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Weil Liebe niemals einfach ist

von

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Decode

Lily war sich nicht sicher, ob sie schon so weit war, hierher zu kommen, trotzdem drückte sie langsam die Tür auf. Wie sie es erwartete hatte, prasselten die Erinnerungen wie Schläge auf sie ein, als sie in den Raum der Wünsche trat. Selbst die Luft hier ließ sie an Scorpius denken und ihr Herz begann wie wild zu hämmern, schmerzhaft und sehnsüchtig zugleich.

Der Raum sah genauso aus wie letztes Mal als sie hier gewesen war. Nur die Kakaotassen fehlten. Und der blonde Junge am Sofa.

Wie konnte sie entscheiden, was richtig war, wenn er ihren Verstand trübte?

Sie verabscheute die Dunklen Künste. Zauberer waren in ihren Augen kein bisschen besser als Muggel. Der Wahn vom reinen Blut war für sie völlig schwachsinnig. Und sie wusste von ihrem Vater, wie es gewesen war, als der Dunkle Lord die Macht an sich gerissen hatte.

Vielleicht konnte sie ihn ja von seiner Idee abbringen? Der Gedanke daran war ihr die ganze letzte Woche im Kopf herum gespukt, doch erst jetzt, allein im Raum der Wünsche hatte sie auch Zeit, darüber nach zu denken.

Vielleicht würde er seine Idee ja für sie aufgeben?

Oder vielleicht war sie einfach nur naiv. Scorp war schon mit dieser Einstellung aufgewachsen. Und Hagrids Tod zeigt ja wohl, dass er es ernst meinte. Ihre Überzeugungsarbeit würde chancenlos blieben. Sie konnte diesen aussichtslosen Kampf nicht gewinnen.

Aber sie fühlte, dass sie und Scorp zusammen gehörten. Sie war seit ihrem Streit von sehnsüchtigen Träumen von ihm geplagt worden, hatte Herzrasen bekommen, kaum dass sie ihn gesehen hatte und selbst im Unterricht hatten sich ihre Gedanken nur um ihn gedreht. Scorpius gehörte einfach zu ihr, so unverrückbar wir der Mond zur Erde. Am liebsten hätte sie ihm unübersehbar Alleineigentum von Lily Luna Potter auf die Stirn tätowiert, damit auch jeder wusste, dass sie ihn für sich beanspruchte. Aber wie konnte sie besitzen, was zu ihr gehörte, wenn er Partei ergriff? Partei für die Dunklen Künste.

„Warum musst du so ein blöder Idiot sein?“ brüllte sie aus einem Impuls heraus den Kamin hysterisch an.

Verdammt, verdammt, verdammt, verdammt. Langsam aber sicher wurde sie wahnsinnig wegen Scorp. Was wollte er ihr eigentlich noch stehlen? Er hatte ihr das Herz geraubt. Den letzten Nerv. Ihre kostbare Freizeit. Die schönsten Momente in ihrem bisherigen Leben. Und jetzt auch noch den Verstand.

Lily schniefte und setzte sich aufrechter hin. Wenigstens ihren Stolz würde er ihr nicht nehmen. Mit zittrigen Fingern strich sie ihre Haare glatt, in denen sie sich noch vor kurzem fest gekrallt hatte, als sie sich von einem Heulkrampf gepeinigt auf dem Sofa eingerollt hatte. Nein, so weit durfte sie es nicht kommen lassen. Er würde ihr nicht auch noch das letzte bisschen Würde klauen. Dieses Mal würden seine langen Finger nicht siegreich sein. Nein, nicht diese Mal.

Mit einem tiefen Seufzer versuchte sie sich wieder etwas zu beruhigen. Wie waren sie bloß hierhin gekommen? Sie hatte doch geglaubt, ihn zu kennen. Sie hatte so viel geglaubt, das an jenem Abend wie ein Zauberschnipschnapkartenhaus in sich zusammen gebrochen und in Flammen aufgegangen war.

Als sie den Kopf nach hinten in die Kissen sinken ließ, schloss sie die Augen und meinte noch einen leisen Hauch seines Parfums aufschnappen zu können. Was sollte nur tun? In der Finsternis und der Einsamkeit der geschlossenen Lieder versuchte sie ihren Verstand auszublenden.

Wie eine Staubschicht nach einem Vulkanausbruch legten sich ihre wilden Gedanken gemächlich und ließen auch die Stimme ihres Herzens zu Wort kommen. Die Stimme, die ihr Gewissheit gab.

Die Wahrheit hatte sich in seinen Augen versteckt und ihm auf der Zunge gelegen. Es hatte in ihrem Blut gesiedet, aber Scorp hatte geglaubt, dass sie es nicht sehen würde. Doch Lily hatte es gesehen. Und ignoriert. Sie hatte nicht sehen wollen, was für eine Art Mann er war. Hatte nicht glauben wollen, was Albus gesagt hatte. Aber ihr Bruder hatte recht gehabt. Nur in einem Punkt war er falsch gelegen. Er hatte ihr prophezeit, dass sie ihm nichts bedeutete. Aber er liebte sie. Und sie ihn. Die Frage war nur, ob ihre Liebe stark genug war, diese riesige Kluft, mit dem Namen Dunkle Künste, zwischen ihnen zu überbrücken. Doch um diese Frage zu beantworten gab es nur einen Weg: sie würde es heraus finden. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass Scorp nicht der Engel war, für den ihn alle anderen hielten. Albus Predigten über ihn waren ihr immer im Kopf geblieben. Und es hatte sie nie von ihm fern gehalten.

Sein Bild tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Die unzähligen sprudelnden Moment, in denen er sie fast geküsst hätte, nur um dann durch irgendeinen blöden Zufall davon abgehalten zu werden. Die unzähligen köstlichen Momente, in denen er ihr den Arm um die Schulter gelegt hatte, wohl wissend, dass sie ihn abschütteln würde. Dieser eine Moment, in dem er ihr seine Liebe gestanden hatte.

“Ich liebe dich so“, schrie sie abermals den Kamin an. Doch diesmal nicht hyperventilierend durch einen Tränenschleier hindurch, sondern fest und überzeugt. Ihr Gedanken konnte sie nicht entschlüsseln, aber die Stimme ihres Herzens. Sie hatte geglaubt ihn zu kennen und dabei einen Dummkopf aus sich gemacht, weil sie nur das Schöne angenommen hatte, ohne dem Hässlichen Beachtung zu schenken. Doch es war da. Ihre Sicht hatte sich durch sein Geständnis und ihre Erkenntnis verschoben. Jeder Mensch hatte gute und schlechte Seiten und für so viel Perfektion wie sie in Scorpius zu finden war, war der Preis nun mal hoch.

Es gab etwas, dass sie in ihm sah. Etwas, dass ihr das Herz zum Schmelzen brachte. Und dieses Etwas war nun mal einfach größer, als das, was es zum Gefrieren brachte. Sie wusste, dass ihr Entscheidung sie töten könnte. Doch sie wollte, dass es richtig war. Und ihr Herz sagte ihr, dass es das war.



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