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All of our Flaws

Vi/Cait
von

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Kapitel 6: Unbezahlbare Schätze

Kapitel 6: Unbezahlbare Schätze
 

„Nichts“, seufzte Caitlyn resigniert und ließ sich auf der Fensterbank eines der großen Panoramafensters des Museumstraktes nieder, in dem sie gerade seit mehreren Stunden nach Spuren suchten. „Rein gar nichts“, fügte sie bestärkend hinzu und blickte zu Vi hinüber, die gerade hochkonzentriert mit einem Hextech-Scanner die Glassplitter auf dem Boden untersuchte, die von einer der zertrümmerten Vitrinen herrührten, in denen unbezahlbare Gemälde und Büsten aufbewahrt worden waren – einer der Kulturschätze von Piltover – zusammengetragen über Jahrzehnte und Jahrhunderte von Stadtgeschichte. Nicht nur, dass dieser Raub einen immens hohen materiellen Verlust bedeutete, es war auch ein Angriff auf die Stadt selbst – und ihre Geschichte. Und nicht nur das nagte an Caitlyns Stolz. Nein. An einer Säule direkt neben der Vitrine des Aetheriols, einem gelblichen Kristall, der im allerersten Hextechgerät der Stadt benutzt worden war und somit einen Meilenstein in der techmaturgischen Entwicklung Piltovers darstellte, prangte ein in roter Farbe gemaltes ‚C‘. Das Zeichen von C, dem Meisterdieb, nach dem Caitlyn nun schon seit vielen Jahren suchte und der sie bislang immer wieder ausgetrickst hatte.
 

Mit einer groben Geste schob Vi ihre Schutzbrille nach oben in die Haare und blickte zu Caitlyn hinüber. Ihr war bewusst, wie sehr Caitlyn dieser Fall an die Nieren ging, darum machte sie sich auf den Weg zu ihr und setzte sich neben sie auf das Fensterbrett. „An den Glassplittern ist auch nichts“, meinte sie knapp und ließ den Blick über den ausgeraubten Raum gleiten, der nicht nur von ihnen beiden, sondern auch von zahlreichen Mitgliedern der Wache Piltovers untersucht und gesichert wurde – auch wenn es nicht mehr viel zu sichern gab, denn das Meiste, das von wert gewesen war, war gestohlen worden.
 

„Ich denke bereits seit zwei Stunden darüber nach...“, begann Caitlyn und erlaubte sich, kurz seufzend ihren Kopf in die Hand zu stützen – sie war erschöpft. „Aber ich komme einfach nicht dahinter, wie er hier hereingekommen ist. Keines der Sicherheitssysteme außer das in diesem Raum hier wurde berührt, kein Fenster zerstört, keine Tür geöffnet.“

„Vielleicht hat er sich irgendwie `nen Zweitschlüssel besorgt“, überlegte Vi laut und blickte zu ihrer Partnerin. Caitlyn hatte die letzte Zeit wirklich viel für sie getan und nur zu gerne wollte sie das zurückgeben – auch wenn ihr nicht viel anderes einfiel außer sich beruflich noch mehr anzustrengen.
 

„Unwahrscheinlich“, antwortete Caitlyn. „Der Museumsdirektor allein besitzt die Schlüssel für die wichtigsten Türen. Und diese werden nachts in einem Safe weggeschlossen, den nur er kennt. Und auch dort wurden keine Sicherheitsvorkehrungen ausgelöst oder außer Kraft gesetzt.“

„Vielleicht ist er ein Glaser und hat das Fenster direkt wieder ausgetauscht?“, scherzte Vi grinsend und zuckte mit den Achseln. Doch Caitlyns Gesichtsausdruck ließ ihr Grinsen gleich wieder verschwinden. Ihre Partnerin war deutlich sichtbar nicht zu Scherzen aufgelegt. „Ich meine es ernst, Vi. Es ist mir völlig schleierhaft, wie er das Ganze angefangen hat.“

Sie seufzte und lehnte sich rücklings gegen das Fenster und schloss für einen kleinen Moment die Augen.
 

„Vielleicht kann ich helfen“, tönte eine gut gelaunte, beinahe schon amüsierte Stimme vom Eingang der Halle und als Caitlyn hinüberblickte, sah sie Ezreal, den berühmten Entdecker und ebenfalls Mitglied der Liga der Legenden, mit dem sie schon häufiger auf den Richtfeldern gestanden hatte. Mit einer geschickten, flinken Bewegung setzte er über die Absperrung und kam zu den beiden hinüber, strich sich eine Strähne seines wuscheligen, blonden Haares aus dem Gesicht und lächelte sie schalkhaft an – ein wahrer Chameur und Frauenheld wie er im Buche stand. Gut, dass Caitlyn für derlei Charme unempfänglich war. Sie erhob sich von der Fensterbank und wartete, bis Ezreal zu ihnen aufgeschlossen hatte. Vi blickte ihn ein wenig misstrauisch an. Sie kannte ihn nur von den Übertragungen der Kämpfe auf den Richtfeldern und wusste wenig über ihn, vor allem wenig über die Beziehung zwischen ihrer Partnerin und dem hübschen, jungen Mann. Schließlich stand sie jedoch ebenfalls auf und baute sich neben ihrer Partnerin zu voller Größe auf – tatsächlich stand sie Ezreal um nichts nach.
 

„Und wie kannst du uns helfen, Ezreal?“, fragte Caitlyn und gab ihm zur Begrüßung die Hand. Ezreal nickte Vi lächelnd zu und wandte sich dann dem Sheriff zu: „Ich kam nicht umhin, eure Unterhaltung zu hören.“

„Du hast also gelauscht?“, fragte Caitlyn mit gespielt strengem Blick. Sie machte sich nicht viel daraus – Ezreal war ein vertrauenswürdiger Mann und sie hatten in der Vergangenheit schon das eine oder andere Mal zusammengearbeitet, wenn sich ihre Aufgabenfelder überschnitten hatten.

„Dein hilfloses Stöhnen war weithin zu hören“, antwortete Ezreal feixend und wurde dann allerdings etwas ernster. „Das hier war C, nehme ich an?“

Caitlyn nickte. „Ja, natürlich. Er hat sich einige Zeit bedeckt gehalten, aber scheinbar hat er die Zeit genutzt, um diesen Coup zu planen.“

Mit aufmerksamem Blick sah sich Ezreal in dem Raum um. Das Museum, in dem sie sich befanden, war ein sehr altes Gebäude – geschichtsträchtig und mühevoll restauriert und renoviert worden. Vor vielen Jahren hatte hier einmal die Regierung von Piltover residiert, bevor sie nach Übernahme durch den Stadtrat umgezogen war. Nach der Restaurierung hatte man das Schloss mit seinen hübschen Türmen, Erkern und dem prächtigen Schlossgarten mit modernsten Sicherheitsvorkehrungen versehen und als Museum eingerichtet.
 

„Gebt mir einen Moment“, meinte Ezreal locker und hob die linke Hand, an der der mystische Talisman war, der ihm in den Kämpfen auf den Richtfeldern zu einer solchen Berühmtheit verholfen hatte – neben seinen Frauengeschichten natürlich. Ein blaues Leuchten ging von dem Stein aus, der in den Handschuh eingearbeitet war und Ezreal schritt mit diesem abtastend die Wände ab, bis er schließlich irritiert stehen blieb und eine Wand näher betrachtete. „Kommt mal rüber“, meinte er kopfnickend und begann, die gut verspachtelten Steine der Mauer abzutasten. Caitlyn folgte seiner Aufforderung und Vi, die misstrauisch und neugierig zugleich war, begleitete sie. Während sie noch unterwegs waren, frohlockte Ezreal mit einem triumphierenden „Ha“ und drückte mit dem Daumen ein Stück Stein in der Wand, wodurch sich unter lautem Knirschen und Ruckeln in der eigentlich massiv geglaubten Wand eine Geheimtür auftat. „Diese alten Gebäude sind voll von Geheimwegen. Das hier war früher mal der Thronsaal“, meinte Ezreal beinahe ein wenig selbstverliebt. „Natürlich gibt es da einen geheimen Fluchttunnel. Scheinbar kennt unser guter C sich gut mit Bauplänen aus – oder hat ein Händchen für so etwas.“
 

Caitlyn blickte in den sich öffnenden Tunnel hinein und erkannte im staubigen Boden sofort ein paar verräterische Spuren. Sie winkte einen ihrer Kollegen herbei: „Fußspuren sichern. Und schick jemanden ins Archiv des Bauamtes und lass ihn nach den Blaupausen des Museums fragen und ob in der letzten Zeit jemand nach diesen gefragt hat.“ Die Wache nickte: „Sofort, Sheriff.“

Ezreal blickte Caitlyn an und seine Augen funkelten: „Willst du wirklich bei den trockenen Nachforschungen bleiben?“

Caitlyn erwiderte seinen Blick und sie wusste, dass sie nicht anders konnte als seine indirekte Herausforderung anzunehmen. Wer war sie denn? Eine Bürokratin? Sicherlich nicht. „Nach dir“, meinte sie kühl. „Aber nicht dass du mir irgendwelche Spuren verwischst.“ Dann blickte sie zu Vi: „Du hast deine Handschuhe dabei?“
 

Vi‘s Gesicht hellte sich sichtlich auf, als sie erahnte, dass es jetzt wohl doch spannender werden würde und sie nickte, bevor sie sich umdrehte, um ihre Hextechhandschuhe anzulegen und sich kampfbereit zu machen. Caitlyn musste ein wenig lächeln – es war so einfach, Vi zufrieden zu stellen. Ezreal folgte ihrem Blick und fragte leise, sodass Vi ihn nicht hören konnte. „Wie stellt sie sich an?“

„Sie ist ein wenig ungestüm, aber ich denke, ich bekomme sie noch gezähmt“, antwortete Caitlyn ein wenig schmunzelnd.
 

Ezreal schwieg für einen Moment, bevor er antwortete: „Ich war eine ganze Weile weg, hm?“ Das war wahr, Ezreal war das letzte halbe Jahr auf einer Ausgrabung in der Wüste von Shurima gewesen, um eine alte Ruine zu erkunden.

„Du meinst, du hast einiges verpasst?“, fragte Caitlyn, wandte ihren Blick jedoch nicht von Vi ab, die mit geübten Handgriffen die Handschuhe befestigte und aktivierte, sodass die Scharniere sich mit mechanischem Surren selbst schlossen und der blaue Kristall an ihrem Rücken, der in ihre Rüstung eingefasst war, zu leuchten begann. Vi war kampfbereit.

„Ja. Aber nicht nur das. Du wirkst… anders“, fuhr Ezreal ruhig fort. Der Tonfall in seiner Stimme war nicht zu deuten, doch Caitlyn blickte ihn leicht verwundert an. „Anders?“, fragte Caitlyn mit einer leicht hochgezogenen Augenbraue.

„Vergiss es“, winkte der Entdecker nun ab und setzte wieder sein übliches, fröhliches Gesicht auf und blickte voller Vorfreude in den Geheimtunnel hinein. „Ich bin gespannt, wo uns das hinführt.“

Nach kurzem Nachdenken entschied Caitlyn, das Thema fallen zu lassen und nickte, bevor sie ihr Gewehr schulterte, an dem sie schon einmal sicherheitshalber das Zielfernrohr befestigt hatte. „Ich auch.“
 

„Du solltest Vi fragen, ob sie der Liga beitreten will“, meinte Ezreal noch beiläufig, bevor er den Gang schon einmal betrat, um sich umzusehen.

Caitlyn stutzte und blieb einen Moment lang stehen. Auf den Gedanken war sie noch nicht gekommen, doch als sie einen Blick über die Schulter warf und Vi beobachtete, die mit einem vorfreudigen Grinsen auf den Lippen auf sie zukam, die metallenen Finger ihres Handschuhs zu einer riesigen Faust ballend, den starken Rücken gestrafft und die Augen voller Abenteuerlust, fand sie, dass das gar keine schlechte Idee war.
 

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Unter Ezreals Führung fanden sie von den Geheimtunneln des Schlosses einen weiteren Fluchttunnel, der sie unter den Gärten entlang führte und schließlich in die Kanalisation mündete, ein abscheulicher Ort, der den stinkenden Schlamm, die verflüssigten Abgase der Stadt und andere Fäkalien und Abfälle hinunter nach Zaun beförderte. Die feuchten Wände der ovalen Tunnel waren glitschig und von Algen überwachsen, in denen sich hier und da Abfall verfangen hatte.
 

Glücklicherweise gab es Wartungsschächte und begehbare Wege, die die verschiedenen Abstiege des Tunnelsystems miteinander verbanden, sodass sie nicht direkt durch die siffige Brühe waten mussten. Unbeeindruckt band sich Caitlyn ihr Halstuch vor den Mund und auch Ezreal zeigte sich nicht besonders beeinträchtigt. Vi jedoch fluchte angeekelt. „Sogar im Dreckviertel am Rand stinkt‘s weniger.“ Es war nicht das erste Mal, dass sie in der Kanalisation war, doch es war einfach widerlich hier unten – sie freute sich jetzt schon darauf, wenn sie wieder oben sein würden – oder darauf, dass sie wenigstens jemandem die Fresse polieren konnte. Bevorzugt natürlich C, der Caitlyn so viele schlaflose Nächte bereitet hatte und dessen Diebstähle ihr so viel Kopfzerbrechen bereiteten. Ob Caitlyn ihr wohl sehr dankbar sein würde, wenn sie ihn für sie zur Strecke bringen würde? Oder wäre sie eher beleidigt, dass sie es nicht alleine gemacht hatte? Vi beobachtete ihre Partnerin, die einen halben Schritt vor ihr ging, musterte ihr schönes Gesicht im Profil, von dem sie allerdings nur Teile der Nase und die konzentrierten Augen sehen konnte. Dann riss sie sich zusammen und konzentrierte sich auf den Fall. Nicht, dass der Bastard entkam, weil sie Caitlyn angestarrt hatte…
 

Als sie einen etwas größeren Knotenpunkt der Kanalisation erreicht hatten, hielt Ezreal kurz inne und holte aus seinem Rucksack eine Kiste heraus, deren Schloss er mit seinem Handschuh öffnete. Ein Uhrwerkschloss öffnete sich und der Deckel sprang von selbst auf, um ihnen eine beeindruckende Sammlung von sorgsam aufbewahrten Karten zu offenbaren. Eine kurze Weile wühlte Ezreal darin herum und beförderte dann eine Karte der Kanalisation zutage, in die er sich für einen Moment vertiefte.

„Hast du die Karte aus den Archiven“, fragte Caitlyn und sah ihm über die Schulter.

„Selbst kartographiert“, antwortete Ezreal kurz angebunden und runzelte konzentriert die Stirn. „Ich kenne mich unter Piltover extrem gut aus.“

Während Ezreal und Caitlyn sich mit der für sie dann doch eher langweiligen Karte beschäftigte, blickte Vi sich in den Tunneln näher um. Jetzt, da sie sich langsam an den Gestank gewöhnt hatte, fühlte sie sich mehr und mehr an ihre Zeit auf der Straße erinnert. Häufiger hatte sie die Tunnel der Kanalisation als Fluchtwege benutzt, um nach einem ihrer Coups ungesehen zu verschwinden. Aber so gut wie Ezreal kannte sie sich nicht aus – sie war einfach irgendwo in einen Zugang hinabgestiegen und den nächstbesten wieder hinauf. Auch konnte sie sich nicht vorstellen, warum man freiwillig hier unten herumrennen sollte, nur um eine Karte davon zu kritzeln – auch wenn es ihnen jetzt zugute kam.
 

„Ein paar hundert Meter diesen Gang hinunter ist ein alter Wartungsraum, in dem früher einige Pumpen zum Druckausgleich angebracht waren. Er ist allerdings heute leer und wird nicht mehr benutzt. Direkt nebendran gibt es einen Aufgang in eine alte Fabrik, die nicht mehr benutzt wird. Klingt nach einem idealen Ort für einen Einstieg, oder?“ Er grinste breit und rollte die Karte zusammen, bevor er sie wieder wegpackte. Caitlyn nickte: „Sehen wir uns dort mal um.

Sorgsam verschloss Ezreal seine Kartenkiste wieder und verstaute sie, bevor er sie erneut anführte und ihnen den Weg den Tunnel hinunter zeigte. Die Tür zu dem von ihm erwähnten Wartungsraum war verschlossen und das Schloss wirkte… neu.

Ein selbstzufriedenes Lächeln umspielte Ezreals Lippen, als er sich zu Caitlyn umdrehte und mit einem Zeichen still zu sein auf das Schloss zeigte. Sie nickte und schaute dann zu Vi.

Diese wusste das Zeichen zu deuten, grinste breit, trat an Ezreal vorbei und – sich darüber freuend, dass sie endlich mal wieder etwas kurz und klein schlagen konnte, zerbeulte sie mit einem gezielten Schlag ihrer Rechten die starke Metalltür und katapultierte sie mit einem harten Tritt in den Wartungsraum hinein, der… nicht leer war.
 

Caitlyns aufmerksamer, geübter Blick scannte sofort alles, was sich in dem Raum befand und das Gewehr angelegt, trat sie hinter Vi ein, die sich mit erhobenen Fäusten nach einem eventuellen Bewohner umsah.

Doch sie waren alleine… mit der Beute des Einbruchs. Kisten über Kisten voller Kunstgegenstände, Gemälde, Juwelen und Modellen der technischen Errungenschaften von Piltover.
 

„Das muss die Beute von mindestens drei Raubzügen sein“, meinte Caitlyn konzentriert, nachdem sie ein paar der vermissten Objekte erkannt hatte. „Er hat wohl einiges hier zwischengelagert.“

Nach ihnen beiden trat nun auch Ezreal ein: „Da hatte ich wohl den richtigen Riecher.“ Seine Stimme klang selbstsicher und ein klein wenig arrogant, doch Caitlyn konnte es ihm nicht verdenken. „Gute Arbeit“, meinte sie und klopfte ihm kurz auf die Schulter. „Würdest du mir den Gefallen tun und zum Museum zurückkehren und mir ein paar Männer herschicken?“ Ezreal blickte ein wenig enttäuscht drein, nickte dann jedoch: „In Ordnung.“ Und schon war er leichtfüßig wie immer verschwunden. „Ich halte Wache“, meinte Vi knapp und verschwand nach einem letzten, sehr langen, merkwürdig intensiven Blick auf Caitlyn aus dem Raum. Und diese… machte sich daran, die Beute zu katalogisieren.
 

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„Ich hab‘ keinen Bock auf die Scheiße“, fluchte Vi und trat gegen das hübsche Sofa, bevor sie sich mit trotzig vor der Brust verschränkten Armen darauf fallen ließ. Caitlyn trat auf die Türschwelle ihres Schlafzimmers und sah zu ihrer Partnerin hinüber, die es sich gerade unwillig in ihrem perfekt aufgeräumten, ordentlichen und beinahe sterilen Wohnzimmer bequem gemacht hatte. „Nun stellt dich bitte nicht so an“, meinte sie tadelnd und warf Vi einen strengen Blick zu.

„Warum muss ich da überhaupt mit? Ist doch Bullshit“, gab Vi zurück und musterte die schöne Aussicht, die man von Caitlyns Wohnzimmer durch das Panoramafenster auf die nächtliche Skyline Piltovers hatte. Es war beinahe erschrecken wie viel Caitlyns Wohngegend von ihrer eigenen unterschied.
 

„Weil du ebenso hart an dem Fall gearbeitet hast wie ich“, antwortete Caitlyn und verschwand wieder im Schlafzimmer, um sich weiter umzuziehen. „Also sei jetzt bitte so gut und zieh‘ dich um, damit wir bald aufbrechen können.“

Vi verzog eine trotzige Schnute und blickte weiterhin aus dem Fenster, ohne sich zu rühren: „‘N Scheiß werd‘ ich. Ezreal hat den Kram doch allein gemacht, warum muss ich mit auf die Feier. Da gehn‘ doch eh nur die ganzen scheißreichen Mistkerle hin, saufen Wein und finden sich großartig.“ Ein öffentlicher Anlass wie dieser war ihr unangenehm – sehr sogar. Da gehörte sie einfach nicht hin. Ein Empfang im Rathaus zu Ehren der Wache Piltovers, die die Beute von C geortet und wiederbeschafft hatte – und damit der Stadt einen großen Dienst erwiesen hatte. Vi löste kurz ihre Augen von dem Panorama und musterte den Anzug, den Caitlyn ihr besorgt hatte – schlicht und schwarz und ohne Krawatte – damit hätte sie sich sowieso nur an der Decke aufgehängt. Immerhin war es kein Kleid, aber… „Warum soll ich überhaupt den scheiß Anzug da tragen.“ In so etwas würde sie sich nur unwohl fühlen… Überhaupt würde sie sich den ganzen Abend unwohl fühlen. Wieso überhaupt da hingehen? Viel lieber würde sie sich eine Bar suchen und sich besinnungslos saufen, vielleicht eine Prügelei anfangen und sich dann heimschleppen, um auf dem Sofa einzupennen. Klang viel angenehmer als den ganzen Abend zu versuchen, sich irgendwelchen gesellschaftlichen Normen anzupassen, die sie nicht kannte und zu versuchen, sich an Etikette-Regeln zu halten, von denen sie nicht einmal wusste, wie sie lauteten.
 

„Vi, das ist ein Abend uns zu Ehren. Und es geht nicht nur um diesen Fall. Die Wache hat in den letzten Monaten gute Arbeit geleistet und daran bist du nicht unbeteiligt. Stelle doch bitte dein Licht nicht immer unter den Scheffel“, tönte es neutral und etwas gedämpft auf dem Schlafzimmer, während parallel Kleiderrascheln zu hören war.

„Ich will trotzdem nich hin“, antwortete Vi. „Interessiert mich nich. Ich mach‘ meinen Job und damit is‘ gut. Ich brauch sowas nich.“

Aus dem Schlafzimmer hörte Vi, wie Caitlyn sich die Haare kämmte – ein unverwechselbares Geräusch, das sie auch schon von der Wache kannte, wenn ihre Partnerin sich einen Pferdeschwanz machte. Ein vertrautes Geräusch.
 

Inzwischen war sie schon das eine oder andere Mal hier in Caitlyns Wohnung gewesen und fühlte sich nicht mehr ganz so unwohl wie am Anfang, obwohl die sterile Ordnung sie immer noch ein wenig irritierte. Die Dreizimmerwohnung war geschmackvoll eingerichtet und besaß die modernsten technischen Errungenschaften, die einem das Leben leicht und angenehm gestalteten – Vi war fast ein wenig neidisch darauf. War bestimmt toll, reich zu sein.

Als Vi von nebenan das Geräusch von hochhackigen Schuhen auf dem Parkettboden hörte, drehte sie ihren Kopf doch und sah, wie Caitlyn fertig zurechtgemacht aus dem Schlafzimmer trat – und erstarrte.

„Du bist meine Partnerin, Vi. Es wird erwartet, dass du dich bei derlei Anlässen zeigst.“ Doch Vi hörte gar nicht so recht, was ihre Partnerin überhaupt sagte, denn all ihre Konzentration lag darin, zu versuchen, nicht dreinzuschauen wie ein Vollidiot. Denn Caitlyn war atemberaubend.
 

Vi hatte gewusst, dass der Sheriff eine gute Figur hatte – immerhin war ihre Arbeitskleidung nicht gerade verhüllend – aber das hier war noch einmal ein ganz anderes Kaliber. Caitlyn trug ihre langen, braunen, glänzenden Haare zum Teil mit einer silbernen Spange hochgestellt und hatte ihr schönes Gesicht dezent, aber mit deutlicher Betonung ihrer Augen geschminkt. Ihre perfekte Figur war in ein blaues Kleid im Meerjungfrauenschnitt gehüllt, der ihre langen Beine exzellent zur Geltung brachte. Dazu trug sie ein schlichtes Silbercollier mit blauen Edelsteinen, passende Ohrringe und ihr Handgelenk wurde von einem Armband verziert. Ein fassungsloses „Wow“ glitt Vi über die Lippen, bevor sie sich auf eben jene beißen konnte.

„Und jetzt zieh dich bitte um“, forderte Caitlyn sie streng auf und schritt unter dem Klackern ihrer hochhackigen Schuhe hinüber zu der Anrichte in ihrer Küche, wo ihre Handtasche bereits gepackt war.
 

Vi folgte ihrer Partnerin mit den Augen, konnte den Blick nicht von den perfekten Rundungen von Caitlyns Hüfte nehmen, von dem tiefen Rückenausschnitt des Kleides, der ihre Schulterblätter zeigte. Wie gerne wäre sie aufgestanden, hätte Caitlyn von hinten umarmt und den zarten, zum Teil von den hochgesteckten Haaren entblößten Hals geküsst. Natürlich war ihr auch vorher schon bewusst gewesen, dass Caitlyn schön war – und eigentlich sogar genau ihr Typ, wenn man mal von der unterkühlten Persönlichkeit absah – aber sie hatten sich bisher nun einmal meistens bei der Arbeit gesehen und da waren ihr solche Gedanken selten gekommen. Aber Caitlyn jetzt hier so zu sehen, raubte Vi einfach den Atem und ihr Herz schlug ihr mit einem Male bis zum Hals.

„Was ist, hast du plötzlich deine Zunge verschluckt?“, fragte Caitlyn und blickte Vi über die Schulter mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen an – und einem merkwürdigen Funkeln in den Augen, das Vi von ihr bisher nicht kannte. Und mit einem Mal wurde ihr klar, dass Caitlyn genau wusste, wie sie auf sie wirkte. Und dass ihr das gefiel.
 

Vi wollte dazu ansetzen, etwas zu sagen, stellte fest, dass ihr die Stimme fehlte, schluckte, räusperte sich kurz und meinte dann: „Ich komm‘ nicht drumrum, oder?“

Caitlyn schüttelte dezent den Kopf: „Keine Chance. Und wenn ich dich in Handschellen zum Rathaus bringen muss.“

Auch eine anregende Vorstellung, das musste Vi zugeben, dann jedoch seufzte sie und erhob sich vom Sofa. „Also gut.“ Sie schnappte sich den Anzug, den Caitlyn ihr besorgt hatte und machte sich daran, sich umzuziehen, ungeniert mitten im Wohnzimmer natürlich.

Caitlyn drehte ihr höflich den Rücken zu und beschäftigte sich damit, noch einmal den Inhalt ihrer Handtasche durchzugehen und Vi war auch irgendwie ganz dankbar dafür, denn Caitlyns Vorderansicht war beinahe noch verführerischer als der Rücken.
 

Das Hemd machte ihr jedoch mehr Probleme als erwartet und sie kämpfte mit den Knöpfen. Heute war ein schlechter Tag – ihre Finger hatten sich schon beim Aufstehen recht taub angefühlt, was wohl am gestrigen Boxtraining lag – und es fiel ihr schwer, die kleinen Knöpfe in die dafür vorgesehenen Löcher zu friemeln. „Scheiße nochmal“, fluchte sie vor sich hin und verfluchte zum bestimmt tausendsten Mal die Taubheit ihrer Fingernerven. So konzentriert war sie, dass sie nicht hörte, wie Caitlyn zu ihr hinüberkam und neben sie trat. „Komm, lass mich das machen“, meinte sie beinahe schon überraschend sanft und ohne Vorwurf oder Ungeduld in der Stimme. Ein wenig schämte sich Vi dafür, dass ihr solche einfachen Dinge Probleme bereiteten, doch die Nähe zu Caitlyn und ihr Geruch – sie trug heute ein anderes Parfüm – stiegen ihr zu Kopf und betäubten ihren Widerstand. „‘N Ordnung“, brummte sie gefügig und ließ zu, dass Caitlyn sich ihr gegenüber hinstellte, ihr rasch die Knöpfe des Hemdes schloss und schließlich noch den Kragen richtete.

Vi‘s Blick blieb an Caitlyns schön geformten Lippen hängen, die gerade richtig geschminkt waren und sie widerstand nur schwer dem Drang, sich nach vorne zu beugen, Caitlyn in die Arme zu schließen und sie einfach zu küssen. Aber das wäre sicherlich nicht besonders gut für das Arbeitsklima gewesen – also ließ sie solche Dinge wohl besser.

Was war denn überhaupt mit ihr los? War sie so heillos untervögelt, dass sie ihre Partnerin bespringen wollte? Caitlyn, die unterkühlte, korrekte Ordnungsfanatikerin, die sie beinahe jeden Tag zur Weißglut brachte?!
 

„So“, meinte Caitlyn schließlich und betrachtete Vi von oben bis unten, den Blick ein wenig skeptisch, die Lippen geschürzt.

„Was is? Willste mir noch die Haare hochstecken?“ Vi feixte und war dankbar, dass es ihr endlich gelungen war, sich wieder ein wenig zu fangen und zusammenzureißen. Sie war doch keine 15 mehr.

„Das dürfte schwer werden“, antwortete Caitlyn neutral, zog dann allerdings eine klappbare Haarbürste aus der Handtasche und begann, Vi‘s Wuschelschopf ein wenig zu bearbeiten und in angemessenere Bahnen zu bekommen, den unrasierten Ponyteil zumindest, der nicht in Dreadlocks endete.

Über Vi‘s Körper zog sich eine Gänsehaut, die ihr irgendwie… unangenehm war und die sie verlegen machte. Das war das erste Mal, an das sie sich erinnern konnte, dass jemand sie gekämmt hatte – oder sich überhaupt auf eine solche Weise um sie gekümmert hatte. Zuerst wollte sie sich wehren, doch dann hielt sie einfach still.
 

„So, jetzt siehst du präsentabel aus“, meinte Caitlyn, nachdem sie einen Schritt zurückgetreten war und ihr Werk betrachtet hatte. Mit einem knappen Nicken fügte sie hinzu: „Ich hatte den richtigen Blick – der Anzug steht dir gut.“

„Warum haste mir eigentlich `nen Anzug und kein Kleid geholt? Werden bestimmt nich viele Frauen im Anzug da sein“, meinte Vi ein wenig schief grinsend.

„Weil ich dich sicherlich hätte K.O. schlagen müssen, um dich in ein Kleid hinein zu bekommen, habe ich Recht?“, gab Caitlyn leicht schmunzelnd zurück.

Vi‘s Grinsen wurde zu einem kurzen amüsierten Lachen: „Da haste Recht, Partner. Also los, dann zeig‘ ich den ganzen Bürokraten-Typen mal, wie man ´n Glas Wein auf Ex trinkt.“

„Ich denke, da kann ich dir noch das eine oder andere beibringen“, antwortete Caitlyn kokett lächelnd.
 

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„Soviel zu `was beibringen´“, fluchte Vi und schleifte die halb bewusstlose Caitlyn, die ihr kraftlos über der Schulter hing, Stufe um Stufe nach oben. Zwar war Caitlyn eigentlich nicht besonders schwer, aber auch für Vi war es ein langer Tag gewesen und – verflucht nochmal – warum wohnte Caitlyn nochmal im 16. Stockwerk?!

„‘sch hätte den letzten Drink… nich mehr...“, begann Caitlyn und brach dann jedoch ab.

„Und ob de den hättest stehen lassen sollen“, knurrte Vi und setzte Caitlyn erleichtert seufzend auf einer Stufe ab, um den Schlüssel, den sie ihrer Partnerin schon unten an der Haustür abgenommen hatte, ins Schloss zu friemeln und die Wohnungstür aufzusperren. Als sie sich umdrehte, war Caitlyns Kopf gegen die Wand gesunken. Selbst im betrunkenen Halbdelirium sah sie noch immer bezaubernd aus: ihr Makeup war ein wenig verwischt – sicherlich wegen des Helmes, den sie für die Motorradfahrt getragen hatte – ihre Hochsteckfrisur verwuschelt, sodass ihr ein paar lose Strähnen um die schönen Gesichtszüge spielten, und ihr Ausdruck war entspannt und – hemmungslos betrunken. Vi musste ein wenig schmunzeln.
 

Auf der Feier, die exakt genauso schlimm gewesen war wie Vi es erwartet hatte, waren jede Menge Leute ziemlich interessiert daran gewesen, Caitlyn für ihren Erfolg zu gratulieren (Vi dabei natürlich nur mit verachtenden Blicken zu traktieren) und ihr Weinglas darauf zu erheben – und Caitlyn hatte mit jedem einen Schluck getrunken, dazu hatte sie sich wohl verpflichtet gefühlt. Und als sie gegen Ende hin gemeinsam an der Bar gesessen hatten und sich ein wenig entspannter unterhalten hatte, hatte sich Caitlyn mit dem letzten Cocktail selbst den Rest gegeben. Sie hatte sich dann bei einem anderen Mitglied der Wache verabschiedet, Caitlyn geschultert und sich auf den Weg gemacht, sie sicher nach Hause zu bringen. Unter keinen Umständen hätte sie sie dort alleine zurückgelassen, auch wenn Caitlyn das verlangt hatte – immerhin war der offizielle Anlass noch nicht zu Ende und sie konnte doch als Hauptperson nicht einfach früher gehen. Ezreal hatte ihnen grinsend hinterher geblickt, das hatte Vi noch aus dem Augenwinkel gesehen, sich jedoch entschieden, den arroganten Kerl zu ignorieren.
 

„Wir sind da“, meinte sie nun, während sie versuchte, sich Caitlyns Arm wieder über die Schulter zu legen. Diese jedoch fuchtelte unkoordiniert mit ihren Gliedmaßen herum und nuschelte: „Trag… mich...“ Vi rollte gespielt mit den Augen, nahm Caitlyn dann jedoch im Prinzessinengriff auf den Arm, um sie die letzten Meter in ihre Wohnung zu bringen. Ihre sonst so strenge und perfekte Partnerin so zu sehen war… erfrischend und… irgendwie süß. Und zu sehen, wie sie ihr erschöpftes Gesicht mit geschlossenen Augen vertrauensvoll gegen Vi‘s Brust legte, war… schön. Vi rann ein kurzer, angenehmer Schauer über den Rücken und ihr Herz klopfte heftig, während sie die Tür mit dem Fuß schloss und Caitlyn wie eine aus der Not gerettete Jungfer – einen unbezahbaren Schatz - in ihr Schlafzimmer trug, wo sie sie auf ihr Bett legte und sich für einen Moment neben sie auf die Matratze setzte.
 

Caitlyn war definitiv nicht mehr fähig, sich selbst umzuziehen oder sich gar abzuschminken, also würde Vi selbstlos das Gröbste für sie übernehmen. Umsichtig zog sie Caitlyn die hochhackigen Schuhe von den Füßen, auf denen ihre Partnerin gegen Ende des Abends ohnehin nicht mehr hatte laufen können, und friemelte ihr die Handtasche unter dem Körper hervor, um beides zu einem Stuhl neben dem großen Kleiderschrank zu bringen. Es war das erste Mal, dass sie Caitlyns Schlafzimmer betreten hatte. Das große Bett – groß genug für zwei Personen, wirkte gemütlich und besaß neben ein paar Dekokissen (Wozu verdammt brauchte man denn sowas?!) noch eine Tagesdecke. Auf dem Boden lag ein weicher Teppich, an der Seite gab es einen großen Einbaukleiderschrank nebst Stuhl und großem Spiegel. Dann noch ein Schminktisch, auf dem Caitlyns Makeup ordentlich aufgereiht war – sogar perfekt ausgerichtet und nach Größe und Farbe sortiert. Kurz überkam Vi der Gedanke, ob Caitlyn schonmal jemanden mit in dieses Bett gebracht hatte. Bestimmt – ihre Partnerin war wunderschön und bekam sicherlich oft genug passende Angebote. Irgendwie fiel es Vi schwer, sich Caitlyn beim Sex vorzustellen und kurz musste sie leise lachen, als ihr das Bild von einer strengen Caitlyn, die tadelnd zu ihrem Sexpartner aufblickte und ihm mitteilte, dass er das nicht ordentlich machte, vor Augen kam.
 

„‘S machst du…?“, fragte Caitlyn in diesem Moment müde und Vi drehte sich zu ihr um, um sich dann im nächsten Moment wieder neben ihr hinzusetzen. „Komm, wir müssen dich irgendwie aus dem Kleid rauskriegen. Da kannste nich drin schlafen“, meinte sie auffordernd.

„Geht schon...“, meinte Caitlyn, rollte sich dann aber doch alles andere als elegant und dabei Laute ausstoßend, die alles andere als sexy waren, auf den Bauch, damit Vi den Reißverschluss des Kleides öffnen konnte. Als sie Caitlyn das Kleid abstreifte und ihre schöne Spitzenunterwäsche zum Vorschein kam – der trägerlose BH, das perfekt die Konturen umfassende Höschen, überkam Vi kurz das Bedürfnis, Caitlyns Betrunkenheit auszunutzen, sie zärtlich zu berühren und mit ihr zu schlafen, dann jedoch erinnerte sie sich daran, wer sie beide waren und dass sie – der Gedanke überraschte sie selbst – dafür zu viel Respekt vor Caitlyn hatte. Also suchte sie aus dem Kleiderschrank, der VOLL mit den verschiedensten modischen Kleidungsstücken war, ein Nachthemd heraus, zog es der willenlosen Caitlyn über den Kopf und verfrachtete sie mühevoll unter die Bettdecke.
 

„Ist schön… dass du heute dabei warst“, brummte Caitlyn, als sie schließlich im Bett lag und aus trunkenen, verschleierten Augen zu Vi hinauf blickte.

„Hatte doch keine Wahl“, antwortete diese und ließ sich nochmal auf dem Bett nieder. Scheinbar wollte Caitlyn noch etwas loswerden, denn ihre Hände spielten beinahe ein wenig nervös mit dem Saum der Bettdecke.

„Ich… hatte selbst keine Lust hinzugehen“, erwiderte Caitlyn fast ein wenig beschämt. „Ich mag… solche Anlässe auch nich… besonders.“
 

Diese Aussage überraschte Vi ungemein. Sie zog eine Augenbraue hoch und überlegte, ob Caitlyn sie da gerade verscheißerte. Aber Betrunkene waren eigentlich immer ehrlich. „Warum das?“

„Ich weiß nich...“, antwortet Caitlyn ausweichend und zuckte unkoordiniert mit den Achseln. „Mochte ich schon als kleines Mädchen nich… Man muss zu jedem nett sein und freundlich und immer darauf achten, was man sagt und wie man wirkt...“, meinte sie dann jedoch schließlich. „Ich bin nich‘ gut in Smalltalk. Ich sag Leuten lieber... klipp und klar und ehrlich meine Meinung...“ Es fiel ihr offensichtlich schwer, ihr übliches Level an Artikulation zu halten, doch sie gab sich sichtlich Mühe und ihre schwere Zunge stolperte hier und da über Worte, die ihr sonst neutral und geübt von den Lippen glitten. Vi fand es niedlich.
 

„Dann haben wir was gemeinsam“, antwortete sie grinsend. „Ich auch.“

Caitlyn erwiderte das Lächeln ein wenig schüchtern. „Ich weiß… Das mag ich auch so an dir.“

Vi spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg und war dankbar dafür, dass es hier im Zimmer doch nicht ganz so hell war. Hoffentlich bemerkte Caitlyn das nicht – und wenn doch hatte sie es hoffentlich bis morgen früh vergessen.

„Du… magst das an mir?“, fragte sie schließlich mit leiser Stimme.

Caitlyn nickte langsam, spürte dann wohl jedoch, dass ihr Nicken nicht gut bekam und schien kurz zu schwindeln. „Ja… Du bist ehrlich und sprichst wie dir der Schnabel gewachsen ist… Ich bin aufgewachsen unter Leuten, die… gesellschaftlich geachtet waren. Die immer auf das achten mussten, was sie sagten. Eigentlich war nie jemand wirklich ehrlich zu mir. Auch heute...“ Sie machte eine kurze Pause und blickte Vi ehrlich an. „Auch heute passt jeder auf, was er in meiner Gegenwart sagt. Ich bin Sheriff. Und ich bin eine Chapman. Aber dir… dir is‘ das egal. Für dich bin ich einfach… ich… weißt du? Klingt dumm, ich weiß...“
 

Verlegen strich sich Caitlyn ein paar Strähnen aus dem Gesicht und löste bei der Gelegenheit fahrig ihre Hochsteckfrisur, sodass ihr ihre glatten, ein wenig wuscheligen Haare auf die Schultern fielen.

„Das… klingt nicht dumm“, antwortete Vi fast ein wenig atemlos und erneut schlug ihr Herz ihr bis zum Hals. Sie hatte nicht erwartet, dass Caitlyn so über ihr Verhalten dachte. Im Gegenteil, eigentlich hätte sie eher erwartet, dass ihre Partnerin von ihrer dauernden Direktheit genervt war. Aber scheinbar… war dem nicht so.
 

Ohne dass sie es verhindern konnte, hob Vi ihre Hand uns streichelte Caitlyn zärtlich über die Wange. „Mich interessiert nicht dein Familienname… oder dein Status, Caitlyn.“ Ihre Stimme wurde leiser und sie fixierte ihre Partnerin mit einem intensiven Blick, den diese nur erwidern konnte: „Nur du...“

Vi spürte, wie Caitlyns Wange wärmer wurde, als ihr die Röte in die Wange schoss, als sie trotz Betrunkenheit begriff, was Vi‘s Worte bedeuteten. „...Lieb… von dir“, meinte sie schließlich verlegen.
 

Der Drang in Vi, Caitlyn zu küssen, wurde immer stärker und sie konnte sich nur noch mit körperlicher Gewalt davon abhalten, ihm nachzugehen. Also löste sie die Hand von ihrer Partnerin und machte Anstalten, aufzustehen. „Ich sollte langsam heim.“

„Du hast doch auch getrunken… du solltest… nicht fahren“, meinte Caitlyn vorwurfsvoll und blickte Vi streng an – nun wieder ganz die Alte. Oder war das doch nur eine Ausrede? Vi wollte es gerne glauben.

„Ich hab uns doch auch hierher gebracht. Ich kann ordentlich was wegstecken, so hacke bin ich nich“, antwortet Vi feixend und wollte sich erheben, als sie die Hand ihrer Partnerin an ihrem eigenen Handgelenk spürte.
 

„Geh nicht...“, flüsterte Caitlyn atemlos und sah Vi mit einem Blick an, der eine verwirrende Mischung aus Trunkenheit, Verlegenheit, Offenheit und… noch etwas anderem darstellte.

Vi schluckte. Mehrfach. Es wäre gerade so einfach, Caitlyns Situation auszunutzen und sich das zu nehmen, was sie so sehr wollte.
 

Aber es war nicht richtig.
 

Und verdammt nochmal, einmal im Leben wollte Vi das Richtige tun. Also streichelte sie Caitlyn kurz über die Hand, lächelte ihr zu und meinte: „Dann bleib ich hier. Aber ich schlaf auf der Couch. Und du haust dich jetzt besser hin, du siehst völlig fertig aus.“ Ihre Stimme war sanft und auch ihre Hand war sanft, als sie Caitlyns schwachen Griff löste.

Diese seufzte ein wenig unwillig, fügte sich aber dann ihrem Schicksal: „Ist gut...“
 

Caitlyn rutschte unter ihre Bettdecke und schloss die Augen, um zu schlafen. Lange würde es bestimmt nicht dauern, bis sie eingeschlafen war – und morgen würde sie sich sicherlich an nichts erinnern. Und vielleicht war das auch besser so, auch wenn es Vi bei dem Gedanken daran das Herz zusammenzog, als sie die Schlafzimmertür von außen schloss, sich eine der ordentlich zusammengefalteten kuscheligen Decken von Caitlyns Couch nahm und sich auf eben dieser langmachte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo, ihr Lieben.

Lang her seit dem letzten Kapitel - tut mir Leid *verbeug
Ich hoffe, die Länge des Kapitels entschädigt das ein wenig. Ich hoffe, dass ich das nächste Kapitel etwas schneller gebacken bekomme!

Lasst mir gerne Kommentare und Feedback da! Würde mich freuen!

Vielleicht noch ein bis zwei Kapitel, dann gehts zum ersten Mal ans Eingemachte, wenn ihr versteht, was ich meine *zwinker XD Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Darkdragon83
2017-08-04T21:13:57+00:00 04.08.2017 23:13
uh sehr schön das es weiter geht und noch viel schöner, dass die beiden sich langsam näher kommen! Weiter so, gerne auch mit kürzeren Pausen ;)
Antwort von:  Leilan
05.08.2017 01:04
Danke dir! Und ich geb' mir Mühe! ^^
Von:  obelix
2017-08-04T05:06:16+00:00 04.08.2017 07:06
Das Kapitel war gut und interessant. Was Alkohol alles anstellt 😉.Macht nix wenn es gedauert hat Hauptsache es wird weiter geschrieben. Mfg obi
Antwort von:  Leilan
04.08.2017 15:26
Danke dir für den Kommentar! Weitergeschrieben wird auf jeden Fall! :D


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