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Dies ist unser Ninjaweg, dattebayo!

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Das einsame Monster

2. Kapitel: Das einsame Monster
 

Die Schwüle hing träge in der Luft. Selbst sie hatte keine Lust sich zu bewegen. Auch die Sonne hatte sich bisher kaum über die schützenden Klippen gehievt. Neria und Yuri schliefen noch, doch allmählich begann das Licht ihre Augen zu kitzeln und die Zeit war kostbar, bevor die Sonne die Felsen überwunden hatte. Ab diesem Zeitpunkt war es unglaublich heiß und jede Bewegung ermüdend. Man hatte das Gefühl als würde man schmelzen.

Zudem waren die beiden unglaublich aufgeregt. Immerhin wollten sie sich heute wieder mit Gaara spielen. Obwohl alle ihn Monster nannten, fanden sie bloß faszinierend und wollten ihm helfen. Sie ertrugen das Leid nicht, welches so schwer in seinen Augen lag. Als Neria sich aufsetzte und ihre blonden Haare aus dem Gesicht strich, fragte sie sich was dieses Leid verursachen könnte. Traurig starrte sie aus dem Fenster, wo sie ein wolkenloser Himmel unschuldig ansah. Es war für sie unvorstellbar wie es wäre, wenn jeder Angst vor ihr hätte. Sie konnte den Gedanken kaum ertragen. Das musste schrecklich sein. Sie seufzte leise.

„Yuri, bist du wach?“, flüsterte sie nach einigen Momenten leise, als sie zur ihrer eingerollten Freundin sah. Die braunen Haare waren über der gesamten Matratze verteilt. Yuri grummelte, doch dann drehte sie den Kopf zu ihrer Freundin. Die blauen Augen blinzelten sie träge an, doch dann merkte sie schnell, dass ihre Freundin etwas bedrückte.

„Nea, was ist los?“ Das braunhaarige Mädchen setzte sich auf und betrachtete sie besorgt. „Du bist traurig.“

Neria seufzte erneut und ließ die Beine von der Bettkante baumeln.

„Hast Recht.“, gestand sie ein und kämmte sich ihre Haare mit den Fingern. „Es geht um Gaara. Ich mag mir gar nicht vorstellen wie es ist, wenn alle Angst vor dir haben. Wenn man komplett alleine ist. Man…man muss sich doch vorkommen wie ein Geist.“

Einige Tränen glitzerten in den Augen von dem sensiblen Mädchen. Yuri blickte sie mitfühlend an. Sie kannte ihre Freundin seitdem sie geboren waren. Sie zwar älter, aber nur vier Monate. Neria war sensible und harmoniebedürftig. Noch nie hatte sie Leid und Ungerechtigkeit ertragen können. Wie die Menschen von Sunagakure mit Gaara umgingen, musste sich für sie anfühlen als ob ihr das angetan wurde. Vermutlich hatten deswegen ihre Eltern ihr nicht von Gaara erzählt. Sanft legte die Ältere einen Arm um sie und bettete ihren Kopf auf ihre Schulter.

„Mhmm.“, stimmte Yuri ihr zu. „Aber das wird sich ja jetzt für ihn ändern.“

Neria drehte ihren Kopf zu ihrer Freundin und sah sie verwundert.

„Wir sind doch jetzt seine Freunde.“, erklärte Yuri schlicht. „Und nachher spielen wir ja zusammen.“

„Du hast Recht.“, nickte Neria. „Dann lass uns frühstücken.“
 

~*~
 

Nerias Stimmung besserte sich dann deutlich, als sie die Treppe hinunterging. Am Küchentisch saß ihr Vater, der wohl in der Nacht von seiner Mission wiedergekehrt war.

„Papa!“, rief sie aus und übersprang die letzten beiden Stufen. Toshiro sah auf und lachte, als er seine Tochter auf ihn zu rannte und in seine Arme stürmte. Strahlend drückte sie ihren Kopf an ihn.

„Hallo, mein Spatz.“, sagte er sanft, während er ihre Haare wuschelte. Neria streckte sich und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Hallo, Toshiro.“

„Hallo, Yuri.“, grüßte er freundlich. „Schön dich wieder zu sehen.“

„Papa, wo warst du? Verlief die Mission gut?“

„Du weißt doch, dass ich es dir nicht erzählen darf.“, lachte Toshiro über die Neugierde seines Kindes. Gespielt schmollend löste sie sich und ließ sich auf den Stuhl vor ihm nieder. Jedes Mal versuchte sie ihm etwas zu entlocken, doch ihr Vater ließ sich nie darauf ein. Dabei fand Neria das Leben der Shinobi spannend und wollte doch bloß ein paar Geschichten hören.

„Aber ich habe dir etwas mitgebracht!“, erklärte ihr Vater grinsend und hob ein kleines, verpacktes Päckchen unterm Tisch hervor. Neria strahlte und nahm es hastig entgegen. Sie zerriss das Papier. Sie holte eine kleine Schneekugel hervor, allerdings trug sie keinerlei Landschaft. Verwundert betrachtete Neria sie. Zwar gab es in Sunagakure kaum Schneekugeln, doch sie hatte gehört, dass es dort Schnee geben sollte, wenn sie geschüttelt werden. Sie hatte noch nie Schnee gesehen und hätte es nun gerne gesehen.

„Weißt du, das ist eine ganz besondere Schneekugel.“, erklärte ihr Vater. „Sie ist mit einem Genjutsu belegt. Wenn du sie schüttelst, erscheint ein Nebel und sie zeigt Geschichten.“

Mit großen Augen betrachtete sie die Kugel und begann sie zu schütteln. Dann hielt sie sie die Kugel zwischen Yuri und sich, damit sie es auch sehen konnte. Sofort erschien ein dunkler Nebel und wenn man genau hineinsah, konnte man kleine Schemen erkennen, die sich bewegten und miteinander interagierten. Staunend beobachteten Yuri und Neria wie die Schatten miteinander tanzten.

„Wow, danke, Papa!“ Toshiro lachte und wuschelte sie erneut, als sie ihn fest umarmte.

„Aber nun lasst uns essen.“

Schließlich fingen sie aber alle an zu frühstücken. Wie immer schmeckte es hervorragend und eine heitere Stimmung herrschte. Das Geschirr klapperte und sie unterhielten sich angeregt, auch wenn Neria ruhiger war als sonst.

„Du, Papa…“, setzte sie nach einiger Zeit zögernd an. Toshiro legte seine Essstäbchen ab und betrachtete sie verwundert. „Was weißt du über Gaara?“

Die grünen Augen ihres Vaters weiteten sich vor Schock und er betrachtete seine Tochter beinah schon verängstigt.

„Woher kennst du ihn?“

„Die anderen Kinder haben von ihm gesprochen. Sie erzählten uns er sei ein Monster. Aber wieso?“ Bittend sah Neria ihren Vater an. Alles was sie wollte, waren Antworten von ihrem Vater. Das Gesicht seines Vaters entgleiste nur noch mehr und auch Rao saß steif auf ihrem Stuhl.

„Das ist egal.“, sagte ihr Vater zu langsam. Rao bemerkte, dass ihr Ehemann sich zusammenriss, doch sie spürte seine Angespanntheit. „Das musst du nicht wissen. Halte dich in jedem Fall fern von ihm. Hast du mich verstanden.“

Neria sah ihn mit großen Augen an. So hatte sie ihren Vater noch nie erlebt.

„Aber Papa, ich möchte es doch nur verstehen.“

„Diese Unterhaltung ist hiermit beendet.“, sagte Toshiro entschieden. Seine Augen verengten sich und er sah sie durchdringend an. „Halte dich fern von ihm. Er ist ein grausames Monster, dass man meiden muss.“

„Aber wie, Papa?“, fragte Neria verzweifelt. „Wie kann ein kleiner Junge ein Monster sein?“

„Es reicht!“, schrie er und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Du hältst dich von ihm fern, verstanden?“

Neria saß mit weitaufgerissenen auf ihrem Stuhl und zitterte. Ihr Vater wurde nie wütend, besonders nicht ihr gegenüber. Ein Zittern rann durch ihren Körper und sie starrte ihn fassungslos an. Auch Yuri neben ihr saß verängstigt auf ihrem Stuhl.

„Neria…“

„Ja, Papa, habe verstanden.“, flüsterte sie leise.

„Nun schrei sie doch nicht an, Toshiro.“, sagte Rao sanft und legte ihre Hand auf die seine. „Du machst ihr Angst.“

Toshiros Züge entspannten sich und er wirkte plötzlich müde.

„Entschuldige, aber ich mache mir nur Sorgen. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir etwas passiert, mein Schatz.“ Seine Stimme klang traurig und auch seine Augen sahen so traurig an.

„Ich will es doch einfach nur verstehen.“, erklärte Neria niedergeschlagen.

„Das Thema ist vorbei, Neria, versteh es endlich. Du bist ja schlimmer als deine Mutter damals.“

Verwundert sah Neria ihn an, während ihre Mutter ihm einen vernichtenden Blick zuwarf.

„Was meinst du, Papa? Was war damals?“ Ihr Vater jedoch schwieg und sah sie nur mahnend an. Fassungslos starrte sie ihn an. Er hatte sie verletzt. Warum verweigerte man ihr die Antworten?

„Ich bin kein Baby mehr!“, schrie sie ihn an und stürmte dann aus dem Haus. Sie hörte nicht mehr wie Yuri ihr hinterher rief, dass sie warten solle und sie sah auch nicht mehr wohin sie lief. Alles verschwamm in einem Schleier aus Tränen ihre Sicht reduzierte. Wieso antwortete ihr Vater ihr nicht? Wieso bevormundete er sie? Sie war noch jung, aber sie war nicht dumm und empathisch. Hätte er Gründe gehabt, sie hätte es verstanden. Und was hatte diese Andeutung zu bedeuten gehabt?

Schließlich erreichte sie die Schaukel und ließ sich darauf fallen. Sie war sauer und trat deshalb in den Sand. Sie begriff es nicht wie man Gaara als Monster sehen konnte. Sicher, sein Umgang mit dem Sand könnte gefährlich sein, aber es war ihr gestern erschienen, als könnte er ihn selbst nicht kontrollieren.

„Neria…“ Sie blickte auf, als sie einen Schatten bemerkte, der ihr Gesicht verdeckte. Yuri betrachtete sie besorgt. Neria hingegen schlug die Augen nieder.

„Er ist nicht hier.“, sagte sie.

„Wer?“, frage Yuri, obwohl sie die Antwort schon kannte.

„Gaara…“ Sie wollte nur das Thema wechseln.

„Es ist noch früh.“, meinte Yuri aufmunternd, doch ihr selbst hing das Frühstück noch in den Knochen. Sie wusste aber auch, dass dies sie nicht aufhalten würde. Sie liebte ihre Eltern, aber genau das ließ sie Gaaras Leid nur stärker sehen. Sie verstand nicht, warum seine Eltern ihm nicht halfen. Wie konnten sie nur zusehen wie ihr Sohn daran zu Grunde ging. „Vielleicht kommt er ja noch.“

„So früh ist es nicht mehr…“

„Du kennst ihn erst seit gestern. Freundschaft scheint neu für ihn zu sein. Vielleicht muss er es verarbeiten.“

„Ja, vielleicht.“ Neria klang nicht überzeugt und starrte noch immer zu Boden. Yuri betrachtete sie nachdenklich.

„Warum dein Vater wohl sauer war?“, sagte Yuri nachdenklich.

„Ich weiß es nicht. Die Sache ist seltsam.“ Yuri nickte. Sie war wie eine jüngere Schwester für sie und Yuri hatte den starken Drang sie zu beschützen. Sie spürte auch instinktiv, dass alles mit Gaara entweder für sie in etwas Tollem enden oder aber Neria zerstören würde. Schließlich fingen beide an zu Schaukeln und hingen ihren Gedanken nach. Beide spürten, dass sie in etwas Großes in diesem Dorf hineingeraten war. Die Frage war, ob eine eventuelle Freundschaft zu Gaara all diese Probleme wert war.

„Kam dir Gaara gestern wie ein Monster vor?“

„Nein. Nicht wirklich, aber das mit dem Sand war unheimlich.“

Neria nickte und umklammerte die Kette ihrer Schaukel fester.

„Das stimmt, aber es erschien mir, als wollte er Mara nicht absichtlich wehtun. Wäre das nicht aber, was ein Monster wollte?“ Neria blinzelte langsam und schien nachdenklich zu sein.

„Ich werde mich trotzdem mit ihm treffen.“, erklärte sie nach einer Weile.

„Nea, wir sollten das nicht tun. Was wenn dein Vater es herausfindet?“

„Das wird er nicht.“

„Was wenn doch? Wenn du Hausarrest kriegst.“

„Mir egal.“, erklärte Neria ernst. Es war selten, dass sie so ernst wurde, doch Yuri wusste, dass sie sich dann nicht mehr abbringen ließ. „Was mit Gaara passiert, wenn wir nicht kommen, ist weit schlimmer.“

„Du wirst riesigen Ärger bekommen, Nea.“

„Wir haben es ihm versprochen, Yuri. Wenn wir ihn enttäuschen, dann fängt er vielleicht an zu glauben, dass er wirklich ein Monster ist und wird zu einem.“ Überrascht sah Yuri ihre Freundin an. So hatte sie das noch gar nicht gesehen. War es wirklich so, dass das Schicksal von Gaara in ihren kleinen Händen lag?

„Ich glaube, er glaubt es bereits schon und mit dem Sand, vielleicht ist er sogar eins.“

„Mag sein.“, gab Neria zu. „Aber wenn, dann will ich das selbst herausfinden. Das werde ich nicht glauben, solange ich ihn nicht kenne.“

Neria hatte wirklich einen Punkt, musste Yuri zugeben.

„Gut, dann werden wir ihn suchen. Anscheinend kann er ja nicht kommen wie er sagte. Ich glaube kaum, dass er uns hängen lassen würde.“

„Dann gehen wir ihn suchen.“, erklärte Neria und sprang von der Schaukel. Yuri folgte ihr und beide begannen sich aufzuteilen. Sie versprachen, sich wieder an der Schaukel zu treffen um die Ergebnisse auszutauschen.
 

~*~
 

Mittlerweile stand die Sonne in ihrem Zenit und strahlte gnadenlos auf das Dorf nieder. Neria zog das Tuch, was alle Einwohner um ihren Hals trugen, enger um ihren Nacken von den UV-Strahlen zu schützen. Schweiß ran von ihrer Stirn und sie wischte ihn hastig ab, bevor er in die Augen tropfte. Die Luft begann zu zittern und sie schluckte hart. Zwar war sie hier aufgewachsen, doch die Mittagshitze war noch immer anstrengend. Allerdings musste sie es durchhalten. Als Kunoichi konnte sie deswegen auch nicht jammern und musste kämpfen. Außerdem war sie gerade auf einer Mission. Da durfte sie nicht daran denken.

Aufmerksam blickte sie sich um. Ihre Eltern hatten bereits in ihren frühen Jahren angefangen sie zu sensibilisieren. Sie hatte scharfe Sinne und ihre Augen huschten hin und her. Als sie bereits beinahe ihr eingeteiltes Suchgebiet durchgrast hatte, passierte sie die Kazekagevilla. Da sie gerade jedoch eines der Nachbarhäuser im Blick hatte, bemerkte sie nur in der peripheren Wahrnehmung ein rotes Schlieren. Sie blieb stehen und blinzelte. Waren das Gaaras rote Haare gewesen? Sie drehte sich um und ging zurück. Tatsächlich konnte sie im dritten Stock für einen kurzen Augenblick Gaara sehen, bevor dieser sich erschrak und anschließend verstecke. Verwundert runzelte Neria die Stirn, doch schließlich drehte sie sich ab und rannte zurück zum Treffpunkt. Yuri erwartete sie bereits.

„Ich habe ihn nicht gefunden.“, erklärte sie direkt niedergeschlagen.

„Ich aber. Ich habe ihn in der Kazekagevilla gesehen.“

„Die Villa? Echt? Na ja…“, grübelte Yuri und rieb sich über das Kinn. „Er sieht ja dem Kazekage ähnlich. Vermutlich ist er sein Sohn.“

„Ja, da hast du nicht unrecht. Also müssen wir uns nur in die Kazekagevilla schleichen.“, seufzte Neria resigniert. „Ich hoffe nur er will uns noch sehen.“

„Wie kommst du darauf?“ Irritiert drehte Yuri ihren Blick zu ihr um und sah sie fragend an.

„Er hat mich gesehen und sich versteckt.“

„Hmm…wir finden es nur raus, wenn wir zu ihm gehen.“, stellte Yuri fest.

„Da hast du Recht. Na los. Schleichen wir uns in die Kazekagevilla.“
 

~*~
 

Einige Minuten später standen beide in den Schatten einer schmalen Gasse zwischen zwei Häusern. Von hier waren sie nicht direkt zu sehen für die Einwohner. Zudem war das Fenster von hier aus einsehbar. Ein heißer Wind wehte in ihr Gesicht und Nerias Armhaare stellten sich auf.

„Du hast Recht. Da ist er.“ Yuri deutete auf das Fenster. Hinter den wehenden Vorhängen konnten sie einige feuerrote Haarsträhnen entdecken. Direkt unter dem Fenster wanden sich Efeu nach oben. Diese Pflanzen waren die ideale Kühlung. Bei starken Sonnenlicht streckten sie sich dem Sonnenlicht entgegen und spendeten Schatten. Bei Dunkelheit senkten sie sich wieder und isolierten das Haus. Mit etwas Geschick wäre es möglich daran hinaufzuklettern. Allerdings war das Fenster direkt neben dem Eingang und dieser wurde von zwei Jo-Nin bewacht.

„Zwei Wachen…“, murmelte sie. „Wenn wir die ablenken, haben wir eine Chance.“

„Neria, das könnte nicht nur uns, sondern auch unseren Eltern in Schwierigkeiten bringen.“, flüsterte Yuri und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Neria biss sich auf die Lippe. Sie wusste das. Die Lage in Sunagakure war ohnehin angespannt. Alleine konnte das Dorf kaum überleben. Dies konnten selbst die Kinder spüren. Wenn sie nun in die Villa des Oberhauptes schlichen, dann könnte es als Rebellion oder gar Verrat ausgelegt werden. Ihr Kage war dafür bekannt, dann nicht zimperlich zu sein.

„Ich weiß, Yuri.“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein Hauch und ihre Augen blickten ihre Freundin traurig an. Sie wusste auch, dass es dumm war all das auf Spiel zu setzen für einen Jungen, den man gerade einmal seit gestern kannte. Ein ernster Gesichtsausdruck lag auf ihren feinen Zügen. „Ich habe nur das Gefühl, dass alles viel schlimmer wird, wenn Gaara selbst anfängt zu glauben, er ist ein Monster und ich so verhält. Wir scheinen die einzigen zu sein, die bereit sind das zu verhindern.“

Lange sah Yuri ihre Freundin an, doch sie sah wie ernst es ihr war. Sie beide waren noch klein und mussten sicherlich noch viel lernen. Trotzdem besaßen sie bereits ein feines Gefühl und gute Instinkte. Ihre Eltern hatten sie stets in Politik und strategischen Denken unterrichtet und von daher konnten sie die Konsequenzen ihres Handelns einschätzen für ihr Alter.

„Dann sollten wir uns besser nicht erwischen lassen.“ Yuri zog die Augenbrauen hinab. „Ich lenke die Wachen ab und du kletterst rauf. Ich versuche nachzukommen.“

„Du hilfst mir dennoch?“

„Klar wir sind doch Schwestern. Ich lass dich nicht hängen.“

Kurz umarmte Neria ihre Freundin, bevor diese sich aus der Gasse stahl. In vollem Sprint klaute sie einen der Schals von dem Jo-Nin und sofort folgte derjenige ihr. Während der andere ihnen nachsah, nutzte Neria die Chance um schnell an dem Pflanzengitter aus Holz hinaufzuklettern. Zum Glück liebten die beiden es auf den Klippen zu klettern. Noch bevor die Wache es bemerkte, war sie über seinen Kopf geklettert und erreichte das Fenster.

Der große Raum, der vermutlich Gaaras Kinderzimmer war, war mit sämtlichen Spielzeug ausstaffiert, was man in Sunagakure kaufen konnte. Auf dem ersten Blick schien es diesem Junge an nichts zu fehlen, doch der Anblick, den Gaara ihr bot, ließ anderes vermuten. Er saß zusammengekauert auf seinem Bett. Die Beine hatte er bis vors Kinn gezogen und seine Augen starrten traurig auf dem Boden. Nein, dieser Junge war ein Häufchen Elend. Ihr Herz verkrampfte sich für einen Moment und ihr Entschluss ihm zu helfen festigte sich. Schnell klopfte sie gegen das Fenster.

Gaara erschrak und blickte auf. Seine Augen weiteten sich, als er Neria erkannte, die grüßend die Hand hob. Noch immer blieb er wie angewurzelt sitzen. Er schien nicht glauben zu können, dass sie wirklich da war. Unruhig sah Neria nach unten, doch die Wache starrte noch immer stur geradeaus. Erneut klopfte sie gegen das Fenster und betete, dass Gaara endlich das Fenster öffnete. Erleichterung durchflutete sie, als Gaara aufstand und zum Fenster eilte.

„Du?“, flüsterte er, als er es öffnete und sie hastig hineinhuschte.

„Wir hatten doch gesagt wir kommen dich holen, wenn du bis Mittag nicht zur Schaukel gekommen bist.“, erklärte sie lächelnd und fuhr sich durchs Haar. „Yuri ist auch gleich hier.“

„Sie kommt auch?“

„Sicher. Wir wollten doch mit dir spielen.“ Neria blieb in der Mitte des runden Raumes stehen und sah sich um. Gaaras Zimmer war so groß wie ihr gesamtes Wohnzimmer. Die verschiedensten Stofftiere stapelten sich.

„Aber...das geht nicht.“, stieß er unsicher aus und blickte beinahe verängstigt zur Tür. Neria betrachtete ihn verwundert und ließ sich im Schneidersitz in der Mitte des Raumes wieder.

„Warum nicht?“, fragte Neria und neigte ihren Kopf.

„Wenn mein Vater euch entdeckt…“ Ehrliche Furcht lag in seinen Augen, aber sie erkannte, dass diese Angst ihnen galt und nicht ihm.

„Was ist hier eigentlich los, Gaara?“ Der Junge schloss die Augen und setzte sich ihr gegenüber.

„Mein Vater ist der Kazekage.“, begann Gaara zögerlich. Neria nickte.

„Zu der Vermutung sind Yuri und ich auch mittlerweile auch gekommen. Aber warum denken die Menschen, dass du ein Monster bist?“

Gaara zögerte und rang mit seinen Händen und schien mit sich zu hadern.

„Kennst du die Legende der Bijus?“, fragte er leise und seine Stimme begann zu zittern. Sie blinzelte und neigte ihren Kopf.

„Nein.“

„Dann vergiss es, aber ihr müsst euch von mir fernhalten.“

„Nein, das werde wir nicht.“, sagte Neria entschieden und starrte ihn an. „Gaara, du hast recht. Wir begeben uns in Gefahr. Yuri und ich sind dazu bereit, aber wir müssen wissen was los ist.“

Wehleidig sah Gaara sie an, doch dann seufzte er.

„In mir lebt ein wahrhaftiges Monster. Der Ichibi. Sein Name ist Shukaku.“

„Shukaku?“, wiederholte sie. „Wie in der Geschichte des Schutzkranich des Sandes?“

„Ja.“ Er nickte. „Er ist in mir versiegelt.“

„Kannst du deswegen den Sand beherrschen?“

Gaara senkte den Blick und nickte erneut. Offensichtlich schämte er sich für seine besonderen Fähigkeiten.

„Die Kinder wissen es, oder?“, fragte Neria vorsichtig. Langsam wurde ihr die Bedeutung seines Schicksals bewusst. Für jeden, der nicht genau hinsah, musste die Kontrolle des Sandes unheimlich wirken. Sie hingegen sah hinter dieser Schale aus Sand einen verängstigten Jungen. „Sie wollen deshalb nicht mit dir spielen.“

„Sie haben es von ihren Eltern gehört.“, nuschelte Gaara. „Und seitdem haben sie Angst. Haben eure Eltern euch nie von mir erzählt?“

Neria rutsche etwas näher an ihn heran. Sie verspürte den Drang ihre Hand an seinen Arm legen, doch sie wusste nicht ob es ihn überfordern würde.

„Nein, haben sie nicht. Warum hätten wir sonst all diese Dinge gefragt?“

„Menschen sagen vieles, wenn sie denken, dass ich es höre möchte. Vieles davon ist nicht wahr.“ Flehend sah er wieder zu ihr auf und seine Augen bettelten darum, dass sie nicht log.

„Mag sein. Manche sind Idioten, aber Yuri und ich lügen nicht.“ Blaue Augen blickten sie lange an, doch er schien nur das zu finden, was er für Ehrlichkeit hielt. Allerdings kannte er nur die Beschreibung von Gefühlen, nicht die Wahrheit. Neria hielt seinem Blick stand und eine ruhige Stille lag in ihrer Iris. Konnte es sein, dass Gaara zum ersten Mal freundliche Menschen gefunden hatte?

Als er nach einigen Momenten immer noch keine Erwiderung sagte, da ließ sie ihren Blick durch das Zimmer wandern. Sie erblickte noch mehr Stofftiere, doch eines bemerkte sie besonders. Einen kleinen, abgenutzten aber wohlbehüteten Teddybär, der auf dem Bett saß. Es war eben jener, den er auch am gestrigen Tage bei sich hatte.

Seine Augen folgten den ihren und schließlich stand er auf. Vorsichtig hob er den Teddy hoch und drückte ihn an sich. Er war sein einziger Halt in dieser Dunkelheit auf Verdammnis. Er hatte sich sein Schicksal nicht erwählt, doch wer hatte das je? Die Kinder litten unter Entscheidung getroffen von anderen für sie.

„Mr. Sprinckles war mein einziger Freund.“, erklärte er und strich über den Kopf des Teddys wie er so oft gesehen hatte, dass es Eltern bei ihren Kindern tat.

„Er war dein einziger Freund…“, wiederholte sie leise. „Aber er ist es jetzt nicht mehr. Du hast nun zwei mehr.“

„Etwa euch?“ Überraschte wandte er sich um und starrte sie an. Neria lächelte vom Boden aus zu ihm hoch und von ihrem Gesicht ging ein warmes Licht aus.

„Ich kann nicht für Yuri sprechen, aber ich denke sie sieht es genauso wie ich.“

Genau in diesem Moment klopfte es erneut am Fenster und Neria eilte hinüber und Yuri hineinzulassen. Schnell sprang die junge Kunoichi hinein.

„Eure Wachen sind lustig.“, meinte sie grinsend. „Mit denen kann man wundervoll spielen. Wow, hast du viel Spielzeug.“

„Hey, Yuri.“ Neria legte eine Hand auf ihre Schulter und half ihr auf. „Ging alles glatt?“

Yuri nickte und kicherte leise.

„Das war lustig.“ Fröhlich blitzten ihre Augen und sie ließ sich ebenfalls auf den Teppich fallen. „Und was habt ihr so gemacht?“

„Wir hatten Recht, Yuri, er ist der Sohn des Kazekage.“, erklärte Neria. Yuri nickte und setzte sich in den Schneidersitz. Danach brachte Neria ihre Freundin auf den neusten Stand. Sie erzählte sogar den Grund, warum sie ihn als Monster bezeichneten. Natürlich fühlte sie sich nicht gut, wenn sie es erzählte, während er dabei war, aber bisher hatte er kein Wort gesagt. Stattdessen starrte er ihn nur an.

„Also, ich finde nicht, dass du ein Monster bist.“, erklärte Yuri und zeigte die gleiche Ehrlichkeit wie Neria vorhin. „Im Gegenteil. Ich denke, du bist etwas Besonderes, weil du sowas Tolles mit dem Sand kannst.“

Gaara schien es nicht so zu sehen wie sie, doch sein Wunsch einmal nicht als Monster gesehen zu werden, war groß.

„Also hast du nun zwei neue Freundinnen.“ Er nickte zögerlich.

„Und ihr auch.“ Zum ersten Mal huschte etwas wie ein Lächeln über das verunsicherte Gesicht, als er seinen Teddy hob. Neria und Yuri lachten und begrüßten den Teddy fröhlich. Schon bald entwickelte sich wieder ein aufgeregtes Spiel. Alle drei hatten viel Spaß zusammen, verstellten ihre Stimmen und spannen die fantastischen Geschichten. Es war einer der wenigen Momente in denen Gaara vergaß, dass er ein Monster sein sollte. Nun war er nur ein Kind, das mit seinen Freunden Spaß hatte.

Dass sie allerdings nicht bloß einfach Freunde waren, erfuhren sie nur wenige Minuten später.

„Gaara, was veranstaltest du für einen Krach?“, ertönte plötzlich eine dunkle Stimme und Jemand hämmerte laut gegen die Tür. Alle Kinder erschraken und sahen panisch zur Tür.

„Vater…“, flüsterte Gaara leise und wirbelte zu den Mädchen herum. Blanke Sorge entstellte sein Gesicht. „Versteckt euch unterm Bett!“

Neria und Yuri gehorchten ohne Protest und versteckten sich in den Schatten unter dem Bett. Keinen Augenblick zu früh. Die Tür flog auf und hineinkam ein Mann, der Gaara zum Verwechseln ähnlich sah. Es war ganz eindeutig der vierte Kazekage. Vor Wut schäumend stürmte der Kazekage auf Gaara zu. Gaaras Hände verkrampften sich in den Stoff und er zitterte.

„Hast du wieder mit diesen Mädchen gespielt? Das habe ich dir doch verboten.“ Für einen Moment verlor das Oberhaupt des Dorfes die Kontrolle. Er hole aus um seinen Sohn eine Ohrfeige zu geben, doch sofort ging der Sand dazwischen und beschützte Gaara. Neria und Yuri zuckten unter dem Bett zusammen und kniff die Augen zusammen. Beide konnten es kaum ertragen wie kalt der Vater mit seinem Sohn umging. Das kannten sie von ihren Vätern nicht.

Auch der Kazekage zuckte zurück, als der Sand seine Hand wegschlug und Gaara zutiefst verletzt zu ihm hochsah. Blanker Hass entstellte das Gesicht des Kazekage, aber die Kinder konnten auch Furcht spüren, die von ihm ausging.

„Und für ein solches Monster ist deine Mutter gestorben.“, knurrte er. Neria und Yuri warfen sich entsetzte Blicke zu. Was für dunkle Geheimnisse versteckten sich noch in dieser Familie? Sie hatten zwar gehört, dass die Ehefrau vom Kazekage nicht mehr lebte, aber keiner im Dorf wusste, dass sie bei Gaaras Geburt ums Leben gekommen war.

In diesem Moment drang ein gequälter Laut von Gaara unter das Bett. Der Junge begann zu zittern und krallte sich in die Haare. Schmerz quälte seinen Gesichtsausdruck. Auch der Kazekage zuckte zusammen und verließ das Zimmer.

Neria und Yuri verharrten noch einige Momente unter dem Bett, doch dann krabbelte die beiden unter dem Bett hervor. Sie sorgten sich um Gaara, der mittlerweile zu Boden gesunken war und am ganzen Körper zitterte.

„Gaara, alles in Ordnung?“, fragte Neria besorgt und wollte sich zu ihm knien, doch Gaara stieß sie weg. Unsanft landete sie auf dem Boden.

„Geht weg! Verschwindet sofort!“, presste er angestrengt zwischen den Zähnen hervor. Yuri sah zur Tür und zupfte an Nerias Ärmel.

„Vielleicht sollten wir wirklich gehen. Die Sonne geht bereits unter.“, erklärte die Ältere. Sie mussten bald nach Hause um keinen Verdacht bei ihren Eltern zu erwecken. Aber Gaara krümmte sich immer mehr und Nerias Drang ihm zu helfen wuchs.

„Aber…wir können nicht...Gaara…“, stotterte sie und sah hilflos zwischen ihrer Freundin hin und her. Sie wollte Gaara nicht zurücklassen. „Nein, ich werde nicht gehen.“

Erneut ging sie zu Gaara, welcher mittlerweile vor Schmerzen wimmerte. Seine Hand hatte er in den Stoff über seinen Herzen gekrallt und seine Schmerzen schienen immer stärker zu werden.

„GEHT!“, schrie er. Neria warf ihrer Freundin einen Blick zu, dann kniete sie sich neben ihn und nahm ihn in den Arm. Zunächst wehrte er sich, doch zu Nerias Überraschung griff der Sand nicht an. Sie hatte damit gerechnet. Irgendwann jedoch entspannte sich der arme Junge und begann zu weinen. Schließlich umarmte ihn auch Yuri und beide Mädchen drückten Gaara ganz fest.

„Alles wird wieder gut, Gaara.“ Neria versuchte aufmunternd zu klingen, doch auch ihre Stimme war bedrückt.

„Nein!“, erwiderte entschieden, denn was die Mädchen nicht wussten war, dass es in dieser Nacht einen Vollmond geben sollte. „Haut ab!“

„Aber Gaara…“

„Lasst mich…“, wimmerte er. „Bitte geht…“

„Nein!“ Neria schüttelte den Kopf und Tränen begannen sich auch Tränen in ihren Augen zu sammeln. „Wir lassen dich nicht im Stich.“

„Neria, wir sollten gehen, sonst gibt es Ärger und wir bringen ihn nur noch mehr in Schwierigkeiten.“

Neria biss sich auf die Lippen, sah zu ihrer Freundin und dann Gaara an. Dieser schaffte es für einen Moment aufzublicken und ein Flehen lag in seinen Augen.

„Ne…ria…“, keuchte er. „Geh…“

Sie biss sich auf die Lippen, doch schließlich nickte sie. Nun ließ sie Gaara los und beide eilten zu dem Fenster. Noch einmal sahen sie zu Gaara, der er beachtete sie nicht einmal mehr.

„Wir kommen wieder, Gaara. Wir lassen ihn nicht hängen.“, sagte Neria noch, bevor sie und Yuri aus dem Fenster sprangen. Hastig eilten sie in eine Seitengasse um den Blick der Wache zu entgehen. Sie keuchten und sahen bekümmert zu der Villa des Kazekage.

„Gaara wollte nicht, dass wir seine Schwäche sehen. Er wollte kein Schwächling sein.“, erklärte Yuri, als sie sich gegen die Wand lehnte. Neria nickte. Auch das hatte sie mittlerweile verstanden. Gaara hatte nie gelernt, dass Menschen ihm auch helfen und ihn nicht verurteilen würden. Um seine Freunde zu sein, mussten sie noch hart arbeiten.

„Lass uns nach Hause gehen. Heute können wir nichts mehr tun.“

Mit diesen Worten verließen Neria und Yuri die Villa und gingen nach Hause. Trotz allem ließen sie Gaara mit einem unguten Gefühl zurück, auch wenn es sein Wunsch gewesen war. Sie ahnten, dass es eine harte Nacht für ihn werden würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  MadMatt
2016-07-31T19:10:30+00:00 31.07.2016 21:10
Hallöchen 😀 Wieder ein wirklich schönes Kapitel. Liebevoll geschrieben und wirklich toll ausgearbeitet. Mir besonders gut gefallen, wie du das Denken der Kinder dargestellt hast, empfand ich wirklich authentisch. Auch wie der junge Gaara beschrieben ist, fand ich wirklich klasse. Ich bin gespannt wie es weiter geht und Gaaras Charakterwandel ausgearbeitete wird, denn die ersten beiden Kapitel klingen wirklich toll.

Liebe Grüße

MadMatt


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