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Sherrys Schatten

von

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„Du kannst mir nicht entkommen!“

 

Eine schwarz gekleidete Person bog um die Ecke, sah sich um und entdeckte das Blut an der Mauer. Sie hob eine Waffe und lief  in eine Seitenstraße, welche die einzige Option zur Flucht ihrer Zielperson bot.

 

„Anfänger.“

 

So ganz richtig war das gezischte Flüstern des jungen Mannes, der sich hinter einem Müllcontainer versteckt hatte allerdings nicht. Langsam nahm er die Hand von der Seite. Selbst in dem erbärmlichen Licht der Beleuchtung über dem Hintereingang der Disco konnte er das viele Blut sehen.

 

„Zum Glück ist das nicht mein guter Anzug.“

 

Wieder presste er die Hand auf die Verletzung und sah sich um. Seinen Verfolger hatte er auf eine falsche Spur gelenkt. Vorerst. Er musste so schnell wie möglich hier weg, aber das Laufen schmerzte mit jedem Schritt. Er biss die Zähne zusammen und machte sich auf den Weg zu dem sicheren Platz, den er sich vor der ganzen Aktion vorsichtshalber ausgesucht hatte. Er hatte gewusst, dass es zu gefährlich war, um ohne Rückendeckung in die Höhle des Löwen zu gehen, aber er hatte die Chance nicht verstreichen lassen können. Wenn sein Verfolger zurückkam, um doch noch mal die Umgebung zu untersuchen, dann hätte er keine Chance mehr zu entkommen.

 

~~~~

 

„Und ich war so froh, dass ich das hinter mir habe.“

 

Seufzend klappte Conan das Heft zu. Diesen Gedanken hatte der Oberschülerdetektiv mittlerweile öfters gehabt, als er die langweiligen Themen, derer er sich entledigt glaubte, jetzt als „Kind“ erneut durchnehmen musste. Zumindest diese Hausarbeit hatte er jetzt endlich fertig.

 

Als sein Handy plötzlich auf dem Tisch vibrierte, zuckte er erschrocken zusammen. Er hatte es extra auf Vibration gestellt, um nicht aus der Konzentration gerissen zu werden und jetzt erschreckte er sich darüber! Ein Blick auf das Display zeigte nur den Hinweis, dass von einer unbekannten Nummer aus angerufen wurde.

 

„Ja? Hallo?“

 

Am anderen Ende hörte Conan erstmal nichts, bevor er etwas knarzen hörte.

 

„Hallo? Wer ist denn da?“

„Hey Meisterdetektiv! Darfst du um diese Zeit überhaupt noch auf sein?“

 

Conan erkannte nicht nur die Stimme sofort, er bemerkte auch den seltsam gepressten Unterton. Er lief zur Tür, öffnete sie kurz und hörte Ran im Wohnzimmer mit ihrem Vater diskutieren. Er schloss die Tür wieder und wandte sich erneut dem unerwarteten Anrufer zu.

 

„Kid? Was ist los? Wieso rufst du mich an?“

 

Woher hatte der Kerl überhaupt seine neue Nummer? Nach ihrem letzten Fall hatte Kogoro sämtliche Nummern von ihnen gewechselt. Eine hartnäckige Verehrerin des großen Kogoro hatte ihre Nummern herausgefunden und ständig angerufen.

 

„Tja, wie soll ich sagen Kudo, ich hab da so ein…kleines Problem und könnte deine Hilfe brauchen. Ich kann ja schlecht zur Polizei.“

„Wo steckst du und was ist passiert?“ Conan gefiel der Ton des Diebes nicht.

„Das abgebrannte Juweliergeschäft.“

„Wieso ausgerechnet da? Das Ding ist einsturzgefährdet!“

„Die Umstände Kudo. Und bring einen Verbandskasten mit.“

„Was ist passiert?“

 

Statt einer Antwort hörte er nur den Ton der ihm signalisierte, dass Kid aufgelegt hatte.

 

„Scheiße!“

 

Wenn Kid ihn anrief und auch noch einen Verbandskasten brauchte, musste schon etwas gewaltig schief gelaufen sein. So sehr er den Dieb auch fassen wollte, sie hatten beide zu viel Respekt voreinander, um sowas nur zum Spaß abzuziehen. Conan steckte das Handy ein, schnappte sich seine Jacke und ging leise ins Badezimmer, um den Verbandskasten von dort zu holen. Er griff sich den Kasten, lief zur Wohnungstür und hatte gerade seine Schuhe angezogen, als er jemanden im Flur hörte.

 

„Wo willst du hin?“ Rans Stimme war streng und Conan hielt in der Bewegung inne.

„Ich…will nur noch kurz zu Genta.“ Conan drehte sich mit einem möglichst unschuldig wirkenden Lächeln zu ihr um.

„Um diese Zeit? Kommt gar nicht in Frage!“

„So spät ist es doch noch gar nicht! Es dauert auch nicht lange.“

„Es ist spät genug. Du triffst ihn doch ohnehin morgen in der Schule. Bis dahin wird es ja wohl warten können, was auch immer du noch vorhast. Und was willst du überhaupt mit dem Verbandskasten?“

„Wir halten doch morgen unseren Vortrag in Sport. Über Sportverletzungen. Da ist mir vorhin eingefallen, dass es doch nicht verkehrt wäre, wenn man da mal über den Erste-Hilfe-Kasten spricht.“

„Aber ist euer Thema nicht Muskeln und Muskelverletzungen im Sport?“

„Schon, aber das schließt sich doch nicht aus! Da kann doch so viel passieren! Weißt du noch, wie sich Ayumi den Knöchel verstaucht hat beim Weitsprung?“

„Naja, schon. Aber ich denke nicht, dass ihr sowas machen müsst.“

 

Conan lief die Zeit davon. Da kam ihm ein Gedanke und ausnahmsweise war er froh, dass er wie ein Kind aussah.

 

„Aber ich dachte, dass wäre praktisch.“ Conan verzog enttäuscht die Miene, als hätte Ran gerade einen genialen Plan eines Kindes vereitelt, dass total stolz darauf war, auch etwas Ungewöhnliches einbezogen zu haben.

„Mensch Conan, zieh doch nicht so ein Gesicht. Ihr könnt doch morgen vor dem Sportunterricht noch darüber reden. Ich bin mir sicher, Frau Natsuya hat nichts dagegen, wenn ihr ein bisschen improvisiert.“

„Du kennst doch Genta. Der ist doch ohnehin immer so nervös bei sowas, wenn es nicht gerade ums Essen geht. Wenn ich ihm erst morgen damit komme, dann geht das doch nur schief.“

 

Ran sah ihn an und zögerte eine Weile.

 

„Na schön. Aber in spätestens einer Stunde bist du wieder hier! Es ist schon fast dunkel draußen.“

„Du bist super Ran!“

 

Conan umarmte das Mädchen, wie es ihm bei seiner Größe eben möglich war und tadelte sich im selben Moment, dass er seine Freundin so hinterging. Und dann musste er tatsächlich später nochmal zu Genta.

 

Er verabschiedete sich von Ran und verließ die Wohnung. Mit dem Skateboard, das ihm Professor Agasa gebaut hatte, erreichte er das ausgebrannte Geschäft ziemlich schnell. Es war auch nicht weit von der Detektei entfernt.

 

Die Feuerwehr hatte das Geschäft abgeriegelt. Vorsichtig suchte sich Conan einen Weg hinein. Er schaltete die Taschenlampe seines Narkosechronometers ein und suchte in dem Schutt nach einem Hinweis auf Kid. Das Feuer hatte ziemlich gewütet. Kein Wunder, denn immerhin hatte eine der Angestellten des Juweliers aus Rache für ihre Kündigung Benzin ausgekippt und das Geschäft in Brand gesteckt. Zum Glück war niemand hier gewesen, aber der Brandinspektor hatte nach eingehender Untersuchung das Gebäude für einsturzgefährdet erklärt. Die benachbarten Geschäfte waren ebenfalls übel in Mitleidenschaft gezogen worden. Von den Vitrinen und Schaukästen waren nur noch die Gestelle übrig und überall lagen noch Glassplitter, die unter Conans Schritten knirschten.

 

Sein Lichtkegel fiel auf eine Tür, die zum Hinterzimmer führte und die nur angelehnt war. Die Feuerwehrleute hatten die Tür sicherlich nicht noch fast zugezogen. Als er die Tür zur Seite drückte knarzte es. Ganz genauso hatte es geklungen als er mit Kid telefoniert hatte! Er musste hier irgendwo sein. Er ließ den Lichtstrahl durch den Raum wandern und kniff überrascht die Augen zu, als das Licht plötzlich zurückgeworfen wurde und ihn blendete.

 

„Blöder Spiegel!“

 

Conan stutzte. Hier war so ziemlich alles kaputt. Wieso also stand da ein intakter Spiegel? Er hatte den Lichtstrahl gesenkt und ging sah ihn sich näher an. Als seine Hand die Oberfläche berührte, fiel der Spiegel in sich zusammen. Er brauchte einen Moment, um zu begreifen, was er da sah. Oder vielmehr, wen er da sah.

 

„Kid?“

„Hast ja lange gebraucht Kudo.“

 

Der Dieb saß an der Wand gelehnt auf dem Boden und hielt sich die Seite. Vor Conans Füßen lag ein ziemlich dünner Stoff. Scheinbar hatte Kid eine Art Spiegelfolie daran befestigt und irgendwie an der Decke befestigt. Erst jetzt bemerkte Conan den dunkel verfärbten Stoff an Kids Seite, kniete neben ihm nieder und legte sein Skateboard zur Seite.

 

„Was ist passiert?“

„Mein Plan ist nicht ganz aufgegangen.“

„Nicht ganz aufgegangen? Auf dich wurde offensichtlich geschossen!“

 

Conan hatte Kids Hand und Jacke zur Seite geschoben und erkannte das viele Blut auf dem weißen Hemd des Diebes. Das Loch in selbigem hatte ihm alles Nötige dazu gesagt. Seine Taschenlampe spendete nicht besonders viel Licht, weshalb er mit der Hand die gegenüberliegende Seite der Wunde abtastete um zu sehen, ob es sich um einen Durchschuss handelte oder nicht.

 

„Die Kugel ist nicht durchgegangen. Du musst damit ins Krankenhaus!“

 

Der Junge öffnete den Verbandskasten und begann, einen Druckverband anzulegen.

 

„Du weißt, dass das nicht geht.“

„Kid, das ist ein Steckschuss und du hast eine Menge Blut verloren! Ich bin kein Arzt verdammt noch mal!“

„Wenn ich ins Krankenhaus gehe, melden die das der Polizei und das würde nicht nur mich in Gefahr bringen, sondern auch deine Freunde Kudo.“

 

Kid sah ihn ernst an.

 

„Wer hat auf dich geschossen?“

„Eine völlig in Schwarz gekleidete Person.“

 

Conan hielt geschockt inne und sah den Dieb bestürzt an.

 

„Wie bitte? Was ist passiert?“

„Nicht hier. Wir müssen hier weg, danach erzähl ich dir alles.“

 

Conan sah den Dieb an und dachte einen Moment nach. Er machte keine Witze und wenn die Männer in Schwarz involviert waren, und der Verdacht lag bei Kids Äußerung nahe, mussten sie schnell hier weg. Er griff in seine Tasche und drückte eine Taste auf seinem Handy, die mit einer Kurzwahl belegt war.

 

„Professor? Ich brauche Ihre Hilfe. Nein, sofort.“

 

~~~

 

„Wie geht es ihm Professor?“

„Naja, er sollte besser in ein Krankenhaus wenn du mich fragst. Er hat nicht gerade wenig Blut verloren und die Wunde könnte sich entzünden.“

„Zum Glück hatten Sie noch eine Blutkonserve von Haibaras Arbeit da.“

 

In letzter Zeit hatte Ai die Forschung nach einem Gegenmittel zu Apoptoxin 4869 wieder aufgenommen. Der Professor hatte ihr einige Blutkonserven zur Forschung organisiert. Welchen Ansatz sie diesmal verfolgte, hatte sie allerdings nicht verraten.

 

Nachdem der Professor Conan und Kid über einen Umweg zu Shinichis Haus gefahren und sich um die Verletzung des Diebes gekümmert hatte, war Kid eingeschlafen.

 

„Hältst du es für eine gute Idee, ihn hier zu verstecken Shinichi?“

„Haben wir eine andere Wahl? Im Krankenhaus verständigen sie bei Schussverletzungen immer die Polizei und dadurch könnten die Männer in Schwarz darauf aufmerksam werden.“

„Aber was hat Kid mit ihnen zu tun?“

 

Der Professor blickte über seine Schulter hinweg durch die Tür ins Gästezimmer.

 

„Ich weiß es nicht. Aber er hatte meine neue Nummer und ohne Grund würde er mich nicht anrufen. Und er hätte auch nicht extra betont, dass der Schütze ganz in Schwarz gekleidet war. Erst recht nicht aus Spaß. Er hat nur noch erwähnt, dass sein Plan nicht aufgegangen sei. Ich frage mich nur, was Kid mit denen zu tun hat.“

„Nun, eine kriminelle Organisation braucht immer frisches Geld. Vielleicht ist Kid ihnen dabei in die Quere gekommen.“

 

Was hatte Kid vorgehabt? War er wieder irgendwo eingebrochen oder hatte er sein nächstes Ziel auskundschaften wollen? Conans Blick fiel auf die Uhr im Flur.

 

„Verdammt, ich muss noch zu Genta.“

„Um diese Zeit?“ Professor Agasa sah den Jungen erstaunt an.

„Genta ist mein Alibi für den Verbandskasten. Tun Sie mir einen Gefallen und passen Sie auf Kid auf. Ich versuche mich nachher wegzuschleichen.“

„Wenn du unbedingt willst, dann bleibe ich hier. Aber vor morgen früh wird er wohl kaum wieder aufwachen.“

 

Der Junge sah erneut zu seinem ungebetenen Gast. Er hätte Kid ohne Probleme der Polizei ausliefern können. In seinem Zustand wäre er kaum in der Lage gewesen, einen seiner Tricks zu benutzen. Der Professor hatte wohl Recht. Besser er ließ Kid bis morgen in Ruhe. Vielleicht stand ja dann auch irgendwas in der Zeitung, was ihm einen Hinweis darauf gab, was Kid diesmal vorhatte. Von den Männern in Schwarz würde dort nichts drinstehen, aber vielleicht irgendetwas, was man mit ihnen in Verbindung bringen konnte. Und so wollte er Kid auch nicht schnappen. Er war ein Dieb, aber er gehörte zu den wenigen Verbrechern, die sowas wie einen Ehrenkodex hatten und keine Unschuldigen in Gefahr brachten. Jedenfalls nicht mit Absicht. In der Regel waren seine Opfer auch nicht arm oder hatten bereits ordentlich was auf dem Kerbholz. Trotzdem schien Kid etwas anderes anzutreiben als ein moderner Robin Hood sein zu wollen. Und dass es ihm nicht um Geld ging, hatte er oft genug bewiesen. Alleine das Ei des Zaren Nikolaus war unbezahlbar. Und dabei war der ideelle Wert für seine Nachfahrin nicht mal berücksichtigt gewesen.

 

„In Ordnung Professor. Ich denke nicht, das Kid Ärger machen wird. Falls doch, rufen Sie mich an.“

 

Conan schnappte sich einen Verbandskasten aus seinem Badezimmer, da sie für Kids Behandlung den von Ran ordentlich geleert hatten. Zum Glück war es von hier aus nicht allzu weit zu Genta.

 

~~~

 

„Was? Du willst morgen Verbandskram mit ins Referat nehmen? Wieso das denn? Das brauchen wir doch gar nicht!“

 

Genta zeterte noch eine ganze Weile herum, bis Conan ihn mit der Aussicht auf einen Schokoladenpudding zum Nachtisch in der Mittagspause überzeugen konnte. Und das ganze Theater nur um ein Alibi zu haben. Ein Alibi das verbergen sollte, dass er einem der meistgesuchten Diebe Japans Unterschlupf gewährte.

 

~~~

 

Der nächste Tag zog sich für Conan wie Kaugummi. Vor der Schule hatte er mit Professor Agasa telefoniert und Kid war noch nicht wieder aufgewacht. Das Sportreferat lief wie erwartet chaotisch ab, als Conan an Genta verschiedene Erste-Hilfe-Techniken demonstrierte. Ihre Sportlehrerin war aber von der Weitsicht der beiden Jungen so begeistert, dass sie ihnen nicht nur eine Eins gab, sondern sie auch für den Rest des Monats von sämtlichen Auf- und Abbauarbeiten befreite. Für Genta war der Schokoladenpudding trotzdem das Highlight des Tages.

 

~~~

 

„Sie überraschen mich, Professor. Zuerst Arzt und jetzt Koch. Sind Sie zufällig auch Schneider?“

 

Kid grinste den Professor  zum gefühlt hundertsten Mal mit diesem überheblichen Ausdruck an. Unter normalen Umständen hätte Professor Agasa ihn wohl zurecht gewiesen, aber der Dieb hatte schon Schwierigkeiten gehabt, überhaupt genug Kraft aufzubringen um sich aufzusetzen.

 

„Nur weil deine Kochkünste bescheiden zu sein scheinen und du dich anschießen lässt, muss das ja noch lange nicht für andere gelten.“

 

Mit einem Lächeln sah Kid zur Tür. Der kleine Detektiv hatte die Arme vor der Brust verschränkt und wirkte leicht gereizt.

 

„Oh, ich kann ziemlich gut kochen. Ich hätte nur nicht gedacht, dass der Professor so universell begabt zu sein scheint. Und dich hätten die Frau in Schwarz wohl ebenfalls getroffen.“

 

„Frau? Erzählst du mir jetzt endlich was passiert ist?“

 

„Tja Kudo, nachdem ein Typ in Schwarz deinen Namen gesagt hat und die Schützin fragte, wie du denn überlebt haben solltest, da wurde ich neugierig.“

 

Conan und Agasa erstarrten.

 

„Was sagst du da? Bist du sicher, dass du dich nicht verhört hast?“

 

Der Professor hatte jede Farbe im Gesicht verloren. Nur eine Hand voll Menschen wusste, dass Conan Edogawa eigentlich Shinichi Kudo war. Kid hatte es durch Zufall rausgefunden. Aber wenn die Männer in Schwarz es nun auch wussten…also mehr als jene, die entweder tot waren oder ihr Wissen noch zurück hielten, konnte es sehr gefährlich werden.

 

„Ganz sicher. Der Typ in Schwarz mit den langen Haaren schien ziemlich wütend zu sein und wollte die Frau noch am Nachmittag hinter dem Museum treffen.“

 

„Lange Haare?“

 

„Ja und der Kerl sah ziemlich finster aus. Er hat sich mit dieser Frau in Schwarz getroffen und die hat ihn ziemlich angezickt. Sie meinte, das Gift hätte bei dir gar nicht tödlich wirken können. Da war auch noch so ein bullig aussehender Kerl in Schwarz dabei. Der schien die Frau am liebsten gleich kalt machen zu wollen.“

 

Conan starrte den Dieb sprachlos an. Der Beschreibung nach musste der langhaarige Gin sein und der andere war dann wohl Wodka gewesen.

 

„Was hat die Frau noch gesagt?“

 

Wer auch immer sie war, sie schien etwas über das Gift zu wissen, das ihn geschrumpft hatte und dass ihm vielleicht dabei helfen konnte wieder er selbst zu werden.

 

„Sie hat die anderen beiden ganz unverhohlen bedroht. Sie meinte, sie würde damit zum Boss gehen. Sie hätte Beweise, dass du noch lebst. Der Kerl hat sie dann gefragt, was sie will, aber sie meinte, sie würde es nur dem Boss sagen. Dann ist sie gegangen und ich bin ihr gefolgt. Sie hat dann nochmal mit jemandem telefoniert und meinte, sie würde erst später wieder ins Labor kommen, weil sie den Boss in der Ausstellung treffen würde.“

 

Je mehr Kid erzählte, desto unwohler wurde Conan. Der Boss der Organisation war hier? Er suchte nach Anzeichen, das Kid ihn auf den Arm nahm, aber der Dieb sah ihn ernst an.

 

„Zurzeit gibt es nur eine Ausstellung hier, die genug Leute anzieht um nicht groß aufzufallen.“

„Winterwunderland. Gemälde und Juwelen im Zeichen des Winters.“ Professor Agasa sah Kid mißtrauisch an.

 

„Richtig. Eigentlich wollte ich da…etwas erledigen, aber die ganze Angelegenheit hat meine Pläne geändert. Die Frau hat ziemlich aufgepasst und ich dachte mir, du würdest so viele Informationen wie möglich haben wollen.“

„Wieso Kid? Wieso hilfst du mir?“

„Wenn du mich schon schnappen willst, dann bitte als Oberschülerdetektiv Shinichi Kudo und nicht als Naseweis Conan Edogawa. Ich glaube, das ist auch in deinem Interesse. Außerdem habe ich nicht vergessen, wozu die Kerle fähig sind.“

 

Conan nickte nur. Da war kein Zweifel oder irgendein Anzeichen für eine Täuschung in Kids Stimme oder Miene.

 

„Was hast du sonst noch gehört?“

„Der Boss ist wohl nicht aufgetaucht. Die Frau hat sich ziemlich aufgeregt, als sie mit jemandem telefoniert hat. Ich vermute mal mit dem langhaarigen Typen, weil sie sagte, er hätte ihn doch irgendwie überredet nicht zu kommen. Dann hat sie wieder von den Beweisen geredet und das er das bereuen würde. Ich bin ihr dann zu einem Bürogebäude gefolgt und dort scheint sie zu arbeiten.“

„Was für ein Bürogebäude war das?“

 

Conan gefiel die Idee nicht, dass die Organisation möglicherweise einen größeren Stützpunkt in der Nähe hatte.

 

„Das Tokyo Development Building.“

„Das ist doch das Hauptgebäude des neuen Forschungscampus. Da sollten eigentlich keine Verwaltungsbüros sein, sondern nur Forschungseinrichtungen der Universität.“

 

Conan zog überrascht eine Augenbraue hoch.

 

„Das ist nicht ganz richtig. Die Universität hatte doch lange keine Genehmigung bekommen, bestimmte Bereiche dorthin umzuziehen wegen der strengen rechtlichen Vorschriften. Das hat die ganze Planung durcheinandergebracht, da einige Forschungsarbeiten nicht wegen dem Umzug unterbrochen werden dürfen. Der Stadtrat und das Rektorat der Universität haben daraufhin vereinbart, dass die dadurch leer stehenden Etagen bis zum Ende des nächsten Jahres an externe Forschungsunternehmen vermietet werden, bis die Lehrstühle der Uni dort ihre Labore beziehen können.“

 

„Achja, richtig. Die Versuchskaninchen für die Uni hatte ich ganz vergessen.“

 

„Da hatte sich der Bürgermeister ja ziemlich unbeliebt gemacht, als er die externen Unternehmen so bezeichnet hat. Auch wenn er damit irgendwie recht hat.“

 

Kid konnte sich ein dreckiges Grinsen nicht verkneifen und auch Conan und der Professor konnten nicht anders. Tagelang wurde es von der Presse breitgetreten, dass der Bürgermeister die Unternehmen so bezeichnet hatte, weil sie ja nur für die Universität die technischen Anlagen testeten und in der kurzen Zeit ja kaum selber forschen konnten. Er hatte sich dann später, nachdem ein Pharmakonzern mit einer Vertragskündigung drohte, zähneknirschend entschuldigt.

 

„Aber sind da wirklich Büros drin?“ Conan hatte nur mitbekommen, dass die Vermietungen für Forschungslabore gelten sollten.

„Naja, von Innen macht es den Eindruck. Aber ich vermute mal das war geplant, dass in den Eingangsbereichen der Etagen nicht sofort die Labore sind. Allerdings waren die Sicherheitsmaßnahmen bei ihrem Bereich höher. Die ist im sechsten Stock ausgestiegen. Das ist ein geteilter Bereich. Wenn man den Aufzug verlässt, liegt auf der rechten Seite so ein Medizin-Plaza. Irgendwelche Spezialisten für Kinderheilkunde und –psychologie von diesem Kinder-Herz-Zentrum. Links gehört es offiziell einer Firma, die angeblich an künstlichem Blut forscht, das man als Echtblutersatz für Bluttransfusionen nehmen kann. Jedenfalls wenn ich das richtig verstanden habe.“

 

„Waren die Sicherheitsmaßnahmen im ganzen Gebäude hoch?“

„Nein, nur in der sechsten Etage, das ist ja das Seltsame. Eigentlich ist das Gebäude mehr auf Sicherheit bezüglich chemischer Unfälle ausgelegt mit den ganzen Abzugsanlagen und so weiter. Aber die Sicherheitsmaßnahmen bei dieser Firma sind aufgestockt worden mit Keycard-Zugängen und zusätzlich gesicherten und überwachten Bereichen. Lediglich an den Luftschächten konnten die nichts machen, weil die vom Leitstand im Erdgeschoss überwacht werden.“

„Wie bist du da reingekommen?“

 

Manchmal überraschte es den Detektiv schon, wie sich Kid immer wieder irgendwo einschleichen konnte.

 

„Ein Vogel im Schacht kann ziemliches Chaos auslösen. Und er kann nebenbei ein paar Wege auskundschaften.“

 

Wieder hatte Kid sein typisches Grinsen aufgesetzt und Conan musste ebenfalls grinsen. Er hatte von dem Vogel im Schacht in der Zeitung gelesen.

 

„Naja, öffentlich einsehbare Pläne waren sicher auch hilfreich“, konterte der Junge.

„Ist ein öffentlicher Bau. Wieso sollte ich mir da unnötige Arbeit machen? In den hinteren Bereich bin ich jedenfalls nicht reingekommen. Aber ich hab was mitgenommen.“

 

Kid zog einen USB-Stick aus seiner Tasche und hielt ihn Conan entgegen.

 

„Was ist da drauf?“

„Keine Ahnung, aber dafür gab es wohl die Kugel.“

„Die haben dich erwischt? Dann haben die die Sicherheitsvorkehrungen sicher erhöht.“

 

Conan nahm den Stick und ging zu seinem Laptop.

 

„Naja, sie hat nicht dort auf mich geschossen. Das war woanders. Sie dürfte nicht wissen, dass ich den habe.“

„Hm, das ist verschlüsselt. Muss wichtig sein.“

 

Conan konnte den Ordner auf dem Stick nicht öffnen. Jedenfalls nicht sofort. Vielleicht konnte da sein selbstgeschriebenes Programm etwas ausrichten, dass er in den letzten Monaten weiter entwickelt hatte. Er startete das Programm und wählte den Stick als Zielort aus.

 

„Das kann dauern.“ Conan tippte ungeduldig mit dem Finger auf dem Tisch herum.

 

„In dem Büro in dem ich war gab es noch einige Ordner. Ich hatte aber nicht die Zeit, mich da näher umzusehen. Die waren aber alle nur mit Ziffern beschriftet.“

„Hm, vielleicht Projektnummern.“

„Möglich. Als Kind kommt man da jedenfalls leichter rein.“

 

Kid sah den Schüler vielsagend an.

 

„Wieso?“

„Der Luftschacht in dem ganzen Gebäude ist so klein, dass nur ein Kind sich dadurch bewegen kann. Aber der führt auch in das Büro. Und von da aus gibt es eine Schachtverzweigung in den hinteren Teil der Etage, in den ich nicht reinkam. Da ist wahrscheinlich der interessantere Kram.“

 

„So, ich soll also deine Arbeit machen?“

 

Conan lächelte. Er wusste, worauf Kid eigentlich hinaus wollte. Wenn die Schächte ungesichert und zu klein für Erwachsene waren, dann gab es vielleicht doch einen Weg hinein und wieder raus.

 

„Wieso meine Arbeit? Ich habe was ich wollte. Da ist nur was für dich zu holen. Allerdings wäre es zu auffällig, wenn du da alleine hingehst. Die Kinderklinik ist aber ganz praktisch. Man kommt ohne Termin rein.“

 

„Professor?“

„Schlechte Idee Kudo. Es sollte schon jemand sein, der dir im Problemfall durch den Eingang zur Firma folgen und es mit der Security aufnehmen kann, falls die da welche haben. Sah allerdings mehr nach Kameras aus. Nichts desto trotz besser jemand…agileres. Nichts für ungut Professor.“

 

Professor Agasa schnaubte nur und nuschelte etwas in seinen Schnurrbart.

 

„Ich geh mal telefonieren. Überleg dir schon mal, was noch nützlich sein könnte Kid.“

„Einen Plan hab ich schon, kümmre du dich um die Verstärkung.“

 

Conan verließ das Zimmer und ging in die Küche, während er einen bestimmten Kontakt in seinem Adressbuch auf dem Handy suchte und anrief.

 

„Hey, alter Schlawiner! Hast du Sehnsucht nach richtigem Essen oder warum rufst du an?“

„Ich brauch deine Hilfe Heiji. Dringend.“

„Was ist passiert? Wie dringend?“

„Ich bin anscheinend aufgeflogen. Allerdings weiß ich nicht, wie viele von denen jetzt Bescheid wissen.“

„Die Organisation?“

„Ja. Kannst du herkommen? Am besten noch heute.“

 

Am anderen Ende hörte Conan den anderen Detektiv tippen.

 

„Der nächste Flug geht in einer halben Stunde, den krieg ich locker. Der braucht eineinhalb Stunden bis Tokyo.“

„Gut, bring was zum Verkleiden mit, was dich älter macht. Du musst meinen Vormund spielen.“

„Vormund? Was genau ist der Plan?“

„Erzähl ich dir nachher, ich brauch noch weitere Informationen von Kid.“

„Kid? Kaito Kid? Was hat der damit zu tun?“

„Dank ihm weiß ich, dass meine Tarnung aufgeflogen ist.“

„Du hast echt komische Verbündete, weißt du das?“

„Ja, denn du bist einer davon.“ Conan grinste.

„Idiot. Okay, ich mach mich auf den Weg. Schick mir die Adresse.“

„Gut, schick ich dir nachher, wenn ich mehr weiß. Danke schon mal Heiji.“

„Kein Ding. Aber pass auf dich auf. Wenn du aufgeflogen bist, könnte das echt hässlich werden. Wo sind Ran und die Kinder?“

„Nicht hier, alles okay.“

„Also gut, bis nachher.“

 

Conan legte auf und sah das Handy einen Moment an. Schon seltsam, wie eng ihre Freundschaft mittlerweile war. Und das durchaus auch aufgrund der Tatsache, dass Heiji sein Geheimnis gelüftet hatte. Er ging zurück zu Kid, um sich seinen Plan erklären zu lassen. Immerhin hatte er die Vorarbeit bereits erledigt.

 

~~~~

 

„Ich bring dich um Heiji.“

 

Conan drehte sich um und wurde dann durch einen Blitz geblendet.

 

„Also ich finde, du siehst total süß aus in dem gelben Kleid und mit der Perücke. Die Zöpfe würden Ran bestimmt auch gefallen.“

 

Der Oberschüler grinste und hielt rechtzeitig das Handy hoch, bevor Conan es in die Hände bekam.

 

„Du sagtest, ich soll die Verkleidung organisieren.“

„Ja, für dich du Idiot!“

„Denk dran was Kid gesagt hat. Wenn du wirklich aufgeflogen bist, kommst du als Mädchen besser durch.“

 

Heiji hatte die Stimme gesenkt. Zugegeben, der Anblick war göttlich, aber er war sich sicher, dass es besser war Conan als Mädchen einzuschleusen.

 

„Ja, ist ja gut.“

„Also im sechsten Stock?“

„Richtig. In die Praxis kommt man ohne Termin und von da komme ich in den Luftschacht. Du bist dann mein Backup in dem Eingangsbereich des Fahrstuhls zwischen den beiden Bereichen.“

„Ich halte nicht viel von Kids Plan. Das klingt zu einfach.“

„Die Räume wurden noch nicht lange benutzt. Das ist jedenfalls nicht deren neue Zentrale. Wer weiß, wozu die da eingezogen sind. Länger als bis Ende nächsten Jahres können die nicht da bleiben. Wahrscheinlich ist es nur für ein Projekt. Gehen wir.“

 

Die beiden betraten das Gebäude und fuhren mit dem Fahrstuhl in den sechsten Stock. Es sah genauso aus, wie Kid es beschrieben hatte. Die beiden betraten die Praxis und wurden von einer Sprechstundenhilfe begrüßt.

 

„Guten Tag. Haben Sie einen Termin?“

„Ähm nein. Meine Tochter hat Kopfschmerzen, die nicht weggehen und unser Hausarzt meinte, Sie hätten hier bessere Möglichkeiten, dass einmal näher zu untersuchen. Sie ist vor zwei Wochen mit dem Fahrrad gestürzt und hat sich dabei den Kopf angeschlagen.“

„Ach herrje, dann werde ich mal dem Doktor Bescheid sagen. Wenn Sie dann einmal das Formular hier ausfüllen würden und solange dort im Wartebereich Platz nehmen.“

 

„Du Tante, ich muss mal!“

 

Als wenn er wirklich müsste, trat Conan von einem Bein auf das andere und hatte einen quengelnden Ton angeschlagen.

 

„Die Toiletten sind dort drüben Kleines.“

 

Die Sprechstundenhilfe deutete verständnisvoll zu den Toiletten und Conan lief dorthin. Als er die Tür öffnen wollte, hörte er eine herrische Stimme hinter sich.

 

„Was soll denn das Mädchen? Das ist die Herrentoilette!“

 

Erschrocken drehte sich der junge Detektiv um und sah einen älteren Herrn im Maßanzug mit Gehstock hinter ihm stehen.

 

„Entschuldigung!“

 

Conan betrat die Damentoilette und hörte noch, wie der alte Mann vor sich her schimpfte.

 

„Ungezogenes Gör! Kein Benehmen mehr diese Bälger von heute!“

 

‚Eingebildeter Fatzke!‘

 

Conan liess die Tür zufallen und sah sich um. Laut Kids Plänen war der Luftschacht mit dem auf der Männertoilette verbunden. Er hatte gerade das Gitter des Schachts entdeckt, als eine junge Frau aus einer Toilette trat.

 

„Na Kleine, bist du allein hier? Brauchst du Hilfe?“

„Äh nein, ich kann das schon. Ich bin schon in der Schule!“

 

Conan spürte die Hitze in sein Gesicht steigen. Für wie jung hielten ihn die Leute in diesem Outfit? Zwei?

„Haha, na dann ist ja gut, junge Dame.“

 

Die Frau wusch sich die Hände und verließ dann den Raum. Eigentlich schien sie ganz nett zu sein. Gott, er musste hier raus, bevor er noch mehr Frauen begegnete. Wenn Ran ihn hier erwischte…Lieber nicht darüber nachdenken.

 

„Bist du drin?“

 

Heijis Stimme in seinem Ohr erinnerte Conan daran, dass sie unter Zeitdruck standen. Conan stellte einen Mülleimer unter das Gitter und kletterte darauf. Mit seinem Taschenmesser schraubte er das Gitter auf und schob es zur Seite, bevor er sich in den Schacht hievte und das Gitter wieder vor die Öffnung zog.

 

„Ich bin im Schacht. Wie sieht’s bei dir aus?“

„Der Flur ist leer und das Büro wo Kid die Kamera angebracht hat auch.“

 

Heiji saß neben dem Aufzug auf einem Stuhl. Er hatte der Sprechstundenhilfe das falsch ausgefüllte Formular in die Hand gedrückt und ihr erzählt er würde im Foyer mit seiner Tochter warten, die Arztpraxen nicht mochte. Zum Glück gab es hier nicht noch einen Empfang sondern nur einige Stühle und Tische. Durch die Glastür konnte er den Flur zumindest zum Teil beobachten.

 

Conan zwängte sich durch den Schacht weiter vor, bis er sich zwei Kreuzungen weiter hinter dem Gitter zum Büro wiederfand, das Kid ihm auf dem Plan gezeigt hatte. Kein Wunder, dass man den Schacht nicht extra gesichert hatte. Der war so eng, dass es ihm selbst in seiner Kindergestalt nicht möglich gewesen war, mittendrin umzudrehen. Nur die beiden Kreuzungen boten genug Platz zum Drehen.

 

Er sah durch das Gitter, aber es war niemand zu sehen. Er nahm Kids schlauchartigen Schraubendreher, den er als Kette getarnt um den Hals trug, ab und schob ihn durch das Gitter. Mit Hilfe der eingebauten Kamera und ein bisschen probieren an der Steuerung hatte er kurze Zeit später drei der Schrauben gelöst. Er zog den Schlauch wieder zurück, schob das Gitter zur Seite und kletterte aus dem Schacht.

 

Nach einem Blick auf den Schacht und Kids Werkzeug musste er zugeben, dass der Professor es nicht hätte besser machen können. Dieses kleine Werkzeug konnte einen schon neidisch machen.

 

Conan schob den Stuhl am Schreibtisch zur Seite und setzte sich darauf. Wie Kid gesagt hatte war der Computer gesperrt und die Tastatur hatte ein Kartenlesegerät. Conan nahm die Karte, die Kid gestohlen hatte, aus der Tasche des Kleides und steckte sie in das Lesegerät. Er wurde gar nicht mehr nach einem Passwort gefragt sondern direkt angemeldet. Wo Kid die Karte wohl genau her hatte?

 

„Alles hoch gesichert und dann nicht mal ein Passwort?“

 

Conan konnte sich nicht vorstellen, dass die Organisation so nachgelassen hatte.

 

„Scheint wirklich nur eine Übergangslösung hier zu sein. Und vergiss nicht, dass die Karten speziell codiert sind. Wahrscheinlich verlassen die den Sicherheitsbereich normalerweise nicht.“

 

Heiji dehnte sich scheinbar gelangweilt, während er einen Mann beobachtete, der gerade aus dem Fahrstuhl trat, sich irritiert umsah und wieder in den Fahrstuhl ging.

 

„Stimmt. Dann müssen die aber ziemlich dringend auf diese Räume angewiesen gewesen sein.“

 

Conan hatte den Dateiexplorer geöffnet und versuchte nun, ein System hinter den Daten zu entdecken. Er hatte zwar relativ schnell begriffen, dass er hier Projektordner vor sich hatte und diese anscheinend in Zeitabschnitte unterteilt waren, aber der Rest sagte ihm nichts. Er konnte es nicht riskieren, mit Suchbegriffen seine Anwesenheit zu verraten. Er nahm den USB-Stick, den ihm der Professor gegeben hatte und begann die Daten zu kopieren.

 

Während die Dateien auf den Stick kopiert wurden, sah er sich in dem Büro um. Es war nur zweckmäßig eingerichtet worden. An der rechten Wand stand ein Tresor mit einem Code-Schloss. Einen Schlüssel brauchte man ebenfalls. Keine Chance für ihn also, an den Inhalt zu kommen.

 

In einem Regal stand zwischen einigen Ordnern eine Flasche.

 

„Cachaca?“ Conan war an das Regal getreten und hatte das Etikett gelesen.

„Ist das nicht ein Schnaps?“ Heiji fragte sich, was Conan eigentlich anstellte.

„Ja, brasilianischer Zuckerrohr-Schnaps. Und vermutlich der Name unserer Zielperson.“

„Ernsthaft? Wo hast du das jetzt eigentlich her?“

„Hier steht eine Flasche im Regal.“

„Scheiß auf die Flasche, du hast nicht ewig Zeit!“

 

Heiji hatte ein ungutes Gefühl. Kid hatte einen Stick mit Daten mitgehen lassen, die noch nicht entschlüsselt waren und das musste denen doch aufgefallen sein.

 

„Hier, ein Kaffee für Sie. Das Warten kann einem sonst lang werden.“

 

Heiji schrak aus seinen Gedanken hoch, als er die Sprechstundenhilfe aus der Praxis erkannte, die ihm eine Tasse Kaffee vor die Nase hielt.

 

„Vielen Dank, sehr freundlich.“

 

Die Frau nickte nur und ging zurück in die Praxis. Kaffee gratis. Schade dass das nur eine Kinderpraxis war. An so einen Service konnte er sich gewöhnen. Er Trank einen Schluck, als er Conans Stimme wieder vernahm.

 

„Ich glaube ich hab die Ordnerstruktur im Büro durchschaut. Die haben einfach die Bezeichnungen der Gifte in Zahlen umgesetzt. Ganz einfach einen Buchstaben gegen seine Stelle im lateinischen Alphabet ersetzt.“

 

„So offensichtlich, dass man es hier in Japan nicht so schnell merkt, wenn man nicht drüber nachdenkt. Gar nicht so dumm.“

 

Heiji nahm noch einen Schluck von dem Kaffee und lächelte der Frau zu, die ihn gerade aus der Praxis heraus beobachtete. Schließlich kam sie wieder aus der Praxis und Heiji wollte etwas sagen, merkte aber, wie ihm plötzlich ganz komisch wurde. Er spürte noch, wie ihm die Tasse aus der Hand genommen wurde, bevor das Gesicht der Frau in seinem Blickfeld auftauchte und sie ihn mit unverhohlenem Zorn ansah. Bevor er Conan noch warnen konnte wurde alles Schwarz.

 

Conan hatte inzwischen nach der Datenübertragung gesehen und einen Ordner auf den Tisch gelegt. Er zog den Stick vom Rechner ab, steckte ihn in einen Beutel und befestigte diesen an ein kleines Spielzeugauto, dass er kurz darauf in den Schacht stellte. Er drückte die Seitenspiegel des Autos an den Wagen und das Spielzeug setzte sich lautlos in Bewegung. Professor Agasa hatte sich damit mal wieder übertroffen. Das kleine programmierte Spielzeug würde die Route fahren, die Kid dem Professor genannt hatte und den Stick so in Kids Versteck auf dieser Etage bringen.

 

Als er das Spielzeug und den Stick nicht mehr sehen konnte, wandte er sich wieder dem Ordner auf dem Tisch zu. Abgesehen von den Formeln und Bildern war der Inhalt genauso simpel verschlüsselt. Das Ganze wurde nur dadurch erschwert, dass keine Satzzeichen vorhanden waren und er dadurch konzentrierter lesen musste um den Inhalt zu verstehen.

 

„Das hier könnte was mit dem Apoptoxin zu tun haben. Irgendwas von Unverträglichkeit steht hier. Aber nicht womit.“

 

„Mit speziellen genetischen Mutationen.“

 

Conan erschrak, als er plötzlich die Stimme einer Frau vernahm und sah zur Tür. Dort stand die Sprechstundenhilfe und sah ihn an, als hätte sie gerade den Jackpot geknackt.

 

‚Wie ist die unbemerkt hier reingekommen?‘

 

„Du bist schlau, Conan Edogawa. Aber nicht schlau genug. Es gibt eine Menge geruchsloser Gase, welche die Sinneswahrnehmung beeinträchtigen, wenn man nicht vorsorgt.“

 

Der Detektiv sah sie an und fragte sich, wovon sie sprach, als es ihm auffiel. Ihre Worte schien sein Gehirn erst verzögert zu registrieren und ihre Stimme klang irgendwie gedämpft.

 

„Sie sind Cachaca.“

 

Er klappte den Ordner zu und rutschte vom Stuhl. Er musste Zeit gewinnen, bis Heiji hier war. Heiji…

 

„Dein kleiner Freund macht ein Nickerchen, falls du auf ihn wartest. Ich muss schon zugeben, ihr seid ein seltsames Gespann, der Dieb und ihr beiden. Aber ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen nicht wahr, Shinichi Kudo?“

 

Seine Augen weiteten sich. Das war eine Falle! Plötzlich hielt die Frau etwas hoch, das wie ein Garagenöffner aussah und drückte einen Knopf. Er ließ den Ordner fallen, als sich mehrere dünne Nadeln in seine Haut bohrten und seine Hände anfingen zu prickeln, bevor ihm furchtbar schwindelig wurde.

 

Das Letzte was er sah, war das Grinsen dieser Frau.

 

~~~

 

„Ist ja eigenartig. Wo kommt denn die Störung her?“

 

Professor Agasa stand in seinem Labor und sah verwundert auf das Messgerät. Anscheinend gab irgendwas ein schwaches Signal ab und störte seine Messung. Er sah sich um, ob er vielleicht ein Gerät aus Versehen angelassen hatte, aber außer dem Messgerät war alles aus. Er nahm es in die Hand und bewegte sich im Raum, um die Quelle auszumachen. Vielleicht hatte Conan ja einen der Peilsender hier liegengelassen. Er musste die Sender nochmal überarbeiten, damit sie nicht so leicht aufzuspüren waren. Im Moment sollte es ihm recht sein, um den Übeltäter zu finden. Als das Messgerät schließlich den stärksten Ausschlag gab, sah Agasa verwundert auf seinen Tisch. Dort lag eigentlich nichts, was ein Signal abgeben sollte. Ein Lötkolben, diverse Werkzeuge und eine Glasschale mit der Patrone, die er aus Kids Seite geholt hatte. Er stutzte und hielt das Messgerät über die Kugel. Das Gerät schlug voll aus. Agasa legte das Gerät zur Seite, nahm die Schale und legte sie unter sein Mikroskop. Nach einer Weile nahm er sein feines Werkzeug zur Hand und begann, das beschädigte Geschoss aufzumachen.

 

„Das ist ja nicht zu glauben.“ Ungläubig starrte der Professor auf seine Entdeckung.

„Haben Sie was gefunden, Professor?“

 

Erschrocken drehte sich Agasa um und sah Kid in der Tür stehen.

 

„Du solltest im Bett liegen!“

„Sicher und die beiden Oberdetektive haben den ganzen Spaß. Von wegen. Was haben Sie nun gefunden?“

 

Agasa hätte nicht gedacht, das Kid schon wieder kräftig genug war, um von Shinichis Haus zu seinem rüberzukommen.

 

„In der Kugel die ich aus dir rausgeholt habe steckt ein Peilsender.“

„Wie bitte?“

 

Kid kam auf ihn zu und sah sich die Kugel nun ebenfalls unter dem Mikroskop an.

 

„Aber das bedeutet…“ Kid starrte den Professor ungläubig an.

„Das ist eine Falle!“Agasa lief zu seinem Computer, schaltete ihn an und stellte eine Verbindung zu den Ohrstöpseln her, die er den anderen beiden gegeben hatte.

 

„Heiji? Shinichi? Könnt ihr mich hören? Das ist eine Falle!“

 

Nachdem sie keine Reaktion bekamen, schnappte sich Kid das Telefon des Professors und wählte eine Nummer.

 

„Wen rufst du an?“

 

Kid schwieg, aber seine Miene verfinsterte sich.

 

„In der Praxis geht niemand ran. Nicht mal ein Anrufbeantworter.“

„Aber die haben doch noch geöffnet oder nicht?“

„Nicht wenn die mit der Firma nebenan zu tun haben.“

 

Kid ging an den Computer und rief die Webseite der Praxis auf. Kurz darauf rief er eine andere Seite auf und klickte sich dort durch das Menü.

 

„Scheiße.“

„Die Praxis ist gar keine Niederlassung des Kinder-Herz-Zentrums? Aber hattest du nicht gesagt, sie sei eine Zweigstelle?“

„Ich hab es nicht näher kontrolliert. Wer kommt auch schon auf die Idee, das die das komplette Design und die Logos einer derart renommierten Ärztestiftung kopieren und vorgeben, die neue Niederlassung würde dort eröffnen.“

 

Kid hatte bei seinen Recherchen die Website der Praxis und der Ärztestiftung überprüft, aber er hatte sie nicht auf den Wahrheitsgehalt geprüft. Das Kinder-Herz-Zentrum hatte eine neue Niederlassung in Tokyo angekündigt. Vor vier Monaten, aber seitdem gab es keine News mehr dazu. In der Standortübersicht stand Tokyo auch bereits gelistet, aber ohne Adresse. Kid hatte angenommen, das die PR-Abteilung oder der Webmaster schlicht geschlampt hatte und die Seite nicht aktuell war. Offensichtlich hatten die Männer in Schwarz die ganze Etage angemietet und die Praxisräume dienten zur Tarnung. Oder zur gezielten Ablenkung. Eine Praxis konnte schließlich diverse Medikamente vorhalten, die einem Forschungslabor nicht unbedingt zur Verfügung standen. Offiziell waren die Räume in der Etage schließlich erst vor einem beziehungsweise anderthalb Monaten bezogen worden.

 

„Die haben bewusst die Räume getrennt bezogen. Die wollten die Verbindung verschleiern.“

„Ich rufe die Polizei an.“ Agasa griff zum Telefon, aber Kid hielt ihn zurück.

„Keine Zeit, bis die da sind, ist es möglicherweise zu spät. Wie wollen Sie denen das erklären? Kommen Sie, vielleicht ist es noch nicht zu spät.“

„Was hast du vor? In deinem Zustand…“

„Ein Magier muss nicht körperlich fit sein, um eine gute Show abzuliefern. Wo steht Ihr Auto?“

 

~~~

 

Alles schmerzte. Es kam ihm vor, als hätte man ihn durch eine Mangel gedreht. Seine Hände fühlten sich an, als würden sie brennen. Conan öffnete langsam die Augen und blinzelte. Wieso war es so hell hier?

 

„Also hatte ich doch Recht. Gin hat versagt. Ich muss schon zugeben, dass du deine Spur ganz gut verwischt hast, Shinichi Kudo.“

 

Conan starrte die Frau an, die nun vor ihn trat und die er als Cachaca identifizierte.

 

„Wovon reden S…“

 

Der Junge erstarrte. Seine Stimme…es war seine Stimme! Die Stimme von Shinichi Kudo und nicht von Conan Edogawa! Erst jetzt sah er an sich herunter und stellte fest, dass er einen Laborkittel trug. Und der passte ihm relativ gut als Oberschüler. Sie hatte ihn mit Kabelbinder an einem Stuhl gefesselt.

 

„Sherry war nie gut darin, ihre Experimente sauber zu testen. Sie hat die Nebenwirkungen immer nur halb geprüft. Apoptoxin 4869, das Wundergift der Organisation. Mit einer entscheidenden Schwäche: Es scheitert an bestimmten genetischen Mutationen.“

 

Shinichis Gedanken rasten. Sie wusste etwas über das Gift, das ihn geschrumpft hatte. Vielmehr noch, sie hatte offensichtlich ein Mittel dagegen hergestellt!

 

„Gibt sicher ein paar reiche alte Männer oder Frauen, die ein Vermögen dafür bezahlen würden um wieder jung zu sein.“ Shinichi brauchte Zeit und Informationen. Wo war Heiji? Ein rotes Blinken zog seine Aufmerksamkeit auf sich und er sah neben der Frau eine Videokamera. Sie filmte ihn!

 

„Nein, es ist nicht möglich Apoptoxin so abzuwandeln dass es als Jungbrunnen verwertet werden kann. Aber als Schrumpfmittel vielleicht schon. Aber das ist nicht wichtig. Ich habe alles, was ich brauche.“

 

„Einen Beweis, dass ich noch lebe und für Gins versagen. Sie wollen seinen Posten in der Organisation übernehmen. Oder doch eher Sherrys?“

„Warum sich mit einem Posten begnügen, wenn man beide haben kann? Gin hat sich zu viele Fehler erlaubt. Das Apoptoxin hat bei dir eine ganz andere Wirkung erzielt, wegen zwei simpler genetischer Mutationen, die nicht sehr oft vorkommen. Und Sherry hat die gleichen Mutationen.“

„Woher wollen Sie das wissen? Dazu hätten sie eine Vergleichsprobe von mir benötigt. Und von ihr auch.“

„Für einen so schlauen Detektiv stellst du erstaunlich dumme Fragen. Deine Vergleichsprobe habe ich vom Ordner. Die hätte ich aber nicht gebraucht, denn mein Mittel funktioniert bei dir und das hat das Apoptoxin aufgehoben.“

„Und Sherrys?“

„Vorschriften. Jedes Mitglied muss eine Blutprobe abgeben. Die werden aufbewahrt, selbst wenn jemand nicht mehr Teil der Organisation ist.“

 

Individuelle Gifte zur gezielten Beseitigung von Verrätern? Oder um falsche Spuren zu legen? Wofür sollte man die Proben aufbewahren? Aus den Augenwinkeln nahm Shinichi eine Bewegung in den Schatten war.

 

„Was ist das für ein Zeug, das Sie mir gegeben haben?“

„Das braucht dich nicht mehr zu interessieren. Du kommst hier nicht mehr lebend raus. Deine Leiche reicht mit den Aufnahmen und meinen Forschungsergebnissen vollkommen aus. Zugegeben, ich hatte an meiner Theorie gezweifelt, als der Dieb aufgekreuzt ist. Eine Laune der Natur, dass ihr euch so ähnlich seht. Ich konnte kein Risiko eingehen, dass du nicht doch du selbst geblieben bist, nur dein Äußeres verändert hast und das plötzliche Auftauchen von Conan Edogawa ein Zufall war. Zusammen mit dem plötzlichen Erfolg von Kogoro Mori.“

 

„Was hat Sie davon überzeugt, dass Kid nicht ich ist?“ Die Ähnlichkeit zwischen ihm und Kid hatte bisher fast niemand bemerkt.

 

„Ich habe ihn im Museum gesehen. Er hatte sich das Winterherz angesehen. Shinichi Kudo, wie ich zunächst annahm. Aber wenn ich von etwas sicher gehen konnte, dann dass sich dein Charakter nicht verändert hatte. Als Kid die Seiten wechseln um dich bei uns einzuschleusen kam mir in den Sinn. Nach allem, was ich bei meinen Nachforschungen über dich in Erfahrung gebracht habe weiß ich, das du ein Rätsel nicht ungelöst lassen kannst. Ich wusste, du würdest nach uns suchen. Also habe ich den Köder ausgelegt und Gin war mir dabei ohne es zu wissen sehr hilfreich.“

 

„Verstehe, die Szene im Museum war gezielt eingeleitet, um meine Aufmerksamkeit zu erregen. Nur das es Kid war und nicht ich. Allerdings konnte er die Sache nicht ignorieren, nachdem Sie meinen Namen fallen ließen. Aber sie haben ihn nicht erschossen. Sie haben gemerkt, dass er nicht Shinichi Kudo ist. Denn obwohl er Ihnen auf der Spur war, konnte er das Juwel nicht ignorieren.“

 

„Ein Dieb bleibt ein Dieb. Dir wäre das Juwel erstmal egal gewesen sobald du gemerkt hättest, mit wem du es zu tun hast. Nachdem er mir folgte ist er nochmal zum Museum zurück um das Juwel zu holen. Ich habe ihn überrascht, nachdem er das Museum wieder verlassen hatte. Allerdings hatte ich auch schon vorher gewusst, dass Kaito Kid nicht nur eine besondere Beziehung mit der Suzuki-Familie pflegt, oder vielmehr mit dem Alten, sondern auch mit Kogoro Mori. Kogoro Mori, an dessen Fersen seit Beginn seiner Erfolgsserie Conan Edogawa klebte. Und das kleine Mädchen, dass heute auf die Männertoilette wollte, war auch recht hilfreich.“

 

Die Frau hatte eine Waffe aus ihrer Tasche geholt und zielte nun auf den Oberschüler.

 

„Das hat Ihnen aber alles nicht gereicht. Es war nicht genug zu wissen, dass Kid nicht Shinichi Kudo ist. Deswegen haben Sie ihn nicht sofort umgebracht. Sie wollten wissen, ob er seine Informationen an mich weitergibt. Aber warum? Wenn Sie schon wussten, wer Conan Edogawa ist, hätten Sie mich direkt holen können.“

 

„Ich musste wissen, was er weiß und wo er den Stick tatsächlich hinbringt.“

„Der Stick mit den Informationen über Ihre illegalen Giftexporte nach Saudi-Arabien und Afrika.“

 

Die Frau schien überrascht zu sein.

 

„Spielt jetzt auch keine Rolle mehr. Der Dieb hat mich zu deinem Professor geführt und wenn ich mit dir fertig bin, ist er dran. Dann habe ich den Stick wieder.“

 

Ein metallisches Geräusch zog die Aufmerksamkeit der beiden auf sich und eine Kugel rollte in Shinichis Blickfeld. Er schloss unmittelbar die Augen, gerade noch rechtzeitig, als die Kugel sich öffnete und ein gleißender Blitz den Raum erhellte. Kurz darauf hörte er die Frau schreien und schließlich jemanden zu Boden fallen.

 

„Shinichi?“

„Professor? Was machen Sie denn hier?“ Überrascht öffnete er die Augen und sah Professor Agasa auf sich zu laufen.

„Irgendjemand muss dir ja den Arsch retten Kudo. Meine kleine Kugel war recht wirksam, findest du nicht?“

„Kid? Was zum Teufel tust du hier?“

„Anstatt hier große Töne zu spucken, mach dich nützlich und gib mir mal die Kabelbinder da drüben.“

 

Heiji hatte die Frau überwältigt und nahm nun die Kabelbinder von Kid entgegen, um sie zu fesseln.

 

„Musst du gerade sagen. Wer hat sich denn mit KO-Tropfen außer Gefecht setzen lassen?“

„Alles OK Heiji?“

„Jaja. Wenn der feine Herr Dieb seine Hausaufgaben vernünftig gemacht hätte, dann hätten wir sofort gewusst, dass die Praxis nur Tarnung ist und Madame sich regelmäßig in beiden Bereichen aufgehalten hat.“

 

In der Zwischenzeit hatte der Professor Shinichi von seinen Fesseln befreit und half ihm aufzustehen. Der Oberschüler konnte sich kaum auf den Beinen halten. Seine Knochen schmerzten extrem, als würden sie gleich brechen.

 

„Das Kleid stand dir besser als der Kittel Kudo.“ Kid stand nun neben Heiji und sah sich noch einmal im Raum um.

„Halt die Klappe Kid.“

„Ich hab ein Foto davon.“

„Heiji! Ah…Verdammt….“

„Shinichi, was ist los?“ Der Professor festigte seinen Griff um den Jungen.

 

Der Oberschüler krümmte sich plötzlich vor Schmerz und bekam kaum Luft. Das Letzte was er wahrnahm war eine extreme Hitze, bevor alles verschwamm und dunkel wurde.

 

~~~

 

Ein Klopfendes Geräusch drang an seine Ohren. Regelmäßiges Klopfen, manchmal ein bisschen schneller aufeinander folgend. Sein Körper fühlte sich an, als wäre er aus dem zehnten Stock gestürzt. Jeder Knochen und jeder Muskel schmerzten. Er blinzelte und nachdem er wieder voll bei Bewusstsein war, sah er sich um. Das war sein Zimmer und es regnete draußen. Nicht sein Zimmer bei Ran, sondern sein eigenes. Er sah auf seine Arme. Sie waren nicht mehr die des Oberschülers.

 

„Verdammt…“

„Du wiederholst dich, Kudo.“

 

Er blickte überrascht auf und sah Kid in seinem typischen weißen Outfit in der Tür stehen.

 

„Was ist mit Cachaca?“

„Die saß im Gefängnis.“ Kid trat langsam zu Conan ans Bett.

„Saß? was ist passiert?“

„Tja, die Polizei hat sie noch am selben Abend tot in ihrer Zelle vorgefunden. Gift wie es heißt.“

„Das war kein Selbstmord.“

 

Conan versuchte sich aufzurichten, ließ es aber, als die Schmerzen noch schlimmer wurden.

 

„Vermutlich nicht. Ihr Anwalt war ein bulliger Kerl in schwarz.“

„Wodka.“

„Scheint so.“

„Das Video!“

 

Die Erinnerungen an die Videokamera und das, was Cachaca ihm erzählt hatte kamen zurück.

 

„Das hier?“

 

Der Dieb holte eine Speicherkarte aus seiner Tasche und legte sie auf den Nachttisch.

 

„Gibt es eine Kopie?“

 

Er glaubte nicht, dass Kid eine Kopie angefertigt hatte, aber Cachaca hatte sein Geheimnis bei der Organisation lüften wollen.

 

„Nein. Die Frau war wohl recht paranoid. Ich hab mich da nochmal mit Heiji umgesehen. Jeden Hinweis auf Shinichi Kudo haben wir mitgenommen. Und auch alles, was irgendwie danach aussah, als könnte es was mit dem Zeug zu tun haben, dass dich wieder normal gemacht hat. Wenn auch nur für kurze Zeit.“

 

Kid sah ihn offen besorgt an.

 

„Tja, jetzt kennst du auch den Rest der Geschichte.“

„Kein Gegenmittel also?“

„Kein dauerhaftes wie es scheint.“

„Und das alles nur, um innerhalb der Organisation aufzusteigen?“

„Nein, es ging auch um Rache.“

„Aus dem Schatten von Sherry heraustreten?“

„Richtig. Cachaca machte den gleichen Job bei der Organisation, aber Sherry hatte wohl immer die Nase vorn. Sie war besessen davon zu beweisen, dass sie besser ist als Sherry. Deswegen hat sie sich so extrem mit dem Gift und bei wem es eingesetzt wurde beschäftigt.“

„Und ist dann per Zufall über deine fehlende Leiche gestolpert.“

 

Conan sah Kid ernst an. Er hatte selber schon daran gedacht, dass dies die größte Schwäche in seiner Tarnung war. Vielleicht wurde es Zeit da nachzubessern. Aber wenn er jemals wieder seinen richtigen Körper zurückbekam, wäre ein Totenschein ein Problem.

 

„Du steckst ziemlich in der Scheiße Kudo.“

„Was du nicht sagst.“

„Meine Vögelchen haben mir gezwitschert, dass ein langhaariger Kerl in Schwarz wohl überzeugt davon ist, dass die Frau verrückt war und Gespenster gesehen hat. Dass sie Tote für lebendig gehalten hat ohne auch nur den geringsten Beweis zu haben. Dafür hat sie dann aber geheime Unterlagen gestohlen.“

„Woher hast du die Information?“

„Ich hab mich nochmal genauer umgehört. Das Ganze war schließlich auch meine Schuld.“

„War es nicht. Die Organisation ist gefährlich und schwer zu durchschauen.“

„Wenn ich genauer recherchiert hätte…“

„Das hätte nichts geändert. Sie wusste wer ich bin. Du warst nur zur falschen Zeit am falschen Ort.“

„Sie hat nur deinen Wohnort rausgefunden, weil sie einen Peilsender in die Kugel eingearbeitet hat, mit der sie auf mich geschossen hat!“

„Kid, sie wusste bereits wer ich bin. Sie wusste nur nicht sicher, wem du den Stick bringen würdest, den du geklaut hast. Den hättest du schließlich auch selber behalten können.“

 

Kid schwieg eine Weile.

 

„Die Polizei hat da so einen Stick gefunden und die sechste Etage ist jetzt wieder frei. Zum Glück haben wir noch ein paar Beweise gefunden, die die Stiftung entlasten konnten.“

 

„Gut. das dürfte auch genug Nebel erzeugen. Die sollten erstmal glauben, dass sie die Organisation letztendlich verraten hat.“

 

„Du steckst trotzdem in Schwierigkeiten. Sie ist nicht die einzige von denen, die dein Geheimnis kennt oder?“

„Nein, leider nicht.“

„Ich werde meine Augen und Ohren offen halten. Wenn dich jemand zu Fall bringt, dann werde ich das sein, Shinichi Kudo.“

„Davon kannst du träumen, wenn ich dich gefasst habe.“

 

Zum ersten Mal an diesem Tag stahl sich Kids selbstsicheres Lächeln auf seine Lippen.

 

„Träum weiter Kudo.“ Kid wandte sich zum Gehen, als Conan ihn noch einmal ansprach.

 

„Warum?“

„Ich bleibe nicht gerne jemandem was schuldig. Du hast meinen Namen reingewaschen, als mich alle für einen Mörder oder Terroristen hielten. Und wir haben noch eine Rechnung offen.“

 

Als Kid durch die Tür trat, rief ihm Conan noch etwas hinterher.

 

„Das Juwel werde ich auch zurückholen, Kid!“

„Wir werden sehen.“

 

~~~

 

„Wir hätten dich eher besucht, wenn du uns was gesagt hättest!“

 

Genta hatte die Arme verschränkt und sah Conan böse an.

 

„Mensch Genta, Conan lag mit hohem Fieber im Bett. Wie soll er denn da was sagen?“ Mitsuhiko schüttelte nur den Kopf.

„Genau! Hauptsache es geht dir wieder besser Conan.“

 

Ayumi stellte eine Vase mit frischen Blumen auf den Nachttisch. Conan war wieder bei Ran und Kogoro. Der Professor hatte ihnen erzählt, er wäre bei ihm gewesen und hätte plötzlich Fieber bekommen. Zum Glück hatten sie das geschluckt.

 

Während sich die Kinder noch darüber stritten, ab wann man zu krank war um sich bei seinen Freunden zu melden, klingelte Conans Handy.

 

„Was gibt es Professor?“

„Nichts Gutes. In deinem Blut war nichts mehr von dem Mittel zu finden, dass sie dir gegeben hat.“

„Hab ich mir gedacht.“ Die Enttäuschung in Conans Stimme war nicht zu überhören.

„Immerhin haben wir jetzt einen Anhaltspunkt, warum dich das Gift nicht umgebracht hat. Und Ai auch nicht.“

„Ja, hoffentlich bringt uns das weiter.“

„Kopf hoch Shinichi. Wir finden einen Weg.“

„Ja, danke Professor.“

 

Conan beendete das Gespräch und sah zu seinen Besuchern. Er hatte sich immer darauf konzentriert, wieder der Alte zu werden. Aber was würde dann aus Conan und seinen neuen Freunden? Er lächelte. Das würde ein interessantes Gespräch werden, den dreien zu erklären was passiert war.

 

Das Handy piepste und verzeichnete den Eingang einer Nachricht.

 

Heiji hatte ihm eine Bildnachricht geschickt.

 

„Heiji, du Bastard!“

 

 

~Ende~



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