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Die Geschichte einer Kämpferin

von

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Schlechte Erinnerungen

„Ich würde gerne so viele Leute wie möglich wieder sehen.“

Sie warf sich ein schwarzes schlichtes T-Shirt über und schlüpfte in ihre Hose. Es war bereits Abend geworden, bis sie den Trainingsplatz verlassen hatten. Es war ihr normaler Rhythmus den ganzen Tag zu trainieren und so hatte sie kaum bemerkt wie schnell die Zeit verging. Kakashi hatte sie die ganze Zeit beobachtet, wie sie hatte feststellen müssen, nachdem er so Gedanken verloren war, dass er vergessen hatte die Seiten seines Buches umzublättern. Aber es hatte sie nicht gestört. Lediglich verwundert. Er hatte früher nie besonders viel Interesse für andere gezeigt, doch sie hatte bereits feststellen müssen, dass er sich sehr verändert hatte. Er war nicht mehr so steif und regelfixiert und generell viel freundlich und offener. Das freute sie. Vielleicht würden sie sich ja eines Tages doch noch gut verstehen.

Nachdem sie in ihrem Krankenzimmer angekommen waren, war sie schnell Duschen gegangen. Sie hatte noch keine eigene Wohnung und so musste sie wohl leider noch ein paar Tage hier bleiben. Zu ihrem Leidwesen. Sie mochte keine Krankenhäuser. Sie rochen komisch und überall war weiß. Nichts als weiß.

Als sie sich in ihrem Krankenzimmer umsah, musste sie seufzen. Auch hier war alles nur weiß. Das Bett, die Wände, die Kommode, alles weiß. Sie mochte kein weiß. Es war irgendwie so eine aufdringliche Farbe, die in den Augen blendete.

Das einzige in dem Zimmer, das nicht weiß war, war Kakashi, der mit dem Rücken zu ihr stand und aus dem Fenster blickte. Mit einigen schnellen Schritten stellte sie sich neben ihn und tat es ihm gleich.

Sie hatte wirklich ein Zimmer mit einem schönen Ausblick bekommen. Direkt über dem Eingang, wo man die ganzen Leute umher rennen sehen konnte. Selbst jetzt herrschte da unten noch keine Ruhe und Kyoko konnte die Menschen sehen, die die letzten Sonnenstrahlen ausnutzten, um noch ein paar Dinge zu erledigen. Es wurde mittlerweile schon recht früh dunkel und auch ziemlich kalt draußen, sodass sich alle in ihre dicken Jacken wickelten. Kyoko hatte noch nie etwas gegen die Kälte gehabt. Sie liebte den Herbst und den Winter, wenn sich alle Blätter bunt färbten und dann von den weichen Schneeflocken bedeckt wurden. Auch jetzt konnte sie schon die orange-roten Flecken auf den Blättern am Baum vor ihrem Fenster erkennen.

„Wie wäre es wenn du heute Abend mit mir kommst. Ich treffe mich mit ein paar Freunden in einer beliebten Kneipe. Dort triffst du sicherlich viele Leute wieder, die du kennst.“

Kyoko war gar nicht aufgefallen, dass Kakashi schon lange nicht mehr aus dem Fenster, sondern direkt in ihre Richtung blickte, so sehr war sie fasziniert gewesen von den bunten Kunstwerken, die der Herbst erschaffen hatte. So schreckte sie kurz zusammen, nickte dann aber erfreut: „Das würde mich wirklich sehr freuen.“ Er lächelte unter seiner Maske und Kyoko sah ihn fasziniert an.

„Früher hast du nie gelächelt.“ Sie schlug sich die Hand vor den Mund. Das hatte sie doch gar nicht aussprechen wollen. „Tut mir Leid.“, versuchte sie es richtig zu stellen und merkte wie ihr Gesicht rot anlief. Das konnte doch nun wirklich nicht wahr sein. Immer in den unpassendsten Momenten.

„Stimmt wohl.“, antwortete ihr Kakashi nachdenklich. Er schien nicht darauf einzugehen, dass sie rot geworden war und das beruhigte Kyoko ungemein. Es gehörte sich nicht für einen Shinobi seinen Körper nicht unter Kontrolle zu haben.

„Lass uns gehen!“
 

Gemeinsam gingen sie abermals die Gassen Konohas entlang, doch es war alles anders. Es war schon ganz leer, nur wenige Menschen liefen hier jetzt noch durch die Gegend. Auch Kyoko war ruhiger. Hatte sie eben noch bei jeder einzelnen Ecke freudige Erinnerungen gesehen, so waren es jetzt nur die traurigen. Die Nacht brachte das immer mit sich bei ihr. Die Dunkelheit brachte immer auch die Traurigkeit. Sie war froh, dass Kakashi bei ihr war. Zwar war sie ein Shinobi, doch in der Dunkelheit fühlte sie sich nach wie vor unbehaglich. Sie mochte es nicht, nicht sehen zu können und so war sie sehr erleichtert, als sie vor der Kneipe ankamen und Kakashi stehen blieb. Es war eine hübsche Kneipe, stellte Kyoko fest, die warmes, angenehmes Licht ausstrahlte und mit einigen Verzierungen verschönert war. Doch was Kyoko schon immer am meisten an Kneipen gemocht hatte, waren die Geräusche. Besonders das Lachen, denn niemand in einer Kneipe war unglücklich. Und so verdrängte auch sie ihre traurigen Gedanken und strahlte Kakashi an, der jedoch weit weniger glücklich aussah. Eher wirkte er so, als müsse er grad in eine saure Zitrone beißen.

„Kein Fan?“ Sie nickte mit dem Kopf Richtung Kneipe und er verstand.

„Manchmal muss es sein.“
 

Gemeinsam betraten sie die Bar und sofort umfing Kyoko der Geruch von Sake und das gemütliche schwummrige Licht. Sie atmete tief durch. Sie wusste selbst nicht, was sie an Kneipen so fand, aber hier fühlte sie sich glücklich und zufrieden. Sie merkte kaum, dass sie stehen geblieben war, doch als sie auf einmal spürte, dass Kakashi bereits weiter gegangen war, schreckte sie auf. Schnell huschte sie um die Tische, um dem Silberhaarigen zu folgen, denn dieser hatte sich bereits an einer Tischgruppe niedergelassen. Als sie näher herantrat, erkannte sie eine der Personen. Maito Gai. Er hatte schon früher mit Kakashi zu tun gehabt.

„Na wenn das mal nicht die kleine Kyoko ist.“ Er war motiviert aufgesprungen und grinste sie breit an. „Das Feuer der Jugend, es brennt noch immer in dir, ich sehe es.“ Kyoko musste lachen. Dieser seltsame Mann hatte sich wirklich kein bisschen verändert.

„Mich freut es auch, Gai.“, begrüßte sie ihn ebenfalls, wenn vielleicht auch nicht ganz so überschwänglich und sah Kakashi aus dem Augenwinkel grinsen. Ebenfalls lächelnd ließ sie sich den beiden Männern gegenüber nieder.

„Sag, wie geht es dir so, Gai?“, wollte sie dann wissen, während eine Bedienerin die Bestellung aufnahm. Kakashi bestellte eine Runde Sake für alle.

„Wunderbar. Das Feuer der Jugend in mir ist so stark wie nie.“, freute sich der Taijutsuexperte und zeigte mit dem Daumen nach oben. Kyoko musste abermals lachen.

„Das kann ich sehen.“

Gai wollte gerade abermals losreden, als er unterbrochen wurde, weil ein weiterer Mann an den Tisch herantrat und mit beiden Fäusten auf den Tisch schlug.

„Na, habt ihr mich vermisst?“ Erschreckt blickte Kyoko auf und starrte den Mann an. Er hatte bräunliche, leicht wuschelige Haare und tiefbraune Augen. Er grinste breit, als er von Gai mit einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter begrüßt wurde und nickte Kakashi leicht zu. Die beiden schienen sich ja nicht sonderlich gut zu verstehen. Dann wandte er sich ihr zu und auf einmal weiteten sich seine Augen.

„Kyoko?“ Mehr brachte er nicht über die Lippen und starrte die Braunhaarige lediglich an. Und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.

„Baku!“, schrie sie schon fast und fiel ihrem ehemaligen Teammitglied um den Hals. Tränen traten in ihre Augen, so froh war sie ihn zusehen.

„Na na, du wirst mich ja wohl nicht zerquetschen. Du bist ein bisschen größer geworden, merk dir das.“, lachte er und auch sie musste erleichtert lachen. Es lebte doch noch jemand, dem sie nahe gestanden hatte. Widerwillig ließ sie ihn los und blickte ihn mit Tränen verschleierten Blick an.

„Du bist ziemlich groß geworden, damals warst du so klein.“, lachte sie glücklich und er fuhr sich selbstbewusst durch die Haare. Er war wirklich sehr groß geworden. Damals als sie ein Jahr lang, direkt nach dem Abschluss der Ninja-Akademie ein Team gewesen waren, war er ein ganzes Stück kleines als Kyoko gewesen, doch heute war er sicherlich einen Kopf größer.

„Ist ja auch schon ein Weilchen her. Heute kann ich dir auf den Kopf spucken, Kleine.“ Sie machte einen Schmollmund und streckte ihm die Zunge heraus: „So klein bin ich aber auch nicht.“
 

Es wurde ein schöner Abend, sie hatte so viel mit Baku zu besprechen. Er war Anbu geworden und Kyoko war so unglaublich stolz auf ihn. Sie waren damals nur kurz in einem Team gewesen, weil Kyoko Chu-Nin und Isamu, ihr letzter Teamkamerad verstorben war, aber sie hatten den Kontakt nicht ganz verloren. Und auch heute verstanden sie sich auf Anhieb, denn Baku war ein netter Zeitgenosse. Er war immer fröhlich und hatte einen flotten Spruch auf den Lippen und vor allem brachte er immer jeden zum Lachen. Sie tranken Sake, bis sich Kyoko schon ganz beschwipst fühlte und ihr ganz schwummrig war.

Doch irgendwann war der Abend vorbei, denn Kakashi erhob sich und wollte aufbrechen und da Kakashi ihr Aufpasser war, musste auch sie gehen. Sie grinste als sie sich erhob.

„Auf Wiedersehen ihr beiden.“, verabschiedete sie sich fröhlich winkend von Gai und Baku und war sich nicht ganz sicher, ob sie schon lallte. Grinsend schlug sie sich eine Hand vor den Mund und brachte die beiden damit zum Lachen. Ja, sie hatte definitiv einen Sake über den Durst getrunken und sie war froh, dass der Alkohol sie nicht zu emotional gemacht hatte, wie er es normalerweise immer tat.
 

Der Mond stand an seinem höchsten Punkt und hüllte ganz Konoha in ein angenehmes silbernes Licht, als Kakashi durch die Gassen schlenderte. Er hatte seine Hände in den Taschen und blickte nachdenklich in den sternenklaren Himmel. Dieser Abend hatte ihn nachdenklich gemacht. Kyoko wie sie mit Baku alberne Witze riss und Gai, der einen Sake zu viel trank und ihn zu unzähligen lächerlichen Duellen herausforderte. Er lächelte. Sie hatten einen schönen Abend gehabt, obwohl er normalerweise gar nicht gerne in Kneipen ging.

Er wanderte noch eine Weile durch Konoha. Er war noch nicht müde, er schlief generell nicht viel. Im Nachhinein wusste er selbst nicht genau warum er so plötzlich hatte gehen wollen. Vielleicht waren es einfach nur zu viele Erinnerungen gewesen. Seufzend wendete er den Kopf vom Firmament ab und wandte sich nach links. Er wollte noch einmal kurz bei den Gedenksteinen vorbeisehen, bevor er nach Hause ging, denn er hatte sie bereits viel zu lange nicht mehr besucht. Normalerweise besuchte er sie täglich, doch in den letzten Tagen hatte er einfach keine Zeit dafür gehabt und dabei gab es doch so viel zu erzählen. Entspannt schloss er die Augen und atmete tief durch. Die kühle Nachtluft und die Dunkelheit ließen ihn immer zur Ruhe kommen. Aus diesem Grund liebte er seine Nachtspaziergänge, es gab keinen Zeitpunkt an dem er seine Gedanken besser ordnen konnte. Das regelmäßige Zirpen der Grillen, das der einzige Laut war, der die Stille durchbrach begleitete ihn, als er durch das hohe Gras auf dem Friedhof schritt. Es war leicht feucht, das spürte er durch seine Sandalen, doch es störte ihn nicht. Er dachte an das, was die letzten Tage passiert war. Wie sehr sich alles verändert hatte und wie ihn plötzlich seine Vergangenheit wieder einholte. Wie er plötzlich wieder an Dinge erinnert wurde, die er längst verdrängt hatte. Er fragte sich wie es Kyoko wohl mit alledem ging. Sie hatte ebenso wichtige Menschen verloren und hier musste doch alles wie verrückt auf sie einprasseln. Doch sie schien eben so glücklich gewesen zu sein, gerade so als wären alle die schlimmen Zeiten niemals geschehen. Lediglich als er sie da in ihrem Krankenzimmer zurückgelassen hatte, schien sie ein wenig traurig. Doch auch ihr stand diese Trauer zu. Sie musste besser damit umgehen können als er es damals konnte.

Er seufzte und fuhr sich durch die Haare. Er verstand es einfach nicht, wie sie so locker mit all den Eindrücken umgehen konnte.

Vor dem Gedenkstein Obitos kam er schließlich zum Stehen. Er war wirklich zu lange nicht mehr hier gewesen und er spürte Reue seinen Freund so lange nicht besucht zu haben.

„Es tut mir Leid, Obito.“ Sanft strich er über den kalten Stein und und fühlte die schwachen Einkerbungen, die die Namen hinterlassen hatten. Er konnte die Buchstaben bereits blind ertasten so oft hatte er bereits darüber gestrichen. Es tat immer noch weh hier zu sein. Jedes Mal auf's Neue.
 

Ein lautes Klirren und eine Bewegung knapp neben ihm ließ ihn plötzlich wieder aufschrecken und mit angespannten Muskel fuhr herum, bereit für den Kampf.
 

Kyoko streckte ihre Hand aus und griff wackelig nach einer Flasche, die ihr aus der Hand gefallen war. Sie hatte gesehen, dass sie fast einen Schmetterling getroffen hatte, doch was wagte er es auch, sich hier hinzusetzen. Als ihre Finger den kalten Flaschenhals umgriffen, spürte sie wie klebrig eben dieser war. Sie verzog angewidert ihr Gesicht und ließ sich, im Anfall eines erneuten Schwindels, auf den Po fallen. Die Tränen traten ihr in die Augen und sie schmiss die eklige Flasche in das Gras, ein wenig entfernt von ihr. Zitternd legte sie den Kopf auf den kalten Stein vor ihr. Sie schluchzte laut und strich mit ihren feinen Fingern über die Inschrift, die sie seit einiger Zeit beobachtete. So als würde sie sie auslöschen können.

Hier ruht Minato Namikaze, Vierter Hokage von Konoha.

„Wie konntest du nur?“, flüsterte sie leise und die Tränen liefen heiß über ihre Wange hinab und tropften auf den Stein. Sie griff nach einer anderen Flasche, verfehlte sie erst, bekam sie dann aber doch zu greifen und hielt sie sich vor die Nase. Gefährlich blitzte die klare Flüssigkeit in der Flasche im Licht des Mondes und verführte Kyoko gradezu dazu, sie an ihre Lippen zu setzen. Gierig trank sie einen Schluck und spürte, wie ihr die Flüssigkeit den Hals verbrannte. Es war bereits die vierte Flasche Sake die sie angefangen hatte, nachdem Kakashi sie in dem Krankenzimmer abgesetzt hatte. Es war bereits auf dem Weg gewesen, dass die schlechten Erinnerungen zu ihr zurück gekommen waren und nachdem er sie allein in der Totenstille des Zimmers zurückgelassen hatte, waren sie alle auf sie eingeschlagen. Gerade so als hätten sie einen Moment ihrer Schwäche abgewartet. Als wären es wilde Tiere, die nur darauf gewartet hatten sie zu zerreißen und zu fressen.

Es tat ihr gut, etwas zu trinken, denn es wärmte sie von innen heraus und half ihr zu vergessen.

Sie schluchzte ein weiteres Mal laut und drehte sich auf den Rücken. Sie starrte in die Sterne, versuchte zu ignorieren, dass sie sich alle drehten und das aufkommende Gefühl des Übergebens noch verstärkten.

„Wie konntest du nur?“, rief sie abermals aus, dieses Mal um einiges lauter. Mit einem Anfall von Wut zerschlug sie die Flasche neben sich und Sake spritzte heraus. Sie spürte kaum einen Schmerz, als sich die Scherben in ihre Hand gruben und leise das Blut aus den Wunden tropfte und sich mit dem Alkohol vermischte.

„Wie konntest du mich nur alleine lassen?“, schrie sie und noch mehr Tränen liefen ihre Wangen hinab.

„Ich brauche dich doch hier.“, fügte sie flüsternd hinzu und schloss kurz die Augen. Da war es wieder, sein lächelndes Gesicht, das ihr sagte, dass alles gut werden würde. Aber nichts würde wieder gut werden, das hatte sie endlich realisiert. Sie alle waren tot. Ein kurzes Heulen entwich ihrem Mund, dann setzte sie sich auf. Kurz wurde ihr schwarz vor Augen, dann streckten sich ihre Finger nach einer weiteren Flasche und hoben sie an ihre Lippen. Sie leerte die Flasche in einem Zug, grade so als wollte sie mit jedem Schluck ein wenig mehr vergessen.

„Was tust du hier?“

Mit einem traurigen Kichern ließ sie die Flasche fallen und hob den Blick von ihren dreckigen Knien.

„Das gleiche könnte ich dich fragen“, gab sie zurück und setzte sich vorsichtig auf den immer kälter werdenden Grabstein. Mit einem verwirrten Grinsen auf den Lippen sah sie Kakashi direkt in das Auge. Sie griff nach einer weiteren Flasche, doch Kakashi ging mit einer schnellen Bewegung dazwischen. Überrascht blickte Kyoko ihn an. Das hatte sie nicht kommen sehen. Sie kicherte abermals und strich mit einer unsicheren Bewegung ihre braunen Haare von ihrer Stirn. Sie waren verklebt von Sake und sie war sich sicher, dass sie keinen schönen Anblick abgab.

„Beantwortest du mir jetzt meine Frage?“, wollte Kakashi wissen und blickte zu ihr hinab. Er begutachtete kurz das Chaos, das sie hier angerichtet hatte und ging dann vor ihr in die Hocke, sodass seine mit ihren Augen auf einer Höhe waren.

„Geht es dir gut?“, fragte er nun und sah sie ernst an. Sie kicherte abermals.

„Mir ging es nie besser.“, lallte sie und ließ sich nach hinten fallen. Wieder blickte sie in den Himmel und es war, als würde er sie von dort heraus ansehen, den jeder der funkelnden Sterne erinnerte sie an Minatos freundliche blaue Augen. Wieder traten Tränen in ihre Augen und sie konnte nicht verhindern, dass sie wieder anfing zu schluchzen.

„Es ist allein meine Schuld.“, flüsterte sie mit zitternder Stimme und umgriff mit ihren Händen krampfhaft die Seiten des Steines.

„Was ist deine Schuld?“, hörte sie Kakashi fragen und schüttelte den Kopf. Ihr war schlecht, sie wollte ihre Ruhe und jetzt verstand er noch nicht einmal.

„Alles.“, hauchte sie und musste mit Gewalt den Kloß in ihrem Hals herunter schlucken: „Wenn ich hier gewesen wäre, könnte er noch am Leben sein.“ Sie löste den krampfhaften Griff um den Stein und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Eine leichte Blutspur hinterließ ihre Hand auf ihrer Wange.

„Hätte ich mehr gekämpft“, fluchte sie so laut sie konnte: „dann hätte ich ihn beschützen können. Wenn ich mich gegen Orochimaru gewehrt hätte, dann wäre mein Bruder noch am Leben.“

Nach ihren Worten herrschte kurzes Schweigen.

„Darf ich jetzt meinen Sake wieder haben?“ Kyoko richtete sich auf, vorsichtiger dieses Mal, damit ihr nicht wieder schlecht wurde. Sie sah, dass Kakashi noch immer dort hockte. Er hatte sich keinen Millimeter bewegt, beobachtete sie nur. Auf ihre Frage hin schüttelte er den Kopf: „Ich glaube, du hast genug.“ Wut stahl sich in ihre schönen blauen Augen und sie streckte sich, um ihm den Sake einfach zu entreißen. Er lehnte sich zur Seite und sie griff an ihm vorbei. Mit steigendem Alkoholpegel, waren ihre Reflexe wohl zurückgegangen.

„Es bringt nichts, sich zu betrinken.“, tadelte er sie und erhob sich. Sie wollte es ihm gleich tun, doch merkte auf halben Weg, das das wohl keine gute Idee war und setzte sich schnell wieder.

„Was weißt du denn davon?“, fauchte sie und fing abermals an zu weinen. Die Wut ließ sie zittern und sie ballte ihre Hände zu Fäusten, sodass feine Adern hervortraten: „Du konntest es wenigstens versuchen sie zu beschützen. Und ich? Ich hatte aufgegeben und mich Orochimaru hingegeben. Ich habe meinen eigenen Bruder gegen Kraft eingetauscht. Ich hätte ihn retten können, ich hätte ihn retten müssen, er war meine ganze Familie.“ Langsam drehte er sich wieder zu ihr um und nahm seine Position wieder ein, indem er sich wieder vor sie hockte.

„Er ist ein Held.“, versuchte er sie zu beschwichtigen: „Du hättest nichts tun können, sie sind gestorben, um das Dorf und seine Bewohner zu retten.“ Er merkte sofort, welche Auswirkung seine Worte auf Kyoko hatten. Sie ließ den Kopf sinken und er sah, wie ihre Tränen den Boden benetzten.

„Wieso sterben sie nur alle?“, fragte sie nun schluchzend und stützte ihren Kopf auf die Hände: „Rin, Obito, Kushina, Minato, wieso verlassen sie uns alle nur?“ Schon sah Kakashi, dass sie wieder anfing zu zittern und ihr Körper anfing ihr zu entgleisen.

„Möchtest du reden?“, fragte Kakashi vorsichtig und setzte sich neben sie auf den Grabstein seines Senseis.  Er wusste nicht genau wieso er ihr vorgeschlagen hatte zu reden. Er redete nicht gern. Doch als er sie in diesem Zustand hier gefunden hatte, war sein Herz schwer geworden. Er hatte sich zwar gewundert, wie sie mit all dem so gut umgehen konnte, doch dass sie so schwer verletzt war, hatte er sich nicht vorstellen können. Und wenn sie erst Sake trinken musste um ihren Gefühlen Luft machen musste, dann war das in Ordnung. Besser als wenn sie es noch länger unterdrückte. Sie sollte niemals so werden wie er. Denn er verstand sie, besser als sie sich wahrscheinlich vorstellen konnte. Es war doch sie, die den gleichen Schmerz wieder in ihm hervorrief, mit ihren Augen, die denen von Minato nicht hätten ähnlicher sein können. Es war, als hätte man ihn in der Zeit zurück gesetzt, zu einer Stelle, an der er noch mit einem kleinen Mädchen, dessen Namen er nicht einmal wusste, darüber diskutierte was das Gute an Shinobis war. Zu einer Zeit, als er mit der Schwester des Gelben Blitzes wettete, dass sie es niemals zu einem Jo-Nin bringen würde. Zu einer Zeit, in der sie alle noch lebten.

Er blickte zu der weinenden Kyoko hinab und dachte nach. Vielleicht würde sie es nie schaffen, den Schmerz zu überwinden, der sich in ihr aufgestaut hatte, doch jetzt wo sie wieder in Konoha war, hatte sie viele ihrer alten Freunde an ihrer Seite, die ihr dabei helfen konnte.



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