Ruine des Hale-Hauses befinden sollte, nur war es keine Ruine, sondern es sah aus, wie in seiner Kindheit; ein wunderschönes, weiß angestrichenes, großes Wohnhaus, mit einem hübschen, gepflegten Garten drumherum, Blumenbeeten und einer sorgfältig gestutzten, mannshohen Hecke; mit einer Schaukel für Kinder, die zwischen zwei Bäumen aufgehängt war, einer Sandkiste und einer selbstgebauten Wippe. Aus den Fenstern des Hauses fiel warmes Kerzenlicht nach draußen.

Es wirkte einladend und freundlich.
 

Es zog Stiles beinahe magisch hin zu diesem Ort hin. Er war aufgeregt und erfüllt von Vorfreude. Er trat durch die unverschlossene Tür ein und strebte direkt auf das Esszimmer zu, wo die ganze Familie bereits an der gedeckten Dinner-Tafel zusammensaß. Als Stiles hinzukam, blickten sie auf, lächelten und winkten ihn heran. Sie hatten ihn bereits erwartet.

Ein wahnsinnig attraktiver, junger Mann schob den Stuhl für ihn vor, damit er sich neben ihn setzte. Stiles nahm das Angebot mit klopfendem Herzen an.

Das war tatsächlich Derek Hale! Er war nur wenige Jahre älter als er selbst. Wie hatte Stiles ihn damals als zwölfjähriger Junge vergöttert! Er war damals bloß ein Bursche an der Grenze zu seiner Pubertät gewesen und Derek hatte in seinen ersten, verwirrenden, feuchten Träumen regelmäßig die Hauptrolle gespielt.

Und nun saß Derek einfach so neben ihm und lächelte ihn an, als sei er das einzig sehenswerte auf der Welt. Da wurde Stiles mit einem Mal klar warum er hier war. Unter dem Tisch griff er nach Dereks Hand und dieser murmelte in sein Ohr:
 

„Da bist du ja endlich, Liebling! Ich hatte schon Angst du kneifst.“
 

Dereks Mutter saß am Kopf der Tafel. Sie musterte Stiles aufmerksam an und ihr Blick ging ihm durch und durch. Er atmete erst auf, als sie freundlich sagte:

„Du bist also dieser Junge, von dem mein Sohn immerzu redet? Willkommen in unserem Haus und in unserer Familie!“
 

Er hatte die Prüfung bestanden.
 

***
 

Stiles schlug die Augen auf und als ihm klar wurde, dass er nur geträumt hatte überkam ihn eine tiefe Traurigkeit. Ihm war so, als sei etwas Wichtiges und Wertvolles ein für alle Male verloren.
 

Er hatte Durst, doch als er aufstehen und in die Küche gehen wollte, stellte er fest dass er vollkommen kraftlos war und seine Glieder ihm schmerzten. Er hatte sich scheinbar tatsächlich eine Grippe eingefangen. Es kostete Stiles mehrere Minuten und drei Anläufe, ehe es ihm endlich gelang aufzustehen, um pinkeln zu gehen und sich anschließend in der Küche einen Tee zu kochen.

Danach fiel er ins Bett wie ein gefällter Baum und fühlte sich, als habe er soebenden New York-Marathon hinter sich gebracht. Er schafft es gerade noch, den ersten Becher Tee zu leeren, als ihm auch schon wieder die Augen zu fielen.
 

***
 

Der Vollmond schien hell durch das Fenster. Sein Licht war silbern, kühl und voller Verheißungen. Es war so einladend und verführerisch, dass Stiles es einfach nicht im Haus aushielt. Er musste da hinaus, musste mit dem Mond laufen, ihm sein Lied singen. Er stieg aus dem Fenster und rannte los. Schnell erreichte er den Wald, wo er sich die Kleider vom Leib riss und auf alle Viere niederging. Kaum hatte er dies getan, spürte er auch schon, wie die Verwandlung einsetzte. Seine Hände und Füße würden zu Pfoten, es spross schwarzes Fell an seinem ganzen Körper, sein gesamtes Skelett und sein Schädel veränderten ihre Form.
 

Er war ein Wolf.
 

Zukunftsängste, kleinliche, egoistische Impulse, der Zwang alles zu planen und im Voraus zu bedenken, das alles fiel schlagartig von ihm ab.

Er war frei!
 

Er hob den Kopf und heulte den Mond an.
 

***
 

„Stiles?“

Stiles wurde geweckt durch die sorgenvolle Stimme seines Vaters: „Bist du in Ordnung, Stiles? Du hast im Schlaf seltsame Töne von dir gegeben und... meine Güte du kochst ja! Lass´ mich deine Temperatur messen!“
 

Ehe Stiles auch nur wach genug war, um seinem Dad zu antworten hatte dieser ihm auch schon ein Thermometer ins Ohr gesteckt und stellte wenig später beunruhigt fest:
 

„Fast neununddreißig! Ich sollte wohl mal einen Arzt kommen lassen. Oder noch besser, ich fahre dich gleich ins Krankenhaus.“
 

„Nein, Dad. So schlimm ist es nicht. Ist doch bloß ´ne Erkältung und ich habe einen Haufen merkwürdiger Träume.“ erwiderte Stiles beschwichtigend: „Wo ist meine Hühnersuppe? Die esse ich jetzt und dann ist es auch bald schon wieder besser.“
 

Noah blickte seinen Nachwuchs zweifelnd an, doch dann half er ihm beim Aufsetzen, stopfte ihm ein paar Kissen in den Rücken, damit er es bequemer hatte und reichte ihm dann den Take-Out-Behälter mit seiner Suppe und einen Löffel.
 

Stiles begann zu essen, kapitulierte jedoch bereits nach der Hälfte der Portion, versprach aber, den Rest zum Abendessen einzunehmen:
 

„Ich rufe jetzt im Revier an und sage denen, dass ich heute nicht mehr reinschaue. Ich werde besser bei dir bleiben!“ verkündete Stilinski Senior, doch Stiles versprach:
 

„Ich komme schon allein klar, ehrlich Dad. Ich brauche einfach nur Schlaf und weiter nichts.“
 

Der Sheriff gab einen unzufriedenen Laut von sich und legte Stiles dann sein Handy auf den Nachttisch:

„Dann ruf´ mich wenigstens an, falls du mich brauchst. In zehn Minuten bin ich dann da.“
 

„Danke Dad.“ erwiderte Stiles mit einem erschöpften Grinsen: „Und nun verschwinde schon. Ich komme klar.“
 

Noah Stilinski strubbelte seinem Sohn noch einmal durch das Haar, versprach spätestens um sechs wieder daheim zu sein und machte sich auf den Weg.
 

Kaum war sein Vater weg, fielen Stiles auch schon wieder die Augen zu.
 

***
 

Die Türen waren verschlossen und die Fenster vergittert. Es gab kein entkommen und Rauch und Flammen waren längst überall. Alle liefen panisch durcheinander, hustend, stolpernd, weil sich nichts sehen konnten, denn der Rauch brannte in den Augen und nahm ihnen die Sicht. Die Flammen kamen näher, züngelten nach allem, was sie verschlingen könnten; Holz, Textilien... Fleisch.

Endlich fand er einen Ausgang. Es gelang ihm, die schwere schmiedeeiserne Tür aufzustoßen. Der neue Sauerstoff, der in den Raum gelang, fütterte die gierigen Flammen aufs Neue und alles wird noch viel, viel schlimmer!

Er brüllte den anderen zu, ihm in die Freiheit zu folgen, suchte nach ihnen, solange er noch die Kraft dazu hatte, doch da ist niemand mehr. Er war der letzte, der einzige. Er hat sie alle verloren. Der Wolf stürzte ins Freie, wo Kugeln und Pfeile ihn bereits begrüßten. Gegen alle Wahrscheinlichkeiten gelang es ihm dennoch am Ende zu entkommen.

Er rannte, rannte, rannte... und blickte sich niemals wieder um.
 

***
 

Stiles erwachte schreiend vor Entsetzen. Sein Gesicht war tränenüberströmt. Trauer und Verzweiflung überwältigten ihn ganz einfach.
 

„Hey Sohn. Shh! Alles wird gut, mein Kleiner. Es war nur ein Traum!“ versprach Noah Stilinski und barg seinen Jungen sicher in seinem Arm.

Don´t know what hit me, but I´ll be allright – Teil 3, Nachempfindung

Das Fieber ließ Stiles tagelang nicht los. Er schlief fast die ganze Zeit, doch selbst wenn er zwischendurch einmal wach war, war er kaum bei klarem Bewusstsein, sondern fantasierte und redete wirr vor sich hin. Wenn er schlief, dann träumte er offensichtlich sehr lebhaft, denn er zappelte, murmelte im Schlaf und manchmal weinte er sogar.

Noah Stilinski bekam es endgültig mit der Angst zu tun und er rief schließlich doch noch ihren Arzt Dr. Geyer an, welcher von nun an einmal täglich nach seinem Sohn sah. Er hatte dem besorgten Vater eine ganze Batterie von Medikamenten dagelassen, welche dieser Stiles mehrmals täglich verabreichte.

Der Sheriff hatte sich frei genommen, etwas dass er sich locker leisten konnte, denn er hatte beinahe drei Monate Resturlaub aus den letzten Jahren angesammelt und die verbrachte er nun eben an der Bettseite seines Sohnes.
 

Nach ihren Feierabenden kamen Melissa und Scott ebenfalls täglich vorbei und verbrachten die Nacht im Haus der Stilinskis, um Noah bei der Pflege seines Patienten zu unterstützen und um dafür zu sorgen, dass der Sheriff etwas aß und wenigstens ein bisschen Schlaf bekam:
 

„Es ist seltsam?“ stellte Melissa heute beim Abendessen fest: „Warum hat Stiles bloß dieses hohe Fieber? Ihm scheint doch weiter nichts zu fehlen? Er hat jedenfalls weder eine Bronchitis oder Lungenentzündung. Und das Antibiotikum, das Dr. Geyer ihm verschrieben hat, sollte wirklich langsam mal anschlagen. Das gefällt mir gar nicht!“
 

Die Sorgenfalten auf Noah Stilinskis Stirn vertieften sich noch ein wenig.
 

Erst am Morgen des siebten Tages schien sich Stiles Zustand endlich ein wenig zu bessern. Die Temperatur sank und war nun nur noch ein wenig erhöht. Der Kranke hatte endlich auch wieder Appetit und er verlangte nach einem Stapel Pancakes mit Ahornsirup und Blaubeeren zum Frühstück. Nichts tat der erleichterte Vater lieber, als seinem Sohn diesen Wunsch zu erfüllen.

Stiles blieb zum Essen im Bett, sein Dad schob ihm den Fernseher herein und machte ihm Cartoons an. Nun gesellte sich auch noch Scott dazu, welcher sich mit seinem Teller direkt neben seinen besten Freund hockte und schon war es wieder wie früher, als die beiden Freunde noch kleine Jungen waren, am Morgen nach einer Pyjamaparty.
 

Zumindest bis die Pflicht rief und Scott entschuldigend erklärte:
 

„Sorry Bro, ich muss zur Arbeit. Deaton ist für ein paar Tage verreist und ich muss heute Morgen die Klinik öffnen.“

Sie umarmten sich noch einmal und dann machte der angehende Tierarzt sich auf den Weg.
 

Nachdem Stiles sechs Tage mehr oder weniger verschlafen hatte, hielt ihn heute nichts mehr im Bett. Als erstes ging er nun einmal zum Duschen, weil er sich selbst ehrlicherweise eingestehen musste, dass er roch wie ein Rudel Pumas. Als sein Vater ihn anschließend an seinem Schreibtisch erwischte schimpfte er:
 

„Sag´ mal, bist du größenwahnsinnig? Du bist knapp dem Tod entronnen und nun willst du hier schon wieder den braven Studenten spielen? Ab ins Bett mit dir, aber ganz schnell!“
 

„Aber Da-ad!“ maulte Stiles langgezogen: „Ich bin doch kein Kind mehr!“
 

„Dann benimm´ dich auch nicht so und sei vernünftig.“ erwiderte sein Vater streng:
 

„Ich kann aber nicht mehr liegen!“ jammerte Stiles: „Mein Rücken tut mir weh! Ich mache auch nicht lange, versprochen! Sobald ich müde werde, höre ich sofort auf.“
 

„Also gut. Aber ich habe dich im Auge, Sohn!“ knurrte sein Vater und ließ Stiles schließlich gewähren.
 

Wie sich bald zeigen sollte, fehlte Stiles am Schreibtisch dann aber doch die Disziplin, um konzentriert arbeiten zu können. Wenn er versuchte, in seinen Fachbüchern etwas nachzulesen, dann schweiften seine Gedanken immer wieder ab. Die Buchstaben tanzten vor seinen Augen und es war ihm unmöglich, den Sinn der Worte zu erfassen, also gab er es nach einer halben Stunde wieder auf und er versuchte es mit ein wenig Fernsehen. Er zappte durch die Kanäle, blieb hier und da kurz irgendwo hängen, nur um dann doch gelangweilt weiter zu schalten. Seine Aufmerksamkeitsspanne reichte momentan nicht einmal aus, um einer flachen Sit-Com zu folgen und irgendwie zog es ihn ohnehin eher nach draußen. Die Sonne schien warm durch sein Fenster und Stiles hatte das dringende Bedürfnis nach frischer Luft, also schlich er sich hinüber zu seinem Vater, welcher in der Küche gerade dabei war, die Spuren des Pfannkuchenbackens zu beseitigen und fragte kleinlaut:
 

„Ist es okay, wenn ich einen kleinen Spaziergang mache, Daddy?“
 

Sein Vater kniff skeptisch die Augen zusammen:

„Mal sehen?“ erwiderte er mit diesem strengen, väterlichen Unterton in der Stimme. Er hatte blitzschnell das Fieberthermometer zur Hand, um es seinem unvernünftigen Sohn ins Ohr zu stecken:

„Siebenunddreißig-Fünf. Wesentlich besser als in den letzten Tagen, aber immer noch erhöht. Also gut, aber geh´ nicht zu weit! Und nimm dein Handy mit!“ entschied Noah Stilinski gnädig: „Oder soll ich dich vielleicht doch lieber begleiten?“
 

„Das musst du nicht, Dad. Ich komme klar, ehrlich!“ versprach Stiles: „Ruh´ dich lieber ein bisschen aus. Ich weiß, die letzten Tage waren anstrengend für dich, weil du mich pflegen musstest.“
 

„Ach was! Es war nicht anstrengend.“ erwiderte sein Vater und machte eine wegwerfende Handbewegung: „Und schließlich bin ich Kummer gewohnt. Immerhin habe ich DICH großgezogen.“
 

Stiles schenkte seinem Vater ein kleines Grinsen und dann tat er etwas, was er seit einer Ewigkeit nicht mehr gemacht hatte: Er drückte ihm einen Kuss auf die Wange:

„Hab dich lieb, Dad!“ versicherte er. Dann schnappte er sich sein Handy und seine Jacke und machte sich auf den Weg.
 

Eigentlich hatte Stiles vorgehabt auf seinen Vater zu hören und in der Nähe zu bleiben, doch wie fernsteuert führte sein Weg ihn nun in das Naturschutzgebiet.
 

Als irgendwann die Ruine des Hale-Hauses in seinem Blickfeld auftauchte, erinnerte er sich daran, wie er beim letzten Mal den Wolf hier angetroffen hatte und heimlich wünschte er sich, er möge erneut auftauchen, denn aus irgendeinem Grund hatte Stiles nun keine Angst mehr vor ihm. Im Gegenteil, er verspürte eine große Sehnsucht danach, ihm nahe zu sein, mit ihm zu spielen, zu toben und das dichte, schwarze Fell zu berühren.

Doch heute war von dem Tier weit und breit nichts zu sehen. Stiles war enttäuscht.
 

Er nahm nun die Überreste des Hauses ins Visier und dachte an jenen Traum, in welchem er hier zu Gast gewesen war.

Es war doch wirklich eigenartig? Er hatte dieses Haus vor dem Brand niemals betreten und auch die Personen, die hier gelebt hatten, hatte er nicht wirklich gekannt. Die jüngste Tochter Cora war zwar mit ihm in die Schule gegangen, jedoch nicht in dieselbe Klasse. Sie hatte damals auch nie mit ihm spielen wollen, wie überhaupt die ganze Familie immer eher für sich geblieben ist. Manchmal war Cora von ihrem großen Bruder Derek von der Schule abgeholt worden und der kleine Stiles hatte dem hübschen älteren Jungen von Weitem schwärmerische Blicke zugeworfen. Später dann, als er etwas älter war, hatte Stiles regelmäßig bei jenen Basketballspielen in den Zuschauerrängen gesessen, bei denen Derek Hale auf dem Spielfeld gestanden hatte, dabei interessierte er sich im Grunde überhaupt nicht für dieses Spiel. Oder überhaupt für Sport.
 

Das alles war schon so wahnsinnig lange her, also warum hatte Stiles von diesen, im Grunde fremden Menschen geträumt?

Und warum war er jetzt hierher gekommen?

Das machte doch überhaupt keinen Sinn?
 

Stiles war rational natürlich vollkommen klar, dass die Ruine mit Sicherheit einsturzgefährdet war, dennoch musste er in dieses Haus hinein! Er musste es einfach sehen!
 

Das Holz unter seinen Füßen knarrte, als er auf die Tür zutrat, von welcher die rote Farbe bereits beinahe vollständig abgeblättert war. Er drückte die Klinke herunter und erwartete im Grunde nicht, dass sie sich öffnen lassen wurde, doch zu seiner Überraschung schwang sie mühelos auf, also trat er vorsichtig ein.

Hier drinnen roch es nach modrigem Holz, doch man nahm zugleich immer noch einen leichten Brandgeruch wahr.

Stiles blickte sich um und er musste schlucken: Das war doch überhaupt nicht möglich? Abgesehen von der Verwüstung, welche das Feuer angerichtet hatte, sah es hier drinnen genauso aus wie in seinem Traum! Das Esszimmer, in welchem er empfangen worden war, war genau dort, wo es sich auch in seinem Traum befunden hatte und da war auch die gleiche lange Tafel, dieselben Stühle und Einrichtung, oder zumindest, was davon übriggeblieben war. Wie hatte er das wissen können?

Fieberhaft dachte Stiles über eine Erklärung dafür nach, warum er sich im Schlaf an einen Ort erinnern konnte, den er in der Realität noch nie betreten hatte?
 

„C.G.Jung!“ sagte er zu sich selbst: „Die Theorie des Kollektiven Unbewussten. Im Traum habe ich Zugang zu einer Realität erhalten, die ich gar nicht persönlich erlebt haben muss. Ist doch vollkommen logisch!“

Zumindest in Stiles fiebrigem Kopf klang das irgendwie einleuchtend und es beruhigte ihn ein wenig. Wenn Stiles gerade fähig gewesen wäre, noch einmal vollkommen rational darüber nachzudenken, dann hätte diese unsinnige Theorie seinen Überlegungen natürlich niemals standhalten können.
 

Stiles schaute sich weiter um. Der vordere Teil des Hauses war noch relativ unbeschädigt, während nach hinten hin teilweise nur noch Rudimente der Fassade stehen geblieben und sämtliches Mobiliar unter den Trümmern des Daches und der Wände begraben waren.
 

Stiles entdeckte die Treppe zum Keller und ohne groß darüber nachzudenken, wie gefährlich das möglicherweise war, stieg er die knarzenden Stiegen hinab in die Dunkelheit. Er erschrak beinahe zu Tode und stieß einen kleinen Schrei aus, als plötzlich ein paar aufgescheuchte Fledermäuse an ihm vorbei nach oben flatterten und er zückte sein Handy, um es als Taschenlampe verwenden zu können.

Der Weg in den Kellerraum führte durch eine massive Stahltür, welche halboffen stand. Irgendwer hatte sie offenbar mit sie mit sehr viel Gewalt vor langer Zeit aufgebrochen.

Stiles trat ein und im selben Moment wurde er nahezu überrannt von Eindrücken.

Hier waren sie gestorben!

Er hatte keine Ahnung, wie er das wissen konnte, doch es gab für ihn daran nicht den geringsten Zweifel. Es war, als hätten sich die Panik, das Geschrei, der Schmerz und der Todeskampf für immer als emotionales Echo in diese Mauer eingebrannt. Die Mörder mussten die Familie hier eingeschlossen haben, ehe sie das Feuer gelegt hatten. Keiner von ihnen hatte auch nur die Spur einer Chance zu entkommen, weder durch die Tür, noch durch die, mit dicken, eingemauerten Stahlstangen vergitterten Fenster.

Es war einfach teuflisch!

Erst als man kam um ihre Leichname zu bergen, hatte man die Stahltür aufgebrochen. Da war das Feuer bereits seit Tagen erloschen gewesen.
 

Stiles sah all dies in lebhaften Bildern vor seinem inneren Auge, als sei es eine eigene Erinnerung: Er spürte die Hitze, den beißenden Rausch, den Mangel an Sauerstoff, die Verzweiflung und die Todesangst, als würde es jetzt gerade geschehen.

Als würde es IHM geschehen.

Tränen rannen über sein Gesicht. Er ertrug es einfach nicht mehr und musste hier RAUS!
 

Als er wieder an der Stahltür anlangte, erkannte er etwas, was eigentlich gar nicht dort sein dürfte. Dort waren Spuren, wie von Fingernägeln, die versucht hatten, sich den Weg ins Freie zu kratzen, nur war das vollkommen unmöglich, denn menschliche Nägel würden nicht einmal oberflächliche Kratzer auf Stahl hinterlassen, doch hier waren tiefe Spuren zu sehen.

Und dann fiel Stiles noch etwas auf: Auch an der Außenseite der Tür gab ein diese Spuren?

Jemand von der Familie war nicht mit den anderen eingesperrt gewesen und hatte verzweifelt versucht, sie zu befreien und zu retten.
 

Er hatte es nicht geschafft.
 

Beinahe zärtlich strich Stiles über die Kratzer.
 

Nachdem Stiles das Haus verlassen hatte und wieder an der frischen Luft und im hellen Sonnenschein stand, spürte er plötzlich eine enorme Erschöpfung. Sein Fieber musste wieder gestiegen sein. Er machte sich auf wackligen Beinen auf den Weg zurück nachhause, doch bereits nach einem halben Kilometer musste er sich eingestehen, dass er es nicht schaffen würde, also rief er seinen Dad an, damit dieser ihn mit dem Wagen abholen würde:
 

„Was hast du dir nur dabei gedacht, so weit wegzugehen? Und wie siehst du überhaupt aus, Junge? Du bist ja ganz dreckig? Ist das Ruß?“
 

„Tut mir leid, Dad. Ich war wohl in Gedanken und bin weiter gelaufen, als mir bewusst gewesen ist.“ murmelte Stiles, schloss erschöpft die Augen und ließ die Fragen zu seinem Äußeren unbeantwortet.
 

Noah Stilinski gab ein genervtes Brummen von sich, doch er insistierte nicht weiter, angesichts des desolaten Zustandes seiner ungezogenen Brut.
 

Wieder Zuhause wurde Stiles wieder in seinen Pyjama und mit diesem dann auch ins Bett gesteckt. Er bekam eine Aspirin, einen Becher widerlichen, bitteren Tee und eine Wärmflasche verabreicht und schlief daraufhin bis zum nächsten Morgen durch.
 

Er hatte ein weiteres Mal viel und lebhaft geträumt, doch er erinnerte sich beim Erwachen nicht mehr an die Einzelheiten, lediglich daran, dass es wieder einmal um die Hale-Familie gegangen war.
 

Nach den vielen Stunden Schlaf fühlte Stiles sich bereits wieder wesentlich besser; erholt und gesund. Er nahm das Thermometer vom Nachttisch und stellte erleichtert fest, dass seine Temperatur wieder im Normalbereich lag.

Sein Vater traute dem Frieden natürlich noch nicht und verlangte, dass Stiles sich einen weiteren Tag schonte. Erst danach war es dem Sohn allmählich wieder erlaubt, zu tun und zu lassen, was er wollte.
 

Und was Stiles wirklich wollte, waren Antworten!

Don´t know what hit me, but I´ll be allright – Teil 4 Im süßen Mondenschein

In den nächsten Tagen wirkte Stiles auf seinen Vater wie der vorbildliche Musterstudent; vertieft in seinen Computer, lesend, schreibend, oder immer gerade auf dem Weg von, oder zur Bibliothek. Derart hochkonzentriert kannte Noah Stilinski seinen Sohn überhaupt nicht. Als dieser nämlich noch ein Schüler gewesenen war, da waren ihm scheinbar stets tausend Gedanken gleichzeitig durch den Kopf geschossen, war er stets unzähligen Impulsen zur selben Zeit unterworfen gewesen, war er allzeit rastlos, unstet und nervös gewesen. Da hatte auch all das Adderall, welches Stiles gegen sein ADHS bekommen hatte nicht vollständig Abhilfe schaffen können. Der Sheriff war mit diesem Wandel, der sich bei seinem Jungen im Erwachsenenalter scheinbar vollzogen hatte hochzufrieden.
 

Was er natürlich nicht ahnen konnte war die Tatsache, dass die Dinge mit denen Stiles sich gegenwärtig beschäftigte überhaupt nichts mit seinem Studienfach Kriminalistik zu tun hatten; nein seine Studien konzentrierten auf vollkommen andere Themen.
 

Stiles wusste im Grunde selbst nicht genau, wonach er eigentlich suchte. Er wollte einfach nur verstehen, was in letzter Zeit mit ihm vorging. Er traute sich nicht, seinem Vater oder Scott von seinen Träumen zu berichten und von den starken Gefühlen, die sie in ihm auslösten. Ihm war durchaus bewusst, dass seine Fixierung auf die Hales, einer Familie, die bereits seit einer Ewigkeit tot war, beinahe schon wahnhafte Züge aufwies, doch das änderte nichts daran, dass es ihn einfach nicht losließ und so studierte er deren Geschichte. Stiles war es einmal sogar gelungen, Einblick in die Polizeiakte zu deren Tod einzusehen, indem er Deputy Parrish austrickste. Er marschierte einfach ins Revier, behauptete er würde auf seinen Vater warten, obwohl er genau wusste, dass dieser erst in einer halben Stunde eintreffen würde und setzte sich zum Warten in das Büro des Sheriffs. Das Computerpasswort seines Vaters kannte Stiles selbstverständlich, weil dieser es nie änderte und überall dasselbe verwendete und so hatte der Sohn hier leichtes Spiel.
 

Doch das Leben und Sterben der Familie Hale war nicht das einzige Thema, welches Stiles beschäftigte. Er forschte ebenso zu Traumdeutung, Psychologie, Parapsychologie und auch zur Lebensweise von Wölfen.

Nicht einmal sich selbst konnte Stiles rational erklären, warum er sich mit diesen Dingen, die scheinbar nur inhaltlich überhaupt nichts miteinander zu tun hatten, so intensiv befasste. Mit wissenschaftlichem Arbeiten, wie er es im Studium gelernt hatte, hatte das jedenfalls überhaupt nichts zu tun, sondern vielmehr mit einer Art Besessenheit.

Und wie jeder Besessene dachte Stiles nicht über sein Handeln nach, er handelte einfach und vernachlässigte dabei sogar seinen besten Freund Scott. Dieser musste regelrecht darum Betteln, dass sie ein wenig Zeit miteinander verbrachten. Und wenn sie dann zusammen waren, dann schien Stiles überhaupt nicht bei der Sache, sondern mit seinen Gedanken vollständig woanders zu sein. Nicht einmal Scotts Protest, dass Stiles ein echt mieser Freund sei, der nach der langen Zeit, die sie aufgrund des Studiums getrennt gewesen waren ja wenigstens mal so tun könnte, als würde er gern Zeit mit ihm verbringen, vermochte es vollkommen zu Stiles durchzudringen und eine Verhaltensänderung bei ihm zu bewirken. Er hatte dazu lediglich eine mehr als halbherzige Rechtfertigung vorgebracht und einen giftigen Blick Scotts dafür geerntet.
 

Zuhause bei seinem Dad verhielt Stiles sich ähnlich gleichgültig. Er kam im Grunde nur zum Essen hervor und auch das im Grunde bloß widerwillig, denn großen Appetit hatte er seit Tagen nicht mehr gehabt. Und kaum war sein Teller dann leer, verschwand er auch schon wieder in seinem Zimmer, um weiterzuarbeiten. Noah Stilinski realisierte es mit einiger Besorgnis, sagte jedoch nichts, sondern schob es darauf, dass Stiles eben viel zu tun hatte.
 

Stiles schlief nicht besonders gut. Der zunehmende Mond schien von Nacht zu Nacht greller zu werden und Stiles erahnte ihn auch noch hinter der Jalousie und den zugezogenen Vorhängen. Es war beinahe so, als würde er ihn rufen.

Und in mancher Nacht folgte er dem Ruf, stellte sich in Hausschlappen und Pyjama in den nächtlichen Vorgarten und starrte auf den vornehm-silbrigen, kühlen Erdtrabanten, als hätte er nie etwas Schöneres gesehen.
 

Und dann kam die Nacht des Vollmondes. Stiles hatte seinem Vater früh Gute Nacht gesagt und sich in seinem Zimmer verkrochen, denn er konnte gerade niemanden um sich ertragen. Da war dieses Summen in seinem Kopf, als würde sich darin ein ganzer zorniger Bienenstaat austoben. Stiles war so unruhig, dass er meinte, er müsse die Wände hochgehen. Er fühlte sich getrieben von etwas, dass sich wie Sehnsucht anfühlte; das intensivste Sehnen, welches er je verspürt hatte.

Nur dass er absolut nicht hätte sagen können wonach er sich eigentlich derart verzehrte?

Stiles wusste nur eines mit Gewissheit: Etwas Großes stand bevor; etwas das alles verändern würde. Etwas das IHN verändern würde.

Woher er das wusste?

Er hatte keine Ahnung, dennoch hatte daran nicht den geringsten Zweifel.
 

Stiles tigerte in Zimmer auf und ab, setzte sich mal auf´s Bett, mal auf seinen Schreibtischstuhl, sprang aber jedes Mal sofort wieder auf, lief wieder unstet herum, oder starrte aus dem Fenster, hinaus in die Dunkelheit.
 

Irgendwann wurde es ruhig im Haus. Sein Vater hatte sich in sein Schlafzimmer zurückgezogen. Für Stiles selbst war an Schlaf jedoch nicht zu denken. Durch sein Fenster starrte er hinauf in den riesigen, weißen Vollmond. Es war eine sternenklare Nacht. Kein Wölkchen nahm ihm die Sicht.

Dann entdeckte Stiles etwas anderes. Draußen zwischen den Büschen hatte sich etwas verborgen. Die Zweige bewegten sich.

Und was war das denn da? Es sah aus wie ein Paar rotglühender Augen? Nur gab es so etwas in der Natur ja überhaupt nicht! Manchmal reflektierten die Augen nächtlicher Raubtiere das wenige Licht der Umgebung, wie etwa bei Katzen, Füchsen oder Wölfen, doch erschienen diese Augen dann eher silbrig oder golden, doch mit Sicherheit nicht leuchtend-rot. Stiles musste sich also geirrt haben.

Doch seine Neugier war geweckt. Er zog sich Turnschuhe und seine Jacke über und stahl sich leise aus dem Haus.
 

Das Wesen, das Tier, was immer es auch war, hatte scheinbar auf Stiles gewartet, doch nun, da er draußen war, lief es davon und Stiles hinter ihm her. Aber so sehr er sich auch bemühte, mehr als einen vagen Schemen konnte er von der Kreatur einfach nicht erkennen. Sie war zu wendig, zu geschickt und zu scheu.

Und sie war schnell!

Sie hätte Stiles mühelos entkommen können, doch scheinbar wollte sie das gar nicht? Es war wie ein Fangen-Spiel: Immer wenn er zu sehr abgehängt war, dann schien sie irgendwo auf ihn zu warten und setzte sich erst wieder in Bewegung, wenn Stiles aufgeholt hatte. Dann jedoch entfernte sie sich sofort wieder und Stiles blieb nichts weiter übrig, als atemlos hinterher zu stolpern.
 

Er achtete dabei nicht auf den Weg, rannte bloß und ehe er sich´s versah, befand er sich außerhalb der Stadt, irgendwo tief inmitten des Naturschutzgebiets. Stiles erinnerte sich an jene Schilder, welche überall rund um dieses Gelände aufgestellt worden waren und welche besagten, dass es verboten war, das Beacon Hills Reservat nach Anbruch der Dunkelheit zu betreten.
 

Und noch etwas anderes wurde Stiles klar. Er hatte sich verlaufen! Niemals würde es ihm gelingen, im Dunkeln aus eigener Kraft wieder aus diesem Wald herauszufinden. Er hatte nichts, woran er sich orientieren konnte. Er war verloren und hier draußen gab es ein fremdes Tier, welches ihn hierher gelockt hatte und ebenfalls eine Menge weitere Raubtiere, wie etwa Bären und Koyoten, die sich über ein wenig Abwechslung auf der Speisekarte höchstwahrscheinlich freuen würden.
 

Erstmals bekam Stiles es mit der Angst zu tun. Was tat er denn bloß hier? War er etwa vollkommen verrückt geworden? Er hatte hier doch absolut nichts verloren, sondern sollte eigentlich warm und sicher zuhause in seinem Bettchen liegen!

Die Panik verursachte einen metallischen Geschmack in seinem Mund. Einen Moment lang stand er ganz still da und lauschte auf die Geräusche der Nacht. Da war sein eigenes rasendes Herz, der Wind in den Wipfeln, ein gelegentliches Knacken im Geäst, ein Käuzchen, welches in unregelmäßigen Abständen rief und außerdem... das Geräusch von Pfoten, welches sich ihm leise von hinten näherten!
 

Stiles schnellte herum und da sah er es, jenes Wesen, welches ihn hierher gelockt hatte. Seine Augen funkelten rot und im Mondlicht erkannte Stiles gewaltige, messerscharfe, weiße Fänge. Nun war es klar: Er würde hier sterben! Der große schwarze Wolf würde ihn stellen und dann würde er ihn zerfetzen und ganz einfach auffressen!
 

Obgleich Stiles wusste, dass es hoffnungslos war, rannte er los, schlug Haken wie ein Hase, sprang über umgestürzte Bäume und herumliegendes Geäst.

Der Wolf war ihm auf den Fersen und er kam immer näher. Es war nur noch eine Frage von Minuten, ehe er ihn eingeholt haben würde.

Und da spürte Stiles es auch bereits: Die Vorderpfoten des Tieres, welches sich im Sprung auf ihn gestürzt hatte, erwischten ihn im Rücken und brachten ihn zu Fall. Es war zu spät. Stiles blieb nichts anderes, als sich in sein Schicksal zu fügen. Er machte sich auf Schmerzen gefasst und schloss fest die Augen, um wenigstens nicht sehen zu müssen, was nun mit ihm geschah.
 

Hoffentlich würde genug von ihm übrig bleiben für eine Obduktion, schoss es ihm durch den Kopf, damit Scott und sein Dad wenigstens erfahren würden, was mit ihm geschehen war, denn eine jahrelange Suche, vergebliche Hoffnung und eine endlose Unsicherheit sollten sie nicht ertragen müssen. So etwas machte die Menschen bloß fertig. Stiles wünschte nur, er wäre in den letzten Tagen netter zu ihnen gewesen, damit er ihnen so in Erinnerung blieb und nicht wie ein gleichgültiger Arsch!

Er wünschte, er hätte ihnen noch einmal gesagt, wie sehr er sie liebte.
 

Und da spürte er auch schon die Zähne des Raubtieres. Sie bohrten sich in seine Hüfte und Stiles begann zu weinen.
 

Doch was war das? Ein einziger Biss und dieser war nicht einmal besonders schmerzhaft gewesen. Stiles öffnete vorsichtig die Augen und blickte in das Gesicht des Wolfes über sich, welcher irgendwie so aussah, als würde er lächeln:
 

„Bitte tu mir nichts!“ flehte Stiles heiser.
 

Leider schien das Tier ihn nicht zu verstehen, oder es war ihm ganz einfach egal, denn nun wendete es sich wieder Stiles Hüfte zu, an welcher es ja bereits zu knabbern begonnen hatte.

Stiles war starr vor Angst.

Doch zu seinem Erstaunen stellte er fest, dass er dieses Mal nicht die Zähne des Wolfes zu spüren bekam, sondern dessen Zunge, die entschuldigend und beinahe zärtlich über die Wunde zu streichen begann. Und im selben Moment verschwand auch der Schmerz, welchen Stiles zuvor noch verspürt hatte.
 

Ausgezeichnet! Er würde nun vermutlich an einer Blutvergiftung sterben, dachte er bei sich, aber immerhin tat ihm gerade nichts mehr weh.
 

„Danke!“ sagte Stiles aus irgendeinem Grund und streckte behutsam die Hand nach dem Fell des Tieres aus. Es war viel weicher, als Stiles es sich vorgestellt hatte und so vergrub er seine Finger darin und begann den Wolf zu kraulen, welcher diese Behandlung scheinbar sehr zu genießen schien. Er streckte sich lang aus und machte es sich dann halb auf, halb neben Stiles so richtig gemütlich. Seine Schnauze platzierte er in dessen Halsbeuge.
 

Stiles staunte, wie unglaublich warm der Körper des Tieres war. Seine Angst verschwand augenblicklich und er wurde vollkommen ruhig. Seine Arme schlossen sich um den Leib des Wolfs und er verbarg sein Gesicht in dessen Fell.

Nein, ihm würde hier nichts Böses widerfahren.

Im Gegenteil, er fühlte sich so sicher und geborgen, wie in Jahren nicht mehr. Er fühlte sich mit einem Mal, als sei er endlich angekommen. Eine lebenslange Suche war vorüber, er war am Ziel angekommen und alles war gut.

Was Stiles in diesem Augenblick empfand mochte vollkommen irrational sein, sogar verrückt, dennoch war es real.

Er schloss die Augen und er selbst recht wusste wie ihm geschah, war er eingeschlafen.
 

Als Stiles am kommenden Morgen wieder erwachte spürte er noch vor dem Öffnen seiner Augen, dass etwas anders war, er brauchte lediglich eine Weile, um herauszufinden, was es war?
 

Er war es! Er hatte sich verändert!
 

Als er die Augen aufschlug, war er nicht überrascht, in seinen Armen anstelle des Wolfs von vergangener Nacht einen Mann vorzufinden. Und Stiles wusste sogar, wer dieser Mann war, auch wenn er vollkommen verändert aussah, im Vergleich zu ihrer letzten Begegnung vor vielen Jahren, als sie beide noch zur Schule gegangen waren:

„Derek.“ sagte er wie selbstverständlich: „Ich weiß, was du bist und ich weiß auch, was du mit mir getan hast.“
 

Der andere Mann löste sich nicht aus Stiles Umarmung.

Er sagte auch nichts, sondern hob bloß den Kopf, um Stiles besser anschauen zu können.
 

Stiles wusste, warum Derek Hale nicht mit ihm sprach. Er hatte schlicht und einfach vergessen, wie das ging!

Stiles betrachtete ihn. Sein Haar und sein Bart waren lang und zerzaust und er war nackt.
 

„Ich bin nun so wie du, nicht wahr? Ich bin ein Wolf. Und ich gehöre nun dir. Du musst sehr einsam gewesen sein.“ stellte Stiles mitfühlend fest und strich dem anderen Mann eine verfilzte Strähne aus dem schönen Gesicht.
 

Derek nickte lediglich.
 

„Es ist unglaublich!“ erklärte Stiles: „Ich höre, sehe, rieche und spüre so unwahrscheinlich viel. Ich höre die Würmer unter der Erde, den Herzschlag des Eichhörnchens dort oben im Baum. Ich weiß sogar, dass es schwanger ist! Wird es nun immer so sein?“
 

Ein weiteres Nicken des anderen Mannes.
 

Stiles musste ein wenig lachen:

„Viel gesprochen hast du ja früher schon nicht, aber das hier schlägt alles!“
 

„Stiles.“ brachte Derek mühsam mit krächzender Stimme hervor.
 

„Ist in Ordnung, Großer. Das wird schon.“ versicherte Stiles sanft und berührte zart die bärtigen Wangen seines Gegenübers. Er holte tief Luft und fragte schweren Herzens: „Erinnerst du dich eigentlich an irgendetwas? An das Feuer? An das, was mit deiner Familie passiert ist?“
 

Der Schmerz, der nun in den großen grünen Augen zu erkennen war, war beinahe mehr, als Stiles ertragen konnte.

Derek brachte es erneut zu nicht mehr als zu einem Kopfnicken.
 

„Es tut mir so leid!“ versicherte Stiles leise: „Hast du mir all´ diese Träume geschickt? Weil du wolltest dass ich weiß, was dir passiert ist?“
 

„Ja.“ antwortete Derek.
 

„Und du und ich... was sind wir nun! Sind wir Freunde? Sind wir Brüder? Muss ich dir nun dienen?“ fragte Stiles vorsichtig:
 

„Gefährten!“
 

Dereks Antwort fiel knapp aus, doch Stiles verstand. Und er war erleichtert, denn es war das, was er sich erhofft, aber nicht zu fragen gewagt hatte:
 

„Und kommst du nun mit mir nachhause?“
 

Derek antwortete wiederum mit einem Nicken und sie machten sich auf den Weg in Richtung Stadt.

Diese Situation war merkwürdig, wenn man sie einmal objektiv betrachtete, doch seltsamerweise fühlte sie sich ganz natürlich und organisch an.
 

Stiles war dennoch bewusst, dass er nicht einfach so mit einem nackten, verwildert aussehenden Mann durch die Straßen von Beacon Hills spazieren konnte. Er zog Derek für´s Erste seine Jacke über und als die ersten Häuser am Stadtrand in Sicht kamen, forderte er:

„Warte hier auf mich, ja?“
 

„Stiles!“ erwiderte Derek unzufrieden und ein wenig furchtsam:
 

„Alles ist in Ordnung, Großer. Ich bin sofort wieder bei dir.“ versicherte Stiles.

Und einem Impuls folgend zog er Dereks Kopf zu sich heran und küsste ihn.

Sofort spürte er, wie sein Gefährte unter der Berührung vollkommen ruhig wurde. Dereks Lippen, sein gesamter Körper schmolzen Stiles voller Vertrauen regelrecht entgegen.
 

Noch nie in Stiles Leben hatte sich ein Kuss so gut und so richtig angefühlt:

„Bis gleich!“ flüsterte er, als ihre Lippen sich wieder voneinander lösten.

Er sprintete los in Richtung der Beute, auf welche er es abgesehen hatte. Er sprang über einen Holzzaun auf ein fremdes Grundstück, hinüber zur Wäscheleine, wo er sich eine Jogginghose schnappte, welche dort in der Sonne zum Trocknen hing und blitzschnell war er wieder verschwunden.
 

Immer noch barfuß und zerzaust, aber immerhin zur Genüge bekleidet folgte Derek Stiles nun zu dessen Elternhaus. Zum Glück war es noch früh am Tag, weswegen die beiden Männer unterwegs nur wenigen Leuten begegneten.
 

Zuhause steckte Stiles den Schlüssel ins Schloss, doch kam er nicht mehr dazu, ihn herumzudrehen, da die Tür vorher von innen aufgerissen wurde:
 

„Kommst du auch schon nachhause, du Halunke? Weißt du, welche Sorgen ich mir gemacht habe, als ich letzte Nacht festgestellt habe, dass du nicht da bist? Ich war kurz davor, meine Leute nach dir suchen zu lassen!“ bellte Noah Stilinski entrüstet.

Dann erst registrierte er den seltsamen Mann im Gefolge seines Sohnes:

„Wer zum Teufel...?“ setzte er an.
 

Stiles seufzte.

Dies hier würde nicht leicht werden, wurde ihm klar. Er würde seinem Vater die Wahrheit am besten teelöffelweise verabreichen müssen.

Und diese Werwolfsache würde er ihm ganz zum Schluss erklären.

Oder vielleicht auch gar nicht? Man musste sehen, wie es lief?
 

„Dad. Das hier ist Derek Hale. Er hat das Feuer vor vielen Jahren überlebt und hat seit damals scheinbar in den Wäldern gelebt. Wir müssen sehr behutsam mit ihm umgehen. Er ist traumatisiert und hat viel durchgemacht.“
 

Dem Sheriff klappte der Kiefer herunter.



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  Hatschepueh
2018-11-13T11:03:01+00:00 13.11.2018 12:03
Also nicht Sheriff Stilinski sondern Peter. Okay. Wenigstens hat er bei dem keine Zeit selber wirklich nervös zu werden da er viel zu genervt von Peter sein sollte. Derek im weißen Smoking? Nice.
Antwort von:  GingerSnaps
13.11.2018 21:37
Jupp! Derek ist "Die Braut", die große, breitschultrige, bärtige Braut! :-DD
Von:  Hatschepueh
2018-11-13T10:58:55+00:00 13.11.2018 11:58
Ich kann mir Stiles gut vorstellen wie er da durchdreht aber welcher Bräutigam ist bei seiner Hochzeit schon die Ruhe selbst. Ich bin sicher das auch Derek nervös auf Stiles wartet. Hoffentlich ist Sheriff Stilinski bei ihm und beruhigt in etwas.
Antwort von:  GingerSnaps
13.11.2018 21:38
Peter istr eindeutig die bessere Wahl. Er kann Derek so wahnsinnig gut ablenken!
Von:  Hatschepueh
2018-10-24T13:18:03+00:00 24.10.2018 15:18
Derek und Stiles im gleichen Jahrgang. Das ist auch mal was schönes. Und Derek ist unsicher wie er mit seinen Gefühlen umgehen soll. Niedlich. Nicht niedlich ist allerdings das er deswegen dauernd mit irgendwelchen Frauen rummacht aber das ist wohl so in dem Alter... Das ist einfach so niedlich wenn Derek da sitzt und von Stiles träumt und sich Hoffnungen macht und dann aber doch wieder nicht. Ich glaube aber nicht das es Derek alles kosten würde wenn sein Traum wahr werden würde, wahrscheinlich würde er sogar viel mehr dazugewinnen als er denkt. Vielleicht sollte ihm das mal einer sagen.
Antwort von:  GingerSnaps
24.10.2018 17:13
Du hast natürlich vollkommen recht. Derek wäre dann vielleicht nicht mehr der König der Schule, aber er wäre glücklich. Aber in dem Alter kommt es einem so vor, als sei das ComingOut das Ende der Welt (zumindest war es bei mir so). Am Ende ist es meistens recht undramatisch, wobei man durchaus auch Leute dabei verlieren kann. Aber rückblickend ist es dann auch besser so, wenn man sie los ist und man dafür man selbst sein kann.
Und das mit den vielen Mädchen habe ich dem wahren Leben entnommen. Ich hatte als Teenager einen guten Freund, der es genau so gemacht hat und dann- bumms- hat er sich als schwul geoutet.
Von:  Hatschepueh
2018-10-01T06:01:26+00:00 01.10.2018 08:01
Noch schnell ein kleines Leckerbissen bevor ich in eine Woche voller Überstunden starte. ^^
Derek ist ja niedlich, so verliebt wie am ersten Tag und er zeichnet? Naja, warum nicht? Ich kann mir schon vorstellen wie er ruhig und mit hoch konzentriertem (grüblerischem XD) Gesicht über eine Skizze hängt. Aber mit einer Katze als Haustier kann ich ihn mir gar nicht vorstellen. XD Das muss Stiles guter Einfluss sein. Und als Hausmann noch weniger. Immerhin reden wir hier über Derek der in einem abgebrannten Haus lebte und einen Güterbahnhof ein geeignetes Zuhause für ein junges Wolfsrudel hielt. Aber natürlich kann er seinen Gefährten ja nicht in einer schmutzigen Wohnung leben lassen. Für Stiles eben nur das Beste.
So diesmal wird aber nicht gekniffen Derek!
Antwort von:  GingerSnaps
01.10.2018 08:24
Genau! Zeichnen, eben weil grüblerisch! Ein wortkarger Typ wie er ist doch wie gemacht für den in sich gekehrten Künstler. Und was es das Haustier angeht... das kam ganz intuitiv. Stiles ist ja auch eher "katzenartig" mit seiner Unabhängigkeit und seinem Eigensinn und das gefällt Derek schließlich auch. Da fand ich dann wohl, dass es ein kleiner Kater sein müsste. Und vergiss nicht, dass Derek schon in der Serie eine Verwandlung durchgemacht hat, von Ruine, zu altem Güterbahnhof bis hin zu Loft, wo bloß eine einzige Wand kaputt ist. Da war doch wohl der logische nächste Schritt "Apartment mit Zentralheizung" oder nicht? ;-)Halt tapfer die stressige Woche durch! Ich habe gerade 2 davon hinter mir und habe nun diese Woche Urlaub, um hoffentlich fleißig zu schreiben!
LG, Ginger
Von:  Hatschepueh
2018-09-28T05:56:22+00:00 28.09.2018 07:56
Hey da bin ich wieder. Hast ja lang genug nichts von mir gehört. Aber das liebe RL lässt einem oft nicht die Zeit wie du ja weisst. Deshalb kurz und knapp: Wie immer liebe ich deine Art zu schreiben und bin lediglich traurig das kaum Wortwechsel stattfand aber das war hier auch nicht wirklich möglich. Schade das die Folge nicht so geendet hat wie dein Kapitel.
Antwort von:  GingerSnaps
28.09.2018 14:49
RL? Ist das der hässliche Ort, wo der Pizzabote herkommt? Davon habe ich auch schon gehört. :-/

Es stimmt, es gab nicht viel Wortwechsel und wie dir vielleicht aufgefallen ist, habe ich die Dialoge und auch die Handlung wortwörtlich aus der Folge übernommen; also bis auf den Schluss selbstverständlich. :-D


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