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Daemon 2

Akte Holland
von

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Kapitel 4

[JUSTIFY]Einige Stunden später, als Sam, Henny und Tom zum Hotel gegangen waren, schirmte ich meine Augen gegen die schrägstehende Junisonne ab und pfiff leise durch die Zähne, Hand auf meinen neuen Gehstock gestützt. „Das … ist die richtige Adresse, oder?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Andrew überprüfte ein drittes Mal den Notizzettel. „Kein Zweifel. Ich dachte nur, dass …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hollands Villa nicht direkt in der Grenze gebaut wurde?“, beendete ich seinen Satz. Daniel hatte uns zwar vorgewarnt, aber die gewaltige Mauer, die Distrikt 18 an allen Grenzen zum Ödland umschloss, war Teil der Hausfassade. Drei Stockwerke, die sich wie gigantische Streichholzschachteln übereinander türmten und mehr Glasfronten als Betonwände aufwiesen, formten ein asymmetrisches Anwesen, dessen Rückseite hoch über das eigentliche Gebäude ragte und mit der Grenzmauer verschmolz. Scharfgeschnittenes Stahlgrau traf auf den wolkenlosen Himmel, dessen tiefes Blau sich ungebrochen in alle Richtungen erstreckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Los, kommt schon![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida flog ungerührt von der Größe der Villa auf das aufwendig verzierte Metallgitter zu, an dem eine Sprechanlage neben dem Tor angebracht war. Andrew nickte mir zu. Gemeinsam folgten wir Idas heller Gestalt über den knirschenden Kies. Obwohl es Sommer war, fühlte ich mich in den Winter von Distrikt 16 zurückversetzt. Kein einziger Baum oder Busch zierte den Hof des Holland-Anwesens; Grau und Schwarz dominierten soweit das Auge reichte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Am Tor klingelte ich und meldete uns bei der verzerrten Stimme als Daniels Gäste an. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ein lautes Sirren ertönte und das Tor sich auf einer Seite öffnete, um uns durchzulassen. Ida war längst durch die Stäbe geflogen und winkte uns ungeduldig von der großen Stahltür zu, die ich als Haupteingang identifizierte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als wir sie einholten, hüpfte Ida bereits aufgeregt durch die Luft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ihr braucht viel zu lange![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Beruhige dich, Partner“, murmelte ich und hievte mich mit Andrews Hilfe die drei Stufen empor. „Nicht alle hier Anwesenden können fliegen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Eigentlich schade.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erschrocken sah ich auf. Die Stahltür hatte sich so lautlos geöffnet, dass ich Daniel nicht bemerkt hatte, der an den Türrahmen gelehnt stand und uns mit verschränkten Armen beobachtete, Mundwinkel amüsiert hochgezogen. Neben ihm schwebte, tiefschwarz wie immer, sein Dae.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hallo, Isaac“, begrüßte ich seinen Bruder. Er nickte kaum merklich und wandte sich dann zur Seite, bis er geradewegs in die Hauswand schaute.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]»Du solltest nicht durch anderer Leute Wände fliegen. Das ist unhöflich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich folgte seinem Blick und entdeckte im nächsten Moment Idas Füße, die halb aus der Wand ragten. „Ida!“, fauchte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie schoss aus der Wand, färbte sich einige Stufen dunkler und sah betreten zu Boden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Tut mir leid. Wird nicht wieder vorkommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist schon okay, Ida“, warf Daniel schnell dazwischen. „Du wirst noch genügend Gelegenheit bekommen, dich in unserem Haus umzusehen. Aber wir haben Personal und würden nicht wollen, dass du versehentlich jemanden auf dem Klo erwischst, nicht wahr?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida nickte mit gesenktem Kopf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kommt rein“, sagte Dan und winkte uns an ihm vorbei durch die Tür. „Willkommen im Holland-Anwesen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Parkett unter unseren Füßen glänzte frisch poliert und warf den Klang hallend in dem langen Flur zurück. Die hohen Wände waren bar jeder Dekoration.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gemeinsam gingen wir durch das Foyer zum Speisesaal. Ein Dienstmädchen klopfte mit zwei Knöcheln an und stieß den Türflügel auf. Mit einem ausgebreiteten Arm und leicht gebeugtem Kopf wies sie uns hinein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah mich überrascht um. Von der grauen Fassade, den Fenstern und den Stahltüren, hatte ich eine moderne Einrichtung erwartet, stattdessen begrüßten uns eine dunkle Holztafel, grün gepolsterte Stühle mit gewundenen Armstützen, ein leerer Kamin und ein Kristallkronleuchter, der hoch über unseren Köpfen hing und das Sonnenlicht, das durch die Fensterfront auf der gegenüberliegenden Seite fiel, in tausend Facetten spiegelte. Einzig die schweren Samtvorhänge boten etwas Sichtschutz nach außen, waren momentan jedoch zur Seite gezogen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Am Kopfende des Tisches saß ein Mann, um die sechzig, mit schütterem, graumeliertem Haar und einem tiefgefurchten Gesicht, das hinter der winzigen Brille umso älter wirkte. Als er uns bemerkte, erhob er sich vorsichtig und kam auf uns zu. Die Butlerin, die mit gesenktem Kopf an seiner Seite stand, trat unauffällig in den Hintergrund.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Isaac schwebte an uns vorbei und zu Arnold Holland, der dem Dae den Kopf streichelte. Gemeinsam erwarteten sie unser Näherkommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie sind also die berühmte Raccoon Thynlee“, sagte er lächelnd, als wir ihn erreichten. „Ich habe schon viel von Ihnen gehört.“ Ich wechselte die Seite meines Gehstocks und schüttelte seine dargebotene Hand, runzlig wie zerknülltes Papier, und erwiderte das Lächeln, auch wenn es sich sehr gekünstelt anfühlte. Ich hasste diese gezwungene Höflichkeit, aber mit der Bitte im Hinterkopf, die ich im Laufe des Abends würde äußern müssen, wagte ich nicht, das Protokoll zu brechen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist mir eine Ehre, Sie zu treffen, Mr. Holland“, sagte ich. „Das ist Andrew, mein Mitarbeiter und Ida, mein Dae.“ Ida winke schüchtern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Hi.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wunderbar.“ Er neigte sich zu ihr herab. Wenn ich genau hinsah, konnte ich den Umriss der Sichtlinsen in seinen Augen erkennen. „Schön dich zu treffen, kleine Ida. Meine Söhne Isaac und Daniel kennst du natürlich schon. Das dort drüben ist meine Butlerin, Eugenie. Wenn du etwas brauchst, sprich sie einfach an.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick huschte zu Eugenie, die bei der Erwähnung ihres Namens kurz den Kopf gehoben hatte. Ihr Haar war ein Stahlvorhang, glatt und scharf geschnitten. Obwohl es schon grau war, wies ihr Gesicht nur wenige Falten auf. Keine Lachfalten um den Mund, keine Furchen um die Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aus der Entfernung war es schwer auszumachen, aber von der Art, wie sie Ida betrachtete, war ich sicher, dass sie ebenfalls Sichtlinsen trug. Ich schätzte, dass es nicht unnatürlich war, schließlich lebte Isaac her. Vermutlich hatte Holland das gesamte Personal mit Linsen versorgt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Genug der Formalitäten“, sagte Holland und gestikulierte in Richtung des gedeckten Tisches. „Setzen wir uns, mit vollem Magen bespricht sich das Geschäftliche gleich viel besser, nicht wahr? Ida, möchtest du dich vielleicht umsehen? Isaac zeugt dir gerne unser Anwesen. Bei uns Erwachsenen wirst du dich nur langweilen, das garantiere ich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida runzelte die Stirn und sah fragend zu mir. Ich nickte ihr aufmunternd zu. Kurz schien sie verunsichert, dann breitete sich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht auf und sie huschte zur Tür hinaus. Isaac tauschte einen kurzen Blick mit seinem Vater, bevor er ihr folgte. Daniel, Andrew und ich nahmen unterdessen zu beiden Seiten von Holland Platz. Eugenie verließ den Raum.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch während ich einen Einstieg für das Gespräch suchte, faltete Holland die Hände unter seinem Kinn und betrachtete mich über den Rand seiner runden Brille. „Ich muss gestehen, ich bin erleichtert, Sie hier anzutreffen“, sagte er. „Daniel hat mir natürlich von Ihrem gemeinsamen Auftrag berichtet, aber er war nicht sicher, ob Sie sein Angebot annehmen würden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte, nicht sicher, wie viel ich ihm verraten konnte. Holland fuhr unbeirrt von meinem Schweigen fort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie sind Sie und Ihr Dae zusammengekommen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das immerhin konnte ich problemlos beantworten. „Ihr Vater war von einem Daemon besessen und sie hat mich um Hilfe gebeten“, erklärte ich. „Das war vor einem halben Jahr. Ich habe sie zuerst abgewimmelt, aber sie ist mir gefolgt und wurde von einem freilaufenden Daemon gebissen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Holland senkte den Blick. „Das tut mir sehr leid. Es geht immer so schnell. Sie ist noch so jung, sogar jünger als Isaac damals.“ Er holte tief Luft und schloss die Augen. „Sein Tod hat meiner Frau Regina und mir das Herz gebrochen. Sie hat sich leider nie davon erholt.“ Ich schielte flüchtig zu Daniel, der mit steinerner Miene auf seinen Teller starrte. Einige Sekunden schwelgte Holland in Erinnerungen. Dann schüttelte er sanft den Kopf. „Aber ich habe mich mit der Situation abgefunden. Isaac mag tot sein, doch er ist auch lebendig. Seine Existenz ist anders als unsere, das stimmt, aber deshalb nicht weniger wertvoll. Finden Sie nicht auch?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Absolut“, sagte ich, ohne zu zögern. Tatsächlich nahm jedes seiner Worte eine gewaltige Last von meinen Schultern. Seit dem Telefonat mit Rock hatte ich mich bisweilen so gefühlt, als wäre ich die Einzige, die Idas Zustand nicht als Fluch betrachtete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Als Idas Ankerpunkt fällt Ihnen eine große Verantwortung zu“, fuhr Holland fort. „Haben Sie je darüber nachgedacht, was geschehen würde, wenn Ida ein Daemon wird?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie ist in der Lage, den Zustand eigenständig zu wechseln“, sagte ich automatisch. „Bis zu ihrer ersten Verwandlung wusste ich nicht mal, dass das möglich ist.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja, Kinder haben uns Erwachsenen in dieser Hinsicht einen großen Vorteil. Ihre Unschuld erlaubt es ihnen, die tiefen Abgründe des Daemonendaseins wieder zu verlassen. Solange sie sich der Dunkelheit willentlich hingeben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was soll das heißen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Holland lächelte milde. „Es bedeutet, dass jeder Dae unwiderruflich zu einem Daemon werden kann, wenn der emotionale Schock groß genug ist. Denken Sie zurück an den Tag von Idas Verwandlung. War es eine bewusste Entscheidung?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich musste nicht lange nachdenken. Idas entschlossener Blick und ihre Worte waren für immer in meiner Erinnerung eingebrannt. Wenn sie die Bösen sind, darf man sie töten, oder? Damals hatte ich noch geglaubt, sie exzidieren zu müssen. Ich war bis heute nicht sicher, ob ich es geschafft hätte. Holland musste die Antwort auf meinem Gesicht gelesen haben, denn er fuhr fort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Tatsächlich sind Dae in dieser Hinsicht gefährlicher als herkömmliche Daemonen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was meinen Sie damit?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In diesem Moment kehrte Eugenie zurück, einen kleinen Rollwagen vor sich herschiebend. Holland lächelte und wartete, bis die Butlerin den eisgekühlten Champagner hereingebracht und uns eingeschenkt hatte. Sie bezog hinter Holland an der Wand Stellung, Hände hinter dem Rücken verschränkt, während Holland den Champagner probierte. Ich folgte seinem Beispiel. Der Alkohol kribbelte auf meiner Zunge, herb und feinperlend. Gegenüber verzog Andrew angewidert das Gesicht und ich verkniff mir ein fieses Grinsen. Er konnte noch so sehr den Erwachsenen spielen, für mich blieb er weiterhin ein Kind.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Holland hob das Glas in meine Richtung. „Offen gestanden ist dieser Gesprächsteil einer der Gründe, weshalb ich Ida mit Isaac fortgeschickt habe. Ich möchte die Kleine nicht unnötig beunruhigen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Inwiefern?“, fragte ich eisig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Daniel hat mir natürlich alles von der Hortexzision berichtet. Unter anderem, dass Ida einen Daemon gefressen hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das muss sie sich bei Isaac abgeguckt haben“, sagte ich, immer noch bissig. „Vorher hat sie so etwas noch nie gemacht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Oh, das bezweifle ich nicht“, lachte Holland. „Isaac ist … unersättlich, könnte man sagen. Er sieht seinen Kampf gegen die Daemonen als Rache für das Leben, das sie ihm geraubt haben. Aber sicher haben Sie bemerkt, dass er nicht wie ein eskalierter Daemon aussieht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe gemerkt, dass er nicht so groß wie ein Haus ist, wenn Sie das meinen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Holland nickte mir zu. „Ganz recht. Aber Isaac hat genug Daemonen gefressen, um als eskalierter Daemon zu gelten. Hunderte, um genau zu sein.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ein Daemonenkönig?“, fragte ich ungläubig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„So werden sie in bestimmten Kreisen genannt. Die Masse, die Isaac dabei gewonnen hat, würde ihn als Daemon zu einem wahren Monster machen, als Dae jedoch verliert er nie die Gestalt seines zwölfjährigen Ichs. Die Masse verschwindet natürlich nicht einfach.“ Er sah mich vielsagend an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Deshalb wird er nie weiß“, flüsterte ich, als ich plötzlich verstand. „Er hat zu viel Masse, um in den schwerelosen Zustand überzuwechseln. Und deshalb konnte ich ihn auch anfassen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Holland lächelte. „So ist es. Ida ist weit von diesem Zustand entfernt, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass sie zu einem sehr mächtigen Daemon werden kann, wenn sie die Kontrolle verliert und nur einen Bruchteil der Daemonen gefressen hat, um die es sich bei Isaac handelt. Dazu kommt, dass Dae automatisch stärker werden, je länger sie existieren. Selbst wenn Ida nie wieder einen Daemon frisst, wird sie irgendwann die Grenze überschreiten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Aber ist Isaac dann nicht das größere Problem?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hollands Blick verhärtete sich. „Sie wissen sicher, wie das Ödland außerhalb der Grenzen entstanden ist?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Eskalierte Rotten“, sagte ich und unterdrückte meinen ungeduldigen Unterton. Für wie weltfremd hielt Daniels Vater mich? „Die stärksten Daemonen einverleiben sich den Rest und werden so stark, dass sie ganze Städte überrennen. Nur wegen ihnen haben sich Daemonenhunter überhaupt zusammengetan und Organisationen gebildet, und um die Bevölkerung der nicht infizierten Städte zu schützen, wurden die Grenzwälle errichtet.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Holland nickte anerkennend. „Die Kreaturen, die außerhalb der Grenzen hausen, sind so gefährlich, das sich kein Hunter in die Nähe ihrer Horte wagt. Stetig büßen wir neue Stadtteile ein und müssen unsere Grenzen enger ziehen, bis unser Lebensraum langsam aber sicher schwindet. Schon jetzt häufen sich die Attacken und Rottenbildungen innerhalb unserer Mauern. In ein paar Jahrzehnten existiert Distrikt 18 vielleicht nicht mehr. Und wenn es so weiter geht, werden die Daemonen eines Tages die ganze Welt übernehmen und die Menschheit ausrotten. Hunter wie Sie kämpfen dagegen an, Ms. Thynlee. Ein nobler Dienst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was hat das mit Isaac zu tun?“, fragte ich. „Warum frisst er so viele Daemonen, wenn es ihn in eine tickende Zeitbombe verwandelt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist das nicht offensichtlich?“, fragte Holland. Seine Hand umfasste das Champagnerglas fester, bis die Knöchel unter der transparenten Haut hervortraten. „Isaac muss stärker werden, stärker als alle anderen Daemonen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das macht keinen Sinn“, entgegnete ich. „Sie erschaffen einen Daemonenkönig innerhalb der Grenzen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Gesicht färbte sich von einem Moment zum anderen tiefrot. „Es ist der einzige Weg, diesen Krieg zu gewinnen, Ms. Thynlee!“, schrie er und donnerte mit der geschlossenen Faust auf den Tisch. Daniel fuhr zusammen, Andrew fiel fast vom Stuhl und ich erstarrte in der Bewegung, Augen weit aufgerissen. Holland holte schnaufend Luft und fasste sich ans Herz, dann zwang er ein Lächeln auf sein Gesicht und ließ seine zitternde Hand in seinen Schoß sinken. „Vergeben Sie mir den Ausbruch“, sagte er kurzatmig und nahm einen Schluck Wasser. „Ich kann ein sehr … leidenschaftlicher Mann sein.“ Er lachte, doch es klang hohl, ein Echo in einem dunklen Brunnenschacht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während Holland Eugenie zu sich winkte und ihr auftrug, den ersten Gang bringen zu lassen, wechselte ich einen raschen Blick mit Andrew. Er hatte das gesamte Gespräch über geschwiegen und sah nach Hollands Ausbruch wie ein geprügelter Welpe aus. Am liebsten hätte ich ihn und Ida geschnappt und wäre sofort abgehauen, aber ich war immer noch nicht dazu gekommen, Holland um seine Hilfe zu bitten, auch wenn mich die Aussicht, in Zukunft mit ihm zusammenzuarbeiten, schüttelte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Essen verlief schweigend. Holland ergriff hin und wieder das Wort, doch ich antwortete nur einsilbig auf seine Fragen und Daniels Versuche, die unangenehme Atmosphäre aufzulockern, blieben erfolglos. Während des Desserts huschte plötzlich ein weißer Schatten durch die Tür und fiel mir um den Hals.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich habe dich so vermisst![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida“, sagte ich lachend und mimte ein Tätscheln ihres wirren Lockenkopfes nach. „Du warst nur eine Stunde weg.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Schon, aber Isaac redet nicht viel, wobei du das auch nicht tust, aber du lächelst immerhin, und wir haben schon alle Zimmer gesehen, nur in den Keller durfte ich nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Tragisch“, neckte ich sie und rutschte auf meinem Stuhl zurück, damit sie so tun konnte, als säße sie auf meinem Schoß. Isaac glitt hinter ihr herein, Gesicht so ausdruckslos wie immer, als habe Ida ihn nicht gerade als langweilig bezeichnet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ha!“, lachte Holland und klopfte mit der Hand auf den Tisch, „eine so lebhafte, junge Dame. Ich kann verstehen, warum Sie so sehr an ihr hängen, Ms. Thynlee.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas Blick huschte zu mir und ich las so viel Freude aus ihren Augen, dass ich ihr Grinsen unwillkürlich erwiderte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Aber kommen wir zum Geschäftlichen“, sagte Holland, als alle ihr Dessert beendet hatten. „Sicher sind Sie meiner Einladung nicht nur gefolgt, um sich an meinem Champagner zu erfreuen, auch wenn der es sicher wert wäre. Was kann ich also für Sie tun?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich leckte mir über die Lippen. „Seit ich meine alte Organisation verlassen musste, habe ich mich selbstständig gemacht“, erklärte ich. „Allerdings gehen alle Aufträge an hiesige Organisationen und es ist … schwierig, sich über Wasser zu halten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Holland nickte verständnisvoll. „Für Geldprobleme sollten Sie sich niemals schämen. Es kann jeden treffen, ob verdient oder nicht. Sie suchen also eine Möglichkeit, Ihrer Arbeit als Hunterin weiter nachzukommen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte, erleichtert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nun, Sie sind an den richtigen Mann geraten. Ich stehe in engen Kontakt zu dem Chief und habe Netzwerke zu allen Organisationen. Es gibt immer Aufträge, die abgelehnt oder direkt an mich weitergeleitet werden. Daniel und Isaac haben stets viel zu tun.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Daniel stöhnte zustimmend und zwinkerte mir über den Tisch hinweg zu, während Holland die Aufträge beschrieb, die ich zusammen mit ihm erledigen würde. „Sie werden wöchentliche Auszahlungen Ihres rechtmäßigen Lohnes erhalten, zusammen mit einem Bonus, der festgelegt ist, falls die Arbeit einmal ausbleibt“, fuhr er schließlich fort. „Die genauen Details können wir in meinem Arbeitszimmer besprechen, wo ich die erforderlichen Unterlagen habe. Aber davor“, er machte eine dramatische Pause, „haben Sie etwas dagegen, sich einem kleinen Test zu unterziehen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich runzelte die Stirn. „Ein Eignungstest?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„So etwas in der Art“, stimmte Holland zu. „Sehen Sie, es ist nur natürlich, dass Hunter in meinem Dienst die schwierigsten Aufträge abbekommen, hartnäckige Daemonen, Rottenexzisionen, Sie kennen das ja.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vater, Raccoon ist immer noch verletzt“, mischte sich Daniel ein. „Ich glaube nicht, dass du sie schon heute testen solltest. Sicher hat das Zeit, bis sie sich etwas erholt hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gerade das ist der Reiz“, sagte Holland. „Ms. Thynlee, Sie haben sich bei Ihrer letzten Rottenexzision verletzt, daher möchte ich zu Ihrer eigenen Sicherheit wissen, ob Sie meinen Ansprüchen gewachsen sind. Und speziell in Bezug auf das, was wir besprochen haben, erscheint es mir wichtig, dass Sie auch unter nicht idealen Umständen bestehen können.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Je länger die beiden über diesen Test sprachen, desto unwohler wurde mir. Doch Hennys Schmerzmittel wirkten immer noch und das dumpfe Pochen in meinem Bein war kein Grund, mich vor dem Test zu drücken. „Es geht schon“, sagte ich, warf Dan jedoch einen dankbaren Blick zu. „Andrew, nimmst du meinen Gehstock? Ich will ihn nicht mit runternehmen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ausgezeichnet.“ Holland lächelte breit und rutschte von dem Tisch weg. „Eugenie und Isaac werden Sie in die entsprechenden Räumlichkeiten begleiten. Daniel, komm bitte mit in mein Arbeitszimmer. Es gibt da noch etwas, das wir besprechen sollten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit diesen Worten verließ er den langen Esstisch, nickte uns zum Abschied zu und verschwand mit Daniel durch die hohe Flügeltür.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Andrew blieb einige Sekunden lang sitzen, bevor er tief Luft holte und den beiden hinterherlief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was hat er denn vor?“, murmelte ich halblaut. Ida zuckte die Schultern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wenn Sie mir bitte folgen möchten“, ertönte Eugenies Stimme, härter und unnahbarer, als ich von einer Butlerin erwartet hätte. Während sie uns durch die Flure leitete, setzte ich zaghaft einen Schritt vor den anderen und stützte mich an der Wand ab, um mein Bein zu entlasten. Die Essigbehandlung von heute Mittag hielt noch an, aber mir schwante Übles, wenn Holland vorhatte, meine körperliche Fitness zu testen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es dauerte nicht lange, bevor Eugenie uns durch eine dunkle Tür wies, hinter der steinerne Stufen hinabführten. Ida schwebte stumm an meiner Seite. Ich verlangsamte bewusst meine Schritte, bis die Butlerin mit Isaac im Schlepptau um eine Ecke verschwand. „Was ist los?“, fragte ich tonlos.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida huschte kurz voran, wohl um nachzusehen, ob Eugenie uns belauschte, tauchte jedoch im nächsten Moment wieder neben mir auf. Als sie sprach, war ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Irgendetwas ist dort unten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es ist ein Keller, Ida“, erwiderte ich beruhigend. „Was soll dort so Gefährliches sein?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich weiß es nicht. Aber als ich Isaac gefragt habe, wollte er nicht antworten und ist noch dunkler geworden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das bedeutet doch nichts“, sagte ich, aber ich konnte das ungute Gefühl nicht ignorieren, das mich bei ihren Worten beschlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Er wurde nervös, als ich ihn gefragt habe, Coon! [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sah mich flehend an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Etwas ist hier faul, ich weiß es einfach. Vertrau mir.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Resigniert blies ich Luft durch die Zähne. „Ich werde die Augen offenhalten. Aber wenn wir dort unten nichts Verdächtiges finden, lässt du es auf sich beruhen, verstanden?“ Sie nickte energisch und ich seufzte. „Gut, dann komm jetzt, bevor wir die beiden verlieren.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Obwohl ich nicht glaubte, dass Holland einen geheimen Folterkeller vor uns versteckte, sprang Idas Nervosität auf mich über und mit jeder Stufe, die wir tiefer in die Dunkelheit vordrangen, klopfte mein Herz lauter. Das letzte Mal, dass ich bewusst einen Keller betreten hatte, war in Kriguards Villa gewesen—und hatte mit Brittas Tod geendet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Am Fuß der Treppe aktivierte Eugenie einen Lichtschalter, der Neonröhren an der Decke in kaltem, weißem Licht aufflackern ließ und einen langen Gang erhellte, an dessen Ende ich eine schmale Tür ausmachen konnte. Zu unserer Rechten führte eine gewundene Treppe weiter in die Tiefe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bitte hier entlang, Ms. Thynlee“, sagte Eugenie und wartete, bis Ida und ich an ihr vorbei und einige Meter in den Gang hinein gegangen waren, bevor sie mit Isaac an ihrer Seite folgte. Ein kleines Stimmchen in meinem Hinterkopf, das sich verdächtig nach Ida anhörte, wies mich darauf hin, dass man uns offensichtlich im Auge behalten wollte, damit wir nicht in die falsche Richtung gingen. Die Treppen hinunter, zum Beispiel. Ich verwarf den Gedanken und humpelte tapfer vorwärts.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als wir die Tür erreichten, zog Eugenie einen gewaltigen Schlüsselbund hervor, den sie genauso gut als Schlagring hätte verwenden können, und öffnete die Tür mit einem leisen Quietschen. Ida schoss voran, dicht gefolgt von Isaac. Eugenie und ich folgten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wir betraten eine Art Trainingshalle, die tiefer gelegt und über eine dreistufige Treppe zugänglich war. Außer einem elektronischen Pult zu unserer Rechten war der Kellerraum leer. Zwei kleine Türen, beide verschlossen, trennten ihn von was auch immer dahinter lag.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wenn Sie sich bitte auf die Kampffläche begeben würden“, sagte Eugenie. „Mr. Holland wünscht zum Test ihrer Selbstständigkeit ein Duell gegen einen von uns gestellten Daemonen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah abrupt zu ihr. „Ein Daemon?“, fragte ich. „Hier? Im Anwesen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eugenie deutete zu den Türen. „Ein Vorteil, direkt an der Grenze zu bauen“, erklärte sie. „Mr. Holland lockt sie in speziell gefertigte Käfige und kann sie jederzeit für Trainingszwecke benutzen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mir erschien die ganze Situation immer suspekter. Ich hatte erwartet, dass sie meine körperliche Fitness testen würden, vielleicht mit einer Art Parkour, aber nicht, dass man mir einen echten Daemon vorsetzen würde. Aber nachdem ich schon zugesagt hatte, wollte ich jetzt keinen Rückzieher machen. Ich ging los, mein steifes Bein leicht nachziehend. Ohne die Schmerztabletten wäre ich geliefert. Ida schwebte an meiner Seite und sah sich neugierig um.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ms. Thynlee“, erklang Eugenies Stimme. Ich drehte mich zu ihr um. Sie sah ausdruckslos zu Ida. „Ich muss Sie leider bitten, Ihren Dae hier zu lassen. In diesem Test wird einzig Ihre Fähigkeit als Hunterin bewertet. Ich werde Ida parallel einer anderen Prüfung unterziehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida und ich tauschten einen Blick. Als er Idas Unschlüssigkeit bemerkte, schaltete sich Isaac ein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]»Vertraust du ihren Fähigkeiten nicht?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida plusterte sich auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Natürlich tue ich das![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Genug ihr zwei“, murmelte ich und trat auf die Kampffläche. „Bin gleich wieder da, Ida.“ Sie schmollte und verschränkte die Arme, blieb aber, wo sie war. Isaac folgte mir in die Vertiefung. Ich kratzte mit der Schuhspitze leicht über den rauen Betonboden. An die Blutergüsse, die ich mir bei einem Sturz zuziehen würde, wollte ich gar nicht erst denken. Als ich den Blick hob, erkannte ich gerade noch, wie Eugenie einige Tasten auf dem Pult aktivierte und schließlich mit Ida im Schlepptau den Raum verließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]»Ich werde dafür sorgen, dass Ihnen nichts geschieht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Isaac sah mich ernst an. Ich nickte dankbar und dehnte meine Finger. Ich wollte es nicht zugeben, aber ich war froh, dass er im Notfall eingreifen würde. „Von mir aus kann es losgehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als hätten meine Worte einen Schalter umgelegt, schwang eine der beiden Türen gegenüber auf. Meine Muskeln spannten sich automatisch an, bevor ich durchatmete und eine entspannte Haltung einnahm. Ich verlagerte mein Gewicht auf mein gesundes Bein und wartete. Aus der Dunkelheit hinter der Tür erstrahlte ein gelbes Augenpaar, das pulsierend näherkam. Ihm folgte der unförmige, schwarze Körper eines hüfthohen Daemons, dessen Rückenpartie dunkle Schlieren in die Luft abgab. Er fauchte leise, presste sich flach gegen den Boden und näherte sich Schritt für Schritt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie schon tausende Mal in meiner Karriere hob ich die Arme und überlagerte meine Hände, sodass zwischen meinen überkreuzten Daumen und Fingern ein Dreieck freiblieb, durch das ich auf den Daemon zielte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Deficere“, sagte ich laut und spürte, wie die Worte an Kraft gewannen, kaum dass sie meinen Mund verließen. Der Daemon kniff die hervortretenden Augen zusammen und zischte. „Decedere. Deficere.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als hätte der Daemon erst jetzt begriffen, dass ich ihm ans Leben wollte, riss er sich plötzlich vom Boden los und sprintete auf mich zu. Reflexartig wollte ich einen Schritt zurückmachen, blieb im letzten Moment jedoch wo ich war und senkte lediglich meine Hände, um ihn im Visier zu behalten. „Manere!“, befahl ich und der Daemon erstarrte in der Bewegung, wie versteinert. Zufrieden verfiel ich wieder in mein Schwächungsmuster, um die Masse des Daemons zu reduzieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schwarzer Rauch schwebte über dem Boden, wo der Daemon stetig an Masse verlor. Es war kein starkes Exemplar und die Erleichterung darüber ließ mich freier atmen. Mein Bein pochte schmerzhaft von dem langen Stehen und ich wollte mir nicht ausmalen, wie es mir ergehen würde, wenn—[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Zischen riss mich aus meinen Gedanken. Wie in Trance drehte ich den Kopf, weg von dem Daemon, der sich am Boden wand, kaum größer als eine Katze, und Richtung des Geräusches. Ein schwarzer Schatten raste auf mich zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Defensio!“, schrie ich und der zweite Daemon prallte einen Meter entfernt von einer unsichtbaren Barriere ab, die sich in letzter Sekunde aus meinem Verteidigungsschlüssel gebildet hatte. Der Daemon rappelte sich auf und schüttelte den gewaltigen Kopf, gelbe Augen funkelnd und schwarze Fangzähne gebleckt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schluckte schwer. Mein Blick huschte zurück zu Daemon Nummer Eins, der die Zeit genutzt hatte, um sich ebenfalls zu erheben und nun auf mich zu humpelte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gottverdammte Scheiße“, murmelte ich, dann, lauter, „Haesitare!“ Der Daemon wurde zu Boden gerissen, als hätte unter ihm die Scherkraft abrupt zugenommen. Ich drehte mich zurück zu dem zweiten Daemon, der etwas Abstand genommen hatte, bei dem Anblick seines geschwächten Freundes nun jedoch geifernd Anlauf nahm. „Manere!“ Seine Bewegungen wurden langsamer, als wate er durch Honig, doch er blieb nicht stehen und schüttelte den Fixierungsschlüssel nur wenige Sekunden später problemlos ab. Zischend sah ich zurück zu dem ersten Daemon. Gegen zwei gleichzeitig hatte ich keine Chance, solange ich mich nicht richtig bewegen konnte. Ich musste einen der beiden exzidieren, und zwar sofort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich lehnte mich leicht zurück, holte Schwung, und sprang auf Daemon Nummer Eins zu, der erschrocken zur Seite huschte, doch nicht, bevor ich mit meinem schwachen Bein neben ihm aufkam, einknickte und vor Schmerzen fluchend eine Hand nach seinem Kopf ausstreckte. „Nex!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Daemon verpuffte in einer übelriechenden Wolke aus schwarzem Dampf, der mich einige Sekunden lang blind und hustend zurückließ. Als ich wieder sehen konnte, sprang der zweite Daemon gerade auf mich zu, gelbe Augen in Siegestaumel geweitet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich rollte zur Seite, stieß meine Schulter auf dem harten Beton und blieb auf dem Hosenboden sitzen, während ich mit beiden Händen zielte. „Sidere. Decedere. Occidere. Mori. Occidere. Decedere. Sidere.“ Der Daemon zischte, als das trigonale Muster in traf und schwarzer Rauch entwich seinem Körper, der sich spinnenartig auf mich zu bewegte. Er verlor an Masse und Körpergröße, doch mein Fixierungsmuster hielt nicht. Wieder und wieder befreite er sich aus der Umklammerung der Schlüssel und kam unaufhaltsam näher.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Langsam wurde ich panisch. Ich versuchte, vor ihm wegzurutschen, doch mein rechtes Bein war inzwischen vollkommen taub und nutzlos. Der harte Aufprall hatte der Gliedmaße den Rest gegeben und ihr Gewicht machte es mir schwer, Abstand zwischen mich und den Daemon zu bringen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Occidere. Mori. Occidere.“ Meine Stimme klang rau. Verdammt, war ich so sehr aus der Übung, dass ich schon nach wenigen Minuten Exzision die ersten Symptome einer Überanstrengung bekam? Eine gestaffelte trigonale Schwächung sollte mir nicht so viele Schwierigkeiten bereiten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Daemon schrumpfte weiter. Eine schwarzglänzende Zunge huschte aus seinem Maul und leckte über die wulstigen Lippen, während seine gelben Glubschaugen sich aus seinem Schädel herauszudrücken schienen. Mein Mund wurde trocken. Ich fokussierte meine Hände neu. Schluckte. „Mo—“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ohne Vorwarnung warf sich der Daemon zur Seite, entwich meinem Zielradius und sprang auf mein Gesicht zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Daemon war zu nah für einen Verteidigungsschlüssel, nah genug, dass ich den Geruch von faulen Eiern auf der Zunge schmeckte. Zu nah, es sei denn …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich ließ mich zurück kippen, bis ich flach auf dem Rücken lag. Der Daemon war direkt über mir, Klauen nach mir ausgefahren, Zähne gefletscht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Protectiomors!“, schrie ich, so schnell hintereinander, dass die Worte miteinander verschmolzen. Ich spürte, wie die Krallen meine Haut berührten, genau in dem Moment, da der Verteidigungsschlüssel einen Schutzschild über meinem ganzen Körper ausbreitete. Meine Hand, umhüllt von gleißendem Weiß, schnellte vor und packte die Kehle des Daemons, bevor dessen Zähne sich in mein Gesicht graben konnten. Der Exzisionsschlüssel hing noch in der Luft. Unter dem Druck meiner Finger implodierte der Daemon zu einer schwarzen Rauchwolke. Es dauerte einige Sekunden, in denen ich in Schockstarre keinen Muskel rührte, bevor mein Herz seine Arbeit wieder aufnahm und mit doppelter Geschwindigkeit weiterschlug.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Langsam setzte ich mich auf und sah taub in den weiten Trainingsraum. Die Türen, durch die die beiden Daemonen hereingelangt waren, hatten sich geschlossen, und am anderen Ende des Raumes, nicht mal ansatzweise nah genug, um mir notfalls helfen zu können, stand Isaac.[/JUSTIFY]



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Lady_Ocean
2017-10-02T02:09:24+00:00 02.10.2017 04:09
Der alte Herr Hollande ist ein ganz schön kauziger Zeitgenosse und mir nicht sehr geheuer. Der verbirgt sicher Einiges. Und spätestens seit dem Ende dieses Kapitels und seiner ausgebliebenen Hilfe ist er mir auch nicht mehr geheuer. Im Moment sieht es für mich danach aus, als würde sein Vater ihn kontrollieren. Nur Daniel hat er vielleicht noch nicht so gut unter seiner Kontrolle, jedenfalls wirkte es auf mich so, als er ihn nach dem Essen zu einem Gespräch in sein Büro bestellt hat. Außerdem hatte Daniel ja versucht, seinem Vater auszureden, Raccoon in ihrem angeschlagenen Zustand diesem Test zu unterziehen. Hoffentlich hat Andrew irgendwas aufschnappen können, was es zwischen den beiden zu besprechen gab. Und hoffentlich geht es Ida gut. Dass man sie ebenfalls separat noch einem Test unterziehen will, ist mir nicht geheuer.
Antwort von:  yazumi-chan
08.10.2017 22:57
Ich seh gerade erst, zu welcher Uhrzeit die Kommentare entstanden sind :D Da haben wir wohl beide ähnliche Schlafrhythmen xD
Antwort von:  Lady_Ocean
10.10.2017 05:53
*lach* Das täuscht. Eigentlich musst du noch 7 Stunden draufrechnen, weil ich von Japan aus gelesen und geschrieben habe. XD
Von:  Kerstin-san
2017-09-29T14:04:49+00:00 29.09.2017 16:04
Hallo,
 
urgh, das Anwesen wirkt irgendwie nicht sehr familiär, sondern wie ein großer, unpersönlicher Kasten. Eins steht fest: Geldsorgen hat Daniel ganz sicher nicht. Ich mag seinen Umgang mit Ida, weil er ihr gegenüber zwar sehr nett auftritt, aber auch keien Scheu hat, sie etwas zu maßregeln, wenn sie sich daneben benimmt.
 
Daniels Vater ist ein ganz anderes Kaliber. Sicher, er wirkt auf den ersten Blick hilfsbereit wie er dafür sorgt, dass Coon zukünftig Aufträge erhalten wird, aber bei seinem Plan Isaac stärker und stärker zu machen, könnte so einiges nach hinten losgehen. Prinzipiell spricht auch nichts dagegen Coons Fähigkeiten zu testen, aber die Art und Weise wie er das tut bereitet mir Magenschmerzen. Er schaut sich das ganze nicht mal an, sondern schickt Coon einfach mal völlig ahnungslos in eine Art Testarena. Wenn sie dabei gestorben wäre, hätte es ihn wohl auch nicht groß gekümmert. Mensch, Coon hat irgendwie immer so ein Talent an seltsame Auftraaggeber zu gelangen.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Antwort von:  yazumi-chan
29.09.2017 18:06
Ne, familiär ist anders. Mehr so eine Mischung aus Militärbasis, gezwungen modern und trotzdem voller altmodischer Einrichtung. Holland sollte sich vielleicht mal einen Innenarchitekten gönnen ...


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