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Nur mit dir, für dich

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Einen schönen 1.Weihnachtstag und eine angenehme Lesestunde. :-*
Liebe Grüße,
Saph_ira Komplett anzeigen

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Aufstände

In den drei Monaten ihres Dienstes in der Kaserne legte sich die Missgunst der Söldner gegen sie. Unter dem Volk brodelte es dagegen mehr und mehr. Erste Aufstände flammten auf, die Menschen aus dem dritten Stand begannen sich zu wehren. Sie hielten die Unterdrückung nicht mehr aus und überfielen adlige Kutschen, die Paris passierten. Oscar und André gerieten zufällig in so einen Mob. Graf von Fersen kam mit hunderten von Soldaten und rettete sie. Es begannen schwere Zeiten für die Adligen, das Volk forderte deren Abschaffung.

 

Im Januar 1789 eröffneten die hohen Herrschaften einen Dreiständekammer Kongress. Im Mai denselben Jahres fand die erste Sitzung statt. Sie musste allerdings abgebrochen werden, denn der Zustand des Thronfolgers, Prinz Louis Joseph, verschlechterte sich zusehends. Im Juni starb er im Alter von nicht einmal acht Jahren.

 

Oscar ritt unverzüglich nach Versailles, um der Königsfamilie ihren Beileid auszusprechen. Das hatte sie sehr mitgenommen. Desöfteren suchte sie danach den Trost in Armen ihres Verlobten und gab sich seiner Liebe hin. André tröstete sie fast jede Nacht, trotz der Gefahr ertappt zu werden.

 

Der Trauer um den Prinzen hatte sich kaum gelegt, da wurde der Dreiständekammer Kongress weitergeführt. Oscar bewachte das Parlament mit ihrer Söldnertruppe und sorgte für Ordnung. Schon bald flammten neue Unstimmigkeiten zwischen Volksvertretern und dem Adel im Parlament auf. Die Volksvertreter wollten neue Reformen durchsetzen, die die Macht des Adels gewaltig einschränkte. Der Adel bestand dagegen auf die alte Gesetze und der König forderte auf deren Wunsch, die Auflösung der Dreiständekammer. Jeder sollte halt nach Ständen unterschiedlich diskutieren. Man hatte infolgedessen die Volksvertreter aus dem Parlament ausgeschlossen.

 

Oscar hatte dennoch ihren Soldaten befohlen, die Türen zu öffnen und die Vertreter des Volkes hereinzulassen. Sie wollte damit nur unnötige Auseinandersetzung vermeiden. Dafür wurde sie und zwölf weitere Soldaten wegen Befehlsverweigerung verhaftet. An ihrer statt wurde das königliche Garderegiment eingesetzt. Sie sollten die Volksvertreter mit Waffengewalt aus dem Parlament vertreiben. Mit Hilfe von André konnte Oscar entkommen und ritt unverzüglich mit ihm zum Parlament. Sie schaffte es, Girodel zu überreden, nicht auf die Parlamentarier zu schießen und dieser zog aus Liebe zu ihr mit dem ganzen Garderegiment ab.

 

Zuhause wurde Oscar bereits von ihrem Vater erwartet. Für ihren Verrat in Form einer Befehlsverweigerung, hatte man der Familie de Jarjayes den Adelstitel und alle Privilegien zur Strafe entzogen. Der General entschied sich, seine Tochter mit dem Tode zu bestrafen und beabsichtigte ihr selbst nach zu folgen. André schritt ein und ließ nicht zu, dass Reynier seine eigene Tochter umbrachte. In dem Gefecht, gestand er ihm, dass er Oscar von ganzem Herzen liebte.

 

Der General war empört, Oscar fassungslos und hinter der Tür heulte sich Sophie vor Kummer und Entsetzen aus. André war entschlossen, für seine Geliebte sogar zu sterben. „...wenn Ihr uns schon töten wollt, dann fangt mit mir an. Sonst muss ich mitansehen, wie Ihr den Menschen umbringt, den ich von ganzem Herzen liebe!“, offenbarte er dem General direkt ins Gesicht.

 

„Nein, tu das nicht...“, hauchte Oscar tonlos, aber konnte sich nicht von der Stelle rühren. Sie war wie versteinert. Sie wollte nicht, dass André sich für sie opferte. Zeitgleich war ihr aber bewusst, dass er ohne sie auch nicht länger überleben würde, wenn ihr Vater sie als erster umbringen würde. Zu stark war das Band der Liebe zwischen ihnen.

 

Der General hob sein Schwert und Oscar war kurz davor, den tödlichen Hieb für André abzufangen, als draußen das Hufklappern eines Pferdes ertönte. Es war ein königlicher Bote. Er überbrachte die Botschaft, dass weder gegen Oscar, noch gegen ihre Familie eine Klage erhoben werden würde. Man erwartete von ihnen in Zukunft mehr Loyalität und Königstreue.

 

Reynier war erleichtert, dass er niemanden umbringen musste. Er hatte nicht einmal gegen Andrés vorheriges Geständnis etwas gesagt. Vielleicht weil Oscar so unnahbar und mit eisiger Schweigsamkeit da stand. Das ließ ihn glauben, dass André daher ohnehin keinerlei Chancen bei ihr haben würde. Auch Sophie fand keinen richtigen Ausdruck zu ihrem Enkel. Die kühle Beherrschtheit ihres Schützlings, bestätigte ihr nur die Vorahnung: Oscar hatte Andrés Geständnis nicht zu Kenntnis genommen und verlor nicht einmal einen Wort darüber.

 

Oscar hatte sich später in Zivilkleider umgezogen und war weg geritten, ohne zu sagen wohin. André begleitete sie mit Abstand, um ihr die Sicherheit zu garantieren und weil er ohne sie auf dem Anwesen ohnehin nicht mehr bleiben wollte. Oscar suchte Bernard in dessen heimlichen Versteck auf, das André ihr offenbart hatte. Sie bat Bernard ihr zu helfen die zwölf ihrer Soldaten aus dem Gefängnis zu befreien. Das tat er mit Hilfe des Volkes.

 

Etwa 3000 Menschen versammelten sich vor dem Gefängnis und bewogen damit den König, die Männer freizulassen. Alain und seine elf Kameraden waren somit wieder auf freiem Fuß. Die Freude darüber währte nur über kurze Dauer. Hunderttausende Soldaten aus allen Ecken des Landes beförderte man nach Paris, um die königliche Familie zu schützen und weitere Aufstände niederzuschlagen.

 

Oscar und André fanden kaum noch Zeit, nach Hause zu kommen. Sie und die Söldnertruppe waren anderweitig auf Patrouillen durch die Straßen von Paris. Sie sorgten für Ordnung und die Sicherheit der Bürger.

 

Mit jedem Tag stieg der Hass und der Kampfgeist des Volkes an, bis es schon bald explodierte.

 

Oscar bat die Königin zum letzten Mal, die Truppen aus Paris abzuziehen. Aber Marie Antoinette lehnte das fest entschlossen ab. Oscar verstand mit großem Bedauern, dass die Königin sogar dafür bereit war, gegen ihr eigenes Volk zu kämpfen. Sie verabschiedete sich von ihr mit unterdrückten Tränen - für immer.

 

Die Lage im eigenen Land glich einem Chaos, das sich schon bald in ein Massaker verwandelte. Oscar ging es nicht wohl. Übelkeit plagte sie früh und abends. Sie versuchte es aber zu ignorieren. Sie durfte nicht ausgerechnet jetzt krank werden! Das ging nicht! Sie hatte wichtige Entscheidungen zu treffen!

 

André wich ihr nicht von der Seite. Er stand ihr überall bei und als sie vom Orden einen Befiehl erhielten, die Aufständischen niederzumetzeln, wechselte sie mit der ganzen Söldnertruppe die Seiten. Nicht lange und man hörte schon bald in jede Ecke von ihren Verrat. Und ein Verrat konnte man ihr nicht durchgehen lassen. Dafür gab es nur Eliminierung oder den Tod!

 

Oscars Kompanie wurde unter Beschuss genommen und durch die ganze Stadt gejagt. Sie verzeichneten große Verluste. Nicht einmal die Hälfte hatte es überlebt. Von früh bis Nachmittag lenkten sie die Aufmerksamkeit der königlichen Soldaten von den Bürgern in den Tuilerien auf sich ab. Sie waren buchstäblich umzingelt. Ihre letzte Chance war, die Tuilerien zu erreichen und sich den Aufständischen und Bernard anzuschließen. Das hatten sie gerade in ihrem verborgenen Zufluchtsort festgestellt. „...ich bin der Meinung, wir sollen den Ausfall wagen!“, beendete Alain kurzentschlossen und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter. „Oder was meinst du, André?“

 

„Ich finde, wir sollen es riskieren.“ Auch André war entschlossen.

 

Oscar sah ihn für einen Wimpernschlag an. Noch heute früh hatte sie allen Soldaten in der Kaserne offenbart, dass er ihr Mann war, dass sie ihm folgen würde und wenn er sich entschied, auf die Seite des Volkes zu kämpfen, würde sie das auch tun. Sie hatte - für ihn - danach ihren Rang und Titel abgelegt. Sie war jetzt eine gewöhnliche Frau. Seine Frau. Übelkeit stieg wieder in ihr hoch. Oscar konnte sie nicht mehr unterdrücken. „Entschuldigt mich“, krächzte sie und war schon am Kanal. Sie warf sich auf Knie und würgte verhallend ihr Frühstuck ins Wasser. Es kam nichts heraus, aber ihr Magen krampfte sich immer wieder zusammen.

 

„Oscar!“ André war sofort bei ihr und strich ihr besorgt durch den Rücken. „Was ist mit dir?!“

 

„Es ist nichts. Es ist gleich vorbei“, murmelte sie und fuhr sich mit dem Ärmel über ihren trockenen Mund. Der Würgereiz war vorbei, ihr Magen beruhigte sich etwas und sie richtete sich wieder gerade auf. „Wir werden den Ausfall wagen!“, beschied sie entschlossen und stand auf. Ihr Blick umfasste alle Soldaten und diese nickten ihr zu, wobei ihre Gesichtsausdrücke ein wenig verwundert wirkten.

 

Einer von ihnen flüsterte Alain etwas von der Seite zu und dieser betrachtete Oscar mit großen Augen. „Meinst du?“

 

„Wenn ich es dir sage!“, konterte sein Kamerad halblaut: „Meiner Frau erging es genauso!“

 

„Gibt es Probleme, Alain?!“ Oscar hatte deren Geflüster bemerkt und fixierte ihn mit ihrem kühlen Blick.

 

„Nicht das, was Ihr denkt, Oberst.“ Alain erhob sich, räusperte sich in die Faust und schob seine Hände in die Taschen. „Mein Kumpel hier vermutet nur, Ihr könntet schwanger sein, nach Eurem Verhalten zu urteilen.“

 

„Was?“ André schoss in die Höhe.

 

Oscar starrte baff drein und ihre Hand legte sich systematisch auf ihren Bauch. Sie hatte sich zwar schon mal gewünscht, eine Mutter zu werden, aber nicht doch ausgerechnet jetzt! Nein, Alain und sein Kamerad mussten sich irren! Was verstanden schon die Männer davon?! Und zweitens, die letzte Nacht mit André war schon einige Wochen her! „Ich gehe voraus!“, sagte sie und marschierte an den Männern hocherhobenen Hauptes vorbei.

 

Die Soldaten rappelten sich auf die Füße, um ihr in wenigen Schritten zu folgen. „Oscar...“ André wusste nichts zu sagen und spürte wieder die Hand seines Freundes auf der Schulter. „Mache dir nichts daraus. Vielleicht irren wir uns und ihr sind nur die Kämpfe auf den Magen geschlagen.“

 

Zwei Schüsse donnerten außerhalb der Unterführung und André sauste wie vom Blitz getroffen nach vorn. „Oscar!“

 

Seine Geliebte stand am Fuße der Treppe mit abgefeuerter Pistole in der Hand. Auf den obersten Stufen lag dafür ein getöteter Soldat aus den feindlichen Linien und neben ihm, sein abgefeuertes Gewehr. Oscar drehte sich um und schaute auf die herauskommenden Soldaten aus der Unterführung. „Ist jemand verletzt?“

 

„Nein, Oberst!“, meldete jemand aus der handvollen Truppe. „Alle sind unversehrt!“

 

André bahnte sich mit Alain den Weg zwischen ihnen durch und gesellte sich zu Oscar. „Du hast mir aber ein Schreck eingejagt!“, sagte er umsorgt und musterte sie flüchtig. „Alles in Ordnung?“

 

„Solange du bei mir bist, ja.“ Oscar schenkte ihm ein warmes Lächeln, bevor sich ihre Gesichtszüge wieder verhärmten. Ihr Augenmerk schweifte schon über alle Köpfe der Söldner. „Auf die Pferde, Männer! Wir wagen den Überraschungsangriff! Und nicht vergessen: Wir brechen in der Mitte durch! Also los!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  MilchMaedchen
2016-12-26T12:36:39+00:00 26.12.2016 13:36
Nein nicht jetzt. Bitte bitte lass Oscar jetzt auch nicht noch die Bastielle mit erstürmen. Bitte lass sie vorher fliehen und einen neues Leben anfangen. Noch mehr Anspanung, ob alles gute geht, halte ich nicht aus.
Antwort von:  Saph_ira
27.12.2016 17:29
Das ist leichter gesagt, als getan und Oscar wäre nicht Oscar, wenn sie fliehen würde, tut mir leid. ^^ Aber dankeschön für deinen Kommentar und ich hoffe, dass das Ende dir trotzdem gefallen wird. :-)


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