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Akt 6 - Weggesperrte Erinnerung

Haruka dimmte das Licht, Michiru breitete eine Kissen- und Deckenlandschaft mitten im Wohnzimmer aus und Setsuna zündete Kerzen und Räucherstäbchen an. Zuerst hatte sich die Hüterin der Geschichte gesträubt. Sie hatte diskutiert, wollte nicht preisgeben, was vergessen gehörte. Aber ihre Prinzessin hatte gesiegt. Sie hatte ihren Dickkopf durchgesetzt, gegen ihn konnte Setsuna keinen Widerstand aufbringen, der groß genug war. Sie würde ihr zeigen, was die Thronerbin zu sehen verlangte. Und Uranus und Neptun würden sie auf der Reise in die ferne Vergangenheit begleiten.

Voreinander niederkniend sahen sich Usagi und Setsuna an. Setsuna nahm die Hände der Prinzessin in ihre eigenen und fragte zum wiederholten Male: „Bist du dir wirklich sicher?“ Usagi nickte wortlos. Also schloss ihre älteste Beschützerin ihre Augen. Es dauerte einen Moment, bis ihr Körper in einem warmen Licht erstrahlte. Im Takt ihres Pulsschlags breitete es sich wellenförmig im ganzen Raum aus, erfasste auch Haruka und Michiru, die keinen halben Meter von ihrer Freundin entfernt saßen und vor Ehrfurcht ihre Augen geschlossen hielten. Ganz allmählich ließ das grelle Strahlen nach. Was zuerst erkennbar wurde, war Princess Pluto inmitten der Runde. Princess Serenity sah auf, dann an sich selbst herab und schließlich noch zu ihren Freundinnen, die als Prinzessinnen der Planeten Uranus und Neptun aus ihrer Starre erwachten.

„Um neues Leben zu schaffen, braucht es zwei Herzen“, ertönte plötzlich Plutos ruhige Stimme. Wissbegierig fixierte Serenity die traurigen, granatroten Augen. Zögerlich fuhr Pluto fort: „Auch zu deiner Erschaffung konnten nur zwei sich liebende Menschen führen. Aber nur einer von ihnen sollte dir bleiben. Deine Mutter legte einen Schleier des Vergessens über alles, was vor deiner Geburt war. Niemand sollte sich an die arme Seele erinnern, die…“ Sie brach ab. Sollte sie tatsächlich zeigen, was hätte nie wieder aufleben sollen? Wie würde ihre Prinzessin mit der Wahrheit umgehen?

Das strahlende Azurblau durchbohrte sie unnachgiebig. Serenity verlangte nach einer Antwort. Sie würde nicht nachgeben, bevor ihr nicht die Wahrheit geschenkt worden war. Darum schloss Pluto abermals ihre Augen. Als sie sie wieder aufschlug, fand sie sich in ihrer eigenen Erinnerung wieder, im Palast der Paläste, Moon Castle. Sie hielt Serenitys Hand fest umklammert, spürte Uranus und Neptune direkt hinter ihr. Sie blickte empor. Wie lange hatte sie die silbernen Turmspitzen dieses Monuments des Mondreiches nicht mehr betrachtet? Auch wenn sie selbst stets dazu in der Lage gewesen wäre, diese Erinnerungen abzurufen, hatte sie es nicht gewagt. Die Zeit kennt nur einen Weg, den in die Zukunft. Vergangenes erneut zu durchleben widersprach ihrer Natur, und somit gegen die Vernunft ihrer Wächterin.

Nachdem sie lange genug innegehalten hatte, zog Pluto ihre Prinzessin voran. Sie schritten durch den scheinbar menschenleeren Palast. Princess Serenity sah sich neugierig um. „Wo sind denn alle?“, fragte sie, als sie eine weite Treppe, die zum Thronsaal führte, empor schritten.

„Dieser Teil der Erinnerung ist unwichtig. Anderen zu zeigen, was einst geschah, verlangt große Konzentration und Kraft. Ich will euch nur zeigen, was wichtig ist. Alles andere aufzubauen wäre eine Verschwendung meiner Magie.“

Uranus und Neptune warfen einander unsichere Blicke zu. So streng hatten sie die Frau, die in einer anderen Dimension ihre Mitbewohnerin war, selten erlebt. Sie folgten hier nicht Setsuna Meioh, auch nicht Sailor Pluto. Sie folgten einer wahren Hoheit, einer Prinzessin, die, auch wenn sie es über alle Maßen verdiente, nie zur Königin gekrönt werden würde.

Vor den Toren des Thronsaals kam die Gruppe zum Stehen. Princess Serenity sah fragend zu ihrer Erinnerungswächterin. Diese starrte emotionslos auf das matte Holz vor ihr. Dann sah sie zur Seite. In ihrem Blick lag Endgültigkeit. „Ich werde dir nichts verheimlichen, Princess Serenity, Thronerbin des Silver Millenniums. Als zukünftige Neo Queen Serenity besitzt du das Recht, zu erfahren, was du wissen willst. Die Vergangenheit, die in meinen Händen liegt, offenbare ich dir widerstandslos. Doch bevor ich dich ein letztes Mal frage, lass dir eines gesagt sein: Deine Mutter legte nicht umsonst einen Schleier des Vergessens über diesen Abschnitt der Geschichte. Sie hatte nie gewollt, dass du von ihm erfährst. Einmal gezeigt wirst du ihn nie mehr vergessen. Prinzessin, willst du die Wahrheit über deine Schöpfung erfahren? Dann stoß selbst diese Türen auf.“

Princess Serenity schluckte. Ja, sie musste es wissen. Sie musste sehen, woher sie selbst kam, um zu erkennen, wie sie ihre eigene Tochter noch retten konnte. Langsam hob sie ihre Hände und legte sie gegen das Tor. Seine Flügel fühlten sich eigenartig an, kühl und von nebliger Konsistenz, nicht so unnachgiebig, wie sie es in Erinnerung hatte. Abermals sah sie fragend zu Pluto.

„Es ist nur eine Erinnerung. Wir sind nicht wirklich hier. Die Räume sind nicht real, ebenso wenig wie das, was wir ertasten“, erklärte diese nüchtern.

Endlich wagte es die Prinzessin. Tief durchatmend machte sie den ersten Schritt zum Schlüssel ihrer Herkunft. Nur zwei Personen befanden sich in dem ansonsten leeren Thronsaal – die anmutige Königin des Mondreiches, Queen Serenity, und vor ihr niederkniend eine scheinbar jüngere Version von Sailor Pluto.

Uranus und Neptune gingen an ihren Begleiterinnen vorbei. Sie liefen neugierig um das Abbild ihrer Freundin herum, verglichen es immer wieder mit dem Original, das sie hergeführt hatte. Doch plötzlich schraken sie zusammen, als die edle Stimme der Königin durch den Saal hallte: „Du jagst einem Hirngespinst nach, Sailor Pluto. Ich habe alles kontrollieren lassen, habe die Spur selbst zurückverfolgt. Deine Bedenken sind grundlos.“

Sailor Pluto schüttelte energisch den Kopf. „Ich habe mich noch nie getäuscht, Hoheit! Meine Visionen sind bisher immer eingetreten, Ihr müsst sie ernstnehmen! Ein strahlendes Licht, aber genauso viel Dunkelheit, die von ihm angezogen wird. Glaubt mir doch, wenn Ihr-“

„Ich nehme deine Visionen sehr wohl ernst, Wächterin!“, unterbrach die Monarchin streng. „Aber wie ich bereits sagte, ich habe nichts finden können. Du musst dich irren. Es kann nicht sein. Wieso hast du noch Zweifel? Gönnst du mir mein Glück nicht?“

Sailor Pluto sprang entsetzt auf. „Glaubt mir, niemand würde Euch dieses Glück mehr gönnen können, als ich, aber-“

„Dann lass mir mein Glück. Lass mir meinen Frieden, Pluto.“ Die Stimme der Königin wurde sanfter. „Nimm Teil an unserem Glück. Es wird unser Reich erfüllen. Wird auch dich erfüllen, wenn du es nur zulässt.“

Auf einen Schlag stoppte das Geschehen. Weder Queen noch Kriegerin rührten sich. Sie waren vollkommen erstarrt. Ihre glänzenden Gesichter wurden allmählich matter und das strahlende Silber des Palastes wurde grau. Princess Serenity, Uranus und Neptune sahen zu Princess Pluto, die mit gesenktem Blick auf ihr eigenes Abbild starrte. „Ich hätte energischer sein sollen“, raunte sie reumütig. „Noch nie hatten sich meine Visionen geirrt. Sah ich Unheil, geschah Unheil. Außer es wurde von der Wurzel an bekämpft.“

„Ich verstehe nicht“ Nachdenklich sah sich Princess Serenity um. „Was hat das mit mir zu tun? Von welcher Vision hast du da gesprochen? Warum zeigst du uns das hier?“

„Ich hatte sie gewarnt.“ Abwesend schloss Pluto ihre Augen und glitzernde Tränen verfingen sich in ihren Wimpern. „Das Glück hatte sie geblendet. Ich zeige dir diese Erinnerung, damit du niemals den gleichen Fehler begehen wirst. Licht und Schatten gehören zusammen, Prinzessin. Du bist das hellste Licht im Universum. Die Finsternis giert nach dir, du ziehst sie magisch an und sie folgt dir auf jeden Schritt. Sie folgte dir schon vor deiner Geburt.“

„Was soll das heißen, Pluto? Welchen Schatten meinst du?“ Eine furchtbare Erkenntnis durchfuhr Serenitys Körper und ließ sie schaudern. Wenn sie selbst die Schatten immer mit sich trug, würden sie dann auch auf Chibiusa übergehen können? Wenn sie denn überhaupt existieren würde?

Aber Serenity konnte ihren Gedanken nicht weiter nachgehen. Die Körper von Queen und Sailor Pluto wandelten sich. Sie wurden zu Nebelgestalten, die langsam zerflossen und schließlich verflogen. Dann verlor der Thronsaal selbst seine Konturen. Sie lösten sich teilweise auf, ordneten sich neu und bildeten nach und nach die Umrisse eines neuen Raumes. Die Reisenden fanden sich im Schlafsaal der Königin wieder. Sie hatten kaum Zeit, sich zu orientieren, als die nahe Tür zum Korridor aufgestoßen wurde. Princess Serenity wich errötend zurück. Ihre elegante Mutter, die anmutige Queen Serenity, war kaum wiederzuerkennen. Sie stolperte, taumelte rückwärts, einen fremden Körper mit sich ziehend, ihn küssend und gierig umarmend. War das Plutos Ernst? Musste sie tatsächlich Augenzeugin sein bei ihrer eigenen Zeugung?

Schockiert sah Princess Serenity zu der Wächterin, die resignierend ihre Augen geschlossen, ihr Gesicht niedergeschlagen hielt. Ein plötzlicher Laut des Entsetzens ließ die Prinzessin herumfahren. Neptune, unweit neben ihr, hatte die Hände vor den Mund geschlagen und auch Uranus starrte nicht weniger entgeistert auf das Geschehen. Ein seltsames Gefühl beschlich die Prinzessin. Zögernd trat sie vor, schlich näher an das Bett heran, auf dem sich ihre einstige Mutter aalte, sich der Leidenschaft hingab und lüsterne Küsse empfing. Jetzt betrachtete Princess Serenity genauer die fremde Gestalt. Irgendwie kam sie ihr bekannt vor. Und endlich reckte diese ihr Gesicht zur Seite, um ihr langes Haar zurückzustreichen und voller Liebe in das Gesicht der Königin zu lächeln – Galaxia.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  LouisaWilliams
2017-01-22T15:08:36+00:00 22.01.2017 16:08
Ich bin sprachlos.... OMG! Was für eine geniale und gleichzeitig schreckliche Idee. GALAXIA! *genial*
Die Geschichte wird immer spannender. ...und ich bin schon wieder "genervt", dass es gefühlt ewig bis zum nächsten Update dauern wird... *rumheul*

Aber Räucherstäbchen..... *glotz* ERNSTHAFT????
Antwort von:  Ruka_S_Orion
22.01.2017 16:29
XD Ja, Räucherstäbchen! Die brennen auch bei mir, wenn ich in meine Geschichten abtauchen will ;P Helfen mir, mich fallen zu lassen ;)

Tut mir ja sehr leid, aber ich will den langen Schreibflauten entgehen ;D Da muss ich meine Artikel einteilen.
Antwort von:  LouisaWilliams
22.01.2017 18:36
Och Duftkram mag ich schon auch. Aber eher zum Baden. :P Ein Hoch auf Sandelholz!!!

Wenn du eine weniger gute Schreiberline wärst, dann wäre es ja egal, wann du updatest... Aber des is wie mit nem richtig guten Film... Man is total müde, muss seit gefühlt ner Stunde aufs Örtchen, hält tapfer durch. Und dann: WERBUNG!
Mach einfach weiter so!!Deine Entwicklung ist der Hammer. ... und mein Gejammer ist ja nur getarntes Lob!!!!
*Drückerle*
Antwort von:  Ruka_S_Orion
22.01.2017 19:48
Keine Sorge, deine Ungeduld kommt auch sehr lobend bei mir an ;) Schmeichelt mir sehr!
Tja, am liebsten würde ich nur noch für meine Geschichten leben, aber das kriege ich wohl nicht hin :D

Und was Räucherstäbchen betrifft, beamen mich Opium und andere orientalische Sorten so richtig weg ;P
Von:  GothicVampir
2017-01-22T12:10:31+00:00 22.01.2017 13:10
OMG 🙊😳😲🙈...was für eine Überraschung! Denk man zurück an den Kampf, der Kriegerinnen gegen Galaxia, finde ich die Vorstellung krass, dass Princess Serenity gegen ihre Mutter gekämpft hat und sie dann gerettet hat. Da kommt mir die Frage, wusste Galaxia in dem Moment, dass sie gegen ihre Tochter kämpft? 🤔
Antwort von:  Ruka_S_Orion
22.01.2017 13:31
Ein wenig wird "Nähe" noch auf diese Beziehung zwischen Queen und Galaxia eingehen ;) Das Übrige wird es vielleicht in einer weiteren Geschichte geben ;)
Antwort von:  GothicVampir
22.01.2017 16:23
Ich bin gespannt und kann mich kaum, vor Neugier zügeln, dir nicht die Türe einzurennen, um von dir persönlich zu hören wie es weiter geht ;P
Antwort von:  Ruka_S_Orion
22.01.2017 16:30
Auch dann würde ich mich noch in Schweigen hüllen :D
Antwort von:  GothicVampir
22.01.2017 16:37
Das wohl dann verdient, wenn ich meine Princess überfalle? :(
Antwort von:  Ruka_S_Orion
22.01.2017 17:32
XD Sagte ich nicht. Nur, dass ich schweige. Will doch die Vorfreude nicht verderben ;)


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