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Cry of the Spirits: The Forgotten Night

von

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Kapitel 1

Kapitel 1

Die Nachricht
 

5 Jahre später…

An der Scheibe des Fensters flossen zahlreiche Wassertropfen herab, die von einem erst kürzlich vergangenen Regenfall zeugten. Ein Blick hindurch zeigte das Neubaugebiets einer ordentlich anmutenden Nachbarschaft, die von dichten, grauen Wolken in eine düstere Stimmung gehüllt wurde. Die Blätter der Bäume und Büsche in den Vorgärten raschelten leicht im Wind. Eine Garage öffnete sich und eine Limousine von Toyota in glänzendem Metallicrot fuhr heraus. Als diese die Einfahrt verließ und die Straße entlang weg fuhr, schloss sich das Garagentor automatisch wieder. Evan stieß ein gelangweiltes Seufzen aus, während er auf dem Fensterbrett saß und nach draußen sah. Einige Momente, wenn nicht sogar Minuten, vergingen, ehe Evan seinen Kopf ins Innere seines Zimmers wandte. Rechts neben dem Fenster stand sein Bett, das noch immer nicht gemacht war, weshalb mehrere Kissen und die zerknüllte Decke durcheinander dort lagen. Er ist ohnehin erst vor kurzem aufgestanden und dachte sich sowieso immer, wenn er nachts eh wieder ins Bett geht, warum er es dann ordentlich herrichten sollte. Gegenüber seinem Schlafplatz stand ein unaufgeräumter Schreibtisch, auf dem sich auch sein bereits eingeschalteter PC befand. Mehrere Zettel, Stifte und sonstige Schreibmaterialien formten den Rest der Landschaft des Arbeitsplatzes. Ein durchgesessener Bürostuhl aus Leder gehörte auch noch mit dazu. Rechts neben dem Schreibtisch befand sich dann die Tür. Im Rest des Zimmers standen sonst nur Regale und Schränke, die neben Klamotten mit Büchern, gerahmten Bildern und sonstigem unzähligem Krimskrams gefühlt waren. Insgesamt war dies im Grunde ein typischer Wohnraum eines 17-jährigen Jungen, bei dem die meisten Erwachsenen wohl mit einem ‘du könntest doch mal aufräumen‘ reagieren würden.

Evan stand nun mitten im Raum und wusste nichts mit sich selbst anzufangen. Bei diesem düsteren Regenwetter hatte er auch keine Lust nach draußen zu gehen. Er hatte sowieso niemanden, mit dem er etwas hätte unternehmen können. Doch er setzte sich schließlich dann doch nur an den PC. Gerade als er den Internetbrowser öffnen wollte, spürte er wie auf Befehl eine leichte Vibration in seiner Hosentasche. Eigentlich wollte er es erst ignorieren, aber ihn störte es nicht zumindest einmal nachgesehen zu haben. Mit einem genervten Stöhnen kramte er sein Handy heraus. Fest rechnete er wieder mit einer Werbe-SMS seines Mobilfunkanbieters. Doch als er auf den Sperrbildschirm seines Smartphones schaute, erlebte er eine ziemliche Überraschung. Eine neue Nachricht stand neben einem Profilbild eines Jungen, etwa im Alter von Evan, der längere, zerzauste Haare hatte, die unauffällig an einer Seite mit einer Haarklammer zurückgesteckt waren, mehrere Ohrringe in beiden Ohren hatte und mit einem genervten Blick vor sich hin schaute. Einst waren sie unzertrennliche beste Freunde, doch mittlerweile hatte Evan schon länger nichts mehr von Miles gehört. Umso unerwarteter kam es jetzt, dass er ihn aus dem Nichts plötzlich anschrieb.

Hey, hast du dieses Wochenende Zeit?, las Evan in Miles‘ Nachricht, nachdem er sie geöffnet hatte. Einen kurzen Moment überlegte er, was er denn schreiben sollte. Wäre es klug gewesen Miles zu fragen, wieso er nach all den Monaten nun plötzlich wieder Kontakt aufnimmt? Aber Evan entschied sich dann doch dagegen.

Klar, du kennst mich doch. Hab ja immer Zeit, antwortete Evan schließlich. Ein paar Minuten vergingen, bis Miles eine Antwort schrieb und diese ankam.

Ich will mich wieder mal mit dir treffen. Interessierst du dich noch für dieses Geisterzeug? Wenn ja weiß ich schon, was wir unternehmen könnten. Du wolltest doch damals immer schon zu diesem verlassenen Dorf auf dem Hollow Berg, Guilswell oder wie das hieß, wolltest. Wieso treffen wir uns heute Abend nicht da? Evan fragte sich nun ernsthaft, ob er wirklich mit Miles schrieb. Nach der Sache vor 5 Jahren, als sie den Geist der alten Frau begegnet sind, wollte Miles erst recht nichts mehr über Geister wissen. Er ließ es sich nicht anmerken, aber Evan wusste immer, dass er einfach eine riesen Angst hatte. Doch trotz der Skepsis sagte Evan zu. Das Dorf wollte er, wie Miles schon sagte, schon immer einmal besuchen. Zahlreiche Besucher berichteten dort von Geistererscheinungen. Aber da Miles nie mitgehen wollte, hatte er niemanden, der ihn begleitet hätte. Und auch wenn er es so stark er konnte verleugnete, alleine traute er sich dann doch nicht. Zwar interessierten ihn Geister wie nichts Anderes, aber das änderte nichts daran, dass er sich doch fürchtete. Außerdem gab es in seiner Umgebung eh kaum Orte, bei denen es spuken sollte. Selbst der Hollow Berg war mit dem Zug locker eine Stunde entfernt. So war es kein Wunder, dass Evans Traum von der Geisterjagd nur ein Wunschgedanke geworden ist. Doch nun war es wieder an der Zeit. Und je mehr er darüber nachdachte, umso mehr freute er sich.
 

Am Fuß des Berges ist eine alte, zerfallene Farm. Ist zwar extrem Matschig dort, aber es kann sich lohnen dort die Augen mal offen zu halten, das war die letzte Nachricht, die Evan von Miles erhalten hatte. Nachdem er den Bahnhof verlassen hatte, folgte er einen kleineren, abgelegenen Wanderpfad. Nach einigen Kilometern fand er sich nun in einem Gebiet wieder, bei dem man deutlich sah, dass dort seit Jahrzehnten nichts mehr durch Menschenhand verändert geworden ist. Der Boden war nass, aufgequollen und matschig. Überall wuchsen absolut verwilderte Büsche. Alte verwitterte Telefonmasten ragten teilweise schräg und am Umfallen aus dem sumpfigen Boden. Mittendrin stand das alte, verrostet Wrack eines Jeeps, die Räder halb im Schlamm versunken. In der ganzen Gegend stieg ein Schleier aus Nebel empor. Der Hintergrund wurde ausgefüllt von einem Berg, der fast vollständig von Wald überwuchert war. Auf diesem stiegen zwischen den Bäumen zahlreiche große und dichte Nebelschwaden in die Luft. Ein kühler Wind ging und man konnte die Feuchtigkeit richtig spüren. Schnell bildete sich ein leichter, feuchter Film auf Evans Wanderjacke. Als er weiterging und den weichen Boden unter seinen Füßen nachgeben spürte, welcher bei jedem Schritt ein schmatzendes von sich gab, war er froh seine massiveren Wanderstiefel angezogen zu haben.

Eine gefühlte Ewigkeit watete er durch die Gegend. Obwohl er durch den Nebel kaum sagen konnte, wo hinten oder vorne war, orientierte er sich einfach auf den Hollow Berg, auf den er langsam zuwanderte. Irgendwann tauchte plötzlich aus der dichten Nebelwand ein Zaun auf, der allerdings auch schon teilweise mit Gebüsch und Unkraut überwuchert war. Zwischen dem Gestrüpp war ohnehin zu erkennen, dass das Gitter des Zauns verrostet war. An den Metallpfeilern flossen einzelne kleine Wassertropfen herab. Evan folgte dem Zaun und merkte, wie der Boden fester wurde. Unter dem Matsch befanden sich Holzplatten, die wohl einst ein Weg gewesen sind. Und bald war auch das Ende des Zaunes erreicht. Noch leicht in den Nebelschwaden verhüllt zeigte sich langsam die Ruine eines alten Hauses.

„Das hat er wohl gemeint“, murmelte Evan leise vor sich hin. Ohne lange zu zögern nahm er seinen Rucksack ab und kramte etwas heraus. Es war eine relativ alte Kamera. Nachdem er gelesen hatte, dass mit älteren Geräten die Chancen höher sind Geisterscheinungen einzufangen, als mit einem modernen Digitalgerät, wollte er eine solche Kamera. Also hatte er dann diese Kamera von seinem Großvater geschenkt bekommen, als dieser sie verstaubt in einer Kiste seines Dachbodens gefunden hatte.

Evan legte ein Videoband ein und sattelte den Rucksack wieder auf. Er schaltete sie ein, woraufhin ein lautes, statisches Geräusch kurz ertönte. So startete er dann die Aufnahme und schaute dabei durch die Linse der Kamera die Gegend ab. Durch diese sah nun alles leicht verzerrt, in niedriger Auflösung aus und alles war mit Störeffekten überzogen. Allein daran war zu sehen, dass die Kamera antik gewesen ist.

„Selbst wenn ich einen Geist filme, wird bei der Qualität nichts zu erkennen sein“, murmelte er leise. Evan betrat das alte Haus, von dem eigentlich nur noch Teile der Grundmauern standen. Von einem oberen Stockwerk waren lediglich ein paar Balken übrig, manche schon halb nach unten gefallen. Die Dielen des Holzbodens knarzten nichtmal mehr, so feucht und vermodert waren sie. Ein paar Büschel Unkraut wuchsen aus den Spalten im Boden heraus. An der einen Wand waren noch die Überreste eines Kamins zu erkennen. Die Luft war allgemein sehr kalt, doch als er weiter in das Innere des Hauses ging, wurde es schlagartig noch wesentlich kühler. Als Evan dann dazu ein kalter Schauer über den Rücken lief, blieb er stehen.

„Ich weiß dass du hier bist“, sagte er ruhig, aber mit leichtem Zittern in der Stimme. Ein leichtes paranoides Gefühl machte sich in seinem Rücken breit. Er rechnete nun damit, dass jeden Moment etwas hinter ihm auftauchte. Etwas griff dann auch nach seinem Arm, zumindest fühlte es sich so an. Evan erschrak und zuckte zurück. Nein, da war nichts, er hatte es sich nur eingebildet. Er war sich absolut sicher, dass etwas hier war. Doch weder zeigte es sich, noch machte es sich auf andere Art und Weise bemerkbar. Zunächst traute er sich nicht, stand wie erstarrt da. Aber dann schlich er doch langsam wieder aus dem Haus heraus. Die Luft war schon lange wieder auf normaler Temperatur. Ein leises Rascheln eines Busches erklang. Schnell schaute Evan mit der Kamera in die Richtung, aus der es kam. Nur ein wildes Gestrüpp, hinter dem ein dunkler, kleinerer Fels lag. Muss ein Vogel gewesen sein. Fast schon enttäuscht drehte er sich wieder in eine andere Richtung. Aber nichts außer Matsch, Gebüsch und Nebel war zu sehen. Er blickte noch ein weiteres Mal hin und her. Ganz deutlich, dass er nicht weiter wusste. Sollte er weiter suchen? Oder wo ging es allgemein nach Guilswell? Am besten, so dachte er, ging er weiter in Richtung des Berges. Doch ihm fiel etwas auf. Er blickte noch einmal zurück. Von dort, wo das Geraschel herkam. Der Busch stand noch wie vorher da. Doch nun bemerkte Evan, dass der Fels weg war. Momente vergingen, während er mit der Kamera in diese Richtung filmte. Zu spät fiel auf, dass ihn etwas am Hosenbein packte. Ein Schock wie zuletzt vor fünf Jahren durchzog seinen Körper. Schnell fing sein Herz zu klopfen an, das sich eher wie Schläge mit einem Vorschlaghammer anfühlte. Jede einzelne Faser sträubte sich danach, doch er schaute doch langsam nach unten. Doch in dem Moment lockerte sich der Griff. Wie zu erwarten war, war nichts zu sehen. Evan atmete tief ein und aus. Er brauchte einige Minuten, um sich zu beruhigen. Ein entferntes, kurzes Kinderlachen war zu hören, das mit einem leichten Echo durch die Gegend zog. Mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht stand Evan ein paar Sekunden da. Wenn nicht gar eine oder mehrere Minuten. Wieder erschrak er, als er etwas am Bein spürte. Diesmal war es jedoch nur das Vibrieren seines Handys.

„Verdammt“, fluchte Evan. Er schaltete die Kamera ab und nahm sie wieder herunter. Ein Blick auf dem Handy zeigte, dass ihm Miles wieder geschrieben hatte.

Hast du ihn gesehen? Ich war letztens hier, hab nach einem Ort zum abhängen gesucht. Da hab ich ihn gesehen. Hab dann erfahren, dass in den 50ern hier eine Farmerfamilie gelebt hat, bis das Haus durch ein Hochwasser unbewohnbar wurde. Ihr kleiner Sohn ist dabei ertrunken. Jetzt beeil dich, schrieb Miles. Ein weiteres Mal atmete Evan tief ein und aus und schaute sich dabei ein nochmal um. Er schüttelte mit dem Kopf und ging weiter. In Richtung des Berges, wo er hoffte das Dorf zu finden. Eine Mischung aus Freunde und Furcht tobte in ihm. Mittlerweile war er davon überzeugt, dass er eindeutige Geister filmen wird. Dass das gerade nur der Anfang gewesen ist.



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