Zum Inhalt der Seite

Vergebung

Im Inneren zerschmettert
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Betrogen

Kapitel 3

Betrogen

 

 

Nachdenklich hatte er seinen kleinen Bruder betrachtet, der in die dicke Decke gewickelt auf seinem Bett saß. Dieser hielt den neu aufgefüllten Becher Kakao in Händen, vor ihm saß Harry. Sie spielten ein Spiel, das dem rothaarigen Zwilling nicht bekannt war. Ein Brettspiel, dass Hermine ihnen beigebracht hatte. Sie wollte auch vorbei kommen, wenn der Sturm sich gelegt hatte. Da sie sich momentan nicht in England befand und einer wichtigen Arbeit nachging, musste sie sich erst Zeit schaffen, um ihren nun wieder besten Freund besuchen zu können.

„Harry hat es dir schon gesagt oder?“ Begann George langsam und trat endlich ein. Er schloss die Tür hinter sich und wurde nun auch endlich von seinem jüngeren Bruder bemerkt. Ron sah, um es kurz zu fassen, scheiße aus! Die sonst so sonnengebräunte Haut war fahl, die Augen hatten ihren Glanz verloren und selbst die sonst so störrischen Haare wirkten kraftlos. Alles an dem jungen Mann hatte den Kampfeswillen verloren, sein gebrochenes Herz hatte ihm jegliche Freunde geraubt.

„Ja…“ Kam blechern und leise von ihm, die matten Augen auf das bunte Spielfeld gerichtet. Doch mehr kam nicht von ihm, als wäre jede weitere Nachfrage sinnlos. „Wenn es ihm besser geht, will er sicher mit dir sprechen, Ron.“ Setzte der älteste im Raum wieder an und wartete auf irgendeine Reaktion. Nichts. Die blauen Augen musterten nur starr das Spielfeld. Da, er biss sich auf die Unterlippe und nach einer unglaublichen Ewigkeit kam sehr leise, beinahe schmerzhaft. „Ich will ihn aber nicht sehen.“

 

Was genau versuchte er hier eigentlich? Die Wahrheit finden? Weil er ja so ein Verfechter der Wahrheit und Klärung war. Aber diese Logik verstand er einfach nicht, wollte er nicht verstehen. „Du siehst echt scheiße aus, Ron.“ Kam nun unverblümt von dem Ladenbesitzer und er trat mit verschränkten Armen neben das Bett seines jüngsten Bruders. „Aber gegen Malfoy sieht ein halb verhungerter, verprügelter Straßenköter gut aus!“

Dieser Satz musste einen Moment im Raum stehen bleiben, bis sich die fragenden Falten auf der Stirn seines jüngeren Bruders zeigten. Es war Harry, der hier einschritt. „Was interessiert es dich? Er war es, der die Scheiße verzapft hat, da ist ein schlechtes Gewissen das wenigste!“ Die grünen Augen trafen die braunen und lange schwiegen die zwei einander an, nur ihre Blicke kämpfen gegeneinander. Wofür George eigentlich kämpfte, wusste er immer noch nicht. „Der Kerl hat kein schlechtes Gewissen, von ihm ist nichts übrig, das ein schlechtes Gewissen haben könnte.“ Kommentierte er nun diese Auseinandersetzung und zum ersten Mal schien Ron den Kopf zu heben, interessiert an dem, was da gesagt wurde. „Du hast Recht, Harry, Malfoy hat Scheiße gebaut, wirklich miese Scheiße. Wer von beiden sollte also schlimmer dran sein, Ron oder er?“

 

„Du meinst, nachdem er mir das Herz aus der Brust gerissen hat und es danach auch noch zertrampelte?“ Schnaubte nun Ron, der immer wieder von wütenden Tiraden gepackt wurde, nur um danach wieder schmerzlich in einer Depression zu versinken. Er hatte anscheinend noch keinen Weg gefunden, seinen Schmerz wirklich zu katalysieren.

„Wie lange ist der Kerl dir nachgelaufen, bis ihr euer erstes Date hattet?“ Fragte George direkt, noch immer den Grund für sein Handeln suchend. „Über ein Jahr!“ Kam von beiden, auf dem Bett sitzenden jungen Männern. Nur kurz warf der rothaarige Zwilling dem bebrillten Zauberer einen strengen Blick zu. „Wie lange hat es gedauert, bis du ihn endlich in dein Bett gelassen hast?“ Augenblicklich färbten sich die weißen Wangen rot und die Verlegenheit stieg in das rundliche Gesicht. „Das geht dich gar nichts an!“ Leben war deutlich in den jungen Mann zurückgekehrt und aufgebracht fuhr er seinen Bruder an, der davon wenig beeindruckt schien.

„Gut, dann anders; wie lange ist Mafloy dir nachgelaufen, bis ihr endlich ein Paar wurdet?“ Schweigen herrschte mit einem Mal im Raum, denn nun verstand auch Harry, worauf der Ladenbesitzer hinaus wollte. „Nach so einer langen Zeit geht der Kerl einfach mit Blaise fremd, obwohl es keine Anzeichen gab, dass sie vorher schon etwas miteinander hatten und jetzt sieht der Kerl aus, als wäre er am Ende?“

 

 

oooOOOooo

 

 

„Die Wunden sind von dir oder?“ Fragte Fred vorsichtig, als er den Verband gänzlich um den Unterarm gewickelt und dann befestigt hatte. Molly war noch immer zu unsicher, zu unentschlossen und hatte ihrem Sohn nur alles gebracht, was dieser benötigte. Nun saß der Blonde mit trockenen Haaren auf dem Bett des Zwillings, trug warme Socken und eine weiche, kuschlige Hose in Schwarz. Nur der Oberkörper war so etwas ähnliches wie nackt. Nachdem die verbrannte Haut mit einer heilenden und schmerzlindernden Salbe behandelt wurde, hatte sich der Rothaarige noch dazu herabgelassen und einen weichen, schützenden Verband darüber gelegt. Nun war der gesamte Oberkörper inklusive der Schultern mit weißen Verbänden geziert und als letztes waren die blutigen Wunden an seinem linken Unterarm an der Reihe.

„Ja…“ Kam leise von dem Blonden, der den Weg wieder in diese Welt gefunden hatte. „Ron sieht nicht einmal ansatzhalber so scheiße aus, wie du!“ Kommentierte der Ladenbesitzer und zog die Hände wieder zu sich. Er hockte vor seinem eigenen Bett und musterte das Häuflein Elend, um welches er sich kümmerte. „Erklär mir das Ganze. Wenn du es Ron erklären musst, kannst du bei mir ja schon einmal anfangen.“ Kurz sahen die grauen Augen in das fordernde Braun, doch er schwieg.

 

„Ich halte dich für einen intelligenten Kerl, Malfoy. Ich kann dich nicht ausstehen, aber ich halte dich für intelligent. Ich weiß, wie lange du Ron hinterher gelaufen bist und was du alles durchgemacht hast, wenn du hier warst. Wir haben versucht dich zu demütigen, dich lächerlich zu machen und haben Ron Lügen aufgetischt, um euch nicht zusammen zu bringen. Und dann, nach all diesen Anstrengungen treibst du es ausgerechnet mit Zabini an dem Tag, an dem Ron dich dort abholt? Selbst mit der Überlegung, dass es nicht das erste Mal gewesen war, so dumm bist du einfach nicht!“

Der Spott triefte nur so aus diesen Worten heraus und kurz zuckte der Blonde zusammen. Er war noch immer zerschlagen und innerlich stachen die Scherben aus Herz und Seele tief in sein Fleisch. „Ich erinnere mich noch gut.“ Flüsterte er beinahe, monoton und krächzend. Seine Stimme klang schrecklich und war heißer. „An Rons Geburtstag wollte ich ihn zum Essen einladen und ihr habt mich in den Schweinestall gesperrt. Ich war von oben bis unten mit Dreck voll und stank nach Schwein!“

 

Anscheinend ließ diese Erinnerung ein wohliges Gefühl bei Fred entstehen, der breit zu grinsen begann. „Oh ja, ich erinnere mich noch. Die Schweine haben dich wirklich gern gehabt.“ Frohlockte er und schüttelte dann wieder den Kopf. Malfoy hatte keine Miene verzogen. Nun wollte sich der Rotschopf wieder auf das Wichtige konzentrieren. Zwar wusste er noch immer nicht, warum er diesem verhassten Feind helfen wollte, aber irgendetwas stimmte hier nicht, dass hatte er in seinem Tunichtgut-Blut. „Hast du vorher schon mit Zabini geschlafen?“

„Ja.“ Kam leise die Antwort und er musste sich räuspern, um weiter zu sprechen. Dass er sich beeilen sollte, war klar, denn der erstaunte Blick der braunen Augen verwandelte sich langsam in einen tödlichen. „Nicht… nicht so, wie du denkst. Zabini…“ Er brach ab, spürte ein unerwartetes Gefühl der peinlichen Verlegenheit. Warum er überhaupt noch etwas außer Schmerzen spüren konnte, war ihm unerklärlich. „Zabini war mein erster.“ Stammelte er verlegen und senkte den Blick. „In der Zeit, in der Ron all meine Avancen abwehrte und Zabini in keiner Beziehung war, lief hin und wieder etwas zwischen uns. Das letzte Mal war kurz bevor Ron zu unserem ersten Date einwilligte.“ So unangenehm ihm das auch war, den Schmerz konnte dieses Gefühl nicht übertünchen und so fiel es ihm schlussendlich doch leichter als zuvor erwartet. Diese Offenbarung war im Vergleich zu den jetzig toten Gefühlen kaum nennenswert.

 

„Wir haben stets die Beziehungen des anderen respektiert und nur spaßhaft den anderen geärgert.“ Noch immer krächzte seine Stimme, doch die Möglichkeit mit jemandem zu sprechen weckte langsam seinen Geist wieder auf. „Blaise hat immer damit Scherze getrieben, dass er mich küssen wollte. Was soll ich sagen, klar war es verlockend.“ Die blonde Augenbraue zog sich leicht in die Höhe, herablassend war da ein spitzer Ton in seinen Worten, als er das Gesicht des Weasleys musterte. „Ich weiß immerhin wie gut er darin ist.“ Provozierte der Slytherin noch einmal frech, doch zu kraftlos. Das Aufbegehren verlor seinen Reiz, der Körper war zu geschwächt dafür.

„Uns war immer klar, dass es nur ein Spiel sein konnte. Niemand von uns würde diese Grenze überschreiten. Es gab nie eine Situation, in der ich hätte besonders aufmerksam sein müssen, einen Moment, in dem ich die Verführung deutlich gespürt hätte, mich dagegen zur Wehr setzen müsste. Es war immer klar, dass niemand dem anderen zu nahe kam.“ Da war er, der Ton, der das Brechen ankündigte. Die böse Vorahnung, die nun Fred erwischte, ließ ihn selbst an seinem Vorhaben zweifeln. Die Gedanken des ehemaligen Slytherin waren weiter gewandert und wagten sich auf das Territorium des Verrates.

„Ich habe mich so auf diesen Abend gefreut. Nur wir beide… niemand sonst… es war die Feier unseres ersten Jubiläums… ein ganzes Jahr… es war wirklich schon ein ganzes Jahr….“ Da war es, der Blick driftete ab, die eben wieder erschienenen Funken in den grauen Augen erstickten und der Körper sank in sich zusammen; nur leicht, aber sichtbar. Der Schmerz brach wieder in der Brust des blonden jungen Mannes auf und überspülte seinen eben erwachten Geist wieder mit einer grausamen Taubheit.

 

„Dieser Duft… ich kann ihn nicht aus meinem Kopf bekommen. Ich kenne ihn schon so lange, dieser sanfte, herrliche Geruch. Ich konnte einfach nicht anders, als ich ihn sah…“ Flüsterte Draco leise und seine rechte Hand legte sich auf den Verband seines linken Armes. „Ich fühle sie noch immer, seine Hände auf meiner Haut, als wäre es noch immer nicht vorbei. Ich kann seinen Atem hören, spüre ihn in meinem Nacken. Jeden einzelnen Kuss… an jeder einzelnen Stelle… als würde mein Verstand diese Situation immer und immer wieder nachspielen, als könnte mein Körper diesen Moment nicht vergessen.“

Fred schluckte leise, so genau wollte er das gar nicht wissen. Jetzt hatte er diese verdammten Bilder im Kopf. Doch da war mehr. Stille Tränen rannen über die weißen Wangen seines Gegenübers und dann bemerkte er die Finger, die sich fest in den Verband krallten. Ja, Malfoy war für diese Wunden verantwortlich!

„Ich kann es einfach nicht vergessen und ich kann nicht verstehen, warum ich es überhaupt getan habe! Ich liebe Ron, ich liebe ihn mehr, als alles andere in meinem Leben! Und doch war da kein Gedanke, kein Zögern, als ich Blaise sah, wollte ich einfach nur noch ihn! Als hätte jemand Ron aus meinem Gehirn gelöscht! Ich schäme mich so unendlich dafür! Ich wollte, dass dieser Abend für Ron unvergesslich wird und dass habe ich erreicht!“

 

„Hör sofort auf damit!“ Schrie Fred ihn beinahe an, als die Stimme ins Hysterische kippte und brutal packte er nach dem rechten Handgelenk. Der Verband war beinahe zerrissen. Blut quoll durch die Schichten des Stoffes nach oben. Der junge Mann hatte seine Fingernägel so fest in die Bandagen gekrallt, dass er die Wunden wieder aufriss, absichtlich!

Die Gegenwehr war überschaubar, der ausgezehrte Körper hatte nicht die Kraft, die er einst hätte einsetzen können. Zitternd rutsche Draco vom Bett herunter, schlug mit den Knien erneut auf dem Boden auf und presste den blutenden Arm gegen seinen Bauch. Fred war aufgesprungen, um den rechten Arm zu greifen und den Blonden davon abzuhalten sich weiter zu verletzen. Nun saß dieser vor ihm auf dem Boden, während der Rothaarige noch stand und sein Handgelenk umklammert hielt.

„Ich hasse mich! Ich hasse mich für das, was ich getan habe und ich verstehe es nicht! Ich kann es nicht vergessen, nichts davon und schon gar nicht Rons Gesicht!“ Schrie der Blonde seinen Schmerz heraus, zu kraftlos um seinen Arm mit einem Ruck zu befreien. „Es gab nichts, was ich in diesem Moment so sehr wollte wie Blaise! Die Welt hätte untergehen können und mich hätte es nicht gestört! Darum hasse ich mich so! Es ist alles meine Schuld! Meine!“

 

Vorsichtig lösten sich die Finger Freds wieder und er betrachtete die am Boden kauernde Gestalt. Da war nichts mehr übrig. Warum schmerzte seine eigene Brust so sehr? Er war sauer auf dem Mann gewesen, der seinen Bruder so verletzt hatte. Die ersten beiden Tage hatte Ron nur geweint, wollte nichts essen und selbst Harry war kaum an ihn heran gekommen. Doch seit gestern ging es ihm wieder gut. Er aß wieder, sprach wieder und verlor sich hin und wieder in Hasstieraden über den Idioten, der so dumm gewesen war. Manchmal saß er aber auch nur still vor sich hinstarrend am Fenster und schien depressiv in seinen Gedanken verloren. Über den Berg war er noch lange nicht.

Doch Malfoy war am Ende. Als hätte ihn jemand genommen und wie einen Klatscher auf den Boden geschmettert, dass nur noch Trümmer in ihm zurück blieben. Er hasste diesen Kerl und ihn zu ärgern und zu quälen war stets eine Freude gewesen. Wenn er an Rons Geburtstag dachte, daran, wie der Blonde aus dem Schweinestall stapfte, nachdem Ron ihm die Tür geöffnet hatte. Stur, wild und wütend mit einem Eimer voll Schweinemist in der Hand. Bevor die beiden noch reagieren konnten, hatte er mit wütendem Rachegebrüll diesen über sie geschüttet. George bekam das meiste ab, doch auch Fred hatte den Geruch von Mist in der Nase und auf den Klamotten.

 

Nichts war von diesem Mann noch übrig.

 

Das hier war nicht einmal mehr ein kläglicher Abriss dessen, was er einst einmal kennengelernt hatte. Fred litt unerklärlich und leise. Warum tat Malfoy ihm plötzlich so leid? Warum schrie ihn etwas beinahe an, das er nicht fassen konnte? Als käme ihm all das hier bekannt vor.

Langsam wanderte sein entgeisterter Blick zur Tür, die mittlerweile weit offen stand. Ron starrte auf diese Szenerie, ebenso wie Harry, dem der Mund vor Erstaunen offen stand. „Das kann nicht sein.“ Flüsterte der Ladenbesitzer im Raum und vorsichtig schob George seinen jüngeren Bruder zur Seite. „Wenn du an das denkst, an das ich denke, dann musst du falsch liegen, Fred.“ Entgegnete er und ging vor Draco in die Knie. Offenbar hatten sie den gleichen Gedanken, denn auch Fred ließ sich wieder nieder sinken.

„Malfoy, sieh mich an.“ Forderte der eine Zwilling, der mit Ron im Schlepptau zurückgekehrt war. Doch als keine Reaktion kam, wurde er gröber. Er packte nach den Schultern und zwang den Blonden dazu ihn anzusehen. „Du musst dich jetzt noch einmal konzentrieren, hörst du!“ Doch der Blick in das verheulte, dennoch weiße Gesicht war erschreckend. Die grauen Augen zeigten nur Schmerz, ein innerer, von Pein getriebener Schmerz. Da war wirklich nichts mehr von dem Mann übrig, der noch vor wenigen Tagen panisch vor ihnen durch das heimische Treppenhaus geflüchtet war, weil er seinen Plan für ihr Jubiläum nicht preis geben wollte. Wie ein Besessener hatte er sich geweht, obwohl die beiden ihn in den Schwitzkasten genommen hatten. In der Küche war er nicht mehr aus dem Haus gekommen und erst Ron hatte die beiden Zwillinge zur Räson gebracht. Er schrie sie regelrecht vor Zorn an, doch der Sturheit des Blonden hatten sie kein Geheimnis entlocken können.

 

Das war einen Tag vor Dracos Betrug gewesen! 

 

„Hör mir gut zu. Du wolltest nicht mit Zabini schlafen, richtig?“ Forderte nun die Stimme des Ladenbesitzers und drang seltsam dumpf in den Verstand des ehemaligen Slytherin vor. Dieser nickte langsam, bedächtig, als hätte er ihn kaum verstanden. „Und Zabini wollte auch keinen Sex mit dir?“ Fragte nun Fred eindringlich, während Harry kurz würgte. Das wollte er sich gar nicht vorstellen, Zabini und Malfoy! Auch Ginny, die nun zu ihnen gestoßen war, gab ein angewidertes Geräusch von sich. Nur Ron stand dort, aufmerksam, aber erschüttert. Es ging ihm scheiße, ja, er war fertig mit der Welt, wandelte zwischen Schmerz und Wut, aber das da! Draco wirkte, als hätte man ihn vollständig zerschlagen! Weder der erste noch der hundertste Korb von ihm hatte so bei ihm gesessen, den er von Ron kassierte.

„Erinnere dich genau. Du stehst vor Zabinis Tür, hast das Buch in der Hand, das du ihm zurückgeben wolltest und hast geklingelt. Was kam dann?“ Drang wieder einer der Brüder vor, wollte seinen Verstand aufrütteln. Kurz funkelten die grauen Augen auf. „Nein… er… er hat keine Klingel. An der Tür befindet sich ein… ein silberner Türklopfer. … Er hat die Form einer Schlange…“ Stotterte der völlig Verwirrte und schluckte dann laut. „Ich… ich habe geklopft und hörte die… die Turmuhr draußen schlagen. Ich dachte daran, dass Ron in einer Stunde hier sein würde… und… und wir sicher nicht viel Zeit hätten. Blaise… Blaise hatte mir geschrieben, dass er jemanden kennengelernt hatte. Eigentlich wollte ich schon eine Stunde früher bei ihm sein, aber ich musste noch einmal in die Stadt.“

Gerade hatten die beiden Zwillinge geglaubt, dass nun der Redefluss einsetze, als der Blonde wieder verstummte. Ein Gedanke schien ihm zu kommen, der ihn wieder verschreckte.

 

„Du standest also eine Stunde zu spät vor Blaise Tür, mit dem Buch unter dem Arm, hast an Ron gedacht und daran, dass sich Blaise verliebt hat und klopftest mit dem Türklopfer an. Dann hat Blaise geöffnet?“ Versuchte es Fred noch einmal, der heute den Blonden schon mehrfach zum Reden gebracht hatte. Schweigend schüttelte dieser nur den Kopf, schwieg aber weiter, die Augen beschämt geschlossen und den Kopf abgewendet.

So schnell, wie Ron plötzlich der Blitz durchfuhr, konnte Harry gar nicht reagieren. Der Rotschopf stürmte los und quetschte sich einfach zwischen seine Brüder. Wild griff er nach den Schultern des anderen und zog ihn in seine Richtung. Erschrocken folgte der ehemalige Slytherin einem Reflex aus uralten Zeiten und starrte in das aufgebrachte Gesicht des Mannes, den er sehen wollte und eigentlich auch nicht. „Ich will genau wissen, was an diesem Abend los was! Keine Lügen, keine Ausreden und kein dummes Gelaber! Du hast mich betrogen, mich verarscht und verdammt verletzt. Warum bei allen Todesflüchen dieser beschissenen Welt kriechst du hier rum, als hätte ich DICH betrogen?“

Da war sie wieder, diese impulsive Wut, die den Rothaarigen immer wieder packte. Nun sorgte sie für diesen direkten Angriff auf Draco und wütend funkelten diesen die blauen Augen an. Dass der Gepeinigte noch elender hätte aussehen können, hätte keiner von ihnen erwartet, aber Draco schaffte es. Bei Rons wütendem Anblick zog er die Schultern zusammen, den Kopf dazwischen und wich so weit wie möglich zurück. Er presste den geschundenen Rücken gegen das Bett und starrte seinen Freund beinahe panisch an.

 

„Raus mit der Sprache oder ich fessel dich und sperr dich bei den Schweinen ein, damit Hermine morgen den kläglichen Rest von dir auseinander nehmen kann!“ Die Augenbrauen der Zwillinge hoben sich, ja, seit die Beziehungslage zwischen Hermine und Ron wieder geklärt war, sah die Hexe eine Art Bruder in Ron, den sie mit allen Mitteln verteidigte. Vielleicht sogar noch brutaler als zuvor Ron als ihren Freund. „Ich warte!“

Angst, blanke, panische Angst stand in den grauen Augen und das Blut hatte den weißen Verband an seinem linken Unterarm rot durchtränkt. Doch da schien etwas in ihm zu sein, ein winziger Rest seines einstigen Stolzes, welcher wie ein winziges Teelicht im Sturm zu flackern begann. Die winzige Flamme kämpfte, sie kämpfte um ihr nacktes Überleben!

„Ich hatte nicht nur das Buch für Blaise in der Hand. Eigentlich traf ich mich nur als Ausrede mit ihm. Dein… dein Geschenk war… war noch nicht fertig und ich sollte es an diesem Spät… Spätnachmittag abholen. Also sagte ich dir, dass ich Blaise das Buch zurückbringe, damit du keinen Verdacht schöpfen kannst. Ich… ich hatte dein Geschenk bei mir, es lag auf dem Buch und dann… dann öf… öffnete er… die… die Tür…“ Jedes einzelne Wort wurde nur unter größtem, eigenem Zwang ausgesprochen.

 

„Ob… obwohl ich noch einen Moment vorher an dich gedacht hatte, war… warst du weg. Ich… ich habe ihn gesehen, er stand da… so… so wie immer. Es war absolut nichts Besonderes an dieser Situation, aber… aber plötzlich… ich… ich wollte diesen Mann! Ich habe Blaise gesehen und alles in mir schrie nach ihm. Jede einzelne Faser meines Körpers wollte nur noch ihn.“ Verzweiflung und Schmerz lagen in seiner Stimme und gequält schloss er die Augen. „Ich habe es ihm angesehen, ihm ging es genauso. Es… es kam mir vor als… als hätte ich ihn seit Jahren nicht gespürt, nicht berührt. Ich wollte seine Lippen küssen, jeden Zentimeter seiner Haust berühren und bevor ich noch etwas sagen konnte, zerrte mich Blaise in die Wohnung.“

Es war unendlich still geworden, nur das erneute Brechen eines schmerzenden Herzens war lautlos zu hören. Ron spürte die Tränen aus Hass und Schmerz, die seine Wangen herunter liefen. Er hatte seinen Freund losgelassen, schon in dem Moment, als sich dieser so panisch von ihm entfernte. Die Finger krallten sich in den Stoff seiner eigenen Hose und innerlich fragte der Rotschopf, warum er das hatte hören wollen.

„Ich kann dir nicht sagen, wie leid es mir tut, Ron. Ich hasse mich, ich hasse mich so unglaublich dafür. Bevor du kamst, war kein einziger Gedanke an dich vorhanden. Deine Brüder und deine Freunde haben mir immer vorgeworfen, dass ich dich betrügen würde. So manches Mal haben Blaise und ich scherzhaft bei einem Butterbier darüber diskutiert, wie es wohl wäre, wenn ich dich mit ihm betrügen würde…“ Die grauen Augen hatten nur flüchtig zu dem geneigten Kopf gesehen, doch nun starrte er nur auf das Blut an seinem Arm. „Ich kann es einfach nicht verstehen. Ich dachte immer, wenn so etwas passiert, dann entscheide ich mich dafür. Weil wir uns gestritten haben, weil… weil was auch immer. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich mich dazu entschieden habe. Ich habe es einfach getan. Ohne Erklärung, ohne Grund. Als ich Blaise an diesem Abend sah und so ging es ihm anscheinend auch, wollten wir nur das eine.“

 

Wie lange die Stille nun wieder herrschte, konnte keiner sagen. Draco hatte seine letzte Kraft in diese Erklärung gelegt oder eher diese Beschreibung. Ron schien zurückgeworfen an den Abend, an dem er heulend, schreiend, wütend zurück ins Haus gerannt kam. Er hatte sich in die Arme seiner Mutter geworfen, nicht verstehend, wie etwas in seinem Körper so schmerzen konnte. Nichts hatte bisher so viel Leid verursacht, wie dieses Gefühl. Nun schien es wiedergekehrt zu sein. „Es war kein Zauber oder?“ Fragte er mit erstickter Stimme.

„Vielleicht.“ Kam von Fred zögerlich und der Rotschopf zwischen ihnen schien kräftiger zu atmen, als wäre da ein Funken Hoffnung. „Das kann nicht sein. Ich habe jedes einzelne Buch in der Bibliothek meines Vaters durchgesehen. Es gibt keinen Zauber der das kann!“ Protestierte plötzlich der Blonde, denn seine Lebensgeister schienen einen neuen, von Verzweiflung getriebenen Schwung Kraft bekommen zu haben.

„Na ja, vielleicht doch. Fred und ich sammeln alle möglichen Bücher mit Zaubersprüchen und Tränken, ob man sie für unsere Scherzartikel nutzen kann. Vor einigen Wochen ist uns ein altes, russisches Buch in die Hände gefallen, nicht sehr groß und mit einer unglaublichen Sauklaue geschrieben. Wir haben einen Freund gebeten, es uns zu übersetzen und so war er einige Tage bei uns im Laden. Es sind alles Liebeszauber der übelsten Sorte. Sie zwingen einen gegen die eigenen Gefühle zu handeln und gehen teils so weit, dass sie einen für den Rest seines Lebens an den eigenen Gefühlen zerbrechen lassen.“

 

Fred nickte und erschauerte dabei. „Diese Zauber sind wirklich übel. Der letzte heißt so ungefähr „die Rache der verschmähten Frauen“ und trifft im Grunde gleich mehrere. Es wäre der einzige, der eventuell auf euch beide passen würde. Er ist ziemlich kompliziert und man muss zwei Tränke ansetzen. Einen für den Betrüger und einen für den Mitbetrogenen. Sprich, einen für Malfoy und einen für Zabini. Allerdings bräuchte man den Zauber und je ein Haar von Ron, Malfoy und Zabini! Daher kenne ich keinen, der alle Zutaten zusammen bekommen könnte. Das wäre aber der Zauber, unter dem du stehen könntest.“

Sein Bruder setze hinzu. „In dem Augenblick, in dem sich die Parteien das erste Mal sehen, nachdem sie den Trank eingenommen haben, vergessen sie die Welt um sich herum und wollen nur noch das eine. Dabei ist es egal, welche Geschlechter das Paar hat. Es muss nur eine irgendwie bestehende oder bestandene sexuelle Anziehung vorhanden sein.“ Erklärte er, damit Fred wieder übernehmen konnte. „Zwischen uns beiden würde es nicht klappen, aber zwischen Ron und Hermine oder Harry und Hermine. Wahrscheinlich sogar zwischen Harry und Ginny.“

Nach einer erneuten Welle des Schweigens gab Malfoy sehr zynisch von sich. „Also müssten wir jemanden finden, der den Zauberspruch kennt, mich, Ron und Blaise verletzen will, je an ein Haar von uns kommt und uns dann den Zaubertrank einflössen kann.“ Kommentierte er, nur um dann in die Hoffungslosigkeit zurückzusinken. Alles war nur noch ein Scherbenhaufen, selbst wenn es ein Zauber gewesen war.

 

„Es heißt doch aber „Die Rache der verschmähten FRAUEN“. Es handelt sich um mehrere. Es müsste sich also nur jemand finden, der Ron hasst und dich, Malfoy, oder Blaise. Oder euch beide und Ron nur als Mittel zum Zweck nutzt.“ Kam plötzlich von Harry, der nicht wusste, was er von all dem halten sollte. So kam er nun auch näher, setzte sich ans Bettende, da er vom Stehen genug hatte. Es war ein anstrengender Tag gewesen, der sich langsam dem Abend zuneigte.

Der Blick, der nun zwischen den beiden Brüdern gewechselt wurde, war vielsagend. Ron wischte sich mit dem Ärmel die Tränen von den Wangen und warum auch immer, etwas zog ihn zu dem Blonden hin. Noch saß er hier, die Brust so schmerzend, dass er kaum atmen konnte. Doch nur wenige Zentimeter von ihm entfernt schien die Erlösung zu locken, die Angst hielt ihn jedoch zurück. Dieser Mann, weswegen auch immer, hatte ihm diesen Schmerz zugefügt. Dennoch ging es diesem auch nicht besser, noch immer wirkte Draco so elend, dass Ron sogar Mitleid für ihn empfand. Noch zu Anfang des Sommers hatte der Blonde gescherzt, dass er Ron für deutlich stärker und emotional reifer hielt. Der Rotschopf hatte natürlich gelacht, aber hier war offenkundig zu erkennen, dass Draco Recht hatte. Nur waren der Schmerz und die Angst noch zu groß, um über eine Annäherung wirklich nachzudenken.

 

„Sag mal, Malfoy, hat Zabini noch Kontakt zu Parkinson?“ Kam nun wieder von George und nach einem kurzen Überlegen nickte der Blonde. Er schien noch immer unsicher und nicht überzeugt von dieser Theorie. „Ich glaube, dass sie…“ Stark schluckte er, nur unwesentlich entfernt von dem zerschlagenen Abbild seiner selbst. „Wenn ich mich nicht irre, wollte sie an diesem Morgen vorbei kommen. Wir…“ Er räusperte sich, noch immer klang seine Stimme eher wie ein Krächzen. „Zabbini und ich haben kaum miteinander gesprochen. Daher kann ich nicht sagen, ob sie dort war.“ Schloss er verlegen, denn jeder hier kannte den Grund des ausgebliebenen Gespräches.

Fred griff noch einmal das Wort auf und fragte direkt. „Ist sie immer noch so sauer auf dich, weil du sie für Ron hast sitzen lassen?“ Erstaunt blickten den rothaarigen Ladenbesitzer nun zwei Paar Augen an. Anscheinend waren sowohl Ron wie auch sein betrügerischer Freund von dieser Aussage überrascht worden. „Ach kommt, die Furie hat doch schon in der Schule einen Aufstand gemacht, als ihr klar wurde, dass du nichts von ihr willst.“ Protestierte nun der schwarzhaarige Schulheld und blickte erst zu dem blonden Betrüger, um dann seinen besten Freund wissend anzusehen. „Jeder hat es mitbekommen.“ Fügte er noch hinzu und Ron brummte etwas vor sich hin.

 

Nach einem Moment des nachdenklichen Schweigens antwortete Draco schließlich. „Ich glaube nicht. Allerdings haben wir auch keinen Kontakt mehr zu einander. Ich habe sie nie sonderlich gemocht und daher war ich recht froh, dass ich den Kontakt zu ihr nicht aufrecht erhalten musste.“ Anscheinend fasste sich der Blonde langsam wieder, zumindest bei den nicht so prekären Themen.

„Jungs, lasst den Wahnsinn. Die Tatsache bleibt, Malfoy ist fremdgegangen und selbst wenn Parkinson noch sauer auf ihn wäre, auch auf Ron, dann käme sie noch immer nicht an ein Haar von Ron! Ihr sucht nach einem nicht existenten Strohhalm!“ Kam nun der strikte Kommentar von Ginny, die langsam sehr genervt wirkte. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und ihre Gesichtszüge waren zu einem wütenden Ausdruck verzogen. „Und selbst wenn sie auch noch das geschafft hätte, ist sie vielleicht durch das Fenster eures Büros geflogen und hat das Buch still und leise kopiert, während euer Freund es übersetzt hat?“

Wenn Ron auch nur einen Hauch von Hoffnung verspürt hatte, schaffte es seine kleine Schwester mit einer unglaublichen Treffsicherheit eben diesen kleinen Anflug im Keim zu ersticken. Mit ihrer Art nutzte sie die Mittel zur Löschung eines Waldbrandes, um ein kleines Grillfeuer zu vernichten. Beinahe mitleidig sahen die Zwillinge ihren jüngeren Bruder an, der in sich zusammengesunken war. Ginny hatte ja Recht. Keiner von ihrer Familie würde so etwas tun, also gab es keine vernünftige Erklärung. Mit einem Seufzen wollten sie gerade aufgeben, als jemand die Treppe hinauf kam.

 

„Das Essen ist fertig.“ Kündigte nun Percy an und trat in die Tür des Zimmers. Er blickte sich erstaunt um, die Schwingungen waren deutlich anders, als von ihm erwartet. Harry wirkte müde, die Zwillinge frustriert, Ron erneut den Tränen nahe und Draco am Boden zerstört. Bei einem Blick auf seine kleine Schwester stellte er fest, dass sie diesen typisch erbosten Ausdruck aufgesetzt hatte. Nun etwas vorsichtiger fragte er. „Grundsätzlich ist für alle gedeckt, essen denn auch alle mit?“

Nun schien Ginny kurz vor der Explosion zu stehen. „Warte, was genau bedeutet „alle“?“ Fuhr sie Percy an. „Du willst doch wohl nicht sagen, dass Mum den Kerl da wirklich mit eingeplant hat?“ Knurrte sie in einer neuen Welle unglaublicher Wut. Sie hatte sich zu ihrem älteren Bruder umgedreht und ihre Augen funkelten, als wollte sie ihn mit ihren Blicken töten. Doch so leicht ließ sich ein emotional unterentwickelter Percy nicht aus der Ruhe bringen. „Das Wort ist eine allumfassende, Kategorien übergreifende Zusammenfassung, die alle Ausschlusskriterien aufhebt. Wenn ich also von „allen“ spreche, dann beziehe ich mich auch auf emotional instabile, eindeutig aufgekratzte Schwestern, die wie in der Geschichte üblich den Boten und nicht den Absender für die schlechte Nachricht umbringen wollen.“ Dieses sagte er mit einer so trockenen Gleichgültigkeit, dass den Zwillingen ein kurzes Lachen entkam. Harry konnte sich gerade noch halten, bevor die rothaarige Amazone vor Wut platzte. Mit einem gewaltigen Ausdruck riss sie ihre Arme nach vorne und schubste ihren Bruder aus dem Weg, sodass er mit der Schulter gegen den Türrahmen stieß. „AH!!! Männer! Einer von ihnen ist dümmer als der nächste!“ Schrie sie voller Wut und stampfte die Treppe herunter, als wäre eine Herde Zentauren auf dem Weg abwärts.

 

Ungerührt rieb sich der eben so unwirsch beschimpfte die gestoßene Schulter und hob die Augenbrauen, während er ihr nach blickte. „Das ist die beste Definition, die ich von emotional instabil je gesehen habe.“ Murmelte er vor sich hin, hielt kurz inne und ergänzte. „Und das bei Rons erst kürzlich eingetretenen Nervenzusammenbruch.“ Er schüttelte unverständlich den Kopf und wandte sich wieder den Personen im Raum zu. „Hat nun jemand die Güte, mir diese Situation zu erklären?“ Kam kühl von dem schlaksigen Mann, der aus den vielen Augenpaaren verwirrt angestarrt wurde.

„Ähm, wirklich?“ Begann Harry und die Zwillinge setzten ein. „Du hast gerade…“ Sprach der erste. „..deine kleine Schwester mit voller Absicht…“ Führte der zweite weiter fort. „ …bis aufs Blut beleidigt.“ Bevor wieder ein Wechsel eintreten konnte, übernahm Harry kurz. „Darum hat sie dich so behandelt.“

Für einen kurzen Moment entspannte sich Draco, ein nur minimalistisch flüchtiger Hauch Belustigung zog die Mundwinkel auseinander, ließ sie jedoch ebenso schnell wieder sinken. War der Kerl wirklich so schwer von Begriff? Immerhin war es doch absichtlich gewesen oder hatte er keine Ahnung, was seine Worte bedeuteten?

 

„Ich meine doch nicht dieses kindische Verhalten einer nachpupertierenden Frau. Ich kann zwar nicht verstehen, warum sie sich in diesen Phasen immer so verhalten, aber dass sie es tun, ist mir wohl bewusst.“ Empörte sich nun der schlaksige Außenseiter der Familie und verschränkte die Arme vor der Brust, um den einzigen Blonden in der Runde mit seinem Blick zu fixieren. „Was ist mit dem da geschehen? Das will ich wissen! Er sitzt hier wie ein zerrupftes Huhn, einbandagiert und ihr scheint ihn auch noch wie Glucken zu bemuttern! Verräter, Betrüger wie diese kleine Made gehören weder in dieses Haus, noch in die Reichweite dieser Familie! Warum also sitzt dieser Kerl auf deinem Bett Fred und wird von dir versorgt und befindet sich nicht draußen im Stall bei dem Schweinen, wo er hingehört?“

Kurz wollte Ron aufgebehren, öffnete den Mund, richtete seine vor Schmerz gepeinigte Gestalt auf, um dann doch wieder schweigend in sich zusammen zu sinken. Auch Harry wusste nicht mit dieser offenen Anklage umzugehen. Irgendwie hatte Percy ja Recht, da würde und da konnte er nichts dagegen sagen. Auf der anderen Seite war es einfach nur mies!

Ein Blick zu Draco reichte und es wurde deutlich, wie grausam diese Worte waren. Jede Vermutung einer Aufhellung seines Gemütes, einer Fassung und der Andeutung einer Besserung war verschwunden. Dass ein Mensch so elend aussehen konnte, hatte der junge Mann bisher nicht geglaubt.

 

„Erstens, sitzt er nicht auf meinem Bett, zumindest nicht mehr, sondern vor meinem Bett.“ Korrigierte ihn Fred, dem gar nicht auffiel, dass Percy immer weniger Schwierigkeiten zu haben schien, um sie auseinender zu halten. „Zweitens, glauben wir… oder eher, ziehen wir in Betracht, dass er es nur getan hat, weil er unter einem Zauber stand.“ Antwortete nun George und beide schienen irgendwie aufgebracht. Was sie so sehr in Rage brachte, konnte Harry nicht bestimmen. Er war nur froh, dass er die beiden hatte.

„Wie bitte?“ Kam nun von Percy und er hob die Augenbrauen erstaunt. „Und was für ein Zauber sollte das bitte sein?“ Fragte er in einer Weise, die deutlich machte, dass ihm diese Idee nicht lag. Noch immer stand er im Türrahmen, schien nun zwischen aufgebrachter Wut und perplexer Verwirrung zu wanken. Er konnte sehen, dass die beiden sich nicht sicher waren, doch bisher hatten die Zwillinge immer den richtigen Riecher gehabt. Er konnte viel Schlechtes über die zwei sagen, aber nicht, dass sie stets die richtige Spur verfolgten.

In wenigen Worten erklärten die beiden, welchen Verdacht sie hatten und mit jedem weiteren Wort veränderte sich die Haltung des Mannes in der Tür. Er spannte sich sichtlich an, verzog das Gesicht unter den feuerroten Haaren und plötzlich meinte er ernst. „Wie wahrscheinlich ist eure Idee?“ Offenbar war ihm ein Gedanke gekommen, der ihm nicht gefiel. Er schien sich gänzlich zu verspannen, als die Zwillinge nicht gleich antworteten. Die Erklärung ihrer Schwachstellen sorgte dafür, dass sich Percy auf die Unterlippe biss. Nun wurde er ganz unruhig.

 

„Habt ihr das Buch noch hier?“ Wollte er strickt wissen und wirkte plötzlich, als hätte ihn jemand auf einen Hügel Feuerarmeisen gesetzt, gänzlich ohne einen Fetzen Stoff am Leibe. Die innere Unruhe war ihm so deutlich anzusehen, dass die Zwillinge einander schweigend anblickten. Sollten sie ihm die Wahrheit sagen? Was würde das für sie an Konsequenzen mit sich bringen? Wenn der Kerl so aufgeregt war, und keiner der beiden konnte sagen, wann sie ihn je so erlebt hatten, dann musste es um viel gehen, mehr, als sie sich jetzt vorstellen konnten.

„Habt ihr es; ja oder nein?“ Fuhr sie der schlaksige Mann aufgebracht an und erschrocken zuckten alle Anwesenden zusammen. Ron starrte aus Tränenfeuchten Augen zu seinem älteren Bruder auf und konnte nicht verstehen, was mit dem Mann geschehen war. „Ja… ja, doch… wir haben es noch!“ Stieß George hervor und erhob sich langsam vom Boden, nicht ohne Percy im Blick zu behalten. Irgendetwas stimmte hier nicht und doch keimte eine gewisse Hoffnung in ihm auf. Vielleicht konnte sein Bruder etwas mit dem Buch anfangen, sich einen Reim auf all die Lücken ihrer Idee schmieden. Er wusste nichts von der zufälligen Beobachtung, die Percy vor Wochen erlebt hatte und bisher als ein Versehen in seinen verdrängten Erinnerungen gelandet war.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  YouLi
2018-02-02T13:07:26+00:00 02.02.2018 14:07
Hallo Traumfänger,
was ein schönes Gefühl, aufzuwachen und zu wissen, dass da noch etwas Wundervolles auf einen wartet *_*
Das war das erste, was ich heute im Bett gelesen habe und es war so schööön!
Diesmal so lang, und es gab endlich mal etwas mehr Informationen und Eindrücke.
Besonders die kurzen Rückblenden fand ich interessant, wie Draco so lang um Rons Gunst gebuhlt hat <3
Und das Beste war natürlich mit dem Schweinestall, hahaha. Ich konnte nicht mehr xD
So genial, ich liebe die Zwillinge, klasse!
Dramatisch war es natürlich auch, aber zum Glück hat sich mein Verdacht bestätigt,
so ist der Seitensprung noch zu verkraften, zumindest für mich.
Ein gelungenes Kapitel! Schade, dass das nächste Kapitel das letzte sein soll.
Ich weiß, du hast noch viele andere Geschichten am Laufen, aber die Vorgeschichte, oder eine kleine Sammlung ihrer Vorgeschichte würde mich auf jeden Fall sehr reizen zu lesen <3 <3




Zurück