Zum Inhalt der Seite

Das letzte Gefecht

Shinjitsu Wa Itsumo Hitotsu
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben,

bitte beachtet, dass in dieser Geschichte Spoiler zu finden sind! Ich versuche, sie nur oberflächlich zu erwähnen, aber da sie für den Verlauf der Geschichte wichtig sind, kann ich sie nicht komplett vermeiden. Diese Geschichte baut auf den Geschehnissen bis einschließlich Detektiv-Conan Manga-Band 85 auf! Es ist meine eigene Version eines Endes.

Ich hoffe, euch gefällt meine Geschichte. Bitte bitte schreibt mir eure Meinung!

Und nun: Viel Spaß beim Lesen :-). Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eine dunkle Vorahnung

Hallo ihr Lieben,
 

und hier kommt er, der Prolog :-).
 

Bitte bitte schreibt mir eure Meinung! Ich möchte unbedingt wissen, was ihr von ihm haltet...
 

LG

Himawari-chan
 

„Was wir am meisten lieben oder zu lieben glauben, erlebt nur in unseren Träumen seine volle Wertschätzung.“

Zitat von Fernando Pessoa
 

Montag, 30. Mai, 11:46 Uhr.
 

Es war ein angenehm warmer und vor allem sonniger Frühlingstag. Die Vögel zwitscherten auf den grün belaubten Zweigen der Bäume um die Wette und die Menschen in der Stadt, die das Glück hatten, nicht auf die Arbeit gehen oder andere Verpflichtungen nachgehen zu müssen und das Wetter genießen zu können, saßen in Cafés und genossen die warmen Strahlen der Sonne auf ihrer Haut. Manche gingen auch in einem der begrünten Parks der Stadt mit ihren prachtvoll angelegten Blumenalleen spazieren, führten ihre Haustiere aus oder saßen auf den von der Stadt gesponserten aus glänzendem Holz gezimmerten Bänken und ließen die Seele baumeln. Die Menschen in Tokio wussten dieses angenehme Wetter zu schätzen. Es würde nur noch wenige Wochen dauern, bis die japanische fünfte Jahreszeit anbrechen würde. Tsuyu, die Regenzeit, würde bald die angenehm trockenen, sonnigen Tage verdrängen und es würden die Tage im Jahr folgen, an denen den Menschen die dann im Land herrschende schwüle Hitze schier unerträglich erscheinen würde.
 

Eben dieser Tag, ein Montag um genau zu sein, verlief wie so ziemlich jeder Wochentag im Leben des klein geschrumpften Oberschülerdetektivs Shinichi Kudo. Conan verbrachte seine Zeit wie so oft mit den Dingen, um die man, gefangen im Körper eines Sechsjährigen, nicht herumkam. Dazu gehörte beispielsweise, dass er als Kind an die allgemeine Schulpflicht gebunden war und Schulunterricht besuchen musste. Er war daher nach seiner unfreiwilligen Verjüngungskur wieder von seiner Ran in der Grundschule angemeldet worden und besuchte diese nun gezwungenermaßen um seine Tarnung aufrecht zu erhalten. Natürlich tat er das auch, um gesetzlichen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Mit mäßiger Begeisterung widmete er daher seine kostbare Zeit nun belanglosen Basteleien und dem Pauken von anspruchslosem Erstklässlerschulstoff.
 

Ihre Lehrerin hatte ihnen in der Kunststunde aufgetragen, für ein Schulprojekt am nächsten Eltern-Lehrer-Schüler-Tag verschiedene Tiere zu basteln. Neben Krebsen und verschiedenfarbigen Fischen sollten vor allem auch Frösche gefaltet werden.

Daher saß er nun in der vierten Stunde jenen Tages an seinem Tisch und faltete mit meisterhafter Selbstbeherrschung seinen gefühlt 50. Origami-Frosch. Nun ja, um genau zu sein, war es sein Dritter. Die Kinder um ihn herum waren vollständig in ihre Bastelarbeiten vertieft. Von überall her drangen das Geraschel von Papier und ab und an auch ein Freudenschrei und lobende Worte der Lehrerin, wenn wieder ein neues Meisterwerk erschaffen worden war.
 

Seufzend besah er sich sein eigenes Kunstwerk. Der Papierfrosch hatte natürlich Knitterfalten an Stellen, an denen diese nicht sein sollten und hatte keine, dort wo sie hätten sein sollten. Der Frosch hatte außerdem – er konnte sich einfach nicht erklären, wie das passiert sein mochte – zwei Ohren.

Das kleine Mädchen mit den rotblonden Haaren, das an dem Tisch rechts neben dem seinen saß, hatte innerhalb der letzten Stunde bereits über zehn tadellos aussehende grüne Laubfrösche gefaltet. Sie wirkten so echt, dass man meinen konnte, dass sie im nächsten Augenblick von der Bank hüpfen und sich aus dem Staub machen würden.

Ai Haibara lächelte ihn mit einem mitleidigen und doch unergründlichem Grinsen an.

„Seit wann haben Frösche Ohren?“ Fragte sie ihn amüsiert.

„Ein paar Lauscher haben noch niemandem geschadet...“ brummte Conan missmutig und versuchte, die Ohren einzuklappen. Jetzt standen sie nach hinten ab und die Papiergestalt ähnelte eher einem leuchtend grünen Hund mit angelegten Ohren als einer Amphibie.

„Bin ich froh, dass mich zwei linke Hände nicht als Detektiv disqualifizieren...“ murmelte der Junge und griff nach dem nächsten giftgrünen Papierbogen.

„Vergiss die mangelnden Koch- und Gesangskünste nicht...“ wisperte Haibara ihm zu, schnappte ihm den letzten Bogen grellgrünen Papiers direkt vor der Nase weg und begann dann mit unverändert konzentrierter Mine dieses elegant und millimetergenau auf der vorgezeichneten Linie zu falten.

Erleichtert registrierte der kleine braunhaarige Junge mit der großen Brille den Gong, der die Mathematikstunde ankündigte. Vorerst war er von seinen Qualen erlöst.
 

Erstklässlermathematik war an und für sich nicht sehr fordernd. Ihre Lehrerin Frau Kobayashi widmete sich ihrer Klasse mit voller Hingabe. Trotz ihres Eifers hörte Conan ihr nur mit halbem Ohr zu, während die junge Frau den Kindern mit strahlendem Gesicht das kleine Einmaleins erklärte.

„Wann nur, werde ich endlich wieder in meine alte Klasse gehen können?“ Wehmütig dachte Conan, nein, Shinichi Kudo an seine Klassenkameraden aus der elften Klasse der Teitan-Oberschule. Seine Gedanken schweiften immer weiter ab und als er auf den Rücken des kleinen Mädchens vor sich starrte, saß dort plötzlich Ran in ihrer blauen Schuluniform. Lächelnd drehte sie sich zu ihm um. Mit verträumtem Blick sah er sie an und stutzte, als sie sich im nächsten Moment in Luft auflöste und er wieder auf den Hinterkopf eines kleinen schwarzhaarigen Mädchen mit Zöpfen und riesigen und vor allem quietschbunten Erdbeerhaarspangen schaute.
 

„Richtig. Ran sitzt… saß... in der Mittelschule immer vor mir, in der Oberstufe saßen wir dann nebeneiander… wie lange ist das nun schon her? Ob es sich wohl bereits ein anderer Schüler auf meinem alten Platz bequem gemacht hat?“ Ein dicker Kloß bildete sich in seinem Hals. Nicht nur er allein kämpfte mit seiner momentanen Situation. Auch Ran wurde jeden Tag aufs Neue daran erinnert, dass sein Platz leer war.

Er schluckte, als er sich wieder ihr verweintes Gesicht von jenem Tag ins Gedächtnis rief. Das Mädchen hatte auf der Couch in der Detektei Mori gesessen, in ihren zitternden Händen hielt sie die kunstvoll eingepackte Tafel selbstgemachter Schokolade, die ein Valentinstagsgeschenk für Shinichi hätte sein sollen. Ihre Schultern bebten, als sie endlichen ihren Tränen freien Lauf gelassen hatte. Er dachte an dieses unglaubliche Gefühl der Hilflosigkeit zurück. Der Junge hatte sie beobachtet und ohne ihr auch nur ein bisschen Trost schenken zu können, hatte er mit ansehen müssen, wie mehrere Minuten unaufhörlich die Tränen flossen, bis das Mädchen schließlich vor Erschöpfung eingeschlafen war. Danach hatte er nicht mehr tun können, als zu ihr zu gehen und sie mit ihrem Mantel zuzudecken. Dieser spendete ihr zumindest ein wenig Wärme, wenn er es schon selbst nicht tun konnte. Das Telefongespräch, welches sie an jenem Abend noch geführt hatten, war nur ein schwacher Trost für sie gewesen, da war er sich sicher.

Als er an jenem Abend ihr schlafendes, verweintes Gesicht mit den geröteten, verquollenen Augen betrachtete, hatte er die Worte zutiefst bereut, die er ihr im Beika-Hochhaus nach seiner temporären Rückverwandlung gesagt hatte. Obwohl diese natürlich bitterernst gemeint gewesen waren: „Eines Tages… werde ich zu Dir zurückkommen. Selbst wenn ich sterbe. Bitte warte auf mich.“ Er hatte ihr diese Worte direkt ins Gesicht gesagt und verfluchte sich letztendlich an jenem Valentinstag dafür, dass er ihr das angetan hatte. Shinichi konnte nicht zu ihr zurückkehren, bat sie aber dennoch, auf ihn zu warten. Die Worte wiederum machten ihr Hoffnung, dass sie ihn bald wiedersehen würde. Es war ein ewiger Teufelskreis. Als er ihr dann in London – endlich – persönlich gegenüberstand und bei ihr abermals die Tränen flossen, hatte er nicht anders gekonnt, als ihr seine Gefühle zu gestehen. Er hatte es nicht so enden lassen können. Auch wenn die beiden das Thema in ihren nachfolgenden Gesprächen eher vermieden hatten, so wusste Ran nun wenigstens woran sie war. Dass sie nicht vergeblich wartete. Dies war für sie hoffentlich ein kleiner Trost.
 

Als endlich der Pausengong ertönte und ihn von seinen Gedanken ablenkte, sah Conan verstohlen zu Frau Kobayashi hinüber.

Er hoffte, dass ihr neuer Freund, Inspektor Shiratori, ihr während der Pause einen kurzen Besuch abstatten würde. Möglicherweise ergatterte er von ihm Informationen über aktuelle Fälle der Tokioter Kriminalpolizei.

In letzter Zeit hatte Shiratori es sich angewöhnt, seine Mittagspause Frau Kobayashis anzupassen, sofern sein Dienstplan es zuließ und sich dann mit ihr zu treffen. Es war bei Shiratoris unregelmäßigen Arbeitszeiten und den vielen Überstunden dank seines Jobs beim Kriminaldezernat nicht einfach für die beiden, sich zu treffen. Da Frau Kobayashi meistens Aufsichtspflicht für ihre Klasse während der Pause hatte, kam Ninzaburou Shiratori immer zur ihr in die Schule.

Einmal war er sogar mit einer Flasche edlen Weins vor ihrem Schreibtisch aufgetaucht und Sumiko Kobayashi hatte verlegen und mit glühenden Wangen die Flasche entgegengenommen, nachdem er ihre bescheidene Ablehnung nicht akzeptiert und noch etwa zehn Minuten über die gute Qualität und den Reifegrad des Weins referiert hatte. Frau Kobayashi schien angesichts seines Redeschwalls bezüglich richtiger Temperatur und Lagerung ein wenig überfahren, doch als sie seinen begeisterten Gesichtsausdruck gesehen hatte, hatte auch sie gelächelt und die kunstvoll eingepackte Flasche Wein schnell unter ihrem Schreibtisch verschwinden lassen. Der Schuldirektor hätte es sicherlich nicht gerne gesehen, dass sie als Vorbild der Kinder Alkohol neben sich stehen hatte.
 

Heute jedoch, tauchte Shiratori nicht auf. Vermutlich hinderte ihn ein neuer Fall daran, seine Arbeit zu unterbrechen.
 

Der Tag ging für Conan also so weiter, wie er begonnen hatte: Er war todlangweilig und der Junge war heillos unterfordert. Eine Weile sah er noch seiner Lehrerin dabei zu, wie sie ihr liebevoll hergerichtetes Bento verputzte, dann legte er schicksalsergeben seinen Kopf auf seine verschränkten Arme und hoffte einfach nur noch mit geschlossenen Augen, dass der Tag bald vorbeigehen würde.
 

Am Nachmittag läutete endlich die langersehnte Schulglocke das Ende eines langen Tages ein. Conan packte erleichtert seine Schulbücher in seine braune Schultasche und machte sich mit den

Detective Boys auf den Weg nach Hause. Ayumi, Genta und Mitsuhiko unterhielten sich wie immer ausgelassen, bis Ayumi etwas ansprach, das ihr wohl sehr auf dem Herzen lag:

„Oh nein… jetzt habe ich ganz vergessen, das Gemüse im Schulgarten zu gießen...“ Besorgt warf sie einen Blick zurück auf das Schultor, welches aufgrund der Entfernung schon fast nicht mehr zu erkennen war.

„Ja, da hast Du Recht… vielleicht sollten wir noch einmal zurückgehen, sonst vertrocknen die Tomaten...“ meinte Genta und sah angesichts einer möglichen Nicht-Verwertung von Lebensmitteln zutiefst betroffen aus.

„Da braucht ihr euch heute wirklich keine Sorgen machen, Leute,“ mischte Conan sich ein „für das gesamte Stadtgebiet Tokio ist für diese Nacht kräftiger Regen angesagt worden. Seht nur, vor lauter Wolken kann man jetzt den Himmel schon nicht mehr sehen.“ Mit nur wenigen Worten zerstreute er die Sorgen der Kinder vollkommen. Haibara warf ihm ein kurzes Lächeln zu und ging dann den Rest des Wegs schweigend neben den Kindern her.

Bei der Detektei Mori angekommen, verabschiedete Conan sich von den anderen, die Ai noch den restlichen Weg bis zu Professor Agasa nach Hause begleiteten.
 

Als er den eifrig plappernden Kinder beim Davongehen hinterherwinkte, bemerkte er mit einem abermaligen Blick in den Himmel, dass sich immer mehr schwarze Wolken dort angesammelt hatten. Außerdem wehte mittlerweile eine frische Brise und ließ ihn für einen Augenblick frösteln.

„Es dauert nicht mehr lange, bis es regnet. Ach, und schon ist es soweit,“ dachte er er und streckte die Hand aus, als er den ersten Regentropfen auf seinem Arm spürte. Er beobachtete noch einen Moment, wie immer mehr Regentropfen dunkle Schatten am Boden bildeten. Ein angenehmer Geruch von nassem, warmen Steinboden stieg ihm in die Nase, als es noch stärker anfing zu regnen. Hastig suchte er Deckung und stieg die Stufen in den ersten Stock zur Detektei Mori hoch.

„Am besten zeige ich gute Manieren und lasse Rans Vater Kogoro wissen, dass ich jetzt Zuhause bin...“ dachte der Junge.
 

“Ôjisan (*Onkelchen), ich bin Zuhause...” setzte er fröhlich an, als er die Türe zur Detektei aufstieß. Als er sah, dass Kogoro Mori an seinem Schreibtisch schlief, hielt er inne. Er wusste, dass ihn nur ein genervter Aufschrei von Seiten seines Onkels erwarten würde, würde dieser von ihm aus seinen meist infantilen Träumen herausgerissen werden.
 

Der Raum war in vollkommene Finsternis gehüllt. Mittlerweile hatte sich der Himmel draußen vor den Fenstern pechschwarz verfärbt. Große, schwere Regentropfen prasselten laut von außen auf die Fensterscheiben. Bis auf die nähere Umgebung des wie so häufig laufenden Fernsehers, dessen Flimmern Kogoros Profil erhellte, konnte man die Hand vor den Augen nicht erkennen. Kogoros Wange wechselte sekündlich ihre Farbe. Im Augenblick erstrahlte sie in einem grellen Pink aus einem Werbespot für Nagellack.
 

Die Werbung war nun zu Ende und aus dem Lautsprecher des TV-Geräts auf dem Tisch des selbsternannten Meisterdetektivs drangen zuerst der Startschuss eines Pferderennens und nur wenige Augenblicke später Hufgetrappel und Jubelschreie von einer Pferderennbahn zu Conan herüber.

“Warum pennt der denn schon wieder? Hat vermutlich wieder bis tief in die Nacht diese neue Fernsehsendung mit Yoko Okino geschaut und sich dabei mit Bier volllaufen lassen,” murmelte der Grundschüler und drehte sich wieder zum Gehen um.

„Halt. Irgendetwas stimmt hier nicht.“ Sofort drehte er sich abermals zu dem schlafenden Mann um.
 

Kogoros Haltung war unnatürlich. Als er näher an den vollkommen mit Getränkedosen und Snackverpackungen übersäten Schreibtisch trat, stellte er fest, dass Rans Vater merkwürdig gekrümmt dalag. Sein Kopf ruhte mit der Stirn auf seiner linken Hand, die rechte Hand lag vollkommen regungslos mit nach oben gewandter Handinnenfläche auf einer zerdrückten Bierdose.

Entsetzt starrte Conan Edogawa auf die mit einer bräunlichen Flüssigkeit benetzte Handfläche, die unter Kogoros Kopf hervorragte. Zwischen den Fingern war Blut hervorgequollen und hatte die Tischplatte des Schreibtisch rot gefärbt. Aufgrund des vielen Unrats auf dem Tisch hatte der Junge dies von der Eingangstüre aus nicht sehen können.

Voller Panik rannte er nun das letzte Stückchen zu seinem Ziehvater. Nun erst sah er, dass Kogoro sich nicht bewegte. Conan zog die blutbefleckte Hand unter dessen Kopf hervor, so dass nun sein komplettes Gesicht zu sehen war. Mitten auf Kogoro Moris Stirn klaffte eine Schusswunde.
 

Kogoros heute Morgen noch blütenweißes Hemd war vollkommen blutgetränkt und hinter seinem Schreibtisch hatte sich eine Lache gebildet, da das Blut hinuntergetropft war. Das Blut war teilweise bereits geronnen und hatte sich bräunlich verfärbt. Der Austritt musste also bereits mehrere Minuten zurückliegen.
 

Obwohl er es sonst gewohnt war, Tote genau zu inspizieren und nach Beweisen zu suchen, so war dies hier doch etwas völlig anderes. Es brachte ihn an seine emotionalen Grenzen, immerhin war es Rans Vater, der direkt vor ihm in seinem eigenen Blut lag. Der Schock fuhr ihm durch Mark und Bein und erschütterte ihn bis in sein Innerstes. Zitternd hob er seine Hand um zu prüfen, was er doch bereits ahnte. Nichts. Kein Puls.

“Oh nein… das… das kann nicht sein...” Die Erkenntnis hatte ihn mit voller Wucht getroffen: Der schlafende Kogoro schlief ausnahmsweise einmal nicht. Er war tot. Jemand hatte ihn mit einem gezielten Kopfschuss aus nächster Nähe ermordet.

Fassungslos ging er einen Schritt rückwärts, bemerkte nicht, dass er mit seinen Schuhen direkt in die rote Flüssigkeit getreten war und diese seine Schuhsohlen rot gefärbt hatte. Übelkeit überschwemmte ihn, er hätte sich am liebsten übergeben.

Conans Knie fühlten sich an, als würden sie jeden Augenblick einfach nachgeben.

“Wer… oh nein… Ran!” Unbändige Angst ergriff von ihm Besitz, als ihm bewusst wurde, dass Ran schon seit ein paar Stunden Zuhause sein musste. Er zwang sich, trotz des Schocks wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

“Reiß Dich zusammen… Du musst Ran suchen… was, wenn sie auch...” er wagte es nicht, den Gedanken laut auszusprechen. Auf wackligen Beinen erklomm er die restlichen Stufen hinauf zur Wohnung der Familie Môri. Zu der Wohnung, in der sie die letzten Monate mehr oder weniger glücklich zusammen gelebt hatten. Diese Zeit gehörte nun endgültig der Vergangenheit an.
 

Er bemerkte die blutroten Fußspuren nicht, die er auf seinem Weg nach oben auf der Steintreppe hinterließ.

Zitternd öffnete er die Wohnungstüre, seine Furcht vor dem, was er hier finden könnte, schnürte ihm die Luft zum Atmen ab. Es bedurfte all seiner Selbstbeherrschung als Detektiv, um sich Stückchen für Stückchen vorwärts zu kämpfen.

“Ran-neechan...” rief er mit zugeschnürter Kehle.

“Ran-nee… Ran… Ran...” Keine Antwort. Er suchte nacheinander alle Räume nach ihr ab. Sie war weder in der Küche noch im Badezimmer. Alles war aufgeräumt und wie immer. Auf dem Wohnzimmertisch lag ein aufgeschlagenes Buch mit einem Lesezeichen, das Ran gerne verwendete. Conan erinnerte sich daran, dass Ran gestern Abend bereits genau dieses Buch gelesen hatte. Es sah ihr nicht ähnlich, ihr Buch nach dem Lesen nicht mitzunehmen. Vielleicht war sie nicht Zuhause. Möglicherweise hatte ihre beste Freundin Sonoko sie auf einen spontanen Einkaufsbummel eingeladen, dachte er für einen Moment hoffnungsvoll. Als er die Türe zu ihrem Zimmer öffnete, sah er, dass die braunhaarige Oberschülerin tief schlafend in ihrem Bett lag.

“Gott sei Dank...” flüsterte er, als er ihren friedlichen Gesichtsausdruck sah. Sie war hier gewesen und hatte von den Geschehnissen in der Detektei nichts mitbekommen. Sie hatte geschlafen, als ihrem Vater Schreckliches angetan wurde.
 

Er wollte sie gerne noch länger vor der bitteren Wahrheit schützen, doch er wusste, dass es nicht richtig war. Eilig trat er neben ihr Bett und zog an ihrer Bettdecke.

“Ran-neechan, Du musst sofort aufwachen, wir müssen sofort zur Polizei, Onkel Kogoro...” Conan hielt inne, sah ihre bewegungslosen Lippen. Sah, dass sich die Bettdecke, die sich über ihrer Brust spannte, keinen Zentimeter hob und senkte.

“Ran-neechan, hörst Du nicht, Du musst aufwachen...” auch wenn er es eigentlich schon ahnte, er wollte es einfach nicht wahrhaben. Wollte nicht wahrhaben, dass sie nicht aufwachen würde.

“Ran, wach doch endlich auf...” Verzweifelt zog er die wärmende Steppdecke von ihrem Körper. Als er die Einschusswunde in ihrer Brust und das viele Blut auf ihrer Matratze und auf dem einst marineblauen Blazer ihrer Schuluniform sah, hielten seine Beine seinem Gewicht nicht mehr länger stand und er sank kraftlos zu Boden. Er griff nach ihrer Hand. Nachdem er die blutdurchtränkte Bettdecke weggezogen hatte, baumelte diese leblos über den Rand des Bettes hinaus. Sie war noch warm, die Leichenstarre hatte noch nicht eingesetzt. Obwohl sein Verstand ihn deutlich warnte, dass er eigentlich aufstehen und um sein Leben laufen musste, da der Mörder von Ran und Kogoro sich noch in der Nähe befinden musste, so schaffte es sein Herz doch nicht, sich jetzt von dem toten Mädchen zu entfernen. Sein Kopf fühlte sich vollkommen leer an, er war zu keinem klaren Gedanken fähig.

Er wollte aufstehen und ihr noch einmal in ihr einst so wunderschönes Gesicht sehen, doch seine Beine wollten ihn einfach nicht tragen.
 

Er bemerkte nicht, dass sich ihm von hinten ein schwarzer Schatten mit einem ausladenden, pechschwarzen Mantel und langen, blonden Haaren näherte. Seine sonst perfekt funktionierenden detektivischen Sinne ließen ihn komplett im Stich. Plötzlich und ohne Vorwarnung spürte er die kühle Mündung einer Waffe mit Schalldämpfer an seiner Schläfe und eine eiskalte Stimme zischte leise: “Ein zweites Mal wirst Du mir nicht entkommen, Kudô.” „Gin…“ Conan hatte keine Zeit, zu reagieren. Der Hüne war zu schnell. Er sah aus den Augenwinkeln, wie der Mann den Abzug betätigte. Er spürte einen bohrenden Schmerz in seinem Kopf, als sich die Kugel ihren Weg durch seine Schläfe fraß, dann wurde alles um ihn herum dunkel.
 

Er schreckte zitternd auf, spürte den kalten Schweiß auf seiner Stirn und im Nacken. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse. Er spürte noch immer den kalten Lauf der Waffe an seiner Schläfe. Doch als er verschreckt aufsah, blickte er in das überraschte Gesicht von Frau Kobayashi, die hastig ihren Zeigestab wegzog, den sie ihm augenscheinlich an genau die Stelle an seinem Kopf gehalten hatte, an der er auch die Waffe gespürt hatte.

Sie sah wohl seinen entsetzten Gesichtsausdruck und entschuldigte sich sofort. “Bitte entschuldige, Conan. Du warst eingeschlafen und ich wollte Dich mit einem kurzen Tippen mit meinem Stab wecken. Ich wollte Dich nicht so erschrecken. Hattest Du einen Alptraum?”

“Nein, schon gut. Ich, ich bin nur ein wenig erkältet...” schwindelte der Junge und setzte einen Gesichtsausdruck auf, der sie wohl davon überzeugen sollte. Doch ganz verbergen konnte der kleine Detektiv seinen Schrecken nicht.

Frau Kobayashi besah sich sein blasses Gesicht und befühlte ihm die Stirn.

“Du hast Recht, Du bist ja ganz verschwitzt. Vielleicht solltest Du Dich ein wenig im Krankenzimmer hinlegen?”

“Nein… es geht schon wieder, es ist alles in Ordnung, Frau Kobayashi.”

“Na dann...” sie sah nicht ganz überzeugt aus. Sie wandte sich an seine Sitznachbarin Ai Haibara, die ihn, wie so häufig, mit einem kühlen Blick taxierte.

“Ai-chan… bitte sorg dafür, dass er später heil nach Hause kommt, ja?”

“Aber natürlich!” Rief sie Frau Kobayashi mit gespielt kindlicher Mine zu, dann wandte sie sich Conan zu.

“Was ist denn los, Kudo-kun? Du siehst aus, als hättest Du ein Gespenst gesehen.” Innerhalb weniger Sekunden hatte sich ihre zuvor so zuckersüß und kindlich klingende Stimme wieder normalisiert.

“Wie ich schon sagte, alles in Ordnung… ich bin wohl nur ein wenig erkältet.” Er wischte sich mit einer hastigen Geste die Schweißtropfen von der Stirn. Er hatte nicht vor, sie mit seiner Paranoia zu beunruhigen.
 

Dieser Alptraum hatte überhaupt nichts zu bedeuten. Träume, in denen die schwarze Organisation ihnen auf die Schliche gekommen war, hatte er schließlich schon öfter gehabt. Es war vollkommen normal, dass mit ihm gelegentlich die Nerven durchgingen. Immerhin waren sie auf der Flucht und die Gefahr war allgegenwärtig, auch wenn es ihnen aufgrund des mittlerweile eingekehrten Alltags manchmal gelang, diese Gedanken zu verdrängen. Langsam beruhigte sich sein Atmen wieder. Ja. Es war nur ein Traum gewesen. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass die Organisation in nächster Zeit auf sie aufmerksam werden würde. Der letzte Kenntnisstand der Organisation war, dass Sherry im Bell-Tree-Express bei der Explosion ums Leben gekommen war. Und sein Name war auf der internen Liste der Organisation Shiho-sei-Dank in die Spalte der bestätigten Todesopfer gerutscht. Bourbon war auf ihrer Seite. Allein Vermouth war eine Konstante, die er nicht einschätzen konnte, doch er ging davon aus, dass von ihr augenblicklich keine Gefahr ausging. Sie waren in Sicherheit. Er seufzte kurz und blickte dann auf. Ayumi, Genta und Mitsuhiko sahen besorgt zu ihm herüber.

Mit freundlichem Blick lächelte er seinen drei Grundschulfreunden zu. Er musste sich zusammenreißen und seine übliche, fröhliche Maske aufsetzen. Die Kinder durften sich keine Sorgen machen.
 

Noch ahnte er nicht, dass schon bald den schwersten Kampf seines Lebens würde ausfechten müssen. Einen Kampf, der alles bislang dagewesene in den Schatten stellen würde. Ein Kampf um das Leben der Menschen, die ihm das Wichtigste auf dieser Welt waren. Und er konnte nicht wissen, welch hohen Preis er dafür würde bezahlen müssen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Soo, das war mein Prolog...

Wie hat er euch gefallen? Bitte schreibt mir eure Meinung... Bis zum nächsten Kapitel :-). Man sieht sich.

Lg, Himawari-chan. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Julep7
2016-11-01T20:27:57+00:00 01.11.2016 21:27
Hallo Himawarichan,

toller Start in diese Fanfic.
Der Sprung von Wirklichkeit und Traum und wieder zurück war sehr gut geschrieben.
Als Conan Kogoro auffand dachte ich kurzzeitig noch es wäre real, aber bei Ran konntest du mich nicht mehr täuschen. ;)

Du hast alles super beschrieben, sodass man sich es bildlich vorstellen kann und die einzelnen Persönlichkeiten auch sehr gut getroffen. Ai hat mich schmunzeln lassen - nice. ^^

Schöner Schreibstil - mach weiter so! :)

LG
Julep
Antwort von:  Himawarichan
05.11.2016 16:50
Hallo Julep,

zuerst einmal Danke für den lieben Kommentar :-).

Ich wollte, dass der Übergang zwischen Realität und dem Traum nahtlos passiert, damit es möglichst so wirkt, als wäre es tatsächlich passiert. Etwas gemein, aber ich finde, so bleibt am ehesten die Spannung erhalten :-). Super, dass Du es durchschaut hast. So gemein bin ich dann ja doch nicht, gleich am Anfang zwei so wichtige Menschen aus Conans Umfeld niederzumetzeln. Danke noch einmal für das Lob, ich gebe mir Mühe, den Schreibstil so beizubehalten.
PS: Das nächste Kapitel kommt bald und noch einmal lieben Dank :-).
Von:  MihokoSakukawa
2016-10-16T19:03:19+00:00 16.10.2016 21:03
Hallo Himawari-chan,
Wow was für ein mega cooler Anfang! Ich habe mich sofort in diese Geschichte verliebt. Dein Schreibstil ist wirklich bewundernswert! Bitte schreibe sooooooo schnell wie möglich weiter!
♡w♡

xxx Mihoko
Antwort von:  Himawarichan
30.10.2016 20:11
Hey, vielen vielen Dank für Deinen lieben Kommentar! Ich werde auf jeden Fall weiterschreiben, aber es wird noch ein bisschen dauern, weil ich aktuell viel um die Ohren habe.
LG, Himawari-chan.


Zurück