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Perfekt

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hi,

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Kapitel 25

Kapitel 25
 

„Verschwinde bevor ich dich verfluche“, fauchte Severus.

„Ein Mal noch“, beharrte Harry, was dazu führte, dass Severus den Stab hob.

Harry zögerte, versuchte abzuschätzen ob er es noch ein Stück weiter treiben konnte oder ob er es für heute gut sein lassen könnte. Sie müssten die Übung eigentlich noch mehrere Male machen aber Severus war jetzt schon am Ende seiner Kräfte. Er seufzte leise und nickte, „gut, dann reicht es für heute. Was hältst du von der Idee wenn ich dir ein Bad einlasse und dich dann in Ruhe lasse?“

„Unter welcher Bedingung? Ein wirklich abartiges Abendessen?“, fragte Severus misstrauisch.

„Ein ganz normales Abendessen, du hast dir ein entspannendes Bad einfach verdient und ich habe etwas Zeit zum lernen. Also?“

Diesmal nickte Severus, Harry schenkte ihm ein Grinsen und ging dann nach oben um das Bad einzulassen, das untere Bad hatte leider nur eine Dusche. Also musste Severus den Weg nach oben heute noch zwei Mal bewältigen, ein Mal zum Baden und dann später um ins Bett zu gehen. Aber genau das hatte Harry so geplant und er war sich hundertprozentig sicher, dass Severus diesen Plan auch durchschaut hatte.
 

„Ja, hallo, wer bist denn du?“, fragte Harry als er eine halbe Stunde später wieder ins Wohnzimmer kam und dort eine kleine, hellgraue Eule vorfand.

Das Tier schuhute ihn freundlich an und streckte ihm ihr Bein entgegen, daran befand sich eine kleine Pergamentrolle.

„Ah, du gehörst zu Hippocrates, alles klar. Dann gib mal her.“

Er befreite das Tier von der Rolle, er kannte nur Hippocrates, der statt der normalen Briefe kleine Pergamentrollen verschickte, gab ihm einen Keks und ließ es dann wieder aus dem Fenster raus. Fino musste sie vorhin rein gelassen haben. Er hatte zwar nicht so schnell mit einer Antwort gerechnet aber er freute sich darauf, dass der Heiler ihm so schnell geschrieben hatte. Mit einem Grinsen ließ er sich in einen Sessel fallen und begann zu lesen.
 

„Hallo Harry,
 

Deswegen frage ich Severus nicht, ich kenne ja seine Meinung zu der Diät und den Übungen. ;)
 

Die Frage mit dem Kaffee ist nicht ernst gemeint, oder? Du hast ihm nicht seinen Morgenkaffee weg genommen, oder? Wenn ja, wie hast du das überlebt? Der Kerl war gerade aus dem Koma aufgewacht und hat sofort nach Kaffee verlangt und das sehr nachdrücklich. Wie hast du es geschafft, dass er dich nicht durch die Wand flucht? Aber egal, was es ist, gib ihm seine Tasse Morgenkaffee zurück. Eine oder zwei Tassen am Tag bringen ihn nicht um, vor allem nicht wenn er die Diät wirklich einhält. Dann schadet das bisschen Koffein nichts.
 

Wie oft macht ihr die Übungen? Warte, lass mich raten. Zwei Mal am Tag solange bis Severus nicht mehr kann, oder? Das ist zwar sehr löblich aber nicht wirklich hilfreich. Hat er starken Muskelkater? Wenn ja, habt ihr zu viel gemacht. Leichter Muskelkater, ein ganz leichtes Ziehen, ist in Ordnung aber er sollte sich normal bewegen können. Am Besten wäre es wenn ihr die Übungen mehrmals am Tag macht, dafür aber dann nur wenige Minuten. Hört auf bevor er keine Kraft mehr hat.
 

Wenn du es irgendwie schaffst, dass er sich über Mittag eine Stunde hinlegt und schläft, verleihe ich dir einen weiteren Merlin-Orden. Dieses krampfhafte Wachhalten bis zum Abend ist nicht gesund aber das weiß er und hat es bis jetzt immer ignoriert oder geleugnet. Für seinen Körper wäre diese Stunde allerdings sehr hilfreich.
 

Ansonsten klingt es gut. Ich gehe davon aus, dass du Fino auf deiner Seite hast denn das erklärt, wieso er sich an die Diät hält. Das ist wirklich gut. Mach erst mal so weiter, ich würde Severus gerne in der ersten oder zweiten Januarwoche zur Untersuchung sehen. Du kannst ihn ja schon mal darauf vorbereiten. Ansonsten wünsche ich euch ein schönes Weihnachtsfest, ich habe frei und du wirst mit Oliver vorlieb nehmen müssen. Bei Fragen oder Problemen kannst du mich natürlich jederzeit aneulen oder anflohen.
 

Liebe Grüße und eine gute Portion Nerven

Hippocrates.“
 


 

Harry musterte den Brief nachdenklich, er hatte die Übungen wirklich zwei Mal am Tag so lange durchgesetzt bis Severus wirklich nicht mehr konnte oder wollte. Ob er es schaffen würde, dass sie öfters aber dafür kürzer trainierten? Bestimmt. Diese Sache mit dem Mittagsschlaf würde er bestimmt auch irgendwie durch bekommen. Hm, er könnte ihm ja anbieten sich mit hinzulegen. Etwas überrascht über seine eigenen Gedanken, die er in diesem Moment gar nicht so schlecht fand, las er den Brief nochmal und legte ihn dann weg. Sein Blick ging kurz zur Standuhr, er hatte noch massig Zeit bis er Severus wieder nerven konnte also beschloss er einen Blick in die Bücher zu werfen. Er hatte in der zweiten Januarwoche die Aufnahmeprüfung und bis dahin hatte er noch sehr viel zu tun.
 

„Du willst was?“

„Ich will Weihnachten hier feiern und dazu das Haus zumindest etwas schmücken“, erklärte Harry. Er wurde nur weiter so fragend angesehen, dass er irgendwann seufzte und nochmal anfing, „meine geliebte Ex-Frau hat mir einen Brief geschrieben, dass ich mich nicht bei den Kindern blicken lassen soll. Einen Brief mit ungefähr dem gleichen Inhalt erreichte mich von meinem Ältesten James. Lily wünscht mir schöne Weihnachten, möchte sich aber auch nicht mit mir treffen weil sie ihre Mom nicht aufregen will. Also bleibt Albus, den ich nur zwei Stunden besuchen darf und dann würde ich wieder alleine im Grimmauldplatz sitzen.“

„Also bin ich eine willkommene Notlösung, dass du nicht alleine bist“, knurrte Severus.

Harry lächelte, mit genau dieser Aussage hatte er gerechnet, er kannte seinen Gegenüber in dieser Hinsicht schon gut genug. „nein, bist du nicht. Denn ich habe beschlossen, dass wir den 25. hier zu zweit und ganz gemütlich feiern und ich am zweiten Feiertag dann zu Albus ins St. Mungo gehe. Genau deswegen würde ich gerne die Wohnung etwas schmücken“, erklärte Harry.

„Du kannst den 25. nicht hier verbringen.“

„Warum nicht?“

„Der Tag gehört der Familie“, sagte Severus mit einem seltsamen Unterton in der Stimme.

„Ist mir bewusst und ich bin an diesem Tag genau da, wo ich sein will. Also, hast du Weihnachtsdeko oder muss ich einkaufen gehen?“

„Auf dem Speicher müsste noch was von früher sein. Wenn Fino es nicht weggeworfen hat“, sagte Severus. Er klang allerdings immer noch sehr seltsam.

Harry beschloss es zu ignorieren und rief, „Fino, kann ich sämtliche Weihnachtsdekoration haben, die sich hier im Haus befinden.“

Es dauerte nur wenige Momente und dann erschien Fino im Wohnzimmer, zusammen mit drei Kisten, die hinter ihm erschienen.

„So viel?“, fragte Harry überrascht.

„Wage es ja nicht den ganzen Kram hier im Haus zu verteilen“, knurrte Severus sofort.

Harry grinste ihn an, bedankte sich bei Fino und öffnete dann die Kisten um sich einen Überblick zu verschaffen, Fino verschwand mit einem Knall.

„Harry, das ist mein Ernst.“

„Jaja.“

„Hey.“

„Jetzt lass mich doch erst mal gucken was ich hier habe, dann können wir immer noch entscheiden was wir aufhängen“, murrte Harry aus der Kiste heraus. Er sah nicht wie Severus die Augen verleierte, sich aber dann zurücklehnte und ihn ruhig beobachtete.

Er konnte noch nicht wirklich glauben, dass Harry den Weihnachtstag bei ihm verbringen wollte. War das nur ein Scherz oder meinte er das wirklich ernst? Er sollte bei seiner Familie sein und nicht bei einem alten Grinch. Ja, er wusste, wie Hippocrates ihn gerne nannte und er hatte ja Recht. Er mochte Weihnachten nicht, verbrachte die Tage meistens in seinem Labor und räucherte das Haus kräftig ein. Jetzt sollte er ein richtiges Weihnachtsfest mit Harry feiern? Als was? Als Freunde? Als potenzielle Partner? Als was?

„Was hältst du davon?“

„Bitte?“

„Hörst du mir eigentlich zu?“, maulte Harry.

„Nein“, gestand Severus mit einem Grinsen, „was willst du?“

„Was hältst du hier von?“, fragte Harry erneut und hielt eine Girlande hoch, grüne Stechpalme mit kleinen roten und weißen Perlen.

„Annehmbar.“

„Super.“ Damit landete die Girlande auf der Couch und Harry verschwand wieder zur Hälfte in der Kiste. „Misteln darf ich nicht aufhängen, oder?“, fragte er gedämpft.

„Wenn du mit den Konsequenzen leben kannst, bitte“, war alles, was Severus dazu sagte.

Es folgte ein Moment der Stille, Harry verharrte in seiner Position bevor er deutlich sichtbar mit den Schultern zuckte und sagte, „ich werde schon damit klar kommen. Also darf ich Mistelzweige aufhängen.“ Damit begann er wieder in der Kiste rum zu kramen.

Severus sparte sich eine Antwort denn sie wussten Beide, was die Misteln bedeuten würden. Denn Harry musste Severus noch immer durchs Haus helfen und damit auch durch die Türen, über denen normalerweise die Zweige aufgehängt wurden. Nun, er würde sich diese Chance nicht entgehen lassen.
 

„So. Pause.“

„Und das heißt?“

„Dass wir uns eine Stunde hinlegen“, sagte Harry bestimmt.

Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde er absolut fragend angesehen, er beschloss, dass er das öfters machen wollte, ein verblüffter Severus war einfach genial. „Wir werden was?“

„Wir werden uns eine Stunde hinlegen, du bist eben schon fast über deinem Buch eingeschlafen und dieser kindische Stolz geht mir auf die Nerven. Also habe ich beschlossen, dass wir uns jetzt eine Stunde hinlegen.“

„Wieso wir?“

„Weil du Angst hast dich alleine hinzulegen und damit du keine Albträume hast, leiste ich dir Gesellschaft“, erklärte Harry mit einem immer breiter werdenden Grinsen.

„Wie gedenkst du mich zu diesem Schwachsinn zu bringen?“, fragte Severus.

„Hm, ich dachte eigentlich, dass meine Anwesenheit Anreiz genug ist“, gab Harry sofort zurück.

Severus musterte ihn einen Moment bevor er, zu Harrys Überraschung, einfach nickte.

„Ernsthaft?“

„Ja.“

„Warum?“

Doch Severus schüttelte den Kopf und stand langsam auf, er war noch immer extrem schwach auf den Beinen und daher trat Harry sofort zu ihm. Es erfolgte mittlerweile keine Gegenwehr mehr wenn Harry einen Arm um seine Taille legte und Severus' Arm über seine Schultern, er hatte sich in sein Schicksal gefügt. Aber Harry war sich absolut sicher, dass er ihn abschütteln würde wenn er wieder stark genug war. Doch vorläufig war er auf seine Hilfe angewiesen oder auf unzählige Tränke und Zauber, wer war da wohl die bessere und gesündere Alternative?
 

Sie lagen schnell zusammen unter der Decke, wie immer mit einem deutlichen Abstand zwischen ihnen. Bis jetzt war es immer Severus gewesen, der den Abstand überbrückt hatte und ihn entweder in den Arm genommen oder an sich gezogen hatte. Doch heute machte er keine Anstalten dazu. Harry rutschte unruhig auf seiner Seite umher, er schlief jetzt schon seit fast zwei Wochen in diesem Bett, bei Severus und immer eng mit ihm zusammen. Nie so weit weg.

„Entweder du liegst still oder du beweist, dass du im Löwenhaus doch nicht so falsch warst“, schnarrte Severus in diesem Moment. Er lag auf dem Rücken und hatte die Augen geschlossen.

„Warum?“, fragte Harry leise.

„Warum soll eine Annäherung immer nur von mir ausgehen? Das könnte man schnell als Bedrängung sehen“, erklärte Severus.

„So empfinde ich es aber nicht.“

„Also willst du immer warten bis ich den ersten Schritt mache? Nein, Harry, so funktioniert es nicht.“ Severus hörte wie Harry leise seufzte und sich dann zögernd bewegte. Er hob einen Arm um es ihm leichter zu machen und schon kuschelte sich Harry an seine Seite. „War das jetzt so schwer?“

„Nein.“

„Warum zögerst du dann immer wieder?“, fragte Severus. Er spürte wie Harry mit den Schultern zuckte und dann den Kopf an seine Brust legte. „Daran solltest du arbeiten, ich werde definitiv nicht immer den ersten Schritt machen“, sagte Severus, „habe ich dir je Anlass dazu gegeben zu glauben, dass ich mich durch eine Annäherung gestört fühle?“

„Nein, hast du nicht. Severus, ich bin einfach so.“

„Wie hast du das bei deiner Ex-Frau gemacht?“

Es folgte ein unverständliches Gemurmel, auf welches Severus die Augen öffnete um den schwarzen Hinterkopf anzusehen.

„Nochmal verständlich bitte.“

„Wenn ich so darüber nachdenke, hat Ginny immer die wichtigsten Schritte gemacht. Selbst zum Heiratsantrag musste sie mich mehr oder weniger überreden“, gestand Harry leise.

„Daran solltest du dringend arbeiten.“

„Ich versuch es.“

„Machen, nicht versuchen. Und jetzt schlafen, sonst können wir auch wieder aufstehen“, murrte Severus. Auch wenn er es nicht gerne zugab aber er war müde und die Vorstellung eine Stunde zu schlafen, war sehr verlockend.

„Hm“, war alles was Harry sagte. Er legte sich allerdings bequemer hin und war ruhig.

Doch Harry konnte nicht schlafen, er musste darüber nachdenken was Severus gesagt hatte. Er war wirklich ein Feigling in dieser Hinsicht und das obwohl sich Severus definitiv über mehr Engagement von ihm freuen würde. Warum tat er sich dennoch so schwer damit? Die Antwort war eigentlich ganz einfach, er wusste nicht was er machen sollte. Bei Ginny war es so einfach gewesen, da war jede Umarmung, jede Berührung so natürlich gewesen. Es war ihm normal vorgekommen sie zu umarmen wenn er in einen Raum kam. Ein Kuss auf die Wange wenn sie sich kurz oder lang nicht mehr gesehen hatten und später natürlich auch mehr. Es war ihm nie seltsam vorgekommen wenn er sich Abends zu ihr auf die Couch gesetzt hatte und einen Arm um ihre Schultern gelegt hatte.

Bei Severus hatte er das nie gemacht obwohl der sich in den letzten Tagen immer auf die Couch gesetzt hatte und das obwohl er sonst immer im Sessel saß. Harry hob den Kopf um ihn anzusehen, hatte er das absichtlich gemacht? War es eine subtile Anspielung gewesen? Harry seufzte leise, er wurde aus diesem Kerl einfach nicht schlau. Die Hand, die bis jetzt auf seiner Hüfte lag, hob sich plötzlich, legte sich an seinen Hinterkopf und drückte seinen Kopf wieder in die liegende Position, zusammen mit einem geknurrten, „Schlaf oder ich fluch dich bewusstlos.“

„Das ist nicht nett“, murrte Harry.

„Schlaf!“

„Ich kann nicht schlafen.“

„Warum?“

„Weil ich mir Gedanken mache.“

„Das machst du immer. Schlaf oder ich stehe wieder auf“, knurrte Severus.

„Ok, gute Nacht.“

Damit schloss Harry jetzt wirklich die Augen aber schlafen konnte er dennoch nicht. Allerdings blieb er ruhig liegen und nach ein paar Minuten spürte er wie sich Severus' Atmung verlangsamte, die Hand rutschte langsam von seiner Hüfte, er war wirklich eingeschlafen. Nun, dann sollte Hippocrates schon mal den Merlin-Orden bereit halten.
 

Etwas missmutig sah Severus über die Dekoration, die Harry im Haus verteilt hatte. In diesem Haus war seit seiner Kindheit kein Weihnachten mehr gefeiert worden und eigentlich hatte er auch vor gehabt, diese Tradition zu bewahren. Nun, damals hatte er noch nicht mit einem sehr aufdringlichen Harry Potter gerechnet, der mit Pauken und Trompeten in sein Leben eingefallen war und es so gründlich umgekrempelt hatte, wie es nur möglich war. Er hielt sich an diese furchtbare Diät auch wenn er zugeben musste, dass Fino es tatsächlich schaffte, dass das Essen einigermaßen schmeckte. Er machte diese dämlichen Übungen und ja, sie zeigten langsam Wirkung. Er brauchte weniger Tränke, das Zittern in seiner linken Körperhälfte war weniger geworden und seit er über Mittag eine Stunde schlief, fühlte er sich den restlichen Tag wesentlich stärker. Zwar war er noch sehr weit davon entfernt auch nur annähernd gesund zu sein aber er war auch nicht mehr kurz vorm Sterben, wie es Hippocrates so schön ausgedrückt hatte.

Ja, von ihm hatte er einen sehr amüsierten Brief bekommen und Severus überlegte immer noch ob er Harry dafür verfluchen sollte, dass er ihm die Sache mit dem Mittagsschlaf geschrieben hatte. Noch hatte er sich dagegen entschieden aber man konnte ja seine Meinung noch ändern. Severus warf einen Blick zur Seite, Harry saß direkt neben ihm auf der Couch und war über seinen Büchern eingeschlafen. Er hatte sich vor drei Tagen, nach ihrem sehr interessanten Gespräch vorm Mittagsschlaf, endlich zu ihm gesetzt. Doch erst heute war er auf die Idee gekommen, dass man auch etwas enger sitzen konnte und sich sogar aneinander anlehnen konnte. Natürlich hätte auch Severus wieder den ersten Schritt tun können aber so lief eine Beziehung nicht, zumindest nicht von seiner Seite aus.

Wenn immer nur alles von ihm ausging, fühlte er sich wirklich so als würde er Harry bedrängen. Sein Blick ging wieder zur Weihnachtsdekoration, mit einem Grinsen hatte er registriert, dass sich Harry doch nicht getraut hatte Mistelzweige aufzuhängen, scheinbar fürchtete er die Konsequenzen doch mehr als er zugeben wollte. Harry regte sich langsam, im Sitzen zu schlafen war scheinbar doch nicht so bequem.

„Wach?“, fragte Severus leise.

„Hm.“

„Also nein.“

„Hm, doch, doch, bin wach.“

„Natürlich Harry. Was hältst du von Abendessen?“, fragte Severus grinsend.

Jetzt schien Harry doch wach zu werden, er hob den Kopf von seiner Schulter und sah zur Standuhr. „Ich bin eingeschlafen.“

„Sehr intelligente Feststellung.“

„Warum hast du mich nicht geweckt? Ich muss lernen“, maulte Harry.

Severus schüttelte nur den Kopf, nahm ihm jetzt endlich das Buch weg und meinte, „aber nicht am vierundzwanzigsten Dezember. Du kannst nach den Feiertagen weiter lernen oder wolltest du dich morgen den ganzen Tag hinter deinem Buch verstecken?“

„Nein, natürlich nicht. Ich habe eigentlich schon was geplant, mal schauen ob es hin haut.“

„Aha. Also, Abendessen?“

„Und danach die Übungen.“

„Vielleicht.“

„Severus.“

„Vielleicht“, murrte Severus bevor er sich langsam erhob und vorsichtig Richtung Küche ging. Momentan war er zum Laufen nicht auf Harrys Hilfe angewiesen und das nutzte er natürlich. Harry wiederum schüttelte den Kopf und folgte ihm, sie würden die Übungen schon noch machen.
 

„Post für dich“, knurrte Severus als Harry die Küche gerade betrat.

„Jetzt noch? Die Posteulen sind doch schon durch.“

„Nach der Handschrift deine Ex-Frau.“

„Verbrenn ihn.“

Severus sah ihn fragend an aber als sich Harry einfach setzte ohne Anstalten zu machen den Brief zu nehmen, zuckte er mit den Schultern und verbrannte ihn wirklich. „Was, wenn es wichtig war?“, fragte er danach.

„War es nicht, es war garantiert nur wieder eine Erinnerung, dass ich zu Weihnachten nicht erwünscht bin. Das weiß ich bereits und muss es nicht nochmal lesen. Was ist jetzt mit Abendessen?“, fragte Harry.

Als hätte Fino auf diese Frage gewartet, ploppte es vor ihnen und das Essen stand auf dem Tisch. Harry begann auch sofort zu essen, es war offensichtlich, dass er nicht über das Thema reden wollte. Also zuckte Severus nur kurz die Schultern und begann dann ebenfalls, er würde sich garantiert nicht in diese Sache reinhängen. Zudem freute er sich innerlich auf den morgigen Tag, er war gespannt was Harry ausgeheckt hatte. Ein Blick auf seinen Gegenüber zeigte ihm allerdings, dass Harry gerade tief in Gedanken versunken war und sehr lustlos in seinem Essen rum stocherte. Wenn er morgen wirklich ein schönes Weihnachtsfest haben wollte, musste er ihn heute noch auf andere Gedanken bringen. Ein hinterhältiges Grinsen machte sich auf Severus' Gesicht breit, was brachte Menschen eher auf andere Gedanken als Scham? Ohne, dass Harry es wirklich mit bekam, zog er seinen Zauberstab und flüsterte ein paar Sprüche, das würde bestimmt lustig werden.
 

Die Übungen wurden mehr oder weniger ambitioniert absolviert. Severus hatte keine Lust und Harry war eher in Gedanken versunken. Denn egal was Harry sagte, es verletzte ihn, dass seine Familie ihn nicht sehen wollte. Severus war sich sicher, dass er keine annehmbare Alternative war. Allerdings ging ihm dieses Gegrübel auf die Nerven.
 

„Schluss für heute.“

„Bitte?“, fragte Harry überrascht. Sein Blick ging automatisch zur Standuhr, es war noch nicht mal halb zehn und normalerweise musste er Severus gegen Elf förmlich ins Bett zerren.

„Dein Gemurmel und Geseufze geht mir auf die Nerven und du hast in der letzten Stunde genau eine einzige Seite gelesen. Ich bin mir absolut sicher, dass du nicht ein Wort davon behalten hast. Also machen wir für heute Schluss und gehen ins Bett“, bestimmte Severus während er sich schon erhob. Allerdings knickte er fast sofort mit dem linken Bein ein und konnte sich gerade noch so an der Lehne festhalten.

Harry sprang auf und griff ihm unter die Arme. „Was ist los? Du konntest doch vorhin noch gut laufen.“

„Keine Ahnung, frag das mein Bein, vielleicht gibt es dir eine Antwort“, knurrte Severus zurück.

„Schon gut, also los, wir wissen ja wie es geht“, sagte Harry schnell.

Er wusste ja, dass Severus leicht gereizt reagierte wenn man ihn auf eine angebliche Schwäche ansprach. Daher schob er den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf den Weg.
 

Im Türrahmen des Schlafzimmers blieben sie allerdings urplötzlich und so ruckartig stehen, dass Severus einen Moment um sein Gleichgewicht kämpfte. Erst als sie wieder sicher standen, fragte Harry, „was ist los? Warum hältst du an?“

„Habe ich nicht.“

„Wer dann?“

Severus zuckte mit den Schultern und versuchte sich zu lösen, es ging nicht.

„Du Severus?“, fragte Harry vorsichtig.

„Ja?“

Unsicher und mit deutlich mehr Farbe im Gesicht als vorher, deutete Harry nach oben.

Severus folgte dem Blick, grinste innerlich und knurrte ihn dann an, „hast du die Dinger doch aufgehängt. Dir war aber nicht bewusst, dass es magische Mistelzweige sind, oder?“

„Ich habe sie nicht aufgehängt“, protestierte Harry bevor er leise fragte, „was bedeutet das mit dem magisch?“

„Du wolltest sie aber aufhängen und das ohne, dass du wirklich darüber Bescheid weißt?“, fragte Severus mit hochgezogener Augenbraue.

„Ich dachte, das ist nur Deko. Halt die ganz normalen Mistelzweige, die draußen in den Bäumen wachsen.“ Das Geständnis kam sehr leise und undeutlich.

„Nun, jetzt darfst du mit den Konsequenzen leben.“

„Welche?“

Severus schnaubte leise und flehte fast schon, „Harry, benutz dieses Teil in deinem Schädel, was sich Gehirn nennt. Was tut man normalerweise unter einem Mistelzweig?“

„Sich küssen?“

„Das wäre fast einen halben Punkt für Gryffindor wert. So, denken wir weiter, was könnte ein magischer Mistelzweig bewirken? Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass wir uns nicht bewegen können.“

„Wir müssen uns küssen damit der Zauber gelöst wird?“, fragte Harry zögernd.

„Das gibt noch einen halben Punkt für Gryffindor.“

„Das wäre mindestens einen ganzen Punkt wert.“

„Willst du jetzt hier über meine Punktevergabe diskutieren oder wollen wir uns dem Problem des Mistelzweiges zuwenden?“, fragte Severus, „und glaub ja nicht, dass ich wieder alles übernehme.“

Schlagartig wurde Harry noch röter und wandte den Blick ab. So sah er nicht wie sich etwas in Severus' Augen veränderte, wie sich die Enttäuschung hinein schlich.
 

Als sie auch nach mehreren Minuten noch so da standen und Harry weder ein Wort gesagt hatte noch sonst irgendwie reagiert hatte, reichte es Severus. Mit einem Knurren, das Harry zusammen zucken ließ, zog er den Zauberstab und richtete ihn auf den Mistelzweig, „Flagrarias.“

Der Mistelzweig fing Feuer und sofort spürte Harry wie der Zauber, der sie gefangen hielt, verschwand. Allerdings verschwand auch der Arm um seine Schultern.

„Severus?“

„Du solltest heute woanders schlafen“, knurrte Severus.

„Was? Nein. Severus, bitte. Das war nicht so gemeint.“

„Deine Reaktion war sehr aufschlussreich und hat mir einige Fragen beantwortet. Du kannst im Wohnzimmer oder bei dir Zuhause schlafen. Wir sehen uns morgen früh nach dem Frühstück zu den Übungen“, erklärte Severus ruhig, zu ruhig.

„Nein. Wenn ich jetzt gehe, lässt du mich nie wieder hier rein. Das kann ich nicht machen“, sagte Harry ernst. Er erinnerte sich an Hippocrates' Worte und er wollte nicht, dass das hier vorbei war noch bevor es wirklich angefangen hatte. Ja, er hatte gezögert Severus zu küssen, er hatte zu lange gezögert aber irgendwie war da immer noch eine Art Sperre in ihm. Er hatte ihn küssen wollen, wirklich aber er hatte sich nicht bewegen können.

„Du gehst jetzt.“

Severus war ein paar Schritte in den Raum hinein gegangen, völlig problemlos und das sagte Harry, dass er das hier alles geplant hatte. Und jetzt natürlich schwer enttäuscht von ihm war.

„Nein, Severus, bitte. Ja, ich weiß, du bist enttäuscht aber so schnell kann ich nicht aus meiner Haut. Für mich ist das alles sehr schwer.“ Er war einen Schritt auf Severus zu getreten, er musste die Situation klären sonst wäre alles bisher Erreichtes verloren. Er sah es an Severus' Gesichtsausdruck, er war kurz davor ihn zum ersten Mal wirklich raus zu fluchen.

„Was genau ist schwer?“, fragte Severus jetzt misstrauisch.

„Alles. Severus, ich mag dich, sehr sogar aber für mich ist die Situation einfach schwer. Ich bin ganz ehrlich, ich kann mir nicht vorstellen mit einem Mann zu schlafen, ich finde diese Vorstellung, naja, schwierig. Nein, kein Ekel, einfach nur für mich unvorstellbar“, erklärte Harry, „aber ich bin gerne bei dir, sowohl tagsüber wie auch Nachts. Ich fühle mich wohl bei dir, geborgen und nein, ich will nicht weg und ich werde auch nicht weg gehen. Severus, versetz dich doch mal in meine Lage. Ich war fast 20 Jahre mit der Frau verheiratet, die ich als Zweites geküsst habe. Davor noch ein Kuss mit einer Anderen und tata, du hast meine Erfahrungen was Liebe und Sexualität angeht, sehr beeindruckend, oder?“

„In der Tat.“

„Spar dir deinen Sarkasmus. Fassen wir also zusammen, dass ich bis jetzt mit genau einer Frau zusammen war und eine Andere geküsst habe. Ich bin definitiv hetero und dennoch fühle ich mich zu einem Mann hingezogen. Für dich mag die ganze Sache einfach sein, für mich nicht. Mal davon abgesehen, dass meine Muggelverwandten eine mehr als bedenkenswerte Einstellung zum Thema Homosexualität haben. Nein, ich will sie nicht verteidigen aber ich habe als Kind bei ihnen gelebt und ja, das prägt. Ich weiß, dass sie Müll geredet haben aber es ist nun mal schwer Jahrzehnte alte Einstellungen zu überdenken und auch danach zu handeln. Ich mag dich aber ich brauche Zeit“, sagte Harry ernst, „und nicht ständig einen Zauberstab vor der Nase, dessen Besitzer mich bei jeder Kleinigkeit und jedem Zögern durch die Wand fluchen will.“

Es dauerte eine Zeit bis Severus irgendwie reagierte, bis dahin sah er Harry einfach nur nachdenklich an. Mit jeder Minute, die verstrich, machte Harry nervöser. „Würdest du bitte etwas sagen?“, fragte er schließlich.

„Bis zu deinem nächsten Geburtstag“, knurrte Severus.

„Häh?“

„Ich will bis zu deinem nächsten Geburtstag ein eindeutiges Zeichen von dir und nein, ich meine damit keinen Sex. Aber ich will ein eindeutiges Zeichen, von dir, nicht von mir ausgehend sondern einzig und allein von dir“, erklärte Severus ernst.

„Warum plötzlich diese Zeitbegrenzung? Du hast doch gesagt, wir haben Zeit“, sagte Harry.

Severus nickte und sagte, „fast acht Monate sollten dir allerdings reichen um zu entscheiden ob du eine Beziehung mit einem Mann haben willst oder nicht. Harry, ich will nicht jedes Mal ein schlechtes Gewissen bekommen wenn ich dich anfasse und du zuckst zusammen. Oder noch schlimmer zurück zuckst. Das brauchen wir Beide nicht. Du hast bis zu deinem nächsten Geburtstag Zeit um dich zu entscheiden und dir ein eindeutiges Zeichen zu überlegen. Ich betonte es nochmal, es geht mir nicht um den Sex.“ Den könnte ich dir eh nicht biete, aber das dachte Severus nur und sprach es nicht aus.

„Was dann?“

„Eine Beziehung besteht aus mehr als nur Sex und wenn du das bis jetzt nicht wusstest, solltest du dir Gedanken darüber machen“, lachte Severus bevor er sich umdrehte und Richtung Bad ging.

„Äh, und nun?“, fragte Harry seinen Rücken.

„Ich geh mich bettfertig machen, was du machst, ist mir egal“, war die Antwort und schon war die Tür zum Bad zu.

Harry starrte das Holz einen Moment an, grinste aber dann und machte sich auf den Weg nach unten, schnell duschen und dann noch schneller wieder hier hoch. Er hatte es wieder geschafft, dass sich Severus nicht in sein Schneckenhaus zurück gezogen hatte, er war wieder einen Schritt weiter. Jetzt musste er sich nur noch Gedanken über dieses eindeutige Zeichen machen.
 

Als Harry kurz darauf wieder ins Schlafzimmer kam, lag Severus schon im Bett und er zögerte etwas. Sofort ruckte eine schwarze Augenbraue nach oben, Misstrauen trag in seine Augen und ein Ausdruck, den Harry leider zu gut kannte, Enttäuschung.

„Darf ich noch hier schlafen? Du wolltest mich vorhin noch raus werfen“, sagte Harry schnell.

Die Enttäuschung verschwand, das Misstrauen blieb aber dennoch nickte Severus.

„Dein Trank hat schon aufgehört zu wirken? Du hast ihn doch erst genommen.“ Während Harry den Raum durchquerte und unter die Decke schlüpfte, griff Severus nach seinem Zauberstab und schrieb.

„Ich habe zum Abendessen einen schwächeren Trank genommen. Wirkt genauso aber nicht so lange.“

„Und belastet damit deinen Körper nicht so lange“, schloss Harry.

„Richtig.“

„Severus, wie stellst du dir dieses Zeichen vor?“, fragte Harry übergangslos. Er rutschte zögernd näher und blieb fast direkt neben Severus liegen, auf den Ellenbogen gestützt und ihn ansehend.

„Das sollst du dir ausdenken, nicht ich. Du hast ja noch Zeit.“

„Hm, ok. Schlafen?“

Harry wartete bis Severus den Zauberstab weggelegt hatte und bequemer im Bett lag bevor er komplett an ihn ran rutschte und sich an seine Seite kuschelte. Er wurde nur überrascht angesehen dann aber legte sich Severus' Arm um seine Taille und zog ihn noch etwas enger an ihn. „Ich weiß, das gilt nicht als Zeichen.“

Kopfschütteln und ein leichtes Grinsen.

Harry sah ihn seltsam an und fragte dann zögernd, „dir geht es wirklich nicht um den Sex, oder?“

Wieder ein Kopfschütteln aber das Grinsen verschwand.

Es schien als würde Harry noch einen Moment überlegen, dann nickte er und legte sich bequemer hin. „Gute Nacht, Severus.“ Er bekam ein leises Brummen und schloss die Augen.

Er spürte wie Harrys Atmung immer langsamer wurde und schließlich flach und gleichmäßig über seine Brust strich, er spürte es nur geringfügig durch den dünnen Pullover aber er spürte es. Es fühlte sich wunderbar an. Er wollte das hier nicht aufgeben, er war vorhin wieder einmal fast grundlos ausgerastet und eigentlich hatte er es schon nach den ersten Worten bereut. Aber auch er konnte nicht aus seiner Haut und so kam wieder kein Wort der Entschuldigung über seine Lippen. Doch wieder hatte er Harry unterschätzt, er hatte sich nicht verjagen lassen, hatte sich ihm entgegen gestellt und sich ihm erklärt. Er hatte sich wie ein Erwachsener verhalten, im Gegensatz zu ihm selbst.

Aus Selbstschutz hatte er ihn wieder von sich stoßen wollen und wieder hatte Harry es verhindert. Er hoffte wirklich, dass Harry sich irgendwie überwinden könnte um eine Art Beziehung zu führen. Nähe, Zärtlichkeit, Geborgenheit, das würde er sich wünschen aber ohne dieses leidige Thema Sex. Vielleicht hatte er ein Mal in seinem Leben Glück und Harry würde sich in dieser Hinsicht nicht verändern. Eine Beziehung ohne Sex, das könnte funktionieren. Aber so wie er sich und sein Schicksal kannte, hatte er einfach kein Glück. Aber er würde es so lange genießen wie er konnte.



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