Zum Inhalt der Seite

Wichtelrunde

Adventskalender 2016
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

6. Türchen

6. Türchen
 

„Mann Zorro, jetzt beeil dich doch mal, ich hab Hunger!“, quengelte Ruffy nun bestimmt schon zum fünften Mal in den letzten zwei Minuten.

Und zum ebenso viel-ten Mal stöhnte der Grünhaarige genervt und erwiderte „Ruffy, ich stehe in einer Schlange. Es ist nicht meine Schuld, dass das so lange dauert.“

„Doch, eigentlich schon.“, mischte sich Nami ein, die mit dem Rest der Bande an der Seite des Strohhutträgers stand. „Wärest du nicht mal wieder in die vollkommen falsche Richtung gerannt, hättest du mit uns zusammen weiter vorne gestanden und wärest schon dran gewesen.“

„Ihr seid doch auf einmal weg gewesen.“

„Wir sind direkt vor dir gelaufen, du Volltrottel! Wir können dich nicht die ganze babysitten, nur weil du zu blöd bist, in die richtige Richtung zu gehen und außerdem bist du nicht erst seit gestern am Internat!“, ereiferte sich das Mädchen mit den orangenen Haaren lautstark und stemmte die Hände in die Hüfte. Der nicht vorhandene Orientierungssinn ihres Gegenübers war ihr schon immer ein Rätsel gewesen und raubte ihr seit sie ihn kannte regelmäßig die Nerven.

„Du Furie brauchst nicht so zu schreien, ich steh doch direkt neben dir.“, grummelte der Angesprochene jedoch nur. Er war wirklich versucht gewesen, sich die Ohren zu zu halten.

Wütend blickt Nami ihn an, doch bevor sie sich beschweren konnte, mischte sich noch jemand in die Unterhaltung mit ein.

„Wie hast du Namilein gerade genannt, Moosbirne?!“, fragte Sanji aufgebracht und machte bedrohlich einen Schritt auf seinen Kumpel zu. Diesen beeindruckte das jedoch nicht, stattdessen trat er ihm ebenso angriffslustig entgegen.

„Halt dich da raus, Schnitzelklopfer!“

„Huh?! Pass lieber auf, was du sagst, Säbelrassler!“

„Klappe, Kochlöffel!“
 

Ihr kleiner Streit wurde jäh unterbrochen, als Zorro schließlich ganz vorne in der Schlange stand und dann an der Reihe war, einen Namen fürs Wichteln zu ziehen. Er griff in den nicht einmal mehr zu einem Viertel vollen Behälter und zog eines der zusammengefalteten Papierstücke heraus. Bevor er jedoch dazu kam, es zu auseinander zu falten und sich anzusehen, wurde er am Arm gepackt und in Richtung Tür geschleift.

„Endlich! Auf in die Mensa! Essen fassen!“, rief Ruffy gut gelaunt aus und reckte dabei triumphierend eine Faust in die Luft. Beinahe hätte Zorro dank dem Schwarzhaarigen den Zettel fallen lassen, schaffte es allerdings gerade noch so, ihn wieder in einen festen Griff zu bekommen. Um sicher zu gehen, dass er ihn nicht tatschlich noch verlor, denn diesen Ärger wollte er sich unter keinen Umständen antun, vergrub er ihn ungelesen in einer seiner Hosentaschen. Nachdem er dann auch noch seinen Arm von Ruffy befreit hatte, welcher ihn wie ein Äffchen umklammert, hibbelig auf und ab gesprungen und „Futter! Futter!“ wie ein Mantra fröhlich vor sich hin geflötet hatte, folgte er seinen Freunden aus dem Raum.

Das Wichteln und der Zettel waren fürs erste vergessen.
 

 

Erstaunlicherweise war es erst kurz vor knapp, als er wieder daran erinnert wurde.

Er war mit seinen Freunden Weihnachtsshoppen gewesen, hatte sich deren Gespräche über die Geschenke fürs Wichteln angehört, doch nicht ein einziges Mal hatte er an seinen Zettel gedacht. Im Nachhinein wunderte es ihn auch, dass ihn niemand danach gefragt hatte, wo es doch in der Zeit vor der Weihnachtsfeier so ein prominentes Thema gewesen war.
 

Es war der Tag der Weihnachtsfeier, etwa eine halbe Stunde bevor sie los mussten. Zorro versuchte gerade, in seinem Schrank nach etwas Vernünftigen zum Anziehen zu finden. Hinter ihm auf seinem Bett hatte es sich Bonney vor einer Weile bequem gemacht, wie immer um ihrer nervigen Zimmergenossin zu entkommen, und naschte aus einer Tüte gebrannter Mandeln, die sie am Vormittag gekauft hatte. Ruffy, dem das andere Bett im Raum gehörte, hatte sie kurz nach ihrer Ankunft mit einer Tüte bunter Marshmallows aus dem Zimmer gelotst, sodass sie ihre Ruhe hatten.

„Willst du dich gar nicht mehr umziehen?“, fragte er und warf der Rosahaarigen über seine Schulter hinweg einen Blick zu. Kurz sah sie an sich hinab. Lederleggins und ein elegantes Top mit Spitze an Ärmeln, Dekolleté und Rücken. Ihre Stiefel hatte sie achtlos vor dem Bett auf den Boden fallen lassen. Mit diesem Outfit würde sie wohl eine der wenigen, wenn nicht sogar die einzige Schülerin sein, die nicht in einem Kleid auftauchte. Ein Umstand, der sie kaum weniger interessieren konnte.

„Wozu? Ich finde das reicht. Ist ja nur eine Weihnachtsfeier und kein Opernball.“, antwortete sie schulterzuckend, ehe sie ihren Blick zu ihm wandern ließ und herausfordernd eine Augenbraue hob. „Aber bevor wir aber über meine Klamotten reden, sieh du lieber zu, dass du überhaupt was Sauberes zum Anziehen findest, Blödmann. Sonst gehst du nackt.“

Und dann, mit einem leichten Grinsen, fügte sie hinzu „Nicht, dass ich etwas dagegen hätte…“.

„Träum weiter.“, erwiderte der Grünhaarige augenrollend und horchte dann auf, als es an der Tür klopfte.
 

Keine Sekunde später steckte Chopper seinen Kopf zur Tür herein. „Hey, Zorro, soll-“

Der Kleine stoppte kurz, als er Bonney erblickte.

„Oh, entschuldige Zorro, ich wusste nicht, dass deine Freundin auch hier ist…“, murmelte er verlegen.

„Wir sind nicht zusammen!“, widersprachen die beiden Betroffenen sofort und beinahe zu hundert Prozent synchron. Etwas verwundert blickte Chopper zwischen den beiden hin und her, doch dann schüttelte er den Kopf und kam wieder zum eigentlichen Grund seines Besuches zurück.
 

„Ich habe gerade mein Wichtelgeschenk eingepackt und bevor ich das Geschenkpapier wieder wegräume wollte ich fragen, ob du deins noch eingepackt haben möchtest.“, trug er sein Anliegen vor. Zorro runzelte die Stirn und blickte den Jungen in der Tür irritiert an. Diesem entgleisten bei Zorros nächster Frage beinahe alle Gesichtszüge, während das einzige anwesende Mädchen ihr Lachen kaum unterdrücken konnte.

„Was für ein Geschenk?“

„Oh Gott, Zorro, bitte sag nicht, dass du vergessen hast, ein Geschenk zu besorgen.“, flehte Chopper entgeistert.

„Was für ein Geschenk?“, wiederholte dieser seine Frage und blickte immer noch völlig ahnungslos drein, bis ihm schließlich ein Licht auf zu gehen schien und seine Lippen sich zu einem stillen ‚Oh‘ formten. „Mist. DAS Geschenk.“

„Da hilft auch kein Geschenkpapier mehr…“, kommentierte Bonney an Chopper gewandt, ehe sie laut losprustete. Entsetzt sah der kleinste der drei die anderen abwechselnd an. Es war ihm unverständlich, wie man in dieser Situation darüber lachen konnte. Und natürlich wie man so etwas überhaupt erst vergessen konnte.

„Wem musst du denn etwas schenken? Vielleicht finden wir ja noch auf die Schnelle etwas.“, schlug er daher vor, um die Situation vielleicht noch zu retten. Doch wie er befürchtet hatte, war sein Kumpel dabei keine große Hilfe.

„Keine Ahnung. Ich hab nicht nachgesehen.“

Chopper war am Verzweifeln. Und kurz davor, aus Panik los zu heulen. Das war einfach zu viel für ihn. Wie? war die Frage die sich ihm stellte. Wie man so etwas vergessen konnte. Wie man es nicht schaffen konnte, in gut drei Wochen wenigstens einmal auf diesen Zettel zu sehen. Das überstieg seinen Horizont.

„Und wo ist der Zettel?“

„Woher soll ich das wissen?“

Inzwischen hatte Bonney sich von ihrem Lachanfall erholt und sich vom Bett erhoben. Sie schritt zur Tür, an dem noch immer etwas überforderten Zorro vorbei, und blieb kurz vor Chopper stehen, welcher aussah, als wäre er fertig mit der Welt. „Ich kümmere mich darum.“, versicherte sie dem Kleinen und schloss die Tür, als er gegangen war.
 

„Also ich wusste ja, dass du ein Schwachkopf bist, aber damit hast du echt den Vogel abgeschossen.“, seufzte sie, bedachte den Grünhaarigen jedoch noch immer mit einem amüsierten Blick. Dieser ärgerte sich jetzt schon. Wie lange würde er sich das wohl anhören dürfen? Wochen? Monate? Nein, er wollte es sich gar nicht vorstellen.

„Jetzt denk nochmal nach. Wo hast du den Zettel hingetan, als du ihn bekommen hast?“

Mit gerunzelter Stirn sah er sie an. Überlegte. Er hatte in der Schlange gestanden. Nami hatte ihn angemeckert, weswegen konnte er nicht mehr sagen. Er hatte einen Zettel gezogen. Ruffy hatte ihn mitgeschleift…

„Hosentasche.“, sagte er nach einer Weile plötzlich. „Ich hab den Zettel in die Hosentasche gesteckt.“

Er drehte sich zu seinem Wäschekorb, schaute diesen einen Moment lang ratlos an. Er konnte sich beim besten Willen nicht mehr erinnern, welche Hose er angehabt hatte. Er würde wohl oder übel alle durchsuchen müssen. Mit einem resignierten Seufzen bückte er sich, um die erste aufzuheben.

Hinter sich hörte er Bonney erneut auflachen.

„Hör auf zu lachen und hilf mir lieber. Ich hab keine Zeit für so was.“, brummte er verärgert und warf die Hose in seinen Händen beiseite. In den Taschen hatte sich nichts als ein Taschentuch und ein wenig Kleingeld befunden. Er wagte einen kurzen Blick auf die Uhr. Keine zwanzig Minuten mehr.
 

„Kerle…“, meinte die Rosahaarige kopfschüttelnd und trat von hinten an ihn heran. Mit geübten Bewegungen schlängelte sie ihre Arme um seine Hüften herum nach vorne und bevor er sie fragte konnte, was das denn werden sollte, griff sie in die Taschen und zog aus einer einen Zettel hervor.

Verblüfft zog er die Augenbrauen hoch.

„Woher…?“, begann er, wurde jedoch gleich unterbrochen.

„Wir waren abends Pizza essen, falls du es vergessen haben solltest. Daher.“

Während sie noch immer eine Hand in einer seiner Hosentaschen hatte und somit verhinderte, dass er sich umdrehte, faltete sie mit der anderen den Zettel auseinander. Als sie den Namen sah, war sie sich jedoch absolut nicht sicher, ob sie lachen, heulen oder ihm eine runterhauen sollte. Letzteres vorzugsweise mit einer Brechstange. Oder einer Abrissbirne, denn der Grünhaarige hatte ohnehin schon des Öfteren bewiesen, dass sein Oberstübchen leer stand.
 

Zorro wartete einige Sekunden, zehn, fünfzehn, doch hinter ihm blieb es still. Gerade, als er sich umdrehen wollte, fing sie wieder einmal an zu lachen.

„Was zur Hölle ist denn jetzt schon wieder so lustig?“, murrte er und wandte sich ihr schließlich zu. Doch bevor er einen Blick auf den Namen werfen konnte, schloss sie fest die Faust um das Stück Papier und hielt sie hinter ihren Rücken. Ihr Lachen verstummte, doch das verschlagene Grinsen auf ihren Lippen und das verschwörerische Funkeln in ihren Augen konnte nichts Gutes bedeuten.

„Versprich mir, dass wir morgen Pizza essen gehen, du zahlst, und du bekommst den Zettel.“, machte sie ihm ein Angebot, das ihn schwer schlucken ließ. Bonney zum Essen ausführen würde seine Brieftasche um einiges leichter machen. Allerdings war die Alternative ohne Geschenk aufzukreuzen und dann dürfte er sich noch mehr dumme Sprüche anhören, als es ohnehin schon der Fall sein würde. Nicht, dass das so ein großes Problem gewesen wäre, aber wenn er die Wahl zwischen seinem Geld und seinen Nerven hatte, verzichtete er lieber aufs Geld.

„Okay, okay. Aber es ist kein Date.“, willigte er ein und hob als Zeichen seiner Aufgabe die Hände. Sie verdrehte die Augen.

„Ha, soweit kommt’s noch...“

„Und jetzt her mit dem Zettel.“, verlangte er ungeduldig und griff hinter sie. Doch sie war schneller und hielt ihm das Papier vor die Nase.
 

Ungläubig starrte er auf den Namen. Er hatte mit so ziemlich allem gerechnet, jedoch nicht damit. Das konnte doch einfach nicht wahr sein.

„Du verarschst mich doch…“, murmelte er als er den Zettel aus ihrer Hand nahm und ihn weiter betrachtete. Aber die Buchstaben veränderten sich nicht, der Name blieb der gleiche, egal, wie lange er darauf starrte.

„Mehr Glück als Verstand.“, kommentierte sie grinsend, während sie ihre vernachlässigten Leckereien vom Bett nahm und sich die nächste Mandel in den Mund schob. „Und, schon ein Geschenk für dich selbst im Sinn?“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück