Zum Inhalt der Seite

Zwillinge

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Das angekommene Duo war schneller als sie gewesen und befand sich schon in einem oberen Stockwerk, wahrscheinlich im Esszimmer. Es bereitete Pietro immer noch Probleme, die baufällige Treppe alleine hinauf zu kommen, also war Eden vorgelaufen, Blackbird und Wanda stützten den Angeschlagenen, Alexis folgte ihnen als letztes mit den Worten „Irgendwer muss euch ja auffangen, wenn ihr die Stufe verfehlt.“

Einerseits hatte sie gegen Pietro sticheln wollen, aber Wanda hatte auch gesehen, dass Alexis sich tatsächlich als Gentleman verstand und deshalb niemals vor ihnen die Treppe hinauf gegangen wäre. Die Gänseblümchen fielen nach und nach aus ihrem Haar und Wanda musste gestehen, dass dieses Mädchen auf eine sonderliche Weise unbeschreiblich schön war. Ihre Haut war so weiß, dass man das Gefühl hatte, hindurch gucken zu können; ihre Haare waren Pechschwarz, aber nicht von Natur aus und ihre blauen Augen hatten immer etwas, das Wanda als sehr intim empfand, direkt und ungeschönt ehrlich. Sie war nicht das zarte Elfenwesen mit den großen Kulleraugen, das man lieben und beschützen wollte. Ihre Nase war eindeutig schon gebrochen gewesen, ihre Schultern waren etwas zu breit, aber ihr Becken auch. Sie scheute die Berührung der meisten Menschen, der Reaktion auf Quicksilvers Berührung nach, war es vielleicht eine Krankheit, die ihr Schmerzen bereitete?

 

Als sie den Weg ins zweite Stockwerk endlich geschafft hatten, überholte sie Alexis und stellte sich vor die drei, als sie die Tür zum Esszimmer öffnete.

„Liebe meines Lebens!!!!“ brüllte eine männliche Stimme mit asiatischem Akzent. Ohne mit der Wimper zu zucken, hob sie die Hand und bließ einen Schneewirbel los. Der aufgeregte Mann wurde sofort in einem Schneeberg begraben. „Wann lernst du es?“ mit den Augen rollend stieg sie über ihn hinweg und deutete ihrem Gefolge, es ihr gleich zu tun.

Sie war also ein Eis-Mutant, dachte Pietro. Bisher hatte ihm niemand von seinen Fähigkeiten erzählt, aber er hatte auch nicht gefragt.

In der Küche saßen zwei Blondinen mit Eden am Esstisch und diskutierten lebhaft. Eine von ihnen kannte Pietro schon, die Ärztin ShizoKitty. „Das ist ShizoKitty, oder einfach nur Kitty. Sie ist die Ärztin und wenn du jemandem danken willst, dann ihr. Sie hat deinen Bruder gerettet, nicht ich.“ Stellte Alexis sie vor. Kitty war nur empört. „So stimmt das gar nicht!“, wollte sie gerade korrigieren, aber Alexis fuhr unbeirrt fort. „Ihre Fähigkeit ist es, sich zu multiplizieren, oder zu klonen. Wie man es auch nennen will.“ Dann zeigte sie auf die neu hinzugekommene Blondine. „Siren ist Edens Schwester. Sie war bis eben auf einer Mission für mich. Ihre Fähigkeit ist die Manipulation von Wasser.“

Siren hatte glatte, blonde Haare, die ihr bis über die Hüfte fielen. Sie war im Gegenteil zu Alexis genau das Bild, das in den Medien als Schön propagiert wurde. Groß, schlank, perfekte Proportionen. Sie winkte fast überschwänglich und grüßte alle herzlich. Neben ihnen hatte sich jetzt auch der Asiate wieder aus dem Schnee befreit. Alexis‘ Abfuhr hatte seinem Ego nicht den geringsten Kratzer verpasst. Auch er grinste breit und stellte sich laut selbst vor.

„Hi, Voltero. Größter Albtraum der modernen, auf Maschinen angewiesenen Welt.“ prahlte er, sich selbst auf die Brust schlagend. Alexis verdrehte erneut die Augen. „Voltero ist ein menschlicher Akku. Er kann ganze Städte lahm legen, indem er einfach auf einer Starkstromleitung sitzt und den ganz Strom abzapft.“ Obwohl sie tatsächlich genervt vom großspurigen Verhalten Volteros war, erkannte sie seine Fähigkeiten an. Wanda fühlte sich in ihrer Vermutung, dass Alexis ungeschönt ehrlich war, bestätigt.
 

„Eden habt ihr ja schon kennen gelernt. Falls ihr euch immer noch nach dem Geschlecht fragt, das ist variabel.“ Eden kicherte. „Heute fühle ich mich doch sehr weiblich.“ Alexis lächelte wieder ihr mütterliches Lächeln. Warum versetzte das ihm so einen Stich? Pietro wusste es nicht.

„Sie kann die Natur beher…“ Eden zischte belehrend. „Sie kann mit der Natur kommunizieren und die ganze Flora ist ihr Freund.“ Alexis konnte noch immer nicht aufhören zu grinsen. „Unser Garten war komplett ihr Werk.“
 

Voltero hielt das Herumstehen nicht länger aus und drückte sich an allen vorbei zum Kühlschrank. „Noch jemand hungrig?“

Alexis seufzte und deutete dem Jungen, sich zu setzen. „Setzt euch, ein paar Snacks können nicht schaden um sich besser kennen zu lernen.“ Alle setzten sich brav und Alexis bewies ihre Gastgeberqualitäten indem sie nach allen Benimmregeln, die Wanda einfielen, das Essen auftrug. Als sie schließlich alle versorgt hatte, war die Unterhaltung schon in vollem Gange. Wanda hatte die ganze Zeit über Alexis beobachtet, Pietro dagegen hatte nur Augen für seine Schwester. Er hatte sehr an der herrischen Frau gezweifelt, als sie behauptet hatte, dass Wanda nichts merken würde, sie gar mögen würde, aber vielleicht waren seine Zweifel tatsächlich unberechtigt gewesen. Seine Schwester aß jetzt gedankenverloren Weintrauben, stöberte sie in den Gedanken der anderen? Zumindest schien sie sich einigermaßen wohl zu fühlen.
 

Alexis hatte sich immer noch nicht zu ihnen gesetzt, sie lehnte abseits am Kühlschrank. Die letzten Tage waren anstrengend für sie gewesen. Niemals hätte sie Voltero und Siren alleine los geschickt, eine Lieferung für sie abzuliefern, aber mit den zwei Fremden im Haus, hatte sie es nicht riskieren können, eine andere Konstellation zu wählen. Blackbird hatte ihr viele Vorwürfe gemacht, sie hatten sich gestritten, als er ihr an den Kopf geworfen hatte, dass sie aufhören müsse, immer alles kontrollieren zu wollen, hatte sie ihn geschlagen. Er hatte sich gewehrt, sie hatten ihr komplettes Zimmer zerlegt. Die anderen hatten angenommen, dass sie nur ihn verprügelt hätte, da man nur seine Verletzungen sah, aber würde sie ihren Eispanzer nur einen Moment aufgeben, könnten die anderen sehen, dass Blackbird sich ihre Wutanfälle nicht einfach gefallen ließ. Aber es war auch eine Form des Beschützens, das sie sich selbst als die Böse darstellte. Es half dem Team in schlechten Zeiten einen Sündenbock zu haben, jemanden, der all die Schuld hatte und all ihren Frust ertragen konnte.

Sie würde sich auch Pietro und Wanda gegenüber nicht anders verhalten – wobei sie bei jedem nur gerade so verletzend war, wie die Person es ertragen konnte. Wanda würde sie wohl noch einige Zeit schonen, aber beide Maximoffs waren eine größere Bedrohung für Alexis persönlich, als die anderen am Tisch ahnen konnten.
 

„Wirst du jetzt auch bei Wanda und Pietro schlafen, Lexi?“ quietschte Eden quer über den Tisch und zwang die Angesprochene so, sich am allgemeinen Gespräch zu beteiligen. „Eden!“ ermahnte sie das blonde Kind. „Warum?“ Sie lehnte unruhig mit beiden Ellbogen auf dem Tisch, um genauso groß wie die anderen zu sein. „Das hast du doch bei uns allen so gemacht.“ Wanda und Pietro tauschten Blicke, wahrscheinlich in Gedanken miteinander redend, bevor zumindest Wanda Alexis fragend ansah. Endlich bequemte sie sich dazu, sich einen Platz am Tisch zu suchen.

„Die meisten hier habe ich aus schwierigen Situationen rausgeholt. Ich teilte mir dann immer ein Zimmer mit ihnen, damit sie nicht alleine waren, falls irgendwas war.“ Sie nickte Wanda zu und ließ sie einige Szenen in ihrem Kopf finden: Eden, der von seinen Eltern fast ertränkt worden wäre, Siren, die gefesselt und halb tot geschlagen zusehen musste oder ShizoKitty, die sie aus einem Kellerloch befreit hatte, bevor man an ihr experimentiere konnte. Wanda war entsetzt und schlang hilfesuchend ihre Arme um die Hüfte ihres Bruders. Dieser zog sie sofort schützend an sich und warf Alexis einen wütenden Blick zu. Lass das, formte er tonlos. Alexis verschloss ihren Geist wieder.
 

„Ich denke die beiden brauchen meinen Beistand nicht, Eden. Wenn du aber willst, kannst du bei mir schlafen?“. Eden wusste nicht, wie er Alexis das eigentliche Problem beibringen sollte, also sprang Kitty ein. „Wir werden dein Schlafzimmer nicht bis heute Nacht hinkriegen…“ murmelte sie so  leise, dass man es kaum hören konnte. Wäre Alexis nicht von Kopf bis Fuß in eine dichte Schicht Eis gehüllt, wäre sie vielleicht rot geworden, aber so sah man ihr keine Regung an.

„Wanda und Pietro werden sich nicht unserem Team anschließen.“ unterband Alexis das nächste Argument, das Eden bringen wollte, etwas barsch. Sie wusste, dass Eden sich wünschte, neue Mitglieder für ihre Familie zu finden, um Alexis den Verlust des letzten Mutanten zu erleichtern, aber er verstand nicht, dass gerade dieser Verlust nicht durch neue Mutanten wieder gut zu machen war.

„Ehrlich gesagt,…“ meldete sich Wanda zu Wort, „wollte ich deswegen noch mal mit dir reden.“ Sie lag noch immer halb auf ihrem Bruder, der nun mehr als verwundert zu ihr herunter sah, wieder im Geiste mit ihr redend. „Soră!“ rief er aus. Was auch immer sie ihm gesagt hatte, gefiel ihm offenbar gar nicht.

Alexis, wie immer ihre Familie beschützend, griff sich erneut Blackbirds Zigaretten. „Wir gehen rauchen.“ Wies sie die Zwillinge an, bevor sie ihre Streitigkeiten diskutieren konnten. Beide gehorchten willig und folgten

Alexis führte die beiden in ein leeres Zimmer, ein paar Türen weiter. „Redet.“

Während die Zwillinge sich einen Moment schweigend anstarrten, ging Alexis zum Fenster, öffnete es und lehnte sich über den Rahmen hinaus, um nicht ins Zimmer zu rauchen. Das Klicken ihres Feuerzeugs wirkte wie ein Startschuss für die beiden hinter ihr.

„Und wann wolltest du das mit mir besprechen? Vielleicht will ich gar nicht hier bleiben?!“ ungeachtet seiner Schmerzen stampfte Quicksilver auf und ab. Die Arme wütend erhoben.

„Hier sind wir sicher! Sie kann uns beschützen. Sie ist der einzig gute Mensch, der uns aufnehmen wollte!“ beschwor sie ihren Bruder um Einsicht.

„Alexis? Ein guter Mensch?“ Sowohl Alexis als auch Pietro hatten bei Wandas Aussage laut ausgeatmet. Sie warfen sich einen Blick aus dem Augenwinkel zu, dann wandten sie sich wieder von einander ab.

„Ich dachte, das hättest du schon vor mir herausgefunden!“ Wanda hielt das Gänseblümchen hoch, das Pietro vorhin unbewusst in der Hand behalten hatte.

„Was willst du da andeuten?“ Seine Augen verengten sich. Wie konnte seine Gedankenleserin von einer Schwester die Situation so falsch verstanden haben?

 

Jetzt drehte Alexis sich den beiden zu, wohl wissend, dass die Situation schnell ungemütlich werde würde, wenn sie es nicht aufklären würde. „Wanda.“ Die rot leuchtenden Augen fixierten sie verärgert. „Wenn du wirklich willst, dann könnt ihr bleiben. Aber du solltest deinem Bruder vielleicht erst mal erklären, warum du denkst, dass das nötig ist.“

Die Scarlet Witch holte tief Luft. „Die falschen Leute haben Wind davon bekommen, dass du lebst, dass wir leben. Sie haben bereits zwei Mal versucht mich von den Avengers zu entführen und soweit ich weiß, waren sie auch schon hier.“

Alexis zuckte mit den Schultern, als beide sie fragend ansahen. „Ich habe schon stärkere Männer zum Weinen gebracht.“

Ihr unangebrachter Humor machte Pietro jedes Mal wütend. „Das ist nicht zum Lachen.“ Alexis stieß den Rauch in seine Richtung aus. „Das hat er auch gesagt, als ich ihn im Keller eingesperrt habe.“

Sie fischte ein Smartphone aus ihrer Tasche, tippte zwei, drei Mal darauf herum und hielt es den beiden hin. Es war die Aufzeichnung einer Überwachungskamera. Dort saß ein Mann auf dem Boden. Die Uniform gehörte zu einer militärischen Organisation. Pietro verstand diese Frau wirklich nicht.

„Du bist ein Mutant.“ antwortete sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Auf irgendwen müssen sich Mutanten bedingungslos verlassen können, meinst du nicht?“ Bei diesem Worten deutete sie theatralisch auf sich selbst.

„Da hörst du es!“ Wanda mochte diese Art von Alexis genau so wenig wie ihr Bruder. Aber sie verstand, dass Alexis einfach keine große Anerkennung für ihre Arbeit wollte. Sie ergriff Pietros Hand und zeigte ihm, wie in einem Schnelldurchlauf die Dinge, die sie über Alexis in Erfahrung bringen konnte.

Sie war bei jeder großen Schlacht dabei gewesen, man schrieb ihr die Entwicklung eines Gegenmittels gegen die Heilung zu, sie rettete jedem Mutanten das Leben, wenn sie konnte, manchmal auch nur, um sie dann einem fairen Prozess auszuliefern.

Als Wanda endlich fertig war, drückte Alexis ihre Zigarette aus und machte einen Schritt auf die Zwillinge zu. „Jetzt zeig ihr, wie du mich erlebt hast. Wir wollen doch mit offenen Karten spielen, oder wollen wir beide weiterhin unser kleines Geheimnis hüten?“ spielerisch zog sie eine Augenbraue hoch.

„Tu nicht so, als wäre da mehr als Ablehnung!“ raunte er und ergriff fast ein bisschen grob den Arm seiner Schwester und ließ sie so alles sehen, was er vorher verschlossen gehalten hatte.

Alexis sah Wanda an, dass das Bild, das die jüngere Maximoff von ihr gehabt hatte, einen Riss bekam. Hätte sie sich getraut, sie zu beruhigen, hätte sie es vielleicht getan, aber Wandas Kräfte machten ihr zu große Sorgen. So zuckte sie nur mit den Schultern und sagte „Alles hat seinen Preis.“

Wanda hatte im Kopf ihres Bruders mehr gesehen, als der sich bewusst war. Insbesondere jetzt, da sie beide so viele Informationen ausgetauscht hatten, war vieles von dem, was Alexis tat, für die Zwillinge viel verständlicher geworden. Die beiden fielen sich plötzlich in die Arme, Alexis drehte sich weg, als hätte sie etwas Unanständiges gesehen. Der Speedster räusperte sich, „Wir bleiben.“



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück