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Momentaufnahmen

von

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Wiedersehen

Das Haustürschloss klickte, als ein Schlüssel sich draußen in ihm herum drehte. Das Geräusch ließ Judai aufhorchen und er setzte sich augenblicklich gerade auf, war er doch gerade noch über sein DS-Spiel gebeugt. Eilig speicherte er und legte das Handheld beiseite.
 

„Na, wurde aber auch langsam Zeit!“, verkündete er laut, damit die Person auf der anderen Seite der Türe es auch hören konnte.
 

Sein Magen grummelte schon seit geraumer Weile und er hatte sich darauf gefreut mit Johan Essen zu gehen. Judai erhob sich von der Couch und huschte in sein Zimmer, um die ultra-bequeme Jogginghose gegen eine Jeans einzutauschen. Da er noch warten musste, hatte er sich vorher nicht die Mühe gemacht, sich aus den Klamotten zu schälen.
Er schlüpfte also auf seine üblich umständliche Art in seine Hose, zog sie über die Hüften und knöpfte sie zu. So, er war bereit. Geduscht hatte er schon und ein frisches Shirt trug er ebenfalls.
 

„Jetzt können wir aber endlich“, sagte Judai mehr zu sich selbst und trat aus seinem Zimmer.
 

Sein Lächeln wich ihm aus dem Gesicht, als er nicht den vertrauten blauen Haarschopf vor sich sah. Etwas verloren stand da ein schwarzhaariger junger Mann und sah ihn unsicher an.
 

„Hey“, grüßte Yusei ihn leise.
 

In dem Moment wurde Judais Kopf leer. Er wusste, er sollte sich freuen. Immerhin hatten sie sich so lange nicht mehr gesehen. Doch da war nichts. Dumpf pochte der Schmerz der letzten Monate in seinem Hinterkopf. Es kam alles wieder hoch. Der Kummer, die Angst, all die Momente, in denen er am Boden und traurig gewesen war.

Alles nur, wegen seiner dummen Neugier. Und Yuseis grandioser Idee einer Beziehungspause. Er hatte ihn so scheiße vermisst. Wenn sie sich ausnahmsweise gesehen hatten, konnten sie nicht anders als reserviert gegenüber dem anderen zu sein. Es hatte sich so falsch angefühlt und Judai immer wieder den Magen zusammengezogen.

Auch jetzt spürte er einen Schmerz in seiner Brust pochen.
 

„Judai?“
 

Er stand da wie angewurzelt. Seine Schultern zitterten, doch das war ihm nur dumpf am Rande bewusst. Vorsichtig ging er ein paar Schritte auf Yusei zu, obwohl in seinem Körper alles nach Rückzug schrie. All die Wochen hatte Judai sich bemühen müssen, nicht an ihn zu denken. Sich von ihm fern zu halten. Wenn er ihn zufällig in der Uni gesehen hatte, nahm er reiß aus und versteckte sich oder machte einen extra weiten Bogen.
Doch, wenn er hier war, dann bedeutete das doch, dass all der Abstand und die Quälerei nun ein Ende hatten. Oder?
 

„Komm her.“
 

Yusei breitete seine Arme aus und ohne darüber nachzudenken stolperte Judai hinein. Seine Finger krallten sich in sein Oberteil und Yusei drückte ihn fest an sich. Judai drückte noch fester zurück. Als würde er drohen in die Tiefe zu stürzen, wenn er auch nur für den kürzesten Moment locker ließ.
Ein schwacher Damm brach in ihm und mit einem Mal liefen die ersten Tränen seine Wangen hinab.
 

Es war alles wieder in Ordnung. Oder? Es fühlte sich gut an, seine Nähe zu spüren. Nach all der Zeit, seinen Geruch wieder wahrzunehmen. Er sollte sich erleichtert fühlen, und doch spürte er weiterhin diese Leere.
 

Zitternd gaben Judais Knie langsam nach. Yuseis Griff festigte sich umso mehr und vorsichtig ließ er sie gemeinsam zu Boden sinken. Beruhigend streichelte Yuseis Hand über seinen Rücken.
 

„Ich hab dich vermisst“, nuschelte Judai heiser gegen seine Brust. Ein dicker Kloß hatte sich in seinem Hals gebildet, welcher sich auch mit großer Mühe nicht herunterschlucken ließ.
 

Judai spürte, wie Yusei zustimmend nickte.
 

„Ich hab dich auch vermisst“, erwiderte er ruhig.
 

Wieder einmal bewies Yusei, dass er ein unerschütterlicher Ruhepol war. Ein Fels in der Brandung.
 

Eine Weile lagen sie sich nur stumm in den Armen und ließen die Nähe des anderen auf sich einwirken. Die Wärme, welche sie so lange nicht mehr schätzen konnten.

Judai hing wie gelähmt an seinem Freund und ließ die Tränen ungehindert laufen und Yuseis Oberteil benetzen.
 

Yusei blieb weiterhin still und hoffte, dass er Judai damit weiterhin beruhigen konnte. Das Schniefen des Brünetten wurde allmählich seltener und auch die Tränen rollten nur noch vereinzelt. 
Als Yusei nur ein bisschen Abstand zwischen sie bringen wollte, um Judai ansehen zu können, musste er überrascht feststellen, dass sich dessen Umklammerung nicht das geringste Stück löste. Stattdessen entschloss Yusei sich, seinem Freund zärtlich durch die Haare zu streichen.
 

„Möchtest du gleich noch Essen gehen?“, fragte Yusei an sein Ohr murmelnd.
 

Wollte er? Das hieße, er müsste sich von ihm lösen und in der Öffentlichkeit einen Anstandsabstand halten. Er hatte sich zwar auf das Essen gefreut, aber nicht unter diesen Bedingungen.
 

Judai schüttelte zaghaft den Kopf. Er spürte erneut ein verständnisvolles Nicken an seinem Kopf.
 

„Sollen wir uns dann auf die Couch setzen?“, hakte der Schwarzhaarige leise weiter nach.
 

Dieses Mal entschloss sich der Angesprochene etwas schneller.
 

„Wir können uns auf mein Bett setzen“, murmelte Judai.
 

Das war ein Ort, an dem er in den letzten drei Monaten äußerst selten verweilt hatte. Es war nur richtig, sich dort wieder etwas einzufinden, nicht wahr?
 

„Gute Idee“, stimmte der Andere zu. „Na, komm.“
 

Kräftig wie er war, zog er Judai wieder mit sich auf die Beine. Vorsichtig geleitete Yusei ihn in sein Zimmer.
 

Es war schwierig auszumachen, wie viel Zeit sie Arm in Arm liegend im Bett verbrachten. Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein und doch war es nicht genug. Nicht genug, um die verlorenen Monate wiedergutzumachen. Nicht genug, um sich an diese Berührung wieder zu gewöhnen.
 

Leise grummelnd meldete sich Judais Magen. Er presste die Lippen zusammen und drückte sein Gesicht fester an Yuseis Brust.
 

„Hast du Hunger?“
 

Judai atmete tief durch und bemühte sich endlich ein paar mehr Worte über die Lippen zu bringen.
 

„Hab noch nichts gegessen heute, weil wir ja ausgehen wollten. … Und weil auch nichts im Kühlschrank ist“, erklärte er.
 

„Oh.“ Yusei sah sich etwas ratlos um.
 

„Wir könnten etwas bestellen“, schlug Judai schließlich vor. Wie sie es so oft taten, wenn sie hier waren.
 

„Hast du auf etwas bestimmtes Lust?“
 

Irgendwie war es schön, dass sich endlich ein kleines Gespräch aufbaute.
 

Judai ging im Kopf kurz einige Möglichkeiten durch.
 

„Pizza?“
 

Vorsichtig kramte Yusei sein Handy aus der Hosentasche.
 

„Das Übliche?“, hakte er nach.
 

„Können uns auch ne Große teilen.“
 

„Klingt gut.“ Yusei lächelte andeutend und tippte auf dem hell erleuchteten Handy-Bildschirm herum.



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