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Ein perfektes Geschenk

von

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 Die böse Königin fror.

Sie hatte lange nicht mehr gefroren. Wie sollte ein Herz vollkommen aus Eis denn auch frieren? Nie hatte die einstige Königin geglaubt, jemals wieder zu frieren. Ein Herz aus Eis konnte nicht frieren. Es war schon vollkommen kalt und gefühllos.

Doch dann war etwas geschehen, das ihr Herz begann zu schmelzen. Dann war jemand in ihr Leben getreten, der ganz allmählich, ohne dass sie es anfangs bemerkte, bis es dann irgendwann zu spät war, ihr Herz auftaute. Er brachte das Eis zum Schmelzen. Mit seiner Anwesenheit, seinen Worten, seinem Lächeln. Sein unschuldiges Kinderlächeln. Ihr Adoptivsohn Henry.

Sie hatte ihn adoptiert, weil sie sich leer gefühlt hatte. Ob er damals schon unbewusst begonnen hatte, ihr Herz wieder zum Schlagen zu bringen? Diese Leere hatte sich erst gefüllt, als Mister Gold ihr das kleine Baby in die Arme gedrückt hatte. Sie hatte ihn aufgezogen, hatte ihn getröstet, wenn er weinend vom Spielen zurückgekommen war. War mit ihm zum Arzt gegangen, hatte ihm das Fahrradfahren beigebracht. Dieses kleine Kind hatte ihrem Leben wieder einen Sinn gegeben. Sie liebte ihn wie einen eigenen Sohn.

Und dieses Kind war nun der Grund dafür, dass sie fror. Die böse Königin, die in dieser Welt auf den Namen Regina Mills hörte, schlug ihren Kragen hoch, um sich vor dem Wind zu schützen. Liebend gerne würde sie jetzt ins Warme gehen. Der Gedanke an den warmen Kamin ließ sie aufseufzen, es wäre einfach nur zu verlockend, jetzt mit Henry auf dem Sofa zu sitzen, eingemummelt in eine warme Wolldecke während das Feuer im Kamin prasselte und ihm aus seinem Märchenbuch vorzulesen. Doch Henry würde nicht dabei sein. Sie hatte es sich vor dem Kamin gemütlich gemacht, doch egal wie heiß das Feuer gebrannt hatte, sie konnte nichts gegen die Kälte tun, die sich wie ein Schleier um sie gelegt hatte. So war sie schließlich nach draußen gegangen und war durch die Straßen gewandelt, bis sie schließlich an dem Ort ankam, den sie doch eigentlich zu vermeiden versuchte. Und obwohl Regina genau wusste, wie sehr es schmerzen würde, stand sie nun hier und beobachtete das Geschehen.

Laute Musik drang aus dem kleinen Lokal, in dem sich die Menge gesammelt hatte. Auf dem Tisch stand eine mehrstöckige Geburtstagstorte, die nun angeschnitten und von dem elfjährigen Henry an die Gäste verteilt wurde. Er lachte und redete, strahlte jedes Mal, wenn er ein Geschenk aufmachte. Er wirkte so glücklich.

Und sie war nicht Teil seines Glücks. Er saß nicht auf ihrem Schoß und packte nicht ihr Geschenk aus. Stattdessen war es der seiner richtigen Mutter – Emma Swan. Die Frau, die ihr das genommen hatte, was ihr am wichtigsten war. Regina hasste sie.

Wütend ballte sie ihre Hände zu Fäusten. Henry hatte ihr das Versprechen abgenommen, dass sie sich ändern würde. Sie sollte gut werden. So wie damals als sie noch ein junges Mädchen gewesen war. Sie sollte Magie nicht mehr einsetzen, um damit böse Dinge zu tun. Und sie hatte es Henry versprochen, denn nur so konnte sie ihn sehen. Wenige Stunden mit ihm verbringen. Doch das war Vergangenheit.

Denn der Mord an Archibald Hopper hatte dafür gesorgt, dass alles zusammengebrochen war. Sie wurde beschuldigt, Henrys Psychiater ermordet zu haben. Einen Mord, den sie nicht begangen hatte. Doch niemand glaubte ihr. Selbst Henry hatte sich von ihr abgewendet. Und nun hatte sie wirklich alles verloren.

„Wirklich eine schöne Feier, oder?“

Regina zuckte kaum merklich zusammen. Selbst in dieser Welt besaß Rumpelstilzchen alias Mister Gold ein unheimliches Talent dafür, einfach aus dem Nichts aufzutauchen. „Warum gehen Sie nicht rein und feiern mit?“

„Sehr witzig“, entgegnete sie barsch. „Und was machen Sie bitte hier?“

„Ich bin mit Belle hier“, entgegnete er und stützte sich dabei auf seinem Gehstock ab. „Nun, wollen Sie nicht mitkommen? Der kleine Henry würde sich bestimmt sehr darüber freuen.“

Wie gerne würde sie ihm jetzt sein Herz herausreißen. Doch dafür war ihre Magie nicht stark genug. Und außerdem war es nicht ratsam, als Angeklagte eines Mordes ein weiteres Opfer zu verursachen. So ertrug sie seine hämischen Sprüche einfach. Irgendwann würde sie es ihm schon heimzahlen.

„Nun, was haben Sie denn überhaupt für ein Geschenk mitgebracht?“, fragte er mit einem

scheinbar freundlichen Lächeln.

„Wollen Sie mich etwa zur Weißglut bringen?“, fragte die wütende Frau mit erhobener Stimme. „Treiben Sie es besser nicht zu weit. Sie wissen, zu was ich fähig bin.“

„Oh, meine Teuerste, habe ich Sie verärgert?“ Er verbeugte sich halb und deutete so eine Entschuldigung an – doch beide wussten, dass er sie nur verspottete. „Dabei war das doch nur

eine ganz normale Frage.“

„Wenn Sie nicht gewesen wären, würde Henry mir noch glauben“, erwiderte Regina. „Sie mussten diese Miss Swan ja unbedingt auf die Idee bringen, die Erinnerungen von diesem dämlichen Köter abzufragen. Ohne Sie wäre das alles nicht passiert.“

„Ohne mich würden Sie jetzt dort drinsitzen. Sie würden ihrem Henry ein Geschenk geben, er freut sich und bedankt sich. Und was machen Sie für den Rest des Abends? Sie sitzen alleine in einer Ecke. Sie sind die böse Königin, Regina. Jeder dort drinnen hasst sie. Ob nun eine Person mehr oder weniger, wo ist da der Unterschied? Früher hatte es Ihnen doch auch nichts ausgemacht.“

Ja, früher… Früher liebte sie es, in ihre hasserfüllten und angstvollen Gesichter zu blicken. Dieser Hass gab ihr Macht, diese Angst nährte sie. Es füllte die Leere in ihr. Bis Henry in ihr Leben getreten war.

Jedenfalls wollte sie nicht, dass Henry sie hasste. Alle anderen waren ihr im Grunde egal. Nur

Henry nicht. Und doch hasste er sie nun auch.

„Ich wünsche viel Spaß“, meinte Regina und setzte ihr freundlichstes Lächeln auf und ging an ihm vorbei. „Gute Nacht, Mister Gold.“

Aus dem Augenwinkel sah sie noch, wie Mister Gold seine Hand schwang und kurz darauf drangen die Stimmen aus dem Inneren an ihr Ohr.

„Hier, das ist mein Geschenk!“ Emma.

Regina wirbelte herum und starrte durch das Fenster. Dort saß ihr Henry gerade auf dem Schoß seiner Mutter und packte aufgeregt sein Geschenk aus.

„Du hattest mir ja erzählt, was du dir am liebsten wünschst. Nur leider kann ich dir diesen Wunsch erfüllen. Aber ich dachte, das dies hier auch perfekt sein würde.“

In seinen Händen hielt er eine kleine Schneekugel. Strahlende Kinderaugen blickten seine Mutter nun an.

„Gefällt es dir nicht?“, fragte sie nervös.

Wieso machte Gold das? Hatte er nicht schon genug in ihrer Wunde herumgestochert? So sehr die böse Königin auch versuchte, sich abzuwenden, sie konnte es nicht.

„Doch, sie ist wundervoll.“

Henry hob die Schneekugel hoch, die Emma ihm geschenkt hatte. „Seht mal, es schneit doch noch in Storybrooke.“

Mit einem Mal war der Zauber vorbei. Schwer atmend lehnte sich Regina gegen die Hauswand und warf einen fragenden Blick zu Mister Gold.

„Warum?“, keuchte sie. „Warum?“

„Nun, weil Sie doch noch gar kein Geschenk haben“, erklärte er ihr und zupfte ein graues Haar von seinem Anzugsärmel. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.“

Er trat an ihr vorbei durch die Tür. Regina eilte davon – sie wollte nicht gesehen werden. Hinter der Straßenecke blieb sie stehen.

Henry wünschte sich Schnee. Das hatte Rumpelstilzchen ihr also sagen wollen. Sie wurde nicht schlau aus diesem Mann. Doch dieses Problem war jetzt nicht das ihre. Sie wusste nun, was sie Henry schenken sollte. Selbst wenn sie es ihm nicht persönlich geben könnte, so war ihr das doch egal. Er würde wissen, von wem dieses Geschenk kam.

Da gab es nur ein kleines Problem. Reginas Magie war nicht stark genug, um das Wetter zu verändern. Diesen Regen in Schnee umzuwandeln, war beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Sie kannte nur einen Menschen aus dem Märchenreich, der das Wetter kontrollieren konnte. Und dies war die alte Magierin, die hoch im Norden gelebt hatte. Frau Holle. Als der Fluch damals ausgebrochen war, hatte es Frau Holle nicht getroffen. Dies konnte nur bedeuten, dass sie sich entweder davor geschützt hatte, oder dass sie gestorben war.

Egal, was passiert war, sie konnte ihr nicht helfen.

Regina glättete ihren schwarzen Mantel und blickte gen Himmel. Dicke Regentropfen fielen auf ihr Gesicht und durchnässten in wenigen Minuten ihr Haar. Sie würde sich eine Erkältung einfangen, wenn sie nicht sofort ins Haus ging. Aber eigentlich war das auch egal. Bis sie Zuhause ankam, wäre sie sowieso vollkommen durchnässt. Da konnte sie auch einfach so im Regen stehen bleiben.

Dieser verfluchte Mister Gold! Wieso hatte er ihr nicht auch noch gesagt, wie sie Schnee herbeizaubern konnte? Höchstwahrscheinlich wusste er selbst nicht wie dieser Zauber zu bewerkstelligen war. Hatte er diese Idee nur in ihr entfacht, damit er zusehen konnte, wie sie auch daran verzweifelte?

„Es ist doch ziemlich kalt hier draußen“, erklang auf einmal eine sanfte Stimme an ihr Ohr und ein kühler Wind umwehte ihr Gesicht. „Sollten Sie nicht reingehen?“

Vor ihr stand eine junge Frau etwa in Mary Margarets Alters. Sie trug einen langen, weißen Pelzmantel und auf ihrem Kopf eine Pelzmütze in der gleichen Farbe. Wie ein krasser Kontrast wirkte dazu ihr pechschwarzes Haar, das ihr blasses Gesicht umrahmte. Tiefblaue Augen blickten ihr entgegen, während die Fremde ihre Lippen schürzte.

„Wer sind Sie?“, fragte Regina irritiert. „Ich habe Sie hier noch nicht gesehen.“

„Das liegt daran, dass ich nicht gesehen werden wollte“, erklärte die junge Frau ihr. „Ich vermeide große Menschenmengen.“

„Sind Sie von außerhalb?“, fragte Regina. „Eigentlich dachte ich, ich würde jeden von Storybrooke kennen.“

„Wie gesagt, ich zeige mich nicht jedem“, gab sie zur Antwort und zog sich ihren Lederhandschuh von ihrer Hand. „Aber nein, ich bin nicht von außerhalb.“

„Dann sagen Sie mir, wer Sie sind“, verlangte Regina und machte sich bereit, diese Fremde anzugreifen. Seit sie aufgetaucht war, war es noch kälter geworden.

„Eine Freundin“, erklärte sie seelenruhig. „Sagen wir einfach, ich bin eine Freundin. Eine Freundin, die Ihnen helfen wird, eure Hoheit.“

Regina trat einen Schritt zurück. Bei jedem ihrer Atemzüge kam eine kleine Wolke ihres eigenen Atems aus ihrem Mund heraus. Doch bei ihrem Gegenüber war nichts davon zu sehen.

„Ich habe keine Freunde“, meinte Regina und trat auf sie zu. „Also, Sie sollten jetzt besser

sagen, wer Sie sind, wenn Ihnen Ihr Leben teuer ist.“

Die Andere lächelte.

„Ich sagte doch, ich bin eine Freundin. Ich werde Ihnen jetzt helfen und dafür werden Sie in

meiner Schuld stehen. Das ist doch ein faires Angebot?“

„Warum sollte ich Ihnen vertrauen? Sie tauchen hier einfach auf, ohne eine Erklärung, wer Sie sind. Anscheinend wissen Sie sehr wohl, wer ich bin. Wenn wir also ein Geschäft machen wollen, sollten Sie mir gefälligst sagen, wer Sie sind. Das wäre nur fair, finden Sie nicht?“

Regina hatte vieles von Rumpelstilzchen gelernt. Sie würde sich nicht einfach so auf diesen

Handel einlassen.

„Sie sind doch die böse Königin, oder habe ich mich vertan?“, fragte die junge Frau nach. „Ist es Ihnen denn nicht egal, was ich von Ihnen verlangen werde? Sie sind doch … böse?“

Das letzte Wort ließ sie mit einem zuckersüßen Lächeln auf der Zunge zergehen. „Glauben Sie mir, Sie werden schon früh genug wissen, wer ich bin.“

„Wie können Sie mir denn helfen?“, fragte Regina nach. „Sie sehen nicht gerade aus wie eine

starke Magierin.“

„Ich habe da meine kleinen Tricks. Wenn sie nicht gebraucht werden, sollte man mit seinen Fähigkeiten nicht prahlen, sondern eher auf den passenden Moment warten. Dieser Moment ist jetzt da. Jedenfalls für Sie, Regina. Es liegt doch auf der Hand, dass Sie den anderen nichts von meiner Anwesenheit erzählen.“

Die anderen würden ihr sowieso nicht zuhören. Von daher war es egal, trotzdem nickte Regina.

„Also, soll ich es schneien lassen?“, fragte die Frau und fuhr sich mit der nackten Hand durch

ihr Haar.

Regina glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als die Strähnen, die ihre Finger berührt hatten,

von dünnen Eiskristallen bedeckt wurde.

„Der Zauber wird nicht lange andauern, doch wenigstens für ein paar Stunden sollte er halten.“

Regina nickte entschlossen. Ihr war jeder Preis recht, um Henry ein Geschenk zu machen. Das

perfekte Geschenk für ihn.

Die fremde Frau – von der Regina nun allmählich glaubte zu wissen, wer sie war – hob ihren Arm und wirbelte mit ihrer Hand herum. Kleine Lichtkugeln erschienen aus ihren Fingerspitzen, die um sie herumtanzten. Kalter Wind kam aus dem Nichts und Regina trat fröstelnd einen Schritt zurück, während sie der Zauberin zusah. Die Lichtkugeln verformten sich langsam zu Eiskristallen. Jeder leuchtende Eiskristall flog nun tanzend in den wolkenbehangenen Himmel. Immer mehr Lichter tauchten auf, kamen sie vorher noch nur aus ihrer Hand, so entstanden diese Eiskristalle nun aus jeder Faser ihres Körpers. Die Frau im Pelzmantel war von den Lichtern umgeben, die sie alle in den Himmel schickte. Regina konnte nicht leugnen, dass es wunderschön aussah.

„Seht mal, es schneit!“

Sie wirbelte herum, als diese Stimme an ihr Ohr drang. Tatsächlich, Schneeflocken tanzten nun durch die Gegend. Dort vorne bei Granny’s Diner war Henry auf die Straße getreten, der nun lachend im Schnee herumtanzte.

„Es schneit, kommt her, Leute, es schneit“, rief er zu seinen Großeltern, die nun auch nach

draußen traten. Ihnen folgten all die anderen Geburtstagsgäste.

„Ich danke Ihnen“, flüsterte Regina und drehte sich wieder um, doch die Fremde war bereits verschwunden. Sie blickte sich noch einmal um, doch dann entschied sie sich, wieder Henry zu beobachten.

„Alles Gute zum Geburtstag“, flüsterte sie ihm zu, wissend, dass er sie nicht hören konnte. Trotzdem blieb Henry kurz stehen, der gerade damit beschäftigt war, einen Schneeball zu formen. Er sah sich kurz um, so als hätte er etwas gehört. Doch als Emma ihn rief, eilte er zu ihr.

„Das ist doch wunderschön, oder?“, fragte der kleine Junge seine Mutter. „Ein wundervolles Wetter für Weihnachten.“



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