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Entscheidung aus Liebe

Rettungsflieger: Jens und Sabine
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dies ist eine Geschichte, oder auch Fanfiction genannt, entsprungen aus der Fantasie von Ami Diana Saphira Mercury.
Sie spielt direkt nach dem Ende der Serie.
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Endlich Liebe

Es gibt Wünsche ... und es gibt Konsequenzen. Beides bedingt sich, wie Licht und Schatten. Ohne das eine wird es das andere nicht geben. Es stellt sich nur die Frage, was überwiegt – die Sehnsucht oder die Angst?
 

Endlich Liebe

Die Einweihungsparty des Traumhauses der Wollckes ging bis spät in die Nacht hinein – trotz dessen dass die gesamte Besatzung des SAR 71, samt Obergefreiter Homann, am nächsten Tag pünktlich zu Dienstbeginn im Rettungszentrum erwartet wurde. Johnny und Tatjana setzten Sabine und Jens vor der Haustür der Notärztin ab, ein schelmisches Lächeln auf dem Gesicht. Sabines Herz klopfte so heftig wie noch nie zuvor in ihrer Brust, als sie dem Piloten in die Augen sah – wie jedes Mal wanderten gefühlt tausend Gedanken zwischen ihnen hin und her ... und gleichzeitig war es etwas ganz anderes. Jens strich ihr liebevoll eine Strähne hinter das Ohr, die sich aus der Hochsteckfrisur gelöst hatte. Dann küsste er sie. Es war ein ruhiger, sanfter Kuss ... angetrieben von tiefer Liebe, die so lange in ihnen beiden gewachsen und die sie viel zu lange ignoriert hatten. Es war unglaublich vertraut, ihr nahe zu sein. Er kannte ihre Gewohnheiten, konnte ihre Stimmung aus ihrer Stimme und Mimik herauslesen – und all das liebte er! Sie liebte er wirklich ... für keine andere Frau hatte er jemals so gefühlt, weder für seine Ex-Frau noch für Ilona oder gar Juliane, von Madleine einmal ganz abgesehen.

„Frag´ mich jetzt nochmal ...“, hauchte Sabine gegen seine Lippen.

Jens musste nicht nachdenken, um zu wissen, was sie von ihm hören wollte. „Bist du glücklich?“

„Nur mit dir bin ich wirklich glücklich.“ Sie lachten beide bei dieser Anspielung.

Nach einem weiteren Kuss holte Sabine den Wohnungsschlüssel aus ihrer Handtasche und schloss auf. Im Flur schaltete sie das Licht ein. Seit Sybilles Auszug war ihr ihre Wohnung zu verlassen, zu still vorgekommen ... jetzt freute sich Sabine zum ersten Mal wieder zu Hause zu sein.

„So in Gedanken versunken, Frau Oberstabsarzt ...“, holte Jens sie in die Gegenwart zurück.

Lächelnd drehte sie sich zu ihm um. „Und glauben Sie ja nicht, es ginge dabei um Sie, Herr Major.“

„Ich liebe dich“, gestand er heute bereits zum zweiten Mal.

Sabine fuhr mit der rechten Hand über seine Wange. „Ich habe mir gewünscht, das von dir zu hören ... Und gleichzeitig habe ich mich dagegen gewehrt.“

„Das haben wir beide. Dabei warst du es die ganze Zeit. Schon bevor ich-“ Doch Sabine legte ihm einen Finger auf den Mund.

Es war nicht wichtig, jetzt nicht mehr. Nicht nur Jens hatte versucht, seine Gefühle durch Beziehungen mit jemandem anderem zu überspielen – Sabine war nur wieder auf Ralf zugegangen, weil sie den unwirklichen Zustand zwischen ihr und Jens nicht mehr ertragen hatte.

„Es ist spät“, meinte der Major und grinste plötzlich, was bei ihm äußerst selten vorkam, „muss ich heute wieder auf dem Boden schlafen?“

Die Oberstabsärztin schüttelte belustigt den Kopf. Als sie vor einigen Wochen im Rettungszentrum – genauer gesagt in Jens Zimmer – übernachtet hatte, hatte er entgegen ihrer Wiederworte auf dem Teppich geschlafen und ihr sein Bett überlassen.

„Ich habe in dieser Nacht kein einziges Auge zugemacht“, sagte er, woraufhin Sabine verwirrt aufschaute, „ich ... ich konnte nicht aufhören, dich anzusehen. Spätestens da habe ich es verstanden ... Nur diese verdammte Angst wegen der Vorschriften und Ralf.“

Sabine seufzte. „Es war nicht fair, dass ich dir wegen der Sache mit Ralf einen Vorwurf gemacht habe ... Er hat mich auch gefragt. Ich war genauso feige.“

„Nun da diagnostiziere ich zwei Fälle einer schweren Berufskrankheit gepaart mit sehr ausgeprägtem Pflichtbewusstsein ... Dazu kommt, dass es natürlich sehr schwer ist, unserer Anneliese zu widerstehen“, entgegnete Jens in gespielt ernstem Ton.

„Ach und ich dachte, ich wäre hier für die Diagnosen zuständig, Herr Kollege“, gab Sabine zurück.

Jens unterdrückte ein Gähnen. „Dann sagen Sie mir mal, was Sie von diesen Symptomen halten – schwer aufzuhaltende Lider, obwohl die tollste Frau der Welt vor einem steht?“

„Verdacht auf zu langes feiern ...“ flüsterte die Blondine und zog ihr hinter sich her, „und >Rosarotes Brillen<-Syndrom durch absolute Verliebtheit.“

Wieder verfielen beide in einen innigen Kuss, während sie sich langsam ins Schlafzimmer bewegten. Jens Sakko landete zuerst auf dem Boden, gefolgt von seiner Hose und den Schuhen. Am Bett angekommen hielten Jens und Sabine jedoch inne. Ihre Augen sendeten unzählige Gedanken und Gefühle. Keiner von ihnen wollte es an diesem Abend überstürzen ... sondern einfach nur die Nähe des anderen spüren, in der die Gewissheit endlich zusammen zu sein ...

Der Pilot fand als erster seine Stimme wieder. „Wenn ... wenn ich heute Nacht einschlafe ... versprichst du mir, dass es morgen nicht alles nur ein Traum gewesen ist?“

„Versprochen ...“, antwortete Sabine leise und küsste ihn auf die Wange.

Sie gab ihm einen kleinen Stoß, sodass er auf dem Bett landete. Dann ging sie ins Bad – die Geräusche von fließendem Wasser drangen zu ihm durch. Jens musste daran denken, wie er und Sabine zusammen im Rettungszentrum gewohnt hatten ... damals hatten sie gelernt, miteinander über alles zu sprechen. Sie war immer für ihn da gewesen, wenn ihn etwas beschäftigt oder belastet hatte. Ihre Art, bei der es ihm so unglaublich viel leichter fiel, sich zu öffnen ...

Jens lächelte, als Sabine das Zimmer wieder betrat. Sie trug dasselbe Shirt, welches er ihr bei ihrer Übernachtung im RZ geliehen und sie ihm anschließend nicht mehr zurückgegeben hatte.

„Komm´...“, sagte er und hielt ihr seine Hand entgegen.

Sie legte ihre Hand in seine. Jens zog sie zu sich heran, um sie zu küssen. Einander in den Armen liegend stiegen sie unter die Bettdecke und Sabine kuschelte sich eng an ihn. Warum hatte sie sich etwas vormachen wollen? Ja, sie hatte für Ralf geschwärmt und die Zeit mit ihm genossen ... mit Leidenschaft und sicher auch einem Batzen Verliebtheit, aber keiner echten Liebe. Nicht das, was sie ihn diesem Moment fühlte ...

Nur der Atmung des anderen lauschend schliefen Jens und Sabine ein.
 

Nur vier Stunden später beendete der schrille Läuten des Weckers die friedliche Atmosphäre. Jens küsste Sabine auf die Stirn und streichelte ihr die blonden Haare aus dem Gesicht.

„Guten Morgen ...“, grummelte sie verschlafen.

„Guten Morgen ...“, erwiderte er, „kein Traum.“

„Kein Traum“, bestätigte sie und schielte zwischen den Augen hinaus, „gut geschlafen, Schatz?“

Schon wieder eine dieser Anspielungen, die er nur zu gern erwiderte. „Und wie, Liebes.“

Im Schneckentempo schälte sich Sabine aus der Decke – allzu viel Zeit blieb ihnen ja nicht bis sie zum Dienst antreten mussten. Das war auch so ein Thema ... Mit ihrer Entscheidung füreinander hatten sie gegen die Auflage des Kommodore verstoßen.

„Alles in Ordnung, Sabine?“, fragte Jens besorgt.

Hastig schüttelte sie die trüben Gedanken ab und lächelte. „Wir sollten uns beeilen, sonst kriegen wir nach der kurzen Nacht nicht mal einen Kaffee.“

„Geschweige denn was zu essen“, fügte er hinzu.

Beide zogen sich an – wobei Jens nur wieder in seine Hose und Schuhe schlüpfte. Als sie fertig waren, lag jedoch etwas trauriges in Sabines Augen und er schloss sie fest in die Arme. Der Major wusste genau, was in ihr vorging ... dasselbe worüber er ebenfalls nachdachte – wie ging es mit ihrem Team weiter?

„Ich liebe dich ... und ich will mit dir zusammen sein“, sagte Sabine, dicht an ihn geschmiegt.

Jens schloss die Augen. Diese Worten aus ihrem Mund zu hören waren wundervoll ... Endlich hatte er diesen einen Menschen gefunden, den er solange gesucht hatte.
 

Es war für sie beide ungewohnt auf offener Hand in Hand mit jemandem zu gehen. Von außen wirkten sie wie ein ganz normales Paar – je näher sie dem Rettungszentrum kamen desto angespannter wurden sie allerdings. Sabine holte tief Luft und wollte sich von Jens lösen, doch er hielt sie weiter fest. Ihr Team wusste ohnehin Bescheid – bei ihnen könnten sie sich zwar auf ihre Verschwiegenheit verlassen; aber Homann 'das Gerücht' persönlich war bei der Party ebenfalls dabei gewesen und selbst wenn es nicht mit Absicht wäre, würde ihm früher oder später etwas herausrutschen. Und wenn er ganz ehrlich war, hatte Jens absolut keine Lust seine Gefühle wieder verbergen zu müssen. Auf Sabines überraschten Blick hin, zwinkerte er ihr nur auf seine unverwechselbare Weise zu. Doch vor dem Eingang stockten die beiden dennoch. Das silberne Auto mit dem Bundeswehr-Abzeichen auf den Türen konnte nur eines bedeuten – Besuch von Oberst Kommodore Ralf Brandt!

„Ich rede mit ihm“, meinte Jens entschieden, „trotz allem sind wir immer noch Freunde.“

Sabine wollte ihn aufhalten, aber Jens marschierte bereits ins Gebäude. Von Homann erfuhr er, dass er ihn bereits erwartete – in Jens´ Zimmer.

„Willst du die dienstliche Anrede oder können wir uns normal miteinander unterhalten?“, wollte der Major wissen, als er den Raum betrat.

Ein undefinierbaren Ausdruck lag auf Ralfs Gesicht. „Das kommt darauf an, worüber wir reden.“

Jens nahm Haltung an. „Herr Oberst, hiermit beantrage ich, Major Blank, meine Versetzung. Indem ich eine Beziehung mit einem Mitglied der Besatzung des SAR 71 begonnen habe, widersetze ich mich Ihrem ausdrücklichen Befehl und bin bereit alle Konsequenzen auf mich zu nehmen.“

„Sie hat also nicht mit dir darüber gesprochen“, gab der Kommodore kopfschüttelnd zurück, „ich bin eigentlich aus Hohn gekommen, um mit Oberstarzt Kettwig über Sabines Antrag zu sprechen.“

Dem Pilot klappte der Mund auf. Genau in dieser Sekunde begann der Alarm, den Jens innerlich verfluchte.

„Antrag, Sabine, Kettwig – keine Ahnung, was du meinst, aber warte damit!“, stotterte er etwas verwirrend zusammen und rannte bereits nach draußen.
 

Auf dem Rückflug war es überraschend still in Anneliese. Während Johnny und Jan zwar beinahe platzten, wollten sie den Spaß diesmal nicht zu weit treiben und ihre Freunde bedrängen. Sabine fragte sich natürlich, was Ralf und Jens in der kurzen Zeit hatten besprechen können ... und Jens zermürbte sich den Kopf darüber, wie die Informationen von Ralf zusammenpassten. Im Ladeanflug bemerkte die Besatzung bereits, dass Defke und Homann schon auf sie warteten.

„Der Kommodore will Sie unverzüglich sprechen“, kommandierte der Oberstleutnant in seinem gewohnt arroganten Tonfall.

Homann zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Er ist im Büro des Oberstarztes. Mit Kettwig.“

„Verdammt, Ralf!“, fluchte Jens, wofür er einen empörten Blick von Defke kassierte.

Der Rangordnung folgend betraten Sabine, Jens, Jan, Johnny das Rettungszentrum, gefolgt von Defke. Der Oberleutnahm bezog am Rande Stellung, während sich das Team in Reih´ und Glied stellte.

„Nun, Herr Oberst, um was geht es bei dieser Zusammenkunft?“, wollte Kettwig höflich wissen.

Ralf räusperte sich leicht. „Es gibt ein Problem, für dessen Lösung ich Ihre Mitarbeit benötige ... Zwei Mitglieder der Besatzung des SAR 71 haben mir einen Versetzungsantrag nahe gelegt.“

Sabine schielte erschrocken zu Jens. Johnny und Jan fielen erst recht aus allen Wolken und hätten beinahe ihre Haltung fallen gelassen.

„Die Erfolgsquote dieses Teams und die Zahl an ausgeführten Aufträgen hat einen Höhepunkt erreicht, weshalb es mir ein regelrechter Dorn im Auge wäre, eine Veränderung vornehmen zu müssen“, erklärte der Oberst sachlich, „Oberstabsarzt Petersen, Major Blank, vortreten.“

Sie taten wie geheißen, während sich die Augen der anderen Anwesenden – Defke ausgenommen – weiteten.

„Frau Oberstabsarzt, Herr Major, ich muss Ihnen mitteilen, dass Ihre Anträge offiziell abgelehnt sind“, verkündete Ralf rigoros. „Sie leisten hervorragende Arbeit und ich wäre verrückt, Sie von Ihren Posten abzuziehen – ich verlasse mich darauf, dass dies so bleibt und persönliche Gründe Sie nicht behindern werden. Dies ist die erste und einzige Verwarnung, die Sie von mir hören werden. Und jetzt alle Mann wegtreten. Ich habe noch ein paar Dinge mit dem Oberstarzt zu klären ... Das gilt übrigens auch für Sie, Oberleutnant – kümmern Sie sich um die Reinigung des Wagens.“

Das Team folgte dem Befehl. Während sich Jan und Johnny in den Aufenthaltsraum begaben, nahm Jens Sabine mit in sein Zimmer. Er war ganz blass geworden.

„Du wolltest ernsthaft aufhören Notärztin zu sein?“, fragte der Pilot ungläubig.

Sabine wurde leicht rot. „An unserem letzten Tag auf Sylt habe ich Ralf gebeten mit Kettwig über eine neue Anstellung im Bundeswehr-Krankenhaus zu sprechen. Weil ich seine Vorgabe mit mehr erfüllen kann. Ich ... ich dachte, wenn du die dienstlichen Konsequenzen nicht mehr fürchten musst, würdest du ... zu deinen Gefühlen stehen.“

„Deshalb warst du sauer“, schlussfolgerte er, mehr zu sich selbst.

Sie nickte kaum merklich. Als er zu ihr ins Arztzimmer gekommen war, hatte sie mit der erlösenden Liebeserklärung gerechnet, stattdessen hatte er wieder nur um den heißen Brei herum erzählt.

Innerlich schallte er sich einen absoluten Narren. Er konnte nicht begreifen, wie er bislang auch nur eine Sekunde hatte zögern können ... Er beugte sich zu ihr herunter und küsste sie, viel leidenschaftlicher als bisher. Und wieder ging der RTH-Alarm los, der sie zum Dienst rief – lachend rannten sie hinaus. Ralf hatte ihnen eine einmalige Chance gegeben, weil er ihnen vertraute, weil sie Freunde waren; sie durften ihn nicht enttäuschen!
 

Und das taten sie auch nicht – keine einzige Klage wurde dem Oberst zugetragen; wenn möglich arbeitete das Team sogar noch besser zusammen. Die Zeit flog im wahrsten Sinne des Wortes an ihnen vorbei und im Nu war bereits ein ganzes Jahr vergangen, seit jenem fast schicksalhaften Abend ... Jens hatte sich – nach Johnny – inzwischen ebenfalls endgültig von seinem Quartier im RZ verabschiedet und war bei Sabine eingezogen.

Mit hauchzarten Küssen über ihren Nacken, weckte der Major seine Traumfrau gerade. Genüsslich drehte sie sich auf den Rücken und seine Lippen wanderten zu ihrem Mund. „Guten Morgen, schöne Frau. Bereit für unseren kleinen Ausflug?“ Erst gestern Abend hatte Jens ihr diese Überraschung eröffnet.

„Und du willst mir immer noch nicht sagen, wohin wir fahren, richtig?“, meinte sie süffisant.

Er schüttelte den Kopf und zog ihr mit einem Ruck die Bettdecke weg. Lachend gab sie sich geschlagen. Hand in Hand schlenderten sie in die Küche, wo sie bereits das Frühstück erwartete.
 

Während der Autofahrt löcherte Sabine Jens mit unzähligen Fragen – einfach nur, weil es ihr Spaß machte, ihn zu ärgern. „Gib´ mir wenigstens einen Tipp.“

„Also gut“, gab er schließlich auf, „es ist etwas, was wir gerne zusammen machen.“

Ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Soweit ich mich erinnere, hat ein gewisser Herr Major mal gesagt, er mache alles gerne mit mir ...“

„Eins zu null für Sie, Frau Oberstabsarzt“, gestand Jens ein, „die Aktivität an sich machen wir sehr oft – aber diesmal auf eine andere Weise.“

In diesem Moment tauchte ein Schild am Wegesrand auf, welches auf einen Segelflugplatz hinwies und Sabines Augen weiteten sich vor Freude. „Er ist wirklich fertig?“

Nun lächelte der Vollblut-Pilot. „Vorgestern kam der Anruf.“

Dieser Ort war für Jens und Sabine etwas ganz Besonderes – dort hatten sie ihr erstes, offizielles Date gehabt ... Leider war der Platz, den ein Bekannter von Jens betrieb, nur wenige Tage später für Sanierungsarbeiten geschlossen wurden.

Nachdem sie das Auto geparkt hatten, begrüßte Jens seinen Kumpel mit einem kräftigen Handschlag und bedankte sich nochmal für Info. Keine halbe Stunde später waren sie bereits ausgeklinkt in der Luft – es wäre lächerlich gewesen, wenn er Jens eine Einweisung für´s Fliegen hätte geben wollen. Auch wenn das Cockpit kein Vergleich zu seiner geliebten Bell UH 1D war ...

Aber das Segelfliegen hatte auch seine Vorteile. „Das ist schon was anderes, als mit Anneliese.“

„Ja. Unbeschwerter ... sorglos“, bestätigte Sabine lächelnd und ließ sich von dem Gefühl der Schwerelosigkeit tragen, „danke, Jens ...“

„Alles für die Frau, die ich liebe ...“, antwortete er ehrlich.

In der Luft fühlte er sich unglaublich wohl – schon als kleiner Junge hatte er vom Fliegen geträumt und wollte Pilot werden. Einfach allem davonfliegen zu können ... Und jetzt hob er jeden Tag auf´s Neue mit seinen drei besten Freunden ab.

„Was wollte Ralf gestern eigentlich von dir?“, fragte Sabine in die Stille hinein.

Jens schluckte ertappt. Der Kommodore war gestern zu einer Routineinspektion erschienen, was der Pilot genutzt hatte, um ihn über ein Vorhaben bezüglich Sabine aufzuklären. „Nur ein bisschen Männerkram“, redete er sich raus und wechselte das Thema, „die Höhe nimmt ab; ich muss runter.“

Sabine grummelte etwas, doch Jens tröstete sie. „Der Tag ist ja noch nicht vorbei ...“

Mit einer sanften Landung setzten sie auf und Jens half seiner Liebsten beim Aussteigen, wofür sie ihn mit einem langen Kuss belohnte. Anschließend führte er sie um das riesige Gebäude herum zu einer unbenutzten Wiese ... und holte hinter einem der Büsche einen Picknickkorb samt Decke hervor. Sabine war gerührt. Ihr Freund dachte wirklich an alles und ließ keinen ihrer Wünsche offen. Wie hatte er das gleich noch genannt? »Einen Menschen zu haben, dem er geben wollte und nehmen konnte.« Keine Beziehung, die auf Kompromissen oder Einschränkungen basierte ... gegenseitiges Unterstützen, denselben Traum leben.

„Sabine, was ist los?“, wollte Jens besorgt wissen und wischte ihr die Tränen von der Wange, die ihr gar nicht aufgefallen waren.

Sie presste sich fest an seine Brust und er schloss die Arme um sie. „Ich bin nur so glücklich ...“

Ihm fiel kein passenderer Zeitpunkt ein, als genau jetzt – Jens löste die Umarmung leicht, um in seine Jackentasche zu greifen. Er klappte eine kleine, schwarze Schatulle auf und hielt sie Sabine entgegen. Darin lag ein weißes Stück Stoff, das mit den Initialen »J+S« sowie dem Bienensymbol des Lufttransportgeschwaders 63 bestickt war – ein echtes Zeichen ihrer Verbundenheit ...

„Ich dachte, das kannst du auch bei unseren Einsätzen gut bei dir tragen ...“, sagte Jens mit trockenem Mund – in seiner Vorstellung war er nicht annähernd so nervös gewesen. Aber allein in ihre Augen zu schauen, raubte ihm den Atem. „Sabine ... willst du meine Frau werden?“

Neue Tränen suchten ihren Weg. Zitternd nahm sie das Taschentuch heraus und presste es gegen ihre Brust ... genau dort, wo ihr Herz schlug. Wo ihr Herz für ihn schlug ... Diesen zu anfangs so mürrisch arroganten Macho-Piloten mit der rauen Schale, der sich erst ihr gegenüber geöffnet hatte ... Stück für Stück waren sie sich nähergekommen, hatten gelernt einander blind zu vertrauen und sich verliebt, ohne es recht zu merken. Doch nichts hatte ihre Liebe letztendlich unterdrücken können – keine anderen Partner, keine Dienstvorschriften.

„Sabine?“, sprach Jens sie ungewohnt zögerlich an.

Die schöne Notärztin konnte nicht sagen, wie lange sie sich so an ihm festgehalten hatte – während er immer noch auf ihre Antwort wartete. Innerlich schlug sie sich mit der Hand gegen die Stirn; so souverän sie auch bei dem Einsätzen agierte, bei ihm schaltete sich ihre starke Seite ab. Ihre Augen suchten wieder seinen Blick. Seine Liebe sprach aus ihnen, aber auch Zweifel. Mit ihren Händen umfasste sie sein Gesicht und küsste ihn – liebevoll, zärtlich, leidenschaftlich, alles auf einmal.

„Ja“, antwortete Sabine nach einer gefühlten Ewigkeit, „natürlich will ich!“

Der völlig überforderte Jens musste erst einmal ein paar mal blinzeln, bis er wieder vollkommen bei klarem Verstand war, was Sabine schmunzeln ließ. Überglücklich zog der Major sie zu einem weiteren Kuss wieder zu sich heran.
 

Ohne Mut bleibt man ewig auf derselben Stelle stehen, dreht sich im Kreis, kann nicht voranschreiten. Wer nicht bereit ist, etwas für die Erfüllung seiner Wünsche zu opfern, dem ist anderes einfach wichtiger ... ob ihm das bewusst ist oder nicht. Denn Glück ist keine Glückssache ... Glück bedarf Risiken, Überwindung und Kampfgeist!


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das war´s auch schon wieder von meiner kleinen Spinnerei in der Welt der Rettungsflieger - ich bin und bleibe eben eine hoffnungslose Romantikerin! Komplett anzeigen

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