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Tintenfischbällchen

von

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Tintenfischbällchen

Seine Nasenspitze war grün, da war sich Kouha sicher. Und mit jeder Minute die verging, wurde sie grüner. Er hatte es nicht sofort gemerkt als er in das Zimmer geplatzt war. Es hatte sich viel mehr leise angeschlichen und ihn von hinten überfallen, wie es meist nur die gemeinsten und hinterhältigsten Gerüche wagten.

Sein Bruder dagegen schien es gar nicht wahrzunehmen. Vielleicht kam es auch von ihm. Vielleicht hatte er in seiner zweiwöchigen Abwesenheit angefangen zu schim-

 

„Verstehst du?“

 

Kouha blickte auf und schenkte seinem Bruder ein gequältes Nicken. Er hatte keine Ahnung wovon er gerade sprach. Trotzdem war es nicht klug das zuzugeben. Er hatte ihn geweckt um ihn nach den Rechnungen zu fragen. Jetzt nicht zuzuhören, würde ihm die Höchststrafe einbringen.

Vorsichtig schielte er in Richtung Fächer.

Nein, der roch auch nicht wie ein faules Ei. Er sah nur ein ganz klein wenig gerupfter aus als sonst. Kouha schluckte und fühlte sich prompt noch schlechter.

Er hasste diesen Fächer, selbst wenn er nicht der Grund für sein momentanes Unwohlsein war. Er lehnte sich zurück, nur um im nächsten Moment wieder nach vorne zu rutschen. In dieser Richtung wurde es schlimmer. Definitiv, viel viel schlimmer!

 

Vielleicht kam der Geruch aus Koumeis Bett?

Unauffällig schielte er zu dem Berg aus Decken. Waren sie letzte Woche gewechselt worden, wie von Bruder Kouen befohlen? Koumei musste er nicht fragen, dem war das egal. Hauptsache er hatte einen weichen Platz zum schlafen. Kouha hielt den Atem an und rutschte erneut nach hinten. Irgendwo musste die Quelle des Gestanks doch sein.

 

Im Regal, bei Koumeis Schriftrollen?

Eher nicht.

 

In seiner Kleidertruhe?

Vielleicht, aber der Deckel war geschlossen und der Geruch konnte sich unmöglich durch das dicke Holz gefressen haben.

 

Er blickte zum rettenden Fenster.

Wenn er es öffnen konn -

 

„Nein.“

Kouha rutschte erneut auf seinem Platz herum. „Wie?“

„Ich sagte nein.“

Kouha legte den Kopf schief.

„Mei-nii-chan?“, flötete er, doch es klang widerlich erstickt.

„Du wirst es nicht aufmachen“, präzisierte sein Bruder streng. „Immer wenn ihr in mein Zimmer stapft, macht einer von euch das Fenster auf und dann wird es kalt hier drin.“

Kouha schüttelte den Kopf.

„Es würde nicht kalt werden, würdest du es einfach wieder schließen, wenn wir gehen“, platzte er heraus. Sein Lohn war ein finsterer Blick aus müden Augen und das Wissen, dass er den Versuch, dieses Fenster zu öffnen, teuer bezahlen würde.

 

Toll, dann eben keine Rettung durch Frischluft.

Er atmete ein und bereute es noch im gleichen Moment. Von dem Gestank wurde ihm noch richtig schlecht.

„Mei-nii-chan“, wimmerte er, doch die Miene seines Bruders blieb hart. Offensichtlich war er bereit ihn für ein bisschen Wärme zu opfern.

 

„Mei-niiiiiiiiiiiiiii-chan“, klagte er noch einmal, „Mir ist übel! Es stinkt hier drin!“

 

Sein Bruder blickte ihn lange an. „Ich weiß“, eröffnete er schließlich und Kouha musste sich bemühen, ihn nicht mit letzter Kraft zu schütteln.

„Wenn du weißt, dass es hier stinkt, dann mach was dagegen!“, fauchte er ihn stattdessen an.

Doch anstatt etwas zu tun, blinzelte sein Bruder einfach nur. „Was?“, fragte er tonlos.

Kouha schnappte nach Luft.

 

Ein großer Fehler.

 

„Mir ist schlecht!“, jammerte er erstickt und das erste Mal an diesem Tag hatte er das Gefühl, dass sein Bruder ihn richtig wahrnahm. Er musterte ihn und machte sich sogar die Mühe die Hand auf seine Stirn zu legen.

„Fieber hast du nicht“, murmelte er nach einer Weile.

Kouha stöhnte. Das hatte er auch schon vorher gewusst. „Es ist der Gestaaank!“, klagte er weiter. Ernsthaft, das sollte doch wohl offensichtlich sein. Er setzte seine leidendste Miene auf, doch sein Bruder konterte sie mit reiner Ratlosigkeit.

Konnte es sein, dass -

„Es geht mir nicht gut“, wimmerte er erneut, „Du musst dich um mich kümmern!“

Ratlosigkeit wurde vor seinen Augen zu Entsetzen.

„Können wir nicht doch das Fenster aufmachen?“, versuchte sein Bruder zu retten was noch zu retten war. Doch für Kompromisse war es jetzt zu spät. Er hatte nicht umsonst zu jammern begonnen.

„Neiiiiin!“, klagte er also, „Du musst die Quelle wegfächern. Jeeeetzt!“

Sein Bruder legte den Kopf schief. Er dachte nach. Kouha nutzte die Chance für ein herzzerreißendes Schniefen. Koumei sollte bloß nicht glauben, dass er da jetzt noch rauskam. Eher würde er wirklich noch anfangen zu heulen. Immerhin, der Geruch trieb ihm die Tränen fast wie von selbst ins Gesicht.

 

„Otouto-chan?“

 

Kouha machte große Augen. Es kam selten vor, dass sein großer Bruder diese Anrede für ihn wählte. Er schniefte probeweise erneut.

 

„Woher weiß ich denn was hier stinkt?“

 

Sein Bedürfnis Koumei zu schütteln wuchs noch einmal, aber das hätte seine schöne Show zerstört und damit auch seine einzige Hoffnung auf schnelle Besserung.

„Hier muss irgendwo etwas Verdorbenes sein“, erklärte er ihm, „Essen, oder so.“

Erneut schien es in Koumeis Kopf zu arbeiten.

„Essen“, wiederholte er schließlich, „Ja, ich habe da noch ein paar Tintenfischbällchen. Willst du?“

 

Eine Schale wurde in seine Richtung geschoben und Kouha spürte, wie er noch grüner wurde.

„Mach sie weg“, krächzte er. Er musste nicht in die Schale schauen um das Offensichtliche zu sehen.

„Bitte, bitte mach sie weg.“

Ein Fächer bewegte sich durch die Luft. Einen Moment lang wurde der Gestank noch schlimmer, dann ließ er endlich nach.

 

Kouha atmete auf.

„Ein Glück“, seufzte er erleichtert.

 

Neben ihm ließ sein Bruder seinen Fächer sinken.

„Du hattest recht“, stimmte er ihm gähnend zu, „langsam wurde es hier drin doch ein bisschen unangenehm.“

 
 

🍡🍡🍡

 

Ein paar Räume weiter blickte Ren Kouen von seiner Schriftrolle auf. Er wusste, Krieg war eine schmutzige Angelegenheit, aber so schmutzig, dass sie gleich zu stinken begann?

Misstrauisch ließ er den Blick durch sein Arbeitszimmer gleiten.

Irgendwie kam ihm dieser beißende Gestank bekannt vor. Es roch streng, unangenehm und ziemlich ranzig.

Schließlich erhob er sich, um seiner Nase folgend durch das Zimmer zu marschieren.

Schriftrollen pflegten nicht ranzig zu werden, die fingen höchstens an zu bröckeln. Und trotzdem war es ihm als würde dieser furchtbare Gestank direkt aus seinem Regal kommen.

Neugierig schob er eine besonders dicke Rolle zur Seite, nur um hinter ihr eine ihm unbekannte Schale zu entdecken. Ein mutiger Griff nach dem teuren Porzellan, ein kurzer Blick ohne dabei einzuatmen.

Waren das etwa Tintenfischbällchen?

Reste vom letzten Qixi?

Das war doch bestimmt schon mindestens drei Woch – Kouen stöhnte als der Geruch sich unbarmherzig in seine Nase fraß und damit alle sein Fragen auf einmal beantwortete.

Jemand würde für diesen Anschlag leiden und dieser Jemand war:

 

„KOUMEI!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2016-07-07T13:01:31+00:00 07.07.2016 15:01
Noooooin! Doch nicht in die Bibliothek damit! ;___;
Wenn ich sie in die Finger kriegen würde...
 
Die drei sind lustig.
Antwort von:  _Delacroix_
07.07.2016 15:22
Ich habe ewig überlegt, ob zu Kouen und seinen Rollen, oder lieber in Sinbads Schlafzimmer, aber ich fürchte letzteres wäre nicht gut ausgegangen.^^
Von:  karlach
2016-07-07T07:39:04+00:00 07.07.2016 09:39
"Er wusste, Krieg war eine schmutzige Angelegenheit, aber so schmutzig, dass sie gleich zu stinken begann?"
Der arme Kouen :,D
Kouhas Geduld mit seinem Bruder finde ich allerdings sehr bewundernswert. Wenn mein Bruder ranzige Takoyaki bei sich bunkern würde, wäre meine Reaktion glaube ich ganz anders. Bewundernswert ist auch, dass Koumei so schmerzlich immun gegen die Sache scheint. Seine Nase haben will ich auch…
Antwort von:  _Delacroix_
07.07.2016 14:19
Immun weiß ich nicht. Potentiell isser auch einfach nur zu faul um angeekelt zu sein.^^


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