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Dämonenkind

von

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Die alte Hexe Hana

Seit drei Tagen arbeite ich nun schon für die alte Frau, die sich mir als Hana vorgestellt hat. Ich putze, wasche und koche für sie, erledige Einkäufe und helfe ihr bei Kreuzworträtseln. Im Gegenzug dafür lässt sie mich bei sich wohnen und ich darf mich an ihrem Kühlschrank bedienen.

 

Sie hat mir ein weiches Bett in ihrem Gästezimmer zur Verfügung gestellt. Jeden Abend kuschle ich mich unter die warme Decke, auf das weiche Kissen und die bequeme Matratze. Doch jeden Morgen, wenn ich aufwache, liege ich neben dem Bett auf dem Boden, die Decke halb das Bett, halb mich bedeckend. Scheinbar muss sich mein Körper erst wieder an ein solches Bett gewöhnen, nachdem ich jahrelang auf dem blanken Holzboden meines Bootes, auf Straßen, Felsen oder an Stränden geschlafen habe. Es ist schon eine kleine Ewigkeit her, dass ich den Luxus eines eigenen Bettes hatte.

 

„Tia! Schläfst du etwa immer noch?“, krächzt die Alte.

 

Auch an diesem Morgen wache ich neben meinem Bett auf, als ich die Krähe rufen höre. Ich blicke auf die große Wanduhr im Gästezimmer, deren langes Pendel mich oft nicht einschlafen lässt. 5 Uhr morgens.

 

„Los! Steh endlich auf, du faules Stück! Geh zum Fischmarkt und hol unser Mittagessen“, keift sie herum. Ich weiß zwar nicht, welche Ansprüche Hana gewöhnt ist, aber ich habe nicht den Eindruck, dass man mich als faules Stück bezeichnen könnte. In den letzten drei Tagen, habe ich schließlich ihrer Wohnung eine Grundreinigung verpasst. Ganz zu schweigen von dem einen Mal als ich ihr beim Baden helfen und ihr den Rücken schrubben musste. Es schüttelt mich immer noch, wenn ich daran denke.

 

„Ich bin ja schon wach!“, plärre ich der Sklaventreiberin zu und mache mich fertig.

 

Auf dem Fischmarkt ist bereits einiges los. Schon seltsam, dass Leute nur wegen Fisch so früh aufstehen, denke ich. Immer noch schläfrig reibe ich mir die Augen und muss gähnen. Dabei übersehe ich einen Mann und remple ihn an.

 

„Oh, Verzeihung!“, entschuldige ich mich sofort.

 

„Ach, ist doch halb so…“ Der junge Mann bricht mitten im Satz ab, als er mich nach kurzer Verwirrung ansieht. Ich ahne schon das Schlimmste. Mach, dass du wegkommst oder Verschwinde oder aber das alt vertraute Erbleichen und wortlos Davongehen, wenn man mich sieht. Doch nie im Leben hätte ich mit einer derartigen Reaktion gerechnet.

 

„Ahhhh, aber nicht doch, meine Teuerste“, fängt er an, ein paar Oktaven höher zu trällern.

 

„Das war ganz allein meine Schuld! Darf ich das wieder gut machen, du Schönheit?“

 

Wie bitte, was? Ist der noch nicht wach oder hat er keine Augen im Kopf? Scheinbar träumt er noch. Falls nicht, steht ihm die blonde Haarfarbe wirklich gut, denke ich völlig entsetzt und überfordert von einer derartigen Reaktion auf mein Erscheinungsbild.

 

„Ähhhhhm…“, bekomme ich nur raus.

 

„Nein!“, antworte ich schnell und renne davon, ohne mich umzudrehen. Ich biege um die Ecke in eine enge Gasse, um aus seinem Blickfeld zu verschwinden.

 

Was war das nur für ein komischer Vogel? Aber irgendwie kommt er mir bekannt vor, überlege ich. Auch nach längerer Überlegung will mir nicht einfallen, wo ich den blonden Mann schon einmal gesehen habe. Ich atme einmal tief durch, um mich von dem Schreck wieder zu beruhigen und gucke um die Ecke auf den Fischmarkt. Ich kann den Verrückten nirgends mehr sehen. Langsam komme ich wieder aus der dunklen Gasse vor und sehe mich anschließend nach unserem Mittagessen um.

 

 

„Naja. Wenigstens bringst du ordentliche Mahlzeiten auf den Tisch“, meckert Hana, als sie in ihrem Lachs herumstochert und ihn genau unter die Lupe nimmt. Ich antworte nicht auf ihre Kommentare. Still und schweigsam sitze ich ihr am Tisch gegenüber und zerkleinere den Fisch auf meinem Teller. Nachdem wir fertig gegessen haben, kümmere ich mich um den Abwasch, füttere Hanas Yagara, putze das Bad, da sich Hana über dem Waschbecken unbedingt die Nasenhaare schneiden musste und beginne gerade damit, ihren Keller zu entrümpeln.

 

„Ach, und wenn du damit fertig bist, sei so lieb und massier mir meine alten Füße, ja?“, sagt sie mit einer Selbstgefälligkeit in der Stimme, die nicht zu überhören ist. Wieder kommen mir die Bilder in den Kopf, als ich sie waschen musste und mein Fisch von heute Mittag sucht sich seinen Weg zurück nach oben.

 

„Diese alte Hexe“, knirsche ich leise mit den Zähnen, während ich die nächste Kiste aus dem Keller hieve.

 

„So eine Sklaventreiberin“, fluche ich auf dem Weg zurück nach unten.

 

Der Keller ist aufgeräumt, ich fürchte mich aber zurück nach oben zu kommen. Man riecht bis hier runter, dass ihre Füße sich bereits von ihren alten Socken getrennt haben. Ein Schauer jagt mir über den Rücken und ich reibe mir die Arme. Nervös trete ich von einem Fuß auf den anderen, unsicher wie lange ich mich hier noch verstecken kann.

 

„Ich waaaarte!“, trällert Hana von oben.

 

Ich fühle mich ertappt. Plötzlich kommt mir eine Idee und durchwühle eine der Kisten.

 

Da waren doch vorhin… Ah! Da!, juble ich in Gedanken, als ich die Wäscheklammern in einem der Kartons finde und mir eine davon auf die Nase klemme. Gerüstet stelle ich mich meiner letzten Aufgabe für heute. Hana sitzt bereits genüsslich in ihrem Sessel, die Füße bequem nach oben gelegt und mit einem diabolischen Lächeln im Gesicht.

 

Ich knie mich vor sie und wage es kaum, die alten, runzligen Füße anzufassen. Mal abgesehen vom Dreck zwischen ihren Zehen und den langen, ungepflegten Zehennägeln, nimmt man den Geruch selbst mit Klammer auf der Nase noch wahr. Angeekelt schaue ich bewusst weg und fange an, ihre knochigen Füße zu kneten. Meinen Würgereflex unterdrücke ich dabei gekonnt.

 

„Ah, das ist gut so“, seufzt sie erleichtert.

 

„Das machst du wirklich erstaunlich gut! Du hast echt Talent beim Massieren“, gibt sie beeindruckt zu. Das ist das erste Mal, dass sie Lob ausspricht. Ich sollte es besser stillschweigend annehmen und meine angewiderten Gedanken für mich behalten, denke ich.

 

Nach einer ganzen Weile zeigt sie endlich Erbarmen und erlöst mich von meiner qualvollen Aufgabe. Sie entlässt mich in den Feierabend und nachdem ich mir äußerst gründlich die Hände gewaschen und desinfiziert habe, entschließe ich mich, dem „Duft“, der sich in der Wohnung breitgemacht hat, zu entgehen und einen nächtlichen Spaziergang zu unternehmen.

 

Draußen nehme ich einen tiefen, erlösenden Zug frische Luft zu mir. Dann bemerke ich eine deutliche Geräuschkulisse aus einem anderen Teil der Stadt.

 

Was da wohl los ist? Dass man das so weit hört, wundere ich mich und setze mich in Bewegung. Ich will herausfinden, woher der Lärm kommt und folge ihm. Er führt mich Richtung Galeera.

 

Als ich näherkomme, bemerke ich das riesige Feuer, das dort entzündet wurde. Es duftet nach Essen. Es wird gesungen, getanzt und gelacht. Offensichtlich hat sich die halbe Stadt hier versammelt, um ein riesiges Fest zu feiern. Neugierig blicke ich um die Ecke, um mehr erkennen zu können. In der Mitte des Festplatzes flackert ein großes Feuer, an dem Berge an Essen zubereitet werden. Jede Menge Menschen stehen und tanzen um das Feuer herum, lachen und trinken, liegen sich in den Armen. Sogar Riesen sind anwesend und feiern mit. Mein Blick schweift weiter durch die Mengen und plötzlich sehe ich Monkey D. Ruffy, den Kopf der Strohhutpiraten.

 

Als ich mich daraufhin weiter umsehe, kann ich den Rest seiner Crew ausfindig machen, die ich vor ein paar Tagen vom Schiff habe kommen sehen. Auch der blonde Mann vom Fischmarkt ist dort und plötzlich fällt mir auch wieder ein, woher er mir bekannt vorkam. Ich habe ihn ebenfalls vom Schiff der Galeera kommen sehen. Er gehört auch zu den Strohhutpiraten. So wie es aussieht, ist er der Koch hier, der diese fabelhaft duftenden Speisen am Feuer brät. Die Fische, die er heute früh gekauft hat, waren wohl für das Fest hier, denke ich als ich die riesigen Fische erspähe, die über dem Feuer brutzeln.

 

„Feier doch mit“, ertönt plötzlich eine Frauenstimme neben mir.

 

Ich erschrecke innerlich, lasse mir jedoch nichts anmerken. Ich drehe meinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gekommen ist und sehe eine hübsche, schlanke Frau neben mir stehen mit schulterlangem, schwarzem Haar, die mich mit einem sanften Lächeln und freundlichen blauen Augen ansieht. Nico Robin.

 

„Nein, danke. Ich wollte bloß mal gucken“, sage ich abweisend, obwohl ich mich wirklich gerne auf der Party amüsiert hätte. Ohne ein weiteres Wort kehre ich ihr und der Party den Rücken und lasse sie dort einfach an die Mauer gelehnt stehen.

 

Wer will schon mit mir feiern? Ich bin ja auch die reinste Stimmungskanone, denke ich sarkastisch. Ich wüsste nicht einmal, was man auf einer Party so macht. Und was feiern die überhaupt? Brauchen Piraten überhaupt einen Grund zum Feiern?

 

Langsam schlendere ich meinen Weg zurück, die frische Nachtluft genießend. Ich male mir aus, wie es wäre, wenn ich Ja zu dieser Frau gesagt hätte. Wenn ich wirklich mitfeiern dürfte. Doch ich komme jedes Mal zum gleichen Ergebnis. Erst wäre ich eine Spaßbremse, weil ich nicht weiß, was man auf einer Party macht. Ich bin nicht sonderlich gesprächig und Fremden gegenüber abweisend und kühl. Ich bleibe lieber auf Distanz. Dann würden mich alle seltsam und unheimlich finden und die Party wäre meinetwegen ruiniert. Außerdem bin ich müde. Hana wird mir bestimmt auch morgen wieder das Leben schwermachen, seufze ich in Gedanken.

 

 

Die Tage darauf gibt es in der Stadt kein anderes Thema mehr, als die Strohhutpiraten und ihre supertolle Feier. Ich versuche diesem Thema aus dem Weg zu gehen, doch sie sind überall. Der Koch durchquert die Straßen auf der Suche nach Proviant. Der Kapitän macht sich scheinbar aus allem einen Spaß. Die beiden Frauen aus der Crew bleiben fast bei jedem Klamottenladen stehen und dieser Schwertkämpfer Zorro, scheint irgendwie die Orientierung verloren zu haben, denke ich für mich, als ich durch die Straßen schlendere, um für Hana die nächsten Besorgungen zu tätigen. Schon seltsam dieser Zorro. Was macht der da, frage ich mich, als er jedes Mal die Richtung wechselt, als er ein Mitglied seiner Crew sieht. Noch dazu hat ein viel zu enges Shirt mit der Aufschrift „Mama“ an und drei Säuglinge im Schlepptau. Ich dachte, er ist Schwertkämpfer?

Es ist wirklich nicht leicht, dem Thema „Strohhutpiraten“ in dieser Stadt aus dem Weg zu gehen. Ich versuche nicht weiter darauf zu achten und konzentriere mich wieder auf meinen Einkaufszettel.

 

Wenigstens muss ich das nicht mehr lange ertragen. Sie sammeln bereits Proviant und bereiten sich auf eine Weiterfahrt vor. Soviel ich mitbekommen habe, wird ihnen gerade sogar ein neues Schiff gebaut, fließen meine Gedanken weiter. Ich schüttle meinen Kopf.

 

Wieso denke ich ständig über diese Piraten nach? Ist mein eigenes Leben so uninteressant?

 

Kurz denke ich daran, wie mein Leben im Moment so verläuft. Ich arbeite für eine schrullige, alte Hexe, die mich herumkommandiert wie ihr Hausmädchen, ich sitze auf dieser Insel fest und komme nicht weiter und ich habe niemanden auf dieser Welt, der mir wirklich wichtig ist oder dem ich etwas bedeute.

 

Geknickt lasse ich den Kopf hängen. Diese Piraten sind wirklich spannender als mein eigenes Leben, muss ich mir eingestehen. Missmutig schlürfe ich zurück zu Hana. Auf meinem Weg komme ich am Hafen vorbei und mir stockt vor Schreck der Atem.

 

Oh nein! Ein Marineschiff, muss ich entsetzt feststellen. Die Gallionsfigur zeigt einen Hundekopf. Das ist das Schiff von Vizeadmiral Garp. Ich schlucke. Den Rest des Weges lege ich in einer Rekordzeit zurück. In der Wohnung angekommen schlage ich die Tür hinter mir zu und spitze durch ein Fenster, ob mich jemand verfolgt hat. Die Luft scheint rein zu sein.

 

„Was machst du denn für einen Wirbel?“, fragt Hana genervt.

 

„Die Marine ist hier“, antworte ich.

 

„Die Marine? Na und? Wirst du etwa gesucht?“, fragt die Alte weiter nach.

 

Ich antworte ihr nicht, verstaue die Einkäufe im Kühlschrank und gehe in das Gästezimmer.

 

„He! Ich habe dich was gefragt!“, ruft sie mir hinterher, lässt es dann aber gut sein.

 

Ich setze mich auf das Bett und umklammere meine angewinkelten Beine.

 

Was mache ich denn jetzt? Die Marine ist hier! Was wenn sie mich erkennen? Ich muss hier schnellstens weg, aber wie? Ich habe doch kein Boot. Aber vermutlich sind sie sowieso wegen der Strohhutpiraten hier. Immerhin haben die sich mit der Weltregierung angelegt. Aber was, wenn sie hier länger bleiben und sie mir über den Weg laufen? Einer von ihnen könnte mich erkennen. Für die Marine gelte ich zwar als tot und ich habe seitdem meine Haare wachsen lassen, aber das Risiko ist einfach zu groß.

 

Meine Gedanken kreisen wild in meinem Kopf.

 

Es ist bereits dunkel geworden, als ich für mich eine Entscheidung treffe.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Finnair
2017-05-22T02:19:19+00:00 22.05.2017 04:19
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