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-Eine andere Welt-

--Kushkepet--
von

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Ein neuer Tag in Kushkepet und mein erster Morgen hier. Ich spüre eine kühle, frische Brise und öffne die Augen. Sakito steht vor dem geöffneten Fenster, nur in Boxershorts und raucht. Er sieht in die Ferne, von draußen zieht gute Luft in den Raum. Ich setzte mich langsam auf und strecke mich. Ich habe lange nicht mehr so gut geschlafen, obwohl ich kurz vorm einschlafen noch winzige Krallen gehört habe, die über den Boden gehuscht sind. Mäuse denke ich.

„Morgen Lima. Hoffe ich habe dich nicht geweckt?“

Ich schüttle den Kopf und Sakito nickt, nimmt noch einen Zug. Ich erkenne ein großes Tattoo eines Löwenkopfes auf seinem Unterarm. Langsam richte ich mich auf und suche meine Kleidung zusammen, die ich gestern achtlos abgeworfen hatte, bevor ich in meinem Schlafsachen geschlüpft bin.

„Du bist wohl nicht gesprächig am Morgen Großer.“

„Ich muss erstmal richtig wach werden, Sakito“

„Saki.“

Ich registriere seine Berichtigung und denke kurz darüber nach, warum er mich Großer nennt. Angeblich besteht kein großer Altersunterschied zwischen uns. Aber stimmt, ich bin schon ein gutes Stück größer als er. Kurz gehe ich ins Bad, um mich umzuziehen und ein wenig frisch zu machen.

Als ich zurück komme, rollt Sakito gerade die Futons zusammen. Ich gehe ihm zur Hand und wir räumen das Zimmer auf.

„Wenn wir hier fertig sind, gehen wir einkaufen ok? Dann kann die Reise los gehen. Wir werden viel laufen. Schlafen in Motels wie diesem.“

„Wir befinden uns in einem Motel?“

Diese Tatsache schockt mich nun doch. Ich dachte, dies hier sei ein verlassenes Haus! Das fließende Wasser und der Storm gestern waren schon verdächtig, das gebe ich zu. Aber diese Verwahrlosung! Sakito nickt als sei es das normalste von der Welt.

„Klar ist es das. Glaubst du ich penne einfach in fremder Leute Eigentum? Ne du, das hier ist ein Motel. In Kushkepet sehen die alle so aus. Du weißt doch, das hier ist die andere Welt. Wenn du zurück willst in die normale Welt, alles klar. Dann geh, du weißt wo die Tür ist. Ich bin dir nicht böse oder so!“

„Nein nein! Das meinte ich nicht. Ich bin es eben nur noch nicht gewöhnt hier zu sein.“

„Merkt man.“

Sakito packt seine Sachen zusammen und ich tue es ihm gleich. Als wir das Zimmer verlassen, legt Sakito ein Stück altes Brot auf den Boden.

„Was tust du da?“

„Die Mäuse füttern.“

Ich sehe ihn schräg an. Also doch Mäuse. Aber warum lässt er ihnen auch noch was zu futtern da? Ist das hier normal? Plötzlich stört mich, wie unwissend ich noch bin.

„Lima, die Mäuse leben hier weil sie überleben wollen. Sie sind klein und müssen sich immer nach Nahrung umsehen. Es sind auch nur Lebewesen, wie du und ich. Nur versteht sie eben keiner, auch hier in Kushkepet nicht. Unten stehen überall Mausefallen. Aber ich... ich fühle mich ihnen verbunden, deswegen füttere ich sie. Ich habe einiges mit ihnen gemeinsam.“

Er sieht ein wenig traurig aus.

„Du bist also eine Maus Saki?“

„Ich wäre gern ein Löwe wie der auf meinem Unteram. So stark und heldenhaft. Aber ich bin klein und schmächtig, ohne festen Wohnsitz oder irgendwie eine Berechtigung, auf diesem Planeten zu exestieren. Kushkepet erlaubt Menschen wie mir hier zu sein und zu Leben. Deswegen liebe ich diesen Ort!“

Nun fühle ich mich ein wenig schlecht. Ohne festen Wohnsitz? Sakito ist also immer unterwegs, ungebunden. Eigentlich ein Traum, doch er scheint auch nicht viele Freunde zu haben. Oder Weggefährten. Warum sonst sollte er sich mit einem wie mir abgeben und meinen Reiseführer spielen? Spaß macht das sicherlich nicht. Ich denke eher, der kleine Mann ist verdammt einsam.

Wir verlassen das Motel und gehen raus auf die Straße. Es ist viel heller als gestern, wahrscheinlich weil gerade erst die Sonne aufgegangen ist. Die Rechnung hat Sakito wohl schon im vorraus bezahlt. Er hat nicht viel Gepäck. Einen schwarzen Rucksack, der voll mit Sicherheitsnadeln, Patches von verschiedenen Visual Kei Bands und Nieten ist und seinen Koffer. Der Koffer ist schwarz, in Leder gebunden und rollt. Sakito zieht ihn wie selbstverständlich neben sich her. Er erklärt mir den Weg zum nächsten Laden und wir gehen los.

Ye weiter wir in Kushkepet reinkommen, desto öliger riecht es. Laut meines Begleiters gewöhne man sich an den Geruch innerhalb weniger Tage. Ich zweifle noch, sage aber nichts dazu. Die Straßen sind weiterhin menschenleer, doch ich erkenne immer wieder Leben in den Häusern, die ich vorher für verlassen gehalten habe. Es ist nur so, das sich dieses erst im zweiten Stockwerk abspielt. An einigen Fenstern hängt ein wenig Wäsche oder man hört Stimmen. Irgendwo in der Ferne bellt ein Hund. Ich beginne unwillkürlich zu lächeln.

„Was hast du Großer? Was macht dich gerade so glücklich?“

„Ich spüre immer mehr, das Kushkepet lebt. Ich weiß nicht, es ist wie eine Energie, die ich mein ganzes Leben lang gesucht habe! Es ist wie... ya wie ein Antrieb. Oder eine Anziehungskraft!“

„Du spürst Kushkepet. Hier finden die Leute was sie suchen, auch du.“

Mein Begleiter lacht leise und geht weiter, zielgerichtet und schnell. Ich folge ihm, langsam empfinde ich das Knistern des Rollkoffers auf der zerschlagenen Straße als angenehm. Motivation steigt in mir auf. Ich habe die richtige Entscheidung getroffen! Aprupt bleibt Sakito stehen und teilt mir mit, wir hätten unser Ziel erreicht.

„Wir sind da.“

„Dieses Hause sieht nicht anders aus als die anderen.“

„In Kushkepet versteckt sich die Wahrheit hinter Türen.“

„Philosophisch.“

Wir betreten den Laden. Sakito behält natürlich recht, es ist eine Art Supermarkt und sieht aus als sei er aus einer urbanen Legende. Überall morsche Holzregale, voll mit allem was das Herz begehrt. Nichts wird beleuchtet, durch Werbung angepriesen oder ist hübsch verpackt. Wenn überhaupt eine Tüte drum ist, kann man schon froh sein. Ein dürrer, großer Mann grinst uns an. Er hat schlechte Zähne, lange schwarze Dreadlocks und überall Goldschmuck. Seine Kleidung erinnert eher an den arabischen Raum und sein kompletter Körper ist mit schwarzen Symbolen übersäht. Er zieht den Namen meines Begleiters unnötig in die Länge, ein starker Akzent klingt aus yedem Wort.

„Sakito! Mein alter Freund! Es ist ewig her das ich dich hier begrüßen durfte! Und du hast Frischfleisch mitgebracht, wie ich sehe!“

Der Mann starrt mich an und grinst mir entgegen. In mir steigt Ekel auf, wenn ich seine Zähne sehe.

„Lass ihn in Ruhe Sehett! Lima, das ist Sehett. Ein Händler hier in Kushkepet, der sich gern die Zeit vertreibt, indem er anderen Menschen Märchen erzählt oder mit seinem Voodoo den Leuten den Kopf verdreht!“

„Sakito! Nun sei doch nicht so unfreundlich, ich dachte wir sind Freunde!“

Anstatt zu antworten reicht Saki ihm eine Liste und bedeutet dem Mann, er solle sich beeilen. Sehett verschwindet hinter einem Perlenvorhang und grinst. Der kleine Mann vor mir reibt sich die Schläfen.

„Der Kerl treibt mich in den Wahnsinn! So ungepflegt und widerwärtig sind selbst hier wenige!“

„Dann bin ich ya beruhigt...“

Sehett kehrt mit einer Tüte zurück, gefüllt mit allerhand Nahrungsmittel und ein paar Flaschen. Erst yetzt bemerke ich, das er humpelt.

„Zigaretten waren aus.“

„Verarsch mich nicht Sehett, Zigaretten sind nie aus!“

„Bist du den überhaupt schon alt genug dafür? Hast du das Geld dazu?“

„Sehett!“

Sakito klingt mit seiner eher ruhigen Stimme und seinem kindlichen Aussehen nicht besonders bedrohlich und Sehett grinst ihn an. Ich würde nur zu gern einschreiten, doch ich kann nicht abschätzen, was Sakito dann von mir halten würde. Bevor ich überhaupt zu Wort komme, wischt Saki diesem Händler das Grinsen aus dem Gesicht, indem er einen Satz sagt, den ich noch nicht verstehe.

„Mir ist scheiß egal was du in deinen Hinterzimmern treibst, aber den Sel-Clan würde es sicher brennend interessieren. Ich denke, Shogun Sel würde mir ein ordentliches Sümmchen zahlen, wenn ich ein wenig rede.“

Sofort verändert sich Sehetts Gesichtsausdruck und er nimmt widerwillig eine Stange Zigaretten unter der Theke hervor. Sakito grinst das typische Grinsen eines Sieger und legt Bargeld auf den Tisch, bevor er sich die Sachen schnappt und verschwindet.

Draußen verteilt er den Proviant auf unsere Taschen und wir ziehen weiter. Mich beschäftigt noch immer dieser Satz, den Sakito zu Sehett gesagt hat, aber ich weiß nicht ob es klug wäre, nachzuhaken. Schließlich spricht der Kleinere mich selbst darauf an, ohne das ich etwas gesagt habe.

„Du machst so ein Gesicht. Du willst wissen was dadrin passiert ist oder?“

„Ich wusste nicht, ob es klug ist zu fragen... um ehrlich zu sein.“

„Wer nicht fragt wird nicht klüger. Wir sind Freunde, mich kannst du alles Fragen. Ob ich es beantworten kann ist die andere Sache. Aber ich kann dir sagen, das Sel-Clan eine Yakuzafamilie ist. Shogun ist ihr Anführer. Sie beherrschen viele Gebiete hier in Kushkepet.“

„Und du bist also auf Augenhöhe mit deren Oberhaupt?“

„Sozusagen. Er schätzt meine Künste!“

Sakito grinst verschwörerisch und zeigt auf seinen Arm, ich verstehe sofort. Natürlich sind auch hier die Yakuza leicht an ihren Tattoos zu erkennen. Ob Saki auch einer von ihnen ist? Auch wenn ich spüre, das er meine Frage in meinem Gesicht abliest, bleiben wir beide stumm. Manche Dinge sollten wohl besser ungesagt bleiben.

Nach einem Fußmarsch gehen wir schließlich durch ein weiteres Torii, wie dieses am Eingang der Stadt. Dahinter verbirgt sich plötzlich wesentlich mehr Leben und die Straßen sind voller. Wo sind wir hier? Mich trifft die Erkenntnis, als Sakito feierlich verkündet:

„Willkommen im Inneren von Kushkepet, der eigentlichen Stadt!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Futuhiro
2017-10-05T15:43:52+00:00 05.10.2017 17:43
Wuhuuu~ Endlich komm ich zum Weiterlesen. ^u^

Also Sakito ist mir auch weiterhin sehr sympathisch. Nur die Stadt ist (bisher) etwas runtergekommener als ich dachte. Erinnert bisher eher an ein Ghetto. Wobei ich sagen muss, daß der Lebensmittelladen so war, wie ich mir Läden wünschen würde, ohne Tonnen von Verpackung und Reklameschildern. (Naja, nur der Ladenbesitzer könnte vielleicht etwas anders sein. XD )

Ich frage mich noch, ob "Shogun" in diesem Fall ein Name oder ein Titel ist. Der Shogun ist ja eigentlich der (militärische) Herrscher Japans. Im Gegensatz zum Tenno (Kaiser), der nur repräsentative Funktionen, aber keine Macht hat. Hier in dem Satz "Shogun ist ihr Anführer" klingt es eher wie ein Name, so wie "Jens ist ihr Anführer".
Antwort von:  PInku
05.10.2017 19:18
Ya, Kushkepet hat halt auch seine Fehler. Es soll wirklich grenzwertig sein, in vielen Fällen. Und Lima hat ya noch nicht ansatzweise alles erkundet (Fragen wie; Gibt es hier überhaupt Krankenhäuser? Auch wenn ich mir nicht sicher bin in welchem Kapitel das vorkam)
Und ich würde Sehett auch nicht trauen xD Immerhin verweigert er Sakito seine Kippen

Das ist wahr, aber Shogun ist indem FAll ein Name, den ich gewählt habe, weil er diese Bedeutung hat. Aber der gemeinte Mann heißt so mit Vornamen.


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