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Leere Stille

von

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III - Dezember 2000

Dezember 2000.
 

Ginny grinste frech. „Und, Ron? Möchtest du noch eine vierte Portion?“

Ron schien den Sarkasmus darin nicht zu hören und schüttelte den Kopf. Den Mund voll Kartoffelbrei sagte er: „Nein, danke. Man muss ja auch ein bisschen auf die Figur achten.“ Hermine verschluckte sich fast an ihrem Wasser, während Ginny mit Müh und Not ein Lachen unterdrücken konnte. Es war eine herrliche und sternklare Nacht Anfang Dezember und die drei aßen in der Küche gerade zu Abend. Harry hatte über Ron ausrichten lassen, dass er leider später kommen würde, da er noch unbedingt einen Bericht abgeben müsse. Das Küchenfenster stand offen, sodass eine kühle Brise hereinwehte. Der Wind draußen zerrte an den fast kahlen Bäumen. Nur wenige braune Blätter hielten sich noch erbittert an ihren Ästen fest und so erklang nur ein leises knisterndes Rascheln von diesem Überlebenskampf. Das Bellen eines Hundes aus der Nachbarschaft ertönte und hallte mit leichtem Echo durch die Straße.

Hermine und Ginny räumten den Tisch ab. „Ginny, du musst mir unbedingt das Rezept geben! Mein Hackbraten wird irgendwie nie so gut.“ Ginny lächelte, nahm ihr die gestapelten Teller ab und nickte. „Gerne! Ich hab es von Mama, aber so gut wie sie bekomme ich es auch nicht hin. – Ach, apropos Mama: Ron!“, sie beugte sich an Hermine vorbei und schaute zu ihrem Bruder, der sich gerade in seinem Stuhl zurück lehnte und seinen Bauch streichelte. „Mama möchte, dass wir alle am Samstag zum Essen kommen. Keine Ausreden dieses Mal, du brauchst gar nicht so schauen! Du warst schon ewig nicht mehr dort!“ Sie warf ihm einen warnenden Blick zu.

Hermine stimmte ihr zu. „Ich versuche schon seit Wochen, ihn dazu zu bringen, aber er findet eine Ausrede nach der anderen.“

Bevor Ron überhaupt etwas sagen konnte, drehte sich Ginny wieder zur Spüle und meinte wie beiläufig: „Ich meine, wenn er seine Chudley Cannons-Sammelkarten nicht vor Mamas Ausmistwahn retten möchte – sein Ding.“ Ihr Lockmittel zeigte Wirkung, denn Ron bekam rote Ohren und war plötzlich Feuer und Flamme für die Idee, am Samstag den Eltern einen Besuch abzustatten.

Hermine und Ginny lachten gerade über seinen neu gefunden Enthusiasmus, als Harry deutlich gestresst die Küche betrat. „Entschuldigung. Das musste ich heute noch fertig machen, sonst hätte Robards mir den Kopf abgerissen.“ Er begrüßte Ginny mit einem Kuss, nahm Hermine in den Arm und gab Ron ein High-Five.

„Möchtest du etwas essen?“, fragte Ginny, während Harry gerade das Küchenfenster schloss. „Wir haben noch Hackbraten und Kartoffelbrei übrig.“

Harry schüttelte den Kopf und nahm sich ein Glas Wasser. „Nein, danke. Ich hab mir vorhin im Büro noch ein Sandwich gemacht.“

Die Freunde setzten Harry über die Pläne am Samstag in Kenntnis und redeten ein wenig über ihre bisherige Woche. Als ein kurzes Schweigen entstand, weil jeder seinen Gedanken nach hing, schaute Harry in die Runde. „Sollen wir?“

Alle nickten wissend. Die Männer nahmen für jeden ein Butterbier aus dem Kühlschrank mit und sie alle begaben sich schweigend in die kleine Bibliothek des Hauses. Das Feuer im Kamin brannte bereits – Kreacher musste es wohl im Wissen über ihre Tradition bereits entfacht haben. Wie selbstverständlich schloss Ron die Tür und verriegelte sie mit einem Zauberspruch. Schweigend machten sie es sich auf den Sofas gemütlich und Harry verteilte die Butterbiere. Sie stießen an und Hermine legte zu guter Letzt einen Stillezauber über das Feuer. Kaum war die völlige Stille eingetreten, entspannten die vier Freunde merklich. Harry hatte wieder das Gefühl, als hätte er Watte in den Ohren und seufzte erleichtert auf. Es gab keinen Blickkontakt. Jeder saß für sich, betrachtete die Kondenstropfen an der eigenen Flasche oder die lautlosen Bewegungen des Kaminfeuers. Und doch fühlten sie sich nicht allein.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erhob sich Ron und sammelte die leeren Flaschen ein. „Noch eines?“ Seine Stimme durchriss die Stille und holte seine Freunde für einen kurzen Moment in die Realität zurück. Es folgte ein allgemeines Nicken. Ron verließ den Raum und kam mit neuen Flaschen wieder. Nachdem er sie verteilt hatte, verschloss er die Tür erneut magisch und setzte sich. Es war quasi eine stille Übereinkunft über eine stille Zusammenkunft. Ein inneres Bedürfnis brachte sie jede Woche so zusammen. Ein Bedürfnis nach Ruhe und Abgeschiedenheit, aber trotz allem nicht nach Einsamkeit.

Als es für Ron und Hermine Zeit war zu gehen, verfielen die Freunde wieder ins Gespräch, während sie die Bibliothek verließen und sich zur Tür begaben. Sie redeten über die Wochenendpläne und machten sich über Rons Angst vor dem Besuch im Fuchsbau lustig. Beim letzten Mal hatte er den Fehler gemacht, Mollys Gemüsepastete zu kritisieren und fürchtete nun, dass sie es ihm immer noch übel nehmen könnte. Ron und Hermine zogen gerade in der Eingangshalle ihre Jacken an, als Ginny noch etwas einfiel. Leise flüsterte sie, um Walburga Black in ihrem Gemälde nicht zu wecken: „Luna ist wieder in der Stadt. Sollen wir uns am Freitag mit ihr und Neville im Tropfenden Kessel treffen?“ Um keine Geräusche zu machen, grinsten die anderen lediglich zur Bestätigung und nickten.
 

~~*~~
 

Der Körper unter Ginnys Arm zuckte heftig und ein lautes Keuchen durchbrach die Stille. Ginny machte die Augen auf und strich kurz beruhigend über Harrys Arm. Sie hob den Kopf von seiner Brust und schaute ihn an. Harry war wach, schloss aber für einen Moment erschöpft die Augen. Dann schlug er sie auf und suchte den Blick seiner Freundin in der Dunkelheit. Das durch das Fenster einfallende Licht der Straßenlaterne schimmerte in ihren Augen. „Dumbledore.“

Ginny nickte. Er musste nichts weiter sagen. Sie strich ihm liebevoll über die Wange. „Versuch wieder zu schlafen! Ich bleib solange wach.“

Harry lächelte dankbar und schloss die Augen mit einem Seufzen. Ginny legte ihren Kopf auf ihren angewinkelten Arm und strich mit der anderen Hand verträumt die Konturen von Harrys Gesicht nach.
 

Ein letztes Mal durchbrach Harry die Stille: „Ich fand es sehr schön heute Abend.“

„Ich weiß.“
 

Mit einem Lächeln im Gesicht schlief Harry ein.



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