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Monsterjagd und Drachenflug

von

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Ruhig lag der See vor ihr. Ein einzelnes Blatt fiel von einem der umstehenden Bäume und legte sich geräuschlos auf die Oberfläche des Wassers. Doch ansonsten war es still.

Merida atmete aus und versuchte sich zu strecken. Ihre Füße waren eingeschlafen, ein Umstand, der daher rührte, dass sie seit Stunden regungslos von den Büschen verdeckt auf dem Waldboden lag. In ihren Haaren hatten sich Blätter und anderes Kleinzeug verfangen. Wenn sie wieder zurückkehrte, würde ihre Mutter tagelang wütend auf sie sein, weil es so schwer war, ihre Haare zu entwirren. Dabei sah Merida keinen Grund darin, sich um ihre Haare zu kümmern. Sie würde doch sowieso wieder rausgehen und ihre Haare mussten dann wieder entworren werden. Es war ein Teufelskreis und trotzdem bestand ihre Mutter darauf, dass sie der Haarpflege ihre Aufmerksamkeit schenkte.

Ihr Magen knurrte und vorsichtig tastete Merida nach dem Beutel, den sie an ihren Gürtel gebunden hatte, der gefüllt war mit Hühnerbeinen. Sie biss ein großes Stück Fleisch ab, ehe sie das Bein wieder in den Leinenbeutel schob.

Vorsichtig und ungeschickt setzte sich die junge Prinzessin auf und bewegte ihre müden Glieder. Sie hatte nun seit der Dämmerung hier gelegen und den See beobachtet, doch noch immer war nichts zu sehen von dem sagenumwobenen Monster, dass am Grund des Sees leben sollte.

Als Kind hatte man ihr erzählt, wenn sie nicht auf ihre Eltern hörte, würde das Monster des Sees sie holen und zu sich auf den Grund ziehen. Später war ihr klar, dass dies nur Geschichten waren um Kindern Angst einzujagen. Sie selbst hatte die Legende ihren drei kleinen Brüdern erzählt, um sie zu zügeln. Nicht, dass es viel gebracht hatte.

Als sie älter wurde, hatte sie sich an den See geschlichen und im Wasser gebadet. Es war eine Mutprobe, um ihren Vater davon zu überzeugen, dass sie kein kleines Kind mehr war. Kein einziges Mal hatte sich das Ungeheuer blicken lassen.

Bis vor Kurzem hatte Merida auch noch geglaubt, dass die Geschichten um das Seemonster eben nur Geschichten waren. Doch dann war der Sohn des Clans der Dingwalls vor den Toren der Burg aufgetaucht. Er stand unter Schock, seine Kleidung zerrissen und zerfetzt, und berichtete davon, dass ihn etwas in der Nähe dieses Sees angegriffen hatte. Die Nachricht hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet und ihr Vater, König Fergus hatte sich aufmachen wollen, das Ungeheuer zu töten, wäre da nicht die Tatsache, dass eine schlimme Erkältung ihn ans Bett fesselte und seine Frau ihn nicht gehen ließ. So hatte Merida sich bereit erklärt, sich um das Monster zu kümmern. Schließlich war sie oft auf die Jagd gegangen. Es würde ein Leichtes sein, dieses Monster zu fangen.

Merida gähnte und stand dann vorsichtig auf. Sie lehnte sich gegen einen der Bäume und blickte dann über den See. Irgendwo musste dieses Ungeheuer sein. Aber vielleicht war Dingwall auch einfach nur überfallen worden und er schämte sich dafür, weshalb er diese Lüge erzählt hatte.

Nein. Merida schüttelte energisch den Kopf. Sie hatte Dingwalls entsetzten Blick gesehen, so jemand dachte sich keine Lügen aus.

Aber so wie es aussah, würde das Monster wohl nicht auftauchen. Vermutlich schlief es gerade am Grund des Sees. Der See war tief und niemand hatte wirklich den Grund gesehen. Vielleicht schwamm da wirklich ein Ungeheuer und sie und andere, die im See geschwommen waren, hatten bisher einfach nur Glück gehabt.

Wenn sie schwimmen ging, könnte sie vielleicht die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Aber würde sie auch schnell genug sein, sich ans rettende Ufer zu bringen, wenn das Monster sie bemerken würde?

Der Mond tauchte hinter einer Wolke auf und warf sein silbernes Licht auf den See. Sie ließ ihren Blick durch die Landschaft gleiten. Was für ein wunderschöner Anblick. Sie lächelte und erlaubte es sich diese Aussicht zu genießen, ehe sie aus ihren Schuhen schlüpfte. Wenn das Monster nicht zur Prinzessin kam, dann kam die Prinzessin eben zum Monster. So oder so ähnlich lautete das Sprichwort doch.

Doch gerade als sie ihr Kleid ausziehen wollte, schoss etwas im Sturzflug nach unten und stoppte in letzter Sekunde, ehe es das Wasser berührte. Dann flog es langsam wieder gen Himmel.

Eilig stürzte Merida nach vorne und blickte hoch. Flink griff sie nach ihrem Bogen und zog einen Pfeil aus ihrem Köcher heraus. Das Etwas hatte Flügel und irgendwie erinnerte es Merida an einen Drachen. Konnte das wirklich wahr sein? Handelte es sich beim dem Monster des Sees um einen Drachen?

Sie zog die Sehne des Bogens nach hinten und visierte den Unterleib des Flügelwesens an. Sie wollte gerade loslassen, als sich das Monster drehte und Merida sehen konnte, dass der Drache von einem Menschen geflogen wurde.

Schockiert ließ sie los und der Pfeil flog gen Himmel haarscharf am Kopf des Drachenreiters vorbei. Und eben jener blickte sich nun suchend um, bis er Meridas leuchtend rote Haare in der Dunkelheit entdeckte.

„Verflixt!“, fluchte sie und rüstete sich für einen Kampf, denn der Drache kam nun auf sie zugeflogen und kam im seichten Wasser zum Halt.

„Bist du eigentlich wahnsinnig?“ Jemand sprang vom Drachen und kam mit schnellen Schritten auf sie zugeeilt. „Du hättest Stormfly verletzen können!“

Der Drachenreiter war eine sie, stellte Merida fest. Ein junges Mädchen, dessen blondes Haar zu zwei Zöpfen geflochten war, drohte ihr mit einer Axt. Der Drache hinter ihr hatte seine Flügel angelegt und beobachtete sie mit lauerndem Blick. Er war mit blauen Schuppen überzogen und spitze Stacheln wuchsen ihm aus der Nackengegend, sodass es wie eine Krone aussah. Fasziniert trat Merida einen Schritt nach vorne, doch das Mädchen hielt ihr die Axt entgegen.

„Wenn du noch einen Schritt machst, dann werde ich dir persönlich den Kopf abschlagen!“, drohte sie ihr und ihr Blick machte deutlich, dass sie nicht scherzte.

Doch dann stürzte der Drache nach vorne. Erschrocken stolperte Merida nach hinten, denn der Drache hatte es eindeutig auf sie abgesehen.

„Stormfly, was ist los mit dir?“, fragte das Mädchen und warf verwundert einen Blick auf die junge Königstochter.

„Sag mal, was hast du da in dem Beutel?“

Überrascht blickte Merida nach unten und zog dann vorsichtig eines der Hühnerbeine hervor. Das andere Mädchen rollte genervt mit den Augen.

„Das hat Stormfly also gerochen?“

„Du meinst, dein Drache mag Hühnchen?“ Entschlossen warf Merida ihm das Fleisch entgegen und Stormfly fing es auf.

„Hör mal, ich wollte wirklich nichts Böses. Das vorhin, das war ein Unfall“, versuchte sie zu erklären und erzählte dann von dem Grund für ihren Aufenthalt.

Als sie geendet hatte, legte das Mädchen ihren Kopf zur Seite und blickte dann schmunzelnd zu ihrem Drachen.

„Kann sein, dass Stormfly das gewesen ist. Der Junge hatte uns erwischt und Stormfly hat mich nur verteidigt. Sie meinte es nicht böse.“

Merida fragte nicht nach, bei was Dingwall sie erwischt hatte. Etwas anderes lag brennend auf ihrer Zunge.

„Sag mal, wäre es in Ordnung, wenn du mich auf ihm reiten lässt?“ Die Worte fielen heraus, noch ehe sie es sich anders überlegen konnte.

Überrascht blickte das Mädchen sie an und lächelte dann.

„Nun, eigentlich ist Stormfly eine Sie“, entgegnete sie. „Aber da sie dich zu mögen scheint, wäre es bestimmt kein Problem. Aber du bist sicher noch nie auf einem Drachen geflogen, oder?“

Merida schüttelte den Kopf.

„Bis vorhin habe ich nicht einmal geglaubt, dass Drachen wirklich existieren.“

„Nun, dann wäre ein Flug doch die beste Möglichkeit dich davon zu überzeugen, dass dies hier nicht nur ein Traum ist. Übrigens, mein Name ist Astrid!“

„Merida!“

Astrid schwang sich auf Stormflys Rücken und streckte Merida dann ihre Hand entgegen.

„Also?“

Merida lächelte und ließ sich von Astrid auf den Drachen ziehen. Sie nahm hinter ihr Platz und legte die Hände vorsichtig an Stormflys Hals. Die Schuppen waren rau und warm. Sanft strich sie über die Haut des Drachens.

„Bist du bereit, die Gegend aus einer völlig neuen Sicht zu betrachten?“, fragte Astrid und Merida nickte nur.

Und Stormfly breitete ihre Flügel aus und hob ab in den Nachthimmel.
 

The End?



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