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Legende aus Schatten geboren

von

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Gefunden

Die Lügen, die ich Ganondorf aufgesetzt hatte, schmeckten noch immer wie Gift auf meiner Zunge. Die Wunden, die er mir zugefügt hatte, begannen zu heilen, doch die Haut fühlte sich schmutzig an, an den Stellen, an denen er mich berührt hatte. Einzig Zeldas Zuversicht leuchtete so hell um mich her wie das Sonnenlicht, das durch die Zweige drang. Von meinem erhobenen Platz auf dem Baum vor dem Eingang des Waldtempels hatte ich eine gute Aussicht auf die wispernden Baumwipfel um mich her. Auch wenn die verlorenen Wälder längst ein Hort des Bösen geworden waren, so war es doch nicht stark genug, um die Sonne zu verdunkeln oder das grün der Blätter auszutrocknen. Ich lehnte mich zurück, genoss den Duft des alten Laubes, den Odem von Pilzen, Moos und Farn, bis ich Schritte hörte, die sich der Lichtung näherten. Ich war erleichtert. Der Held der Zeit hatte sich also an meine Anweisung gehalten. Kam er jetzt erst hierher, musste er zuvor in Kakariko gewesen sein. Alles war gut. Der Held der Zeit sah so erschöpft aus, wie ich mich fühlte. Dunkle Schlieren verdunkelten seine blauen Augen. Und auch wenn er äußerlich unverletzt war, sprach der Schmerz aus jeder seiner Bewegungen. Ich sah wie sein Blick als erstes auf den Baumstamm fiel, auf dem Salia in jungen Jahren so oft gesessen hatte. Als er sie nicht fand, ließ er sich einfach auf den Boden fallen. So als weigere sich sein Körper, einen einzigen Schritt weiter zu gehen.

„Hey Link“, sagte Navi vorsichtig. „Du kannst hier nicht einfach sitzen bleiben.“

„Warum nicht?“, war die monotone Antwort. „Hier ist doch keine Gefahr zu sehen, oder?“ „Nein, aber...“ Die kleine Fee schien hilflos. In immer währenden Kreisen umflog sie Links Kopf. „I-ich weiß, das ist nicht leicht für dich, aber...“

Bis zu diesem Augenblick hatte ich gedacht, dass der Held der Zeit in Tränen ausbrechen würde. Er musste verstanden haben, dass er kein Kokiri war. Das er selbst dort nicht zuhause war, wo er glaubte, stets ein Zuhause gehabt zu haben. Auch, wenn er sich selbst dort stets als Außenseiter gefühlt hatte, so war es besser, als nichts gewesen. Nun stand er alleingelassen vor einem Abgrund. Und das mit der Gewissheit, dass das Schicksal Hyrules aufs einen Schultern lastete. Doch ich täuschte mich wieder. Er lächelte. Es war zwar ein bemühtes Lächeln, aber eindeutig ein Lächeln. „Schon gut, Navi. Danke, dass du dir Sorgen um mich machst.“ Er erhob sich. Noch einmal lächelte er der sichtlich erleichtert wirkenden Fee zu. Diesmal gelang es ihm besser. „Dann wollen wir doch mal sehen, wo dieser blöder Tempel ist, ja?“

„Er ist hier oben“, sagte ich.

Erst schaute Link erschrocken zu mir hinauf. Als er mich erkannte, verdrehte er die Augen. „Du hast eine Schwäche für dramatische Auftritte, oder?“

Ich antwortete nicht. Doch das Lächeln in meinen Augen musste mich verraten haben, denn Link grinste zurück. Mit einem kurzen Blick musterte er den Eingang zum Tempel. „Du hattest recht“, sagte er schließlich. „Ohne den Enterhaken kommt man da nicht hoch.“

„Hast du etwa daran gezweifelt?“, fragte ich ruhig.

Der Held verdrehte die Augen. „Um ehrlich zu sein, ja.“

„Wie kommst du eigentlich da hoch?“, fragte er mit einem neidischen Blick auf meinen Aussichtsplatz.

Ich hätte ihm sagen können, dass ein aus Schatten zusammengeballter Körper leichter war als einer aus Fleisch und Blut. Das wir Shiekah deswegen zu höheren und weiteren Sprüngen in der Lage waren. Aber mir fehlte die Lust für solche Erklärungen. „Trainingssache“, sagte ich. Und sprang mit einem Satz herab.

„Angeber“, murmelte Link. Doch dabei stahl sich ein anerkennendes Leuchten in seine Augen.

Ich lächelte.

„Navi“, verkündete Link seiner Fee: „Jetzt, wo wir den Tempel des Waldes gefunden haben...wie wäre es mit einer Rast?“

Die Fee warf einen Blick hinauf zu dem Himmel, der sich längst in ein Meer aus rot und violett zu verfärben begann. „Ganz wie du willst“, sagte sie.

Link warf mir einen unsicheren Blick zu. „Bleibst du ein bisschen?“

Ich nickte.

Aus irgend einem Grund schien das den Held der Zeit zu freuen. Seine Augen begannen zu strahlen. Ich war leicht verwirrt. Was sollte dieser freundliche Umgang? Bei unserer letzten Begegnung hatte er in meiner Gegenwart sein Schwert gezogen. Jetzt tat er so, als wären wir bereits seit Jahren befreundet.

Kurze Zeit später saßen wir vor einem knisternden Lagerfeuer und rösteten Brot über den Flammen. Navi hatte sich in Links Mütze eingerollt und schnarchte leise vor sich hin.

„Shiek?“, fragte Link nach einer Weile.

„Was gibt es, junger Held?“

Angesichts des Titels verdrehte Link die Augen. „Warum hast du mir geholfen?“

Ich malte mit meinen bandagierten Fingern Muster in das Gras. „Zelda und Impa haben mich gebeten, auf dich aufzupassen.“

„Du kennst Zelda und Impa?“

Ich nickte. Auf seinen fragenden Blick fügte ich hinzu: „Es geht ihnen gut. Sie sind in Sicherheit.“

Link nickte erleichtert. Er beugte sich vor und sah mich nachdenklich an. „Und was ist mit dir?“

Ich zögerte. „Mit mir?“

“Ja, warum hilfst du mir?“

Ich sah hinauf zum Sternen übersäten Himmel. „Ich erträume mir ein Hyrule, indem es sich wieder zu leben lohnt.“

Link nickte ernst. Jede Kindlichkeit war aus seinen Augen verschwunden. „Dann sehen wir zu, dass es dazu kommt.“

Ich sah ihn überrascht an.

Er erwiderte meinen Blick und lächelte. Es war schwer vorstellbar, dass dieser Junge Mann vor kurzem noch so zerschlagen und müde ausgesehen hatte. „Was ist mit dir?“ fragte ich.

Dieses Mal war es Link, der verblüfft schaute. „Mit mir?“ Dann, als verscheuchte er eine lästige Fee, zuckte er mit den Schultern. „Alles in Ordnung“, meinte er grinsend. Doch da war noch etwas anderes, etwas wehmütiges, verletztes in seinem Ausdruck, das er nicht überspielen konnte.

„Der Fluss der Zeit ist grausam...“, sagte ich sanft. „Seine Geschwindigkeit scheint für jede Person vorbestimmt. Niemand hat die Möglichkeit, sie zu ändern. Aber etwas das sich nie verändern wird, sind die Erinnerungen an vergangene Tage. Genieße daher jede Sekunde deines Lebens...“

Link sah mich überrascht an. Nun kämpfte er doch um seine Fassung. „Woher weißt du das?“ Er mied meinen Blick, schaute verloren in die Nacht hinaus.

„Die Schatten sind eine Verlängerung unseres Körpers. Und sie flüstern fiel.“ Ich fing seinen Blick auf. „Die Hylianer sind ein stolzes Volk, Link.“

Der Held der Zeit schluckte. „Weißt du, wer meine Eltern waren?“

„Ich weiß es nicht, sagte ich ehrlich. Aber der Deku-Baum wird es wissen.“

„Der Deku-Baum ist tot“, sagte er bitter.

„Nicht ganz“, erwiderte ich. „Wird der Fluch des Waldtempels gebrochen, kehrt das Leben zurück. Und auch der Kokiri-Wald wird weiter bestehen.“

Link warf den leeren Baumstumpf in unserer Nähe einen sehnsuchtsvollen Blick zu, dann nickte er. Auf seinem Gesicht meinte ich viele Gefühle auszumachen. Hoffnung...Sehnsucht...Einsamkeit.

Ich holte meine Lyra hervor zupfte die ersten Töne des Menuetts des Waldes . Link lauschte andächtig. „Was ist das?“

„Mit dem Menuett des Waldes kehrst du zum Waldtempel zurück.“ Ich sah ihm in die Augen. „Wann immer du willst. Eine neue Heimat finden, heißt nicht, dass du eine alte aufgeben musst. Spiele das Menuett des Waldes, Link.“

Ich sah wie der Held der Zeit zögerte. Dann aber schien er einen Entschluss zu fassen. Er holte die Ocarina der Zeit hervor. „Bring es mir bei, ja?“

Ich nickte. Das Spiel der Lyra und der Ocarina verband sich miteinander, webte ein Band von Sternen, Blättern und Heimat über die kleine Lichtung. Als die letzten Töne verklangen, lächelte Link mir zu. Der Kummer war noch immer in seinen Zügen. Doch er sah anders, friedvoller aus als zuvor. Eine Weile schwiegen wir und lauschten den Geräuschen des Waldes.

„Shiek, fragte Link schließlich.

“Mhm?“

Sein unsicherer Blick ließ mich aufhorchen. „Sag..., willst du mich nicht begleiten?“

Er sah so verloren aus, das ich mit der Hand seine Schulter streifte. „Ich werde da sein, wenn du mich brauchst.“

Link nickte langsam. Er hatte die Zusage, aber auch die Absage in meinen Worten verstanden.

Ich erhob mich.

„Warte.“ Er sprang ebenfalls auf. „Du gehst schon?“

Ich wusste das ich vor der Dämmerung des morgens in Ganondorfs Schloss sein musste. Auch wenn meine Wunden von dem letzten Besuch noch schmerzten. Dies war mein Teil, den ich für die Zukunft Hyrules zu leisten hatte. Link war der Schatten über meinen Gesicht nicht entgangen. „Wo musst du hin?“

Ich hatte nicht vor, ihm darauf zu antworten. „Link...“, sagte ich mit einem Lächeln. „Wir werden uns wiedersehen...“ Und damit verschmolz ich mit den Schatten. Noch einen Augenblick beobachtete ich den jungen Helden, wie er verloren auf der nächtlichen Lichtung stand. Ich hatte meine Meinung geändert. Der Held der Zeit musste beschützt werden. Komme was wolle. Dieses Anliegen war persönlich geworden.



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