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Paul

von

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07. (Ohne Adult)

07.
 

Es dauert keine drei Sekunden, da springe ich auch schon aus dem Auto und spurte die Einfahrt hinauf.

Paul hat die Haustür schon auf geschlossen, ist kurz davor, das Haus zu betreten. "Paul! Warte!"

Überrascht hält er inne und dreht sich zu mir um. "Ole? Ist noch irgendwas?" Ob noch irgendwas ist?! Natürlich, du Dödel! Ich will jetzt bei dir und mit dir zusammen sein! Und nicht von dir zurückgelassen werden. Nicht schon wieder!
 

Paul sieht mich verwundert an. Zugegeben. Womöglich gebe ich einen ziemlich merkwürdigen Anblick ab, so hektisch wie ich auf ihn zurenne, doch das kratzt mich nicht.

"Ole?", wiederholt er, als ich fast bei ihm bin.

Ich bleibe ihn eine Antwort schuldig. Vorerst.

Stattdessen springe ich ihm an den Hals und versiegle seinen Mund.

Etwas klimpert. Sein Schlüssel? Egal! Nach einer kurzen Schrecksekunde schieben sich Pauls Arme um meine Taille. Wir küssen uns, bis wir außer Atem nach Luft schnappen müssen.

"Was …?" Paul lächelt entgeistert.

"Nicht schon wieder", keuche ich. "Hau nicht schon wieder ab."

Pauls Stirn legt sich in Falten. "Ich haue nirgends wo hin ab."

"Dann ist ja gut." Abermals stürme ich seinen Mund, doch Paul schiebt mich sanft aber bestimmt von sich weg.

"Warte." Er räuspert sich. "Wir können hier nicht so stehen bleiben. Komm mit rein. Dann reden wir. Okay?"

"Ist gut." Reden? Ja. Vielleicht wäre das nicht schlecht. Auch wenn mir nach Reden überhaupt nicht der Sinn steht.
 

Ich fühle mich, als hätte ich schon Ewigkeiten hierauf warten müssen. Bekloppt! Nicht wahr? Aber so empfinge ich in diesem Moment. Als würde mein jüngeres Ich aus der Vergangenheit plötzlich wissen, weshalb mir Paul schon immer so sehr am Herzen gelegen hat und noch immer liegt, und will dies nun endlich voll und ganz auskosten, jetzt, wo die Katze aus dem Sack ist.
 

Paul bittet mich ins Haus hinein. "Dritter Stock." Er deutet zur Treppe und lässt mich vor, während er schnell seinen heruntergefallenen Schlüssel wieder aufhebt.

Der Flur ist für ein Mietshaus ziemlich großzügig geschnitten. Er ist hell und eher schlicht gehalten. Gefällt mir.

Oben, vor Pauls Wohnung, warte ich, bis er zu mir aufgeschlossen hat und die Wohnungstür öffnet.

Er führt mich in sein Wohnzimmer. Auch hier ist viel Platz. Schlichte Möbel in weiß und grau. Auch das gefällt mir. Es wirkt edel aber auch gemütlich. "Magst du etwas trinken?", fragt er mich und knetet sich die Finger wund.

Da ist er wieder, der nervöse Paul. Aber wieso ist er das? Ich meine, es liegt doch auf der Hand, dass ich ihn genauso will, wie er mich. Weshalb also, ist er wieder so dermaßen verkrampft?

"Nein", antworte ich und setze mich. Mit der rechten Hand klopfe ich leicht neben mir auf das graue Polster. Paul gehorcht und setzt sich zu mir. Immer noch verknoten sich seine Hände miteinander. So geht das nicht!

Ich lege meine Hände auf seine und halte sie fest. "Warum bist du so nervös?", frage ich ihn gerade heraus. "Dazu gibt es doch keinen Grund."

"Wenn das so einfach wäre", seufzt Paul. Was will er denn damit sagen?
 

Pauls Finger verflechten sich mit meinen, halten dann aber endlich still. "Das mit dir, die Gefühle, die sich in mir in den wenigen Tagen für dich entwickelt haben … Das ist nicht so leicht für mich zu verarbeiten, weißt du?" Er sieht mich an. Beinahe hilflos.

"Du meinst, wegen damals?", rate ich, wobei ich mir eigentlich sehr sicher bin, damit richtig zu liegen. Tatsächlich nickt Paul.

"Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll dir alles zu erklären." Paul scheint überfordert zu sein. Wollte er deshalb, dass ich wieder heim fahre? Weil ihn das alles überfordert?

"Am besten am Anfang", versuche ich ihm zu helfen, drücke seine Hände leicht und lächle ihn aufmunternd an.

"Am Anfang …" Pauls Blick fixiert einen unsichtbaren Punkt vor sich und beginnt zu erzählen.
 

"Als ich deine Mutter kennenlernte, war ich erst zweiundzwanzig. Wie du weißt, waren wir Arbeitskollegen, doch die ersten beiden Jahre hatten wir kaum etwas miteinander zu tun. Bis dieser Auftrag reinkam, an dem wir zusammen arbeiten sollten.

Wir freundeten uns praktisch sofort miteinander an, lagen auf einer Wellenlinie, doch ich merkte recht schnell, dass seine Mutter, nun ja …"

"Scharf auf dich war", grinse ich. "Davon hat sie mir auch schon erzählt."

Paul lächelt schmal. "Sie war noch mit deinem Vater zusammen, und ich wusste noch nicht, dass es in ihrer Ehe kriselte. Deshalb dachte ich, es wäre nicht weiter schlimm. Bloß eine Schwärmerei. Aber dann …"

"Hat sie dir einen Kuss verpasst. Ich weiß, ich weiß." Paul lacht leise. Ich beiße mir auf die Unterlippe. Noch immer hat sein Lachen diese wahnsinnige Wirkung auf mich.

"Dann weißt du bestimmt auch, dass ich zu der Zeit noch ungeoutet war?" Ich nicke. Paul atmet tief ein. "Für mich war das alles nicht einfach. Ich hatte Angst davor, jemanden zu sagen, dass ich auf Männer stehe. Besonders meinen Eltern. Deine Mutter war die erste, der ich es erzählt habe. Notgedrungen." Er lächelt leicht. Das wusste ich noch nicht. "Das war alles andere als leicht für mich, aber deine Mutter hat es wirklich toll aufgenommen. Sie hatte schon immer ein großes Herz, was es mir umso leichter gemacht hat, in ihrer Gegenwart der zu sein, der ich bin. Dabei wäre es so viel einfacher gewesen, mich zu verstecken, vielleicht sogar auf Ediths Avancen einzugehen, aber ich konnte es nicht. Ich wollte sie nicht belügen, also sagte ich ihr die Wahrheit."

"Das war sicher hart für dich." Ich kann mich noch verdammt gut daran erinnern, was für ein riesiges Muffensausen ich bekam, als ich beschlossen hatte, Ma meine Homosexualität zu 'beichten'. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie so gut darauf reagieren würde, wie sie es daraufhin getan hat.

"Am Ende ging es mir leichter über die Lippen, als ich vermutet hatte", meint Paul grinsend. "Bei deiner Mutter ist es mir wesentlich leichter gefallen, als hinterher bei meinen Eltern. Aber das war erst viel später und davon erzähle ich dir ein anderes Mal."

"Okay." Das würde mich zwar auch brennend interessieren, aber es gibt wichtigeres zu klären.
 

"Wie dem auch sei. Trotz des Outings vor deiner Mutter blieb immer das Gefühl, ich könnte es so schön und einfach haben, wäre ich nicht schwul. Zudem warst du noch da, und es war so wundervoll mit dir und Edith, dass ich manchmal wirklich das Gefühl hatte, wir wären eine kleine Familie." Paul lacht auf, schüttelt jedoch den Kopf. "Es war so leicht, sich in diese Fantasie zu flüchten, zu verdrängen, dass es in Wirklichkeit niemals so sein wird."

"Aber irgendwie waren wir das doch. Eine Familie", erwidere ich. "Mein Pa war so gut wie nie da. Du schon. Du warst beinahe eine Art Vaterersatz für mich." Mein Onkel Pauli.

"Siehst du?", sagt Paul und schluckt nervös. "Genau deshalb fühlt sich das mit uns so … so merkwürdig und falsch an."

"Falsch?" Jetzt reicht es aber mal! "Wir haben uns seit fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen! Du warst zwar in den paar Jahren, in denen du bei uns warst, ein sehr wichtiger Teil meines Lebens, aber das bedeutet noch lange nicht, dass wir hier irgendwas unethisches tun." Also bitte! "Wir sind ja nicht blutsverwandt!"

"Ich weiß das doch auch alles", sagt Paul. "Trotzdem kann ich nichts gegen diese Gedanken tun." Mein armer Pauli. Wie kann ich ihm diese Gefühle bloß nehmen?
 

Plötzlich sieht mich Paul an und grinst dabei. "Was?"

"Du bist so unfassbar erwachsen geworden."

"Na das hoffe ich doch!"

Schmunzelnd haucht er mir einen Kuss auf die Stirn und verweilt dort einen Augenblick. "Weißt du", wispert er gegen meine Haut, wovon ich eine Gänsehaut bekomme. "Als Jenny, meine Sprechstundenhilfe, zu mir ins Behandlungszimmer kam, und sagte, ein gewisser Ole Leinweber würde nach mir fragen und mich sehen wollen, ist mir beinahe das Herz stehen geblieben."

Ich muss lachen. "Dein Gesicht hätte ich zu gerne gesehen." Ich fühle, wie Pauls Mundwinkel zucken. Ich schließe die Augen und genieße dieses schöne, warme Gefühl, während Paul weiter erzählt.

"Nachdem ich dich dann endlich empfangen konnte, war ich total überrascht von dir. Du siehst deiner Mutter ziemlich ähnlich."

"Bitte?!" Dahin ist das warme Gefühl. Ist nicht sein Ernst!

"Das meine ich als Kompliment. Deine Mutter ist eine schöne Frau."

"Wenn du das sagst."

Wieder lacht er, küsst mich Paul auf die Stirn und löst sich danach leider wieder von mir. "Sage ich", haucht er mir zu und sieht mir so tief in die Augen, dass mir schwindelig wird. "Du hast mich total aus dem Konzept gebracht." Dito mein Lieber. Und das tust du noch. "Erst dachte ich mir nicht groß etwas dabei, aber dann wurde es immer schlimmer. Mit dir zusammen im Club, das war … verdammt verwirrend."

"Das hat man dir aber nicht angemerkt."

"Ich habe mich auch bemüht mich normal zu verhalten." Mission geglückt. Aber vielleicht habe ich davon auch nicht mitbekommen, weil ich mit mir selbst zu tun hatte.

"Auf der einen Seite bist du noch genauso wie damals", fährt er fort. "Niedlich, besitzergreifend, leidenschaftlich bei dem was du tust und fröhlich. Aber auf der anderen Seite bist du jetzt ein Mann. Ein überaus attraktiver und anziehender Mann, der selbstbewusst durchs Leben geht und der sich nicht scheut, seinen Vermieter wegen einer Mieterhöhung zur Schnecke zu machen."

"So selbstbewusst bin ich gar nicht", gestehe ich. "Ich tue meist so, weil es eben sein muss." Ich zucke mit den Schultern.

"Das glaube ich dir nicht. Wahrscheinlich siehst du es nur selbst nicht, aber du bist selbstbewusst. Vertrau mir. Denn sonst wäre der Tag heute ganz anders verlaufen." Das verstehe ich nicht.

"Wie wäre er denn verlaufen?"

"Anders", sagt Paul bloß.

"Wie, anders?"

"Du würdest zum Beispiel nicht hier sitzen, wärst du mir vorhin nicht nachgelaufen. Und zuvor geküsst hätten wir uns wahrscheinlich auch nicht, denn im Gegensatz zu dir bin ich immer noch ein Feigling, wenn es um tiefere Gefühle geht." Ich lasse mir seine Worte einige Momente lang durch den Kopf gehen. Irgendwo hat er vermutlich recht. Trotzdem hat er etwas sehr wichtiges vergessen.
 

"Sehr feige, mich einfach in meinem Bistro zu küssen", erinnere ich ihn. "Und damit weitere Küsse in der Wohnung meiner Mutter zu riskieren." Ohne diesen Kuss hätte ich ihn heute niemals zurückgeküsst.

"Ich bin nach dem Kuss im Bistro fast gestorben", seufzt er. "Ich dachte, jetzt will er mich nie wiedersehen."

"Ah ja. Und danach bist du zu meiner Mutter, um mit ihr darüber zu reden." Verstörter Blick. "Sie hat es mir erzählt", gestehe ich.

"Natürlich", schnaubt Paul.

"Selbst schuld", grinse ich. "Meine Mutter hat nicht nur ein großes Herz, sondern auch eine noch größere Zunge."

Paul nickt schmunzelnd. "Mit irgendjemanden musste ich aber reden. Und das konnte ich nur mit ihr." Verständlich. "Sie hat mir ganz schön den Kopf gewaschen", lacht er.

"Genutzt hat es aber nicht viel, wie ich sehe."

Paul verzieht den Mund. "Ich kann nichts gegen diese Schuldgefühle machen. Ich muss ständig daran denken, wie es damals war. Ich sehe dich ständig als kleiner Junge, der mir so sehr vertraut hat und bekomme Angst, das jetzt irgendwie auszunutzen. Dann noch der große Altersunterschied zwischen uns ..."

"So ein Unsinn!", tadle ich ihn. "Erstens musst wirklich keine Schuldgefühle haben und zweitens ist mir der Altersunterschied schnurzegal! Und ausnutzen tust du hier auch niemanden", rede ich auf ihn ein. Ich muss es schließlich am besten wissen. "Außerdem ...", schnurre ich und lege mein Kinn auf Pauls Schulter ab. "… finde ich kleine Daddy-Spiele ziemlich heiß."

"Ole!" Mein 'Daddy' verdreht die Augen.

"Nichts Ole!" Ich glaube, ich muss es ihm deutlicher machen. "Ich bin auf dem besten Weg, mich heftigst in dich zu verlieben, Paul. Vielleicht gerade wegen damals. Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal. Diese wunderbaren Gefühle sind da und ich werde einen Teufel tun, und damit weiter hinter den Berg halten." Die paar Tage, in denen ich das gemacht habe, haben mir definitiv gereicht.
 

Ich sehe, wie Pauls Adamsapfel einige Male auf und ab hüpft. Sein Blick versengt mich fast, doch ich halte ihm stand und hoffe, dass ich ihm auf diese Weise irgendwie telepathisch deutlich machen kann, was er für mich bedeutet.

Eine seiner Hände löst sich aus unserem Händekuddelmuddel und legt sich auf meine Wange. So schön warm ... "Ich bin nicht auf dem besten Weg mich in dich zu verlieben. Ich bin es bereits", flüstert er mir kaum hörbar zu.

Mein Herz macht einen Sprung. "Warum reden wir dann noch?", frage ich ihn, ehe sich unsere Lippen finden.
 

Ich lasse Pauls Hand los, greife stattdessen in sein Haar und seinen Nacken, um ihn näher an mich zu ziehen.

Paul kommt meinem stummen Wunsch umgehend nach, schmiegt sich dicht an mich und drückt mich auf diese Weise langsam auf die Couch nieder. Als ich auf ihr und unter Paul zum liegen komme, streife ich mir hastig die Schuhe von den Füßen. Diese Position wird sonst schnell ziemlich unangenehm. Ohne Schuhe kann ich mich viel besser bewegen und muss nicht aufpassen, wo ich hintrete. Hauptsache ich trete Paul nicht …

Apropos Paul.

Der scheint seine Bedenken endlich komplett über Bord geschmissen zu haben. Ganz souverän übernimmt er die Führung, die ich ihm nur zu gern überlasse, fährt mit seiner Rechten über meinen Oberkörper und traut sich sogar ein kleines Stückchen unter mein Oberteil. Genau am V-Ausschnitt meines Shirts, wo er sanft über meine Brust streichelt.

Mir entkommt ein leises Keuchen und ich biege mich seiner tastenden Hand sehnsüchtig entgegen. Meine Hände schicke ich ebenfalls auf die Reise. Knopf um Knopf schiebe ich durch die kleine Öse, öffne auf diese Weise nach und nach Pauls Hemd, das ich ihm anschließend über die Schultern streife. Er fummelt sich eilig aus dem Hemd und gleich darauf auch noch aus dem dünnen Unterhemd darunter.

"Weg damit", lache ich und reiße es ihm aus den Händen, nur um es von mir zu werfen. "Das wollte ich schon vorhin machen."

"Während deine Mutter zugeschaut hätte?", amüsiert sich mein Pauli.

"Hm … Nein. Eher nicht." Verspielt lasse ich meine Fingerspitzen über Pauls Oberkörper gleiten. Sein kleiner Wohlstandsbauch ist nicht nicht unsexy, muss ich zugeben. Seine Brust ist nur spärlich behaart. Nur unten, vom Bauchnabel aus, zieht sich ein dünner Streifen dunkler Haare nach unten. Heiß!
 

Ich lasse meine Hände wieder nach oben gleiten und kreise mit dem Zeigefinger um Pauls linke Brustwarze. Das bringt ihn zum Keuchen und binnen weniger Sekunden verhärtet sich das rosa Knöpfchen. "Diesen Anblick hätte ich ihr nicht gegönnt." Hinterher wallen bei ihr die alten Gefühle wieder auf! Und das wollen wir auf keinen Fall riskieren. Mein Pauli! Jetzt erst recht!

"Immer noch so besitzergreifend … Du änderst dich nie, was?"

"Ungern", grinse ich und frage mich, ob er Gedanken lesen kann. Aber wahrscheinlich sind meine Gedanken auch nicht schwer zu erraten gewesen.

"Damit kann ich leben", schmunzelt mein Paul und raubt mir abermals heiße Küsse.
 

Ich nutze die Chance um Pauls Mundhöhle einer ausgiebigen Untersuchung zu unterziehen. Taste mit meiner Zunge seinen Gaumen ab, fahre erst die obere, dann die untere Zahnreihe entlang. Pauls Zunge folgt mir, als wolle sie mich kontrollieren, oder mich nicht allein auf Erkundungstour schicken. Kichernd stupse ich sie an, was sie anscheinend als Einladung ansieht, sich nun bei mir umzuschauen.

Fein. Soll sie das tun …
 

*
 

Ich setze mich neben Paul, schmiege mich an ihn und kraule über seinen Bauch, der sich immer noch schnell senkt und hebt.

"Ole", haucht er und greift nach meiner Hand. Unsere Finger verschränken sich ineinander.

Eine Weile bleiben wir so sitzen, sagen kein Wort miteinander. Bis es mir eindeutig zu kalt wird.

Mit Paul zusammen nackt auf der Couch zu sitzen ist nur spaßig, wenn man dabei Bewegung hat, wenn ihr versteht.

"Mich friert es", schlottere ich.

"Ich nehme nicht an, dass du jetzt noch nach Hause fahren möchtest?"

"Da fragst du noch?" Natürlich will ich hier bleiben!

"Sicher ist sicher. Du erinnerst dich bestimmt noch an den letzten Versuch, eine Nacht bei mir zu überstehen?" Paul lacht leise und ich beginne mich leise an ein Ereignis zu erinnern, dass mir im Nachhinein total peinlich war.

Mein erster und einziger Übernachtungsbesuch bei Paul endete damit, dass er mich um kurz nach zehn Uhr abends wieder zurück zu meiner Mutter fahren musste, weil ich vor lauter Heimweh heulend auf seinem Gästebett gelegen habe.

"Ich schwöre dir, du musst mich nachher nicht zu Ma fahren", brumme ich.

"Okay", grinst Paul. "Dann mal ab ins Bett mit dir, bevor du dich noch erkältest."

Er nimmt mich an der Hand, steht auf und zieht mich mit sich.

Dabei komme ich nicht umhin, seine Rückseite zu bewundern. Ziemlich knackiger Hintern für einen fast Fünfzigjährigen.

Ich kann nicht anders und betatsche ihn ein wenig. "Frech wie eh und je", meint Paul und zieht mich in sein Schlafzimmer.

"Das passiert, wenn man vor mir nackt durch die Bude hüpft." Bin schließlich auch nur ein Mann.

Paul grinst bloß und krabbelt mit mir zusammen in sein Bett.
 

Ein wirklich großes Bett hat er. Eins dieser Boxspring Dinger.

"Bequem", lautet mein Urteil, nachdem ich liege und testend auf und ab gewippt bin.

"Nicht wahr?" Paul liegt mir seitlich zugewandt, den Kopf auf seine Hand gestützt und sieht mich nachdenklich an.

"Alles okay?", frage ich.

"Könnte besser nicht sein", flüstert er und gibt mir einen kurzen Kuss.

"Kein schlechtes Gewissen oder Vorwürfe mehr?" Kopfschütteln. "Gut!" Ich drehe mich ebenfalls zu ihm und schiebe einen Arm auf um seine Hüfte.

Paul streichelt über Oberarm, hinauf zu meinem Hals, wo er die Hand auf meine Wange legt. So schön warm … "Ich wollte damals nicht gehen", sagt er plötzlich.

"Was meinst du damit?" Er wollte nicht gehen?

"Nach England. Ich wollte absagen, aber …" Paul atmet tief ein und senkt den Blick.

"Was aber?" Was kommt denn jetzt?

"Es war einfach alles so eingefahren zu der Zeit, verstehst du?" Nein! Ich verstehe gar nichts. Deshalb schüttle ich den Kopf. "Kurz um: Ich musste hier weg, obwohl ich es nicht wollte."

"Und weshalb?" Mir geht immer noch kein Licht auf. Wegen des Jobs? Brauchte er das Geld?

"Meine Mutter drängte mich ständig, ich solle doch endlich mal eine Freundin mit nach Hause bringen. Ob ich denn nicht bald mal eine Familie gründen wollen würde." Ach so. Paul war damals noch ungeoutet.

"Aber mit 23 … Da heiratet man doch noch nicht. … Außer meine Eltern, aber daran war ich schuld, sozusagen."

Paul lächelt schmal. "Ich komme aus einem kleinen Dorf. Keine zwanzig Kilometer von hier entfernt. Dort lässt man sich nicht viel Zeit mit dem Familiegründen."

"Pff!", mache ich. "So ein vorsintflutliches Denken!"

"So ist das aber", sagt Paul achselzuckend. "Besonders damals war das so."

"Und deshalb bist du abgehauen?"

"Ja." Ich würde ihn gerne als Idioten betiteln, aber ich weiß von Freunden, wie furchtbar der familiäre Druck sein kann. Geoutet oder nicht. Da ist die Flucht meist das einzige Mittel. "Außerdem war die Versuchung viel zu groß, Edith und dich als meine Alibifamilie zu missbrauchen. Und das wollte ich auf keinen Fall." Alibifamilie … "Ich war kurz davor, mich der Einfachheit halber selbst zu verleugnen. Dann kam das Angebot aus England und ich zog die Reißleine. Auch wenn es mir unglaublich schwer gefallen ist, von hier weg zu gehen."

"Und dann? Du hast dich doch irgendwann vor deinen Eltern geoutet, nicht?" Paul nickt.

"Das war erst viel später. Ich war mitten in meiner Umschulung. Da lernte ich Christian kennen." Paul lächelt verträumt. "Wir verliebten uns ineinander. Er war der erste Mann, mit dem ich mir vorstellen konnte, ein gemeinsames Leben aufzubauen. Und da entschloss ich mich, es meinen Eltern zu sagen."

"Wie reagierten sie?"

"Nicht gut", seufzt Paul. "Es herrschte über ein Jahr Funkstille zwischen uns."

"Das tut mir leid." Ein Jahr! Für mich undenkbar. Ma und ich zanken uns zwar öfter, aber ich will sie nicht missen. Dadurch, dass mein Vater so gut wie nie da war, war unsere Beziehung schon immer sehr eng.

"Ich hatte mit so etwas gerechnet", meint Paul. "Am Ende haben wir es geschafft, wieder halbwegs normal miteinander auszukommen. Nur das Thema Homosexualität blenden sie immer noch geflissentlich aus." Was für furchtbare Eltern! "Aber wenigstens reden sie wieder mit mir." Ich schmiege mich tröstend an Paul. Er umarmt mich und seufzt zufrieden. "Ich habe mich damit arrangiert", flüstert er in mein Haar.

"Ich finde es trotzdem doof von deinen Eltern." Was sie wohl dazu sagen würden, wenn sie erführen, dass Paul und ich … Besser nicht darüber nachdenken. Das deprimiert mich nur.

Eine Sache lässt mich aber noch nicht los.
 

"Und was wurde aus dir und Christian?" Die große Liebe war es ja offensichtlich nicht.

"Das mit Christian und mir hat ziemlich stürmisch begonnen. Leider ist unsere Beziehung nach ein paar glücklichen, gemeinsamen Monaten auch ziemlich schnell wieder abgekühlt. Wir trennten uns. Die Luft war einfach raus."

Ich bekomme ein ungutes Gefühl im Bauch. "Stürmisch?" Besorgt schaue ich zu Paul auf. "Wie bei uns?"

Erst stutzt Paul, lächelt dann jedoch. "Bei uns ist es anders", sagt er und greift unter mein Kinn. "Oder findest du, dass unsere erste Begegnung stürmisch war?"

"Hm … Nein. Nicht wirklich."

"Siehst du? Außerdem kennen wir uns schon länger. Klar, du warst noch klein, aber dein Wesen hat sich kaum verändert."

"Soll das jetzt ein Kompliment sein?", frage ich ihn skeptisch.

"War es für dich keins?"

"Weiß nicht." Paul lacht und rollt sich auf mich. "Ey!"

"Genug geredet", schnurrt er dicht gegen meine Lippen. "Lass uns dort weitermachen, wo wir vorhin im Wohnzimmer aufgehört haben."

"Und das wäre?" Da gäbe es so viele Möglichkeiten zum Weitermachen …

"Das wirst du schon noch sehen", säuselt Paul und versiegelt mir den Mund.
 

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So! Die beiden haben es also geschafft.

Ein Kapitel kommt noch. Aber erst morgen. Ich habs noch nicht ganz fertig. Aber fast. ;-)



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