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(UN)GESCHMINKT

von

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Eins


 

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Ihr Wecker klingelte um 6:15 Uhr morgens. Sakura war sofort wach, nahm einige Schlucke aus der Wasserflasche neben ihrem Bett und begab sich ins Bad, wo sie sich das Gesicht wusch und sich die Zähne putzte. Wieder in ihrem Zimmer angekommen, schaltete sie ihren CD-Player ein und machte sich, begleitet von Texten über die Liebe und das Leben, fertig für ihren ersten Tag an der Universität. Sie zog sich eine rosa Bluse mit Kirschblütenmuster und Rüschen an und darüber einen roten Blazer. Sie vollführte eine Drehung und tanzte, unten nur mit Unterwäsche bekleidet, zu ihrem Kleiderschrank. Auch wenn sie sich eine Hose gestern zum Anziehen herausgesucht hatte, hatte sie ihre Meinung geändert und wollte stattdessen einen roten Rock anziehen; selbstverständlich würde sie darunter eine Strumpfhose tragen, es war schließlich Ende Oktober.
 

Obwohl sie um acht Uhr losfahren musste, um den Zug in die Universitätsstadt Konoha zu kriegen, und somit locker eine Stunde länger hätte schlafen können, war sie früh aufgestanden, um sich zu schminken. Denn Sakuras Schminkroutine beanspruchte unfassbar viel Zeit; drei Monate lang hatte sie sich täglich ihren Wecker auf sechs Uhr gestellt und den Morgen vor der Universität simuliert, damit es ihr leichter fallen würde, sich später fertig zu machen. Es hatte sich gelohnt, allemal.
 

Als allererstes setzte sie sich ihre weichen Monatskontaktlinsen ein. Ihre Brille würde sie nur tragen, wenn sie daheim war, oder auf der Straße nicht als die hübsche Sakura identifiziert werden wollte. Sie hatte diesen Plan bereits in der Schule ausgetüftelt. Stets war sie unbeliebt, unerwünscht gewesen. Sie war der freundlose Streber, der Bücherwurm mit der dicken Hornbrille und der hohen Stirn gewesen, der ihre Zeit lieber in der Bibliothek verbracht hatte. Nicht, dass sie sich Büchern abgeschrieben hatte; die Böden ihrer Bücherregale bogen sich unter Weltliteratur, die sie noch unbedingt in diesem Leben lesen wollte. Ihre zukünftigen Kommilitonen mussten das aber nicht wissen.
 

Sakura arbeitete gemächlich, aber sehr präzise: Sie fing mit einer leichten Creme mit Lichtschutzfaktor an, die sie auch direkt unter die Augen auftrug. Während die einzog, schminkte sie ihre Augen mit einer Lidschattenpalette, die aus vier Alltagsfarben bestand. Fleißig verblendete sie alles und zauberte einen ordentlichen Lidstrich an jedem Wimpernkranz. Sie bearbeitete ihre kaum sichtbaren, geraden Wimpern mit der Wimpernzange, trug ordentlich Wimperntusche auf und klebte falsche Wimpern, die dezenter Natur waren, hinterher. Nachdem Sakura damit fertig war, verteilte sie ihre liebste Foundation, die perfekt zu ihrem Hautton passte, sorgfältig mit einem hochwertigen Pinsel in ihrem Gesicht. Poren und Hautunreinheiten, die sie hatte, verschwanden, ihr Teint wurde ebenmäßig und makellos; die Deckkraft war hoch und dennoch fühlte es sich nicht so an, als trüge sie Make-up. Sie fixierte alles mit gepresstem Puder, dann kam Rouge auf die Wangen und dann stand das Konturieren an. Schlussendlich zeichnete sie ihre dünnen Brauen mit einem Augenbrauenstift nach und ging mit einem Bürstchen darüber; sie wirkten nun dicht und dick – momentan war das en vogue. Sie frühstückte nie direkt nach dem Aufstehen, ihr Frühstück würde sie im Zug verzehren, und so fand ein pinkfarbener Lippenstift ihren Weg auf ihre Lippen. Sie wirkten voller, glänzten und die Fältchen waren karschiert worden.
 

„Nun etwas Parfüm.“ Sie sprühte sich etwas vom edlen Nischenduft, den sie im Internet für den halben Preis erworben hatte, auf den Hals, und sog genießerisch die Komposition aus Blumen und Früchten durch die Nase ein.
 

Höchst zufrieden mit ihrer Leistung betrachtete sie sich im Spiegel ihres weißen Schminktischs, auf dem unzählige Produkte von Luxusmarken Platz fanden. Nicht etwa ihre Eltern hatten ihr das alles gekauft, sondern sie selbst. Zwei Jahre lang hatte sie hart neben der Schule gearbeitet, und noch härter in den drei Monaten vor dem Beginn der Vorlesungszeit, um sich all diese Produkte für ein neues Leben leisten zu können. Sie machte ein Foto von sich und lud es auf instagram.com hoch, wo sie als Kirschbluete angemeldet war. Es folgten ihr über dreißig Tausend Menschen. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel, dann lief sie die Treppen in die Küche hinunter.
 

Hätte sich ihre Mutter nicht längst an diese Sakura gewöhnt, wäre ihr die Pfanne aus den Händen geglitten. Ihre Tochter war in diesem Aufzug ein ganz anderer Mensch. Ihre ehemaligen Klassenkameraden würde sie nicht wiedererkennen, wenn sie ihr in der Stadt begegneten – und das war auch gut so, war Sakuras Meinung. Eine Begegnung in diesem Dorf war völlig ausgeschlossen: Erst vor ein paar Monaten war die Familie Haruno aus einer Wohnung in der lebendigen Stadt in dieses von Stille umgebene Haus gezogen. Das Alter der Bewohner betrug im Durchschnitt sechzig, wenn nicht höher. Hier lebten überwiegend alte Menschen mit Katzen, von denen einige manchmal durch den Garten spazierten und aus dem Teich tranken.
 

Sakura umarmte ihre Mutter und nahm die gereichte, in eine Tüte verpackte Brotdose mit ihrem Frühstück entgegen. Dann eilte sie wieder nach oben und verstaute die Brotdose in ihre Tasche. Kurze Zeit später rauschte sie mit eben dieser in den Flur herunter. Sie zog sich flache, kniehohe Stiefel in dunklem Beige und einen cremefarbenen Poncho an. Ihre Mutter lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen am Türrahmen und beobachtete ihre Tochter mit gerunzelter Stirn; in ihrem Gesicht war pure Skepsis eingemeißelt.
 

Sakura öffnete die Tür und sagte fröhlich: „Bis später, Mutter!“ Mebuki Haruno trat ans Fenster und sah, wie ihre Tochter ins Auto stieg und die Tasche auf den Beifahrersitz ablegte. Als Sakura den Motor startete und losfuhr, wandte sich Mebuki kopfschüttelnd von der Glasscheibe ab.
 


 

Sakura parkte auf dem Bahnhofsparkplatz unweit des Eingangs. Mit dem Scheinchen hinter ihrer Windschutzscheibe konnte sie umsonst parken. Ihr Zug kam pünktlich an und sie nahm im Ruhewagen Platz. Beim Großteil der Fahrgäste, die nicht wenige waren, handelte es sich um Studenten. Einige holten ihren Schlaf nach, andere lasen, andere wiederum sahen aus dem Fenster. Sie mochte es nicht, aus dem Fenster zu schauen. Wann immer sie es tat, wurde sie schwermütig, und deshalb hatte sie immer etwas dabei, womit sie sich die Zugfahrt über besser beschäftigen konnte: Magazine lesen, Artikel auf dem Display ihres Mobiltelefons lesen und Kommentare auf Instagram beantworten.
 

Erst als sie sich ihrem Frühstück widmen wollte, bemerkte sie, dass sie angestarrt wurde. Sie hatte sich früher stets unwohl gefühlt, wenn man sie angestarrt hatte, hatte sich daheim bei ihrer Mutter ständig über Glotzer und Gaffer beschwert. Im Zuge der Entwicklung ihres Plans hatte sie sich die Aufregung abtrainiert – es war klar wie Kloßbrühe, dass man sie anstarren würde. Vielleicht sogar aus dem Internet wiedererkennen würde. Dem Starrer, einem jungen Mann mit einer Topfschnittfrisur, außer Kontrolle geratenen Augenbrauen und mit einem grünen Sportanzug bekleidet, schenkte sie ein warmes Lächeln. Seine Wangen färbten sich rosafarben, er sackte in seinem Sitz zusammen, wie jemand, den soeben alle Kräfte verlassen hatten, und schaute nur noch ab und zu zu ihr hinüber. Sakura störte sich nicht daran und verzehrte genießerisch ihr Frühstück, das aus Pfannengemüse und gebratenem Tofu bestand, trank etwas Wasser und zog sich beim nächsten Halt des Zuges ungeniert den Lippenstift nach.
 

Die Zugfahrt dauerte knapp eine Stunde. Auf dem Bahnsteig warfen ihr einige Leute im Vorübergehen verwunderte Blicke zu. Sakura hatte sogar an ihrer Gangart gefeilt und bewegte sich beinahe schon graziös in ihrem Schuhwerk. Bloß keinen Buckel machen! Der junge Mann aus dem Zug, dessen schwarze Haare in der schwachen Oktobersonne glänzten, hatte sie an der Ampel eingeholt. „Entschuldigung“, sprach er sie von der Seite an, „Sie sind doch Kirschbluete!“ Aufgeregt und freudig sah er sie an. Sie lächelte, versuchte, sich ihre Überraschung darüber, dass sie als allererstes von einem Mann angesprochen wurde, nicht anzumerken.  „Wahnsinn, Sakura!“, freute sich der andere, nachdem sie bejahte hatte, und kramte aus seinem Rucksack sein Mobiltelefon hervor. „Kann ich gleich auf der anderen Seite ein Foto mit Ihnen machen?“
 

Sie fand es herzallerliebst, dass er sie siezte und ein Foto mit ihr machen wollte. Für einen Moment dachte sie nach, ob er sie tatsächlich mochte oder sie lieber doch Vorsicht walten lassen sollte. Mein Gott, sprach sie in Gedanken zu sich selbst, er sieht harmlos aus, ich glaube nicht, dass er etwas Böses im Schilde führt. Ich muss aber zugeben, dass er wirklich seltsam ausschaut. „Gerne. Aber du musst mich nicht siezen. Ich gehe davon aus, dass wir beide Studenten sind.“ Die Ampel wurde grün und sie überquerten zusammen die Straße.
 

„Meinen Sie… Meinst du das Ernst?“ Sie nickte, und er war hin und weg. „Bist du auch ein Erstsemester, was studierst du?“ Der junge Mann machte ein Foto vor einer Poststation, ehe sie weitergingen. Es stellte sich heraus, dass die beiden zusammen Englisch studieren würden. Sakuras zweites Fach war Französisch, seins dagegen Sport. „Ich habe mich gar nicht vorgestellt, tut mir leid, mein Name ist Rock Lee.“ Er reichte ihr verlegen die Hand. „Ich bin schon einige Male vor der Vorlesungszeit hier gewesen, ich kenne da eine nette Abkürzung!“
 

Sie schritten durch ein Wohnviertel. Sakura wunderte sich sehr, dass die Universität sich bereits auf der anderen Straßenseite befand. Sie mussten zum selben Gebäude, in denselben Raum, zur Einführung in die britische Literaturwissenschaft. Die zuständige Dozentin hatte einen Computerraum gebucht. Den Erstsemestern stand ein kleiner Test bevor – er würde nicht bewertet werden, die Dozentin wollte nur in Erfahrung bringen, wie viel jeder Einzelne von ihnen wusste.
 

Sakura und Lee setzten sich nebeneinander. Die Computer waren eindeutig neu, den Raum hatte man aller Wahrscheinlichkeit nach vor kurzem erst renoviert.
 

„Ihr könnt nun beginnen. Eine Stunde habt ihr Zeit. Und nicht vergessen: Ausnahmslos alles muss in Englisch sein, wir sind hier nicht im Biologieunterricht in der Schule. Wenn ihr den Fachterminus nicht kennt, auf Englisch paraphrasieren!“
 

Der Test bestand aus drei Aufgaben. Jede Aufgabe bezog sich auf einen anderen Text: In der ersten Aufgabe sollte man einen prosaischen Text lesen und etwas zu den Erzählinstanzen schreiben; die zweite Aufgabe war, ein Gedicht analysieren, mindestens drei rhetorische Stilmittel heraussuchen und ihre Funktion erklären und eine kurze Interpretation liefern, was in Stichpunkten erledigt werden konnte; in der letzten Aufgabe sollte man einen kurzen Kommentar zu einem Ausschnitt aus einem dramatischen Text verfassen.
 

Sakuras Finger kribbelten. Der Autor des prosaischen Texts war ihr nicht bekannt. Sie vermutete, dass er ein zeitgenössischer Autor war. Der Textausschnitt gab einiges her, was nicht erfragt wurde. Beim ersten Lesen des Gedichts hatte sie fünf Stilmittel entdeckt, beim zweiten Mal gesellten sich drei weitere dazu. EinTotum pro parte! Das ist selten. Sie biss sich auf die Lippe. Nun, ihre Kommilitonen würden von ihrem Ergebnis nichts mitbekommen, da die Dozentin ihre Rückmeldung via E-Mail versenden wollte. Also durfte sie so viel schreiben, wie sie wollte. Sie atmete tief durch und begann zu tippen.
 

Nach fünfzehn Minuten hatte sie zur ersten Aufgabe einen halben Roman geschrieben. Ihre Antwort zur der zweiten Aufgabe fiel länger aus. Bei dem dramatischen Text handelte es sich um einen Monolog aus Macbeth. Shakespeare. Von wem denn sonst, dachte sich die junge Frau und schmunzelte in sich hinein. Dramatische Texte gehörten nicht zu ihren Favoriten, aber Shakespeares Werke wusste sie zu schätzen. Den Kommentar dazu hätte sie gerne ausführlicher gestaltet, dafür blieb ihr jedoch keine Zeit.
 

„Nächstes Mal sehen wir uns auf der zweiten Etage, im Raum 2.134“, verkündete die Dozentin, nachdem alle Studenten fertig geworden waren. Die erste Pause würde fast eine ganze Stunde dauern, schließlich machten sie eine halbe Stunde früher Schluss.
 

„Puh“, machte Lee und rieb sich den Nacken. „Das war ziemlich intensiv. Ich habe nur wenige Sachen aus der Schule behalten.“
 

Sakura lachte gespielt erleichtert auf. „Ich bin nur froh, dass das nicht bewertet wird. Gäbe es eine Punktzahl darauf, hätte ich vielleicht nur knapp die Hälfte der Punkte erreicht. Aber ich schätze, deshalb sind wir hier – um zu lernen!“ In Lees Ohren klangen Sakuras Worte wie eine feierliche Rede. Seine bebenden Lippen wurden zu einem schmalen Strich, dessen Enden sich nach oben bogen. Er zeigte ihr seinen rechten Daumen und nickte beipflichtend.
 

Lee führte sie in das Zentralgebäude. In diesem Gebäude waren die großen Hörsäle untergebracht, in denen bis zu dreihundert Studenten passen konnten, und ganze zwei kleine Cafeterien. Auf der zweiten Etage befinde sich die Mensa, erklärte ihr Lee. Er wollte sie gerne seinen Freunden vorstellen, die in einer der Cafeterien auf ihn warteten. „Die haben wohl auch früher Schluss gemacht.“ Er schätzte, dass es nur wenige Dozenten gab, die am ersten Tag den Unterricht komplett durchzogen; vielmehr diente die erste Stunde dazu, einander entweder kennenzulernen und einen Überblick über das Seminar zu erhalten oder die Studenten auf ihr Wissen zu testen.
 

Seine Freunde, die einen Tisch am Fenster besetzt hatten, waren nicht so wunderlich wie er: Die eine, die Lee als TenTen vorstellte, war wie er selbst ein Sportstudent. Sie war ungeschminkt, trug ihr Haar zu zwei Knoten und hob die Hand zum Gruß, als Lee sie miteinander bekanntmachte. „TenTens zweites Fach ist Moderne Sinologie.“ Der zweite Mann in der Gruppe, der in ihre Richtung nickte, hieß Neji, und auch er studierte Sport. „Sein zweites Fach ist Philosophie“, bemerkte Lee. Lee, TenTen und Neji kannten sich seit der siebten Klasse und waren unzertrennlich.
 

Es war nicht besonders voll, aber sehr warm in der Cafeteria, und Sakura entledigte sich ihres Ponchos und ihres Blazers, nachdem Lee und sie sich gesetzt hatten. Lee stellte sie vor. Er verlor kein Wort darüber, dass er sie aus dem Internet kannte. Vielleicht, weil weder Neji noch TenTen sie als Kirschbluete kannten, oder es ihm unangenehm war, dass er ihr auf instagram.com folgte. Über den Grund konnte Sakura nur mutmaßen.
 

Als die jungen Männer sich entfernten, um den Bus zum Westcampus zu kriegen – Lee war über den Abschied schwer betrübt –, beugte sich TenTen über den Tisch und inspizierte Sakuras Gesicht mit zugekniffenen Augen. „Hast du Make-up drauf?“, staunte sie und setzte sich wieder vernünftig hin. „Falls ja: Man sieht das überhaupt nicht!“ Sie nippte an ihrem Kaffee und seufzte. „Ich trage Make-up ja nur, wenn ich ausgehe. Nur sieht das dann absolut unmöglich aus. Überall Krümel und Schuppen.“
 

Das war der Augenblick, in dem Sakura mit ihrem Wissen über Hautpflege und Kosmetik glänzen konnte. Bis kurz nach zwölf Uhr unterhielten sie sich angeregt, tauschten schließlich Nummern aus und brachten in Erfahrung, dass sie für ihre nächsten Seminare ins Haus der Kulturwissenschaften mussten. Sie verließen zusammen die Cafeteria und machten sich auf den Weg zum besagten Haus. Es lag fünf Minuten Fußweg vom Zentralgebäude entfernt und beherbergte Seminarräume, eine große Bibliothek und einen Stand, bei dem man sich Kaffee und Brötchen holen konnte. Die jungen Frauen trennten sich in der Eingangshalle; TenTen musste in das dritte Stockwerk, Sakuras Seminar in Französisch fand in einem Raum im Erdgeschoss statt. Sie verabredeten, dass sie sich später am Eingang treffen werden.
 


 

Sakuras Stiefel gaben bei minimalster Bewegung ein lautes, nervtötendes Quietschen von sich. Da sie sich gerade in einer Bücherei befand und es hier nicht gerade wie auf einem Basar zuging, konnte man jedes einzelne Quietschgeräusch einer Explosion gleichsetzen. TenTen hatte sie leider verlassen müssen, da einer ihrer Kurse ausfiel und sie nach Hause wollte. Sakura dagegen musste ein Buch ausleihen. „Wir schreiben aber!“, hatte TenTen ihr versichert.
 

Ein weiteres Quietsch, und noch ein Quietsch-Quietsch. Nun reichte es der jungen Frau. Sie sah sich um. In den Leseräumen schien keiner zu sein. Sie war die Einzige, die um die Regale schlich. Sie entledigte sich ihrer Stiefel, stellte sie neben ein Regal ab und fuhr mit ihrer Suche fort. Bald fand sie das Buch ihrer Begierde, doch ohne eine Leiter oder einen Hocker konnte sie unmöglich an das Buch herankommen. Sie umging die Regale auf der Suche nach etwas, das ihr helfen könnte, doch von einer Leiter oder einem Hocker fehlte jede Spur. Innerlich aufstöhnend, presste sie sich gegen das Regal, stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte, mit ihren Fingern nach dem Buch zu greifen.
 

Sie war so konzentriert bei der Sache gewesen, dass sie nicht bemerkt hatte, wie aus dem Leseraum jemand herausgekommen war. Er sah sie an. Der Anblick belustigte ihn. Er trug an seinen Füßen nur Socken, und so hörte Sakura nicht, wie er sich über den Boden bewegte. Erst als er direkt neben ihr stand und seine Hand nach dem Buch ausstreckte, schreckte sie überrascht zurück. Hatte vor wenigen Sekunden noch Belustigung seine Züge geziert, erschienen Falten über seinen schwarzen Brauen. Die glanzlosen Augen, unter denen tiefe Falten blühten, erinnerten sie an schwarze Löcher. Die Mundwinkel des Unbekannten, der ein gutes Stück größer war als sie, rutschten nach unten. Sie atmete seinen Duft ein. Sakura hatte das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, wusste aber nicht, wieso sie das empfand.
 

Lavendel.
 

Ihre Finger zitterten, ihre Fersen taten weh.
 

Bergamotte.
 

Sie hatte gerade ein wenig Angst. Sie war sich sicher gewesen, dass sonst keiner anwesend war.
 

Er schien mit sich selbst zu sinnen, ob er ihr das Buch geben sollte oder nicht. Letztendlich nahm er es aus dem Regal und gab es ihr. Er machte auf dem Absatz kehrt und ging zurück in den Leseraum, aus dem er gekommen war; sein langes schwarzes Haar, das im Nacken von einem Zopfgummi zusammengehalten wurde, folgte ihm. Er verschwand aus ihrem Blickfeld und sie, die noch immer neben sich stand, hauchte: „Danke.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Inara
2017-01-12T15:43:30+00:00 12.01.2017 16:43
Interessanter Anfang.
Ich bin immer zu faul um mich für den Alltag zu schminken. Saku scheint es nicht bis ins nuttige zu treiben. Sowas mag ich nicht sonderlich. Ich versteh ihren Entschluss sich nach außen hin zu ändern, aber sowas wies schnell zur Maske.
Leere Clique scheint sie gut anzunehmen.
Madara ist typisch Uchiha.
Antwort von:  Inara
12.01.2017 16:44
Wies=wird
Sch*** Fehlerkorrektur


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