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Between Near and Distance - Unter den Goldkiefern

Eine Bonanza Geschichte
von

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Kapitel 35

Kapitel 35
 

Joe war nervös. Immer wieder zog er die Schleife wieder auf, um sie erneut zu binden. Aber irgendwie wollte sie heute nicht gerade sitzen. Es war bereits früher Abend und endlich war Adam nach Hause gekommen. Joe hatte ihm sofort angesehen, dass er vollkommen erledigt war. Gedanklich hatte sich Joe schon von seinem Tanzabend mit Adam verabschiedet. Aber dann hatte Adam ihn angelächelt und gesagt, er könne sich ja schon mal umziehen.
 

Nun war Adam im Bad und wusch sich den Dreck des Tages ab. Bei dem Gedanken leuchteten Joes Wangen zart rosé und er zog so hektisch an dem schwarzen Band, dass es riss. Entsetzt sah Joe auf die zwei Stoffleinen, die einmal seine gute Schleife gewesen waren.

"Krieg dich endlich ein, Cartwright", murmelte er und beförderte die Schleife in den Müll, nahm sich eine neue und band sie möglichst ohne nachzudenken um.
 

Er atmete erleichtert durch, als er in den Spiegel blickte und die Schleife zumindest so gerade war, dass es noch erträglich war. Zufrieden ging er also hinunter und schnappte sich seine Jacke. Adam war wohl noch nicht fertig, also setzte er sich auf die Sessellehne neben Hoss.
 

Sein Bruder war mit ihrem Vater in ein Spiel Dame vertieft. Joe sah neugierig zu und befand es schon nach zwei Zügen für langweilig. Er hätte Hoss nun schon besiegt gehabt, aber sein Vater spielte anders als er. Er gab Hoss gerne noch eine zweite Chance und eine dritte und eine vierte. Es war auf jeden Fall sterbenslangweilig.
 

Er wollte sich gerade eine andere Beschäftigung suchen, da kam Adam endlich herunter.

Adam hatte genau wie Joe ein weißes Hemd an und eine schwarze Schleife umgebunden. Zusätzlich dazu hatte er sich die Haare zurückgekämmt und an den Seiten nach hinten gegelt. Nichts Besonderes, aber Joe mochte es. Er selbst hatte versucht, seine Haare so glatt zu bekommen, wie es nur möglich war. Es durfte nur niemand mehr darin herumhantieren.
 

"Können wir dann?"

Adam hatte seine Jacke bereits angezogen und stand leicht lächelnd neben Joe. Wie war er so schnell da hingekommen? Joe sprang von der Lehne runter und zog die Jacke über.

"Ja, lass uns los", antwortete Joe und hatte es dann eilig, rauszukommen.
 

Draußen im Hof standen Cochise und ... Concho?

Joe sah Adam verwirrt an.

"Sport hat ein Eisen verloren, darum hat es etwas länger gedauert. Danny beschlägt ihn morgen für mich neu und bis dahin leiht er mir Concho."
 

"Aber Sport geht es doch gut, oder?"

"Ja, natürlich, wir waren noch in der Nähe", bestätigte Adam und ging zu den Hengsten. Mit flinken Fingern löste er die Zügel vom Stamm und brachte Cochise direkt zu Joe, während er selbst auf Concho aufsaß. Joe schwang sich ebenfalls auf sein Pferd und zusammen ritten sie zügig vom Hof.
 

Es empfing sie laute Musik und noch viel lauteres Gelächter. Das Fest hatte schon vor Stunden angefangen, aber nun schien es auf dem Höhepunkt zu sein. Es gab eine Tanzfläche vor dem neu eröffneten Gemischtwarenladen, aber auch drinnen konnte man viele Paare tanzen sehen. Ebenso gab es drinnen wie draußen ein Buffet sowie einige Grüppchen, die einfach nur beisammen standen und tratschten.
 

Adam und Joe hielten sich etwas abseits und banden die Pferde vier Geschäfte weiter an. Den Rest des Weges legten sie zu Fuß zurück. Allerdings konnte kein Cartwright ein Fest betreten, ohne sofort entdeckt zu werden.

"Joe! Hey, Joe!" Sofort kam Giselle angerauscht, sie hatte den überdimensionalen blauen Rock ihres reich verzierten Kleides angehoben, so dass sie schnell bei dem Gerufenen ankam. Sofort waren ihre kleinen Hände um Joes Oberarm gekrallt und wollten Joe direkt zur Tanzfläche ziehen.
 

"Joe, ich habe schon auf dich gewartet. Ich hatte schon Angst, du kommst gar nicht mehr", brabbelte sie aufdringlich und klimperte mit ihren viel zu stark geschminkten Wimpern. Joe war verwundert, wie wenig sie ihn ansprach. Eigentlich war er mal verstärkt hinter Giselle her gewesen. Er war sogar richtig erleichtert, als Adam einen Schritt auf Giselle zutrat und sie somit unterschwellig verdrängte.
 

"Guten Abend Giselle, entschuldige, aber Joe ist heute leider nicht verfügbar", erklärte Adam diplomatisch und lächelte sie auch noch entschuldigend an. Mit dem Ergebnis, dass nun Adam Giselles kleine Klammerfinger um seinen Oberarm gewickelt bekam.

"Oh, das ist schade, aber dann tanzt du doch mit mir, oder Adam?", winselte sie und musste zu Adam doch etwas mehr aufsehen. Joe hatte sich noch nie so von einer Person abgestoßen gefühlt.
 

Joe verzog das Gesicht, er konnte leider nicht so eindeutig seine Besitzansprüche geltend machen. Also musste Adam die tanzwütige Giselle selbst loswerden. Erst als Adam ihre Hand berührte und sie daraufhin den Arm losließ, entspannte sich Joe wieder.
 

"Bedaure, Giselle, genau genommen sind wir beide nicht verfügbar", meinte Adam immer noch betont freundlich. Aber die Freundlichkeit schien nicht mehr zu funktionieren.

Sofort wurde aus Giselles überschminkter fröhlicher Miene eine ziemlich überschminkte Grimasse. Sie ließ die erhobene Hand, mit der sie sich bei Adam einhaken wollte, sinken. Aber immerhin hatte sie genug Anstand, um zur Seite zu treten und die Brüder durchzulassen.
 

Joe atmete genervt durch.

"Das war abzusehen", meinte Adam leise und blieb an Joes Seite. Offensichtlich war der Zwischenfall mit Giselle nicht ganz unbemerkt gewesen. Denn nun hielten sich die Damen fern. Es war wohl deutlich geworden, dass Adam und Joe kein Interesse daran hatten zu tanzen. Hatten sie zwar schon, aber nicht mit anderen.
 

Darum mischten sie sich zuerst unters Volk und pflegten ihre privaten und geschäftlichen Beziehungen. Dazu trennten sie sich immer wieder auch mal voneinander. Auffallen wollten sie schließlich auch nicht.
 

Es war schon reichlich spät geworden, Joe war schon fast in dem Glauben, dass Adam sich doch anders entschieden hatte. Da erspähte er seinen Bruder im Getümmel. Joe war wie die meisten nach drinnen gegangen. Es war eine klare Sommernacht und trotz der Hitze, die am Tage herrschte, war es des Nachts sehr kalt. Weswegen die meisten eben drinnen waren. Wo Adam nun herkam, wusste Joe nicht. Aber er kam auf ihn zu. Vorsichtig stellte Joe seinen Teller, auf dem zuvor noch Häppchen gewesen waren, zur Seite. Dann kam Adam bei ihm an, nahm seine Hand und ging langsam rückwärts, bis Joe dem Zug folgte.
 

Joe schmunzelte und folgte Adam, welcher ihn durch die vielen Menschen nach draußen führte und sich, sobald Platz war, hinter Joe platzierte und ihn an seiner Hüfte vor sich her schob.

"Wo willst du hin?", fragte Joe leise und tastete an seiner Seite nach Adams Hand. Ihre Finger fanden zusammen und verschränkten sich. Joe seufzte zufrieden.
 

"Nur etwas nach draußen. Die Nacht ist zu schön, um sie drinnen zu verpassen", flüsterte Adam und führte Joe zur Tanzfläche, welche aber nun verwaist war. Die Musikanten hatten aufgrund der Uhrzeit draußen aufgehört zu spielen, allerdings war die Musik von drinnen noch gut zu hören. Joe furchte die Stirn etwas, wie lang waren sie denn schon hier?
 

Mitten auf der Tanzfläche blieb Adam stehen und drehte Joe zu sich um.

"Erlaubst du mir diesen Tanz?", fragte Adam ganz korrekt und streichelte mit dem Daumen über Joes Handrücken.

"Natürlich, gerne."
 

Joe zeigte sein typisches Grinsen, aber ganz so typisch war es nicht, da war ein ganz besonderer Glanz in seinen Augen, den er sonst nicht darin hatte. Glücklich, neckisch und liebevoll. Er kam Adam den letzten Schritt entgegen und legte die rechte Hand in Adams linke und seine linke auf dessen Oberarm. Adams rechte Hand wanderte an Joes linkes Schulterblatt und er trat einen winzigen Schritt versetzt zu Joe. So berührten sie sich leicht mit der rechten Körperseite von der Hüfte bis zum Oberschenkel.
 

Fast zu spät fiel Joe auf, dass er nicht führte. Das versetzte ihn zurück in die Zeit, in der Adam ihn das Tanzen lehrte. Adam fing an und löste sofort die richtige Reaktion bei Joe aus. Sicher führte Adam ihn in einen Walzer. Üblicherweise sahen sich die Tanzpartner nicht an, sondern knapp aneinander vorbei. Joe war das egal, er stand so zwar nicht hundert Prozent gerade, aber er sah Adam genau an. Sein Bruder bemerkte es und erwiderte den Blick mit einem kurzen Zucken seines Mundwinkels.
 

Ein ungewöhnlicher Walzer, in dem sich die Tanzpartner ansahen, kein wundervolles Kleid, welches von einer wundervollen Tänzerin präsentiert wurde. Nein, dies war ein Walzer zwischen zwei Brüder, die rein zufällig verliebt waren. Aber bis auf diese Dinge war es dennoch ein richtiger und korrekt ausgeführter Walzer.
 

Und aus einem Walzer wurden zwei. Joe und Adam rückten näher an den anderen heran. Adams Hand umgriff Joes Rücken und ließ die Hand runter bis auf die Hüfte rutschen. Der Blickkontakt wurde noch intensiver. Noch ein ganzer Walzer, dann wurde die Haltung der Hände getauscht.
 

Für einen Walzer ließ Adam ihm tatsächlich die Führung. Diesen einen genoss Joe ganz besonders. Nie zuvor hatte Adam jemand anderes führen lassen. Zumindest nicht in einem Tanz mit Joe oder einem, den Joe gesehen hatte. Es war ein wunderbares Gefühl, Adam zu dirigieren, es machte ihn stolz. Und obwohl die Schritte immer und immer dieselben waren, kam es ihm vor, als bestimme er, wo es hier entlang ging.
 

Ein wenig übermütig ließ er die Hand an Adams Rücken tiefer gleiten und stoppte erst am Steiß. Joe sah genau die Überraschung in Adams Blick, allerdings schien sein Bruder nichts dagegen zu haben. Zumindest hinderte er ihn nicht daran und ließ sich weiter von ihm führen.
 

Dann tauschten sie noch einmal und starteten gleich viel enger, als es üblich war. Joe legte seine Stirn an Adams, beide legten sie eine Hand an die Hüfte des anderen, verschränkten die Finger der sich haltenden Hände und zogen die Arme näher an den Körper. Das war dann zwar nicht mehr die korrekte Haltung bei einem Walzer und es brauchte nun viel mehr Schritte für eine vollständige Drehung, aber es war viel inniger. Und darum ging es.
 

Hatten sich vorher noch nur die rechten Hüften berührt, so gab es nun wesentlich mehr Körperkontakt. Es war wie eine Umarmung mit Bewegung. Die Schritte wurden langsamer und immer kleiner. Adam übte ein wenig Druck auf Joes Rücken aus, Joe reagierte und positionierte sich mit einem Bein zwischen Adams, welches Adam dann bei ihm spiegelte, selbstverständlich während sie sich irgendwie noch zur Musik bewegten.
 

Dann gaben sie die Schritte des Walzers komplett auf und wiegten sich nur noch zu ihrer eigenen Melodie. Vergessen war einfach alles um sie herum. Es zählte nur noch das Hier und Jetzt und der Tanzpartner. Joe seufzte entspannt und legte den Kopf auf Adams Schulter ab. Er hörte Adam leise zufrieden brummen und spürte daraufhin eine Hand in seinem Nacken, wie sie bald schon durch seine Haare kraulte. Joe drehte den Kopf mit dem Gesicht zu Adam und schmiegte das Gesicht in dessen Halsbeuge.
 

Adam hatte sein liebstes Rasierwasser aufgelegt, das roch Joe sofort, obwohl es schon einige Stunden her sein dürfte. Tief sog Joe Adams Geruch in sich auf und platzierte kleine Schmetterlingsküsse auf dessen Hals, Kieferknochen und Wange. Ursprünglich wollte er, benebelt durch den wundervollen Tanz, noch weitergehen, aber dann kam die Erinnerung an ihre Pause am Fluss und er zögerte.
 

Adam registrierte sein Zaudern und stoppte ihre Tanzbewegung. Sanft fuhr er mit beiden Händen tief in Joes Haar und gab ihm einen langen Kuss auf die Stirn.

"Danke für den Tanz, Little Joe", hauchte Adam und senkte den Kopf ein Stück.
 

Joe hielt die Luft an und senkte die Lider, als Adams Nase seine berührte. Eine Weile geschah nichts, Joes Herz raste so sehr, dass er Angst hatte, es springe ihm aus der Brust. Dann hatte er einer Feder gleich eine Berührung auf den Lippen. Nur ein Hauch, eine Ahnung. Es war die winzigste Vorstufe eines Kusses. Die unschuldigste Form davon. Nur ganz leicht strichen Adams Lippen über Joes. Die Lippen waren noch nicht mal zu einem Kussmund verzogen. Es war nur ein leichtes Kitzeln von weichen Lippen auf den anderen. So zart, dass die Berührung ein viel intensiveres Kribbeln verursachte, als eine richtige Knutscherei jemals hervorbringen könnte.
 

Und hätte er nicht genau Adams Wärme wahrgenommen und dessen Atem auf seinen Wangen gespürt, hätte er es als Einbildung abgetan. Dann ging die Wärme wieder, Joe wusste aus Instinkt, dass Adam sich zurückgezogen hatte und hob langsam die Lider.

Sofort traf sich ihr Blick, sie grinsten sich irgendwie verlegen an, das war doch schon mal ein guter Anfang gewesen.
 

Joe versuchte zu schlucken und musste sich erst mal räuspern, um den Kloß weg zu bekommen. Die Nähe war geblieben. Adam ließ seine Hände über Joes Rücken hinuntergleiten und lehnte seinen Kopf leicht an Joes. Ein Moment verging.
 

Dann hob Joe erschrocken den Blick.

"Hat uns jemand gesehen?", fragte er hektisch und blickte sich suchend um. Adam sah sich betont langsam um und lächelte dabei etwas. Adam wusste schon lange, was Joe nun selbst sah.

"Es ist hier ja stockdunkel. Ich sehe ja kaum meine Füße", meinte Joe erstaunt und rückte etwas von Adam ab. Adam löste daraufhin ihre Pose auf.
 

"Ja, die Öllampen sind wohl ausgegangen. Ich glaube nicht, dass man uns beobachtet hat. Man müsste schon sehr nah sein, um was zu erkennen", erklärte Adam und legte eine Hand an Joes Wange, mit dem Daumen zeichnete er Kreise auf Joes Haut.

"Möchtest du wieder reingehen?"
 

Joe überlegte kurz und zeigte dann sein breites Grinsen und war wieder ganz nah.

"Wenn es ja keiner sieht, dann mach dasselbe wie eben noch mal", grinste er keck und kam Adam vermeintlich entgegen. Allerdings hatte er nicht mit dem Finger gerechnet, den Adam ihm auf die Lippen legte und ihn damit effektiv stoppte.

"Lass uns nichts erzwingen. Es passiert, wenn es passiert, spontan und das ist gut so", bat Adam sanft.
 

Joe hob die Arme und legte sie an Adams Kragen und spielte an dessen Schleife herum. Adam nahm den Finger von Joes Lippen und tippte ihm einmal unters Kinn. Joe grinste und nickte dann langsam.

"Ja, du hast Recht. Es war ein toller Abend, Adam. Reiten wir heim?"

"In Ordnung. Es ist ja auch schon spät."
 

Joe nickte zufrieden und hakte sich dann übermütig bei Adam unter. Adam verschränkte ihre Finger miteinander und zusammen schlenderten sie, die Nacht genießend, zu den Pferden. Nach Hause brauchten sie deutlich länger und genossen ihre Zeit allein, so lang es möglich war.



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