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It's about to be legendary

Von Legenden und Helden
von
Koautor:  rotes_pluesch

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Befreiung

Aaron

Es dauerte nicht lange und Aaron war eingeschlafen. Das Stroh als Unterlage war besser als der harte Boden, aber wahrscheinlich hätte nichtmal der Aarons Schlaf hinauszögern können, so müde wie er war. Allerdings verfolgte Merthins Experiment Aaron in den Schlaf. Er sah einige Bilder wieder vor seinem inneren Auge. Bilder, die er sich während der Erzählung so vorgestellt hatte. Dass er das alles nicht durfte, dass seine Eltern ausflippen würden, dass der Adel die Nase für immer in seiner Nähe über ihn rümpfen würde, das alles war Aaron klar. Und dennoch war da dieses innere Gefühl, dieses innere Verlangen diese Neugierde nicht so einfach zu verwerfen. Ob Aaron sich überwinden könnte war wieder ein anderes Thema, aber... war er überhaupt für sowas geschaffen?
 

Das kuschelige Nest war gewiss auch der Grund, warum er am nächsten Morgen nicht gleich wach wurde, als die ersten Sonnenstrahlen durch die Fenster der Scheune hinein schienen. Die Sonne ging gerade erst auf und ein Hahn krähte in der Nähe, ein Geräusch, das in der Hauptstadt nur selten zu hören war. Es war aber noch ein anderes Geräusch zu hören. Geraschel von außerhalb der Scheune, kleine Schritte von Frauenfüßen, leise unterdrückt flüsternde Stimmen. Eine Kleinigkeit wurde unter das Scheunentor hindurch mgeschoben, ehe sich die Schritte eilig wieder entfernten. Die jungen Frauen vom Fluss hatten das Lager von Merthin und Aaron gefunden, klug wie sie waren hatten sie sich denken können, dass sie hier übernachten würden. Aus Puklan und der Umgebung waren die beiden nicht, sonst hätten die Frauen die beiden gekannt und ein Lager von Reisenden in der Nähe des Flusses ergab Sinn. Anscheinend hatten die Frauen die Geburtstagsfeier genutzt, um noch einen weiteren Gefallen zu erbringen, einen Schlüssel, den sie eben gerade unter das Scheunentor hindurch geschoben hatten. Gewiss waren Männer dieses Randolfs auf der Feier gewesen und die Damen hatten ihre Reize spielen lassen, um diesen Schlüssel zu entwenden, der nun dabei helfen sollte, den Grausamkeiten ein Ende zu bereiten.

Erst danach wachte Aaron auf, wurde etwas von den Sonnenstrahlen geblendet, die genau auf ihr Nachlager fielen. Kurzerhand zog Aaron seine Decke über sein Gesicht, um noch etwas Dunkelheit zu haben und damit wenigstens noch ein kleines bisschen dösen und in Erinnerungen schwelgen zu können.
 

Merthin

Ohne es recht zu merken, war auch er eingeschlafen, das Schwert neben sich. Er schlief erneut oberflächlich, aber zumindest bequemer, träumte viel und wirres Zeug. Als er aufwachte, war es noch dunkel draußen. Aaron lag neben ihm, atmete ruhig, eingemummelt bis zur Nasenspitze. Einen Moment überlegte er, blickte sich um. Dann sah er, dass er sich zum anderen gerollt hatte. Denn sein Schwert lag noch dort, wo er es hingelegt hatte. Er schüttelte den Kopf und fuhr sich übers Gesicht. Dann stand er auf und packte seine letzten Sachen zusammen. Vielleicht hatte er Glück und wäre zurück, bevor Aaron erwacht war.

Und so saß er hinter einem Gebüsch in Deckung, als die Frauen mit dem Schlüssel auch eine Nachricht unter der Tür durchschoben. „Ein Fuhrwerk wartet nur wenige Minuten entfernt an der Straße nach Northon. Wir warten auf die Ware, um sie mit uns in Sicherheit zu bringen…“

Es war kalt, die Sonne gerade dabei aufzugehen. Er war an der Scheune, allerdings waren mehr Wachen da, als erwartet. Merthin hörte nichts aus der Scheune und er wusste nicht, wie er vorgehen sollte. Sie mit dem Schwert anzugreifen, war keine Option. Die Männer waren ausgebildete Kämpfer. Er würde schneller sterben, als er seinen Namen aussprechen könnte. Sein Feuer half hier auch nichts. Denn schließlich würde das Feuer nur dafür sorgen, dass die Männer, Frauen und Kinder ein qualvoller Tod heimsuchen würde. Merthin kam sich nutzlos vor. Ihm blieb nichts Anderes übrig, als abzuwarten, ob sich ihm eine Möglichkeit bieten würde, wenn die Wachen abgelöst waren. Und während die Sonne sich mehr und mehr über den Horizont schob, machte er sich mehr und mehr Sorge, dass Aaron in der Zwischenzeit aufgewacht war.

Gleichzeitig wuchs ein ungutes Gefühl in ihm. Es war wie ein Gefühl von Beklemmung und Lähmung, die ihn nach und nach heimzusuchen schien, sich in sein Inneres fraß und ihn betäubte. Irgendetwas stimmte hier nicht.

Mit einem Mal kam Leben in die Szenerie. Ein Wagen näherte sich, ein großer Planwagen. Ob sie die Menschen heute abtransportieren würden? Würden sie ausgeliefert? Was sollte er nur tun? Es waren zu viele Männer. Er zog einen Pfeil aus dem Köcher und legte an. Vielleicht könnte er wenigstens das Weiterfahren ein wenig aufhalten. Er spannte, zielte und schoss… einen Augenblick später sackte die eine Deichsel etwas hinunter, weil der Lederriemen, der sie oben gehalten hatte, durchtrennt worden war… Und nun? Noch hatte es niemand bemerkt. Er musste vorbereitet sein.
 

Aaron

Als Aaron schließlich doch richtig wach wurde, blieb er noch eine Weile so dösend liegen, bis ihm die Stille in der Scheune seltsam vorkam. Erst hatte er es nicht gemerkt, da es bei ihm Zuhause auch immer so still war und er es demnach gewohnt war. Aber zusammen mit einer anderen Person in einer Scheune gab es doch Geräusche. Und wenn es nur die Bewegungen im Schlaf und die Atemgeräusche waren. Verwundert öffnete Aaron nun seine Augen und rieb sich diese, während er sich langsam aufsetzte. Dann schaute er in der Scheune umher, aber Merthin war nirgends zu sehen. Aaron beschlich gleich ein ungutes Gefühl, aber noch glaubte er, dass der Blonde vielleicht zum Fluss gegangen oder sich erleichtern war. Dennoch beunruhigt stand Aaron auf, packte seine Decke schnell zusammen und verließ die Scheune. Die Rucksäcke standen noch da, aber Merthin war noch immer nicht zu sehen. "Merthin?", rief Aaron schließlich in die Morgenstille hinein. Es fröstelte ihn ein bisschen, war es doch kalt diesen Morgen und leichter Nebel hatte sich über die Felder gelegt. Während Aaron suchend seinen Blick durch die Gegend schweifen ließ, erblickte er schließlich den Schlüssel am Boden glitzern. Aaron hob ihn auf und fand so auch die kleine Notiz, die ihn die Stirn runzeln ließ. Was denn für Ware? Welche Straße? In dem Moment fiel Aaron das Gespräch vom gestrigen Abend wieder ein. Mit 'Ware' waren doch nicht etwa die Sklaven gemeint? Leider ergab das absolut Sinn. "Merthin!!", rief Aaron nun verzweifelter nochmal. Da aber wieder keine Antwort kam, schaute Aaron sofort nach Merthins Waffen, aber auch die waren verschwunden. Jetzt dringend beunruhigt warf sich Aaron ohne nachzudenken seinen Umhang über und lief runter zum Fluss, seine letzte, kleine Hoffnung, wo Merthin noch sein könnte, ohne dass sich diese Befürchtung bewahrheitete, die immer mehr Gestallt in Aarons Kopf annahm. Doch auch beim Fluss war Merthin nirgends zu sehen. "Merthin!", ein erneuter Ruf und erneut keine Antwort. Besorgt und enttäuscht biss sich Aaron auf den Lippen rum, während er nochmal die Notiz zur Hand nahm. "Wenige Minuten entfernt an der Straße nach Northon...", laß Aaron die Worte nochmal für sich vor. Aaron hatte keine Ahnung, wo diese Straße war, aber es war sein einziger Hinweis darauf, wo sein wahrlich übereilter Freund hingelaufen sein könnte. Schnell lief Aaron einfach planlos los, er musste Merthin einfach finden!

Gewiss hätte Aaron nicht damit gerechnet, dass sich Merthin wirklich alleine auf den Weg machen und Aaron hier schlafend alleine zurücklassen würde. Welchen Grund könnte es dafür schon geben? Die Gründe, dass Aaron nicht in Gefahr sein sollte oder Merthin ihm den Anblick der geschundenen Sklaven ersparen wollte, zählten für den Prinzen jedenfalls nicht. Aber bevor er sich Gedanken über den Grund machen wollte, wollte er erstmal Merthin wiederfinden. Aaron erreichte eine Kreuzung, bei der er unschlüssig stehen blieb. Welcher war der richtige Weg? Er war einfach geradeaus gelaufen und jetzt zog es ihn rechts herum. Ohne weiter darüber nachzudenken folgte Aaron diesem Bauchgefühl und bog schließlich bei einem Bauernhaus um die Ecke. Vor ihm erstreckte sich ein Sandplatz, auf dem viele Männer patroullierten, im Hintergrund eine Scheune, mit einem dicken Schloss davor. Geistesgegenwärtig sprang Aaron hinter ein Gestrüpp in Deckung, bevor er gesehen worden war. Erschrocken blickte Aaron auf die Szene vor sich, als er gegenüber im Gebüsch ein sehr bekanntes Gesicht erblickte. Dort hinten saß Merthin und schien zu warten. So wie er immer zur Scheune schaute, wollte er gewiss dorthin. Bei den vielen Männern im Weg dürfte das aber schwierig werden, er konnte schlecht gegen alle Kämpfer gleichzeitig antreten. Die logische Schlußfolgerung war, dass die Männer weg mussten, so viele wie möglich. Das dürfte Aarons Chance werden zu beweisen, dass er Merthin helfen konnte. Allerdings hatte Aaron erstens auch keine Chance gegen alle gleichzeitig und zweitens hatte er das Schwert, das Merthin ihm gekauft hatte, in der Eile gar nicht mitgenommen. Aber Aaron hatte schon eine bessere Idee.

Tief atmete er durch. Es kostete ihn Überwindung und Mut, das zu tun, was er für nötig hielt. "Bitte, leih mir Mut!", bat Aaron geflüstert in alter Sprache darum, Mut aus Merthins Zeichen zu ziehen, denn den brauchte er unbedingt. Kurz fühlte er einen Schub durch seinen Körper ziehen, dabei wurde es warm und seine Bedenken waren für diesen kurzen Moment vergessen. Dann sprang Aaron aus seinem Versteck und stellte sich ein Stück weit vor die vielen Männer hin. "Hey, lasst eure 'Ware' frei!", kam es weniger fest von Aaron, als er es geplant hatte. Seine Stimme zitterte ein bisschen vor Angst. Aber zumindest bekam er die gewünschte Aufmerksamkeit der Männer, welche nun zu ihm hin starrten. "Wo kommt der Vogel denn her?", sprach einer grummelig und alle zogen ihre Waffen. Aaron machte schonmal einige kleine Schritte rückwärts. "Egal, jedenfalls kommt der nicht mehr weg", damit stürmten alle bis auf einen auf Aaron zu, welcher mit einem gezielten Wurf in Richtung Merthin den Schlüssel an diesen übergeben wollte, damit er einfacher in die Scheune gelangen würde, solange Aaron die Wachen ablenkte. Zumindest dachte Aaron, dass dies der Schlüssel zum Scheunentor war.

Sofort nach dem Wurf machte Aaron auf dem Absatz kehrt und fing an zu laufen. Sein Ziel war eine Wiese nur wenige Schritte hinter dem Hof. Durch den Nebel und die Kälte in der Nacht und am Morgen hatten sich auf den Gräsern Wassertropfen und Tau gebildet, genau das, was Aaron nutzen wollte. Der Prinz lief ein ganzes Stück über die Wiese, die Männer noch hinter ihm her. Sie holten auf, da Aaron die Puste ausging, aber weiter wollte Aaron eh nicht laufen. Er tat so, als würde er stolpern und ließ sich auf den Boden fallen, hockte sich mit beiden Händen fest auf dem Boden hin und ließ dann mit tiefen Atemzügen seine Magie im Körper aufleben. Diese Energie leitete er zu seinen Händen und damit direkt auf den Boden. Das Tauwasser über den Pflanzen und die Erde selbst gefror bereits im nächsten Wimpernschlag und es bildete sich eine Eisschicht, die sich flächenweise und sehr schnell immer weiter ausbreitete, sodass schließlich auch der Boden unter den laufenden Männern gefror. Sie begannen zu rutschen, glitten auf der spiegelglatten Eisfläche herum und fielen schließlich reihenweise auf die Nase. Hoffentlich hatte der Prinz Merthin mit dieser Aktion Zeit verschaffen können, um in die Scheune zu gelangen und die armen Menschen zu befreien. Wie er selbst dann später flüchten könnte, konnte er sich dann immernoch überlegen..
 

Merthin

Es war ein seltsames Gefühl, das ihn auf einmal an seiner rechten Brust beschlich. Bediente sich Aaron seines Mutes? Irritiert blickte er auf, sah sich um. Er war so darauf konzentriert gewesen, die Wachen und ihre Tätigkeiten genauer zu beobachten, weil mittlerweile auch Randolf hinzugekommen war, dass er nicht gemerkt hatte, ob sich noch jemand genähert hatte… Doch nun sah er ihn – Aaron. Er trat aus einem Gebüsch hervor und schrie zu den Männern, die allesamt wesentlich mehr Körpermasse besaßen als der Prinz, etwas zu, das Merthin nur ungläubig den Kopf schütteln ließ. Was tat Aaron da? Wollt er vermöbelt werden? Wollte er auch bei den Gefangenen landen? Hatte er sich überhaupt überlegt, was er machen wollte?

Doch Merthin hatte keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn zum Glück schienen diese Kraftprotze nicht besonders intelligent zu sein und stürmten tatsächlich auf Aaron zu. Perplex sah er zu Aaron, der seinen Blick erwiderte und ihm dann etwas zuwarf. Merthin fing und duckte sich weg, während Aaron endlich die Beine in die Hand nahm und zu laufen begann… Nun, vermutlich war er wirklich schneller als die Wachen… Kurz betrachtete Merthin, was er gefangen hatte und las den Zettel, der noch daran hing. Daher hatte er ihn finden können… Und es war gut zu wissen, dass die Gefangenen hier auch wirklich würden flüchten können… Merthin spürte, dass der Mut, den Aaron beschworen hatte, auch ihn berührt hatte und er zog sein Schwert, um nun seinerseits zur Scheune zu laufen. Dort war nur einer zurückgeblieben, der sich ihm nun zuwandte: Randolf. Doch während er sich diesem näherte, veränderte sich dieser. Sie blickten einander an. Das Grinsen des Menschenhändlers wurde zu Fratze. Merthin begriff, dass das gar nicht mehr der Händler war, den er am Markt gesehen hatte. Es war vielmehr ein Wesen, das beständig zu wachsen schien, während er sich ihm näherte. Es war ein Monster aus Dunkelheit mit glühenden Augen, bereit zu kämpfen für das was er sich in dieser Welt geschaffen hatte. Merthin schluckte, steckte das Schwert weg und zog den Bogen. „Stärke“, wisperte er leise und entzündete den Pfeil an der Spitze. Das Monster schien zu begreifen, was er vorhatte und rannte mit einem markerschütternden schrillen Schrei nun auf ihn zu, um bei ihm zu sein, bevor der Pfeil abgeschossen war. Eilig versuchte Merthin den Bogen zu spannen, doch als er ihn hob, war das Monstrum bei ihm und stieß ihm hart gegen die Brust, begrub ihn unter sich. Merthin rang nach Atem, während er das Gefühl hatte, sich nicht mehr bewegen zu können. Das Monster hielt ihn an den Armen und es brannte auf seiner Haut, als habe er in Brennnesseln gelangt. Merthin schrie, versuchte sich zu wehren, doch er hatte körperlich nichts dem Wesen entgegenzusetzen.

Mit einem Mal spürt er Magie durch seinen Körper fließen. War das Aaron? Erneut flüsterte Merthin Stärke – dann bäumte er sich auf und entwand seinen Arm den Griff des Monstrums, um dieses am Hals zu packen. Merthin schloss die Augen und konzentrierte sich auf seine Hand, in die er all sein Feuer steckte, das er in sich spürte. Das Monster schrie auf, ließ von ihm ab und schien zu glühen zu beginnen. Es wuchs und wuchs, schrie und schien einen inneren Kampf auszufechten. Merthin richtete sich auf, nahm seinen Bogen und rannte zum Wagen, denn er hatte das Gefühl, sich dringend in Sicherheit bringen zu müssen. Keine Sekunde zu früh, denn in diesem Moment explodierte das Wesen regelrecht, von innen heraus verbrennend… Leider war genau das, was Merthin eigentlich hatte verhindern wollen. Denn nun griff das Feuer auf den Hof und die Scheune über. Er zog den Schlüssel aus der Tasche und lief zur Scheune hinüber, trat die Tür ein und blickte sich um. Augenscheinlich schien hier nichts zu sein. Hatte er sich getäuscht? Doch dann hörte er ein Husten und folgte den Geräuschen, die alsbald in Hilferufe umschlugen. Panisch suchte er eine Tür und fand schließlich eine Bogenklappe, die er öffnete. Darunter befand sich ein Gitter zu einer Treppe. Kinder saßen an den Gitterstäben und weinten. Qualm stieg nach oben. „Moment“, sagte Merthin atemlos. „Ich befreie euch… Ich tu euch nichts, ich bring euch aus dieser Hölle weg“, sprach er auf sie ein und wusste nicht recht, ob er mehr sie oder sich selbst damit beruhigte. Zitternd öffnete er das Gitter mit dem Schlüssel. „Kommt alle raus, schnell!“, rief er nun lauter und den Kindern folgten misshandelte Frauen, ausgemergelte Männer… Merthin schluckte. Wie konnte man nur so mit Menschen umgehen? Und warum wurde dagegen nichts unternommen!?

Eilig liefen sie durch die Scheune, die mehr und mehr vom Feuer eingenommen wurde. Merthin hatte sich ein kleines Mädchen geschnappt und rannte mit ihm nach draußen. Und gerade rechtzeitig… Denn kaum waren alle draußen stürzten erste Teile des Daches ein. Sie blieben stehen, husteten, rangen nach Luft. Merthin blickte sich nach Aaron um, konnte ihn jedoch nicht sehn. Unruhe machte sich in ihm breit. Er ärgerte sich zudem, dass er den Wagen unlenkbar gemacht hatte. Doch er spannte die panischen Pferde aus und versuchte sie zu beruhigen. „Wir müssen weiter!“, sprach er dann zu den Gefangenen. „Ich bringe euch zu drei Frauen, die euch in Sicherheit bringen werden. Ihr seid jetzt frei…“ Die Menschen sahen ihn an. „Wer zu schwach zum Laufen ist, den setze ich auf ein Pferd…“ Und so entfernten sie sich schließlich von dem mittlerweile lichterloh brennenden Bauernhof. „Aaron?“, rief er laut, immer wieder. Aber er sah ihn nicht. Merthin spürte, dass er panisch wurde. Wo war er? Ist er den Menschen entkommen? Er musste schleunigst die Befreiten in Sicherheit bringen, aber alles in ihm schrie, zurückzukehren, um Aaron zu suchen. Wo war er nur?

Zum Glück war der Wagen der Frauen wirklich nicht weit. Zum Glück kamen sie ihm schon entgegen und nahm ihm die Befreiten ab… „Ich muss Aaron suchen…“, erklärte Merthin irritiert und ängstlich. Die eine der Frauen trat auf ihn zu und küsste ihn auf die Wange. „Danke!“, sagte sie. „Vielen Dank für alles!“ Er nickte und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich muss…“, sagte er und sie nickte. „Geh schon!“ Dann schwang er sich auf eines der Pferde, das andere am Zügel nehmend. „Bringt sie weit weg und fangt neu an!“, verabschiedete er sich von den Frauen. „Das machen wir“, sagten sie. „Vielen Dank und weiterhin viel Glück, ihr Hoffnungsbringer!“ Merthin wendete das Pferd und ließ es angaloppieren. Er musste dringend Aaron finden!
 

Aaron

Es brachte ein kleines Grinsen auf Aarons Lippen, als er zusah, wie die Männer versuchten nicht immer wieder hin zu fallen, was ihnen allerdings nicht gelang. Dennoch arbeiteten sie sich auf diese Weise weiter vor und kamen Aaron wieder näher, allerdings so langsam, dass der Brünette jederzeit das Weite suchen könnte. Doch noch blieb er hocken, ließ die Männer näher kommen, damit sie sich weiterhin nur auf ihn konzentrierten und nicht auf die Idee kommen würden, zurück zum Bauernhof zu laufen. Denn das war Aarons erklärtes Ziel. Dass Merthin inzwischen die Chance ergriffen haben dürfte und sich an die Arbeit gemacht hatte, die armen Leute aus ihrer Notlage zu befreien, war unumstritten.

Kurz war Aaron abgelenkt mit diesen Gedanken, hatte dabei seinen Blick zurück zum Hof schweifen lassen und stellte sich einen sehr heldenhaften Merthin vor, welcher die hilfsbedürftigen Menschen mutig voran laufend in Sicherheit brachte. In seiner Vorstellung vielleicht ein bisschen zu übertrieben, aber gewiss war da etwas Wahres dran. Gern hätte Aaron ihn in Aktion erlebt, aber sein beeindruckender Auftritt gegen diesen Unhold letztens lieferte ihm einen guten Eindruck davon, was alles in ihm steckte.

Aaron war wohl etwas zu sehr in seinen Gedanken versunken, sodass er gar nicht mitbekam, wie es einer der Männer schaffte, gefährlich nahe an ihn heran zu kommen. Er spürte nur sehr plötzlich einen Luftstoß und dann einen kleinen Schmerz an der Schulter, wo er sofort seine Hand hindrückte. Seinen Blick richtete er hinter sich, denn dort war der Luftzug hingezogen. Im Boden steckte ein kleiner Dolch. Hastig blickte Aaron nun wieder zu den Männern und sah den einen direkt vor sich, der ganz offensichtlich gerade seinen Dolch nach Aaron geworfen hatte. Zu Aarons Glück hatte er nicht richtig getroffen und die Klinge hatte seine Schulter bloß gestriffen, die Wucht aber war schon etwas beängstigend gewesen, hatte sie doch ziemlich stark die Luft aufgewirbelt. Wenn der Dolch ihn richtig ein Stück weiter unter der Schulter getroffen hätte.... lieber nicht drüber nachdenken.

Schnell richtete Aaron sich auf und wich zurück, denn der Mann sah noch immer gefährlich entschlossen aus. Ein ansteigendes Gefühl von magischer Energie in der Nähe beschlich Aaron, was seine Gedanken wieder zu Merthin driften ließ, als es dann plötzlich gar nicht so weit entfernt eine Explosion zu geben schien. Alle stoppten in ihrer Bewegung und schauten zurück zum Bauernhof, denn von dort schien das Geräusch gestammt zu haben. Gleich darauf waren hohe Flammen zu sehen, die die Scheune immer mehr einhüllten, sodass die lodernden Flammen gar über dem Bauernhaus hinweg zu sehen waren. Aaron machte sich sofort Sorgen um Merthin. Er hätte die Scheune gewiss nicht aus freien Stücken angezündet und damit das Leben der Gefangenen gefährdet. War nur die Frage, wieso es dann eine spürbar magisch ausgelöste Explosion mit anschließendem Feuer gegeben hatte. Hatte der Prinz etwa doch nicht genügend Wachen weggelockt bekommen, sodass Merthin schwer hatte kämpfen müssen?

Zumindest schien diese Aktion die Männer ebenso zu verunsichern, denn sie wandten sich nun von Aaron ab und versuchten auf dem rutschigen Eis zurück zum Hof zu gelangen. Das musste Aaron verhindern, Merthin konnte es gewiss nicht gebrauchen, wenn nun mehr Männer ihm in den Rücken fielen. Aaron wusste ja nicht, was los war und ob Merthin vielleicht sogar Hilfe brauchte. "Sorry", murmelte Aaron und haute einmal mit der flachen Hand auf die Eisfläche, wodurch die obere Eisschicht unter den Füßen der Männer aufbrach und sich das Eis an ihren Beinen hoch arbeitete, sie bis einschließlich zur Hüfte einschloss, wodurch die Männer im Eis gefangen waren. Es gab mehrere Gründe, warum Aaron das nicht hatte machen wollen, erstens dürften die Männer nun wissen, das dies nicht mit normalen Dingen zugehen konnte, zweitens waren sie normale Menschen und kein magisches Übel. Es kam Aaron falsch vor, Magie gegen normales Volk zu verwenden, auch wenn diese Männer gegen sie waren. Und drittens spürte Aaron schon wieder, wie ihm seine eigene Kälte in die Arme kroch. Das war hart an der Grenze dessen gewesen, was Aaron an magischer Energie vollständig kontrollieren konnte. Nur ungern wollte Aaron wieder seine eigenen Hände einfrieren...

Gerade hatte sich Aaron wieder erhoben und einige Schritte Richtung Bauernhof gesetzt, da sah er in der Ferne eine Gruppe Menschen vom Hof flüchten. Vor ihnen Merthin, der zwei Pferde führte, auf denen besonders geschwächte Personen saßen. Erleichtert seufzte er, schien also alles gut gegangen zu sein. Die verärgerten Rufe der halb eingefrorenen Männer hinter ihm ignorierte Aaron, wenn er sie frei ließe, würden sie versuchen die Sklaven wieder einzufangen, das konnte Aaron aber nicht zulassen. Das Eis würde irgendwann von selbst schmelzen, oder sie würden mit Eispickeln befreit werden, aber bis dahin wären die armen Leute längst weg. Ohne ihren Anführer Randolf, den Merthin gewiss besiegt hatte - da war Aaron sich sicher - war ihr Menschenhandelgeschäft eh erstmal zerschlagen. Hoffentlich hatten diese Männer ihre Lektion gelernt, umbringen würde er sie jedenfalls nicht. Solange sie nicht dämonisch waren oder sie einem keine andere Wahl ließen, wollte Aaron nicht töten.

Mit großen Sicherheitsabstand lief Aaron nun an den Männern vorbei zurück zum Hof. Aaron wollte schauen, ob es dort noch etwas gab, was interessant sein könnte - Prophezeiungsabschnitte beispielsweise. Aber auch andere Gegenstände, die den Hintergrund etwas mehr beleuchten würden, würde Aaron gern finden. Außerdem dachte Aaron, dass dies ein guter Punkt wäre, wo er Merthin wieder treffen könnte, nachdem er die ehemaligen Sklaven in Sicherheit gebracht haben würde. Schnell hatte der Prinz den Sandplatz vor der Scheune erneut erreicht und blickte nun auf das brennende Gebäude, das schon gar nicht mehr als Gebäude zu erkennen war. Es war eingestürzt, zerfiel immer weiter und alles, was die Leute darin hatten durchmachen müssen, war symbolisch beendet worden. Ein Stück vor der Scheune auf dem Sand waren dunkle Schatten zu erkennen. Sicher die Stelle, wo die Explosion stattgefunden hatte. Aaron ging näher auf diese dunklen Schatten zu, inmitten des Rußes, der den Sand so schwarz färbte, lag etwas, das Aaron nicht genau erkennen konnte, da es ebenso schwarz verfärbt war. Verwundert bückte er sich danach und berührte es mit seinen Fingern, woraufhin das kleine Ding das schwarz verlor und blau leuchtete, wie auch Aarons Königszeichen auf der Haut eine blaue Farbe bekam. Aaron nahm es nun richtig zur Hand und schaute sich das kleine Ding an, es war so groß wie eine Walnuss, hatte auch eine ähnliche Form, nur prankte auf seiner Vorderseite das königliche Symbol. Ein magischer Gegenstand mit königlichen Zeichen? Obwohl das auf Aarons Haut anders aussah, hatte es dennoch darauf reagiert. War das ein Beweis von Magiern in Corvos Getreuenreihen? Wenn Aaron gewusst hätte, das Randolf eine dämonische Gestalt gehabt hatte, so würde er gewiss schlußfolgern, das dieses Ding ihm ein menschliches Aussehen gegeben hatte, sein Innerstes war dennoch bösartig verdorben gewesen.

Aaron drehte sich nun zum Bauernhaus herum und ging darauf zu. Neugierig blickte er sich um, wollte in das Haus hineintreten, da entdeckte Aaron direkt neben der Tür eine wunderschöne Blume, die nicht nur wunderschön blühte, sondern auch die einzige war, die hier auf dem Hof überhaupt blühte. Die kleine Vase, in der die Blume steckte, wies Verschnörkelungen auf. Etwa....?

Aaron konnte diesen Gedanken nicht weiterdenken, denn da hörte er schnelles Galoppieren zweier Pferde und schließlich erschien Merthin auf dem Hof. Sogleich grinste Aaron erfreut. Er wusste doch, dass Merthin schnell wieder herkommen würde, sobald die anderen Menschen in Sicherheit waren. "Merthin!", sprach Aaron ihn sofort an und lief zur Vase, deutete mit einem Handzeichen zu ihm zu kommen. Dass der Blonde sich Sorgen um Aaron gemacht haben könnte, daran dachte er nicht, immerhin war ja alles nach Plan verlaufen. Naja, zu 90%, wenn er an den kleinen Schnitt an der Schulter dachte. "Ist es nicht seltsam, dass diese eine Blume so schön blüht, während alle anderen eingegangen sind?", grinste er, um Merthin auf seine Entdeckung aufmerksam zu machen. "Sieh nur die Schnörkel...", murmelte er und hockte sich zur Vase, berührte die Oberfläche andächtig. "Wir sollten das prüfen", fügte er nun noch hinzu und schaute wieder Merthin an. "Alles in Ordnung?", fragte Aaron schließlich etwas vorsichtiger. Merthin sah nicht so aus, als ob er gerade so vielen Menschen das Leben gerettet hätte. Gab es.. einen Haken...?
 

Merthin

Merthin spürte, dass sein Herz heftig gegen seine Brust schlug, als er zum Bauernhof zurückkehrte und sich nach Aaron umsah. Die Scheune war mittlerweile bis auf die Grundmauern hinuntergebrannt und wie durch ein Wunder war das Feuer aber nicht auf die anderen Gebäude übergegangen. Dennoch hörte man die verängstigten Tiere im Stall schreien, die den Rauch rochen und sicher Angst hatten. Er würde sie später frei lassen… Jetzt war erst einmal nur eines wichtig: Wo war Aaron? Er lenkte sein Pferd an der Scheune vorbei zu der der Wiese, auf die der andere vorhin gerannt war, wo nun die Wachen waren – in Eis gefroren und bewegungsunfähig. Merthin musste unwillkürlich grinsen. Aaron Kraft war erstaunlich. Dennoch sollte er nicht im Alleingang losziehen. Merthin sah sich nach ihm um. Von dem Prinzen war aber keine Spur. Ob er ihn suchte? Eilig ritt er auf den Hof und dann sah er ihn endlich und auch der Braunhaarige erblickte ihn und rief nach ihm. Merthin ließ sich vom Rücken des Pferdes gleiten und band die Zügel an einen Pfosten. Sie würden die Tiere noch brauchen können… Damit kamen sie schneller voran und sie gehörten nun niemandem mehr. Dann lief er hinüber und wollte schon ansetzen, ihn zu fragen, wo er gewesen sei – doch offenbar schien das Aaron gerade so gar nicht zu beschäftigen. Was redete er da? „Welche gottverdammte Blume meinst du?“, fragte er gegen, nicht verstehend, was ihm der andere sagen wollte. Irgendwie nervte ihn das gerade. Und genau in diesem Moment sah er das blutdurchtränkte Hemd an der Schulter, den Schnitt. Und nun wurde er noch unruhiger. Aaron war verletzt und faselte etwas von Blumen? War das der Schock? Irritiert und mit einer Mischung aus Sorge und Wut sah er zu, wie Aaron die Vase betrachtete. Und offenbar schien der andere jetzt zumindest zu merken, dass gerade etwas nicht stimmte… „Ob alles in Ordnung ist?“, echote er. „Das sollte ich wohl eher dich fragen! Tauchst hier einfach auf, ohne Waffen und ohne Plan, lässt dich mal nebenbei von ein paar Männer mit vielen Waffen verfolgen und wirst ja ganz offenbar auch verletzt – ich möchte glaube ich lieber nicht fragen, womit – und dann rennst du auf den Hof, obwohl das Feuer auch auf das Haupthaus hätte übergreifen können, und faselst du etwas von irgendwelchen Blumen und Vasen?“ Er packte Aaron am Handgelenk und zog ihn zu sich, um ihm einen Moment in die Augen zu sehen, sich vergewissernd, dass es wirklich Aaron war. Aber daran bestand kein Zweifel, als er ihn berührte. Dann umarmte er ihn, als müsste er sich davon überzeugen, dass er wirklich noch lebte. „Du hast vorhin nicht geantwortet, als ich dich gerufen habe“, sagte er nun leiser. „Ich hatte schon Angst, dass dich die Kerle einfach platt gemacht haben. Bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen, dich mit so vielen anzulegen? Was, wenn dich einer schlimmer erwischt hätte?“ Er blickte nun auf die verletzte Schulter, zwang Aaron, sich etwas zu drehen und ließ ihn los, um sich die Verletzung anzusehen, die zum Glück nicht schlimm war. „Ich muss das verarzten, bevor es sich entzündet“, murmelte er etwas erleichterter.

„Hast du unsere Sachen mitgebracht?“, fragte er dann. Denn seine Medikamente und das Verbandszeug hatte er in seinem Rucksack. An die Vase dachte er gar nicht mehr.
 

Aaron

Für Aaron schon ziemlich überraschend reagierte Merthin sichtlich angesäuert. Erst war dem Prinzen nicht klar, was genau den Blonden wütend machte, aber das änderte sich, als Merthin ihm eine kleine Standpauke hielt. Es stimmte schon, Aaron war wirklich einfach blind losgelaufen, gleich nachdem er gecheckt hatte, das Merthin sich alleine auf den Weg zu dieser Mission gemacht hatte, aber das hätte ja nicht sein müssen, wenn Merthin von Anfang an die Situation mit Aaron zusammen angegangen wäre und keinen Alleingang riskiert hätte. Aber hier ging es nicht um Verantwortlichkeiten. Bevor Aaron irgendein Wort zu seiner Verteidigung sagen konnte, zog Merthin ihn schon am Handgelenk näher heran und umarmte ihn dann sogar. Die große Sorge, die Merthin verspürt hatte, war in diesem Moment fast greifbar und Aaron legte seine Arme auch vorsichtig um Merthin herum, drückte ihn etwas. Er hatte gerufen? Das hatte Aaron auf der Wiese nicht gehört, genauso wenig wie ihm bewusst gewesen war, dass Merthin gedacht hatte, das er von den Wachen überwältigt worden sein könnte. "Merthin...", murmelte Aaron ganz leise, diese Sorge von ihm zeigte deutlich, dass er jenem nicht egal war und das freute den Prinzen ziemlich. "Ich sah keine andere Möglichkeit, dir den Weg frei zu machen. Ich hätte es mir nicht verziehen, wenn du verletzt worden wärst, und ich nichtmal versucht hätte, das zu verhindern. Also gab es einen Plan und dieser Plan ist aufgegangen", gab Aaron zur Antwort. Merthin war augenscheinlich unverletzt geblieben und das hätte gewiss anders ausgesehen, wenn Aaron in ihrem Nachtlager geblieben wäre und bloß gewartet hätte. "Wir gehören zusammen, so schnell wirst du mich nicht mehr los", versuchte Aaron mit einer etwas lockeren Aussage die Stimmung zu entspannen.

Vollständig Recht hatte Merthin dennoch nicht, immerhin war auch Aaron besorgt gewesen, als er am Morgen alleine hatte wach werden müssen. Kurz ließ Aaron Merthin sich die kleine Wunde an der Schulter anschauen, dann war er es, der Merthin nochmal an den Händen zurückhielt. "Lauf bitte nicht wieder ohne mich los", sprach er schnell, bevor Merthin das Thema wechseln konnte. "Dann kannst du mich nächstes Mal persönlich von solch gefährlichen Ideen abhalten", argumentierte Aaron mit etwas Witz, aber dass er nicht wollte, dass Merthin ihn von solchen Aufgaben ausschloß, war ernst gemeint. Warum hatte er ihn eigentlich nicht mitnehmen wollen? Aaron wollte so gern fragen, aber das wäre eine sehr unpassende Frage in diesem Moment und eigentlich spielte es auch keine Rolle. Aaron würde jedesmal wieder so handeln und solange sich Merthin dessen bewusst war, konnte Aaron schlecht etwas dagegen sagen. Merthin war ein freier Mann, trotz ihrer Freundschaft, ihm vorschreiben zu wollen, wie er zu handeln hatte, war nicht gerecht.

Locker schüttelte Aaron den Kopf, blickte etwas schuldbewusst drein. Das hingegen war seine eigene Schuld, dass er blindlinks losgelaufen war, ohne an ihre Sachen zu denken. "Ich wollte dich so unbedingt finden, da dachte ich nicht mehr an die anderen Dinge", gestand Aaron und hoffte, dass ihre Sachen noch an Ort und Stelle waren, wo sie diese zurück gelassen hatten.
 

Merthin

Die Leichtsinnigkeit des anderen hatte ihn wirklich wütend gemacht. Aaron war kein Kämpfer, hatte nicht Stunden seines Lebens damit verbracht, sich zu trainieren, sich zu verteidigen, anzugreifen und gegebenenfalls auch zu töten. Außerdem hatte er seine Kraft lange nicht benutzt, sie nie für solche Zwecke eingesetzt… Einfach Hals über Kopf loszustürmen, war sicher nicht das Klügste gewesen. Und ja, Merthin hatte sich Sorgen gemacht! Den anderen nun kurz zu umarmen, ihn an sich zu drücken, um zu spüren, dass es ihm gut geht, beruhigte ihn etwas. Er spürte die Hände des anderen an seinem Rücken, spürte die Wärme, die ihn sogleich durchströmte, sog tief den vertrauten Geruch ein und fühlte sich nun wieder etwas beruhigter. Oder war er einfach nur wegen des Kampfes angespannt gewesen und … brauchte Aaron, um wieder runter zu kommen? War es ein wenig so, dass er selbst einfach in den Arm genommen werden wollte? Er fühlte noch immer dieses Wesen an seinem Körper, auf sich sitzen, ihn anknurrend und festhaltend, so dass er gedacht hatte, dass er es nicht schaffen könnte… Seine Handgelenke schmerzten noch immer und erst jetzt entspannte er sich langsam wieder – in den Armen des anderen. Es fühlte sich etwas so an, als ob er ihm die überschüssige Energie, das Adrenalin, die magische Kraft wieder auf ein Normalmaß bringen könnte...

Als sich Aaron erklärte, löste sich Merthin wieder und blickte den anderen streng an. „Und ich hätte es mir auch nicht verziehen, wenn dir etwas passiert wäre“, knurrte er leise. „Ich habe das gelernt - mein Leben lang. Ich bin fitter denn je und weiß, was ich tue…“ Doch mit Aarons nächsten Worten, schwieg er augenblicklich. Wir gehören zusammen! Beschämt blickte er zu Boden. Er wusste das, ahnte das, aber… aber… Und dann kamen die berechtigten Vorwürfe, dass er nicht hätte allein gehen sollen. „Es war meine Idee gewesen, Randolf das Handwerk zu legen. Ich hatte nicht geahnt, dass in ihm… Ja, dass er irgendwie nicht menschlich gewesen ist. Und daher wollte ich dich nicht mit hineinziehen“, erklärte er letztlich wahrheitsgetreu. Und doch wusste er, dass Aaron auch recht hatte. Sie gehörten zusammen, sie verband etwas, etwas Großes und Wichtiges. Die Zeit für Allein-Entscheidungen waren vermutlich vorbei. Auch wenn das für ihn schwierig war.

Dass Aaron ein schlechtes Gewissen hatte, weil er ihre Sachen in der Scheune gelassen hatte, ließ ihn wieder lächeln. „Schon gut, dann holen wir die Sachen noch ab. Wir sind ja jetzt schneller unterwegs…“, lächelte er aufmunternd. Er blickte zur Vase. „Und pack sie noch ein…“, erklärte er. „Offenbar hat Magie einen Sinn für schöne Dinge…“

Es war schwierig, die Tiere aus dem Stall zu lassen, denn die Panik suggerierte ihnen, dass es in ihrem vertrauten Stall sicherer wäre. Doch gemeinsam schafften sie es. Sicher würden sie an anderen Orten eine neue Heimat bekommen. In einem Nebenraum fand Merthin die Sättel der Pferde und sattelte sie. Zudem nahm er im Haus, in dem Merthin im Wohnzimmer eine schon mumifizierte Leiche fand - vermutlich der eigentliche Randolf - Vorräte mit. Dann holten sie ihre Sachen. Den Schnitt am Arm versorgte er sorgsam, dann packten sie die letzten Sachen zusammen und verließen nun Puklan. Wenn sie gut vorankämen, könnten sie an diesem Abend noch bei der Mühle sein. Es kam aber auch auf die Pferde an, wie trainiert sie waren…
 

Aaron

Als Merthin sagte, er hätte es sich auch nicht verzeihen können, wenn Aaron was passiert wäre, stockte Aaron auch einen Moment. Diese Worte waren schön und gaben Zuversicht in ihre Zusammenarbeit. Aaron wollte Merthin vor Schaden bewahren und genauso war es auch umgekehrt, so konnten sie sich gut unterstützen. Mussten aber auch aufpassen, dass ihre Sorge füreinander kein Hindernis wird und sie in entscheidenen Momenten nicht zurückhaltend sein ließ, wo es nicht angebracht wäre. Wieder eine Lehre des Königs. Viel Nähe führte auch zu Schwächen, da man nicht mehr logisch und rational entscheiden konnte, wenn eine geliebte Person in Gefahr war. Fehler waren vorprogrammiert und damit der eigene Untergang, daran glaubte der König ganz fest. Für Aaron hatte diese Aussage zumindest nie Sinn ergeben, schließlich konnte man im Gegenzug auch auf die Hilfe des anderen vertrauen und das war doch eher eine Stärke, als eine Schwäche. Aber zum ersten Mal hatte Aaron auch das Gefühl jemanden zu haben, dem er genau dieses Vertrauen schenken konnte und auch wollte. Ihr Zusammenhalt würde sie stärken, nicht schwächen, Corvo lag falsch.
 

Schnell befreiten sie noch die verängstigten Tiere aus dem Stall, welche sofort das Weite suchten. Hoffentlich hatten sie alleine überhaupt eine Chance, aber das war besser als sie hier eingesperrt zu lassen. Aus dem Stall besorgten sie sich noch alles für Pferde, damit sie die stolzen Tiere besser reiten konnten. Aaron hatte eigentlich eine handvoll eigener Pferde, da es sich als adliger und Prinz so gehörte, schöne, starke und best gezüchtete Pferde im Stall zu haben. Aber wie an so vieles kamen sie an diese momentan nicht ran und die zwei, die Merthin dabei hatte, waren gewiss nicht 'schlechter'.

Aaron nahm sich automatisch das Pferd, das Merthin eben bei seiner Ankunft nur mitgeführt hatte. Ein weißes Pferd mit grauer Mähne und vereinzelten schwarzen Flecken an den Hinterläufen. Nachdem die Pferde gesattelt waren, konnten sie sich auch schon auf den Weg zurück zu ihren Sachen machen. Es war angenehm zu reiten und nicht laufen zu müssen, auch wenn Aaron es vermisste Merthins Hand dabei zu halten. Auf diese Weise kamen sie recht schnell bei ihrem Nachtlager an, wo zum Glück noch ihre ganze Ausrüstung auf sie wartete. Aaron nahm seinen angedachten Rucksack, packte sein Buch, das geheimnisvolle Ding, das er Merthin erst später in aller Ruhe zeigen wollte und die kleine Vase hinein, die Aaron vom Hof mitgenommen hatte. Die Waffen band er etwas unwillig um seine Hüfte, kam sich damit schon ein bisschen seltsam vor, da er es einfach nicht gewohnt war. Auf der anderen Seite fühlte er sich mehr wie ein ganz anderer Mensch, wie ein Abenteurer auf seinen Reisen, das war wieder ein angenehmer Gedanke.

Kurz noch ließ Aaron Merthin die kleine Verletzung an der Schulter verarzten, immerhin wollte er Merthin keine weiteren Sorgen bereiten und gegen ihn kam er auch gar nicht an. Zudem wäre eine Infektion der Wunde in der Tat kein Spaß.

Dann brachen sie auf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Fle
2017-07-23T12:27:45+00:00 23.07.2017 14:27
Ich hab das Kapitel heute gleich lesen müssen :3
Schön geschrieben :3
Antwort von:  -Amber-
23.07.2017 14:51
Freut mich =)
Werde zusehen, dass ich im Laufe der Woche gleich das Nächste hochlade... ^^
Antwort von:  rotes_pluesch
23.07.2017 15:38
Vielen lieben Dank auch von mir für deine motivierenden Kommentare und dein Lob x//3
Ich hoffe deine Vorfreude hält noch, denn es bleibt weiterhin spannend <3 Vieles ist noch geplant und Anregungen sind gern gesehen, vielleicht eventuell passiert ja tatsächlich was davon? XP
Antwort von:  Fle
23.07.2017 20:28
Hey ihr zwei :3 ich würde mich sehr darüber freuen bald ein neues Kapitel lesen zu können :) aber lasst euch bitte nicht stressen <3
Ich finde ihr habt gute Ansätze und ganz sicher tolle Ideen :3 wenn mir irgendwas einfällt sage ich es euch <3


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