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Kandierte Früchte

Aus der Schwarzes Herz Reihe
von

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Epilog

Der Wald wurde immer lichter. Januz bildete sich schon ein, er könne die Stimmen von anderen Menschen hören. Das war natürlich reine Einbildung. Schon bald konnten sie zwischen den einzelnen Bäumen die seichten lindgrünen Ansätze einer großen Weide sehen. Und kleine schwarzweiße Flecken. Es waren Kühe. Man konnte sie muhen hören. Diesmal war es keine Einbildung. Die Geschwister sahen sich an und lachten erleichtert. Wo Kühe grasten, waren auch Menschen. Januz konnte sich nicht mehr zurückhalten. Er rannte los. Hinter sich hörte er, wie Helga ebenfalls losrannte. Sie rief ihm quengelnd hinterher, er solle auf sie warten. Doch er hörte kaum hin. Er konnte auch später noch auf sie warten. Sobald er die Weide erreicht hatte. Dort würde er sich neben den Kühen ins Gras fallen lassen. Dann würde er in den Himmel hinauf starren, bis das vorwurfsvolle Gesicht seiner Schwester auf ihn herabblickte, weil er nicht auf sie gewartet hatte. Mit einem Mal stutzte er. Er verlangsamte sein Tempo. Da war etwas zwischen den Baumkronen. Direkt am Rande der Weide. Etwas Großes, das über dem Boden befand. So als würde es schweben Bei genauerer Betrachtung stellte er zu seinem Schrecken fest, dass es sich nicht um eine große, sondern um zwei kleine Gestalten handelte. Langsam näherte er sich ihnen. Ihm dämmerte bereits eine grauenvolle Gewissheit. Die bestätigte sich, als er die Seile entdeckte, die die Gestalten an den Ästen befestigt hielten. Eigentlich hätte ihn dieser Anblick bis ins Mark erschüttern sollen. Aber anders als das Bild des toten Menschenfressers, löste das Erlebnis große Erleichterung bei ihm aus. Mit einem Mal kehrte auch seine Erinnerung zurück und er wusste wieder, wie er hierher gekommen war. Es war als würde eine große Last, die seit Beginn ihrer Reise auf seinen Schultern gelastet hatte, von ihm abfallen. Er drehte sich um und schlenderte jetzt ganz gelassen seiner Schwester entgegen, die ihn einholte. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und sprach so sanft wie schon lange nicht mehr zu ihr.

„Tut mir Leid, dass ich dich angelogen habe, aber wir können nicht mehr nach Hause gehen. Nie wieder. Doch du hattest Recht. Unsere Mutter hat uns auf ihre Weise geliebt. Sie hätte uns niemals in einem Wald verhungern lassen, in dem zudem noch ein gefährlicher Menschenfresser haust.“

Dann nahm er seine Schwester an die Hand und führte sie wieder vom Waldrand weg, tiefer und tiefer in den Wald hinein. Dabei wurden sie immer beschwingter. Er lächelte Helga an und versicherte ihr, dass sie ab jetzt für immer zusammen bleiben würden und er sie niemals wieder im Stich lassen würde. Überglücklich ließen sie den tristen Waldrand hinter sich und tauchten tief in den lebendigen Wald ein.

Ein letzter Windhauch fuhr durch die Bäume und ließ die beiden an ihnen aufgeknüpften Kinderleichen sanft zwischen den Blättern wiegen.



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