Zum Inhalt der Seite

Das Legendäre Lanak

Bei der Macht des Kanals!
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein neues Abenteuer mit neuen Pokémon und einer neuen Haremsdame

Ash sank bis zu den Knöcheln in dem zähen Schlamm ein, der übelriechend und schmatzend in seine Schuhe quoll. Er hatte es längst aufgegeben, sich die Nase zuzuhalten – vornehmlich, weil selbst seine Finger den Abwassergestank angenommen hatten. Wenn er erst wieder hier draußen war, würde er seine Klamotten wegwerfen können. Und wahrscheinlich auch seine obersten zwei Hautschichten, denn Duschen allein würde den Geruch nicht vertreiben.

Falls es jetzt nicht ohnehin schon klar ist: Ash watete durch ein Abwasserrohr. Wie er dort hinuntergekommen war, sei erst mal dahingestellt, aber er hatte jedenfalls seine Gründe. Und es waren wirklich gute Gründe – kein Pokémontrainer würde diesen abgründigen Gestank auf sich nehmen, würde nicht ein extrem seltenes Pokémon dabei herausschauen.

Ashs Finger tasteten über die von einem ekligen Schleimfilm überzogenen Wände. Der Schlick unter seinen Füßen zog nun etwas schneller vorbei – es ging leicht bergab. Das Rohr mündete in einen großen Tunnel, in dem kniehoch Wasser floss. Es war kühl, als Ash hineinstolperte. Sollte ich erwähnen, dass es stockdunkel war und er deshalb keine Ahnung hatte, wohin er die Füße setzte?

„Ash?“, wisperte eine Stimme hinter ihm. „Bist du noch da?“

„Jaja“, sagte er. „Pass auf, da ist eine kleine Rampe.“

Zwei Sekunden später hörte er einen spitzen Schrei und ein Platschen. War ja wieder mal typisch.

Richtig, Ash war nicht allein in dem Abwassersystem. Abgesehen von seinem immertreuen Pikachu war noch jemand mit ihm in diese stinkende Düsternis hinabgestiegen, denn auch in diesem Abenteuer hatte er einen neuen weiblichen Sidekick – oder eine neue Haremsdame, je nachdem, wie man es bezeichnen wollte. Ihr Name war Pokémonika, aber sie wurde von allen nur Monika gerufen. Oder war es umgekehrt gewesen? Ash hatte es nie geschafft, sich das zu merken; er fand beide Namen dämlich.

Monika trug coole Klamotten und hatte hellbunte Haare – das war irgendwie das einzige Wort, das ihre Farbe beschreiben konnte –, die zu zwei weichen Knubbeln gebunden waren. Sie war ein wenig älter als Ash, also biologisch gesehen etwa achtzehn und physisch sowie psychisch deklarativ um die zwölf, damit sie bei der Zielgruppe besser ankam. Ash hatte sie getroffen, als er versehentlich ihr Fahrrad geschrottet hatte (er hatte keine Ahnung, warum ihm das immer wieder passierte, aber vielleicht war es auch eine blöde Idee gewesen, Relaxo auf dem öffentlichen Parkplatz rauszulassen, damit es sich während seines Nickerchens die Sonne auf den Bauch scheinen lassen konnte). Anfangs hatten sich Ash und Monika nicht riechen können, aber wenn man lange genug in einem Kanalsystem unterwegs ist, in dem man bald gar nichts mehr riechen will, entwickelt sich aus so etwas bald eine dufte Freundschaft.

Monika schimpfte ein wenig darüber, dass ihr Outfit nun endgültig ruiniert wäre und sie deshalb bald so aussähe wie Ash an seinen besten Tagen (was will man machen, ein Pokémontrainer auf Wanderschaft hat nun mal zu wenig Geld, um nicht auszusehen wie ein Streuner), während Ash dem Wasserverlauf folgte. Der Geruch in diesem größeren Rohr war nicht mehr ganz so schlimm, aber es stank trotzdem noch wie ein Sleimok, das man mit Parmesan eingerieben und dann zwei Wochen in der Sonne vergessen hatte.

Was außerdem die Stimmung drückte, war die ewige Finsternis. Nicht, dass es hier viel zu sehen gäbe – und nichts davon war appetitlich –, aber wenn man nicht mal sagen konnte, ob man die Augen offen oder geschlossen hatte, schlug das schon irgendwie aufs Gemüt. Als sie noch nicht lange unter Tage waren, hatte Pikachu mit einem seiner berüchtigten Stromschläge für Licht gesorgt – was auch keine besonders geniale Idee gewesen war, wenn man bedenkt, dass die meisten der Rohre zumindest ein paar Zentimeter unter Wasser standen. Jedenfalls waren Ash und Monika von gut viertausend Volt gegrillt worden, was etwa der Spannung eines handelsüblichen Defibrillators entspricht und pauschal gesehen das menschliche Herz auf On/Off schalten kann. Aber als Elektropokémon-Trainer war man irgendwann abgehärtet.

Seitdem sparte sich Pikachu jedenfalls jeden Donnerblitz, und warf nur hin und wieder seine geistreichen Kommentare in die Runde, die oft für lange Zeit das Einzige waren, das man neben dem Schmatzen ihrer Schritte, dem leisen Plätschern von Wasser und dem stetigen Tropfen hörte. Auch wenn er es gern anders aussehen ließ: Ash verstand in Wahrheit kaum etwas von dem, was Pikachu sagte, und wenn, dann hatte er einfach nur gut geraten.

„Ich kann nicht mehr“, seufzte Monika. „Machen wir ‘ne Pause?“

„Willst du dich hier ins Wasser setzen, um dich auszuruhen?“, gab Ash zurück.

„Aber wir sind schon voll lang unterwegs! Und ich hab sicher schon voll die Blasen auf den Füßen, ey!“

Irgendjemand schien der Ansicht gewesen zu sein, Ash bräuchte für dieses Abenteuer unbedingt eine Mischung aus verwöhnter Prinzessin und Schickimicki-Proletarierin als Wegbegleiterin. Er seufzte und tastete nach den Wänden des Rohrs. Vielleicht gab es hier irgendwas wie eine Rettungsbucht, in der es zumindest halbwegs trocken war.

Seine Gebete wurden erhört. Seine Hände tasteten ins Leere, seine Beine stießen gegen eine weitere Rampe. Vorsichtig kletterte er daran empor zu einer schimmelfeuchten Plattform, die aber immerhin nicht unter Wasser stand. Laut seufzend ließ er sich auf die Pflastersteine sinken. Monika folgte ihm und ihr Seufzer war noch lauter.

Sie bleiben eine Weile dort hocken. Ash wrang seine Socken aus, die normalerweise schon ziemlich stanken, heute aber alle Rekorde toppten. Dann bemerkten sie irgendwann, dass sie nicht allein waren. In einer Ecke der unverhofften Rettungsbucht hörte man ein leises Fauchen, als würde etwas Großes atmen.

„Was ist das?“, flüsterte Ash.

„Keine Ahnung.“

„Wenn wir nur Licht hätten!“, fluchte er. „Pikachu, kannst du noch mal Blitz versuchen? Aber bitte weit genug weg von uns, damit wir nicht wieder geröstet werden.“

Pikachu sprang von seiner Schulter und tappte ein paar Meter in Richtung der Geräuschquelle. Weil die Elektroden in Pikachus Wangen irgendwie mit seinen Stimmbändern gekoppelt waren, entließ es den hellen Blitz wie üblich gemeinsam mit einem lauten Ausruf seines Namens, der von den Wänden des Kanalrohres widerhallte.

Eine einzelne Blitz-Attacke ist natürlich vergebliche Liebesmühe. Im ersten Moment blendet sie, im zweiten ist sie schon wieder verschwunden. Darum ließ Pikachu dauerhaft ein paar kleinere Stromstöße ins Nichts folgen, die die Nische im Rohr in gelbes Diskolicht tauchte.

Die beiden Pokémontrainer strengten ihre Augen an, um das versteckte Etwas in der Ecke zu erkennen, und sahen … ein Kanalgitter.

Es war in der Wand der Nische eingelassen und blockierte ein schmales Rohr, durch das ein Mensch gerade nicht passen würde.

„Hat das Gitter da gerade gefaucht?“, fragte Pokémonika. Ash wusste, dass sie nicht die Hellste war, aber er hatte sich dieselbe Frage gestellt. Er ging darauf zu und hob die Hand. Tatsächlich fühlte er einen sanften Luftzug, der mal kam und mal ging, und über Pikachus lästiges Stakkato aus „Chuuu!“-Rufen meinte er wieder das Seufzen zu hören.

„Ich glaube, ich spinne“, murmelte er, und wie als Antwort erwischte ihn ein eisiger Wasserstrahl, der urplötzlich zwischen den Gitterstäben aus dem Kanalrohr schoss und ihn auf sein Hinterteil warf – genau auf Pikachu, das selbstredend gerade eine weitere Elektroattacke aus den Wangen blies.

Nachdem Ash nun wieder an ein Sparerib erinnerte, das vom Rost gefallen und dann zu lange in der Grillglut gelegen war, Monika ihn auslachte und Pikachu ihm besorgt gegen die Wange klopfte, bis er das Bewusstsein wiedererlangt hatte, kam ihm der Gedanke, dass das gerade eben eigentlich eine mustergültige Aquaknarre hätte sein können.

Außerdem keuchte das Rohr nun wie nach einer großen Anstrengung.

„Was ist das für ein blödes Ding?“, knurrte Ash und sprang auf. Pikachu, das sich sicher war, jetzt wieder gebraucht zu werden, machte wieder Licht.

„Das war voll gemein von dem Gitterding“, fand Monika, grinste dabei aber immer noch. „Ich glaub, es will dich verashen.“ Das war eine Angewohnheit von Pokémonika: Sie fand seinen Namen genauso dämlich wie er ihren und benutzte jede Gelegenheit, ihn in ihre Alltagssprache einzubauen. „Du kannst dich ja reservieren“, schlug sie vor.

Ash brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass sie revanchieren meinte. „Ich werde mich nicht mit einem Kanalgitter streiten.“

Das Kanalgitter rülpste.

Und hatte es nicht eben die Eisenstäbe bewegt?

„Jetzt wird’s aber langsam echt unheimlich, ey“, murmelte Monika. „Aber jetzt riechst du wieder besser, weißte?“

Als hätte es das als Einladung aufgefasst, spritzte wieder ein Wasserschwall aus dem Rohr und traf diesmal Monika. „Ey, du Spast!“, fauchte sie. „Dass lass ich mir nicht gefallen!“ Sie griff zu ihrem Gürtel. „Wer auch immer du bist, los!“

Pokémonika hatte die Angewohnheit, ihre Pokébälle ohne bestimmtes Muster an ihrem Gürtel anzuordnen. Deswegen wusste sie auch nie, welches ihrer Pokémon sie gerade rief, oder ob sie – wie gerade jetzt – einfach einen leeren Pokéball warf.

In dieser Situation hatte das allerdings einen interessanten Nebeneffekt. In ihrer Rage hatte sie den Ball so heftig geworfen, dass er gegen das Kanalgitter prallte. Dabei klappte er überraschend auf – und mit einem rötlichen Lichtblitz wurde das Gitter samt dem Rohr in den Pokéball gesaugt, der noch ein paar Sekunden wackelnd am Boden liegen blieb und dann abkühlte. Wo eben noch das vergitterte Rohr gewesen war, breitete sich die blanke Wand aus.

Ashs Kinnlade krachte gegen den Pflastersteinboden. „Was … was hast du gemacht?“, rief er aus.

„Ich hab gar nix gemacht!“, verteidigte sich Monika. „Ich wollt nur irgendein krasses Pokémon rufen, echt, und dem Gitter ‘nen Wums verpassen, ich schwöre!“

„Du hast das Gitter in einem Pokéball eingefangen!“

„Ja, Mann, was kann ich dafür – wenn es sich fangen lässt?“

Ash kratzte sich am Kinn. „Das kann eigentlich nur eines bedeuten …“

„Meine Pokébälle können auch andere Sachen einfangen?“

Plötzlich traf Ash etwas am Hinterkopf.

„Aua! Hast du gerade einen Pokéball nach mir geworfen?“

„Was? Nö, wieso? Oh, guck mal, ein Pokéball! Wie kommt der denn hier her?“ Monika lief scheinheilig an ihm vorbei, um den rotweißen Ball einzusammeln und an ihren Gürtel zu hängen. Dann nahm sie auch den auf, der das Kanalgitter geschnappt hatte, und starrte ihn ratlos an.

„Wirf ihn nochmal“, sagte Ash. „Ich will was ausprobieren.“

„Oh, okay.“

Der Ball traf Ash diesmal gegen die Stirn. „Au! Nicht den! Den, der das Gitter gefangen hat!“

„Ach so. Pokéball, los!“

Monika warf den Ball zu seinen Füßen. Er klappte auf und entließ seinen Inhalt – das Kanalgitter prangte nun, schwer atmend, zu seinen Füßen. Mitsamt seinem Rohr, durch das man Wasser unter ihnen fließen sah.

„Boah“, machte Monika. „Voll Schock, Alter.“

„Das muss ein Pokémon sein!“, sagte Ash und fischte seinen Pokédex aus der Hosentasche. Erst vor Kurzem hatte man wieder einen neuen Abschnitt der Welt entdeckt, was ja alle paar Monate mal vorkam, mit Pokémon, die es nirgendwo sonst gab. Zufälligerweise war dieses neue Gebiet ebenjenes Abwassernetz, das die ganze Kanto-Region durchzog. Warum es bisher noch niemand gefunden oder wer es überhaupt angelegt hatte, war sämtlichen von Ashs Professor-Freunden ein Rätsel, ob sie nun Eich, Birk, Ulm, Eib oder Trauerweid hießen. Aber recht bald hatten Forscher die Pokémon ausfindig gemacht, die hier unten lebten, und Ash hatte ein neues Update für seinen Pokédex bekommen. Inklusive variabler Stimmänderung.

„Kanalgitter“, schnurrte die verführerische russische Frauenstimme, die er aus Jux und Tollerei eingestellt hatte. „Das Kanalpokémon. Die weiterentwickelte Form des Gullydeckels. Sein Spezialität sind Wasserattacken. Es kann eingesetzt werden, um Abwasserrohre zu verbinden.“

„Das ist wirklich ein Pokémon!“, rief Ash erstaunt. „Wahnsinn, was es nicht alles gibt!“

„Also mich wundert das gar nicht. Ich find’s nur komisch, dass es so schnauft. Meinst du, es hat Hunger?“, fragte Monika. Als könnte das Kanalgitter sie verstehen, keuchte es noch schneller. „Okay, komm, ich geb dir was ab.“ Sie zog eine Handvoll Beeren aus ihrem Rucksack und warf sie in das Abwasserrohr.

„Lass den Blödsinn“, sagte Ash.

„Wieso? Es schmeckt ihm. Guck mal.“

Das Gitter rülpste, und ein wenig weißer Schaum schwappte in die Höhe.

„Ich glaub, es will Surfer machen“, meinte Monika. „Och, es ist so putzig! Ich glaub, ich mag es.“

„Es ist ein Kanalgitter“, schnaubte Ash.

„Pscht, du verletzt noch seine Gefühle, ey.“ Monika streichelte über die Eisenstangen, die immer noch ein dünner Schleimfilm zierte. „Denk dir nix dabei, Kanalgitter. Er ist ein Ashloch.“

„Kannst du bitte mal aufhören, dauernd meinen Namen zu verhunzen?“ Die Dunkelheit, das anschließende Flimmerlicht, die wiederholten Elektroschocks und der Gestank hatten ihn ziemlich gereizt werden lassen. „Ruf das Gitter zurück, wir müssen weiter.“

„Wart mal! Ich hab ‘ne Bombenidee!“, rief Monika plötzlich strahlend. „Dein Pokédex hat gesagt, es kann ‘n Verbindungsrohr machen!“

„Selbst wenn, es ist viel zu dünn, als dass wir hindurch könnten. Und außerdem ist es vergittert. Und ich klettere sicher nicht durch ein Pokémon hindurch!“

„Du bist heut un-ash-stehlich“, sagte sie betont und klappte ihren eigenen Dex auf. „Hier steht, dass es sich noch mal weiterentwickeln kann. Zu ‘nem krassen Abwasserrohr. Und das ist dann größer!“

Ash überraschte langsam nichts mehr.

In Monikas Kopf hatte sich nun ein Plan entwickelt, bei dem er nicht länger Mitspracherecht hatte. Sie beschloss, an Ort und Stelle ihr Kanalgitter zu trainieren, bis es zu einem Kanalrohr wurde. Dafür warf sie ihm wiederholt Beeren in den Schlund und ließ ihr Machomei mit den Fäusten gegen seine Eisenstäbe dreschen.

Ash setzte sich seufzend in eine Ecke und fragte sich, womit er das verdient hatte. Ungefähr zeitgleich kollabierte Pikachu vom übereifrigen Gebraucht seiner eigenen Elektrizität und sie saßen wieder im Dunkeln. 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  ReverdeLune
2016-10-02T13:51:16+00:00 02.10.2016 15:51
Da hat Ash sich ja was angeschleppt XD
Ich bin auch mal gespannt, was Team Rocket so zu dieser neuen "Region" sagt, falls die vorkommen XD
Antwort von:  UrrSharrador
13.10.2016 18:34
... und danke auch hier für deinen Kommi :)
Team Rocket selbst kommen nicht vor, aber ... sowas Ähnliches xD


Zurück