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Seelen des Schicksals

Ein glorreiches Abenteuer des gar finsteren Odin!
von

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Das Schloss zur Seele


 

Odin erledigte den Löwenanteil der Arbeit.

Er war es, der den Stern von Rigel hervor zog und eine alte, abgestorbene Fichte damit in ein knisterndes Feuer, ähm, detonierte. Und er war es auch, der einer der Bärenkeulen das Fell bis hoch zur Hüfte abzog, um ein paar dicke Steakscheiben aus dem Muskelfleisch zu schneiden. Zu zaubern. Zu – nein, er fragte nicht nach.

Laslows Anteil an der Arbeit beschränkte sich darauf, den zweiten Winterumhang aus seinem Gepäck zu klauben und ihn zwischen ein paar Birken zu spannen. Und auch das tat er nur, weil erste, dicke Tropfen einen der typischen, eisigen Regenschauer Nohrs ankündigten.

Danach ließ er sich neben das Feuer fallen und leckte seine Wunden.

Dieses Mal hatte er keine Heiltränke. Oder vielleicht hatten sie welche, irgendwo zwischen Anthones Satteltaschen, doch die würde er nicht anrühren. Sie waren Beweismittel. Und mit Pech waren sie falsch etikettiert.

Nein, es war keine gute Idee, sich an dem Zeug zu bedienen. Und so strich er statt mit einem getränkten Tuch nur mit seinen Fingern über seine Lippen. Die Haut brannte, wo sie aufgeplatzt war, doch immerhin blutete es nicht mehr. Und auch seine Hände hatte es nicht so schlimm erwischt, wie er zunächst befürchtet hatte. Seine Handschuhe hätten ihm sicher einen guten Dienst erwiesen, hätte er sie getragen, aber auch ohne ihren Schutz hatte er sich die Handflächen nur mäßig aufgeschürft. Die meisten Flecken waren Dreck.

Bloß seine Stiefel, die waren unrettbar.

Laslow hatte diese Stiefel gemocht. Ihr Leder war warm und weich, ideal für einen leichtfüßigen Kampfstil, der viel Wert auf Beinarbeit legte. Doch die Eisen hatten sich durch das Material gescheuert, als sei es kaum mehr als einfacher, dicht gewebter Stoff. Fasern waren gerissen und standen ab. An einigen Stellen klafften Risse. Wie Perlen auf einer Schnur zogen sie sich um seine Knöchel, die kleinsten von ihnen kaum größer als sein Ohrloch. Durch die größeren trat das Innenfutter nach außen.

Probeweise steckte er einen Finger durch einen der Risse. Er tastete über Stoff, dann über Haut. Brennen antwortete. Laslow biss die Zähne zusammen. Zumindest war da kein Blut. Trotzdem zog er die Stiefel schließlich aus. Seine Vermutungen bestätigten sich. Seine Haut war gerötet, dort, wo die Eisen gesessen hatten. Die oberste Hautschicht über seinen Schienbeinen war aufgescheuert und ein paar Daumenbreit über seinem Hacken zeichneten sich Blasen ab.

Der Rest des Weges würde unangenehm werden, aber nicht unmöglich.

Das Knacken von Schritten im Unterholz kündete davon, dass Odin den Kampf mit der Bärenkeule entweder gewonnen oder aufgegeben hatte. Einen Augenblick später ließ sein Freund sich neben ihn fallen und war dabei so elegant wie ein Weizensack.

„Wie schlimm ist es?“

Laslow zuckte mit den Achseln, während er ein paar Fusseln von seinem linken Schienbein pflückte. Vermutlich sollte er die Stellen verbinden, bevor sie sich wieder auf den Weg machten. Lässig schnipste er die letzte Fluse in die Flammen vor ihm.

„Ich werd‘s überleben.“

In seinem Augenwinkel sah er seinen Begleiter nicken. Wortlos reichte Odin ihm einen der Stöcke, die er mitgebracht hatte. Immerhin. Er hatte den Zweig von seiner Rinde befreit, bevor er das Fleisch mit ihm aufgespießt hatte. Und auch beim Bärensteak selbst hatte er sich offenbar mehr Mühe gegeben, als unbedingt notwendig gewesen wäre. Die Scheibe war jedenfalls so gleichmäßig, wie er es sonst nur von Frederick gewöhnt war.

Frederick.

„Tsk“, sagte er.

Neben ihm hob Odin die Augenbrauen.

„Was bedrückt deine Seele, mein treuer Adlatus?“

„Können wir bei Laslow des azurblauen Himmels bleiben?“, erwiderte er, wartete allerdings nicht auf eine ernst gemeinte Antwort. „Ich habe nur an zuhause gedacht.“

„Oh.“

Bedächtig hielt Laslow sein Steak ans Feuer. Rauch kroch die Unterseite hinauf, bevor er sich über ihren Köpfen verlor.

„Immer, wenn Vater Frederick jagen geschickt hat, hat der irgendwas angeschleppt. Nie Reh, nie Schwein, sondern immer irgendwas. Riesenschlangen. Ausgewachsene Greifen. Hey, erinnerst du dich an diesen abartig großen Grizzly?“ Ein Lächeln schlich sich wie von selbst auf seine Lippen. „Deine Mutter hat gequiekt, als sie das Vieh gesehen hat!“

Odin lachte leise.

„Jeder, der noch alle Klingen beisammen hat, hat gequiekt, als er das Vieh gesehen hat, Kumpel. Der hat noch gezuckt, als er ihn abgelegt hat. Hätte Chrom fast den Schädel eingeschlagen, als er es anfassen wollte.“

„Hehe, ja. Dafür hat er am Ende drei Mal Nachschlag bekommen.“

„Pfft. Den hat er bekommen, weil sonst niemand Bär im Lager wollte.“

„Ist deine Scheibe deswegen nur halb so groß, wie meine?“

„Was?“, erwiderte Odin empört. „Du wagst, so schändlich von mir zu denken? Der Finstere Odin denkt nur an seine treuen Freunde! Du hast dir deine Portion heute für wahr verdient!“

Laslow zog eine Augenbraue hoch.

„Wir haben mehr Bär, als wir werden essen können, Odin.“

„Aber nur halb so viel von diesem saftigen Hüftfleisch!“

„Es ist ein Bär, Odin, kein Kaninchen.“

Odin öffnete den Mund, doch Laslow winkte ab. Sein Blick glitt zurück zum Feuer und damit zu den Schlüsselkräutern, die Odin in sicherer Entfernung zum Trocknen ausgelegt hatte. Noch immer hingen ein paar Heideblüten zwischen dem Grün.

„Sag mal“, begann er. Skeptisch sah er auf, gerade so weit, um das Gesicht seines Freundes im Augenwinkel sehen zu können. „Welches Tor sollen wir für deinen Herren überhaupt öffnen?“

Odin erwiderte seinen Blick, als habe er ihn gefragt, ob Wyvern sich in erster Linie von Karotten ernährten.

„Das zu seiner Seele, natürlich!“

Laslow verschluckte sich an seiner eigenen Spucke. Statt seinem Gegenüber zu antworten, hustete er. Zwar spürte er Odins Hand auf seinem Rücken, doch das half nicht viel. Tränen traten in seine Augen.

„Ich weiß, es ist eine gloriose Aufgabe, und dabei so nervenaufreibend und doch so ehrenvoll! Doch sei unbesorgt! Der Finstere Odin wird sie in Windeseile lösen!“

Ihm wären einige Worte für diese Aufgabe eingefallen, doch glorios gehörte genauso wenig dazu, wie ehrenvoll. Das war alles, aber ganz sicher nicht ehrenvoll. Ihre Väter hätten sie dafür … Wobei – nein. Chrom hätte sie dafür erschlagen. Bei Robin hingegen käme es darauf an, wie viel Zeit er zuvor mit Miriel verbracht hatte.

Er röchelte noch einmal.

„Was willst du mit seiner Seele?“, fragte er erstickt. Er versuchte, die Tränen aus seinen Augenwinkeln zu blinzeln.

„Nicht ich! Milord selbst!“

Irritiert blickte Laslow auf. Die Tränen brannten immer noch in seinen Augenwinkeln, aber vielleicht war das mittlerweile auch nur noch der Rauch. Ja. Es auf den Rauch zu schieben war sicher besser, als zuzugeben, schon wieder zu heulen. Er hustete noch einmal.

„Hat er die nicht schon? Ich meine, er ist schon er selbst, oder?“

„Oh, ja. Ja, natürlich ist er das! Und so hervorragend wie immer!“

„Wenn er sie hat, warum suchen wir einen Zugang zu ihr?“

„Weil es ihm nach sagenumwobenen Wissen dürstet, das ein uneingeweihter wie du kaum kennt.“

Langsam ließ das Kratzen in seiner Kehle nach – aber leider nur das. Das Bedürfnis, Odin zu schütteln, wuchs hingegen exponentiell an.

„Übersetzung, Odin. Keine Kommas.“

Odin öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Es dauerte offenbar einen Moment, um all die Nebensätze und die überflüssigen Adverbien zu streichen.

„Er wünscht den Namen seines Seelengefährten zu erfahren. Das Ritual, das ich in der Bibliothek fand, lässt ihn auf dem rechten Unterarm erscheinen.“

Spätestens jetzt war Laslow davor, Odin beim Umhang zu packen und den Blödsinn aus ihm heraus zu schütteln. Allein nur, er war zu baff.

„Bitte was?“

„Bei Seelengefährten handelt es sich um zwei Menschen, deren Seelen das Schicksal durch einen mystischen Bund miteinander verwoben hat. Er befähigt die beiden Partner, eine Verbindung einzugehen, die jede alltägliche Liebschaft überstrahlt und die Raum und Zeit zu überdauern vermag!“

Laslow starrte, immer noch. Nur mühsam fand er seine Fähigkeit, seine Verzweiflung in Worte zu fassen, wieder.

„Seelengefährten sind ein Ammenmädchen, das man kleinen Mädchen erzählt. Odin.“

„Prinz Leo ist überzeugt von ihrer Existenz.“

„Und kleinen Jungen“, fügte Laslow hinzu. Wobei – er glaubte nicht wirklich daran. Der Prinz hatte in vielerlei Hinsicht seine ganz eigene Ausstrahlung. Nur die eines naiven Kindes gehörte eher nicht dazu. Wahrscheinlicher war, dass diese Mission genauso motiviert war, wie die anderen zuvor. Mit Dunkelheit erfüllte Magnete. Goldene Krähen.

Pah.

„Über derlei Vorwürfe ist ein forschender Geist wie er erhaben“, behauptete Odin. „Er glaubt an die Existenz von Seelengefährten und vertraut auf mich, den seinen zu finden!“

„Vermutlich vertraut er vor allem darauf, dass du dich bloß stellst, Odin.“ Ihm war klar, dass er sich damit auf dünnes Eis begab, doch diese Worte zu sprechen, tat gut. „Ich meine, selbst wenn es so etwas wie Seelengefährten gäbe – was würde er damit wollen? Er wird sich seine Ehefrau kaum selbst suchen. Die wird sein Vater, der König, für ihn bestimmen. Vielleicht auch sein Bruder. Wenn er Glück hat, darf er sich aus einer Handvoll adeliger Damen aus Nohr oder Nestria diejenige mit den wenigsten Pickeln aussuchen, aber sonst? Denkst du nicht, es würde ihn frustrieren, seine Seelengefährtin zu kennen und gleichzeitig zu wissen, das er sie nie wird heiraten können? Das muss doch unheimlich deprimieren, oder nicht? Mich würde es deprimieren.“

Odin warf ihm einen skeptischen Blick zu. Laslow sah, wie es in seinen Augen funkelte.

„Also willst du es nicht ausprobieren?“

„Was, warum ich?“

„Nun, dann wüsstest du wenigstens, auf welches Mädchen du dich mit deinen Einladungen zum Tee konzentrieren kannst.“

Laslow öffnete den Mund. Er spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht kroch. Als wenn er sich auf irgendeines der Mädchen hätte konzentrieren wollen! Er sprach sie doch gar nicht dafür an, verdammt! Also nicht nur, zumindest. Und wenn er schon einen Namen auf seinem Unterarm tragen sollte, dann kam dafür nur ein Name in Betracht …

„Ich glaube nicht an Seelengefährten, Odin“, würgte er hervor und den Gedankenfaden damit ab.

„Also willst du es nicht ausprobieren?“

„Nein?“

„Fein! Dann demonstriere ich es dir eben an mir!“

Und das tat er …

 

~ ♦ ~

 

Laslow hatte wenig Ahnung von Magie, doch selbst er war sich sicher, dass die Hälfte aller Bewegungen und mindestens drei Viertel aller Worte, die Odin in der letzten halben Stunde von sich gegeben hatte, vollkommen überflüssig waren.

Er gähnte.

Zunächst hatte er seine Zeit damit verbracht, seine Knöchel mit ein paar Bandagen, die er ganz unten in seinem Reisebündel gefunden hatte, zu umwickeln und seine Füße anschließend zurück in seine Stiefel zu zwängen. Anschließend hatte er Holz nachgelegt, die Bärensteaks gewendet und ihre Taschen ein weiteres Mal kontrolliert. Mittlerweile lagen die Bündel fein säuberlich aufgereiht vor dem Stamm der nächsten Fichte. Selbst die Bärensteaks waren beinahe durch.

Seine Langeweile wuchs. Er hatte versucht, Odins Ritualen zu folgen, doch davon war ihm nur schwindelig geworden. Selbst den Stern von Rigel hatte er mittlerweile umfassend bewundert – oder zumindest die Klebung, mit der Odin die vier Donner-Folianten aneinander geleimt hatte – doch selbst die kunstvollste Klebung wusste nur für eine gewisse Zeit zu begeistern.

Laslow gähnte erneut.

Er spürte, wie seine Augenlider immer schwerer wurden. Seine Nacht war zu kurz gewesen, das spürte er jetzt. Auch die Kämpfe mit Anthone und später mit dem Bären hatten ihre Spuren hinterlassen. Langsam krochen auch sie ihm in die Glieder. Morgen würde er Muskelkater haben. Vielleicht auch schon nach der Pause, auch wenn das voraussetzte, das Odin sich sein Scheitern endlich eingestand. Ein Blick nach links, zu den Birken, zwischen denen Odin gerade die Geister der Dämmerungsdrachen beschwor, bot keinen Grund zur Hoffnung.

Träge griff er nach Annas Wundersamem Permanent-Lidschatten – dem einzigen Gegenstand, den er nicht wieder eingepackt hatte. Im Nachhinein hätte er nicht einmal sagen können, warum er ihn nicht wieder eingepackt hatte. Vielleicht hatte er gehofft, das Tiegelchen würde ihm dabei helfen, sich zu erinnern, für wen er es überhaupt erworben hatte. Wenn dem so war, hoffte er wohl zu viel. Da waren Namen – viele Namen – doch langsam glaubte er, den Lidschatten nur gekauft zu haben, weil ihn die Verkäuferin so süß angelächelt hatte. Sie hatte viel geredet, über Magie, darüber, wie lieblich die Farbe aufgetragen aussehen würde, über das Mädchen, das sich glücklich schätzen konnte, einen so tollen Freund wie ihn zu haben.

Laslow stockte.

Wie viel Geld hatte er für den Tiegel überhaupt bezahlt?

Der Impuls, nach seinem Soldbeutel zu greifen, erstarb, als er realisierte, dass er nichts mehr hörte. Das hieß – er hörte schon etwas. Hinter ihm knarzten die Kiefern und Wind rauschte in ihren Ästen. Das Feuer knisterte. Zu seiner rechten wies ihn ein mahlendes Geräusch darauf hin, dass Priscilla noch nicht aufgegeben hatte, zwischen dem absterbenden Gras die letzten, saftigen Halme herauszunaschen.

Doch das war es nicht.

Die finsteren Hände der Dämmerung fehlten. Die schwarzen Ödeme der Versuchung. Die Flüche des dunklen Ritters. Die-

Eilig steckte Laslow den Lidschatten in seinen Stiefel. Keinen Augenblick zu spät. Laslow sah gerade noch rechtzeitig auf, um Odin dabei zuzusehen, wie er neben ihm auf den Hosenboden glitt. Die Bewegung hatte nicht viel theatralisches an sich.

„Hast du‘s?“, fragte Laslow aus reiner Höflichkeit.

Odin schüttelte den Kopf. Statt seine Antwort in Worte zu fassen, zeigte er ihm seine Unterarme. Er hatte die Armschoner abgenommen und die Ärmel hochgekrempelt. Eine Reihe feiner Linien zog sich wie die Adern eines Farns von seinen Fingerspitzen bis über seine Handgelenke, bevor sie sich in Verästelungen verloren. Blitznarben, wie er dank Miriels Unterricht wusste, vermutlich Nebenwirkungen des Sterns von Rigel.

Sonst war da nichts.

Kein Name.

Keine Initialen.

Nicht einmal ein Buchstabe.

Plötzlich tat Odin ihm leid. Immerhin – wahrscheinlich war das das Ergebnis, auf das Prinz Leo mit seiner Missionsvergabe abgezielt hatte. Fair war es nicht.

„Warum versuchst du es nicht noch einmal?“, fragte er mit einem Lächeln auf den Lippen, von dem er zumindest hoffte, dass es aufmunternd wirkte.

Odin jedoch lehnte sich nur gegen den Baumstamm in seinem Rücken.

„Keine … überströmende Macht … mehr.“

„Ähm“, antwortete Laslow. „Dann … warte vielleicht einfach ab? Vielleicht braucht der Name einfach etwas Zeit, um zu erscheinen? Wie bei einem Bluterguss, vielleicht?“

„Vielleicht.“

Laslow schluckte. Kurzentschlossen griff er nach Odins Fleischspieß und zog ihn vom Feuer. Kaum bewegte er den Spieß, kroch der Geruch von Gegrilltem in seine Nase. Allein dabei lief ihm das Wasser im Munde zusammen.

„Komm, iss erst einmal deinen Bären, okay?“, schlug er vor. Auffordernd wackelte er mit dem Spieß.

Keine Reaktion.

„Odin?“

Irritiert blickte Laslow auf. Odin erwiderte seinen Blick nicht. Tatsächlich sah Odin weder zu ihm, noch sonst irgendwohin. Seine Augenlider flatterten, schlossen sich dann ganz. Sein Kopf kippte nach hinten, gegen den Stamm, doch auch das störte ihn nicht.

„… muss … tanken …“

„Odin? Wir müssen demnächst weiter“, warf er ein, auch wenn er sich nicht viele Hoffnungen machte. Tatsächlich kippte Odins Kopf noch während er sprach, nach hinten gegen den Stamm. „Hey! Odin?“

Leises Schnarchen antwortete ihm.

Laslow seufzte. Vielleicht hatte sein Freund recht. Der Tag war bereits zu anstrengend gewesen. Sicher würden sie ihre Kraft noch brauchen, für den Rest der Strecke genauso wie für einen Kampf, sollte Anthone sie tatsächlich noch einholen. Und er war müde.

Gedankenverloren biss er in Odins Bärensteak. Es war eines der besseren, die er bislang gegessen hatte. Frederick hatte die leidliche Eigenschaft, nicht nur die besonders großen Exemplare zu erlegen, sondern auch die besonders alten. Der hier war dagegen richtig saftig. Hatte er sich doch den richtigen Bären ausgesucht, um sich beinahe fressen zu lassen …

Er schnaubte.

Ja, natürlich.

Selbst im Nachhinein war die Sache noch immer dämlich.

Missmutig blickte er zu Odin. Seine Unterarme waren noch immer unbeschrieben. Natürlich waren sie das.

Laslow nahm einen weiteren Bissen.

Wenn dieses blöde Kraut wenigstens funktionieren würde. Was es nicht tat. Die übrigen Stängel, die, die Odin nicht für seine fruchtlosen Versuche geopfert hatte, lagen noch immer auf einem Stein neben dem Feuer. In dem leichten Luftzug, der vom Feuer aus über sie hinweg strich, wippten ihre Blätter leicht, so, als wollten sie sie verhöhnen. Vermutlich war es nur Klee. Stinknormaler, nohrischer Klee, der keine besonderen Eigenschaften hatte, außer der, große, finstere Magier an der Nase herumzuführen.

Wobei.

Sie hatten diese Fußschellen geöffnet, oder nicht?

Sie sollten also auch bei anderen Schlössern funktionieren. Pfft. Vermutlich gab es das Schloss, von dem sein Kumpel so überzeugt war, einfach nicht. War doch eigentlich logisch. Keine Seelengefährten – kein Schloss zur Seele.

Einfach, ja.

Nur nicht sonderlich fair.

Laslow schluckte den letzten Bissen. Den abgenagten Spieß warf er ins Feuer, ohne den Blick von Odins Unterarmen zu nehmen. Kein Name. Nur Blitznarben.

Nur ändern konnte Laslow daran nichts.

Das hieß …

Der Gedanke formte sich, während er auch das zweite Steak von seinem Spieß nagte. Es war eine dumme Idee, wirklich. Vermutlich hatte er sie nur, weil er sich den Kopf heute schon einmal zu oft angeschlagen hatte. Und doch. Und doch

Mit jedem Bissen, den er nahm, überzeugte ihn die Idee mehr.

Laslow kaute und schluckte. Ein letztes Mal leckte er sich über die Lippen, dann warf er auch den zweiten Spieß ins Feuer. Leise, um Odin nicht zu wecken, streckte er sich an seinem Freund vorbei und griff nach einem der verbliebenen Raskovnikstängel. In diesem Moment hätten sie auch normaler Klee sein können. Laslow brauchte keine magischen Eigenschaften. Er brauchte nur einen Lidschatten, der hundertprozentig und drei-Monate-sonst-Gold-zurück-garantiert hielt.
 



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