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Auch Prinzessinnen weinen nachts

von

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Rose

Ich wusste nicht mehr, ob ich gerade im Besitz meines eigenen Körpers war. Ständig zog es mich aus meinem Körper, ließ ihn alleine ohne meinen eigenen Willen handeln, ließ es zu, dass Anna die Tür öffnete.

Das war ein Fehler, aber ich konnte es nicht vermeiden, hatte keine Kraft mehr dazu, die Tür festzuhalten. Nach all den Schmerzen hatte ich es noch nicht begriffen, aber als Anna vor der Tür stand, merkte...besser: roch ich es. Annas verführerischen Geruch nach Blut. Ich hatte mich verwandelt. In einen Vampir. Ich hatte keine Ahnung, wie man sich normalerweise verwandelt, aber es gab keine Zufälle. Dieses 'Blut des Ältesten', egal was dort drinnen war, musste das bewirkt haben. Das war einfach zu heftig für einen einfachen Trip oder einen Anfall. Und ich glaubte auch nicht, dass ich verrückt geworden war.

Hieß das, dass ich diese Prinzessin war? Das wollte ich nicht sein...auf keinen Fall.

Ich hörte, wie sich die Tür öffnete, wurde aus meinem Gedankenstrudel gerissen und merkte, wie sich mein Körper wieder von mir zu entfernen schien, während ich vergebens dagegen ankämpfte, wie ein Zombie Annas Hand zu packen.

Wir schienen kurz zu fallen, sodass ich auf ihr lag.

Meine beste Freundin lag vor mir auf dem Boden und ich hatte keine anderen Gedanken mehr, außer an das Blut, das unter meinen Händen durch ihren Körper floss.

 

Die vernünftige Rose schrie auf, hämmerte mit aller Kraft gegen meinen Schädel, aber mein restliches Wesen war stärker. Gierig klammerte es sich an Annas Körper fest, ließ mit jedem Schluck meine Schmerzen schwächer werden. Genoss es, nicht auf die vernünftige Rose zu hören.

Anna schmeckte einfach zu gut. Vanillepudding stinkt dagegen sowas von ab, einfach dieses lebendige Aroma, diese Süße, aber nicht zu süß, …

Fuck, was dachte ich da?!

Endlich konnte ich mich losreißen, atmete tief aus und ein und versuchte, mich zu beruhigen.

Anna blutete immer noch, was für eine Verschwendung, all das süße Blut…

Ich musste die Blutung stoppen, schnell fing ich das Rinsal mit meiner Zunge auf, bevor der Boden schmutzig wurde, fuhr entlang, bis zur Wunde, welche sich schloss.

Das war noch nicht genug, erneut wollte das Wesen zubeißen, aber ich ließ es nicht zu. Endlich schien ich die Kontrolle über meinen Körper zurückzubekommen. Unter wildem Protest trieb ich es zurück, bis ich wieder meinen Körper in Beschlag genommen hatte.

Was wäre gewesen, wenn ich es nicht geschafft hätte? Ich wollte gar nicht daran denken.

 

Schaudernd blickte ich auf Anna herab, die bewusstlos unter mir lag. Ich spürte ihren Herzschlag, überlegte, ob ich etwas für sie tun konnte.

Was tat man bei Blutmangel? Die Rettung konnte ich ja schwer anrufen.

Immer wieder blickte ich ihren Hals an, doch Bissspuren waren keine mehr zu sehen.

Vielleicht konnte ich mir eine gute Geschichte für die Rettung ausdenken, aber mir wollte keine einfallen. Was machte man in so einer Situation? Oder war Anna zum Sterben verurteilt, nein ich wollte das nicht, ich wollte sie nicht verlieren…

"Anna?"

Hilflos stellte ich die Worte ins Leere.

Hier am kalten Fliesenboden konnte sie nicht liegen bleiben.

So vorsichtig wie möglich hob ich ihren Körper hoch, trug ihn Richtung Wohnzimmer - Anna war so leicht in meinen Armen - bis ich merkte, dass es besser wäre, ihr die blutige und dreckige Kleidung auszuziehen. Wieder legte ich sie im Vorraum auf dem Boden, lief ins Schlafzimmer, merkte, dass ich auch dreckig war, holte zwei Shirts und Pyjamahosen aus Annas Schrank.

Schleppte Anna ins Bad und wusch sie in der Badewanne, wusch mich selbst schnell danach und zog mich an. Versuchte, sie anzuziehen, aber das war schwerer als gedacht.

Dann legte ich sie in ihr Bett, deckte sie zu, blieb neben ihr sitzen, starrte sie an und überlegte, was ich nun tun sollte.

 

Das war mir alles zu viel.

Ich brauchte Zeit, ich brauchte Ruhe.

Was bedeutete das nun für mich?

Ich meine, es war mir klar, dass ich die Prinzessin sein musste. Wenn man dieser Geschichte überhaupt Glauben schenken konnte. Wobei ich bis vorhin auch noch nicht an Vampire geglaubt habe. Ich fuhr mit der Zunge über meine Zähne – sie waren normal. Hatte ich nur Halluzinationen? Ich schaute zu Anna hinunter, sah ihren Puls…und ich roch sie immer noch, einfach übermäßig proportional. Nach Blumen, Moder, Chemie, Süßlich und Seife…besonders aber nach diesem süßen Geschmack…Geruch, nein, irgendwie konnte ich es auch wieder nicht genau zuordnen.

Aber ihr Blut, es schmeckte genauso, wie Anna roch, nur besser. Es hatte sich in mein Gehirn eingebrannt und egal wie oft ich versuchte, es anders zu betrachten, ich hatte gerade ihr Blut getrunken und es war köstlich. Ein Mensch tat so etwas nicht.

Verdammt, ich wollte doch einfach nur ein Mensch sein!

Vampire, Prinzessinnen, das alles war mir zu viel.

Ich wollte mit Anna reden, wollte, dass sie endlich wieder aufwachte, hoffte, dass sie aufwachte. Ich vergewisserte mich andauernd, ihren Puls zu kontrollieren.

Ich war so blind. Sogar, dass es Vampire wirklich gibt, hat sie mir erzählt. Aber ich hatte es ohne auch nur einen Gedanken, einfach beiseitegeschoben und als Scherz abgetan. Woher hätte ich auch nur etwas glauben sollen, was Stoff für Gruselgeschichten ist. Sie hatte es auch nicht versucht, mir noch einmal beizubringen, wahrscheinlich wusste sie, dass ich es ihr sowieso nicht wirklich geglaubt hätte.

 

Ich kannte nichts über diese neue Welt, aber wollte trotzdem, dass Anna mir erzählte, was sie so tat, und sie hatte sich mir geöffnet, auch wenn sich wusste, dass ich sie nicht verstehen würde.

Es machte mich traurig.

"Nicht traurig sein", flüsterte Anna, tat aber sonst nichts. Verwirrt schaute ich sie an.

"Bist du wach?", fragte ich vorsichtig.

Sie schlief weiter.



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