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Das Herz des Dämonenfürsten

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Es war einmal

Es war einmal ein großes Königreich. Es wurde von einem guten und gerechten König regiert.

Für das Wohl seines Volkes hatte der König die besten Magier des Landes in seinem Palast versammelt und ließ sie eine für Monster unüberwindbare Verteidigungsbarriere errichten. Außerhalb und auch innerhalb der Barriere sorgten die königlichen Ritter für Recht und Ordnung. So konnten die Bewohner des Palastes und der Stadt in Frieden leben.

Dennoch gab es eine Bedrohung in diesem sonst so friedlichen Reich, die der König mehr als alles andere fürchtete.

Weit ab vom Königreich, in einem dunklen Teil des Reiches, lebte der Dämonenfürst. Ein äußerst finsteres und bösartiges Wesen. Seit Jahren schon terrorisierte er das Königreich und versuchte immer wieder, durch die Barriere zu dringen. Sein Ziel war es, den König zu stürzen und den Staatsschatz an sich zu bringen, der ihm die Herrschaft über das Königreich und dessen mächtigen Magieressourcen verschaffen würde.

Gerüchten zufolge sollte die Prinzessin im Besitz des Schlüssels zur Kammer sein, in der sich der Staatsschatz befand.

Nach dem Tod seiner geliebten Frau war die Prinzessin des Königs Ein und Alles. So kam es, dass die Prinzessin noch nie in ihrem ganzen Leben den Palast verlassen hatte. Noch nicht einmal die Stadt dürfte sie betreten. Im Schloss selbst bewachten sie die Ritter Tag und Nacht.

Von der Außenwelt abgeschnitten und isoliert, sehnte sich die Prinzessin nach menschlichem Kontakt. So lautete der einzige Wunsch der Prinzessin, dass an ihrem 18. Geburtstag eine große Feier stattfinden sollte, zu der alle Bewohner des Reiches eingeladen werden sollte. Der König war zunächst nicht erfreut, konnte seiner geliebten Tochter aber ihren größten Wunsch nicht abschlagen. So verstärkte er die Wachen und öffnete die Tore für die Öffentlichkeit.

Sogleich eilten die Menschen von nah und fern herbei, um endlich die schöne Prinzessin in Augenschein nehmen zu können, die sie bisher nur von Erzählungen her kannten.

Schon lange hatte das Königreich nicht mehr so viele fremde Menschen gesehen. In der Stadt herrschte ein wahrer Massenauflauf. Man konnte kaum laufen, so dicht drängten sich die Menschen aneinander. Der Handel florierte, überall war die Stimmung ausgelassen und voller Vorfreude auf den Ball.

Überall?

Nein, nicht überall.

Eine junge Frau betrachtete das rege Treiben in der Stadt mit unverhohlener Missbilligung. Sie sehnte sich nach den ruhigen Zeiten im Schloss, in denen sie lediglich durch den Hofgarten flanieren musste und den Rest des Tages in ihrer geliebten Bibliothek verbrachte.

Hier draußen, in diesem gewaltigen Menschenauflauf, verlor man viel zu leicht die Übersicht.

Leider hatte ihre Herrin darauf bestanden, die Gunst der Stunde zu nutzen und sich in der Stadt umzusehen.

Neue Menschen kennenlernen.

Endlich die kleine Welt mit eigenen Augen zu sehen, die sie stets nur aus dem Fenster betrachten konnte. Zum Greifen nahe und doch so weit weg.

Und diesen Wunsch konnte sie ihrer Herrin keinesfalls abschlagen – immerhin war heute ihr Geburtstag. Der erste – und höchstwahrscheinlich auch der einzige – Tag in ihrem Leben, an dem sie die Palastmauern hinter sich lassen und sich frei bewegen dürfte.

Die junge Frau seufzte schwer.

Als ihre langjährige Dienerin und engste Vertraute konnte sie den Wunsch der Prinzessin durchaus nachvollziehen, aus ihrem goldenen Käfig auszubrechen.

Aber musste sie deshalb so übermütig durch die Menschmassen rennen? Wie sollte sie sie denn so im Auge behalten können?!

Die Mundwinkel verzogen, als habe sie einen ekligen Geruch in der Nase, schob sich die Dienerin durch die blattdünnen Lücken und versuchte, mit ihrer quirligen Herrin mitzuhalten, die von Stand zu Stand hetzte.

Unglückseligerweise kreuzte in dieser Menschenmasse eine besonders große Masse an Mensch ihren Weg. Als sie versuchte, sich an ihm vorbeizuschieben, bemerkte der Fleischberg ihre Anwesenheit und sah ihre Passierversuche als Anlass, eine Plauderei über das schöne Wetter, den großen Tag und den bevorstehenden Ball zu beginnen.

Die Dienerin nickte höflich die Themen ab und versuchte immer wieder vergeblich, sich von dem ungewollten Gespräch zu lösen, doch der Berg schien unüberwindbar.

Und dann war es auch schon geschehen: die Prinzessin war verschwunden.

Wieder seufzte die Dienerin schwer. Das würde ein schweres Stück Arbeit werden, sie wiederzufinden.

 

Die Prinzessin hatte überhaupt nicht bemerkt, dass ihre Dienerin im Gedränge verloren gegangen war.

Voller Vorfreude erkundete sie die Welt, die sie bisher nur aus den Büchern kannte, die sie jeden Tag in der Bibliothek gelesen hatte. Alles war irgendwie vertraut und dennoch so neu.

Wie der Stand mit der Zuckerwatte. In einem Buch hatte sie alles über den Herstellungsprozess gelesen, doch heute sah sie ihn zum ersten Mal mit eigenen Augen.

Völlig fasziniert davon, wie die Fäden sich zu einem immer größer werdenden Ball verdichteten, achtete die Prinzessin nicht auf den Weg.

Prompt stieß sie mit Jemandem zusammen.

„Ah! Bitte vergebt mir, ich war unachtsam!“, entschuldigte sie sich sofort.

Der Mann, mit dem sie zusammengestoßen war, lächelte sie charmant an. „Seid unbesorgt, mir ist nichts geschehen. Euch doch hoffentlich auch nicht?“

Die Prinzessin errötete sanft und senkte verlegen den Blick. Der Mann hatte dunkles Haar und war sehr gutaussehend.

„Ich… ich denke schon…“, stammelte sie schüchtern.

Dem Mann fiel plötzlich etwas auf. Er kam etwas näher und sah sich die Prinzessin genauer an. „Hm? Verzeiht, junge Dame, aber seit Ihr zufällig die Prinzessin?“

„Ja, so ist es“, erwiderte die Prinzessin arglos, erfreut darüber, dass man sie erkannte.

Der gutaussehende Mann lachte leise auf. „Nun, ich bin hocherfreut, Euch endlich kennen zu lernen. Ich bin extra den weiten Weg hierher gekommen, um Euch zu treffen.“

Die Prinzessin strahlte vor Glück. „Wirklich?! Dann nehme ich doch an, dass Ihr auch auf dem heutigen Ball anwesend sein werdet?“

„Nichts wird mich davon abhalten“, erwiderte der Mann und lächelte seltsam.

Die Prinzessin schenkte diesem Detail jedoch keinerlei Beachtung. Sie schlug freudig die Hände zusammen und rief: „Wie schön! Dann werde ich Euch unbedingt einen Tanz reservieren!“

Dem jungen Mann fiel vor lauter Überraschung die Kinnlade herunter. „Ja… nun… ich freue mich darauf…“

„Ich mich ebenso!“ Die Prinzessin errötete wegen ihrer vorschnellen Worte und kicherte verlegen. Dann erkannte sie in der Menge ihre Dienerin, verbeugte sich höflich zum Abschied und eilte davon.

Der junge Mann sah ihr nach, dann lief er langsam davon.

Sie würde ihm also einen Tanz reservieren?

Der Gedanke zauberte ein boshaftes Lächeln in sein Gesicht.

Das lief ja besser als erwartet.

 

Die Prinzessin zerrte ihre Dienerin ihre Dienerin noch einige Stunden durch die Stadt, dann war es an der Zeit, ins Schloss zurückzukehren.

Ihnen blieb gerade noch Zeit, sich für den Ball umzuziehen.

Die Dienerin war erleichtert. Glücklicherweise hatte der König ihren zu langen Aufenthalt in der Stadt nicht bemerkt. Das hätte sonst üble Konsequenzen für sie gehabt. Vor allem, wenn herausgekommen wäre, dass sie ihre Herrin für einen Moment im Gedränge verloren hatte.

Und das sie in dieser Zeit mit einem fremden Mann Vertraulichkeiten ausgetauscht hatte.

Was hatte sich die Prinzessin nur dabei gedacht?

Einem fremden Mann einen Tanz zu versprechen… Welch leichtsinnige Unvorsicht!

Und nun stand sie hier im Ballsaal, nervös ihre Hände gefaltet, und suchte sehnsüchtig den Saal nach jenem Mann ab.

War sie sich denn nicht im Klarem darüber, dass da draußen nicht nur gute Menschen existierten? Was, wenn der Mann Böses im Schilde führte? Auf jeden Fall musste sie gut Acht geben und dafür Sorge tragen, dass die Prinzessin diesem Mann nicht zunahe kam.

Dieses Mal würde sie die Prinzessin nicht aus den Augen lassen!

„Wo ist er denn bloß?“, jammerte die Prinzessin ungeduldig.

„Es ist besser so, wenn er nicht kommt“, erwiderte die Dienerin mürrisch.

Die Prinzessin wandte sich ihr zu, auffallend gut gelaunt. „Ach, meine Liebe, jetzt sei doch nicht so hartherzig! Heute ist ein besonderer Abend! Warum amüsierst du dich nicht ein wenig?“

„Ich bin beileibe nicht daran interessiert, mich zu amüsieren“, muckierte sich die Dienerin und verschränkte empört die Arme vor der Brust.

Die Prinzessin lachte auf.

Plötzlich sprach sie eine Männerstimme an. Ein älterer Herr stellte sich ihr als Graf vor, verbeugte sich tief vor ihr und bat um den nächsten Tanz.

„Oh, verzeiht, doch ich fürchte, mein Knöchel schmerzt zu sehr, um Eurer Bitte nachzukommen. Doch meine Dienerin wäre hocherfreut, Euch den nächsten Tanz zu schenken.“

Ehe die Dienerin wusste, wie ihr geschah, hatte der Graf auch schon ihre Hand ergriffen und zog sie aufs Parkett. Hilflos sah sie sich nach ihrer Herrin um, doch diese schenkte ihr nur ein fröhliches Lächeln und stahl sich davon.

In der Menge hatte sie ein vertrautes Gesicht erblickt.

Mit stark klopfendem Herzen näherte sie sich dem Mann, den sie vor einigen Stunden auf dem Marktplatz getroffen hatte. Er stand an der Wand gelehnt und beobachtete ausdruckslos die tanzenden Gäste. Er wirkte beinahe gelangweilt. Oder doch eher konzentriert? Es war äußerst schwer, in seinem Gesicht seine Emotionen abzulesen. Hoffentlich hatte er das Interesse an ihr nicht verloren…

Zaghaft trat die Prinzessin an ihn heran. „Wie schön, Ihr seid tatsächlich gekommen.“

Zu ihrer Erleichterung zauberte sich sofort das charmante Lächeln in das Gesicht des Mannes. Er stieß sich von der Wand ab und ergriff sogleich ihre Hand. „Ihr habt mir doch einen Tanz versprochen. Das konnte ich mir unmöglich entgehen lassen“, flüsterte er und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken.

Verschämt senkte die Prinzessin den Blick. „Dann… möchtet Ihr jetzt tanzen?“, fragte sie rasch, um ihre Nervosität zu überspielen.

Der Mann überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. „Im Moment würde ich Euch liebend gern entführen… Irgendwohin, wo wir ungestört sind.“

Die Prinzessin errötete noch mehr. „W-wie… wie bitte?“

„Nach unserer Begegnung bekam ich Euch einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ihr seid die faszinierendste Frau, die ich jemals traf und ich würde gern noch mehr über Euch erfahren. Alles, was es zu wissen gibt.“

„Thehehe… ich fürchte nur, da gibt es nicht allzu viel zu erzählen. Ich bin längst nicht so interessant, wie Ihr es zu glauben scheint.“

Wieder setzte der Mann sein charmantes Lächeln auf. „Dies zu entscheiden solltet Ihr mir überlassen… denkt Ihr nicht auch?“

Darauf wusste die Prinzessin nichts zu erwidern. Oder sie wollte nicht. Sie wusste es selbst nicht genau.

Ergeben nickte sie und ließ sich von dem fremden Mann in den Garten hinaus ziehen.

Der Garten schien auf den ersten Blick verlassen zu sein, doch bei genauerem Hinsehen erkannte man vereinzelt die königlichen Ritter Wache stehen.

Die Prinzessin und der fremde Mann setzten sich an den Springbrunnen-Rand. Zaghaft begann die schüchterne Frau, von ihrem Leben zu erzählen. Sie führte ein friedliches, glückliches Leben – bis zu ihrem 10. Geburtstag. Ein wichtiger Tag, da sie sich zum ersten Mal dem Volke als ihre Prinzessin vorstellen würde. Doch einige Tage davor ereilte ihre Mutter plötzlich eine schlimme Krankheit. So wurde es neben ihrem Geburtstag und ihrem Hofdebüt auch die Trauerfeier für die Königin.

Der überraschende Verlust seiner Frau versetzte den König in große Sorge. Er entschied, dass die Prinzessin die Sicherheit des Schlosses nicht mehr verlassen dürfe. Fortan hatte sie wie eine Gefangene in den Mauern des Palastes gelebt. Ihre einzigen Freunde waren ihre Dienerin, die Vögel, die vor ihrem Fenster saßen, und die vielen Bücher in der Bibliothek, die sie das Leben außerhalb lehrten, soweit es möglich war.

Der charmante Mann lauschte ihren Erzählungen aufmerksam, warf ab und an ein Wort des Bedauerns ein und hielt die ganze Zeit ihre Hand sanft wie ein Vögelchen in seiner.

Dann begann er plötzlich seine Geschichte zu erzählen. Von einem armen Jungen aus den Straßen, der hart gearbeitet hatte, um es zu Wohlstand zu bringen. Auch er hatte große Verluste erlitten, beide Eltern starben an Krankheiten, weil sie sich die nötigen Medikamente nicht leisten konnten. Die kleine Schwester erlitt sogar den Hungertod. Einem adligen Gönner, der ein Talent in ihm erkannte, von dem er selbst nichts wusste, verdankte er sein Leben. Er lehrte ihn alles, was er wissen musste, um erfolgreich zu sein. Und nun konnte er um die ganze Welt reisen, viel Geld verdienen und interessante Leute kennen lernen. Es war ihm sogar vergönnt, die Prinzessin zu treffen.

Seine Geschichte rührte die Prinzessin zu Tränen. Sie wollte gar nicht mehr aufhören, zu weinen. Peinlich berührt berichtete der Mann von seinen Reisen. Der Themenwechsel verfehlte seine Wirkung nicht. Die Prinzessin beruhigte sich rasch und war begierig, noch mehr von seinem Leben zu hören.

Die beiden vergaßen alles um sich herum. Keiner wusste, wie viel Zeit vergangen war, und es kümmerte sie auch nicht.

Der Mann lachte leise auf. „Wisst Ihr, es ist schon seltsam. In Eurer Gegenwart fühle ich mich so geborgen. Ich habe meine Geschichte noch nie Jemandem erzählt. Wieso scheint es bloß, als würde ich Euch schon ewig kennen? Ich fühlte es just in dem Moment, als ich mit Euch zusammenstieß.“

„Mir geht es ebenso!“, rief die Prinzessin freudig. In Wirklichkeit fühlte sie schon etwas. Aber es war befremdlich. Sie hatte schon viel über dieses Gefühl gelesen, doch in ihrem Kopf ergaben die Worte ein völliges anderes Bild. In der Gegenwart des Mannes lief ihr ein Schauer über den Rücken, der keineswegs angenehm oder erhebend schien.

„Ich weiß, es klingt verrückt, da wir erst heute die Bekanntschaft miteinander schlossen, aber… ich möchte für immer der Eure sein. Werdet meine Frau!“

Zunächst völlig überrascht, sprang die Prinzessin plötzlich auf.

„Das klingt ganz und gar nicht verrückt! Ich würde liebend gern Eure Frau werden! Lasst uns sogleich mit Vater darüber sprechen!“

Ihren Beinahe-Verlobten hinter sich herziehend, eilte die Prinzessin zurück in den großen Saal. Ihr Vater befand sich gerade in einem angeregten Gespräch mit einigen älteren Herren. Vorsichtig machte die junge Frau auf sich aufmerksam.

Der König bemerkte sie sofort, vertröstete seine Gesprächspartner auf später und widmete sich sogleich seiner geliebten Tochter.

„Mein Liebes, wie gefällt dir deine Geburtstagsfeier?“, fragte er liebevoll.

„Sie ist wundervoll, Vater! Und mit Eurer Hilfe, könnte sie noch viel schöner werden… indem Ihr mir das allerschönste Geschenk machst, das ich mir vorstellen könnte.“

Der König bedachte seine Tochter mit einem leicht tadelnden Blick. „Und worum könnte es sich wohl handeln? Wo ich meiner Tochter bereits jedes erdenkliche Geschenk gemacht habe.“

Die Prinzessin nahm all ihren Mut zusammen, ergriff dann den Arm des Mannes und verkündete: „Also… wir wollen heiraten und möchten Euch um Euren Segen bitten, Vater!“

Sofort erfror das sanfte Lächeln im Gesicht des Königs zu Eis. „Auf gar keinen Fall!“

„Aber Vater…!“

„Ich sagte Nein!“, brüllte der König wütend und sofort verstummten die Musik und die Stimmen der Gäste. Alle Augen waren auf die drei Betroffenen gerichtet.

„Was ist das nur für ein Hirngespinst, das du mir das vorträgst! Ich glaubte, meiner geliebten Tochter einen Gefallen zu erweisen, wenn ich die Tore für die Bürger öffne und ihr gestatte, die äußere Welt kennen zu lernen. Wie ich sehe, war das ein großer Fehler… Kaum kommst du in Berührung mit der Welt dort draußen, redest du so ein unvernünftiges Zeug! Heiraten… Du kennst diesen Mann doch gar nicht!“

„Es geht nicht darum, wie lange man jemanden kennt. Wir beide fühlen eine tiefe Verbindung, die man mit Worten nicht erklären kann!“, startete die Prinzessin einen erneuten Versuch.

„Genug damit! Ich werde dir nie wieder erlauben, dass Schloss zu verlassen! Du gehst auf der Stelle in deine Gemächer zurück! Die Feier ist beendet!“ Der König wirbelte herum und stürmte aus dem Saal.

Die Gäste sprachen alle wild durcheinander und starrten auf die Prinzessin und ihrem Liebsten.

„Nein… ich werde mich nie wieder einsperren lassen!“, murmelte die Prinzessin und stürmte hinaus, der Mann folgte ihr sofort.

Die Dienerin, die die Szene genauso fassungslos beobachtet hatte, wie die anderen Gäste, eilte ihrer Herrin ebenfalls nach. Besorgt suchte sie den ganzen Garten nach ihr ab, konnte sie jedoch nirgends finden. Wo könnte die Prinzessin nur sein? Hoffentlich tat sie nichts Unbedachtes…

Die Dienerin war von Angst erfüllt. „Prinzessin?! Wo seid Ihr?! Bitte antwortet mir doch!!“, rief sie panisch in die Dunkelheit hinein.

„…Das ist wirklich ärgerlich. Ich hatte eigentlich gehofft, unbeobachtet von hier verschwinden zu können. Aber mit kleinen Unannehmlichkeiten hatte ich gerechnet.“

Verwirrt sah sich die Dienerin nach der Stimme um und erkannte in einem versteckten Winkel des Gartens den fremden Mann auf einem Stein sitzen. Sein sonst so charmantes Lächeln war einem diabolischen Grinsen gewichen. Die Prinzessin lag auf seinem Schoß – bewusstlos.

„Was geht hier vor sich?! Was habt Ihr mit der Prinzessin vor?!“, rief die Dienerin.

Der Mann lachte laut auf und löste seine Tarnung. Unter den entsetzten Augen der Dienerin verwandelte sich der Mann in seine wahre Gestalt zurück – die des Dämonenfürsten.

„Was schon? Ich werde die Prinzessin mit mir nehmen. Damit ist der Schlüssel zum Schatz in meinem Besitz. Und schon bald… gehört dieses Königreich und all seine Schätze mir!“ Der Dämonenfürst betrachtete etwas in seiner Hand und lächelte. „Und nun entschuldige mich, Schätzchen, ich würde jetzt gern zurück in mein Schloss und ein Bad nehmen, um diesen ekligen Menschengeruch abzuwaschen.“

Ein magischer Zirkel leuchtete hinter dem Fürsten auf, hüllte ihn und die Prinzessin ein und kurz darauf waren beide verschwunden.

 

~ to be continued ~

Das Biest und die Schöne

Die Schöne und das Biest

 

Der Dämonenfürst rieb sich genervt die Schläfen.

Wie jede Nacht hatte er sich in sein kleines Labor zurückgezogen, um neue Tränke zusammenzumischen, doch er kam einfach nicht voran.

Dieser infernalische Krach störte unentwegt seine Konzentration!

Wütend schlug er die Handflächen auf den Schreibtisch, hievte sich hoch und begab sich schnurstracks in den Keller zu den Verliesen. Er steuerte das letzte Verlies auf der rechten Seite an und öffnete die Tür mit Magie.

Auf einer schäbigen Holzliege lag die Prinzessin und weinte ohne Unterlass. Als sie den Fürsten bemerkte, wie er vor ihr stand und sie schweigend ansah, setzte sie sich rasch auf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

„Werdet Ihr mich jetzt töten?“, schluchzte sie.

Der Fürst schmunzelte. „Das fände ich nicht schlecht, doch bedauerlicherweise brauche ich dich noch. Nein, ich bin hier, um dir ein Geschenk zu überreichen.“ Der Fürst führte eine ausgedehnte Geste mit seiner Hand aus und hielt plötzlich ein weiches Kissen in seiner Hand. Dieses reichte er der Prinzessin.

Zögernd nahm sie es entgegen. „Vielen Dank… Aber… Warum wollt Ihr plötzlich, dass ich es bequemer habe?“

„Unsinn!“, fuhr der Fürst sie höhnisch grinsend an. „Du sollst dir das ins Gesicht drücken! Dein ständiges Geheule geht mir auf die Nerven! Du bist jetzt schon seit zwei Tagen hier und flennst ohne Unterbrechung! Das stört meine Konzentration!“

Trotz Tränen mischte sich Trotz in das hübsche Gesicht der Prinzessin. „Ich bedaure, Euch zu stören, aber wenn ich Euch erinnern dürfte, bin ich keineswegs freiwillig hier! Ihr habt mich entführt!“

„Was du mir sehr leicht gemacht hast, dumme Gans. Nun, solange ich nicht im Besitz des Staatsschatzes bin, wirst du weiterhin mein Gast sein. Also finde dich damit ab! Und ich würde dir raten, mit dem Geheule aufzuhören, sonst reiße ich dir die Zunge raus!“

Der Fürst wirbelte herum und marschierte aus der Zelle, ohne die Prinzessin noch eines Blickes zu würdigen. Die Tür schlug hinter ihm zu und verschloss sich von selbst.

„Ich gebe mir Mühe… Ihr Biest!“, rief die Prinzessin ihm verärgert nach. Dann vergrub sie ihr Gesicht in das weiche Kissen und weinte. Sie war jedoch so erschöpft und das Kissen war so herrlich weich, dass sie kurz darauf tief und fest schlief.

 

„Wach auf, dumme Gans!“

Die laute Stimme des Dämonenfürsten riss die Prinzessin aus ihrem tiefen Schlaf. Ruckartig setzte sie sich auf und sah sich hektisch in ihrer Zelle um. Als sie hinauf zum vergitterten Fenster sah, blendete sie ein helles Licht. Offenbar war es inzwischen Tag.

„Schwing deinen faulen Hintern aus dem Bett, Weib! Es gibt Arbeit für dich!“

Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ der Fürst die Zelle wieder. Die Tür ließ er dieses Mal offen stehen.

Immer noch halb verschlafen, stand die Prinzessin von der Liege auf und stolperte aus ihrer Zelle hinter dem Dämonenfürst her. Er führte sie in einen großen Raum. In der Mitte stand ein langer Tisch mit Stühlen. Die Vitrinen waren vollgestopft mit wertvollem Geschirr und im Kamin an der Wand prasselte ein warmes Feuer.

Der Fürst setzte sich auf die Tischplatte. „Ich habe beschlossen, dass es an der Zeit wird, dass du dich mal nützlich machst. Wenn du dich beschäftigst, wirst du vielleicht endlich mit dem Geheule aufhören. Von jetzt an wirst du tagsüber das Schloss putzen und das Essen kochen! Du darfst dich frei bewegen, aber wenn du dir keine Mühe gibst, sperr ich dich wieder in die Zelle zurück, verstanden?“

Die Prinzessin nickte. „Ja, ich habe verstanden.“ Sie war dankbar, dass sie ihr Gefängnis verlassen dürfte.

Der Fürst hüfte von der Tischplatte hinunter. „Nun gut, ich ziehe mich jetzt in mein Arbeitszimmer zurück. Du wirst inzwischen das Mittagessen zubereiten. In der Küche findest du alles, was du brauchst, auch ein Kochbuch. Ich will in einer Stunde essen, sieh zu, dass du bist dahin alles fertig hast!“

Wieder nickte die Prinzessin und der Dämonenfürst ließ sie allein.

Langsam betrat die junge Frau die angrenzende Küche. Diese kannte sie nur aus Büchern, dafür aber in- und auswendig. Zu ihrer Überraschung befand sich tatsächlich alles darin, was man so brauchte. Auch die Speisekammer war gut gefüllt.

Sie könnte also jederzeit mit dem Kochen beginnen. Sie könnte jetzt kochen, wie der Fürst es ihr befohlen hatte, oder…

Rasch wirbelte die Prinzessin herum und schlich sich zurück in das Esszimmer. Darin war niemand zu sehen. In weiter Ferne vernahm man Geräusche. Der Fürst schien also tatsächlich in seinem Arbeitszimmer beschäftigt zu sein.

Das war DIE Gelegenheit zur Flucht! Wenn sie sie jetzt nicht nutzte, würde sie vielleicht niemals ihre Freiheit zurückerlangen.

Die Prinzessin nahm all ihren Mut zusammen und lief lautlos zur Tür. Sie war überrascht, dass sie die Eingangshalle ohne Zwischenfälle erreichen konnte. Vor den großen Eingangstoren hielt sie inne. Ihr Fluchtversuch verlief fiel zu einfach… Sie rechnete fest damit, dass der Fürst jeden Moment auftauchen, sie wütend anschreien und zurück in ihr Verlies werfen würde… doch nichts dergleichen geschah.

Ängstlich wartete sie in der Halle. Sie wartete… und wartete… und wartete. Unschlüssig, was sie als Nächstes tun sollte, sah sie sich in der Halle um.

Worauf wartete sie eigentlich die ganze Zeit? Wollte sie etwa, dass der Fürst sie von ihrer Flucht abhielt? Heftig schüttelte sie diesen Gedanken ab. Nein, das war völlig unmöglich! Auf gar keinen Fall wollte sie länger seine Gefangene bleiben!

Ohne noch einen Moment länger zu zögern, stieß sie die Eingangstore auf und rannte davon.

Sie rannte den langen Weg vom Schloss hinunter und stieß unten die Eisentore auf. Dann folgte sie dem Weg in den Wald vor dem Schloss.

Sie drehte sich nicht ein einziges Mal um, aus Angst, der Fürst wäre hinter ihr her. Doch dieses blinde Loslaufen erwies sich rasch als äußerst tückisch. Der Weg hatte sich bereits unter Ästen und Gras verloren, der Wald schien immer dichter zu werden. Immer hektischer suchte die Prinzessin die Umgebung nach einem Anhaltspunkt ab, der ihr den Ausgang aufzeigte, doch sie drang nur noch tiefer in den Wald hinein.

Die Bäume schirmten allmählich das Sonnenlicht ab, es wurde finster um sie herum.

Schließlich wusste die Prinzessin überhaupt nicht mehr, wohin sie noch laufen sollte, blieb stehen und suchte panisch nach einem Ausweg, drehte sich jedoch nur um die eigene Achse.

Plötzlich stolperte sie über eine Wurzel und schlug der Länge nach hart zu Boden. Sie schmeckte Blut in ihrem Mund und schluchzte leise.

Was sollte sie denn jetzt tun?

Sie konnte nicht heimkehren und zurück zum Dämonenfürsten zu gehen, war ebenfalls nicht möglich. Der Wald hatte sie völlig umschlungen – würde er sie bald auch verschlingen?

„Prinzessin!“, rief plötzlich eine vertraute Stimme.

Sofort sah die junge Frau auf. Ihr Blick war von Tränen verschleiert, daher konnte sie die Person neben sich nicht klar erkennen. Sie setzte sich auf und wischte sich die Augen an ihrem Handschuh trocken. Dann blinzelte sie ein paar Mal und versuchte es erneut. Erleichtert erkannte sie ihre Dienerin vor sich und fiel ihr um den Hals.

„Was tust du hier? Wo kommst du so plötzlich her?“, wimmerte sie und drückte sie fest an sich.

„Nachdem der Fürst Euch entführt hatte, habe ich sofort dem König darüber informiert. Euer Vater hat sofort eine Gruppe seiner Soldaten entsandt, um Euch zu finden. Wir verstecken uns schon seid Tagen hier im Wald und warten auf einen geeigneten Augenblick, um Euch zu befreien. Ich hätte allerdings nicht erwartet, dass Ihr von selbst kommen würdet.“

„Und warum bist du selbst auch mitgekommen? Das ist doch viel zu gefährlich!“

Die Dienerin schwieg.

Die Prinzessin war beunruhigt. Irgendetwas stimmte hier nicht. Es war eindeutig zu gefährlich für ihre Dienerin, hier zu sein. Was machte sie also ganz allein an so einem Ort?

Schließlich hauchte die Dienerin: „Nun ja, eigentlich hatte ich ja geplant, die Rettung nur zu sabotieren und Euch in Gefangenschaft des Dämonenfürsten zu lassen. Aber… wenn Ihr schon hier seid… könnte ich auch auf Nummer sicher gehen. Immerhin besteht die Möglichkeit, dass der Fürst Euch laufen lässt… oder man Euch tatsächlich aus seiner Gefangenschaft befreit. Und das… kann ich nicht zulassen.“

Irritiert löste sich die Prinzessin ein wenig aus der Umarmung, um zu fragen, wovon ihre engste Vertraute da bloß sprach – dann stieß etwas in ihre Schulter und sie verspürte diesen heißen Schmerz und etwas Warmes an ihrer nackten Haut herunterlaufen.

Zitternd löste sie die Umarmung gänzlich und sah an ihre linke Schulter hinunter. Ein Messer steckte darin. Sie blutete stark. Fassungslos sah die Prinzessin zu ihrer Dienerin auf. Was hatte das alles zu bedeuten?

Die Dienerin, zog das Messer aus der Schulter heraus, erhob sich und sah mit ausdruckslosem Gesicht auf ihre Herrin herab. „Soweit hätte es nicht kommen müssen. Du hättest einfach in Gefangenschaft bleiben können – zwar eingesperrt, aber in Sicherheit. Aber du musstest ja unbedingt fliehen. Warum? Du hast es gehasst, im Palast zu leben! Jetzt bist du frei! Du könntest an der Seite des Fürsten vielleicht die Welt entdecken! Und ich… ich könnte auch endlich in Freiheit leben!“

„Ich… verstehe nicht… Was meinst du damit?“, keuchte die Prinzessin und hielt sich die blutende Wunde.

„Du verstehst das nicht?! Jeden Tag hast du gejammert, dass du in Gefangenschaft leben musstest! Aber was du in deiner Selbstsucht nicht gesehen hast… Prinzessin… war, dass deine Gefangenschaft auch meine war! Dass ich dir dienen sollte, stand lange fest, bevor ich überhaupt geboren wurde! Ich dürfte niemals davon träumen, meine eigenen Ziele zu verwirklichen. Glaubst du etwa, ich fand es schön, mit dir jeden Tag in der Bibliothek zu sitzen? Von einem besseren Leben zu träumen? Und dich ständig von einem besseren Leben erzählen zu hören, machte es nicht besser. Ich habe dich so gehasst. Und dann… erfuhr ich von einem Ausweg. Meine einzige Aufgabe bestand darin, dir zu dienen. Sollte dir also aus irgendeinem Grund etwas zustoßen, würde ich im Schloss nicht mehr gebraucht werden und ich könnte endlich in die süße Freiheit entfliehen! Also schickte ich dem Dämonenfürst eine Nachricht, gespickt mit wundervollen Ideen… Er tauchte tatsächlich auf und entführte dich. Und da sein Schloss hinter diesem undurchdringlichen, verzauberten Wald lag, würden Rettungsaktionen im Sande verlaufen. Alles lief genau nach Plan… Aber dann… schickte irgendjemand dem König ein magisches Medaillon, mit dem man den Wald durchqueren kann. Ich dürfte nicht zulassen, dass sie dich retten, sonst wäre alles umsonst gewesen. Also schlich ich ihnen nach… und hielt sie auf. Und dann bist du aufgetaucht. Leider bedeutet das für dich, dass du auch sterben musst.“

Die Prinzessin begann zu weinen. Der Schmerz raubte ihr allmählich die Sinne. „Das kann doch alles nicht wahr sein! Ich dachte, du bist meine Freundin!“, schluchzte sie.

„Unsinn. Ich war nie deine Freundin. Du hast dich doch bloß mit mir abgegeben, weil du niemanden sonst hattest. Eine wahre Freundin hätte gewusst, wie sehr ich leide.“

Die Prinzessin wollte protestieren, doch sie konnte vor lauter Schmerz nicht mehr sprechen. Etwas stimmte nicht. Das war keine normale Wunde. Ihr Kopf war völlig vernebelt. Schließlich fiel sie zur Seite und blieb schwer atmend liegen. Mit gläsernem Blick sah sie ihre Dienerin vor sich stehen.

„Mist, dieses blöde Gift braucht zulange!“, schimpfte sie ungeduldig, dann erhob sie das Messer erneut, um noch einmal auf ihre Herrin einzustechen. Doch ehe sie dies tun konnte, ging sie urplötzlich in Flammen auf.

Dann hörte die Prinzessin noch Jemanden höhnen: „Verzeih, meine Liebe, aber ich kann dir nicht erlauben, die Kleine zu töten. Ich brauche sie noch…“ und wurde ohnmächtig.

 

„Ein Medaillon, mit dem man den verzauberten Wald durchqueren kann? Das kann zweifelsohne nur sie hergestellt haben.“

„Ja… dieses verdammte Miststück. Sie hat ja schon öfter versucht, mich zu Fall zu bringen, aber dass sie ausgerechnet meinem Erzfeind dabei hilft… Ich muss etwas gegen sie unternehmen.“

„Wo hast du das Medaillon noch mal gefunden?“

„Es war in der Tasche eines toten Soldaten.“

„Die Dienerin hatte ihnen das Gift unter das Essen gemischt. Ein äußerst qualvoller Tod, angesichts der Art des Giftes. Mit demselben Gift hatte sie auch die Klinge des Messers bestrichen, das sie der Prinzessin in die Schulter stach. Zum Glück reichte die Dosis nicht aus, um sie sofort zu töten. Es war gut, dass du sie sofort hergebracht hast.“

„Zum Glück nennst du diesen grusligen Wald dein Zuhause. Und zum Glück besitzt du immer das richtige Gegenmittel. Ich wusste, dass auf dich Verlass ist. Wenn jemand diesem Biest gewachsen ist, dann du.“

„Du überschätzt meine Fähigkeiten, mein Freund. In einem Zweikampf hättest wohl eher du noch vor mir eine Chance gegen sie.“

„Wie dem auch sei… Wie lange wird es wohl noch dauern, bis unsere Hoheit wieder aufwacht? Es gefällt mir nicht, dass mein Schloss solange unbewacht ist.“

„Sie müsste bald wieder zu sich kommen. Das Fieber ist jedenfalls gesunken.“

„Na schön. Dann geh ich noch ne Runde mit dem Hund raus. Komm, Kleiner!“

Die Männerstimmen verstummten. Ein Hund bellte. Dann hörte man das Auf- und Zuschlagen einer Tür und das Geklapper von Geschirr.

Langsam bekam die Prinzessin wieder Gefühl in ihren Gliedmaßen. Ihre Sicht wurde auch wieder klarer. Sie lag in einem weichen Bett in einer Hütte. Im Kamin prasselte ein großes, warmes Feuer.

Wo hatte man sie wohl hingebracht?

Eine der Stimmen gehörte dem Dämonenfürsten. Doch wer war der andere Mann, mit dem er gesprochen hatte? Und wer war sie? Hatte ihre engste Vertraute wirklich jene Männer vergiftet, die zu ihrer Rettung geeilt waren? Sie hatte so viele Fragen, doch ihre Stimme wollte noch nicht so richtig.

Sie hörte, wie die Tür sich öffnete und ein freundlicher Mann beugte sich über sie. Er war äußerst stattlich gekleidet, vielleicht ein Edelmann? Aber was sollte ein Edelmann in einer Hütte im Wald machen? Und dann noch in Gesellschaft des Dämonenfürsten?

„Seid Ihr wach, Verehrteste? Wie fühlt Ihr Euch?“, fragte der Edelmann freundlich.

Die Prinzessin wollte ihm antworten, bekam jedoch keinen einzigen Laut heraus.

Der Edelmann überlegte kurz. „Mir scheint, Ihr seid noch nicht ganz wohlauf. Aber das haben wir gleich.“ Er entledigte sich eines Handschuhs und legte ihr seine Hand auf die Stirn. Ein hellgrünes Licht erstrahlte und die Prinzessin spürte eine angenehme Wärme ihren Körper durchfluten. Als das Licht erlosch, fühlte sie sich zu ihrer Überraschung viel besser.

„Ich danke Euch“, krächzte sie und hustete.

Der Edelmann zog sich seinen Handschuh wieder an. „Was haltet Ihr davon, ein wenig aufzustehen? Nebenan gibt es eine warme Tasse Tee für Euch. Sie wird Euch gut tun.“

Die Prinzessin nickte und folgte dem Edelmann in das Nachbarzimmer. Dort setzten sie sich an den Tisch und tranken schweigend ihren Tee.

Schließlich begann die Prinzessin ein Gespräch.

„Verzeiht mir meine Direktheit, aber was macht ein Edelmann wie ihr, mit einem solchen Biest, wie dem Dämonenkönig? Woher kennt Ihr ihn?“

Der Edelmann lachte leise. „Nun, ich kenne ihn schon lange. Wir sind gewissermaßen Nachbarn. Eines Tages fand er mich. Ich dachte, mein letztes Stündlein hätte geschlagen. Doch zu meinem Erstaunen bat er mich nur um eine Mixtur. Seither profitieren wir voneinander. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, ihn besser zu kennen, als Irgendjemand sonst es tut.“

„Dasselbe gilt auch für mich. Ein Edelmann ist der Kerl übrigens nicht. Bloß ein gerissener Magier. Klimpern kann er noch ganz gut. Aber lass dich bloß nicht von seiner Fassade täuschen, Prinzesschen. Er flirtet gern mit jeder Frau, die er sieht.“

Die Prinzessin erschrak und wirbelte herum. Der Dämonenfürst stand hinter ihm, neben ihm saß ein schöner, großer Hund.

Der Magier trank ungerührt aus seiner Tasse. „Du bist also schon zurück. Ich flirte nicht gerne, ich weiß nur, was sich gehört – ganz im Gegensatz zu dir, mein Bester.“

Der Dämonenfürst grinste hämisch. „Oh ja, natürlich. Ich vergaß, du kennst mich ja sooo gut, du Dämonenflüsterer. Und? Wie geht’s unserem Dornröschen hier?“

Die Prinzessin schrumpfte auf ihrem Stuhl zusammen, als der Fürst näher an sie heran trat.

„Bitte verzeiht, dass ich fliehen wollte“, murmelte sie kleinlaut.

Der Fürst musterte sie verständnislos. „Was? Du entschuldigst dich für deine Flucht? Du bist echt merkwürdig… Nun ja, streng genommen, bist du nicht wirklich geflohen. Ich habe dich entkommen lassen. Oder glaubst du wirklich, dass du hättest fliehen können, wenn ich es nicht zugelassen hätte?“

Überrascht sah die Prinzessin auf. „Wieso hättet Ihr mich gehen lassen sollen?“

„Wollte ich gar nicht. Mein Kumpel hier hat mich nur darüber informiert, dass die Soldaten immer näher kamen und ich wollte dich dazu benutzen, um sie anzulocken.“

Erbost sprang die junge Frau auf. „Ich wusste es! Dann habt Ihr die Soldaten ermordet… so, wie Ihr es mit meiner Dienerin getan habt!“

„Mach mal halblang! Wenn jemand eine Mörderin ist, dann deine geschätzte Dienerin, klar? Aber ich erwarte von dir nicht, dass du das kapierst. Deiner Menschenkenntnis kann man ohnehin nicht vertrauen.“

„Was soll das denn schon wieder heißen?“

„Du wolltest mich heiraten, obwohl du mich gerade mal einen Tag lang kanntest. Man verliebt sich nicht nach so kurzer Zeit in eine unbekannte Person! Und man heiratet sie erst recht nicht. Du bist ganz offensichtlich nicht richtig im Kopf.“

Die Prinzessin schnappte erbost nach Luft. „Ich wollte Euch gewiss nicht aus Liebe heiraten! Ich hatte einfach nur Angst davor, nach diesem Abend wieder im Schloss eingesperrt zu sein… Ich hoffte, die Hochzeit mit Euch würde mir die lang ersehnte Freiheit schenken! Euch würde doch sowieso niemand lieben… Ihr Biest!“

Die Gesichtszüge des Fürsten verhärteten sich. Offenbar hatte sie einen wunden Punkt getroffen. „Soll mir recht sein. So ein Flachland wie dich hätte ich eh nicht zur Frau haben wollen. Trink jetzt deinen Tee aus und dann lass uns zurückkehren. Ich habe keine Lust, noch länger hier herumzuhängen.“

Ohne ein weiteres Wort abzuwarten, marschierte der Fürst zur Tür hinaus.

Die Prinzessin errötete und fragte verwundert: „Flachland?“

„Er ist wirklich ungezogen“, murmelte der Magier in seine Teetasse. „Ihr tut ihm dennoch unrecht, Prinzessin. Eure Dienerin war es, die den Soldaten den Tod brachte – genauso, wie sie es bei Euch versuchte. Dass ihr noch am Leben seid, verdankt Ihr allein dem Fürsten. Ihr solltet etwas dankbarer sein. Normalerweise würde er sich für einen Menschen niemals hierher bemühen und mich darum bitten, ihn zu retten. Er ist beileibe nicht so schlecht, wir Ihr denkt. Auch wenn seine Manieren zu wünschen übrig lassen… Denkt darüber nach.“

Die Prinzessin zögerte für einen Moment, dann bedankte sie sich beim Magier für dessen Gastfreundlichkeit und verabschiedete sich. Dann folgte sie dem Fürsten nach draußen.

„Also. Dann lass uns mal gehen, Flachland. Du schuldest mir noch ein Abendessen.“

„Nennt mich gefälligst nicht so!“, fauchte die Prinzessin, lief ihm aber dennoch brav hinterher.

Dabei studierte sie eingehend seinen Rücken, als könne sie so mehr über diesen geheimnisvollen Dämon erfahren.

Hatte er sie wirklich aus einem anderen Grund gerettet, als aus purem Eigennutz? Wenn er sie wirklich entführt hatte, um den Staatsschatz zu bekommen, warum hatte er ihn sich dann nicht schon längst geholt? Er müsste doch wissen, dass sie den Schlüssel für die Kammer um ihren Hals trug. Warum war sie wirklich hier?

 

~ to be continued ~

Das einsame Herz

Mit leuchtenden Augen sah die Prinzessin aus dem Fenster der Kutsche. Zum ersten Mal in ihrem Leben sah sie das weite blaue Meer. Wahrlich ein herrlicher Anblick. So wundervoll blau und die Sonne ließ die Oberfläche glitzern.

„Wunderschön…“, flüsterte sie andächtig.

„Allerdings. Ich werde es nie leid, mir das anzusehen“, murmelte der Dämonenfürst, der ihr gegenübersaß. Überrascht sah die Prinzessin zu ihm herüber. Seine Stimme klang so sanft und sein Blick war völlig verträumt. Welch eine ungewohnt gefühlvolle Seite an diesem Mann.

Die Prinzessin lächelte. Jeden Tag eine neue Überraschung.

Der Fürst fasste die Fröhlichkeit der jungen Frau eher missbilligend auf. „Was grinst du denn so? Pass bloß auf, dass deine gute Laune nicht flöten geht, wenn wir auf dem Basar sind.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass es einen Basar für Magiezutaten gibt“, zeigte sich die Prinzessin immer noch erstaunt.

„Das liegt daran, dass ihr Menschen auf ihm nichts zu suchen habt. Außer als Handelsware. Menschen sind in diesem Teil der Welt eine Seltenheit. Bei der erstbesten Gelegenheit werden sie versuchen, die mitzunehmen, um dich für viel Geld zu verkaufen. Du solltest daher immer in meiner Nähe bleiben und keinesfalls allein herumstromern, verstanden?“

Die Prinzessin nickte. „Wird der Magier auch dort sein?“

„Warum fragst du? Hast du dich in ihn verguckt?“, fragte der Fürst höhnisch grinsend.

Erbost blies die Prinzessin die Backen auf. „Was redet Ihr denn da?! Natürlich nicht!“

„Solltest du auch nicht.“

„Ihr meint, weil er mich auch verkaufen würde?“

Jetzt war der Fürst doch überrascht. „Oh? Fängt unsere leichtgläubige Hoheit etwa an, den Leuten zu misstrauen?“

Geschockt schlug die junge Frau eine Hand vor den Mund. „Stimmt! Das darf ich nicht!“

„Doch. Man muss den Leuten misstrauen“, widersprach der Fürst ernst. Auf den fragenden Blick seines Gegenübers hin fuhr er fort. „Viele verstehen das falsch. Misstrauen ist im Grunde nichts anderes als ein Akt, jemanden kennen zu lernen. Vertrauen ist zweifelsohne eine edle Geisteshaltung, aber viele reden von Vertrauen und meinen damit Handlungen, die in Wahrheit nichts anderes sind als der Verzicht, andere richtig kennen zu lernen. Das ist aber kein Vertrauen, sondern Gleichgültigkeit. Und den meisten Menschen ist gar nicht bewusst, dass Gleichgültigkeit eine viel verwerflichere Haltung ist als Misstrauen. Ich habe in meinem Leben schon so manch üble Menschen getroffen. Aber die allerübelsten waren die, die andere Menschen betrogen haben in der Überzeugung, sie täten etwas Gutes. Solche Menschen haben keinerlei Bewusstsein dafür, dass sie andere betrügen und zwar weil sie sich davor drücken sich vorzustellen, wie sehr andere ihretwegen leiden. Das ist die vollkommene Ignoranz. Die ultimative Gleichgültigkeit. Misstrauen ist nichts Böses. Wirklich böse ist anderen Menschen gegenüber gleichgültig zu werden.“

Betroffen sank die Prinzessin ihren Blick.

Die Worte des Fürsten trafen sie schwer, denn sie beschrieben sie selbst, wie sie bisher war. Sie hatte immer in der festen Überzeugung gelebt, anderen zu vertrauen sei gut und ihnen zu misstrauen wäre böse. Doch wie viele Menschen, die sie für ihre Freunde oder Verbündete hielt, hatte sie deswegen nie richtig kennen gelernt? Ihre Dienerin zum Beispiel… Oberflächlich betrachtet hatte es zwar so gewirkt, als wären sie sehr miteinander vertraut, wenn sie sich unterhalten haben. Doch vielleicht hatte sie sich, ohne es zu merken, immer davor gedrückt, bis ins Innerste ihres Herzens vorzudringen. Und deshalb hatte sie auch nie bemerkt, welche Seelenqualen dieses junge Mädchen litt.

„Ich…“, begann sie zögerlich, doch der Fürst unterbrach sie.

„Misstraue den Leuten!“, forderte er eindringlich. „Hinterfrage sie, nimm dir Zeit sie besser kennen zu lernen und wirf einen langen, ruhigen Blick in ihr Herz. Denn eines darfst du nie vergessen: die wirklich schlimmen Dinge geben die Menschen niemals mit Worten preis!“

 

Die Kutsche hielt schließlich vor dem Magiebasar.

Der Fürst wollte sich nach neuen magischen Utensilien umsehen und befahl der Prinzessin, immer bei ihm zu bleiben.

Dicht hinter dem Mann herlaufend, sah sich die Prinzessin fasziniert auf dem Platz um. Auf den ersten Blick wirkte es, wie ein ganz gewöhnlicher Basar. Was ihn so besonders machte, waren nicht nur die spezielle Auslegware, sondern auch die Besucher.

Feen, Elfen, Zwerge, Frösche in Kindergröße, Schweine in Kleidung und mit langen Bärten, und allerhand andere seltsame Gestalten. Die einzigen menschenähnlichen Besucher waren Magier und Hexen.

Die Prinzessin war weit und breit der einzige gewöhnliche Mensch – und wurde deswegen auch von allen anderen angestarrt, wie ein Fremdkörper. Ängstlich griff die junge Frau nach dem Ärmel des Fürsten. „Vielleicht war das doch keine so gute Idee…“

„Glaubst du? Keine Angst. Bleib einfach immer schön bei mir, dann passiert dir nichts. Ich bin hier äußerst bekannt und gefürchtet. Solange ich da bin, wird es keiner wagen, Hand an dich zu legen.“

Die anderen Besucher ignorierend, steuerte der Dunkelhaarige einen Stand an. Eine auffallend hübsche Elfe begrüßte ihn mit einem Lächeln. „Na, mein Hübscher? Es ist lange her, dass du hier aufgetaucht bist.“ Dann fiel ihr Blick auf die Prinzessin hinter ihm und sie rümpfte beleidigt die Nase. „Und wer ist das? Etwa deine neue Freundin?“

„Ach was, ignorier sie einfach. Das ist bloß meine Dienstmagd“, wimmelte der Fürst ab, dann schenkte er der Elfe sein charmantestes Lächeln. „Oder glaubst du etwa, ich würde mir die Gelegenheit entgehen lassen, unsere heiße Nacht vom letzten Mal zu wiederholen?“

Die Elfe lachte anzüglich. „Oh ja~ Das war schon was. Ich konnte erst zwei Tage später das Bett verlassen, weil ich dann erst die Fesseln aufbekommen hab. Hast du eigentlich etwas von den anderen zwei Mädels gehört?“

„Nein… Aber das macht ja nichts. Hier lassen sich doch bestimmt zwei Ladys auftreiben, die Lust auf ein bisschen Spaß haben.“ Der Fürst zwinkerte vielsagend.

Die Elfe beugte sich so zu ihm vor, dass er einen sehr guten Ausblick auf ihren Ausschnitt hatte. „Ich könnte gleich mal Pause machen.“

Die Prinzessin lauschte dieser Unterhaltung mit wachsendem Abscheu. Was war dieser Fürst doch für ein widerlicher Aufreißer. Und ausgerechnet er nannte den Magier einen schlechten Umgang für Frauen.

Angewidert wandte sich die Prinzessin von den beiden ab und sah sich auf dem Basar um. Dabei fiel ihr auf, dass eine kleine Froschgestalt sie anstarrte. Als ihre Blicke sich trafen, erschrak die Gestalt und lief davon. Dabei ließ es ein kleines Täschchen fallen.

Sofort eilte die Prinzessin zur Tasche und hob sie auf. „Warte, du hast etwas verloren!“ rief sie ihm nach, doch der Frosch war zu weit entfernt. Unschlüssig, was sie jetzt tun sollte, sah sie sich nach dem Fürsten um, doch der war immer noch im Gespräch mit der Elfe. Schließlich beschloss die junge Frau, dem Frosch nachzulaufen. Es würde schon nichts passieren. Der Frosch sah nicht böse aus und die anderen Besucher achteten nicht auf sie. Es dauerte gewiss nicht lange.

Schnell folgte die Prinzessin dem Frosch hinter die Stände. Etwas abseits vom Basar holte sie das seltsame Geschöpf ein. Freundlich hielt sie ihm die Tasche entgegen. „Hier, das hast du verloren.“

Der Frosch nahm die Tasche entgegen. „Vielen Dank. Das ging ja leichter, als ich dachte.“

Die junge Frau legte fragend den Kopf schief. „Hm? Was meinst du?“

„Mein Captain hat mich damit beauftragt, dich wegzulocken, damit sie dich gefangen nehmen kann. Ich hab allerdings mit etwas mehr Schwierigkeiten gerechnet. War wohl ein Irrtum.“

Erschrocken trat die Prinzessin einige Schritte zurück, sah sich aber bereits von einer ganzen Horde Piraten umzingelt. In ihrer Mitte stand ein kleines Mädchen in roten Gewändern und einem großen roten Piratenhut auf ihrem Blondschopf.

„Ergib dich, du menschliche Sklavin des Dämonenfürsten!“, posaunte sie im theatralischen Tonfall und grinste triumphierend.

„Ähm… du bist der Captain?“, fragte die Prinzessin ungläubig. „Du bist doch ein kleines Mädchen!“

„Pass auf, was du sagst!“, fauchte der Frosch. „Unser Captain mag noch jung sein, aber sie ist jetzt schon auf den Meeren gefürchtet!“

„Sie ist dennoch zu jung, um Menschen zu fangen und zu verkaufen.“

„Ich habe nicht vor, dich zu verkaufen“, korrigierte die kleine Piratin. „Ich habe vor, dich als Druckmittel zu verwenden. Der Dämonenfürst besitzt einen besonderen Zauberstab, dem ihm einst eine Fee geschenkt hatte. Den will ich haben! Leider ist es mir nicht möglich, in sein Schloss einzudringen, daher sehe ich mich gezwungen, auf das gute, altbewerte Mittel der Erpressung zurückgreifen. Dein Leben im Austausch für den Zauberstab.“

„Wie kommst du darauf, dass er sich auf solch einen Handel einlässt?“

„Weil du ihm zweifellos wichtig bist. Der Dämonenfürst hasst Menschen – und dennoch bist du schon seit einiger Zeit in seiner Gesellschaft. Er nimmt dich sogar auf diesen Basar mit.“

Die Prinzessin erwiderte nichts. Ihr war mittlerweile selbst klar, dass sie für den Fürsten kein Mensch wie jeder andere war. Aber ob er wirklich einen wertvollen Gegenstand für sie eintauschen würde?

„Frosch, überbringe dem Fürst die Nachricht. Und ihr Leichtmatrosen geleitet unsere Lady in ihre Suite. Wir wollen doch, dass sie es bequem hat, solange sie unser Gast ist.“

Widerstandslos ließ sich die Prinzessin auf das Schiff bringen. Sie war sich sicher, dass der Fürst niemals auf diesen Handel eingehen würde.

 

Derweil hatte der Fürst das Verschwinden der Prinzessin inzwischen bemerkt und suchte den Basar nach ihr ab. Mit jeder Minute, in der seine Suche erfolglos blieb, wuchs seine schlechte Laune. Wenn er diese dumme Gans in die Finger kriegen würde, würde sie es bitter bereuen, dass sie nicht auf ihn gehört hatte. Vielleicht sollte er sie einfach ihrem Schicksal überlassen?

Plötzlich stolperte eine kleine grünliche Gestalt vor seine Füße.

Der Fürst hob fragend eine Augenbraue. „Was sollst du denn darstellen?“

Frosch begann stark zu schwitzen. Dieser Mann jagte ihm eine gewaltige Angst ein. Was er wohl mit ihm machen würde, wenn er ihm die Nachricht seines Captains überbrachte? Plötzlich fühlte er sich gar nicht mehr so mutig.

Ungeduldig wartete der Fürst auf eine Antwort des kleinen grünen Wesens. Als die nicht kam, rollte er genervt mit den Augen und schickte sich an, zu gehen.

„W-Warte!“, stammelte Frosch, dann nahm er all seinen Mut zusammen, rief laut: „Wenn du die Menschenfrau zurückhaben willst, komm zum Hafen, wo das Schiff der kleinen Piratin an Land liegt, und bring den Zauberstab der weißen Fee mit!“ und rannte dann so schnell weg, wie seine kurzen Beinchen es ihm erlaubten.

Der erste Gedanke des Fürsten war der, diesen kleinen Gnom in seine Einzelteile zu zerlegen. Doch dann entschied er, dass er die Mühe nicht wert war. Er seufzte schwer. Jetzt hatte er den Salat! Als ob er der dummen Gans nicht eingetrichtert hätte, sie solle sich nicht von ihm entfernen! Nun war ihr Schicksal besiegelt. Er kannte die kleine Piratin zwar nur flüchtig, aber er schätzte sie nicht als sonderlich gefährlich ein. Der Gans dürfte also keinerlei Gefahr drohen. Niemals würde er sich erpressen lassen und Etwas so Wertvolles wie den Zauberstab der weißen Fee für einen Menschen eintauschen. Was kümmerte ihn denn schon das Schicksal dieser naiven, vertrauensseligen Göre?

Der Dämonenfürst wollte sich schon zu seiner Kutsche zurückbegeben, hielt nach ein paar Schritte jedoch inne. Ihm fiel der Anblick der Prinzessin ein, als er ihr zum ersten Mal begegnet war. Wie sie ihm alles über ihre Vergangenheit erzählt hatte. Wie er sie blutend im Wald fand. Wie sie gestrahlt hatte, als sie zum ersten Mal in ihrem Leben das weite, blaue Meer sah.

Wütend biss sich der Fürst auf die Unterlippe, bis sie zu bluten anfing. Dann drehte er sich um und rannte zum Hafen. Dafür würden sie büßen!

 

Das Schiff der kleinen Piratin war leicht zu finden. Es war das größte und pompöseste Schiff, das im Hafen angelegt hatte. Nun, wenn er erst mit ihr fertig war, würde es nur noch ein Haufen Treibholz sein.

Als er sich dem Schiff näherte, wurde er sofort von den Wachen bemerkt.

„Hast du den Stab mitgebracht?“, bellte eine der Wachen.

Der Fürst würdigte ihm keines Blickes. Langsam stieg er die Rampe zum Schiff hoch.

„Hey! Keinen Schritt weiter! Zeig uns erst den Zauberstab!“, schrie eine andere Wache und drohte ihm mit dem Krummsäbel.

Zu seinem Pech war der Fürst nicht sonderlich empfänglich für ein solch respektloses Verhalten. Mit seiner linken Dämonenhand erzeugte er einen blauen Blitz und schleuderte ihn auf die Wachen. Eine gewaltige Explosion schleuderte den Großteil der Piraten von Bord ins Wasser. Ungerührt von den vielen Verletzten setzte der Fürst seinen Weg unter Deck fort. Seine Fähigkeit, die Aura eines Menschen wahrnehmen zu können, half ihm wie damals im Wald dabei, die Prinzessin aufzuspüren.

Die junge Frau saß angekettet an der Wand der Captainskajüte. Den Fürsten zu sehen, versetzte sie sichtlich in Erstaunen. Nie hätte sie damit gerechnet, dass er tatsächlich kommen würde, um sie zu retten.

Sofort eilte die kleine Piratin zu der Prinzessin und hielt ihr ihren Krummsäbel unter das Kinn. „Keinen Schritt weiter! Wenn du auch nur einen Muskel bewegst, bring ich sie um!“ Ihre Stimme klang ruhig und gefasst, doch die Prinzessin konnte sehen, wie ihre Hand zitterte. Entweder war sie wirklich überzeugt gewesen, dass der Fürst auf ihren Handel eingehen würde oder sie war es nicht gewöhnt, das Leben anderer zu bedrohen. Wie auch immer, die Situation drohte zu eskalieren.

Mit ausdruckslosem Gesicht starrte der Fürst auf die kleine Piratin, dann erzeugte er mit der linken Hand einen Energieball.

„Das wage ich zu bezweifeln“, sagte er leise im bedrohlichen Tonfall. „Ich werde dir sagen, was wir jetzt tun. Du lässt das Mädchen laufen und dafür verschone ich dein kümmerliches Leben. Ich gebe dir nur diese eine Chance. Sei ein braves Kind oder ich schicke dich mitsamt deiner Crew und deinem Schiff zu den Thunfischen auf den Meeresgrund.“

Plötzlich riss jemand die Tür auf und ein älterer Mann stürmte in den Raum. Er warf sich schützend vor die kleine Piratin auf den Boden. „Ich flehe Euch an, bitte tut das nicht! Sie hat es nicht böse gemeint! Sie ist ein gutes Kind!“

„Vater, was machst du hier?! Du sollst doch nicht aufstehen!“, schrie die kleine Piratin den Mann an.

Der Fürst wurde hellhörig. „Das ist dein Vater?“ Mit seinen dunklen Augen betrachtete er den Mann etwas genauer. „Er ist schwer krank“, stellte er dann fest.

Etwas überrascht nickte die kleine Piratin. „Mein Vater liegt im Sterben. Ich habe viele Hafen angesteuert auf der Suche nach einem Heilmittel, doch meine Suche blieb erfolglos. Irgendwann hörte ich von dem Stab der weißen Fee und das er die Macht besäße, jeden Wunsch zu erfüllen, den man an ihn richtet. Gerüchte besagten, dass der Dämonenfürst ihn hätte.“

„Hab ich“, antwortete der Fürst kurz angebunden.

„Dann wolltest du den Stab also nur bekommen, um deinen Vater zu retten? Und hast mich dafür sogar entführt?“ Die Prinzessin hatte plötzlich großes Mitleid mit der kleinen Piratin. Sie wandte sich an den Fürsten und wollte ihn darum bitten, ihr den Stab wenigstens zu leihen – doch zu ihrer großen Überraschung ließ dieser den Energieball wieder verschwinden und zauberte stattdessen einen dünnen, hellleuchtenden Stab hervor. Diesen warf er der kleinen Piratin zu, die ihn verdutzt auffing.

„Geh sorgsam mit ihm um“, sagte der Fürst. „Seine Magie ist begrenzt. Er kann nur noch zwei Wünsche erfüllen.“

Die kleine Piratin überlegte kurz, dann löste sie die Ketten der Prinzessin und verbeugte sich vor dem Fürsten. „Vielen Dank! Eines Tages werde ich das wiedergutmachen!“, rief sie unter Tränen.

Der Fürst zuckte nur gleichgültig mit den Schultern und verließ dann den Raum. Die Prinzessin verabschiedete sich noch von der kleinen Piratin und ihrem Vater und folgte ihm dann schnellen Schrittes.

 

Die Beiden schwiegen sich an, während sie das Schiff verließen und über den Basar zur Kutsche zurückkehrten. Auch während der Fahrt schwiegen sie sich weiter an.

Im Schloss angekommen wagte die Prinzessin es endlich, das Wort zu ergreifen. „Es war sehr nobel von Euch, dem Mädchen Euren wertvollen Stab zu überlassen.“

Der Fürst schwieg jedoch und würdigte sie keines Blickes.

Die Prinzessin ließ das Gefühl nicht los, dass er verärgert war. „Es tut mir sehr leid, dass ich auf Eure Warnung nicht gehört habe“, entschuldigte sie sich kleinlaut. Ihr Gegenüber schwieg weiterhin eisern. Die junge Frau ließ sich jedoch nicht beirren und startete einen erneuten Gesprächsversuch: „Habt Ihr alles bekommen, was Ihr gesucht habt?“

Als sie auch darauf keine Antwort bekam, verließ sie endgültig der Mut. „Bitte verzeiht. Ich gehe zurück in mein… Zimmer.“

„Diesen Stab hat mir die weiße Fee vor langer Zeit geschenkt“, begann der Fürst plötzlich zu erzählen. „Sie war eine Vertraute meiner Mutter, die beiden kannten sich wohl schon seit Kindertagen. Meine Mutter war übrigens ein Mensch, gütig und vertrauensselig. Das wurde ihr eines Tages zum Verhängnis. Sie wurde von Leuten getötet, denen sie bedingungslos vertraut hatte – für so etwas Wertloses wie Geld. Nach ihrem Tod war ich ganz allein. Mein Vater war schon vor langer Zeit gestorben. Er kämpfte damals als Soldat im Ogerkrieg. Weil mein Vater für dieses Reich gekämpft hatte, wurde meine Mutter trotz unserer ärmlichen Verhältnisse neben ihm auf dem Soldatenfriedhof begraben. Das wäre eine Ehre für sie und mich, hat man mir gesagt. So ein Unsinn! … Nach dem Begräbnis erschien die weiße Fee, schenkte mir den Stab und bot mir an, dass ich mit ihr kommen und bei ihr leben könne. Ich lehnte ab. Mein einziger Wunsch war es, so stark zu sein, dass ich niemals so ein jämmerliches Ende finden würde. Also nutzte ich die Macht des Stabes und verwandelte mich in einen Dämon.“

„Dann… ward Ihr einst ein Mann. Ein ganz normaler Mann“, stellte die Prinzessin fest.

Der Fürst nickte. „Ja, aber jetzt bin ich nur noch das Monster, das du vor dir siehst.“

Die Prinzessin trat vor den Fürsten und lächelte sanft. „Das ist nicht wahr. Ihr seid kein Monster! Ihr möchtet nur gern, dass das jeder glaubt. Heute habt Ihr bewiesen, dass Ihr nicht so grausam seid, wie man es sich erzählt. Das gefällt mir!“

Ohne zu zögern, schlang die Prinzessin ihre Arme um den Fürsten. Der ließ die unverhoffte Berührung verdutzt über sich ergehen. Nach einer Weile löste sie sich wieder von ihm und fragte freundlich: „Soll ich Euch noch etwas zu essen kochen?“

Jetzt musste der Fürst schmunzeln. Zugegeben, mittlerweile hatte die Prinzessin einiges an Übung, was das Kochen betraf und sie stellte sich gar nicht mal so dumm dabei an.

„Ich will dir erst noch etwas zeigen“, sagte er.

Er führte die Prinzessin in ein Turmzimmer. Begeistert stellte die junge Frau fest, dass es die Bibliothek des Schlosses war. Dort befanden sich mehr Bücher, als sie in ihrem Leben je lesen könnte.

„Freu dich nicht zu früh“, ermahnte der Fürst sie. „Das hier ist nur ein weiterer Raum, den du zu putzen hast. Aber es steht dir frei, in diesen Büchern zu lesen. Ich lese sowieso nie, ich sammle sie nur. Hier sind seltene Bücher, die es nur einmal auf der Welt gibt.“

Wieder wollte die Prinzessin ihn umarmen, doch dieses Mal wehrte der Fürst sie ab.

„Jetzt geh in die Küche und koch mein Abendessen!“, befahl er gewohnt barsch.

Die Prinzessin wusste jedoch, dass er längst nicht so böse war, wie er wirkte. Sie nickte eifrig und machte sich sogleich ans Werk.

 

In den folgenden Tagen verlief das Zusammenleben der beiden äußerst harmonisch.

Es schien sogar eine gewisse Anziehung zwischen ihnen zu bestehen.

Doch was würde geschehen, wenn die Prinzessin die Möglichkeit hätte, in ihr altes Leben zurückkehren zu können? Oder ein völlig neues Leben in Freiheit zu führen? Würde sie die Chance nutzen und ihn verlassen? Diese Fragen quälten ihn von Tag zu Tag mehr. Es gab nur eine Möglichkeit, eine Antwort zu bekommen.

Die Prinzessin räumte nach dem gemeinsamen Mittagsmahl das Geschirr vom Tisch, während der Fürst sie dabei beobachtete. Nachdem sie alles in die Küche gebracht hatte, winkte er sie zu sich heran. „Ich habe einen Auftrag für dich. Einer der Ausgänge des verwunschenen Waldes führt zu einem entlegenen kleinen Dorf. Ich will, dass du dort hingehst und mir die Dinge auf dieser Liste besorgst.“

Verwirrt nahm die Prinzessin die Liste entgegen. „Ihr lasst mich alleine rausgehen? Das verstehe ich nicht. Glaubt Ihr wirklich, dass ich wiederkomme?“

Der Fürst lächelte. „Nein. Ich rechne damit, dich nie wiederzusehen.“

 

Wenig später ging die Prinzessin mit einem Korb voller Waren durch den verzauberten Wald. Dank des magischen Armreifs, den der Fürst ihr gegeben hatte, war es ein leichtes, durch das Labyrinth des Waldes zu gelangen und das Dorf zu finden. Es war ein hübscher kleiner Ort, an dem man glücklich leben könnte. An dem sie glücklich leben könnte.

Nachdenklich trat die Prinzessin den Rückweg zum Schloss an. Ihre Schritte waren sehr langsam, da sie nicht wusste, wohin ihre Füße sie tragen sollten.

Plötzlich vernahm sie das Getrappel von Pferdehufen hinter sich. Überrascht, dass jemand den Wald passierte, drehte sie sich um und sah tatsächlich eine Kutsche auf sich zusteuern. Rasch trat sie beiseite, damit die Kutsche sie passieren konnte. Die Kutsche hielt jedoch neben ihr und eine hübsche Frau in einem schwarzen Mantel öffnete die Tür.

„Hat meine Kutsche deinen Mantel beschmutzt?“, fragte sie freundlich lächelnd.

Die Prinzessin schüttelte den Kopf. „Nein, mir ist nichts geschehen. Bitte entschuldigt mich, ich muss weiter.“ Sie wusste nicht genau, warum, aber die Anwesenheit dieser Frau beunruhigte sie. Sie verspürte den Wunsch, sie schnell hinter sich zu lassen.

Die Frau stieg jedoch aus der Kutsche aus. „Ich bin es leid, zu fahren. Ich gehe ein Stück mit dir.“

Widerwillig lief die Prinzessin gemeinsam mit der Frau weiter. Die Frau musterte ihre Begleiterin ein wenig. „Du hast nicht viel bei dir. Bist du auf der Flucht vor jemandem?“, spekulierte sie. „Vielleicht vor deinem Arbeitgeber? Oder deinem Liebhaber?“ Eingehend studierte sie die Augen der Prinzessin und verstand. „Ah! Deinem Arbeitgeber UND Liebhaber.“

„Ich weiß nicht genau, was ich für ihn empfinde“, erwiderte die Prinzessin zögerlich. „Oder was er für mich empfindet. Aber das spielt auch keinerlei Rolle. Wir werden nie glücklich zusammenleben können. Eine böse Macht hat von ihm Besitz ergriffen.“

„Du meinst so etwas wie ein Fluch? Jeden Fluch kann man brechen. Mit einem Kuss wahrer Liebe kannst du ihn erlösen. Oh, aber versteh mich nicht falsch. Ich würde dir nie raten, einen Mann zu küssen, der dich nicht liebt. Ein Mann, der dich liebt, würde dich nicht einsperren. Er würde dir die Freiheit schenken, selbst zu entscheiden, wohin du gehen willst.“

Die Prinzessin stoppte. „Er… er schenkte mir aber die Freiheit, selbst zu entscheiden!“, ereiferte sie sich. „Und er wird wirklich wieder ein normaler Mann, wenn ich ihn küsse?“

Die Frau lächelte freundlich. „Aber gewiss doch.“

Die Prinzessin bedankte sich, verabschiedete sich von der Frau und eilte zurück zum Schloss. Der Dämonenfürst erwartete ihre Rückkehr bereits sehnsüchtig. Als er sie vom Turmfenster aus das Tor passieren sah, lächelte er erleichtert und rannte schnell hinunter in sein Arbeitszimmer. Dort setzte er sich in seinen Sessel und versuchte, teilnahmslos zu wirken.

Die Prinzessin gesellte sich kurz darauf zu ihm und stellte den Korb neben ihn auf den Tisch.

Der Fürst tat so, als würde er sie erst jetzt bemerken. „Du bist zurück. Sehr schön.“

„Gebt es ruhig zu. Ihr freut Euch, mich zu sehen“, schmunzelte die Prinzessin.

„Ich bin nicht unerfreut. Aber beantworte mir eine Frage. Warum bist du zurückgekommen?“

Die Prinzessin setzte sich vorsichtig auf die Armlehne des Sessels. „Erst wollte ich eigentlich nicht. Das Dorf war ein wirklich schöner Ort und ich habe mit dem Gedanken gespielt, dort zu leben. Andererseits… wollte ich nicht weg von Euch.“

Die Beiden sahen sich lange in die Augen, dann nahm die Prinzessin all ihren Mut zusammen und beugte sich vor, um den Fürsten zu küssen.

Der wich jedoch verlegen zurück. „Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist“, flüsterte er.

Rasch nahm die Prinzessin sein Gesicht in die Hände. „Doch! Bitte, lass es mich versuchen! Der Kuss wird dich von deiner Dämonengestalt befreien!“

„Was?“ Der Fürst sprang auf und schuf Abstand zu ihr. „Wer hat dir das gesagt?!“

Irritiert, warum ihm das wichtig war, antwortete die Prinzessin zögerlich: „Ich weiß nicht. Eine Frau, die aus einer Kutsche stieg. Ich kenne sie nicht.“

„Ach wirklich nicht?“, erwiderte der Fürst zornig. „Lüg mich nicht an! Ich habe dich durchschaut! Du und deine Freundin, die Hexe, wollt mich reinlegen und mir meine Macht stehlen! Sie glaubt doch nicht wirklich, dass sie mich so besiegen kann?! Da irrt sie aber gewaltig! Ich lasse mich nicht überlisten!“

„Ich verstehe nicht, was du meinst“, wimmerte die Prinzessin. „Ich wollte dich doch nur von deiner Bürde erlösen, damit wir zusammen sein können! Warum glaubst du mir nicht?!“

„Weil niemand mich lieben kann!!“ Wütend packte der Fürst die Prinzessin am Arm und schleifte sie zum Schlosstor, warf sie hinaus. „Verschwinde! Ich will dich hier nie wieder sehen! Dein Plan wird nicht funktionieren!“

„Du bist ein Feigling!“, schrie die Prinzessin enttäuscht. „Du hättest glücklich werden können! Wenn du nur glauben würdest, dass dich wirklich jemand lieben kann!“

„Ich bin kein Feigling. Die Sache ist viel einfacher. Meine Macht ist mir wichtiger, als du.“

„Nein. Das ist eben nicht so“, widersprach die Prinzessin, dann verhärtete sich ihr Blick. „Du hast dich entschieden, jetzt wirst du damit leben müssen. Alles, was dir jetzt noch bleibt, ist ein gebrochenes Herz. Ich hoffe, du bist glücklich damit.“

Mit Tränen in den Augen lief die Prinzessin davon.

Der Fürst würdigte sie keines Blickes mehr. Stolz erhobenen Hauptes kehrte er zurück in sein Schloss.

 

Es vergingen einige Tage, in denen der Fürst nichts von der Prinzessin mehr hörte. Seine Gedanken wanderten allerdings immer wieder zu der jungen Frau. Wie es ihr ging. Wo sie hingegangen war. Ob sie dort ihr Glück gefunden hatte.

Manchmal hoffte er sogar, dass sie wieder zurückkäme. Dass die Tür aufging und sie einfach hereinspazierte.

Etwas Ähnliches geschah auch, jedoch war es nicht die Prinzessin, die den Fürsten besuchte. Ausgerechnet die Hexe stolzierte in sein Schloss.

„Du bist hier nicht willkommen, verschwinde!“, grüßte der Fürst sie kühl.

„Warum so unfreundlich? Ich wollte mit dir nur über die Prinzessin reden.“

„Ihr kennt euch also.“

„Wir haben einmal geplaudert. Sie wusste allerdings nicht, wer ich bin. Ein süßes Ding. Wirklich tragisch, was ihr zugestoßen ist.“

Der Fürst wurde hellhörig. „Was meinst du?“

„Nachdem du sie rausgeworfen hast, kehrte sie in ihre Heimat zurück. Sie wurde allerdings nicht mit offenen Armen aufgenommen. Wegen der Verbindung mit dir, wollte sie kein Mann mehr heiraten. Ihr Vater war um ihr Seelenheil besorgt. Er war so grausam zu ihr. Er sperrte sie im Turm ein, wo sie gefoltert wurde. Irgendwann ertrug sie diese Behandlung nicht mehr und stürzte sich aus dem Fenster. Sie ist tot.“

Der Fürst erstarrte. Langsam sank er zu Boden, sein Blick war ganz glasig.

Die Hexe kniete sich zu ihm hinunter. „Es ist vorbei. Es gibt nichts mehr für dich, wofür es sich zu leben lohnt. Du hast den Menschen, der dich geliebt hat, in den Tod geschickt. Das schmerzt, nicht wahr? Ich kann dich davon befreien. Du musst es nur sagen.“

„Mach doch, was du willst“, flüsterte der Fürst resigniert. Was auch immer die Hexe ihm antun wollte, er würde sich nicht wehren.

Die Hexe lächelte verschlagen und rammte ihre Hand in seine Brust. Dann zog sie sein Herz hervor. Triumphierend hielt sie das glühende, pochende rote Herz hoch.

Keuchend betrachtete der Fürst sein Herz in den Händen seiner Feindin. Jetzt war er ihr Sklave. Aber das spielte keine Rolle mehr für ihn.

Widerstandslos folgte er der Hexe zu ihrem Schloss in den Moorsümpfen. Dort sperrte die Hexe ihn in ein Verlies. Dort sollte er bleiben, bis sie ihn brauchte.

Anschließend begab sie sich in das Turmverlies, um nach ihrem anderen „Gast“ zu sehen.

Vorsichtig klappte sie die Sichtluke zur Seite und betrachtete die Prinzessin, wie sie niedergeschlagen auf der Pritsche saß.

 

~ to be continued ~

Liebe ist die stärkste Magie

Das Licht der untergehenden Sonne durchflutete das Turmverlies.

Die Prinzessin hob träge den Kopf und sah durch die Gitterstäbe am Fenster hinaus.

Wie lange sie wohl schon hier war? Sie wusste es nicht. Sie hätte längst aufgehört, die Tage zu zählen. Jede Hoffnung auf Befreiung war dahin. Schließlich wusste niemand, dass sie hier war. Und selbst, wenn der Dämonenfürst es wüsste, würde er wohl dieses Mal nicht kommen, um sie zu retten.

Der Dämonenfürst.

Er hatte ja so recht gehabt.

Kaum war die Prinzessin in den verwunschenen Wald hineingelaufen, da wurde sie auch schon von finsteren Kreaturen gepackt und in einen rollbaren Käfig gesperrt. Zu ihrer Überraschung gehörten die Wesen zu eben jener Frau, mit der sie kurz zuvor noch so nett geplaudert hatte. Tatsächlich handelte es sich bei ihr um die Hexe. Eben jene hinterhältige Frau, die dem Fürsten vernichten wollte.

Hätte sie ihn tatsächlich geküsst, wäre er ihr hilflos ausgeliefert gewesen. Wahrscheinlich stimmte ihre Behauptung gar nicht, dass sie ihn mit dem Kuss befreit hätte. Und selbst wenn, was ließe sie glauben, dass er dies auch wünschte? Er hatte ihr zwar erzählt, dass seine dämonische Gestalt dem Wunsch nach Rache entsprungen wäre, aber das hieße ja nicht, dass er sie auch wieder loswerden wollte.

Wie töricht von ihr zu glauben, dass er ihretwegen sein bisheriges Leben aufgeben würde.

Sie hoffte nur inständig, dass es ihm gutging und diese garstige Frau ihm kein Leid zugefügt hatte. Für sich selbst hoffte sie nichts. Sie wusste, dass sie verloren war.

Plötzlich öffnete sich die Zellentür.

Ein Diener der Hexe trat breit grinsend ein. „Meine Herrin sagte, du seiest nicht mehr von Nutzen für uns. Sie sagte auch, dass wir mit dir machen können, was wir wollen.“ Mit schier wahnsinnigem Blick zog der Diener einen Dolch hervor. „Ich wollte schon immer mal wissen, ob ihr Adligen tatsächlich blaues Blut in euren Adern habt.“

Die Prinzessin sprang von der Pritsche auf und flüchtete sich ängstlich in die Ecke. Als sie den tödlichen Dolch auf sich zukommen sah, wusste sie, dass ihr Ende gekommen war. Zitternd schloss sie ihre Augen und wartete auf das Unvermeidliche.

Der Diener hob den Dolch und wollte ihn gerade auf die Prinzessin herabsausen lassen, als er plötzlich in eine lilafarbene Wolke eingehüllt wurde.

Der Dolch fiel klirrend zu Boden.

Die Wolke löste sich auf und statt dem Diener krabbelte eine Kakerlake über den Boden.

„Eine sehr treffende Gestalt für Abschaum wie dich“, sagte eine warme Stimme, die der Prinzessin sehr bekannt vorkam.

Tränen der Erleichterung perlen aus ihren großen Augen, als der Magier ihre Zelle betrat, und fiel ihm vor lauter Freude um den Hals. Dabei zertrat sie versehentlich den Käfer.

Peinlich berührt löste sich der Magier aus der Umarmung. „Es freut mich, dass es dir gut geht. Ich fürchte jedoch, dass für Wiedersehensfreude keine Zeit bleibt. Wir müssen uns beeilen! Der Dämonenfürst steckt in großen Schwierigkeiten.“

„Was? Warum? Was ist denn passiert?!“, rief die Prinzessin sofort besorgt.

Der Magier zog sie hinter sich her, während er erzählte: „Die Hexe attackiert dein Königreich. Oder vielmehr ist es der Dämonenfürst, der den Angriff ausführt.“

„Aber warum sollte er das tun?“ Die Prinzessin verstand die Welt nicht mehr.

„Weil die Hexe ihm das Herz herausgerissen hat“, erklärte der Magier und schaltete einige Wachen aus. „Das ist eine äußerst bösartige Magie, die sie beherrscht. Die betroffene Person stirbt zwar nicht, aber sie steht fortan unter der Kontrolle dessen, der ihr Herz hat. Ihr Leben liegt wortwörtlich in ihren Händen.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass sie so mächtig ist, dass sie den Fürsten überwältigen und ihm das Herz stehlen könnte.“

„Hat sie nicht. Er hat sich ihr sozusagen ergeben. Sie hat behauptet, du hättest Selbstmord begangen, nachdem er dich fortgejagt hatte. Als er davon hörte, war er völlig am Ende.“

„Das ist ja schrecklich!“ Wieder kamen der Prinzessin Tränen in die Augen. „Das ist alles meine Schuld! Hätte ich doch den Worten dieser Frau bloß kein Gehör geschenkt!“

„Du konntest nichts dafür. Du musst wissen, lange bevor der Fürst dich traf, sehnte er sich nach seinem Ableben. Deswegen war er auch so hinter eurem Staatsschatz her. Bei dem Staatsschatz handelt es sich um eine magische Kugel, die von den 12 Priesterinnen des geheiligten Tempels erschaffen und dem ersten König dieses Reiches als Geschenk dargebracht wurde. Die Kugel ist in der Lage, jede böse Macht in dieser Welt zu vernichten.“

„Dann wollte er den Staatsschatz, um sich selbst umzubringen?“, fragte die Prinzessin fassungslos.

„Ja, aber dann hat er dich getroffen.“ Der Magier lächelte sie sanft an. „In der Zeit, in der du bei ihm warst, ist er richtig aufgeblüht. So voller Leben habe ich ihn noch nie gesehen. Jedoch… konntest auch du ihm nicht über seine Vergangenheit hinweg helfen.“

„Ihr meint seine Mutter?“

„Auch das. Aber es geht auch um die Hexe. Der Fürst und sie haben eine gemeinsame Vergangenheit. Du musst wissen, obwohl sie beinahe gleichalt sind, war es der Fürst, der die Hexe die Kunst der Magie lehrte. Sie hatten zusammengelebt, während er sie ausgebildet hatte, und sich ineinander verliebt. Sie hatten sogar vor, zu heiraten. Letztlich hatte die Hexe ihn jedoch betrogen. Es war ihr wichtiger, ihre Magie zu nutzen, um sich Macht und Einfluss zu sichern, als mit ihm zusammen zu sein. Das hat er ihr nie verziehen. Selbst, als sie versuchte, sich ihm wieder anzunähern und ihm vorschlug, gemeinsam das Königreich zu erobern und über es zu herrschen, lehnte er ab. Seither sinnt sie darauf, den Fürsten zu unterjochen.“

„Und dank mir ist es ihr auch gelungen“, flüsterte die Prinzessin traurig. Es überraschte sie gar nicht mehr, dass der Fürst sofort an einen Verrat glaubte, als er hörte, eine Frau habe ihr erzählt, dass ein Kuss ihn von seiner Dämonengestalt erlösen könne. Diese Hexe ließ wahrlich nichts unversucht, um den Fürsten in die Knie zu zwingen.

Der Magier und die Prinzessin flüchteten endlich ins Freie.

„Was habt Ihr jetzt vor? Wie wollen wir den Fürsten denn retten?“, fragte die Prinzessin.

„Ich hatte gehofft, du würdest mir helfen. Du besitzt doch den Schlüssel zur Kammer des Staatsschatzes?“, fragte der Magier und fixierte mit seinem Blick den Schlüssel um ihren Hals.

Die Prinzessin griff danach und gab dann kleinlaut zu: „Ja schon. Aber mir ist leider nicht bekannt, wo sich diese Kammer befindet. Als meine Mutter mir diesen Schlüssel anvertraut hatte, sagte sie nur, die Wahrheit wäre in mir selbst verborgen. Ich habe allerdings bis heute nicht verstanden, was sie damit meinte.“

„Dann gibt es wohl keine Hoffnung. Komm, ich bringe dich an einen sicheren Ort.“

„Nein! Wir dürfen nicht so einfach aufgeben!“

„Und was gedenkst du, zu unternehmen? Nur ein Wunder könnte uns in dieser Situation noch helfen, aber das ist bloß ein Wunschgedanke.“

Wunsch?

Der Prinzessin kam eine Idee. „Wenn ich einen Ort wüsste, an dem wir Hilfe bekommen, wie schnell könntet Ihr uns dorthin bringen?“

„Nun, wenn du genau weißt, wo sich dieser Ort befindet, dann könnte ich uns mit einem Teleportationszauber sofort hinbringen.“

Die Prinzessin nickte erleichtert. Vielleicht würde doch noch alles gut werden.

Zeit, einen Gefallen einzufordern.

 

Derweil verlief der Angriff der Hexe nicht nach ihrer Zufriedenheit.

Die Soldaten des Königs leisteten zwar Widerstand, doch dank des Dämonenfürsten war keiner von ihnen eine echte Bedrohung für sie.

Doch darum ging es ihr auch gar nicht.

Sie hatte diesen Angriff begonnen, weil sie den Staatsschatz in ihre Finger bekommen wollte. Er würde ihr die uneingeschränkte Macht über das Reich sichern. Doch dieser verdammte Klunker war einfach nirgends zu finden. Beinahe jeden Stein hatte sie in diesem Schloss umgedreht, doch keine Spur des magischen Reliktes gefunden.

Vor Zorn bebend stand sie nun im Thronsaal und „befragte“ den König nach seinem Verbleib.

„Ich frage dich noch ein letztes Mal. Und wenn dir dein Leben und das deines Volkes lieb ist, dann sagst du mir besser, was ich wissen will. Wo ist der Staatsschatz?“

Der König röchelte, drückte ihm der Dämonenfürst doch die Kehle zu. Dennoch schaffte er es, mühevoll zu antworten. „Ich sagte dir doch schon, dass ich es nicht weiß. Und selbst wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen!“

Die Hexe verzog wütend das Gesicht. „Ts. Sturer alter Mann, das wirst du bereuen. Dämonenfürst, töte ihn!“

Der Fürst schloss gequält die Augen, musste jedoch gehorchen. „Verzeiht mir“, flüsterte er, dann positionierte er seine Dämonenhand über den Brustkorb des Königs, um ihn zu durchstoßen.

Plötzlich war von draußen ein lauter Tumult zu vernehmen.

„Was ist denn das schon wieder?!“, keifte die Hexe und sah hinaus zum Fenster. Ihr bot sich ein gar seltsamer Anblick.

Draußen machte sich eine Horde Piraten und dazu eine Vielzahl magischer Wesen daran, die finsteren Gestalten der Hexe auszuschalten.

„Was zum-“, stutzte die Hexe. Wo kamen die denn auf einmal her? Ihr Blick wanderte über den Innenhof und dann sah sie, wie sich ein Teleportationsportal nach dem anderen öffnete und weitere magische Wesen sich in den Kampf einmischten.

Das war ein Aufstand! Gegen sie!

Wie konnten diese Maden es nur wagen!

Und dann die Portale. Sie wusste genau, wessen Handschrift sie trugen.

Die Tür zum Thronsaal wurde aufgestoßen.

Der Magier und die kleine Piratin traten ein.

„Das Spiel ist aus, Hexe!“, rief der Magier. „Wir sind alle hier, um deinem Treiben ein Ende zu setzen!“

„Ich schulde dem Dämonenfürst noch etwas. Und als ich auf dem Basar verkündet hatte, dass wir dich angreifen werden, haben sich viele Verbündete für unser Vorhaben gefunden“, grinste die kleine Piratin überlegen. „Wir haben alle die Nase voll von dir!“

Die Hexe musterte die beiden Eindringlinge kühl, dann lachte sie hämisch. „Ihr glaubt wirklich, dass ihr eine Chance gegen mich hättet? Wie naiv. Ihr scheint zu vergessen, dass der Dämonenfürst meinem Willen gehorchen muss.“ Zum Beweis holte sie sein Herz hervor. „Ich muss ihm nur befehlen, euch alle zu töten. Was wollt ihr dagegen machen?“

Der Dämonenfürst ließ auf diesen stummen Befehl hin die Kehle des Königs los und kam auf die Gruppe zu. „Ihr müsst fliehen! Ich will euch nicht verletzen!“, flehte er.

„Das wirst du auch nicht.“

Auch die Prinzessin betrat nun den Thronsaal.

Geschockt riss der Fürst die Augen auf. Er glaubte nicht, was er da sah. „Du lebst?“

„Die Hexe hat dich belogen! In Wirklichkeit nahm sie mich gefangen. Sie wollte dich nur dazu bringen, ihr dein Herz zu geben.“

Wütend drehte der Dämonenfürst sich zu der Hexe um.

Diese lächelte süffisant und zuckte mit den Schultern. „Ja, ich habe dich belogen. Na und? Das ändert nichts daran, dass du jetzt mir gehörst und alles tun musst, was ich will!“

„Nicht mehr lange!“, widersprach die Prinzessin und holte den Zauberstab der weißen Fee hervor. „Er hat noch einen Wunsch übrig! Damit werde ich mir wünschen, dass der Dämonenfürst sein Herz zurückbekommt, dann kannst du ihm nichts mehr befehlen!“

Die Hexe knurrte.

Sie war davon ausgegangen, dass der Stab sich noch im Besitz des Fürsten befand und ihr somit nicht gefährlich werden konnte. Aber trotzdem kein Grund zur Beunruhigung. Sie war auf alle Situationen vorbereitet.

„Nun, in diesem Fall habe ich wohl keine andere Wahl. Es ist schade, denn eigentlich wollte ich ja mit ihm zusammen über die Welt herrschen. Aber hier geht es immerhin um mein Überleben, also… muss es wohl sein.“

Sie zauberte ein kleines Fläschchen mit einer schwarzen Flüssigkeit hervor, drückte mühelos den Korken weg und goss die Flüssigkeit über das Herz des Fürsten.

Der Magier erkannte die Flüssigkeit. „Was tust du da?! Hör sofort auf damit!“, schrie er.

Die Hexe leerte das Fläschchen, warf es weg und ging auf den Fürsten zu. „Du willst dein Herz zurück? Hier hast du es!“, rief sie und rammte das Herz zurück in den Brustkorb des Fürsten.

Dieser schrie vor Schmerzen auf und fiel atemlos zu Boden.

Die Prinzessin eilte rasch zu ihm. Geschockt sah sie, wie sich auf der Haut des Fürsten schwarze Adern abzeichneten. „Was hast du getan?!“

„Dunkelschatten“, antwortete der Magier und sah ratlos zum Fürsten herab. „Eine lilafarbene Pflanze, die tief im verwunschenen Wald wächst. Das Kraut an sich ist harmlos, solange man es nicht isst, doch was sie so gefährlich macht, ist ihre Wurzel. Die Flüssigkeit, die man daraus gewinnt, ist hochkonzentriertes Gift. Die Opfer sterben innerhalb weniger Minuten.“

„Tja, jetzt kann der Fürst mir mit seiner Magie nichts mehr anhaben“, triumphierte die Hexe. „In seinem Zustand kann er sich nicht einmal mehr bewegen. Und was machst du jetzt?“

„Ich werde mir vom Stab wünschen, dass er seine Vergiftung heilt!“, ereiferte sich die Prinzessin zuversichtlich.

„Das geht leider nicht“, widersprach ihr die kleine Piratin. „Der Dämonenfürst gilt trotz allem als ein Wesen des Bösen, weil er dunkle Magie anwendet! So jemanden kann der Stab der weißen Fee nicht heilen!“

„Dafür wirst du büßen!“, rief der Magier.

Die Hexe lachte nur und begann mit dem Magier zu kämpfen.

„Das ist doch lächerlich“, weinte die Prinzessin. „Der Fürst ist nicht böse! Es steckt viel Gutes in ihm, ich weiß das!“

Der Dämonenfürst lachte keuchend. „Das sieht dir echt ähnlich… Außer dem Magier wollte nie jemand glauben, dass Gutes in mir steckt… Schon gar nicht ihr Menschen… Aber du bist anders… Du suchst nach dem Guten in jedem, den du triffst… und wenn du es nicht sofort findest, holst du es hervor… Dank dir hat mein Leben einen neuen Sinn erhalten. Du hast mich dazu gebracht, dass ich wieder zurück zu meinem menschlichen Ich wollte. Ich habe nie wieder so sein wollen…“

Die Prinzessin weinte bitterliche Tränen. „Ich wollte dich unbedingt retten… Verzeih, dass ich so nutzlos bin.“ Zärtlich strich sie dem Fürsten die Haare aus dem Gesicht, dann küsste sie ihn sanft auf den Mund.

„Nein!“, schrie die Hexe, doch es war schon zu spät.

Zum Erstaunen aller verwandelte sich der Dämonenfürst in einen normalen Menschen zurück.

„Es hat geklappt! Der Kuss hat dich von deiner Dämonengestalt erlöst“, rief die Prinzessin überglücklich und umarmte ihren Liebsten.

„Schnell, jetzt kannst du ihn heilen!“, ereiferte sich die kleine Piratin.

Die Prinzessin nickte und hielt den Stab der weißen Fee über den Mann. „Ich wünsche mir, dass du den Fürsten von seiner Vergiftung heilst!“

Der Stab erstrahlte und weißer Feenstaub rieselte auf den Körper des Mannes herab. Die schwarzen Adern lösten sich nach und nach auf.

Erleichtert richtete der ehemalige Fürst sich auf. „Du hast mich gerettet, vielen Dank.“

Wütend, dass auch dieser Plan nicht funktioniert hatte, ließ die Hexe den Magier links liegen und griff die Prinzessin und den Fürsten an.

Die Prinzessin wurde ebenfalls zornig. „Ich habe genug von dir! Lass uns endlich in Ruhe! Verschwinde!“

Plötzlich leuchtete der Schlüssel um ihren Hals auf. Verwundert beobachtete sie, wie Licht aus ihrem Körper wich und sich vor ihrer Brust zu einer Kugel manifestierte.

Auch der Magier traute seinen Augen nicht. „Das ist der Staatsschatz! Er war also die ganze Zeit über im Körper der Prinzessin verborgen!“

„Die Wahrheit liegt in mir… das meinte meine Mutter also damit!“ Die Prinzessin begriff. Und sie erinnerte sich auch daran, was der Magier über den Staatsschatz erzählt hatte: Er vernichtete das Böse! Entschlossen nahm sie ihn in ihre Hände, richtete ihn auf die Hexe und rief: „Ich werde nicht zulassen, dass du noch mehr Unheil anrichtest! Verschwinde endlich!“

Die Kugeln sandte ein gleißendes Licht aus, das die Hexe traf. Ihr Körper wurde vom Licht vollkommen zerstört.

„Das hast du sehr gut gemacht, Tochter“, lobte der König. „Deine Mutter wäre stolz auf dich. Es war ihr großes Geheimnis, dass in ihren Adern das Blut der einer der Priesterinnen floss, die diesen Schatz erschufen. Sie bestand jedoch darauf, dass du nichts davon erfährst. Du solltest selbst herausfinden, welche Kräfte in dir wohnen.“

Sein Blick fiel auf den ehemaligen Dämonenfürsten. Er lächelte. „An deinem Geburtstag hast du mich darum gebeten, dass ich eurer Hochzeit meinen Segen gebe. Du hast mir bewiesen, dass der Fürst ein gutes Herz hat. Darum bin ich einverstanden.“

 

Einige Tage später fand die Hochzeit der Prinzessin mit ihrem Liebsten statt.

Nicht nur das Volk des Königreiches, sondern auch die magischen Wesen waren zu dem Fest eingeladen. Natürlich auch der Magier und die kleine Piratin mit ihrer Crew und ihrem inzwischen gesunden Vater.

Der König erklärte die beiden zu seinen Thronfolgern.

Die beiden Liebenden lebten lange glücklich zusammen. Sie hatten 12 Kinder und 10 Enkelkinder. Und als sie gemeinsam ihr Ende fanden, ließen sie ein vereintes, friedliches Königreich zurück.

 

~ Owari ~



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  Rajani
2017-01-07T20:43:03+00:00 07.01.2017 21:43
ooooooooooooohhhhh :D wie schön
ein wenig eigenwillig und für ein Märchen auch gewöhnungsbedürftig aber es war guuuuuut ^^
Von:  Rajani
2017-01-06T21:40:10+00:00 06.01.2017 22:40
Uuuuuuhhh.... okaaaayy - böse Hexe XD
Aber viel interessanter finde ich ja die Worte des Fürsten, wie bist du nur darauf gekommen? Ich finde das genial.
Jetzt bin ich gespannt, wie es weitergeht :D
Von:  Rajani
2016-12-17T21:52:13+00:00 17.12.2016 22:52
Uiui wie interessant, da bin ich aber auch mal gespannt, wie es weiter geht. Um den Staatsschatz scheint es ihm ja weniger zu gehen :)
Also dann, ich erwarte das nächste Kapi ^^
Von:  Rajani
2016-11-28T18:59:30+00:00 28.11.2016 19:59
uiuiuiiuiiiiii - also es ist gewöhnungsbedürftig, da ich diese Form von dir so ja gar nicht kenne. Aber durchaus interessant. Bei war die Prinzessin im übrigen blond und die Dienerin auch, nur etwas dunkler. Der König, klar wie auch sonst, leicht ergraut und mit Bart. ^^
Ich bin gespannt wie es weitergeht, aber jetzt lese ich erstmal die 2. Variante. Mal sehen, was mir besser gefällt ;)


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