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Hiraeth

von

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Kapitel 2 - Evie

Dieses Gebäude war wirklich, wirklich, wirklich groß. Nicht nur, dass ein Korridor wie der andere aussah. Sie stand an einer Kreuzung, und allein fünf Gänge führten in eine Richtung, die als „rechts“ beschrieben werden könnte. Evie war den Beschreibungen eines anderen Studenten gefolgt, um zur Krankenstation zu gelangen. Doch bei dieser Kreuzung angekommen, war ihre einzige Richtungsangabe „rechts“ … welches der fünf Rechts war ihr ein Rätsel. Alle gehörten zum Krankenflügel.

Mist, sie würde zur spät zu ihrem ersten Einzelpraktikum kommen. Ein gelungener Start.

Evies Studium hatte erst vor zwei Wochen an der Tyralad Akademie begonnen. Den Grundriss des Gebäudes als verwirrend zu bezeichnen, wäre noch viel zu freundlich. Das Labyrinth an Einzelgebäuden und verschiedenen Korridoren schien sich mit jedem Male zu verändern. In ihrem Kopf einen Kinderreim beginnend, zählte Evie die Flure ab und entschied sich dann für den Gang in der Mitte. Mehr als Notfall ► war auf einem Schild nicht geschrieben, ihre Kursbeschreibung besagte nur, dass sie sich bei Dr. Ronn melden sollte. Gerade, als sie die Hälfte des Korridors durchquert hatte und sich zu fragen begann, ob sie umdrehen sollte, um einen weiteren Gang zu probieren, kam ihr eine junge Frau entgegen. Sie hatte ihren Blick zu Boden gerichtet und so stieß sie fast mit Evie zusammen. Gerade als sie die andere Frau nach dem Weg fragen wollte, fiel ihr Blick auf ihr Kinn, das nur halbherzig von ihren fast weißen Haaren verdeckt wurde. Es war blau und geschwollen und die Muskeln zuckten immer wieder unregelmäßig. Mehrere kleine Einstichlöcher zeugten von ihrer Behandlung, doch die Schwellung ließ die Verletzung als gefährlicher aussehen als sie vermutlich war. Da bemerkte Evie, dass sie die Frau gegenüber für mehrere Sekunden ungeniert angestarrt hatte. Gerade, als sie sich entschuldigen wollte, strich die blonde Frau ihre Haare aus dem Gesicht, ein Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab – doch ihre braunen Augen blieben hart und kalt. Evie keines weiteren Blickes würdigend, stolzierte die junge Frau an ihr vorbei.    

Reizend.

Evie zuckte mit ihren Schultern und setzte ihre Suche weiter fort, da sah sie eine offene Tür mit der Bezeichnung „Krankenstation“. Sie wollte ihr Glück zunächst dort versuchen. Sie klopfte an die geöffnete Tür und wartete auf eine Antwort.

„Wenn du Evelinn bist, dann bist du eine halbe Stunde zu spät. Komm‘ rein.“

Schamesröte stieg in ihrem Gesicht auf, sie versuchte dennoch möglichst würdevoll in den Raum zu treten. Eine mittelalte Frau stand hinter einem Schreibtisch, vor das Hologramm eines Schädels, welche sie nach links und rechts drehte. Neben ihr stand ein Mann in schwarzgrauer Kleidung, mit der gleichen, leichten Rüstung wie die junge, blonde Frau. Auch er schaute sich die Abbildung des Schädels an. Die Ärztin schaute auf und musterte Evie von oben bis unten.

„Entschuldigen Sie, ich habe mich wohl verlaufen“, stammelte Evie und blickte zu Boden. Mann, das war peinlich.

Der Mann lachte.

„Ewa, du musst deinen Studenten echt genauere Richtungsangaben geben. Jedes Jahr das gleiche.“

Damit verabschiedete er sich und ließ Evie mit Dr. Ewa Ronn allein. Dr. Ewa Ronn, der renommiertesten Ärztin in ganz Yadirihrer Ausbilderin.

„Es tut mir wirklich, wirklich leid, Dr. Ronn.“

Dr. Ronn kam um den Tisch herum und auf Evie zu. Als sie vor ihr stand, streckte sie ihre Hand aus.

„Außer einer wirklich schlecht gelaunten Patientin hast du noch nichts verpasst. Du kannst mir aber jetzt helfen, die Daten einzutragen. Und bitte, nenn‘ mich Ewa.“

Evie nahm erleichtert Ewas Hand und schüttelte sie einmal. Damit begann ihre Ausbildung als Ärztin für Yadirs Armee.

 

Es wurde ein langer Tag. Evie schaute kurz aus dem Fenster und sah, dass sie Sonne bereits untergegangen war. Anhand der Daten der verletzen jungen Frau, die an ihr im Gang vorbeistolziert war, lernte sie, wie sie Verletzungen – zusammen mit der KI – in den Datenknoten einzutragen hatte. Es war keine schwere Aufgabe. Nur mühsam. Daneben kümmerte sie sich mit Dr. Ewa um mehrere Studenten, die mit kleinen Verletzungen und Krankheiten in die Station kamen. Der ständige Wechsel zwischen der Arbeit am Datenknoten CAIs und den Brüchen und Platzwunden der Patienten ließen die Zeit wie im Flug vergehen. Nun war ihr erster Tag vorbei.

Bevor sie an der Tyralad Akademie angenommen wurde, hatte sie schon zahlreiche kleine Praktika in Krankenhäusern auf Yadir absolviert. Doch noch nie hatte sie zusammen mit einer solch fortschrittlichen KI und kompetenten Ärztin zusammengearbeitet. Evie lehnte sich auf dem Stuhl, auf dem sie vor einigen Stunden platzgenommen hatte, zurück. Ein kleines Fenster mit einer Nachricht von CAI, dass sie seit über sieben Stunden nichts gegessen hatte, erschien an ihrem Schreibtisch und legte sich über die Akte der Patientin namens Marise Travis und ließ sich weder wegschieben noch löschen. CAI verhielt sich wie ihre Mutter, die im Türrahmen steht und nicht eher geht, bis sie ihr Zimmer aufgeräumt hatte. Leise kichernd richtete Evie sich auf und streckte sich. Ihre schwarzen Haare, die sie in einen hohen Pferdeschwanz gebunden hatte, hatten sich gelöst und fielen ihr über ihr Gesicht. Frustriert zerrte sie an dem Zopfgummi und ließ die schulterlangen Wellen aus dem Gefängnis. Sie würde sie wieder zusammenbinden, sobald sie etwas gegessen hatte.

Ewa verband gerade mit CAIs Hilfe den Kopf einer jungen Studentin, die der Rückstoß ihrer eigenen Trainingswaffe an der Schläfe getroffen hatte. Dieses war schon der zweite Fall dieses Tages, an dem das GSS ausgefallen war. Die Ärztin blickte auf und nickte Evie zu, dass sie eine kurze Pause machen konnte. Danach richtete sie sich dem blutenden Kopf des Mädchens zu, das höchstens 16 Jahre alt war. Evie ging aus der Krankenstation und suchte nach dem kleinen Verkaufsautomaten, den sie heute Morgen noch gesehen hatte. Sie wollte sich nur einen kleinen Snack gönnen und sofort zurück auf die Station, um Ewa mit dem jungen Mädchen zu helfen. Viele Studenten, besonders der militärischen Laufbahn, begannen in jungen Jahren, werden aber dennoch auf die gleiche Weise gedrillt wie die älteren Mitschüler. Entlassen werden sie dennoch nicht früher als mit 28 Jahren, wenn sie als reif und erfahren genug angesehen werden, um Yadir zu verteidigen. Bis dahin war es an Dr. Ewa, Evie und vielen anderen Ärzten und Schülern, nicht nur die Kämpfer zusammenzuflicken, sondern sich um die Belange, psychischer wie physischer Natur, aller Studenten zu kümmern. Burnout und Überarbeitung war in allen Studiengängen verbreitet, und nicht selten kamen Studenten der Naturwissenschaften in die Krankenstation, die beim Testen einer neuen Lasertechnologie erhebliche Verbrennungen davongetragen haben. All dieses hatte Evie bereits an ihrem ersten Tag hier erlebt.

Erschöpft ließ sie sich neben dem Verkaufsautomaten an die Wand sinken, als sie spürte, dass diese leicht vibrierte. Irritiert stieß sie sich von der Wand ab und legte ihre Hand gegen sie. Da bemerkte sie, dass auch der Boden unter ihren Füßen leicht wankte. Gerade als sie sich fragte, ob sie nicht vielleicht doch zu viel gearbeitet hatte und sich lieber selbst von CAI behandeln lassen sollte, wurde die Vibration immer stärker, auch die Fensterscheiben begannen sich zu bewegen.

„Was zum-“  

Evie drehte sich rechtzeitig um, um eine gewaltige Druckwelle auf sich zurollen zu sehen. Geistesgegenwärtig stürzte sie auf den Raum ihr gegenüber zu und drückte ihre Schulter gegen die Tür, um diese zu öffnen. Gerade rechtzeitig konnte sie unter einem der robusten Schreibtische Schutz finden, als die Druckwelle über den Flur fegte. Evie hielt ihre Arme über ihrem Kopf und die Augen geschlossen, doch sie spürte, wie Dinge gegen die Wand neben ihr geschleudert wurden und der massive stählerne Schreibtisch in die gleiche Richtung bewegt wurde. Was war passiert? Nach einigen Minuten, die sich wie Stunden angefühlt hatten, öffnete sie ihre Augen und kroch langsam unter dem Schreibtisch hervor. Der Raum, in den sie sich geflüchtet hatte, glich einem Schlachtfeld. Sämtliche kleine Gegenstände lagen auf der rechten Seite des Raumes, in der sich nun auch der Schreibtisch befand. Zentimeterdicker Dreck bedeckte den Boden, die Wand auf der linken Seite wies einen so dicken Riss auf, dass sie in den Nebenraum sehen konnte.

„Shit. Shit. Shit!“

Darauf bedacht, über kein Regal oder Stuhl zu fallen, stürmte Evie aus dem Raum, doch blieb wie angewurzelt im Flur stehen. Dieser sah ähnlich aus wie der Raum, in dem sie sich versteckt hatte, Staub, Dreck und zerstörte Möbel verdeckten den Boden. Doch viel beklemmender war die Ruhe. Normalerweise waren im Flur immer ein paar Studenten, auch, als Evie sich etwas zu Essen holen wollte, hatte sie ein paar ältere Schüler gesehen. Nun waren sie verschwunden. Evie begann sich durch den Flur zu schlagen, um Ewa besorgt. Die Krankenstation lag zwar nur wenige Minuten entfernt, dennoch benötige Evie fast eine halbe Stunde, um diese zu erreichen. Immer wieder musste sie über Berge von Stühlen und anderem Trümmern klettern, hier und da war die Decke des Flures eingebrochen und versperrte ihr das Weiterkommen. Auf halber Strecke versagte schließlich sämtliche Elektrizität, sodass sie ihr InfoPad als Lichtquelle nutzen musste. Da sämtliche Netzwerke zusammengebrochen zu sein schienen, konnte sie ihr kleines elektronisches Gerät nicht für viel mehr nutzen.

Endlich erreichte sie die Krankenstation und das Zimmer von Ewa. Erschöpft stolperte sie in den Raum. Auch dieser war von Zerstörung gezeichnet, sämtliche medizinische Geräte lagen im Raum verteilt. Auch hier war die Decke eingebrochen und bedeckte einen Teil des Bodens. Von der verletzten Studentin war nichts zu sehen, doch Evie hatte das beklemmende Gefühl, dass sie sich unter der eingestürzten Decke befinden musste.

„Ewa?“, rief Evie schwach. Der Staub in der Luft machte ihre Stimme kratzig.

„Hier!“

Erleichtert stürmte sie auf die Stelle zu, woher die Stimme kam. Ewa saß hinter einem Schreibtisch und versuchte, sich den blutenden Kopf zu verbinden. Also war auch CAI ausgefallen …

„Lass‘ mich dir helfen.“

Evie kniete sich vor die Ärztin und begann, die Platzwunde eher provisorisch zu schließen.

„Was ist passiert? Gerade hatte ich mich um … sie … gekümmert, dann brach plötzlich die Decke über uns ein.“ Ewa starrte mit glasigen Augen an die Wand, dann sah sie Evie an.

„Evelinn! Bist du verletzt?“

„Nein. Ich glaube nicht … Ich – ich weiß nicht, es ging so schnell. Mein InfoPad ist tot, das zentrale Netzwerk scheint zusammengebrochen zu sein. Ich -“

Plötzlich hörten sie hinter sich mehrere Schüsse. Und Schreie.

Evie, die Ewas Kopf vollständig verbunden hatte, lugte über den Schreibtisch, um aus dem Raum zu schauen. Draußen schienen immer wieder Lichtblitze von Waffen und Explosionen den Garten zu erleuchten, den sie durch die zusammengebrochene Wand sehen konnte. Und zwischen den Blitzen und dem Rauch sah sie etwas. Etwas Großes. Plötzlich versperrte ihr jemand das Sichtfeld. Ein Student. Er blickte in Evie Gesicht, dann lächelte er und winkte jemandem zu.

„Hier sind noch Überlebende!“

Er kam in den Raum und reichte Evie seine Hand.

„Finn. Wir holen dich hier- “

Dann fiel sein Blick auf die verletzte Ärztin.

„Dr. Ronn? Fuck! Leute, beeilt euch! Dr. Ronn ist verletzt!“

Nur Augenblicke später eilten vier weitere Personen in den Raum. Sie waren allesamt Studenten verschiedener Jahrgänge, die provisorische Hilfsausrüstung bei sich trugen. Während sie Ewa aus dem Raum begleiteten, wandte Evie sich Finn zu.

„Was zur Hölle ist hier los?“

Finn fuhr sich durch sein Haar, dann zuckte er mit seinen Schultern.

„Wohin gehen wir?“

Wieder keine konkrete Antwort des jungen Mannes. Evie wusste sich nicht weiter zu helfen als Finn bei den Schultern zu fassen.

„Finn. Was ist passiert?!“

Er schaute auf Evie herab. Müde, blaue Augen sahen sie traurig an. Er wischte sich verschwitze Strähnen von der Stirn, dann seufzte er.

„Wir … müssen fort von hier. Yadir … Ich erkläre dir alles, wenn wir im Aufenthaltsraum angekommen sind. Und jetzt halt bitte deine Klappe!“

Evie ließ langsam Finns Schultern los. Tränen füllten ihre Augen. Doch sie begann Finn und den anderen zu dem Aufenthaltsraum am zentralen Knoten der Gänge im Krankentrakt zu folgen. Tatsächlich befanden sich hier noch weitere Überlebende, mal mehr, mal weniger schwer verletzt.

„Evie!“

Aus dem Pulk von Schülern und Lehrern stürzte eine junge Frau heraus und umarmte Evie. Belle war ihre Zimmergenossin und Freundin.

„Belle? Was ist passiert?!“

Unter Tränen führte ihre Freundin sie zu einem der Bildschirme, um dem herum sich eine kleine Traube Menschen gebildet hatte. Scheinbar funktioniere das Notstromaggregat und versorgte diesen Raum mit Energie, sodass Verletze umsorgt werden konnten. Der Bildschirm zeigte eine Aufnahme aufgenommen vom Satelliten, der sich in Skadis Umlaufbahn befand. Auf ihr zu sehen war die leicht violett schimmernde Atmosphäre Skadis, doch etwas schien nicht richtig zu sein. An einer Stelle verschwamm die violette Färbung zu einem Wirbel aus Rot und Blau. Der Zeitpunkt dieser Aufnahme war keine zwei Minuten alt. Gerade als Evie sich zu Belle umdrehen wollte, um sie zu fragen, was der Bruch in der Atmosphäre zu sagen hatte, wiederholten sich die Aufnahmen, welche vor zwei Stunden aufgenommen worden sind.

Vor zwei Stunden durchbrachen mehrere massive Meteoriten die Atmosphäre und schlugen wohl im Meer um Yadir, als auch in den fünf größten Städten des Kontinents ein – dabei verursachte der Einschlag mehrere Tsunamis und Druckwellen, welche auch die Akademie getroffen zu haben scheinen. Durch den Winkel des Satelliten konnten jedoch nicht nur Aufnahmen des Einschlages durch die Atmosphäre gemacht werden, auch die beiden Monde, die Skadis umkreisen – Jörd und Vali – wurden auf einem Bild eingefangen. Evie trat näher an den Bildschirm heran. Auf der Mondoberfläche befanden sich zwei Strukturen, die vor der Katastrophe dort nicht bestanden haben. Evie konnte sich darauf keinen rechten Reim machen, doch –

„Belle! Dieses Chaos … Das ist kein Zufall!“

Evie blickte immer wieder auf die Aufnahmen, die auf dem Bildschirm abgespielt wurden. Sie sank auf ihre Knie, zum ersten Mal seit der Attacke ihrer Situation bewusst. Tränen liefen über ihr Gesicht, als sie merkte, dass sich jemand neben sie gesetzt hatte. Finn lehnte mit dem Rücken an der Wand und sah sie an.

„Nun … Fuck.“

Fuck? Meteoriten zerstören Yadir und Skadis Atmosphäre, irgendwas passiert auf unseren Monden und womöglich gehören wir zu den einzigen Überlebenden mit einer kaputten Infrastruktur und dein Kommentar ist fuck?“

Aufgebracht kniete Evie vor Finn und stütze eine Hand neben seinem Kopf ab. Erst als sie bemerkte, wie nah ihr Gesicht an seinem war, rückte sie von ihm ab und setzte sich. Sie vergrab ihren Kopf in ihre Hände, während sich Belle neben sie setze und Finn vorwurfsvoll ansah.

Dieser zuckte mit den Schultern.

„Evie?“, setzte Belle an.

Die Angesprochene hob ihren Kopf und sah ihre Freundin an.

„Die Meteoriten sind nicht das einzige-“   

„Finn?!“

Belle wurde von einer Stimme unterbrochen, gleichermaßen panisch und verärgert. Evie sah über die Schulter und sah, dass die junge Frau, der sie heute Morgen noch über den Weg gelaufen war, im Türrahmen stand. Sie war vollkommen außer Atmen, und auf ihrer Haut klebte getrocknetes Blut, doch ihre Kleidung war intakt, von einigen Staubflecken abgesehen. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ihre Lippen zusammengekniffen, was die kleinen, noch nicht verheilten Narben an ihrem Kinn hervorstachen ließen.

„Finn! Beweg‘ deinen Arsch hier raus! Und der Rest auch!“

Finn sprang auf und lief der silberhaarigen Frau entgegen.

„Marise? Du lebst?“

Marise schnaubte und gab Finn eine der Plasmapistolen, die sie an ihrem Gürtel befestigt hatte.

„Du weißt schon, dass hier Monster aus verdammtem Kristall herumlaufen? Wir müssen hier raus!“

Finn riss die Augen auf und umfasste Marises Schulter. Fast schon angewidert schlug sie seine Hand weg und nickte in Richtung Ausgang. Er atmete tief aus und drehte sich dann zu der kleinen Gruppe um.

„Versorgt die Verletzten und macht sie transportfähig. Wir … wir sollten hier weg … irgendwo …“

Evie hatte die Szene beobachtet und sich nach Finns Aufforderung zu Ewa begeben, um ihre Kopfwunde zu untersuchen. Belle half ihr, der bewusstlosen Ärztin den Verband zu wechseln.

„Monster aus Kristall? Belle, was ist hier los?“, fragte Evie, ihren Blick auf die Wunde gerichtet.

Diese schüttelte den Kopf.

„Sie erschienen plötzlich, nachdem die Meteoriten hier eingeschlagen sind. Ich weiß nicht, wie viele von ihnen hier sind, ich weiß nicht, ob sie überall auf Yadir sind. Als ich nach anderen Überlebenden gesucht habe, habe ich eines dieser Monster aus der Ferne gesehen. Sie sind riesig, Evie! Aus Kristall und Stahl …“

Evie konzentrierte sich auf Ewas Verband. Sie wollte nicht nachdenken. Sie wollte nicht über ihre Freunde denken, nicht über ihre Eltern, die höchstwahrscheinlich tot waren. Gerade, als sie Ewa auf eine der provisorischen Tragen legen wollte, hörte sie plötzlich das unmissverständliche Zischen einer Plasmapistole.

„Verdammt, sie sind hi-“   

Marises erschrockener Aufschrei wurde erstickt, als sich ein langer Stachel durch den Oberkörper der jungen Frau bohrte. Sie ließ ihre Waffe fallen und umfasste den Stachel. Dieser schien tatsächlich aus Kristall zu bestehen und befand sich am Ende eines grauen Schlauches, einer Art Schwanz. Er hob Marise, die unter Schmerzen schrie und sich wand, einige Zentimeter vom Boden. Finn feuerte auf den Kristall, doch die Plasmaprojektile wurden zurückgeworfen und streiften seine Wange.

„Finn … lauf!“, brüllte Marise, dann wurde sie in den Raum geschleudert, wo sie gegen die stark beschädigte Wand traf, den Stachel noch immer in der Brust steckend. Die Wucht des Aufpralls ließ einen kleinen Teil der Wand einbrechen und begrab den leblosen Körper Marises unter sich.

Evie lief sofort zu dem kleinen Trümmerhaufen, um Marise zu helfen, doch als sie den gebrochenen Arm, der herausragte, untersuchte, konnte sie keinen Puls spüren – Marise war tot.

Finn packte Evie an der Schulter und sie richtete sich auf, der Bewegung seiner Hand folgend. Dann rannte sie zusammen mit der kleinen Gruppe aus dem zweiten Ausgang des Raumes, um den Monstern nicht direkt in die Arme zu laufen.  „Finn, die junge Frau … sie ist tot“, brachte Evie heraus, als sie neben Finn lief, in die Richtung, in der sie den Hauptausgang der Akademie vermuteten. Doch Finn schüttelte nur den Kopf und konzentrierte sich darauf, einen Ausweg zu sichern. Evie war nicht sicher, wie lange sie durch die dunklen und eingestürzten Flure der Akademie liefen, doch irgendwann standen sie am Eingangstor der Tyralad Akademie, der Eliteakademie in ganz Yadir. Sie konnten sich gerade noch rechtzeitig umdrehen, um zu sehen, wie ein riesiger Feuerball einen großen Teil des Akademiegebäudes verschlang und unter bestialischem Gekreische zum Einsturz brachte.   



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