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Feindbild

Hashirama/Madara
von

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Drei

Obwohl kaum ein Lichtstrahl durch die graue Wolkendecke fiel und die dunkle Gestalt dadurch fast mit der düsteren Umgebung verschmolz, fand er seinen Freund schließlich. Einzig das unregelmäßige Prasseln des Regens durchbrach die Stille, die sich über diesen Ort gelegt hatte. Obwohl sie in dem vergangenen Krieg kaum Zeit für Beerdigungen - geschweige denn angemessener Trauer - gehabt hatten, hatten die Uchiha einen kleinen Schrein für Izuna und seine Brüder errichtet. Zwar war das Grab schlicht gehalten, doch dass in diesen Zeiten überhaupt ein Begräbnis stattgefunden hatte, war keine Selbstverständlichkeit.

Hashiramas kalte Finger krampfen sich um den Griff des Schirms, als er seinen Freund vor dem Schrein sitzen sah. Der matschige Erdboden schien ihm nichts auszumachen, ebenso wenig wie die Tatsache, dass er klitschnass war. Die sonst so zerzauste Mähne klebte an seinem Rücken, die Kleidung an seinem Körper.

Für einen Moment zögerte Hashirama, den anderen beim Trauern zu stören. Sie alle hatten viel verloren und Madara jeden einzelnen seiner vier Brüder, während Hashirama wenigstens noch der eine geblieben war. Es war nicht gerecht und er wünschte, er könnte Madara seinen Schmerz nehmen, doch letztendlich konnte er ihn bloß lindern. Wenn Madara ihn lassen würde...

Es wäre nicht das erste Mal, dass ihm der Uchiha ein Kunai entgegen schleuderte, weil dieser ihn nicht sehen wollte. Hashirama näherte sich ihm mit bedächtigen Schritten, wissend, dass dies Madaras heiliger Zufluchtsort war. Vielleicht machte er hiermit einen Fehler und es war besser, wenn er umkehrte.

Madara in seiner Einsamkeit allein zu lassen, erschien Hashirama jedoch auch nicht richtig.

Also trat er wortlos neben seinen Freund, der ihn ohne Zweifel längst bemerkt haben musste, und hielt den Schirm über sie beide. Seine braunen Augen ruhten auf den Schriftzeichen, die in das Holz geritzt worden waren. Namen von Menschen, die zu jung und aus den falschen Gründen gestorben waren.
 

„Ich beneide dich.“

Hashiramas Blick blieb an den Kanji haften, während Madara unerwartet und mit heiserer Stimme das Wort ergriff.

„…ich beneide dich so sehr“, hörte er ihn wispern. „Darum, dass einer deiner Brüder noch am Leben ist, während ich alle vier verloren habe. Mir…ist keiner geblieben…nicht mal einer. Kein einziger…“

Madaras Stimme brach und es schien ihm innere Qualen zu bereiten, weiterzusprechen. Er krümmte sich ein wenig zusammen, während er die Nägel in seine Arme krallte, die er um seine angezogenen Knie geschlungen hatte.

„Warum…darf der Mörder meines Bruders leben…? Warum darf dein Bruder leben, während meiner tot ist. Es ist nicht fair…nicht fair…nicht fair…“

Es glich einem Mantra und Hashirama sah, wie sich die Nägel immer tiefer in die Haut gruben.

„Madara…“

Er beugte sich ein Stück herunter, faste nach der Schulter seines Freundes – und musste im nächsten Moment einen Faustschlag abfangen. Die zusammengesunkene Haltung war verschwunden, stattdessen drückte sie nun Aggression aus, vergleichbar mit einem wilden Tier, das bald wieder zuschnappen würde. Unberechenbar.

Madaras Sharingan starrten ihm weit aufgerissen entgegen, glühten regelrecht…einem loderndem Feuer gleich. Hass sprühte daraus hervor, fokussierte sich auf ihn, doch Hashirama fürchtete sich nicht. Er hatte keine Angst vor Madara, dazu verstand er dessen Gefühle zu gut. Seine innere Zerrissenheit, die von all den furchtbaren Erlebnissen herrührte.

„Tobirama sollte es sein, dessen verfluchter Körper unter der Erde verrottet!“, spie er ihm giftig entgegen. „Ihn sollten die Maden zerfressen, diesen widerlichen-“

„Madara“, schnitt er dem Uchiha ruhig, aber bestimmt das Wort ab. „Es ist genug.“

Er wusste um Madaras Hass, der sich vor allem gegen seinen Bruder richtete, hatte dieser Izuna doch die tödliche Wunde beigebracht. Allerdings wussten sie beide, dass es umgekehrt genauso hätte ablaufen können. Es war ein Kampf gewesen, wie auch sie beide ihn oft ausgefochten hatten. Tobirama mochte manchmal Ansichten haben, die er nicht teilte, doch er war sein Bruder und er liebte ihn. Er würde ebenso wenig zulassen, dass dieser Madara anging, wie andersherum. Wenn sie doch nur Frieden schließen würden…diese beiden Männer, die seine engsten Vertrauten und liebsten Menschen waren.

Madaras hasserfüllte Mimik glättete sich langsam und seine Augen färbten sich wieder schwarz.

„Es wird nie genug sein…“

Obwohl er ihm widersprach, klang er erschöpft, seine kalte, nasse Faust verlor an Kraft, glitt aus seiner Hand. Erneut wandte sich der Uchiha ab, schlang die Arme wieder um seine Knie und blickte mit gesenktem Blick vor sich hin.
 

"Manchmal…weiß ich nicht, was richtig ist...was vernünftig ist und ob ich langsam wahnsinnig werde. Es ist schwer, Hashirama...so unglaublich schwer. Jeder Tag…ist so schwer…wie sie mich ansehen. Ich weiß, was sie denken…ich erkenne es in ihren Augen. Ich weiß es…"

Bei den letzten Worten wurde Madaras Stimme immer leiser, beinahe verzweifelt und er wusste nicht, was er sagen sollte. Um ihn vorerst nicht zu bedrängen, blieb er einfach bei ihm stehen, hielt weiterhin den Schirm über ihn. Madara konnte ein gnadenloser Krieger sein, er war ein Mann mit scharfem Verstand…aber er war auch emotional und voller Liebe für die, die ihm am Herzen lagen. War es ein Wunder, dass ihn die Ereignisse zerrüttet hatten? Tobirama mochte nur seine schlechten Seiten sehen…aber Hashirama sah so viel mehr.

„Manchmal…kann ich nicht mal deine Nähe ertragen…“

Der Hokage blickte auf, nicht überrascht von diesen Worten. Er wusste um Madaras innere Zerrissenheit, die auch ihn betraf, denn er war nach wie vor ein Senju. Das würde er immer sein.

„…manchmal würde ich am liebsten…ich würde…ich…“

„Ja. Ich weiß“, murmelte Hashirama und lächelte bitter. „Und…es ist in Ordnung.“

Ein freudloses, kaltes Lachen entfloh Madaras Kehle, eines, das mehr an ein Röcheln erinnerte. Es hielt nicht lange an, formte sich zu einer Art trockenem Schluchzen, das jedoch gleich darauf erstarb. Madara weinte in der Regel nicht vor anderen Menschen...und Hashirama hatte den Anstand, nicht darauf einzugehen. Still blieb er bei ihm stehen, ließ den Blick in die Ferne schweifen, ohne das Zittern des anderen zu beachten. Er wusste, dass es Madara so lieber war.

„…du Narr“, hörte er diesen wispern. „Du bist so ein…Idiot…“

Hashirama neigte den Kopf zur Seite, lächelte warm. Besser, er sagte nicht, dass Tobirama und er sich zumindest in diesem Punkt einig waren. Das würde es nur verschlimmern und anscheinend war sein Freund gerade dabei, sich zu beruhigen. Der Senju zögerte, ehe er ihm die Hand auf die Schulter legte und diesmal kam keine Gegenwehr. Sanft drückte er diese und fühlte dabei den klitschnassen Stoff unter seinen Fingern.

„Du bist eiskalt“, murmelte er und streifte seinen dunkelblauen Haori ab.

Madara ließ zu, dass er ihm diesen um die Schultern legte, blickte nur weiter vor sich hin. Eine Hand krallte er in den trockenen Stoff und er hörte ihn einen tiefen Atemzug ausstoßen.

„Lass uns nach Hause gehen.“

Ihm entging das bittere Lächeln auf Madaras Lippen nicht, als sich dieser langsam erhob. Hashirama konnte die bissige Bemerkung, die ihm auf der Zunge liegen musste, erahnen, doch Madara blieb stumm. Er zog lediglich den Haori enger um seine Schultern, ehe er sich abwandte und ging.

Hashirama nahm es ihm nicht übel. Kommentarlos schloss er zu ihm auf, bevor der Stoff ebenfalls komplett durchnässt war, und hielt den Schirm erneut über sie beide.

Auch wenn Madara ihn gerade nicht ertragen konnte, würde er bleiben und für ihn da sein. So wie immer.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Masshiro_No_Uchiha
2019-07-10T19:14:53+00:00 10.07.2019 21:14
Sehr emotional und super geschrieben. Du bist gut darin mit Gefühlen zu spielen und den Leser mitfühlen zu lassen. Das Kapitel hat so viel in mir ausgelöst.
Freu mich aufs nächste :)


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