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It´s a wonderful life

von

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Die alte Band

Stiles öffnete mitten in der Nacht die Augen und war sofort hellwach. Zwei Namen hallten in seinem Kopf wieder und er hätte sich ohrfeigen können, dass er nicht früher an sie gedacht hatte. Wo war bloß sein Kopf?

Na ja, eigentlich war das offensichtlich: Immer noch daheim in seiner eigenen Welt. Morgen früh würde er den Anderen erzählen, was ihm eingefallen war, aber zunächst musste er mal versuchen, schnell wieder einzuschlafen, ehe Peter und Scott am Ende einfiel, dass ein Rückspiel fällig sei.

Und erst jetzt wurde Stiles etwas anderes klar: Der alte Grummelwolf, bei dem er im Bett lag, hatte im Schlaf einen Arm um ihn gelegt. Auch das war etwas, was sein Bewusstsein, welches offensichtlich noch nicht ganz in dieser Welt angekommen war, erst jetzt, wo er darüber nachdachte als etwas Besonderes erkannte.

`Und was nun?´, fragte sich Stiles kurz unsicher.

`Einfach genießen!´ sagte er sich schließlich.

Er rückte noch ein kleines bisschen näher an Derek heran, sog den vertrauten, geliebten Geruch ein, doch weiter versuchte er nichts.
 

Am nächsten Morgen rollte sich Stiles vorsichtig unter Dereks Arm hervor und schlich in die Küche, um diesem seinen versprochenen Kaffee zuzubereiten. Mit den beiden dampfenden Bechern in der Hand kroch er wieder ins Bett, wedelte den Kaffeeduft in Dereks Richtung und beobachtete den Schlafenden. Die Nase erwachte offensichtlich als erstes. Derek schnupperte und öffnete dann erst die Augen:

„Kaffee?“ fragte Stiles.

Statt eines Dankeschöns, gab Derek ein Knurren von sich:

„Ich brauche Zucker!“ maulte er.

„Ein gestrichener Löffel. Ist drin!“ erwiderte Stiles:

„Huh? Woher weißt du das?“ Und dann gab Derek sich selbst eine, für ihn plausible Erklärung: „Bestimmt deshalb, weil du meinen Doppelgänger stalkst! Bist du zu IHM eigentlich auch schon ins Bett geklettert?“

„Kaffee trinken und Klappe halten!“ forderte Stiles ärgerlich und nachdem Derek den ersten Schluck genommen hatte, fügte er hinzu: „Wenn ich nicht zu dir ins Bett gekommen wäre, an wen hättest du dich dann letzte Nacht mit sehnsuchtsvoll bebendem Busen festklammern können, Schätzchen?“

„Wovon sprichst du bitte?“ brummte Derek unfreundlich: „Hast du mich im Schlaf etwa befummelt?“

Stiles funkelte ihn böse an, trank seinen Kaffee aus und erwiderte:

„Umgekehrt wird daraus ein Paar Schuhe!“

„Lügner!“ fauchte Derek:

„Das nächste Mal schieße ich ein Beweisfoto!“ gab Stiles nüchtern zurück:

„Es wird kein nächstes Mal geben!“ verkündete Derek entschlossen: „Das hier ist MEIN Bett!“

Stiles knallte seinen Kaffeebecher auf den Nachttisch und verkündete grimmig:

„Das ist mir jetzt zu blöd! Ich gehe unter die Dusche!“
 

Als das warme Wasser über Stiles Körper rann, ließ er seinen Tränen freien Lauf. Er vermisste SEINEN Derek, hatte Heimweh nach seinem Dad, hatte gerade einfach die Schnauze voll von Nimmerland und einigen seiner Bewohner und wollte bloß noch zurück nachhause!
 

Nach dem Duschen betrat Stiles die Küche, wo er Peter traf, welche sich gerade von hinten eng an Scott drängte und diesen über den Küchentresen beugte. Beide kicherten.

Zwar waren sie wenigstens vollständig bekleidet, aber Stiles rief dennoch aus:

„Uagh! Jungs! Was macht ihr denn da? Da essen wir doch! Jetzt habe ich das Gefühl, ich müsste mir meine Augen waschen!“

Peter drehte sich zu Stiles um und erwiderte:

„Was denn? Ich wollte Scott doch nur gerade etwas zeigen.“

„Ja danke, ich habe eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was das ist!“ gab Stiles trocken zurück.

Scott löste sich von Peter, trat auf Stiles zu und schnupperte an ihm:

„Warum bist du traurig, Bro?“ wollte er wissen:

„Es ist nichts!“ behauptete Stiles, doch Scott schüttelte den Kopf:

„Sinnlos, mich anzulügen. Ich habe nicht nur meine Werwolfsinne, die mir verraten, dass etwas nicht stimmt, sondern auch noch den Vorteil, dass ich dich schon mein Leben lang kenne. Also legen wir uns jetzt in mein Bett und warten auf das Rührei mit Schinken, welches Peter uns nun zubereiten wird und du erzählst es mir.

Es gefiel Stiles zu hören, dass Scott Peter ein klein wenig herumkommandierte, denn zum ersten Mal erlebte er ihn auf diese Weise als etwas anderes, als das artige kleine Sexspielzeug des Älteren.
 

Stiles blickte sich kritisch im Liebesnest von Peter und Scott um und inspizierte das Laken genau, dort wo er sich zu setzen gedachte. Scott bemerkte es entweder nicht oder ignorierte es, hockte sich neben ihn und legte einen Arm um seine Schultern:

„Derek?“ Flüsterte er.

Stiles nickte, lehnte sich an seinen besten Freund und griff nach dessen Hand.

Sie mussten nicht viel reden. Das konnten sie auch gar nicht, mit Derek und Peter nebenan. Es war einfach nur schön, zusammen zu sein und es reduzierte das Heimweh schlagartig um dreiundsiebzig Prozent.

Peter kam mit einem Tablett herein, reichte den beiden Jungen je einen dampfenden Teller und wollte sich dann wieder zum Gehen wenden:

„Warum isst du nicht mit uns?“ wollte Stiles wissen.

Der Ältere blickte sich überrascht um:

„Ich dachte, ihr Mädels wolltet tratschen.“ erwiderte er zwinkernd.

Stiles schüttelte den Kopf mit einem halben Grinsen:

„Ein echtes Zeichen von Aufgeklärtheit und emotionaler Reife, andere Kerle herabsetzen zu wollen, indem man sie als „Mädels“ bezeichnet!“ kommentierte er: „Komm schon her! Aber vielleicht schaffst du es ja, die Machosprüche wegzulassen?“

Peter drehte pantomimisch den Schlüssel an dem Vorhängeschloss zu seiner vorlauten Klappe herum, nahm an Scotts anderer Seite Platz, richtete sich in dessen Armbeuge ein und ließ sich den Kopf kraulen.

Der Anblick entlockte Stiles ein Lächeln: Der große böse Peter ließ sich einmal ganz passiv im Arm halten? Vielleicht musste Stiles sein Urteil über ihn wirklich noch einmal überdenken.

In diesem Moment warf Derek einen Blick durch die Tür und fragte:

„Und was wird DAS denn jetzt? Gruppensex?“

„Richtig, Alter!“ Knurrte Stiles: „Aber für dich ist nebenan am Homophobie-Stammtisch gedeckt, also ganz ruhig! Ciao, Bello!“

„Pfft!“ machte Derek und verschwand, nur um wenig später wieder in der Tür aufzutauchen und zu schimpfen:

„Nur weil ich keine Lust habe, von dir im Schlaf missbraucht zu werden, bin ich noch lange kein Schwulenhasser! Immerhin lebe ich mit diesen zwei Figuren unter einem Dach!“ Derek deutete auf Peter und Scott.

Stiles erhob sich ärgerlich, baute sich vor Derek auf und pöbelte zurück:

„Ach halt die Klappe, du Drama-Queen und bilde dir bloß keine Schwachheiten ein! Ich habe dich nicht angerührt. Ich sage dir doch, es war umgekehrt! DU hast dich im Schlaf an MICH heran geschmissen! Und? Beschwere ich mich vielleicht?“

„Ihr habt zusammen in einem Bett geschlafen?“ fragte Scott überrascht und erntete dafür einen genervten Blick von den beiden Kontrahenten:

„Er hat sich einfach zu mir gelegt!“ klagte Derek:

„Oh, komm´ schon, du Baby. Dein Bett ist groß genug für zwei! Und was hat ein großer Junge wie du schon zu befürchten!“ Knurrte Stiles:

„Hey, ihr zwei! Nehmt euch ein Zimmer!“ warf Peter ein.

Stiles warf ein kleines Kissen nach ihm und bellte:

„Nicht hilfreich, Mann! ÜBERHAUPT nicht hilfreich!“

Dann stürmte er aus dem Zimmer, ging nach nebenan und erklomm die Wendeltreppe. Oben angekommen nahm er auf den Stufen Platz, verschränkte die Arme vor der Brust und stierte wütend vor sich hin.
 

Als er sah, dass Derek im Begriff war, ihm zu folgen, schimpfte er:

„Bleib bloß wo du bist, Hale!“

„Weißt du was Stilinski? Du kannst mich mal!“ rief er hinauf und wandte sich wieder ab.

`Na großartig! Jetzt heulte er schon wieder!´ stellte Stiles genervt fest.
 

Er blickte von oben hinab auf Derek, der sich die Reste vom Rührei geholt hatte und diese schmollend verspeiste und konnte sich nicht entscheiden, ob er ihm lieber eine Kopfnuss verpassen, oder ihn flachlegen wollte.

Bis er diese Entscheidung getroffen hatte, begnügte Stiles sich fürs Erste damit, aus seiner Schmollecke zurückzukehren und die Werwölfe um sich zu versammeln, denn es wurde Zeit, den Anderen zu erzählen, was ihm letzte Nacht eingefallen war.
 

„Vernon Boyd und Erica Reyes?“ Fragte Scott ungläubig.

Peter wollte wissen, wer die zwei wären und Scott berichtete ein wenig. Am Ende seiner Ausführungen schüttelte Peter fassungslos den Kopf:

„Der andere Derek hatte sich also DIESE KLEINE LOSERTRUPPE zusammengestellt, um die Alphas zu besiegen?“

„Hör´ auf Peter!“ forderte Stiles: „Sie sind keine Loser! Sie waren damals Freunde. Dann sind sie gestorben.“

„Und du willst, dass ich sie verwandle, obwohl sie schwach sind?“ fragte Peter ungläubig:

„Sie sind nicht schwach! Jeder kann sterben! Reines Überleben zeichnet dich nicht automatisch als stark aus.“ erwiderte Stiles: „Du könntest dich glücklich schätzen, sie zu deinem Rudel zu zählen!“

„Aber wer sagt, dass sie überhaupt verwandelt werden wollen, bloß weil sie es damals gewollt haben?“ fragte Peter wenig überzeugt.

Scott räusperte sich:

„Ich habe Erica vor ein paar Wochen auf der Straße getroffen. Sie sah übel aus! Sie und Boyd sind jetzt verlobt. Er arbeitet mittlerweile fest angestellt als Hausmeister in der Schule, aber sie selbst hat keinen Job, weil ihre Anfälle nun viel häufiger geworden sind. Sie sagte, wenn es so weiter ginge, würden sie ihr kleines Haus verlieren, denn die Arztrechnungen würden ihnen das Genick brechen. Also ich schätze, wenn sie damals schon bereit für die Verwandlung waren, sind sie es jetzt erst recht.“

Peter runzelte die Stirn:

„Ich muss mir das durch den Kopf gehen lassen!“ erklärte er.

Nicht die Antwort, die Stiles hören wollte, darum rief er übermotiviert:

„Na kommt schon Jungs! Wir bringen die Band wieder zusammen!“

Nur Scott besaß den Anstand, ein kleines Lachen von sich zu geben. Die Hales waren offenbar keine Fans der Blues Brothers.

Stiles warf hilflos die Hände in die Luft, verdrehte die Augen und äußerte sich nicht weiter dazu. Stattdessen sagte er:

„Ich habe übrigens vielleicht eine Idee, wie man Deaton befreien kann. Habt ihr wirklich keine Anhaltspunkte, wo die Alphas ihn versteckt halten?“

Die drei Werwölfe schüttelten die Köpfe.

„Dann werden wir sie ausspionieren!“ bestimmte Stiles:

„Wie stellst du dir das vor? Das ist zu gefährlich!“ schimpfte Derek:

„Keine Sorge? Ich habe einen Plan!“ erklärte Stiles selbstbewusst: „Aber ich muss dazu noch etwas wissen. Wir vier spielen jetzt verstecken, in Ordnung? Ihr schließt die Augen und zählt bis zehn und dann müsst ihr mich suchen!“

„Jetzt hat er den Verstand verloren!“ kommentierte Derek:

„Halt den Mund Hale und spiel´ einfach mit, O.K.!“ forderte Stiles müde.

Derek zog genervt die Augenbrauen zusammen, doch Wunder über Wunder; die drei schlossen nun tatsächlich die Augen und zählten.

Stiles grinste in sich hinein. Dann konzentrierte er sich.

Er hockte sich auf das Sofa und beobachtete Scott, Derek und Peter dabei, wie sie erfolglos jeden Winkel des Lofts absuchten.

Der Tarnkappenzauber wirkte also wie gewünscht, stellte er zufrieden fest. Er war offensichtlich nicht nur unsichtbar, sondern auch nicht mehr zu riechen, oder zu hören.

Zeit, sich ein bisschen zu amüsieren!

Er schlich sich an Derek heran und tippte ihm von hinten auf die Schulter. Als dieser herumwirbelte, war Stiles längst schon wieder woanders. Jetzt war Peter an der Reihe: Stiles kniff ihm in die Wange wie Großmutter Stilinski es immer mit ihm gemacht hatte, als er ein kleiner Junge gewesen war und verbarg sich dann hinter dem Küchentresen:

„Was zum Teufel...“ rief Peter aus.

Stiles stieß ein tonloses Lachen aus, war nun hinter Scott getreten und schlang ihm von hinten die Arme um die Brust. Sein Freund erstarrte zunächst vor Schreck, doch dann lachte er:

„O.K. Stiles, hast du jetzt genug Spaß gehabt?“

Stiles materialisierte sich wieder und bestätigte:

„Yupp! Das war witzig! Und jetzt nutzen wir eure feinen Näschen, ihr findet mir diese Alphas und ich mache dann Abrakadabra, folge ihnen unauffällig und wenn ich Glück habe, führen sie mich irgendwann zu Deaton!“

„Und was machen WIR in der Zwischenzeit, während du deinen Hals riskierst!“ knurrte Derek unzufrieden.

Stiles zuckte mit den Schultern:

„Keine Ahnung? Shopping? Maniküre? Kosmetikerin? Letzteres würde ich insbesondere dir empfehlen, denn seit sie dir dein Lächeln amputiert haben, siehst ein bisschen betagt aus, mein Engel!“

„Wieso provozierst du mich eigentlich in einem Fort, du Penner?“ grollte Derek: „Ich mache mir bloß Sorgen um deine Sicherheit!“
 

Gute Frage!
 

Warum provozierte er Derek ständig?
 

Die naheliegende Antwort war wohl, dass er wütend war; wütend darüber, dass der Mann, den er verdammt nochmal so sehr liebte wie niemanden sonst, an dessen Nähe und Zärtlichkeit er sich gewöhnt hatte, hier in dieser Welt einfach nichts von ihm wissen wollte und ihm bestenfalls so etwas wie brüderliche Sorge zuteil werden ließ. War ihre Liebe, die er für so monumental und Welten umspannend hielt, am Ende gar nicht so etwas Besonderes?

Auch wenn das irrational und dämlich war und Derek weder für seine eigenen Gefühle, noch die Gedanken, die Stiles dazu hatte etwas konnte; Stiles nahm es ihm übel; aber so richtig!!!

Aber all´das konnte Stiles Derek nicht sagen, also murmelte er bloß:

„Nichts Persönliches! Du kennst mich und mein großes Mundwerk.“

Derek zog skeptisch eine Augenbraue hoch und Stiles wechselte rasch das Thema:

„Auf geht`s Jungs. Schnitzeljagd!“ rief er.

Sie versuchten es an Orten, wo die Werwölfe den Alphas bereits häufiger begegnet waren, dennoch dauerte es bis kurz nach Mittag, als sie endlich eine frische Fährte fanden. Sie waren nicht weit vom Eichen-Haus Haus entfernt, als sie in einiger Entfernung die Zwillinge erblickten:

„O.K., ihr könnt jetzt verschwinden, bevor sie euch noch entdecken!“ flüsterte Stiles entschlossen. Keiner der drei Männer sah darüber besonders glücklich aus und Derek sagte:

„Ich lasse dich nicht allein! Zu gefährlich!“

„Ich werde unsichtbar sein; schon vergessen? Solange du nicht einen ähnlichen Trick auf Lager hast, solltest du lieber mit den anderen verschwinden.“ Gab Stiles sanft zurück:

„Aber was, wenn du plötzlich die Kontrolle über den Zauber verlierst und sie dich sehen?“ wollte Derek wissen:

„Für diesen Fall habe ich immer noch meine Steckdosenfingerchen und auch noch ein paar andere Tricks im Ärmel.“ versicherte Stiles: „Vertrau mir! Und wenn ich die Lage gecheckt habe, rufe ich dich an und wir statten der lieben Malia einen weiteren Besuch ab. Zum Dinner sind wir dann wieder zuhause und ich mache euch Porterhouse-Steak! Das wird ein Spaziergang! Ehrlich“ behauptete er.

Peter zog Derek hinter sich her, welcher ihm widerwillig folgte und die drei gingen zum Auto, während Stiles für aller Augen unsichtbar, die Verfolgung der Zwillinge aufnahm.
 

Stiles wusste, dass die beiden auf der Seite des Feindes standen und dennoch konnte er anders: ein Teil von ihm freute sich, sie zu sehen, insbesondere Aiden, der in seiner Welt ja schon lange nicht mehr lebte. Natürlich hatte er nicht vergessen, dass insbesondere dieser etwas grausames und gewissenloses in seinem Wesen hatte, aber dennoch waren sie so etwas wie Freunde gewesen, oder nicht?

Es dauerte nicht lange, ehe die Brüder ein Gebäude betraten und Stiles folgte ihnen in ihrem Windschatten. Sie betraten zu dritt einen Fahrstuhl und fuhren hinauf in den dritten Stock und von dort ging es weiter in ein großes Apartment. Stiles huscht hinter ihnen her, um durch die Tür zu kommen, ehe sie wieder geschlossen wurde. Er hatte offensichtlich die Alpha-Kommandozentrale gefunden, denn hier waren sie alle versammelt. Kali saß auf Ennises Schoß und die beiden knutschten. Stiles drängte ein Würgen zurück. Deucalion saß in einem Sessel, der eigentlich mehr von einem Thron hatte und hielt Hof und dann war da auch noch Danny, der am Boden gehockt hatte und aufgesprungen war, als sein Alpha zur Tür hereingekommen war. Er warf sich Ethan an den Hals und küsste ihn, was dieser eine Weile lang geschehen ließ, bis er ein gemeines Lächeln seines Bruders auffing und Danny beiseite schob, wie ein langweiliges Spielzeug.

Stiles fröstelte bei dieser Szene.

Von Lydia war bislang noch keine einzige rote Haarsträhne zu sehen, also ging Stiles dazu über, die anderen Räume zu inspizieren, bis er vor einer verschlossenen Tür stand. Er linste durch das Schlüsselloch und fand dahinter zwar nicht Lydia, aber dafür den gesuchten Tierarzt. Deaton war in sehr schlechtem Zustand, nach allem, was Stiles von seinem Standort aus sagen konnte. Er suchte den Zimmerschlüssel, doch dummerweise hatten die Alphas ihm nicht den Gefallen getan, diesen ganz einfach offensichtlich irgendwo herumliegen zu lassen, also schaute er weiter um, kehrte zurück in den Saloon, wo die Werwölfe harmonisch beieinander saßen, wie ein große, glückliche, dysfunktionale Familie und da sah Stiles es: Um Deucalions Hals baumelte ein Schlüssel, der genau in jenes Schloss passen könnte.

`So, so´, dachte Stiles, `Deaton zu foltern war also Offenbar Chefsache´.

Mist!

Wie sollte er an das verdammte Ding herankommen, wenn es vor der breiten Brust des gruseligen `Alpha der Alphas´ befestigt war? Stiles wollte sich nicht so leicht geschlagen geben, also trat er nah an den Thron des Großkotzes heran und hatte dabei leider die Rechnung ohne die übernatürlichen Sinne des Blinden gemacht:

„Etwas stimmt hier nicht!“ rief dieser aus und ließ damit alle anderen Alphas alarmiert aufschrecken.

Deucalion blickte mit seinen trüben Augen direkt auf den unsichtbaren Stiles und der Blick folgte ihm auch nich, als der Magier sich vorsichtig entfernte.

Verflucht!

Und was nun!

Ein Ablenkungsmanöver musste her!

Hinten an einer Wand Stand ein zierliches aber großes Regal, auf dem sich Vasen und Figuren aus Glas befanden. ´Hübsch und eigentlich schade drum´ dachte Stiles bei sich, aber er hatte nicht sehr viele Optionen. Er ließ das Regal Kraft seiner Gedanken in sich zusammenstürzen und die Alphas stürzten sich auf den Krach: Alle, außer Deucalion selbst, der nun die Kappe von seinem Taststock abzog, so dass die darunterliegende Klinge zum Vorschein kam. Er holte aus, hieb in die Richtung, in welcher er Stiles ahnte oder vermutete und erwischte ihn an der Brust.

Verdammt, das tat weh. Zeit für den geordneten Rückzug.

Stiles griff in seine Hosentasche und warf Ebereschenasche über Deucalions Kopf, die sich daraufhin in einem geordneten Kreis um ihn herum legte:

„Nimm, dies, du Sack!“ rief Stiles für jeden außer sich selbst unhörbar aus. Sollte er doch zusehen, wie er sich daraus wieder befreite. Dann lief er zur Apartmenttür, verstreute auf dessen Schwelle auch nochmal ein wenig von der Asche und nahm die Beine in die Hand. Er rannte etliche Blocks weit, ehe er sein Handy hervorzog und Derek anrief, ihn abzuholen.
 

Als Stiles in den Camaro stieg, wollte der Werwolf selbstverständlich sofort wissen was passiert sei und wollte die Verletzungen sehen, doch Stiles winkte ab:

„Halb so wild!“ behauptete er: „Ich hab´ jetzt erst mal ein Date mit meiner Ex. Fahr los! Du kannst es dir im Wald anschauen, einverstanden?“

Derek blickte ihn skeptisch an, doch dann startete er den Wagen.
 

Im Beacon Hills Resevat angekommen schnappte Stiles sich seinen Rucksack aus dem Kofferraum, den er am Morgen dort deponiert hatte und marschierte rasch los. Derek verdrehte die Augen, denn er wollte nun endlich wissen, wie tief Stiles Verletzungen wären:

„Beruhige dich!“ forderte Stiles, der dessen Gedanken lesen konnte: „Wenn ich am verbluten wäre, würdest du es schon mitbekommen!“

Er hakte sich bei dem Älteren unter und sie setzten ihren Weg fort.

Stiles strahlte, als sie an der Stelle ankamen, wo sie sich gestern von Malia verabschiedet hatten, denn da hockte sie bereits und wartete auf sie.

Stiles kniete nieder und verzichtet zunächst darauf, das Würstchenglas und die Puppe aus der Taschen zu holen. Er wollte sehen, ob sie mittlerweile auch ohne Bestechungsversuche eine Weile bei ihm blieb. Er kraulte ihr den Kopf und merkte dann, dass die Koyotin ihre Nase zu Stiles Verletzung wandern ließ:

„Siehst du!“ sagte Derek: „Deine Ex will auch wissen, was mit dir ist, also zieh jetzt dein T-Shirt aus, damit wir es uns anschauen können!“

Er zerrte an Stiles Oberteil:

„Ist ja gut! Beruhige dich!“ beschwerte Stiles sich: „Ich mache ja schon!“

Stiles zog sich sein T-Shirt über den Kopf und warf nun erstmals auch selbst einen Blick auf den Schnitt auf seiner Brust:

„Mensch Stiles! Das muss vielleicht genäht werden!“ rief Derek aus.

Stiles schüttelte den Kopf:

„Blödsinn! Es blutet doch fast gar nicht mehr.

Malia drängte wieder ihren Kopf an Stiles heran und dann ließ sie ihre lange rosa Zunge hervorschnellen und leckte Stiles Wunde sauber.

Der auf diese Weise verarztete hätte vor Rührung beinahe geweint, obwohl ein kleines Stimmchen in seinem Kopf in warnte, dass das möglicherweise eine Infektion nach sich ziehen könnte. Schließlich zog Stiles die Schnauze beiseite, legte beide Arme um Malia, kraulte ihr den Kopf und murmelte:

„Danke, meine Süße!“

Dann fischte er doch noch die Belohnungswürstchen aus dem Rucksack und gab sie einzeln an Malia. Heute blieben sie ein wenig länger bei der Koyotin und Stiles redete ruhig auf sie ein, erklärte ihr, dass sie früher mal ein Mädchen gewesen sei, dass sie auf zwei Beinen gelaufen ist, in einem Haus aus Stein gewohnt hatte, in die Schule gegangen ist. Er sagte ihr auch, dass er sich wünschte, dieses Mädchen wiederzusehen und dass er sie vermisste. Malia legte den Kopf schief und lauschte aufmerksam. Dann nahm Stiles die Puppe aus der Tasche und legte sie ihr vor die Pfoten. Sie schnupperte daran und nahm sie in ihr Maul. Stiles war sicher, sie würde damit nun verschwinden und erst sah es auch so aus, als sie sich erhob und ein paar Schritte entfernte, doch dann legte sie die Puppe wieder in Stiles Schoß.

„Du bist wirklich toll heute!“ lobte er sie: „Willst du heute vielleicht mit uns nachhause kommen?“

Stiles erhob sich, stopfte sein blutiges T-Shirt, die Puppe und die leere Dose zurück in seinen Rucksack und wendete sich zum Gehen.

Ebenso wie schon am Vortag folgte Malia ihm und Derek ein paar Schritte, doch dann lief sie davon:

„Wir sehen uns morgen wieder!“ rief Stiles ihr hinterher.

Derek zog seine Lederjacke aus und legte sie Stiles um die Schultern. Dieser konnte nicht anders, als unwillkürlich einzuatmen und den vertrauten Geruch genießen. Er hoffte, Derek hatte es nicht mitbekommen.
 

Zurück beim Auto fischte Derek den Verbandskasten aus dem Kofferraum, desinfizierte Stiles Wunde und schimpfte:

„Du hättest ihr nicht erlauben dürfen, dass sie dich ableckt! Willst du vielleicht krank werden, du kleiner Verrückter?“

„Manchmal muss man sich eben für ein größeres Gut opfern!“ Gab Stiles zurück: „Dass Malia das gemacht hat, beweist, dass ich ihr nicht gleichgültig bin. Pflege und Sorge für ein Rudelmitglied: muss ich dir das wirklich erklären, Struppi?“

„Erstens: Nein, du musst es mir natürlich nicht erklären. Und Zweitens: Gib mir keine Hundenamen! Und jetzt halt still, damit ich dir einen Verband anlegen kann!“
 

Auf dem Rückweg im Auto murmelte Derek:

„Tut mir leid, wie der Tag heute angefangen hat!“ Dann fügte er hinzu: „Du warst richtig gut heute!“

Stiles griff nach Dereks Hand auf der Kupplung und drückte sie kurz:

„Danke!“ erwiderte er schlicht.
 

Sie hielten kurz am Supermarkt, wo Stiles die zu große Jacke von Derek verschloss, damit niemand sah, dass er abgesehen davon nackt war und dann fuhren sie mit den Einkäufen zurück zum Loft, wo Scott und Peter aneinander gekuschelt auf dem Sofa lagen. Natürlich stieg beiden sofort der Geruch des Blutes in die Nase und sie folgte Stiles in die Küche, wo dieser sich auf´s Kochen vorbereitete:

„Hast du was Sauberes zum Anziehen für mich?“ Wollte Stiles von Scott wissen und fügte bedauernd hinzu: „Ich fürchte, dein T-Shirt, dass ich heute anhatte, ist hinüber!“:

„Vergiss das blöde Ding!“schimpfte sein bester Freund: „Was ist mit DIR? Bist du in Ordnung?“

Stiles nickte: „Ich hatte bereits zwei Krankenschwestern, die mich versorgt haben: Malia und Derek!“

Das bedurfte natürlich einer Erklärung.

Stiles bekam etwas zum Anziehen und während er das Dinner herrichtete, berichtete er den drei Werwölfen, wie sein heutiger Tag verlaufen war:

„War klar, dass ausgerechnet bei dem blinden Mistkerl der Tarnkappenzauber nicht richtig wirkt. Aber immerhin wissen wir jetzt, wo die Alphas ihren Stützpunkt haben und dass sie Deaton dort versteckt halten.“ Schloss er seinen Bericht und stellte fest, dass die drei anderen sehr dicht an ihn herangerückt waren. Er wusste natürlich, was das bedeutete, doch hatte er mittlerweile kaum noch genug Platz zum Kochen:

„Liebes Rudel!“ begann er: „Ich habe es überlebt und es geht mir gut und langsam wird die Atemluft ein wenig knapp, also warum setzt ihr euch nicht schon mal an den Tisch und ich komme später mit dem Essen nach, ja?“

Die beiden Hales kamen der Aufforderung widerwillig nach, doch Scott dachte gar nicht daran. Er nahm Stiles Gemüse und Messer aus der Hand und wand sich um ihn, wie ein sehr zutraulicher Oktopus:

„Wenn du nochmal stirbst, dann bringe ich dich um!“ flüsterte er ihm ins Ohr:

„Ich habe nicht die Absicht zu sterben, Bro!“ versicherte Stiles: „Ich will doch bloß, dass euer Leben wieder lebenswert wird. Dafür nehme ich gern ein paar Kratzer in Kauf!“

„Ich hab´ dich sooo lieb!“ Scott Stimme klang dramatisch und verzweifelt, was Stiles ein kleines Lachen entlockte:

„Ich dich doch auch Mann, ehrlich! Aber wenn du mich nicht wieder freigibst, kriegen wir heute nichts mehr auf den Tisch. Krall´ dich doch noch für einen Moment an Peter fest und ich schwöre, nachher bin ich ganz dein und es gibt eine Extraportion brüderliche Liebe!“

Kurz verfestigte Scott die Umarmung noch ein wenig mehr, ehe er Stiles endlich wieder losließ und hinüber zu Derek und Peter ging.
 

Später am Tisch nachdem das Abendessen verzehrt war, blickte Stiles ein wenig zu selbstzufrieden in die satten und glücklichen Gesichter seines Rudels. Er schwor sich in diesem Moment, dass er nicht wieder heimkehren würde, bevor alle drei nicht je mindestens fünf Kilo zugenommen hatten.
 

Als die Zeit zum Schlafen gekommen war und Scott und Peter sich bereits zurückgezogen hatten, ließ Stiles sich wieder einmal auf dem unbequemen Sofa nieder. Seine Verletzung puckerte und schmerzte ein wenig, weswegen er versuchte, sich mit Plänen für die nächsten Tage abzulenken:

„Warum kommst du nicht zu mir ins Bett?“ fragte Derek, der sich mit, vor der Brust verschränkten Armen vor dem Sofa aufgebaut hatte:

„Passt schon!“ erwiderte Stiles: „Du hast mehr als deutlich gemacht, dass das unangenehm für dich ist. Ich schicke dir dafür dann später die Rechnung für den Chiropraktiker!“

Derek kniff die Augen zusammen und stellte fest:

„Du hast Schmerzen!“

„Sie sind auszuhalten!“ beteuerte Stiles:

„Lass mich sehen!“ befahl Derek.

Stiles stöhnte, doch dann zog er artig sein T-Shirt aus und ließ Derek unter den Verband schauen. Er schnupperte und stellte beruhigt fest:

„Es ist nicht infiziert!“

Dann nahm er Stiles Hände in seine und nahm ihm die Schmerzen:

„Besser!“ versicherte Stiles schließlich: „Lass uns jetzt schlafen, O.K.?“

„Komm´ mit rüber!“ verlangte Derek. Stiles schüttelte den Kopf und Derek schimpfte: „Du bist ein verdammter Dickkopf!“

Sie blickten sich eine Weile an und plötzlich war Derek über Stiles, drückte ihn in das Sofa und küsste ihn. Der Jüngere war im ersten Moment total überrumpelt, doch dann legte er die Arme um den Werwolf und erwiderte den Kuss hungrig.

Nach einer Weile lösten sie sich voneinander und Derek stammelte:

„Verdammt! Was war das denn?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hatschepueh
2016-09-01T08:18:03+00:00 01.09.2016 10:18
Ich liebe diesen grummeligen und doch so lieben Derek. Ich mag es zwar auch wie er später wird aber wenn er seine liebe Seite noch hinter grimmiger Miene versteckt gefällt er mir am besten.
Das Kapitel war wieder gewohnt klasse. Es gab Action und ruhige Momente und das Ende war natürlich das Beste. Bin schon gespannt wie es im nächsten Kapitel weitergeht. Auch wenn ich nicht weiss was ich davon halten soll wenn Stiles und dieser Derek sich näher kommen. Einerseits liebe ich es und andererseits fühlt es sich ein bisschen wie fremdgehen an.
Antwort von:  GingerSnaps
02.09.2016 06:36
Ja, Du hast recht; es fühlt sich wie Fremdgehen an, was Stiles mit diesem Derek tut, aber ich habe darüber mit verschiedenen Leuten gesprochen und habe mir auch überlegt, wie es wäre, wenn ich so einer einsamen, traurigen Version meines eigenen Schatzes begegnen würde und ehrlich gesagt, ich glaube, ich könnte nicht anders, als mich verlieben. Und das Stiles und Scott auch in Bizzarro-Beacon Hills befreundet sein können ist ja auch kein Problem und keiner kommt auf die Idee, er würde seinen Scott zuhause dadurch "betrügen". Und auch da ist Liebe im Spiel, nur eben kein Sex!
Und im Vertrauen: Ich mag den schlecht gelaunten Derek auch. Dennoch fände ich es unpassend, wenn der spätere Derek, der eine Beziehung mit Stiles hat, dessen Kehle immer noch mit seinen Zähnen bedrohen würde (außer vielleicht spielerisch im Schlafzimmer. Wer weiß, was die Jungs so treiben, wenn ich den Vorhang fallen lasse:-) Das überlasse ich in der Regel ja der Fantasie)
Schön, dass dir das Kapitel gefallen hat!


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