Prolog
Wie oft dachte Hikari an diese Zeit zurück. An die Zeit vor vier Jahren. Damals war sie 18 Jahre alt und stand kurz vor ihrem Schulabschluss, aber nicht nur sie hatte ihr Abitur gemeistert. Auch Mira, selbst Daisuke und nicht zu vergessen Takeru, oder wie sie ihn damals liebevoll `Keru´ nannte, hatte sie bei diesen wichtigen Jahren treu die Stange gehalten. Ihr Blick wurde leicht wehmütig, als sie in den Badezimmerspiegel sah und an den Blonden denken musste. Tränen sammelten sich in ihren Augen, während sie ihr mittlerweile Schulterlanges Haar kämmte. Takeru und Hikari? Was konnte man nicht alles über die Beiden sagen? Sie kannten sich seit Kindergartenjahren, damals durch ihre Brüder. Sie waren gemeinsam in der Digiwelt, immer und immer wieder und haben Seite an Seite gekämpft. Sie haben sich gegenseitig so oft Hoffnung geschenkt, wenn sie verzweifelt waren, so oft Licht, wenn alles dunkel war. Sie waren beste Freunde und genau da lag das Problem. Vor vier Jahren hatten Hikari und Takeru ihr erstes Mal miteinander verbracht. Sie hatten es beide spät gehabt. Warum? Beide hatten einfach nie so lange eine feste Beziehung, dass sie diesen Schritt gegangen wären, doch irgendwann wurden beide unruhig. Sie waren neugierig und wollten mitreden. Sie waren beste Freunde, sie teilten alles miteinander. Warum dann nicht auch ihr erstes Mal? Und noch ehe sie weiter darüber nachdenken konnten, an die möglichen Konsequenzen die daraus entstehen könnten, schliefen sie auch schon miteinander. Was Hikari zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht wusste, war, dass Takeru bereits tiefe Gefühle für die Braunhaarige hatte. Nach ihrer gemeinsamen Nacht, bestärkt und beflügelt durch ihr erstes Mal wurde Takeru mutig, er setzte alles auf eine Karte:
Spiel, Satz und er...
verlor...
Er verlor alles, so viel mehr, als nur eine Freundschaft. Kari war damals nicht in der Lage die tiefen Gefühle für ihren besten Freund in der Weise zu erwidern, wie er es sich von ihr gewünscht hatte und mit dieser Erkenntnis konnte der Blonde nicht wirklich umgehen. Einen Monat später hatten sie ihr Abitur und kurz darauf war der Blonde weg...
Takeru bewarb sich im Ausland mit einem Stipendium und in Denver/Amerika bekam er eine Sport/Basketballstipendium, er zögerte nicht lange und nahm das Stipendium an. Nach einer weiteren Woche war er auch schon aufgebrochen, ohne sich bei Hikari persönlich zu verabschieden. Er hinterließ ihr jedoch einen Brief.
„Mein liebe Hika, ich wünschte ich könnte dich noch einmal sehen, aber was würde das bringen? Eben nichts, es änderte nichts, nichts an meinen Gefühlen für dich, nichts an deinen Gefühlen für mich. Ich muss weiter machen und dies werde ich tun. Ich habe mich in Amerika beworben und ein Sportstipendium bekommen. Ich bin sehr stolz, dass ich diese Möglichkeit habe und werde sie nutzen. Mich hält hier ja nichts. Ich wünsche dir alles Gute und das du mit deinem Studium glücklich und zufrieden bist. Geh deinen Weg und vielleicht denkst du gelegentlich an mich. Ich würde mich freuen. Ich werde dich sicher nicht vergessen. Ich werde uns nicht vergessen. Verzeih mir meine Schwäche, und dass ich dir nicht weiter als diese Zeilen hinterlasse, aber ich kann derzeit nicht anders mit der Situation umgehen, auch wenn es feige und peinlich ist. Bleib wie du bist.
In liebe dein Keru“
Immer wenn die Braunhaarige diese Zeilen las, weinte sie bitterliche Tränen. Damals versuchte sie verzweifelt den Blonden zu kontaktieren, aber sie erreichte ihn nicht, sein Handy war aus und erst Stunden später traf sie Yamato, der ihr mitteilte, dass er und seine Eltern den Jüngeren zum Flughafen gebracht hatten und er bereits im Flieger säße. Kari stockte der Atem, als ihr bewusst wurde, dass sie so viel mehr verlor, als nur ihren besten Freund. Die Jahre zogen ins Land. Aus Tage wurden Wochen, aus Wochen Monate und aus Monaten Jahre. Nicht an einem einzigen Tag hatte sie den Blonden vergessen können und schmerzlich wurde ihr bewusst, dass auch sie ihn liebte, bekam aber nie die Chance ihm ihre Liebe zu gestehen. Sie dachte, dass die Gefühle sicher mit der Zeit verschwinden würden, wenn sie sich nicht mehr sahen, trafen, simsten oder redeten und sie neue Leute kennenlernen würde, aber egal wen sie traf – keiner war wie er … keiner war wie ihr Keru.
Kari wischte sich die Tränen erneut weg und legte sich stattdessen ein frisches Make-Up auf, eines das hoffentlich nicht verschmierte, denn heute war ein besonderer Tag. Heute würden Yamato und Sora heiraten und somit würde sie nach vier Jahre Takeru wiedersehen. Sie war nervös, angespannt, euphorisch und ängstlich zugleich. Sie zog sich ein hellblaues schulterfreies Kleid an und überlegte wie sie sich die Haare machen sollte. Sie hätte Mimis Vorschlag annehmen und sich von ihr die Haare hochstecken lassen sollen, aber sie wollte, dass sie sich voll und ganz auf die Rothaarige konzentrierte, denn sie würde auch so nervös genug sein. Sie steckte sich die Haare leicht zusammen, fixierte diese mit diversen Spangen, dennoch flogen einzelne Haarsträhnen hervor und sie legte sich diese charmant über ihr Gesicht. Sie ließ sie da wo sie waren, bevor sie es noch mehr ruinierte. Dann schaute sie sich noch einmal kritisch im Spiegel an. Nahm ihr Parfüm und sprühte sich mit einem süßlichen Duft ein. Sie verließ das Badezimmer und schritt zur Diele, dort schlüpfte sie in ihre beigefarbenen High Heels und nahm sich ihre kleine Handtasche. Dann griff sie nach ihrem Schlüssel, schloss hinter sich ab und machte sich auf den Weg zur Hochzeit von Sora und Matt und ein Stückweit zu Takeru.