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Die Wölfe 4 ~Die Rache des Paten~

Teil IV
von

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~Ein Telegramm~

Ein seltsames Gefühl reist mich aus tiefem Schlaf, das Gefühl beobachtet zu werden. Lange wehre ich mich gegen den Impuls aufzuwachen, doch die Unruhe nimmt immer mehr zu. Dabei träume ich gerade so schön - von einem Leben mit ihm. Verschlafen blinzle ich in den neuen Tag und sehe direkt in zwei smaragdgrüne Augen. Ein sanftes Lächeln liegt auf dem Gesicht, das mir so nah ist.

„Guten Morgen“, spricht er mich mit seiner tiefen Stimme an. Ich lächle und schließe die Augen. Meine Atemluft ist angefüllt mit seinem holzig, wilden Duft, die Wärme seinen Körpers hüllt mich ein.

„Du alte Schlafmütze! Willst du nicht langsam mal wach werden? Es ist schon Mittag.“

„Tatsächlich?“, murmle ich im Halbschlaf und lehne meinen Stirn gegen seinen Brustkorb. Ich dränge mich näher an seinen starken Körper. Bilder der vergangen Nacht, flackern in meinem müden Geist auf. So unendlich viele Berührungen, Küsse und harte Stöße. Im ganzen Jahr mit Robin, habe ich nicht so viel gevögelt, wie in der einen Nacht mit ihm. Unweigerlich zwingt sich der Schmerz meines wunden Pos in mein Bewusstsein. Trotzdem fühle ich mich so ausgeruhte und zufrieden, wie lange nicht mehr. Ich will nicht aufstehen und dieses Gefühl wieder verlieren.

Seine sanfte Berührung legt sich um meine Wange, er wischt mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, seine warmen Lippen berühren meinen Mund. Ich spüre seinen Atem im Gesicht.

„Wir sollten wirklich aufstehen und unter die Dusche“, wispert er.

Ich zwinge mich die Augen zu öffnen und sehe an ihm vorbei durch mein Zimmer. Das Bettzeug, Decken und Kopfkissen, verteilen sich verstreut auf dem Boden, wir liegen nackt auf dem Laken, dass an etlichen Stellen, die weißen Spuren unserer Gier ziert. Als ich meinen Körper hinabfahre, bleibe ich an meinem Bauch kleben. Auch an Tonis Oberkörper verteilt sich Punktuell mein letzter Schuss. Ein Schmunzeln huscht mir übers Gesicht, als ich an das geile Gefühl in seiner Kehle denken muss.

„Du hast recht“, lache ich, „Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich aufstehen kann. Du hast mich echt fertig gemacht. Ich schlafe sonst nie durch.“

Er legt mir einen sanften Kuss auf die Lippen. „Gern geschehen!“, sagt er, drückt sich aus der Matratze und rutscht an den Rand des Bettes. Seine Bewegungen sind so kraftvoll, wie immer, dabei ist er es gewesen, der sich die letzte Nacht am meisten Bewegt hat.

„Bist du denn gar nicht fertig?“, will ich wissen, als er aufsteht.

„Nein, wieso? Ich habe ganze acht Stunden gepennt. So viel schlafe bekomme ich sonst in der ganzen Woche nicht.“

Während er sich in seiner ganzen Länge streckt, versuche ich mich aufzurichten. Meine Arme zittern so sehr, dass ich einfach keinen Halt finde. Immer wieder sacke ich ins Laken zurück. Schweigend sieht Toni meinen Bemühungen zu, sein Grinsen wird immer breiter, sein Blick immer gehässiger. „Brauchst du Hilfe?“

„Leck mich!“

„Ja? Jetzt gleich?“ Lüstern sieht er mir in den Schritt. Genau so hat er geschaut, kurz bevor er meinen Penis tief in den Mund genommen hat und … Ich schlucke schwer. Das hatte ich in der letzten Nacht eindeutig zu oft, das hält mein wunder Körper nicht mehr aus.

„Nein! Weiche von mir, Satan!“ Ich suche nach einem der Kissen und werfe es in seine Richtung, doch es fällt nur bis zum Fußende des Bettes. Mit einem amüsierten Lächeln im Gesicht, kommt er zu mir. Er kniet sich in die Matratze, sein Blick ist herausfordernd, als er sich über mich legt. Gierig funkeln mich seine smaragdgrüne Augen an. Mir schlägt das Herz bis zum Hals, Gänsehaut überzieht meinen Körper. Ich schlucke schwer und sehe scheu zurück.

„Wenn du nicht aufstehst, muss ich noch mal über dich her fallen, denn ich liebe es, wenn du so hilflos unter mir liegst!“, sagt er in einem tiefen, finsteren Tonfall. Mir bleibt die Luft weg, ich will etwas erwidern, doch ich schaffe es nicht. Durchdringend sieht er mich an, sein warmer Körper begräbt mich unter sich.

„Hilfe?“, presse ich kleinlaut heraus, wohl wissend, dass ich ihm nichts entgegen zu setzen habe und mir keiner zur Hilfe eilen kann.

Tonis Mundwinkel beginnen zu zucken, der finstere Blick weicht auf, schließlich beginnt er herzhaft zu lachen. Irritiert betrachte ich ihn.

„Du müsstest dein Gesicht sehen!“, lacht er lauter und löst sich von mir.

„Ha, ha sehr witzig!“ Schmollend sehe ich zur Seite weg. Toni rutscht an den Bettrand zurück und erhebt sich. Er stemmt die Hände in die Seiten und sieht über die Schulter zurück, als er sagt: „Keine Sorge, ich fall' schon nicht über dich her.“

„Und das soll ich dir nach der letzten Nacht glauben?“

„Höre ich da ein wenig Enttäuschung raus?“

Ich schweige bedächtig und kann spüren, wie mir warm im Gesicht wird. Auch wenn mein Körper mir deutlich zeigt, dass ich genug habe, kann ich nicht verstecken, dass mich seine fordernde Art anzieht, dass ich es liebe, von ihm überfallen zu werden.

„Na komm, gehen wir duschen!“ Lächelnd reicht er mir seine Hand.
 

Nach einer heißen Dusche und einem stärkenden Frühstück, setzte ich mich mit einer Tasse Kaffee auf die weiße Bank hinter dem Haus. Das Rauschen des Meeres ist zu hören, ein kühler Wind weht von den Klippen zu mir. Toni steht in der Verandatür und lehnt am Rahmen. Sein Blick verliert sich in der Ferne, während er gedankenvoll an einer Zigarette zieht. In großen Wolke, stößt er den Rauch hervor. Der Geruch seiner Marke ist mir so unendlich vertraut. Ich nippe an meinem Kaffee und betrachte ebenfalls die Weite des Ozeans:

Irgendwo dort hinter dem Horizont liegt unsere Heimat, irgendwo dort hinten hat er Frau und Kind, irgendwann wird er dort sein und nicht mehr hier. Ich seufze.

Toni kommt näher, er setzt sich zu mir und betrachtet mich schweigend. Ich vermeide es ihn anzusehen.

„Woran denkst du?“, will er wissen. Um nicht antworten zu müssen, trinke ich einen großen Schluck. Er betrachtet mich noch einen Moment, dann sieht er aufs Meer hinaus.

„Als mich Robin am Hafen eingesammelt hat und wir hier her gelaufen sind, hat sie mir einige wichtige Fragen gestellt, mit denen ich aber zu Anfang nicht viel anfangen konnte“, beginnt er irgendwann.

„Ach ja?“, frage ich, wie beiläufig und trinke weiter.

Toni sieht mich offen an, als er fortfährt: „Gefällt dir dieses ruhige Leben hier? Bist du glücklich, wenn du zur Arbeit gehen kannst und deinen Abend mit einem guten Buch verbringst?“

Ich nehme die Tasse vom Mund und setze sie auf meinem Schoß ab. Nachdenklich betrachte ich die schwarze Flüssigkeit in ihr.

„Ich kenne nur dieses ruhige Leben hier. Die wenigen Bruchstücke, die mir aus meiner Zeit in New York geblieben sind, reichen für einen Vergleich nicht aus. Ich weiß nicht ob es hier besser ist oder dort.“ Zögernd erhebe ich meinen Blick und richte ihn auf Toni. Ich lege den Kopf schief und zwinge mir ein Lächeln ins Gesicht: „Ich bin jetzt glücklich.“

Toni hebt eine Augenbraue fragen. „So siehst du aber nicht aus.“

Mit einem seufzend sinken meine Mundwinkel, ich betrachte den Kaffee.

„Bevor du hier aufgetaucht bist, war ein großer Teil in mir völlig leer. Weder Robin, Jan oder Lui bedeuten mir etwas. Sie sind da oder auch nicht, es war mir egal. Bei dir ist das ganz anders. Seit du da bist, passiert jeden Tag etwas anderes verrücktes. Wenn du um mich bist, spüre ich ständig diese Aufregung und ich fühle mich lebendig. Aber ich weiß auch, dass du uns irgendwann verlassen musst und dass dann alles wieder so trist und langweilig sein wird, wie zuvor und selbst wenn ich mit dir nach New York kommen würde, du hast dort Frau und Kind. Wir würden dann auch nicht mehr zusammen und wie hier am Ende der Welt wohnen. Wenn wir uns mal nah sein wollen, müssten wir uns verstecken. Alles wäre unendlich kompliziert.“ Ich mache eine Pause und sehe aufs Meer hinaus. Der Wind hat zugenommen und peitscht hohe Wellen gegen die Klippen.

Toni schweigt, er wartet geduldig darauf, dass ich weiter spreche. „Ich habe die ganze Zeit das Gefühl nur die Wahl zwischen Pest und Cholera zu haben. Entweder ich gehe dir aus dem Weg und ignoriere die starken Gefühle, die ich für dich habe, was mir einfach nicht gelungen ist, oder ich versuche die kurze Zeit zu genießen und quäle mich dafür den Rest meines Lebens mit deiner Abwesenheit, wenn du abgereist bist, oder aber ich komme mit nach New York und sehe dir beim Glück mit deiner Familie zu. Das erscheint mir alles nicht besonders reizvoll.“

„Du hast in New York auch Familie“, bringt Toni zögernd über die Lippen.

„Ja, eine Frau, an die ich mich nicht erinnere“, gebe ich zu bedenken.

„Und zwei Kinder!“, haut er trocken raus und zieht an seiner Zigarette.

Mir stockt der Atem. In verschlucke mich am Kaffee und beginne heftig zu husten.

„Dein Ernst?“, will ich atemlos wissen.

„Das haben sie dir also auch verschwiegen?“

„Offensichtlich!“, murre ich.

„Zwillinge, ein Junge, ein Mädchen“, fährt Toni monoton fort.

„Zwillinge ...“, murmle ich gedankenvoll, „Ich kann es nicht fassen, dass ich Vater sein soll.“ So sehr ich mich auch bemühe, da ist keine Erinnerung an Kinder, nicht mal an meine Frau.

„Wie alt sind die beiden?“

„Sechs Jahre.“

Also waren sie zwei Jahre alt zum Zeitpunkt des Überfalls. Sie dürften mich genau so wenig erkennen, wie ich sie.

„Willst du jetzt nach New York zurück, zurück zu deiner Frau und deinen Kindern?“

Ich schüttle abwehrend mit dem Kopf. „Nein, wozu? Ich erinnere mich nicht an meine Frau und für die Kinder, bin ich auch nur eine fremde Person. Ich fühle mich nicht wie ein Vater und will auch keiner sein.“

„Du machst es dir ja sehr einfach!“ Mit dem Fuß tritt Toni einen Stein bei Seite und meidet meinen Blick.

Als er nicht mehr sagt, bin ich es, der wieder zu sprechen beginnt: „Schon möglich. Ich kann wenigstens alles auf meine Amnesie schieben, aber was ist mit dir? So wie du die letzte Nacht drauf warst und so wie ich dich in Erinnerungen habe, hast du nicht viel für Frauen übrig. Du lebst in New York doch auch nur eine Lüge. Willst du wirklich dahin zurück und für Frau und Kind den Ehemann und Vater spielen?“

„Ich bin Vater und spiele das nicht nur!“, protestiert er heftig.

„Für ein Kind, dass du nicht sehen darfst?“

Er atmet schwer aus, sein Blick streift die Schüssel mit Spielsachen auf dem Fensterbrett. „Wie solltest du das schon verstehen? Du hast ja nur geheiratet, weil Judy von dir Schwanger war. Familie und Kinder waren dir damals schon egal. Ich bin da eben anders. Kira ist das einzig Gute, dass ich in meinem Leben zustande gebracht habe.“ Unruhig erhebt Toni sich und beginnt vor der Bank auf und ab zu laufen.

Ich seufze lediglich und vermeide etwas zu erwidern. Gegen seine Tochter werde ich zwangsläufig den Kürzeren ziehen. Früher oder später wird er aus meinem Leben verschwinden, auf die eine oder andere Weise. Ich kämpfe gegen den zerreißenden Schmerz in meiner Brust an, der mir die Tränen in die Augen zwingen will. Die leer Tasse stelle ich auf der Bank ab und stehe auf. Im Vorbeigehen, lege ich Toni meine Hand auf die Schulter. „Wenn sie dir so wichtig ist, dann solltest du das nächste Schiff nehmen und nach Hause fahren.“ Einmal klopfe ich ihm auf die Schulter, dann laufe ich weiter zum Haus.

Tonis packt mein Handgelenk, er zieht mich zurück und schließt mich in eine feste Umarmung ein. Irritiert sehe ich an ihm hinauf. Tränen sammeln sich in seinen Augen, doch er schluckt sie hinunter.

„Ich will doch gar nicht nach Hause … Nicht ohne dich!“, gesteht er.

„Wirklich? Und dein Familie?“

„Die ist ohne mich sowieso besser dran.“

„Dann bleib hier! Lass uns zusammen von vorn anfangen, ich bitte dich! Nach allem was wir hinter uns haben, haben wir uns doch auch ein bisschen Glück verdient, findest du nicht? Keine Morde mehr, keine krumen Dinger und niemand der uns nach dem Leben trachtet“, sprudeln alle meine Gedanken auf einmal aus mir heraus.
 

Ein lautes Schrillen an der Eingangstür lässt uns zusammenfahren. Augenblicklich lösen wir unsere Umarmungen und entfernen uns reflexartig voneinander.

„Hallo! Ist jemand zu Hause? Ich habe hier ein Telegramm!“, ruft jemand von der anderen Seite des Hauses.

„Ich geh schon!“ Toni wischt sich mit dem Handrücken über die Augen, dann läuft er um das Haus herum und dem Postboten entgegen.
 

...~*~...
 

Von vorn anfangen, ein ruhiges Leben, fern ab von Bandenkriegen und ohne Überfälle. So sehr Antonio es auch versucht, er kann sich so ein Leben nicht vorstellen, dabei lebt er es die letzten Wochen doch schon. Schlafen ohne bei jedem kleinsten Geräusch aufzuschrecken. Er hat sich nicht mehr nach jedem Schatten umgedreht, nicht mal seine Pistole hat er bisher ausgepackt. Kira und Anette könnten endlich in Frieden Leben, sie zu bedrohen würde keinen Sinn machen, wenn er nicht mehr da ist.

Noch einmal sieht Antonio über die Schulter zurück. Enrico hat sich die Gitarre aus dem Wohnzimmer geholt und beginnt unbeholfen drauf zu spielen. Antonio schmunzelt.

„Sir! Ihr Telegramm! Sir? Hallo?“, spricht der Postbote ihn einige male an, bis er sich endlich dazu durchringen kann, ihn anzusehen.

„Danke!“, bringt er monoton heraus und nimmt den Zettel entgegen, doch nur all zu schnell verliert sich sein Blick wieder hinter dem Haus. Enrico versucht vergeblich die Melodie seines Liedes nach zu spielen.

„Guten Tag der Herr!“, verabschiedet sich der Postbote und hebt seinen Hut vom Kopf. Antonio lässt ihn wortlos ziehen und wirft nur flüchtig einen Blick auf das Telegramm. In der Kopfzeile steht als Empfänger sein Name, in der zweiten Zeile der Name von Enricos großem Bruder. Ein Stich durchfährt sein Herz. Dieser Verdammte Idiot, Raphael sollte ihm doch keine Post hier her schicken. Antonio hatte ihm das doch ausdrücklich in seinem Brief verboten. Er wollte Raphael doch nur mitteilen, dass er einige Monate länger wegbleiben würde, als ausgemacht war. Seine Aufmerksamkeit wandert über das Papier:
 

Dear Antonio[stop]
 

deine Luftpost hat uns erreicht und ich bin froh, endlich eine Adresse zu haben, über die ich dich erreichen kann [stop]

Ich wünschte ich könnte dir schreiben, dass bei uns alles gut ist [stop] aber die Dinge sind nun mal nicht so [stop] Anette hat sich im Sanatorium mit Tuberkolose angesteckt und hat sich viel zu lange nicht behandeln lassen [stop] Sie liegt seit gut einer Woche nur noch im Bett und hat keine Kraft mehr aufzustehen [stop] Susens Prognose ist schlecht [stop] die Lunge schon stark angegriffen[stop] Wenn dich diese Nachricht erreicht [stop] könnte sie uns bereits unter den Händen weggestorben sein [stop] Bis du mit dem nächsten Schiff zurück bist [stop] ist für Kira gesorgt [stop] trotzdem braucht sie dich jetzt dringend [stop]

Ich weiß du wolltest keine Post in deinem Urlaub [stop] aber das hier erschien mir zu wichtig [stop] um auf deine Rückkehr zu warten [stop]
 

Komm heil zurück

Raphael River
 

Ratlos sieht Antonio zurück zu seinem Freund. Das Telegramm beginnt er zu falten, immer kleine und kleiner, bis es in die Brusttasche seines Hemdes passt, um darin zu verschwinden.



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