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Tales of the real Ghostbusters

von

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Juicy secret…

Einen Monat später…
 

Nach der Aufregung der letzten Wochen und Monate, kehrt nun etwas Ruhe ein und prompt beginnt Peter sich auch schon zu langweilen. Träge lungert er auf seinem Bürostuhl herum und starrt schläfrig Löcher in die Luft. So sehr er sich während ihrer Einsätze auch nach Entspannung sehnt, so sehr hasst er sie manchmal, wenn Flaute herrscht. Größtenteils liegt das aber auch daran, dass er immer noch keine Freundin gefunden hat, mit der er sich in solchen Momenten treffen könnte. Und noch immer nagt die letzte Abfuhr einer eigentlich vielversprechenden Dame schwer an seinem Ego. Kein Wunder also, dass seine Gedanken immer öfter in Richtung eines männlichen Partners wandern. Den zu finden ist allerdings mindestens genauso schwer, da viele einfach nur auf ein schnelles Abenteuer aus sind, als auf eine richtige Beziehung. Doch nach all den Abenteuern und der gefährlichen Arbeit als Geisterjäger, keimt in Venkman doch irgendwie der innige Wunsch auf, sesshafter zu werden und eine richtige Beziehung führen zu wollen.
 

Frustriert verschränkt er die Arme vor der Brust und versucht die ganze Welt zu ignorieren, in der Hoffnung, dass ihm dann eine Lösung einfällt. Doch das Denken fällt ihm schwer. Immer wieder mischt sich ein aufdringlicher, man könnte fast schon sagen vernachlässigter Teil, seines Körpers ein und versucht ihn dazu zu bringen, Taten sprechen zu lassen, anstatt sich den Kopf über etwas zu zermartern, was scheinbar vom Schicksal von vorn herein zum Scheitern verurteilt ist. Venkman gibt ein verstimmtes Seufzen von sich und blickt störrisch zur Decke empor. Langsam dreht er seinen Stuhl herum und betrachtet die blankpolierte Stange, die die einzelnen Stockwerke mit dem Erdgeschoss verbindet.
 

Egon ist schon den ganzen Tag in seinem Labor und bastelt wieder mal an einer neuen Erfindung, die ihnen die Arbeit erleichtern soll. Ihn sollte man also lieber nicht nerven, sonst fliegt nur wieder irgendwas in die Luft. Janine ist beim Einkaufen, also kann sich der Brünette nicht damit ablenken, sie etwas zu ärgern. Winston sieht sich ein Baseballspiel im Fernsehen an und ist viel zu geschickt darin, Peters Unsinn gegen ihn zu verwenden, als dass es Sinn machen würde, Energie damit zu verschwenden, ihn ärgern zu wollen. Und was macht der gute Ray? Eigentlich wollte er an Ecto-1 herumschrauben, doch bis jetzt ist der Rothaarige nicht zu sehen. Als Peter an den Mechaniker denkt, breitet sich ein verlangendes Gefühl in seinem Körper aus. Immerhin hat er es schon einmal geschafft, sich ihm zu nähern. Warum sollte dies nicht auch ein weiteres Mal funktionieren, nur so zum Spaß, um etwas Druck abzubauen? Vielleicht weil Ray jetzt mit Winston zusammen ist? Schon möglich. Doch der Jüngere kann Venkman nicht viel entgegenbringen und da das mit Winston ja auch nicht offiziell ist, sieht Peter gar nicht so richtig ein, warum er sich so eine Chance entgehen lassen soll, wenn sie sich bietet. Schließlich hat er noch nie viel von den Beziehungen anderer Leute gehalten, wenn er irgendwelches Interesse an einem der Partner hatte. Einen Versuch ist es allemal wert und es würde für eine Weile seine Langeweile beenden und seinen Körper zur Ruhe bringen.
 

Gerade als er sich vom Stuhl erhebt, um nach seinem Kollegen Ausschau zu halten, schlendert dieser gut gelaunt die Treppe hinunter. In den Händen balanciert er eine kleine, aber scheinbar schwere Kiste, in der wohl irgendwelche Teile sind, die er am Einsatzwagen verbauen will. Als sich ihre Blicke treffen, lächelt Ray ihm gewohnt mit einer Mischung aus Freundlichkeit und Unschuld entgegen, die nur ihm eigen zu sein vermag. „Hey, Peter!“, grüßt er den Brünetten und wendet sich dann Ecto zu. Peter erwidert sein Lächeln und folgt ihm dann unauffällig zum Wagen.
 

Ray stellt die Kiste auf einem rollbaren Werkzeugschrank ab und öffnet dann die Motorhaube des Gefährts. Mit akribischem Blick beugt er sich zum Herz des Wagens hinab und betrachtet die Arbeit, die vor ihm liegt. In Gedanken versunken merkt er gar nicht, wie Peter neben ihm auftaucht. Erst als ihm der Ältere den Arm um die Schultern legt, schreckt Raymond überrascht zusammen. Ihre Blicke begegnen sich wieder, wobei in den Augen des Mechanikers noch der Schreck zu erkennen ist, sich in Peters Seelen aber eine fast undefinierbare Mischung aus Begehren, Neugierde und herausfordernder Dominanz befindet. Ray kann diesen Ausdruck nicht wirklich deuten und versucht daher seine Überforderung mit einem Lächeln zu überspielen. Venkman erwidert es, doch seine Augen tragen weiterhin diesen seltsamen Ausdruck, sodass sein Lächeln eher etwas Bedrohliches zu haben scheint.
 

„Na, was haben wir denn hier Schönes?“, fragt der Brünette keck. In seinem naiven Denken glaubt Ray, dass sein Kollege den Wagen meint, weswegen er versucht einen Witz zu machen. „Sieht aus wie Ectos Motor, meinst du nicht auch?“, erwidert er daher und befreit sich von Peters Arm. Als er sich herumdrehen will, um an sein Werkzeug zu kommen, versperrt Venkman ihm den Weg. Er kommt ihm dabei so nahe, dass der Mechaniker instinkttief einen Schritt zurückweicht und dabei gegen den Wagen stößt. Das kalte Metall der Karosserie drückt sich dadurch gegen seinen Po und seine Oberschenkel und vermittelt ihm auf seltsame Weise ein ungewolltes Gefühl des Ausgeliefertseins. Im ersten Moment versteht er diese Emotion nicht, doch als sich Peter noch dichter zu ihm beugt, bekommt er irgendwie eine Ahnung, was hier falsch läuft. „Ich meine doch nicht das Auto, du Dummerchen!“, raunt Peter ihm entgegen und bestätigt damit nur noch mehr Ray´s Befürchtungen.
 

„Oh…“ Der Jüngere schluckt nervös und versucht an ihm vorbei zu kommen. Peter lässt ihm jedoch nicht die Chance dazu, sondern versperrt ihm noch mehr den Weg. „Wohin willst du denn so schnell? Wir sind noch nicht fertig!“ All die ausgelassene Fröhlichkeit ist aus dem Gesicht des Rothaarigen verschwunden. Nur zu gut erinnert er sich noch daran, was vor ein paar Monaten zwischen ihnen vorgefallen ist und das möchte er beim besten Willen nicht noch einmal erleben. Damals war er so fassungslos und überfordert, dass er sich nicht einmal wirklich zur Wehr setzen konnte, zumal Peter eh um einiges stärker ist, als er. Doch das soll jetzt sicher nicht wieder so sein. Er ist nun mit Winston zusammen und Peter hat dabei absolut nichts zu suchen. Dass muss er schlichtweg akzeptieren! „Und ob wir fertig sind! Also lass mich in Ruhe!“, kommt es äußerst energisch von dem Mechaniker.
 

Innerlich ist Venkman doch schon von der Entschlossenheit in seiner Stimme überrascht, doch nach außen hin lässt er sich nichts anmerken. Er grinst den Jüngeren herausfordernd an. „Was ist los? Wirst du jetzt etwa zickig?“, bohrt er nach. Ray funkelt ihn versucht finster an, was bei ihm aber eher nach einem trotzigen Kind aussieht. „Ich bin nicht zickig. Ich will nur nicht auf diese Weise mit dir – verkehren…!“ „Oh, ich denke schon, dass du das willst…“ Peter hat den Satz kaum beendet, da fällt Raymond ihm auch schon abwehrend ins Wort. „Nein! Verstehst du das nicht? Ich bin mit Winston zusammen! Und zwischen uns gibt es nichts, Peter!“ Der Nachdruck in seiner Stimme ist so untypisch, dass Venkman am liebsten laut lachen möchte, wäre da nicht die Tatsache, dass Ray gerade offen zugegeben hat, mit Winston eine Beziehung zu haben. Klar weiß Peter das schon lange, aber Ray weiß nicht, dass er es weiß. Daher lässt es sich der Brünette nicht nehmen, das Ganze noch weiter zu treiben.
 

„Erzähl nicht so einen Blödsinn! Das sagst du nur, um mich zu ärgern!“, hält Peter dagegen. „Warum sollte ich so was erfinden?“, kontert der Rothaarige. „Wen es wahr ist, warum weiß es dann niemand?“ Das war es jetzt. Peter hat ihn geknackt. Ray´s Wangen färben sich rot und er sieht verlegen zu Boden. Sie wollten es geheim halten, falls etwas schiefgeht. Oder ist es vielleicht auch nur die tiefsitzende Angst vor Ablehnung? Raymond kann sich nicht vorstellen, dass er diese hier findet, doch was ist, wenn es die Öffentlichkeit erfährt? Schwule Geisterjäger! Als hätten sie nicht schon genug mit allen möglichen anderen Vorurteilen und Anschuldigungen zu kämpfen, die es ihnen schwermachen, Aufträge zu bekommen. Wenn so etwas rauskommt, können sie dichtmachen! Neugierig wartet Venkman auf eine Antwort. Er kann deutlich sehen, wie der Jüngere angestrengt nachdenkt, aber keine Lösung findet. „Ich…“, setzt der Rothaarige an, mehr folgt jedoch nicht. Hilflos sieht er weiterhin zu Boden, doch er weiß einfach nicht, was er sagen soll.
 

„Na siehst du.“, erwidert der Brünette und rückt noch etwas näher. Gekonnt drückt er sein Knie zwischen Ray´s Beine und reibt es gegen seinen Unterleib. Scharf zieht der Jüngere Luft ein und verkrampft sich. Abwehrend hebt er die Hände und drückt sie gegen die Brust des anderen. „Nicht…“, kann er noch hervorbringen, ehe er den warmen Atem des Älteren an seinem Hals spürt. „Nein, hör auf!“, presst Raymond hervor und versucht ihn wegzudrücken. Allerdings befindet er sich in einer ungünstigen Position, die es ihm schwermacht, den Stärkeren von sich fernzuhalten. Wieder Peters Atem an seinem Hals. „Entspann dich, Ray! Ich bin ganz vorsichtig…“, raunt er ihm entgegen. Seine Lippen streifen seine Haut. Es macht den Mechaniker ganz verrückt, doch nicht auf die angenehme Art, die sein Gegenüber zu erzielen versucht. Ein Zittern geht durch seinen Körper und er versucht erneut, den anderen von sich zu schieben.
 

Statt das dies klappt, rückt der Größere noch dichter, sodass sich ihre Leiber fest aneinanderschmiegen. Seine Hände wandern an Ray´s Seiten entlang, zu seiner Brust hinauf. „Peter! Nun hör endlich auf! Ich will nicht!“, gebärt sich der Kleinere und es klingt ziemlich verzweifelt. Doch Venkman ignoriert einfach alles. Seine Zunge streift Ray´s Hals, was dem jungen Mann einen überraschten Laut entlockt, indem sein Unwohlsein deutlich hörbar ist. „Peter, ich flehe dich an! Bitte hör auf…“ In der Stimme des Rothaarigen liegt so etwas wie Resignation. Er will nicht, dass es weitergeht, doch ihm fehlt einfach die Kraft, um es seinem Kollegen klarzumachen. Innerlich kommt ihm für den Bruchteil einer Sekunde sogar der Gedanke, dass es vielleicht ja gar nicht so schlimm wird, wie er es sich vorstellt. Doch im selben Moment schreit eine andere Stimme in ihm, dass dies nicht stimmt und das er Winston damit betrügen würde und das kann er einfach nicht machen! Zumal er ihm ja ohnehin schon etwas verschweigt.
 

„Du brauchst nicht zu flehen, ich werde ganz lieb zu dir sein…“ Peter schenkt ihm ein Lächeln, dass so überzeugend wirkt, dass er damit sogar Heizungen in der Wüste verkaufen könnte. In diesem Moment ist er seinem hinterhältigen Schlitzohr von Vater so unglaublich ähnlich, dass er sich selbst dafür verfluchen könnte, würde er jetzt sein Gesicht im Spiegel sehen. Doch er sieht es nicht und macht daher munter weiter. Doch Ray fällt nicht darauf rein. Stattdessen nimmt er all seine Kraft zusammen und versucht Peter wegzustoßen. Allerdings geht das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes nach hinten los. Venkman rührt sich nicht, stattdessen rutscht Raymond weg und landet unsanft auf Ectos Motorblock. Überrascht sehen sich die beiden an, dann grinst Peter erhaben. „Also Ray, du musst dich mir doch nicht gleich vor die Füße werfen!“, spottet er.
 

Dem Jüngeren fehlen die Worte und er versucht auszubrechen. Aber Peter ist schneller, drückt ihn wieder runter und beugt sich zu ihm hinab. Hart bohren sich die Windungen des Motorblocks in Ray´s Rücken. Kurz darauf stellt er aber fest, dass dies nicht das einzig Harte ist, dass ihn ungewollt piekst. „Lass mich gehen! Das ist verdammt unbequem…“, jammert Ray beinahe. „Also ich finde es gut so!“, erwidert Peter und greift nach dem Reißverschluss am Overall seines Kollegen. Mit einer geschickten Bewegung zieht er ihn zur Hälfte hinunter. Erschrocken reißt Ray die Augen auf. Mittlerweile ist ihm klar, dass Peter es völlig ernst meint und das ihm daher dringend eine Möglichkeit zur Flucht einfallen muss. „Peter!“, zischt er dem Brünetten entgegen, doch dieser scheint ihm schon gar nicht mehr zu zuhören. In seinen Augen herrscht nur noch die Lust vor und sein Körper brennt geradezu.
 

In einer fließenden Bewegung beugt er sich hinab und lässt eine Hand unter das T-Shirt des Liegenden gleiten. Raymond fängt hilflos an zu zappeln und presst die Hände gegen die Schultern des Älteren, um ihn wegzustoßen. Doch das gelingt ihm natürlich wieder nicht. In ihrem gegensätzlichen Treiben merken die beiden nicht, dass sie nicht mehr allein sind. „Was zum…?“, entkommt es Winston, der wie angewurzelt auf der letzten Stufe der Treppe steht. Durch die plötzlich ertönende Stimme schrecken die zwei Jungs zusammen. Für einen Moment sehen sich die drei völlig überrascht an. Dann verändert sich Winstons Gesicht. Die Überraschung weicht Unglauben, Enttäuschung und dumpfer Wut. Noch vor wenigen Augenblicken hatte er ganz ähnliche Gefühle in Anbetracht des miserablen Baseballspiels gehabt und nun muss er allen Ernstes feststellen, dass sein Freund und sein Kollege gerade dabei waren, es miteinander treiben zu wollen.
 

Diese Tatsache will einfach nicht in seinen Kopf hinein. Doch es ist nicht zu leugnen, immerhin sieht er es ja direkt vor sich! Auf Peter kann er im Grunde genommen nicht einmal wütend sein. Seine Triebhaftigkeit ist immerhin nichts Neues und fester Bestandteil seines Alltags, seit Winston hier angefangen hat. Allein die Tatsache, dass es sich bei seinem neusten Fang aber um Ray handelt, ist der einzige Unterschied zu sonst. Aber das sich ausgerechnet der Rothaarige von ihm aufs Kreuz legen lässt, hätte Winston nie für möglich gehalten. Schließlich sind sie beide doch ein Paar und glücklich miteinander, was also will er jetzt von Venkman? So ein lasterhaftes Verhalten hätte er Raymond niemals zugetraut. Stocksteif tritt der Schwarzhaarige die letzte Stufe hinab und ballt mahnend die Fäuste. Sein Blick ist dabei fest auf seinen angeblichen Geliebten gerichtet. Peter setzt ein leicht triumphierendes Lächeln auf und entfernt sich langsam.
 

‚Na, Winston? Eifersüchtig?‘, geht es ihm durch den Kopf, während er sich gegen Janines Schreibtisch lehnt und die Szene beobachtet. „Du…!“, kommt es in einem drohenden Tonfall von dem Bauarbeiter. Mit hochroten Wangen richtet sich Ray ganz langsam auf. Es fällt ihm furchtbar schwer, dem Blick seines Partners standzuhalten. Doch ihm ist bewusst, dass wenn er ihm jetzt ausweicht, alles aus ist. „Winston, ich…“, setzt der Jüngere an und spürt, wie Tränen hinter seinen Augen brennen. Allerdings gibt ihm der Dunkelhäutige kaum eine Chance zum Luftholen. „Was soll denn der Mist? Hast du mir nicht groß erzählt, dass du mich liebst und all das? Genüge ich dir denn wirklich nicht, dass du mich ausgerechnet mit Venkman betrügen musst?“ Ungehalten redet Winston auf ihn ein. Seine Worte verletzen den Mechaniker mindestens genauso sehr, wie sich Winston in diesem Moment fühlen muss.
 

Hilflos kämpft Ray mit den Tränen und schluckt hart. „Bitte, lass es mich erklären…“, setzt er mit brüchiger Stimme an. Aber der Ältere winkt nur ab und wendet sich um. „Oh, Nein! Ich will gar nichts hören!“, entgegnet er ihm und steuert auf die Tür zu. Unsicher steht Raymond auf und blickt ihm nach. „Wo gehst du hin?“, fragt er traurig. Ruppig bleibt Winston stehen und sieht sich nach ihm um. „Ich hab die Nase voll! Ich habe tagein, tagaus meinen Hintern für euch aufs Spiel gesetzt, habe alles ertragen und mich nie beschert und das ist jetzt der Dank dafür? Ohne mich! Es ist aus, Ray! Ich verlasse dich und ich verlasse die Geisterjäger und du brauchst auch gar nicht erst zu versuchen, mich umstimmen zu wollen. Dafür bin ich viel zu enttäuscht! – Ich hab hier so wie so nie richtig reingepasst, also vergnügt euch so viel ihr wollt und macht euch ein schönes Leben. Mich seht ihr nie wieder!“ Ruppig öffnet er die Tür und tritt in den anbrechenden Sonnenuntergang hinaus. Dabei stößt er fast Janine um, die vollbeladen mit Einkaufstüten vor ihm auftaucht. „Na hör mal! Was soll denn das?“, pikiert sie sich, erhellt jedoch nur einen finsteren Blick von ihm, ehe Winston wütend die Straße hinunter stapft.
 

Ray kann es nicht glauben. Winston ist tatsächlich gegangen. Nun fließen die Tränen und er will sie auch gar nicht mehr zurückhalten. Das Einzige, was er will, ist, dass der Bauarbeiten wieder zurückkommt. Soll er ihn doch für den Rest seines Lebens hassen und verachten, aber er braucht ihn doch. Wenn nicht als Freund, dann doch wenigstens als Kollegen. Er muss alles daransetzen, ihn wiederzuholen! Weinend läuft er Winston hinterher. Janine versucht sich derweil durch die Tür zu schieben und versperrt ihm dabei den Weg. „Was ist denn hier nur los?“, fragt sie ihn. Schniefend schiebt sich der Rothaarige irgendwie an ihr vorbei. „Frag Peter!“, entgegnet er ihr kaum verständlich und rennt dann die Straße hinunter. Perplex sieht die Rothaarige ihm hinterher, legt die Stirn in Falten und betritt dann endgültig das Hauptquartier, um die schweren Tüten abstellen zu können. Derweilen kommt Egon die Treppe hinter. „Was herrscht denn hier unten für ein Lärm, meine Herren?“, wirft er in den Raum, erblickt aber nur Peter. Von den beiden anderen fehlt jede Spur.
 

Bis vor ein paar Augenblicken gefielt es Venkman noch, dass sich Winston so schön aufgeregt hat. Er genoss es wirklich, mal nicht derjenige zu sein, der hier eifersüchtig ist. Doch jetzt? Völlig verkrampft steht er an den Schreibtisch gelehnt da und umklammert mit seinen Händen leicht zitternd die Tischplatte. Er hatte sich gewünscht, dass Winston und Ray einen Streit haben und sich dann trennen, damit wieder etwas Platz für ihn ist. Aber so hat er sich das Ganze überhaupt nicht vorgestellt. Er wollte nicht, dass Winston die Gruppe verlässt und er wollte auch nicht, dass Ray weinen muss, auch wenn er dies irgendwie vorausgeahnt hat. Er hat in seinem Leben schon viel Mist gebaut. Längst hat er den Überblick verloren, wie viele Beziehungen seinetwegen schon zu Bruch gegangen sind, weil er das Mädel oder den Jungen zu einem Seitensprung überredet hat. Im Endeffekt war es ihm aber auch immer egal, da er die Leute ja nicht gekannt hat und danach auch meist nie wiedersah. Aber das hier ist etwas völlig anderes.
 

Ray ist sein Freund und er hängt sehr an ihn, auch wenn er es nicht in Worte fassen oder gar als eine Art Liebe bezeichnen kann. Winston war stets ein Rivale für ihn und dennoch möchte er ihn auch nicht missen. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er wahrhaftig das Gefühl etwas falschgemacht zu haben, unter dem nicht nur er selbst zu leiden hat, sondern auch alle anderen und es ist ihm nicht egal. Wohlmöglich hat er etwas zerstört, was er sich eigentlich immer gewünscht hat. Nicht nur die Geisterjäger, sondern auch die Freundschaft zu ihnen allen. Vieles war für ihn immer irgendwie selbstverständlich, doch jetzt wird ihm bewusst, dass das gar nicht so ist und dass er hart dafür arbeiten muss, es zu erhalten und zu behalten. Jetzt, wo die Scherben von alledem vor ihm liegen, schneiden sie ihm tief ins Fleisch und er würde alles daransetzen, die Zeit zurück zudrehen…
 

Angestrengt beißt sich der Brünette auf die Unterlippe und versucht das Geschehene irgendwie zu verarbeiten. Es muss eine Lösung dafür geben, es muss einfach! Doch je länger er daran denkt, desto stärker fühlt er die geliebte Bindung, die er zu den beiden Männern aufgebaut hat und die nun wohlmöglich für immer vernichtet ist. „Peter, was ist passiert!“, fordert Janine streng zu wissen. So in sich gekehrt hat sie den sonst so vorlauten und selbstsicheren Anführer der Ghostbusters noch nie gesehen und das macht ihr wirklich Sorgen. Durch ihre durchdringende Stimme wird der Brünette aus seinen Gedanken gerissen und blickt die beiden vor sich völlig neben der Spur an. „Ich…“, setzt er an. Er verstummt, schluckt schwer und dann gleitet ein Zittern über seinen Körper hinweg. Irritiert sehen sich Egon und Janine an. Dieses Verhalten passt so gar nicht zu ihm. Was also ist passiert, dass Peter so aus der Fassung bringen kann?
 

„Ich hab etwas wirklich Dummes gemacht…“, gesteht der Brünette schließlich und lässt entmutigt den Kopf hängen. Nie schien ihm bisher etwas so Nahe zu gehen. Er ist vollkommen überfordert und weiß nicht, was er tun soll. Nachdem keine weitere Erläuterung folgt, fordern Janine und Egon eine Erklärung. Die Sorge ist den beiden deutlich anzusehen. Peter macht ständig bewusst oder unbewusst etwas falsch, doch für gewöhnlich geht ihm das eher am Allerwertesten vorbei und er hat mehr Glück als Verstand. Ihn nun so zu sehen, macht ihnen den möglichen Ernst der Lage bewusst. Stur den Blick auf den Boden gerichtet, holt Venkman mit einem Zittern Luft und beginnt dann zu erzählen. Die Worte sprudeln ungewollt einfach so aus ihm heraus und er merkt kaum, dass er sich damit selbst einen Strick dreht. Er berichtet von seinem ersten Zusammentreffen mit Ray vor einigen Monaten und wie sich dann unaufhörlich die Eifersucht in ihm gestaut hat, wenn er ihn und Winston zusammen sah. Er erzählt, dass die beiden ein Paar geworden sind und er dies nicht wahrhaben wollte. Zum Schluss bringt er hervor, was gerade hier passiert ist und wie Winston die Geisterjäger verlassen hat.
 

Entsetzt und ungläubig lauschen die beiden seinen Ausführungen. Keiner von ihnen hat dergleichen bemerkt. Gut, es gab hin und wieder Streitereien und Sticheleien zwischen Peter und Winston, doch dabei war nie ersichtlich, dass Venkman eifersüchtig auf ihn ist. Janine kann kaum glauben, was sie da hört. Zwar ist es für sie nie zu übersehen gewesen, dass Peter ein ausgeprägtes und sprunghaftes Verhalten an den Tag legt, hat er sich doch oft genug an ihr versucht, doch das hätte sie nicht geglaubt. Stets kam ihr Peter wie ein hoffnungsloser Weiberheld vor, von Männern war nie die Rede und er hat sich auch nie mit dem Wissen seiner Kollegen mit einem getroffen. Nur ganz zufällig hat Janine überhaupt erfahren, dass Peter zweigleisig fährt. Es ist Egon vor einer Weile eher unbewusst rausgerutscht, als sie sich unterhalten haben. Sie hat nicht weiter nachgefragt und war sich auch nicht sicher, ob sie den Blonden da richtig verstanden hat. Nun wird ihr aber so einiges klar. Immer dann, wenn Peter nicht mit einer Verabredung angegeben hat, wird er sich wohl mit einem Mann getroffen haben, hielt es aber für besser, dies nicht an die allzu große Glocke zu hängen.
 

Das er allerdings so egoistisch ist und versucht die Beziehung von Ray und Winston kaputt zu machen, hätte sie ihm nicht zu getraut. Dass die beiden Männer zusammen sind, hat sie absolut nicht für möglich gehalten, zumal ihr Winston kein bisschen so vorkommt, als würde er auf Männer stehen. Allerdings merkt man das Peter auch nicht an und Ray hat sich mit seinen Gefühlen in der Richtung auch immer bedeckt gehalten, beziehungsweise kam er ihr stets so vor, als wäre er unentschlossen oder hätte kein Interesse an so etwas. Egon hingegen weiß ja schon seit vielen Jahren, was so alles zu Peters Vorlieben gehört, auch wenn er das nicht immer unbedingt gutheißen mag. Doch inzwischen hat er sich damit abgefunden, es akzeptiert, solange der Brünette nicht ihn auf seiner Abschussliste hat. Es ist dem Tüftler daher reichlich egal, was sein langjähriger Kollege tut und was nicht, solange es in einem gewissen Rahmen bleibt. Allerdings überrascht es auch ihn, zu hören, dass Ray und Winston eine Beziehung führen. Egon war nie gut im Deuten oder Erkennen solcher Zwischenmenschlichkeiten, daher überfordert ihn dieser Gedanke doch ziemlich.
 

Obwohl er sagen muss, dass ihm dieser Gedanke weit weniger stört, als Peters aufdringliche Offenheit und seine scheinbar äußerst unberechenbare Ader. Er würde ihm ja viele unschöne Dinge zu trauen, aber das nun wirklich nicht. Zu allem Übel ist Peter damit auch noch so wunderbar durchgekommen. Hätte sich Ray doch nur einem von ihnen anvertraut, dann hätten sie jetzt mit Sicherheit weniger Probleme. „Verdammte Scheiße! – Ich kann gut verstehen, wenn ihr jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben wollt. Ich kann mich ja selbst kaum noch ertragen. – Vielleicht wäre es besser, wenn ich auch gehe…“, endet Venkman schließlich. Wütend stemmt Janine die Hände in die Hüften und baut sich drohend vor ihm auf. „Oh nein, Dr. Venkman! Hab doch wenigstens einmal den Hintern in der Hose und steh zu dem, was du getan hast! Du wirst nirgends hingehen, solange ihr drei euch nicht ausgesprochen habt! Mag ja sein, dass hier alles den Bach runtergeht, aber das heißt noch lange nicht, dass du hier einfach so ungeschoren davonkommst!“
 

Überrascht sieht Peter sie an. Dann meldet sich Egon zu Wort. „Ich kann es nicht gutheißen, was du getan hast, dennoch bin ich ganz Janines Meinung. Du solltest die Sache zwischen euch klarstellen und hoffen, dass sie dir vergeben und Winston wiederkommt. Wir brauchen ihn und wir brauchen auch Ray und sogar dich. Nicht unseretwegen, sondern der vielen Unschuldigen wegen, die sich darauf verlassen, dass wir ihnen helfen. Mag sein, dass wir hinterher keine Freunde mehr sind und unser Vertrauen neu aufbauen müssen, doch mir müssen versuchen dennoch Kollegen zu sein!“ Nachdenklich betrachtet Peter die beiden. Sie wirken nicht so, als würden sie ihn wirklich für sein Fehlverhalten verurteilen oder verachten, sie versuchen nur mit aller Macht, die kleine Familie, zu der sie im Laufe der Zeit geworden sind, zusammenzuhalten. Sie geben ihm auf seltsame Weise wieder das Gefühl ein Kind zu sein, das von seinen Eltern ausgeschimpft wird, weil es etwas Unrechtes getan hat und nun Stubenarrest bekommt. Peter ist sich der Falschheit dieses Gedankens durchaus bewusst, dennoch muntert ihn die Vorstellung etwas auf. Allerdings wird er sich wohl kaum mit Stubenarrest begnügen dürfen. Im Moment ist ihm jedoch jede Strafe recht, solang nur alles wieder gut wird. Er ahnt noch nicht, dass seine Strafe schlimm ausfallen wird, Ray aber weit mehr bezahlen wird, als sich ein jeder von ihnen vorzustellen vermag…
 

In der Zwischenzeit versucht Raymond Winston zu einem Gespräch zu überreden, doch der Bauarbeiter setzt unbeirrt seinen Weg fort und versucht seinem Ex-Freund das Wort zu verbieten. Schließlich gelingt es dem Jüngeren ihn in einer Nebenstraße einzuholen. Unweit von ihnen befindet sich eine Schule, weshalb ein Zebrastreifen über die Straße führt, damit die Kinder sie sicher überqueren können. Jetzt jedoch ist das Gebäude verlassen, die ersten Laternen schalten sich ein und die Straße liegt verlassen da. Auf der naheliegenden Hauptstraße rauscht der Verkehr geräuschvoll vorbei, doch hierhin verirrt sich kein Auto. Während der Schulzeit kommen hier Eltern und Lehrer vorbei und ansonsten benutzen nur Anwohner den kurzen Streckenabschnitt, weshalb es hier in den Abend- und Nachtstunden völlig friedlich ist. So merkt Winston auch nicht, dass er mitten auf den weißen Linien des Zebrastreifens zum Stehen kommt, als er sich entnervt zu Ray herumdreht.
 

Der Mechaniker steht gut zwei Meter von ihm entfernt auf dem Bürgersteig und blickt ihn unsicher und tieftraurig an. „Bitte Winston, hör mir doch zu…“, fleht er ihn ein weiteres Mal an. Der Ältere kann die Tränen und die brüchige Stimme des anderen kaum ertragen. Sie brechen ihm fast das Herz und dennoch empfindet er nur Wut und Enttäuschung, die es nicht zulassen, dass er nachdenkt und den Worte des jungen Mannes Glauben schenkt. „Schön, wenn du so versessen darauf bist, mir irgendwelche Märchen zu erzählen, dann bitte! Immer raus damit!“ Wütend verschränkt er die Arme vor der Brust und mustert den Kleineren so streng, dass dieser einen Moment gar nicht in der Lage ist, etwas zu sagen. Ray schluckt hart und atmet zitternd durch. Hilflos sucht er nach Worten, die die Lage entschärfen, auch wenn es völlig sinnlos erscheint, es überhaupt zu versuchen. Aber er liebt diesen Mann und ist gewillt auch um ihn zu kämpfen!
 

„Bitte glaub mir doch, wenn ich dir sagen, dass es nicht so war, wie du es empfunden hast. Ich habe nichts mit Peter. Er hat mich einfach überrumpelt…“ Prüfend mustert der Schwarzhaarige ihn. Der Ausdruck in den schokoladenfarbenen Augen sagt ihm, dass er die Wahrheit spricht. Allerdings ist dort auch noch etwas anderes, dass Ray zu verstecken versucht und das macht Winston stutzig. „Gut, vielleicht glaube ich dir ja. Doch da ist noch mehr, stimmst? Ich merke, dass du mir etwas verschweigst. Also, raus damit!“, hakt der Bauarbeiter nach. Sichtbar schreckt Raymond zusammen und bestätigt die Befürchtung seines Partners damit nur noch. Sein durchdringender Blick macht den Jüngeren ganz nervös. Ihm ist klar, worauf Winston hinauswill. Doch er kann es ihm nicht sagen. Wie würde das denn auch aussehen? Wenn er ihm jedoch nichts sagt, dann zweifelt er zurecht an seiner Glaubwürdigkeit. Verloren grübelt der Mechaniker nach, was den Älteren nur noch stutziger macht. Sucht er vielleicht sogar nach einer Ausrede?
 

„Nun sag´s schon! Wenn zwischen euch nichts war, kannst du mir doch wohl sagen, was los ist!“ „Winston, ich – ich wollte das doch alles nicht. – Ich liebe dich doch…“ Wieder glänzen Tränen in Ray´s Augen und er versucht auf seinen Freund zu zugehen. Dieser weicht jedoch zurück und hält ihn auf Abstand. „Komm mir nicht so! Ich will jetzt wissen, was los ist!“ Die Wut in seiner Stimme ist deutlich hörbar. Durch den Streit angelockt, blicken einige der neugierigen Anwohner aus ihren Fenstern auf die Straße hinab und beobachten das Geschehen. Das Gespräch spitzt sich immer weiter zu und Ray weigert sich vehement von dem ersten Vorfall mit Peter zu erzählen, während Winston weiterhin darauf besteht, zu erfahren, was passiert ist. Schließlich erreicht der Streit seinen Höhepunkt und der Schwarzhaarige hat genug. Resignierend dreht er sich um und will davongehen.
 

„Es reicht, Ray! Wenn du mir nicht sagen kannst, was los ist, dann ist es mir das auch egal. Ich verschwinde jetzt und will nichts mehr davon hören!“ Erschrocken zuckt der andere zusammen. „Nein! Bitte geh nicht! Hör mir doch zu!“ „Das versuch ich ja, aber es kommt ja keine vernünftige Antwort von dir, also verschwende ich hier nur meine Zeit!“ „Aber…“ „Ich sagte, nein! Wie konnte ich überhaupt so dumm sein, etwas mit dir anzufangen? Beziehungen am Arbeitsplatz bringen nichts als Ärger!“ Der letzte Satz trifft Ray schwer. Kraftlos lässt er die Schultern hängen. Es ist sinnlos. Egal, was auch immer er sagt, Winston wird ihm nicht glauben. Vielleicht wäre es besser, das Ganze erst mal etwas sacken zu lassen und das Gespräch zu einem anderen Zeitpunkt fortzuführen, wenn sie beide nicht mehr so aufgebracht sind.
 

Ray will ihm gerade diesen Vorschlag unterbreiten, als er den Motor eines Wagens aufheulen hört. Er blickt die Straße hinab und entdeckt ein aufgemotztes Auto, das sich ihnen mit unglaublicher Geschwindigkeit nähert. Viel zu schnell für die schmale Straße, dabei fährt der Fahrer auch nicht ganz sicher, schlingert leicht. Etwas stimmt mit ihm nicht, vielleicht ist er betrunken? Geschockt stellt Raymond fest, dass der Wagen nicht mal Licht anhat, obwohl es schon dunkel geworden ist und er wird auch nicht langsamer, hält genau auf Winston zu. „Winston!“, ruft er dem anderen hinterher, der den Zebrastreifen noch nicht einmal zur Hälfte überquert hat. Dieser winkt jedoch ab. „Sei endlich still, ich will nichts mehr hören!“, ruft er ihm zu und setzt seinen Weg langsam fort. Viel zu langsam. In diesem Moment setzt Ray´s Denken aus. Allein sein Instinkt lässt ihn nun nach vorne preschen und den Schwarzhaarigen im letzten Augenblick zur Seite stoßen.
 

Unsanft landet Winston auf dem rauen Pflaster der Straße. Er will schon fragen, was das nun sollte, ob Ray jetzt völlig den Verstand verliert, als er einen dumpfen Schlag hinter sich wahrnimmt. Plötzlich rast ein Auto so knapp an ihm vorbei, dass sich ihm vor Schreck die Nackenhaare aufstellen. Bis vor wenigen Sekundenbruchteilen hat er noch an dieser Stelle gestanden und der Typ kam einfach so auf ihn zu gerast. Hat nicht mal auf die Bremse getreten. Mit immer größer werdendem Schlingern setzt der Fahrer unbeirrt seinen Weg fort. Ungläubig blickt der Bauarbeiter dem davon rauschenden Auto hinterher, das mit halsbrecherischem Tempo auf die Kreuzung zuhält und dann um die Ecke zuckt, ohne langsamer zu werden. Aufgebrachtes Hupen ertönt und Reifen quietschen nahezu ohrenbetäubend. Es gleicht einem Wunder, dass es keinen Unfall gibt. Schwerfällig kommt der ehemalige Geisterjäger wieder auf die Beine, verzieht dabei schmerzlich das Gesicht, als er seine aufgeschürften Hände betrachtet.
 

„So ein Spinner…“, murmelt er vor sich hin und blickt sich gedankenverloren um. Dabei merkt er nicht, wie immer mehr Leute aus den Fenstern schauen und auf ihre Balkons treten, um einen besseren Blick auf den Unfall zu bekommen, der sich direkt vor ihrer Nase abgespielt hat und dessen Verursacher einfach weitergefahren ist. Langsam löst sich der Schreck von Winston und ihm fällt ein, dass er ja mit Ray hier war. Ray?! Erschrocken sieht er sich um und entdeckt seinen Kollegen einige Meter weiter im Rinnstein liegen. Er rührt sich nicht, liegt einfach reglos auf dem Rücken und starrt in die immer dunkler werdende Nacht hinein. Die Stimmen der Anwohner schwellen immer mehr an und nun bemerkt auch Winston von wie vielen Seiten sie beobachtet werden. All die fremden Gesichter sind gezeichnet von Schrecken und Angst und machen ihm klar, dass sie das gesehen haben, was er nicht konnte. Das Ray ihn weggestoßen hat, damit dieser irre Fahrer ihn nicht erwischt. Doch es war zu spät für ihn selbst, um noch auszuweichen…
 

Seine Beine werden auf einmal ganz weich, er beginnt zu zittern und blickt mit großen Augen auf den reglosen Körper am Straßenrand. Unbeholfen schwankend, als wäre er selbst betrunken, nähert sich Winston der Stelle, an der sein Freund nun liegt. Unwillkürlich geben seine Knie schließlich nach und er fällt neben Ray auf den Asphalt. Ungläubig betrachtet er seinen Freund. „Ray?“, fragt er leise, kraftlos. Vorsichtig streckt er eine Hand aus und streicht dem Jüngeren über die schmutzige Wange. „Ray…?“ Keine Antwort, keine Reaktion. Nur ganz dunkel erinnert sich Winston an irgendwelche Erste-Hilfe-Maßnahmen. Im Gegensatz zu Egon beherrscht er aber keine davon, kennt sie hauptsächlich aus dem Fernsehen. Dennoch ist es das Einzige, woran er sich jetzt klammern kann. Mit einem stummen Gebet auf den Lippen drückt er sein Ohr auf Ray´s Brust und lauscht nach einem Herzschlag. Schwach vernimmt er ein Geräusch zwischen all der aufflammenden Aufregung um sich herum. Dann geht ein Zucken durch den Körper und Winston blickt ihn hoffnungsvoll an.
 

Kraftlos schlägt Ray die Augen auf und dennoch scheint er nichts zu sehen. Tonlos bewegen sich seine gesprungenen Lippen, von denen dünnes Blut über seine Wangen läuft und sich dort mit dem Rot vermischt, dass aus seiner Nase fließt. „Ray!“, kommt es mit einem Anflug von Erleichterung von dem Schwarzhaarigen. Vorsichtig schiebt er eine Hand unter den Rücken des Verletzten und eine zweite unter seinen Kopf. So sanft wie möglich hebt er damit den Oberkörper des Jungen auf seinen Schoß. Ray gibt ein schmerzliches Stöhnen von sich, versucht aber zu lächeln, was unglaublich furchtbar wirkt, mit all dem Blut. „Winston…“, presst er angestrengt hervor und fängt dann an zu husten. Dabei sprüht ein feiner Nebel aus Blut durch die Luft und regnet auf Winstons Hemd hinab, doch keiner von beiden bekommt es mit.
 

„Nicht sprechen, Ray. Du bist verletzt…“, teilt er dem Kleineren mit und streicht ihm sanft eine Strähne aus der Stirn. „Nicht so schlimm – solang – solang es dir gutgeht…“, erwidert der Rothaarige. Erneut muss er husten und noch mehr Blut schwebt durch die kühler werdende Nachtluft. Weit, weit in der Ferne ertönen Sirenen und die ersten Anwohner nähern sich verhalten der Unfallstelle. „Mir geht´s gut, Ray und du kommst auch wieder in Ordnung, das verspreche ich dir…“ Langsam füllen sich seine Augen mit Tränen, während Ray kraftlos ein Lächeln versucht. „Ich liebe dich…“, haucht der Mechaniker tonlos. „Ich liebe dich auch…“, entgegnet ihm Winston und zuckt plötzlich zusammen. In seinem Schoß breitet sich rasant eine feuchte Wärme aus. Vorsichtig zieht er die Hand unter Raymond Kopf hervor und starrt sie dann an, als hätte er in seinem ganzen Leben nie etwas Vergleichbares gesehen. Und irgendwie stimmt das auch, denn seine ebenmäßig braune Haut ist mit hellrotem Blut getränkt, als hätte er sie in einen Eimer Farbe getaucht.
 

‚Nein…‘, geht es ihm durch den Kopf, als Ray´s Körper von einem heftigen Zittern durchgeschüttelt wird. Hilflos blickt er auf seinen verletzten Freund hinab. Sieht wie ihm immer mehr Blut aus dem Mund quillt. Seine Lider flattern unkontrolliert. Kraftlos klammert sich eine seiner Hände an Winstons Hemd fest. „Nein, Ray…!“ Er kommt sich so schrecklich verloren vor, kann er doch nichts tun, als seinen Freund in den Armen zu halten, sich selbst für seine Wut und den Streit zu rügen und zu hoffen, dass alles gut ausgeht. Um ihn herum haben sich dutzende Leute versammelt, starren die beiden hilflos an. Viel zu langsam nähern sich die Sirenen. Das Zittern verlässt Raymond wieder und er spuckt einen großen Klumpen Blut auf die Straße. „Ray, halt durch. Der Krankenwagen ist gleich hier…“ Wieder ergreift der Mechaniker sein Hemd und zieht Winston kraftlos zu sich hinab. Der Schwarzhaarige kommt seiner Bitte augenblicklich nach. „Ray, bitte. Du darfst nicht sprechen!“, versucht er ihm klarzumachen.
 

Doch der Mechaniker scheint ihn gar nicht mehr wahrzunehmen. Blicklos starren seine leeren Augen an ihm vorbei ins Nichts. Ein erneutes Zittern überkommt ihn, Tränen rinnen seine blutigen Wangen hinab. „Winston…“, presst er schwer atmend hervor. „Sag – sag Peter – dass ich – ihm – nicht böse bin…“ Jedes Wort bereitet ihm unglaubliche Anstrengung und das Ende des Satzes ist für Winston im anschwellenden Heulen der Sirenen kaum noch zu hören. Der Bauarbeiter will gerade etwas erwidern, als ein letztes, heftiges Zittern Ray durchschüttelt. Blut quillt aus seinem Mund und tränkt Winstons Hose. Dann sinkt seine Hand auf den Asphalt hinab, ihm fallen die glanzlosen Augen zu und ein letzter, schwacher Atemzug hebt seine Brust. Dann nichts mehr, einfach nichts.
 

„Nein! – NEIN! - Ray!“ Hilflos versucht Winston ihn wieder aufzuwecken, vergebens. Der Körper in seinen Händen erschlafft immer mehr. Seine eigene Sterblichkeit wispert plötzlich durch seinen Geist wie ein kalter Luftzug unter der Tür. Mit Ray´s reglosem Körper in den Armen wird ihm plötzlich schwarz vor Augen, doch er presst die tränenfeuchten Lider fest zusammen und vertreibt die Schwäche hartnäckig. Er merkt nicht, wie der Krankenwagen endlich in die kleine Straße einbiegt und neben ihm zum Stehen kommt. Zwei Sanitäter fordern ihn auf, sich von Raymond zu entfernen, damit sie Platz zum Arbeiten haben, doch dafür fehlt ihm die Kraft. Ein paar der umstehenden Leute, helfen Winston auf die Füße und da wird ihm bewusst, dass sie versuchen ihn von seinem Geliebten zu trennen. Schlagartig kehrt die Kraft in seinem Körper zurück und er setzt sich vehement zur Wehr. Nur mit größter Mühe gelingt es den Passanten, ihn zur Seite zu ziehen. Das Letzte, was Winston sehen kann, ist, wie die Sanitäter vergebens versuchen, ein Lebenszeichen von Ray zu bekommen…



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