Wir geben nicht auf!
Es war lediglich die Flamme einer Kerze die sein Zimmer erhellte, zumindest spendete sie so viel Licht wie nötig war, um einige schriftliche Arbeiten zu erledigen. Schon viel zu lange mied er die Sonne, zeigte sich nur wenig an Deck und seinen Kameraden, die eben so fühlten wie er selbst. Trauer, Wut und Verzweiflung beherrschte inzwischen ihren Alltag, denn für Freude gab es keinen Grund mehr. Marco hing wieder über seinen Papieren und versuchte sich so gut es ging zu konzentrieren als er ein Klopfen an seiner Tür vernahm und den Kopf hob. "Du kannst reinkommen", sagte er trocken, ohne den Blick vom Tisch abzuwenden. Als die Tür geöffnet wurde, musste der Blonde nicht hinsehen um zu wissen, wer in sein Zimmer trat "wir sind angekommen" Izou sprach diese Worte so trostlos aus, dass man hätte glauben können, er würde jeden Moment zusammen brechen.
Ein Seufzen war zu hören und Marco wandte sich zu seinem Nakama, sein Blick schweifte über die abgemagerte Gestalt ehe er sich wortlos mit der Hand über das Gesicht fuhr. "Izou wirklich, du solltest wieder anfangen etwas mehr zu essen." Der blonde Kommandant stand auf und ging auf seinen Bruder zu um ihm eine Hand auf die Schulter zu legen und mit der anderen die Tür zu schließen. Nur wenige Zentimeter trennten die beiden Männer voneinander, Marco konnte hören wie der schwarzhaarige neben ihm schwer schlucken musste um aufkommenden Kummer zu unterdrücken. Als Izou den Mund öffnete, kamen die Worte nur brüchig heraus "was hat das jetzt noch für einen Sinn Marco? Wir haben alles verloren....einfach alles!" Der Phönix sagte nichts, denn er wusste es nur selbst zu gut was ihre derzeitige Lage anging, den Revanche-Kampf gegen Teach hatten sie verloren, und damit auch ihre Ehre. Nichts war ihnen geblieben, sie hatten unzählige Brüder verloren. Darunter Thatch und Ace und auch ihren Vater Whitebeard, der schmerzliche Verlust und das Wissen, dass sie zu schwach waren um diese Leute zu rächen, raubte allen die Kraft.
Marco spürte wie der Körper neben ihm begann zu zittern und wie Tränen mit größter Mühe unterdrückt wurden, ja er wusste wie sein Bruder sich fühlte. Sie hatten nicht nur Vater verloren, sondern beide auch ihre Liebsten, keiner auf dem Schiff litt so sehr wie Marco und Izou es taten und jeder wusste es. "Setz dich", befahl der Blonde und deutete auf sein Bett. Der Andere zögerte und ballte die Hände zu Fäusten "Izou" diesmal war die Autorität deutlicher zu spüren und der schwarzhaarige kam der Aufforderung nach und setzte sich eher unfreiwillig. Marco schob seit langer Zeit wieder die Vorhänge vor seinem Fenster bei Seite um etwas Sonnenlicht in die Kajüte zu lassen ehe er sich zu seinem Kameraden setzte. Eine Weile herrschte erdrückendes Schweigen zwischen ihnen, einzig und allein den Drang nicht gleich losheulen zu müssen versuchte der Geisha-Verschnitt zu unterdrücken. Er biss sich auf die Lippen und kaute nervös darauf herum, ehe er einen Blick spürte, der ihn abzuschätzen schien. "Marco...Ich...", begann Izou zögerlich, brachte aber kein weiteres Wort heraus, denn Marco hockte inzwischen vor ihm.
Er zuckte zusammen als eine kräftige Hand auf seine Schulter gelegt wurde und den Kimono so nach unten zog, was einen guten Blick auf seine Schulter freigab. Am liebsten wäre Izou aufgesprungen und davon gerannt, aber er konnte nicht, seine Beine wollten ihm nicht gehorchen und so musste er bleiben wo er war. Marco musterte ihn "wie geht es deiner Schulter? Hast du immer noch Schmerzen?" Fragte er trocken und strich mit dem Daumen über den Verband. Einige Minuten war es still, denn beide Kommandanten erinnerten sich an das, was vor knapp einem Jahr geschehen war. Der Kampf gegen Blackbeard hatte für die Whitebeard-Piraten nicht nur in einer schrecklichen Niederlage geendet, viele von ihnen wurden dabei schwer verletzt und einige mussten auch ihr Leben lassen. Izou war nur einer von denen, die knapp dem Tod entronnen waren, auch wenn dieser, so glaube Marco es zumindest, lieber gestorben wäre als gerettet zu werden. Die restlichen Kommandanten hatten ebenfalls schwerste Verletzungen davon getragen, aber sich recht gut davon erholt, so auch Marco selbst. Auch wenn sein Phönix äußerliche Wunden heilen konnte, so war es ihm nicht möglich, den Schmerz zu heilen, der in Marcos Seele brannte. Als der Kampf vorbei war hatte es viel Zeit gebraucht bis die Crew sich weitestgehend erholt hatte, für alle war es eine schwere Zeit und jeder verhasste den Gedanken, dass sie, die Whitebeard-Piraten, so jämmerlich versagt hatten.
Der Blonde zog eine Augenbraue nach oben "Izou ich habe dich etwas gefragt", seine Stimme war monoton wie immer als er den Blick des anderen traf. Sein Gegenüber verzog das Gesicht, welches inzwischen von einer Narbe über der Wange geziert war "geht schon" meinte er knapp. Izou wollte nicht darüber reden und wirklich gesund wollte er offenbar auch nicht werden, denn im Gegensatz zu seinen Nakama, die ihre Verletzungen nach einem halben Jahr nicht mehr hatten zog es sich bei ihm ziemlich in die Länge. Alle an Bord machten sich große Sorgen um ihren Bruder, besonders die Leute die von Izous Division übrig geblieben waren, hatten Marco darauf schon oft angesprochen. Jeder auf dem Schiff hatte versucht, dass der Kommandant der 16. Division wieder gesund werden würde, leider schien die Mühe vergebens zu sein. Durch ein Schnauben machte die Geisha klar, dass er es missbilligte, wie Marco im Moment mit ihm umging. "Ist nichts weiter, hab ich doch grade gesagt, du kannst jetzt wieder loslassen", meinte er etwas giftig und versuchte die Hand des Phönix von seiner Schulter zu schieben. Als Marco aufstand, sagte er nichts und sah dabei zu wie sein Nakama den Kimono zurück an Ort und Stelle schob um die Verbände zu verbergen, die fast seinen ganzen Körper bedeckten.
Wieder herrschte Schweigen ehe Marco erneut das Wort ergriff. "Ich kann verstehen wie du dich fühlst Izou, aber du kannst so nicht weiter machen. Alle hier sorgen sich um dich und haben Angst, dass du dir irgendwann selbst die Kugel gibst. Wo soll das noch hinführen?" Wieder war es still bis Izou plötzlich aufsprang, Marco am Kragen seines Hemds packte und anbrüllte. "WAS WEIST DU SCHON WIE ES MIR GEHT DU UND ALL DIE ANDEREN HABT DOCH KEINE AHNUNG WIE ICH MICH WIRKLICH FÜHLE!" Seine Augen waren voller Zorn, ehe sich sein Blick klärte. Der Kommandant konnte die Tränen nicht mehr halten. "Erst Thatch, dann Ace und Vater und dann verlieren wir gegen Teach!" Izous Stimme war Tränen erstickt. "Was bleibt uns noch Marco? Sag mir, was uns noch bleibt, wofür leben wir noch, wenn wir alles verloren haben!" Langsam sank der schwarzhaarige nach unten, doch bevor er den Boden erreichte schlangen sich zwei starke Arme stützend um seinen Körper um ihm aufs Bett zu helfen.
Marco sagte nichts, er saß auf dem Bett und hielt Izou einfach im Arm, welcher nicht aufhören konnte zu weinen. Der Blonde schämte sich und hätte sich gern selbst geschlagen, denn während er damit beschäftigt war sich im Selbstmitleid zu suhlen hatte er nicht gesehen wie Izou immer mehr zerbrochen war, er hoffte inständig, dass es den anderen nicht auch so ergangen war. Die Tränen seines Nakama waren ein Hilferuf, er war blind gewesen und nun zog sich etwas schmerzlich in seiner Brust zusammen. "Ace", dieser Name kam stumm über seine Lippen und er wusste es. Er hatte Ace verloren, den Mann, den er von Herzen geliebt hatte, war fort und er würde nie wieder kehren. Jetzt erst wurde dem Kommandanten der 1. Division klar das Izou schon viel länger litt als er, denn diese ganze Tragödie hatte mit Thatchs Tod begonnen und ein Ende war nicht in Sicht. "Es tut mir leid Izou."
Das Schluchzen verklang in diesem Moment und die Tränen wurden erstickt als der Mann aufsah, der bis zu diesem Zeitpunkt noch bitterlich geweint hatte. "Ich hätte schon viel eher erkennen sollen, wie sehr du gelitten hast. Seit Thatch gestorben ist, hast du dich immer mehr zurückgezogen und keiner von uns hat es gesehen." Jetzt war es an Marco gegen die Tränen zu kämpfen, aber auch er konnte sich nun nicht mehr zurückhalten. Sie tropften auf den Kimono seines Freundes und durchdrangen den dünnen Stoff als auch die Verbände, die dieser trug. Man sagt, die Tränen eines Phönix hätten heilende Kräfte, aber das war bisher immer nur eine Legende gewesen, jetzt spürte Izou, wie sich der Schmerz langsam verzog, der seinen Körper so lange im Bann gehalten hatte. Der Schwarzhaarige setzt sich auf und lehnte seinen Kopf an die Schulter seines Sitznachbarn, der sich inzwischen auch wieder beruhigt hatte. "Was...war das eben Marco?", fragte er zögernd und griff an seine Schulter, der Schmerz war verschwunden, aber wie war das möglich?
Für einen Moment wusste Marco es selbst nicht als ihm ein Gedanke kam. "Es könnte mein Phönix gewesen sein, er hat deinen Schmerz offenbar gespürt, genauso wie ich", gab er zu und rieb sich müde über sein Gesicht. Bedenkliches Schweigen legte sich erneut über den Raum, eine ganze Weile sagte niemand etwas, ehe Izou das Wort ergriff: "Marco...was bleibt uns noch?", fragte er traurig und starrte auf den Boden. Ehe Marco eine Antwort geben konnte schwang die Tür mit einem lauten Krachen auf. "DAS müsst ihr euch ansehen!" Die kleine Kommandantin Haruta war ins Zimmer gestürmt und fuchtelte wie wild mit einer Zeitung in der Hand herum.
Bis vor kurzen hatte die junge Frau noch im Gang an der Tür zu Marcos Kajüte gelehnt und mit anhören müssen wie Izou unter Tränen Marco anschrie, es hatte ihr das Herz gebrochen und sie musste weg um nicht auch gleich loszuheulen. Also rannte die Brünette auf die Insel, an der sie angelegt hatten, es war der Ort, an dem Ace und Whitebeard begraben waren. Eigentlich waren sie hier um sich noch einmal ihrer Trauer hinzugeben, aber keiner wollte wirklich von Bord gehen. Als Haruta auf der Wiese stand kam, durch Zufall eine Zeitungsmöve, die ihr eins der Klatschblätter gegen ein paar Berry überließ. Als die Kommandantin die Zeitung aufschlug und den ersten Artikel gelesen hatte, musste sie sofort zu Marco um es ihm zu zeigen. Also war sie wie ein geölter Blitz zurück gesprintet und hätte dabei fast einige ihrer Nakama über den Haufen gerannt, die sich nur wunderten, was nun wieder passiert war.
Als Haruta die Tür fast aus den Angel gekickt hatte, hob Marco fragend eine Augenbraue und auch Izou stutze einen Moment. "Steht in der Zeitung, dass Teach ersoffen ist oder so?" Sofort erntete der Schwarzhaarige einen Schlag mit der Zeitung für seinen leicht dahin geworfenen Kommentar. "Unsinn!", meinte die Frau und öffnete die Zeitung um sie ihren Brüdern vor die Nase zu halten. Marco überflog mit raschen Blicken den Artikel. "Der Strohhut hat Doflamingo besiegt und Dressrosa von ihm befreit?" Izou sah auf: "Was soll uns das jetzt sagen?", fragte er skeptisch. Haruta seufzte leicht gereizt. "Wie sehr steht ihr beide eigentlich auf dem Schlauch? Hat euch der Sonnenmangel das Gehirn so derartig vernebelt?", sagte sie leicht sarkastisch, faltete die Zeitung zusammen und wedelte mit den Armen. Die beiden Männer sahen sich fragend an, ehe sie ihren Blick wieder der jungen, viel zu aufgeregten Frau zu wandten und synchron ein: "Hä?", hervorbrachten. Die kleine Kommandantin blies wütend die Wangen auf. "Ihr Deppen! Der Strohhut hat Doflamingo besiegt! Das heißt, er könnte auch Teach besiegen! Wenn wir uns mit ihm zusammen tun, können wir Vater Ace Thatch und all die anderen immer noch rächen!"
Jetzt erst machte es sowohl bei Marco als auch bei Izou klick, Haruta hatte recht. Der Strohhut war stark, wenn er es mit Doflamingo aufnehmen konnte dann würde er sicher auch Teach irgendwann ins Visier nehmen, immer hin war dieser Schuld daran das Ace auf Marineford gelandet war. Der Blonde stand auf und tätschelte der Frau den Kopf. "Du hast recht, das sind gute Nachrichten, wir sollten den anderen davon erzählen. Es ist keine Garantie, aber es ist ein Lichtblick", meinte er kühl und schaute Haruta hinterher wie sie an Deck rannte um die anderen davon zu informieren. Izou gab hinter ihm ein Schnauben von sich. "Na na wer wird denn gleich so zickig sein hm?", meinte Marco amüsiert und drehte sich um. "Ich? Zickig?" In der Stimme der Geisha schwang Empörung mit, ehe er doch lächeln musste. Izou sah auf, suchte Marcos Blick und glaubte für einen Moment das blaue Feuer in seinen Augen lodern zu sehen. Das war es, das war es, was ihnen noch geblieben war, sie haben sich immer noch gegenseitig und waren trotz allem was vorgefallen ist eine Familie.
Nach einer Weile hatten sich alle Whitebeard-Piraten auf der Insel vor den beiden Gräbern versammelt, sie hatten wieder neuen Mut gefasst. Die Männer waren zu dem Schluss gekommen, dass eine Allianz mit Ace kleinem Bruder wohl das Beste wäre, wenn sie Teach wirklich besiegen wollten. Am Abend waren alle wieder auf dem Schiff und feierten, wie sie es schon lange nicht mehr getan hatten. Izou stand abseits an der Reling und schaute in den klaren Sternenhimmel, er war in Gedanken und erinnerte sich an damals, an die Zeit mit Thatch. Ja er hatte diesen Mann wirklich geliebt und er war ihm auf brutalste Weise entrissen worden, jetzt war ihm klar, dass er nicht aufgeben durfte, er würde Teach dafür büßen lassen und Thatch, Ace und Vater würden endlich ihren Frieden finden. "Kommandant?" Eine Stimme riss ihn aus seiner Erinnerung. "Hm?" Damit drehte er den Kopf nach hinten. "Was gibts denn?" Einige Männer aus seiner Division standen hinter ihm. Izou drehte sich nun komplett um und lehnte mit dem Rücken an der Reling. "Geht es dir wieder besser?", fragte einer der Männer, die ihn besorgt musterten. Er lächelte freundlich. "Ja, ich fühle mich schon besser, macht euch keine Sorgen, meine Verletzungen sind so gut wie verheilt", auf diese Aussage hin schienen die Männer erleichtert zu sein und zogen ab.
Izou hörte etwas, was wie ein leises Lachen klang, er drehte den Kopf zu Seite. "Was ist daran bitte so lustig, Marco?", fragte er mit hochgezogener Augenbraue. Der Phönix lehnte sich nun neben ihm an die Reling und legte den Kopf in den Nacken. "Das ist das erste Mal seit fast einem Jahr, dass du die Wahrheit über deinen Zustand gesagt hast", meinte er leicht grinsend. Sofort erntete er dafür einen Hieb mit dem Ellenbogen in seine Rippen. "Autsch, ehy brich mir nicht die Knochen verdammt", zischte Marco und verzog das Gesicht. "Tu nicht so als hätte dir das weh getan, falls ja, kannst du ja drauf heulen, dann gehts sicher wieder weg." Jetzt war es an Izou zu lachen, ein Geräusch, was Marco seit Jahren nicht mehr gehört hatte. Der Blondschopf schüttelte den Kopf. "Schön, dass du wieder bei uns bist", meinte er lächelnd, er und alle anderen seiner Mannschaft hatten neuen Mut gefasst und der würde sie so schnell nicht wieder verlassen.
