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Erwachen

[Jean <3 Marco]
von

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Erwachen

Hektisch lief er durch die Straßen, vorbei an zerstörten und brennenden Häusern. Vorbei an Leichen und undefinierbaren Fleischfetzen, die vorher Menschen waren.

Was war geschehen? Was war nur geschehen? Er konnte sich einfach nicht mehr erinnern. Gerade eben wurde er wach, mitten in der Stadt, an eine zerstörte Häuserwand gelehnt. Er hatte die donnernden Schritte der Titanen gehört, Schreie von angsterfüllten Menschen und die Kampfschreie seiner Kameraden. Doch er konnte nicht genau definieren, wo sie herkamen und erreichte niemanden. Sein 3D-Manöver-Gerät funktionierte auch nicht mehr und auch das konnte er sich nicht erklären, es war eigentlich bestens in Schuss gewesen. Warum nur konnte er sich an nichts erinnern?
 

Kurz schüttelte er den Kopf, nur um ihn wieder frei zu kriegen und als er wieder ein klares Blickfeld hatte, blieb er abrupt stehen. Mit starren und geschockten Augen, blickte er auf die Person, die nur wenige Meter von ihm entfernt stand. Das war unmöglich. Das konnte einfach nicht sein. Es musste sich um einen Traum handeln, anders konnte er es sich nicht erklären. Doch selbst, wenn es so war, tat es unglaublich gut ihn zu sehen.
 

„M-Marco...“, brachte er mit brüchiger Stimme hervor und Angesprochener lächelte ihn traurig an. Langsam setzte Jean sich wieder in Bewegung und ihm blieb kurz das Herz stehen, als plötzlich ein Titan um die Ecke bog und hinter Marco stand.

„Marco, pass auf!“, rief Jean fast panisch und rannte, so schnell er konnte, zu ihm. Doch Marco blieb einfach stehen. Jean fuchtelte mit einem Arm. „Verdammt nochmal, Marco, beweg dich!“, schrie er ihn an. Erst dann erkannte er, dass der Titan ihn gar nicht zu bemerken schien. Dieser ließ seinen Blick nur für einige Momente durch die Gasse schweifen, ehe er sich wieder aufrichtete und weiter ging.

„Was zur Hölle...“, nuschelte Jean leise und wurde wieder langsamer. Sein Blick war immer noch in die Ferne gerichtet, dorthin, wo bis eben noch der Titan stand. Dann schaute er wieder auf Marco, vor welchem er nun stehen blieb.

Kurz zögerte er, ehe er Marco einfach in seine Arme zog und ihn fest an sich drückte. Marco war etwas überrascht, lächelte dann aber sanft und legte seine Arme ebenfalls um Jean. Er bemerkte, dass Jean weinte, sprach es aber nicht an. Er wusste, dass es ihm unangenehm sein würde. Jean klammerte sich unterdessen nur noch mehr an Marco. Er hatte gedacht, dass er verschwinden würde, immerhin war das hier nur ein Traum. Doch nichts dergleichen geschah. Er konnte sich so fest an Marco klammern, wie er wollte, er löste sich nicht mit einem Mal auf, wie er befürchtete. Auch Marco kämpfte mit den Tränen, doch aus einem anderen Grund als Jean. Wie sollte er es ihm nur erklären?
 

Nach einer Weile löste Jean sich wieder von ihm, wischte sich mit dem Handrücken nochmal über sein Gesicht, bevor er ihn ansah. „Marco, wie...wie ist das möglich...ich...“ Er bemerkte Marcos bedrückten Gesichtsausdruck, was ihn wieder beunruhigte. Nun war er sich wieder sicher, dass es ein Traum sein musste. Marco wäre sogar als Traum-Marco traurig darüber, dass Jean davon träumte, ihn wieder zu sehen und im Nachhinein nur enttäuscht werden würde, so dachte sich Jean. Marco war einfach so...sanft und liebevoll, viel zu gut für diese grausame Welt, ebenso wie dieser Traum-Marco.
 

„Ich...träume, oder?“, meinte Jean dann deprimiert, nach einem leisen Seufzer, und Marco sah ihn nun unglaublich traurig an, was Jean fast aus der Bahn warf. Er kratzte sich am Kopf und lachte verlegen. Selbst im Traum wollte er nicht, dass Marco traurig war. „Hehe..., komm schon. Ich mein, es ist ok. Ich bin froh, dich überhaupt...irgendwie wiederzusehen.“ Zum Ende hin wurde er immer leiser, ehe er fortfuhr. „I-ich...ich wollte dir noch so viel sagen. Mich bei dir bedanken..., dich-“ - „Das ist kein Traum, Jean“, unterbrach Marco ihn nun leise und frustriert, sah ihn ebenso an. Überrascht blickte Jean ihn jetzt an. „Aber du kannst nicht...und der Titan eben hat gar nicht auf dich geachtet“, erklärte er und Marco erwiderte darauf weiterhin leise: „Auf dich auch nicht.“, was Jean, aus einem ihm unerfindlichen Grund, erschreckte.

„Nun, ich war auch ziemlich weit weg“, versuchte er sich rauszureden und Marco biss sich leicht auf die Unterlippe. „Es tut mir leid, Jean.“ Seine Augen füllten sich mit Tränen und nur wenig später liefen sie unaufhörlich über seine Wangen. „H-hey, was ist denn los? Es ist alles in Ordnung. Es...“ Überfordert mit der Situation klopfte Jean ihm aufmunternd auf die Schulter. Er konnte schlecht damit umgehen, wenn jemand weinte und erst recht, wenn dieser jemand Marco war. „Es tut mir so leid“, wiederholte er wieder und hielt sich den Arm vor's Gesicht, um die immer wiederkehrenden Tränen vor Jean zu verbergen. Dieser wusste nun wirklich nicht mehr, was er tun sollte, vor allem, weil er überhaupt nicht wusste, was los war und weshalb Marco sich dauernd entschuldigte. Leicht zitternd hob Jean nun seine Hand, führte sie zu Marcos Arm und zog ihn sachte runter. „Sag mir, was los ist..., ok?!“, meinte er merklich besorgt und Marco presste die Lippen zusammen. „I-ich zeig es dir, ok?“, entgegnete er dann und Jean nickte leicht. Vorsichtig griff Marco daraufhin nach Jeans Hand und zog ihn sachte in die Richtung, aus welcher dieser soeben gelaufen kam.

„Vergiss nicht, dass ich bei dir bin. Ich bin bei dir“, sagte Marco, nachdem er die Tränen endlich erfolgreich unterdrücken konnte, ein paar Mal zu ihm, was Jean etwas nervös machte.
 

Es dauerte nicht lange, bis Marco langsamer wurde und ganz stehen blieb. Er drückte Jeans Hand leicht. „Wir sind da.“ Seine Stimme klang brüchig und fast noch leiser, als zuvor und Jean verstand nicht ganz. War er von hier aus vorhin nicht losgelaufen, nachdem er erwacht war?

Marco sah ihn an und deutete dann auf eine Gestalt, die unter den Trümmern lag. Jean wusste noch immer nicht, was los war, ließ Marcos Hand dann aber los und näherte sich der Gestalt. Erst konnte er nicht viel erkennen, doch als er näher herantrat, erkannte er das Gesicht. Ihm stockte der Atem und ihm wurde abrupt schlecht und schwindelig. Er versuchte irgendwie Halt zu finden, taumelte aber nach hinten und Marco musste ihn halten, damit er nicht umfiel.
 

„I-ich...ich bin...tot?“, stammelte Jean und in diesem Moment überkam ihm ein Gefühl, was er nie zuvor hatte. Als würde alles in ihm zusammenfallen, sein ganzes Sein. Und plötzlich sah er es ganz klar vor sich. Wie er sich über die Dächer geschwungen hatte, ein Titan im Visier, als unvorhergesehen ein zweiter auftauchte. Er verlor die Kontrolle. Ein Titan packte ihn, bekam seine Beine zu Greifen und drückte zu. Ein Schmerzensschrei entkam seiner Kehle und schon in diesem Moment hatte er mit sich abgeschlossen. Doch ein anderer Soldat kam ihm zur Hilfe, erledigte den Titan. Er versuchte Jean zu greifen, schaffte es jedoch nicht. Da der Titan ihn nun wieder losgelassen hatte, wurde er von seinem 3D-Manöver-Gerät unkontrolliert weitergezogen und er prallte mit voller Wucht an die Wand, an welcher er nun saß. Tot. Seine Beine waren zertrümmert, der Kopf zur Hälfte aufgeschlagen, das Blut war an der ganzen Wand verteilt.
 

Und als Jean sich wieder daran erinnerte und sich dessen vollkommen bewusst wurde, dass er tot war, konnte er nicht anders, als anfangen zu lachen. Verwirrt sah Marco ihn an und sah nun wie neben dem Lachen Tränen über Jeans Gesicht liefen.

„Das ist so typisch“, fing Jean an. „Dass ich bei sowas Unspektakulärem und Absurdem sterbe“, lachte und weinte er zugleich. Erschrocken darüber, was Jean da sagte, schluckte Marco schwer. So dachte Jean darüber? Leicht schüttelte er den Kopf. Da Jean nun nicht mehr Gefahr lief, umzufallen, ließ Marco ihn los, sah ihn ernst an und legte seine Hände auf Jeans Schultern. Dieser hörte abrupt mit Lachen und Weinen auf und schaute ihn verdutzt an.

„Sag das nicht, Jean! Du bist als ehrenwerter Soldat und Anführer gestorben. Du hast so viel erreicht. Du solltest stolz auf dich sein!“

Als Marco das sagte, senkte Jean bedrückt seinen Blick. „Wie könnte ich stolz auf mich sein? Ich bin ein Versager. Nicht mal dich konnte ich beschützen und jetzt sieh doch, wie ich gestorben bin.“ Es machte Marco unsagbar traurig, Jean so zu sehen, dass er so von sich dachte und sich schlecht machte. „Jean..., du bist kein Versager. Du kannst nicht überall sein. Du kannst nicht jeden retten. Du kannst-“ - „Aber dich...dich hätte ich retten müssen!“ Verzweifelt blickte Jean ihn nun wieder an und Marco gefiel nicht, in welche Richtung dieses Gespräch verlief. Wieso machte Jean sich noch immer Vorwürfe deswegen?

„Du warst die einzige Person, die an mich geglaubt hat, obwohl ich es nicht verdient hatte. Ich...“, kurz biss er sich auf die Unterlippe, doch abermals konnte er die aufkommenden Tränen nicht unterdrücken. „...ich...brauchte dich so sehr und ich...hab es nicht geschafft, dich zu retten. Du hattest es nicht verdient zu..., du....nicht so. Überhaupt nicht.“ Jean brachte keinen klaren Satz mehr zustande und Marco wusste nicht, wie er ihn vom Gegenteil überzeugen, wie er ihn beruhigen konnte, weshalb er einfach die Arme um ihn legte und ihn fest an sich drückte. „Hör auf, Jean. Bitte.“ Er vergrub sein Gesicht an Jeans Schulter. Auch dieser legte nun langsam seine Arme um Marco. „Ich hab dich so vermisst“, sagte Jean jetzt leise und drückte ihn näher an sich, so als wollte er seine Aussage noch bestärken. „Ich hab dich auch vermisst“, erwiderte Marco ebenso leise und vergrub sein Gesicht mehr in den Stoff an Jeans Schulter.
 

Das hier war kein Traum. Das wurde Jean bewusst, als er seinen toten Körper gesehen hatte. Er wusste es, als er sich daran erinnerte, wie er starb. Dieses Gefühl, was er dabei empfand, war ein ihm unbekanntes Gefühl, doch Verzweiflung und Hilflosigkeit beschrieben es wohl am besten. Er fühlte sich für den Bruchteil seiner Erinnerungen verloren. Vielleicht auch noch für wenige Augenblicke danach. Doch als er sich Marcos Anwesenheit wieder vollkommen bewusst war, war es nicht mehr so wichtig. Er war tot. Ok. Er würde nie wieder gegen Titanen kämpfen müssen. Nie wieder diese panische Angst fühlen müssen. Es war ok. Doch dann kamen die Schuldgefühle wieder, die Vorwürfe. Marco musste das damals alles allein durchleben. Er hatte niemanden, der ihn auffing, als er starb. Der ihm erklärte, was eigentlich los war. Wie einsam und verloren muss er sich gefühlt haben, als er starb? Wie verzweifelt muss er gewesen sein? Und das alles nur, weil Jean ihn nicht beschützen konnte.
 

Langsam ließ Jean ihn wieder los, Marco tat es ihm gleich.

„Es tut mir leid“, entschuldigte Jean sich nun. Dafür, dass er ihn nicht retten konnte. Dafür, dass er das alles allein durchstehen musste. Und dafür, dass er eben solch ein Drama gemacht hatte. Alles. Einfach alles tat ihm leid. Marco schüttelte etwas den Kopf und lächelte lieb. „Dir braucht nichts leid zu tun.“ Er hob seine Hand und strich sachte über Jeans Wange, was diesen nun leicht verlegen zur Seite blicken ließ. Auch Marco wurde etwas rot inmitten seiner Sommersprossen.

Es war etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen, das wussten sie beide – Marco wahrscheinlich noch mehr als Jean. Doch nicht einmal jetzt traute sich einer von beiden es auszusprechen oder wenigstens klar anzudeuten.
 

Marco senkte seine Hand wieder und meinte dann: „Wollen wir gehen?“ Jean schaute ihn nun wieder fragend an. „Wohin?“ Kurz überlegte Marco. „Ich...bin mir nicht ganz sicher. Ich glaube, es ist sowas wie 'auf die andere Seite' oder 'ins Licht' gehen oder so.“ Leicht zuckte er mit den Schultern. „Ich habe schon ein paar Leute gesehen, die gegangen sind. Manche alleine. Manche, die auf diejenigen gewartet haben, die sie lieben.“ Marco sagte noch etwas, doch Jean hörte nicht mehr wirklich zu. Er verstand das noch immer nicht so ganz, mit dem irgendwohin gehen, aber viel wichtiger war für ihn im Moment, der letzte Satz, den Marco gesagt hatte oder vielmehr, den Jean vernommen hatte. „Wieso...bist du noch hier?“, fragte er ihn nun vorsichtig und Marco war etwas überrascht über die Frage, da er selbst nicht bemerkt hatte, was er eigentlich gesagt hatte und wie man es deuten konnte. Erst, als er jetzt über die Frage nachdachte, wurde es ihm bewusst und er wurde schlagartig wieder etwas rot, wendete verlegen seinen Blick ab. „Ich, also...“, fing er an und fuhr dann leicht nuschelnd fort: „Ich habe auf dich gewartet.“

Ein sanftes Lächeln legte sich auf Jeans Lippen. Auch wenn er gerade womöglich ebenso nervös wie Marco war, freute er sich über diese Aussage. Man hätte viel in diese Aussage hinein interpretieren können oder nichts. Doch beide wussten, dass es genau das bedeutete, was sich beide dachten. Sachte griff Jean nun nach Marcos Hand, hielt sie leicht fest. Marco blickte ihn wieder an und als er Jeans Lächeln sah, kam er nicht umhin, ihn ebenso anzulächeln. Und es war absurd. Doch, obwohl er vor wenigen Momenten gestorben war, war Jean glücklich. Und das lag einzig und allein an Marco, welcher ihm dieses liebevolle Lächeln schenkte und ihm soeben, für sie beide, unmissverständlich gesagt hatte, dass er ihn mag. Mehr noch als das. Und Jean erwiderte dies natürlich.
 

„Ich hätte auch auf dich gewartet.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Jared
2020-08-30T16:23:21+00:00 30.08.2020 18:23
Wahhh das ist eine sehr schöne Idee. Q. Q

SEHR liebevoll geschrieben. Armer Marco :( Wielange er da schon alleine gewartet hat.

Aber jetzt haben sie sich ja wieder. :)
Von:  AliceNoWonder
2018-09-04T13:18:42+00:00 04.09.2018 15:18
Huhu, erstmal vielen Dank für deine Einsendung bei meinem Wettbewerb.
Die Tatsache, dass die beiden tot sind, rückt die Geschichte in einem ganzen anderen Licht, als andere. Ich finde deine Geschichte ist wirklich wunderschön, da wird einen warm ums Herz, dass die beiden sich wieder gefunden haben und gleichzeitig gibt es einen bitteren Nachgeschmack, der das schöne Abmindert. Das ist dir wirklich gut gelungen. Dein Schreibstil ist auch sehr schön flüssig.
Eine wirklich wunderbare Geschichte ^^

LG Alice
Von: abgemeldet
2017-08-29T03:46:20+00:00 29.08.2017 05:46
Guten Morgen.
es war ein sehr wundervoller und trauriger One-Shot. Ach ich liebe dieses Pairing <3 Davon gibt es viel zu wenig! Besonders die Stellen mit Marcos Entschuldigungen ist typisch für den Sommersprossigen, aber auch sehr emotional. Immerhin kann sein bester Freund und Liebender nicht weiterleben, so wie er es sich gewünscht hat. Nun werden sie endlich vereint. Jean und Marco haben schon genug durchgemacht. Egal wo oder wann, die beiden finden immer zueinander. Das Ende war auch sehr toll :)

LG^^Alien^^
Von:  Toddler
2017-08-28T23:14:39+00:00 29.08.2017 01:14
Das war so traurig und schön zugleich. Ich hab wirklich einen Kloß im Hals deswegen. Ich bin gerade richtig gerührt :'(


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