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Der Zauberer von orz

von

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De Zauberer

Karyu schritt an ihnen vorbei auf ein kleines Podest zu. Jedem, den er passierte, klappte die Kinnlade herunter und sie sahen sich nacheinander fragend an. Hizumi dämmerte schon, was gleich kommen würde und tatsächlich räusperte Karyu sich und sagte dann laut: „Ich bin der Zauberer von orz. Die Gerüchte, dass ich Dinge, Menschen, Erinnerungen und Fähigkeiten wegnehme, weil ich viel Langeweile habe, stimmen. Ich werde jetzt Fragen beantworten, falls welche bestehen. Alternativ biete ich an, jedem seine Sache zurückzugeben. Beides geht nicht. Fragen oder Wiederbekommen. Nur eines von beiden ist möglich.“ Er schnippte mit den Fingern und ein Thron erschien aus dem Nichts, auf den er sich niederließ.

Er wusste nicht genau wieso, aber Hizumi fühlte sich verraten. Seit einigen Tagen war er mit einem ruhigen, hübschen jungen Mann unterwegs gewesen, hatte sogar ein wenig für ihn geschwärmt, und dann stellte sich heraus, dass er der Oberböse war. In einem Spiel würde jetzt der Boss Battle beginnen und er fühlte sich nicht bereit dazu, gegen einen Zauberer zu kämpfen.

„Ich bin für’s Wiederbekommen.“, sagte Toshiya schließlich zähneknirschend. Tsuzuku schloss sich ihm an. Hizumi wusste nicht, ob ihm überhaupt etwas weggenommen worden war, wollte deswegen lieber Fragen stellen, jedoch wäre das unfair den anderen beiden gegenüber gewesen, die etwas offenbar sehr Wichtiges verloren hatten. Daher nickte er und Karyu erhob sich süffisant lächelnd. Majestätisch schritt er zu einem Bücherregal und nahm zielsicher ein Buch heraus. „Sooo… Dann wollen wir mal. Toshiya bekommt sein so genanntes Herz wieder. Er kann es in der Eingangshalle abholen.“ Toshiya warf ihm einen vernichtenden Blick zu, rannte dann aber aus dem Kellerraum und die Treppe herauf.

„Weiter geht’s mit Mia. Ah, hier steht’s: Immer mutig genug, um das Richtige zu tun und anderen zu helfen. Niedlich. Dann nehme ich dir erst einmal die feige, egoistische Katze weg, Tsuzuku. Mia ist ebenfalls in der Eingangshalle anzutreffen, so mutig wie eh und je.“ Das Knäuel unter Tsuzukus Pullover war verschwunden und mit einem panischen Blick, tastete er überall nach ihr, sah in seine Tasche und rannte dann ebenfalls nach oben.

„Hizumi, du gehörst nicht hier her.“, sagte Karyu, schlug das Buch zu und stellte es zurück. Anschließend setzte er sich wieder auf seinen Thron. „Ah wie unhöflich.“, fügte er hinzu. Mit einem Fingerschnipsen erschien ihm gegenüber ein sehr bequem aussehender Sessel und er bat Hizumi, sich zu setzen.

Der Sessel war sogar noch bequemer als er aussah. Sobald Hizumi sich hingesetzt hatte, legte sich eine bleierne Schwere auf ihn. Der Stress, der Schlaf auf hartem Boden und die Anstrengung der letzten Tage machte sich jetzt da er saß heftig bemerkbar.

„Du siehst müde aus. Deswegen fasse ich mich kurz. Ich habe viel Zeit mit Nachdenken verbracht, als ich noch der gefürchtete Zauberer hier war. Wer zu viel nachdenkt, sieht, wie viel besser es den anderen geht und fühlt sich immer schlechter. Da dachte ich mir, es wäre doch klasse, mal nur Stroh im Kopf zu haben, aber nicht für immer. Ich habe gewisse Vorrichtungen in diesem Raum getroffen - ein Zauber um genau zu sein, der mich wieder zu demjenigen macht, der ich war, sobald ich diesen Raum betrete. Allerdings dachte ich, das würde mehr als drei Tage dauern. Wie auch immer. Glaube es mir oder auch nicht, aber die kleine Reise mit euch war wirklich spaßig, auch wenn im Grunde nichts passiert ist. Und weil ich das alles sehr genossen habe, gebe ich denjenigen, die mich davon überzeugen, nicht schlecht zu sein, das zurück, was ich ihnen genommen habe. Vorher müssen sie mich natürlich überzeugen.

Dir habe ich nichts genommen. Ich kann dir nichts wiedergeben, deswegen darfst du einen Wunsch äußern. Du könntest dir zum Beispiel wünschen, hier zu bleiben und das Land zu regieren. Vielleicht sind wir dann ein berüchtigtes Duo! Du bist der Gute und ich der Böse und alle in diesem Land werden uns lieben und fürchten und unseren Rat und unsere Hilfe suchen. Das würde viel Macht bedeuten.“

Hizumi sah Karyu mit hochgezogenen Brauen an: „Du veralberst deine Weggefährten und bietest MIR an, hier zu bleiben? Das scheint mir eine Falle zu sein.“ „Oh nein, nein, nein. Das ist keine Falle und verraten habe ich auch niemanden. Ich hatte mir den Großteil meiner Erinnerungen genommen, um herauszufinden, wie es ist, ein einfacher Mensch zu sein. Ich habe nie gelogen und absichtlich Schaden zugefügt. Dir biete ich an, zu bleiben, weil du mein Interesse geweckt hast. Wer bist du und wie bist du hier her gekommen, ohne dass ich es bemerkt habe? Das ist für mich wahnsinnig interessant und deswegen biete ich dir an, zu bleiben.“ „Kann ich Papier und einen Stift haben?“ Verwundert sah Karyu ihn an, gab ihm aber einen Schreibblock und einen Bleistift. Hizumi malte eine Karte von seinem Heimatland und setzte einen Punkt dort, wo seine Heimatstadt war. Dann reichte er Karyu den Block und sagte: „Dort komme ich her.“

Lange blickte Karyu auf das Papier, drehte es manchmal ein wenig und gab dann zu, dass er nicht einmal annähernd wüsste, wo das sein soll. Nicht einmal das Land kannte er. Anschließend legte er den Block und Stift weg und beugte sich ein wenig vor. „Willst du bleiben?“ „Ich bin müde. Ich will nach Hause. Das war kein Abenteuer; das war bloß ein anstrengender Ausflug mit ernüchterndem Ergebnis.“ Seine Lider wurden immer schwerer. „Wärst du eine Vogelscheuche geblieben und hätte es mehr als nur einen Weg gegeben, wäre das alles viel spannender gewesen. Aber ich schätze, so viel Fantasie hatte ich dann doch nicht.“ Karyus Stimmte klang weit weg, als er fragte: „Dein Wunsch ist demnach ein Abenteuer mit denselben Menschen, die bis zu diesem Schloss gekommen sind?“ „Nein, nicht ganz. Es wäre viel besser, wenn wir nicht einen bösen Zauberer suchen würden, der drei Viertel von uns wahnsinnig unglücklich gemacht hat. Das nächste Mal, wenn ich so irre Träume habe, dann muss ich das unbedingt berücksichtigen.“, sagte Hizumi und kicherte. Ihm fielen die Augen zu und er schlief ein.
 

Hizumi wachte auf, weil ihn Schnurrhaare kitzelten. Er öffnete die Augen und sah eine schwarze Nase direkt an seinem Gesicht. Die Katze hob den Kopf und stellte dann ihre Pfote auf Hizumis Wange. „Ah! Oh nein! Entschuldigung!“, rief Karyu irgendwo und die Katze wurde hochgehoben, während sie meckerte. Jetzt da der Katzenkopf aus seinem Blickfeld verschwunden war, erkannte Hizumi, dass er draußen liegen musste. Er konnte einen wolkenfreien Himmel sehen, ein paar Vögel flogen über ihn hinweg und er konnte Gras unter sich fühlen. Hatte man ihn rausgetragen oder hatte der böse Zauberer etwa einen schönen Garten? Als er sich aufsetzte und sich umsah, stellte er erstaunt fest, dass er auf seinem Schulgelände lag und vor ihm Karyu hockte und die sich windende Katze an sich drückte.

„Hi, ich bin Karyu.“ „Ich weiß.“ „Ja, aber das soll doch keiner wissen. Wie willst du den Normalos hier erklären, woher wir uns kennen?“ „Vielleicht solltest du mir vorher erklären, was hier los ist.“ „Einverstanden. Während du auf meinem Sessel geschlafen hast, habe ich mir einen Teil deiner Erinnerungen angesehen und mit ein bisschen Zauberei habe ich uns in deine Heimat gebracht. Es sah nicht aus, als könnte es hier langweilig werden, deswegen habe ich mir eine unauffällige Vergangenheit erstellt und bin mit meiner Katze hergekommen. Ihr mögt doch Katzen? Jedenfalls ist euer Essen und Trinken immer mit solchen verziert. Du scheinst verwirrt zu sein, deswegen packe ich es in einfache Worte: Du bist zu Hause mit all deinen Freunden, die du in orz kennen gelernt hast. Diese Welt schien mir schon im Alltag jede Menge Abenteuer zu bieten, deswegen habe ich uns allen eine unauffällige Vergangenheit gezaubert, uns hierher gebracht und dein Wunsch ist damit erfüllt. Du wolltest doch Abenteuer mit deinen Freunden erleben und deine Freunde wollten bei dir bleiben. Deswegen bist du jetzt gemeinsam mit der Abenteuergruppe hier. Naja nicht ganz dieselbe Truppe. Schließlich haben Toshiya und Tsuzuku noch Anhang bekommen.“

Karyu wollte gerade weiterplappern, da unterbrach Hizumi ihn: „Was ist mit dir? In unserer Truppe warst du kein Zauberer.“ „Ja, das ist wahr und die ganze Zauberei hat mächtig genervt, deswegen hocke ich nun als Vogelscheuche mit Upgrade vor dir.“ „Kein Zauberer?“ „Nein, ganz normaler Mensch mit magischer Vergangenheit.“

Hizumi wusste nicht was er sagen oder fühlen sollte. Träumte er noch oder war er tatsächlich in einer magischen Welt gewesen? Vielleicht war er auch in einer Anstalt gewesen und hatte dort Karyu getroffen und mit ihm zusammen seltsame Welten erfunden und sich hineingeträumt. Er beschloss, einfach zu glauben, dass er mit dem echten Zauberer sprach, der sich freiwillig zur Vogelscheuche hatte machen lassen. Das gefiel ihm einfach besser, als die schnöde Welt ohne Zauberei sein zu lassen.

Beide erhoben sich und schlenderten über den Schulhof, trafen dabei auf Toshiya mit „Anhang“, der sich als Die vorstellte. Toshiya drückte sich jetzt viel weniger krass aus, sondern benutzte sanftere Worte, auch sein Tonfall hatte ich massiv geändert. Als Hizumi ihn fragte, ob Die sein so genanntes Herz war, wurde er sogar rot und schaute auf den Boden, während Die bloß verlegen grinste und dabei eine makellose Zahnreihe sichtbar wurde.

Hizumi fragte flüstern, ob Toshiya sich an eine Reise in einem Land namens orz erinnern konnte und die Antwort war deutlich: „Klar. Wir wurden gefragt, ob wir mit dir nach Hause wollen und das schien uns eine gute Idee zu sein, nicht wahr?“ Die nickte und Hizumi war sich ziemlich sicher, dass das Einverständnis nur gegeben wurde, weil Toshiya darum gebeten hatte und Die ihm nichts abschlagen konnte.

Sie unterhielten sich leise über die kleine Reise, die sie gemeinsam unternommen hatten, als jemand Hizumi auf die Schulter tippte. Er drehte sich um und sah einem blonden Jungen ins Gesicht. „Schön dich mal auf Augenhöhe zu sehen. Ständig um deine Beine herumzuschnurren ist doch etwas anderes, als dir ins Gesicht schauen zu können.“, sagte er, als Tsuzuku hinter ihm auftauchte, die Hand hob und „Yo.“, sagte.

So waren sie also wieder vereint, auch wenn sie mehr waren als zuvor. Hizumis Verwirrung hatte zwar nicht nachgelassen, doch je mehr Zeit sie miteinander verbrachten, wurde ihm klar, dass er entweder wirklich in einer Zauberwelt gewesen war oder aber in einer Anstalt und dort wirklich sehr gute Freunde gefunden hatte. So oder so schien ihm sein Leben jetzt wesentlich angenehmer und viel leichter zu sein. Weil Karyu Vogelscheuche mit dem Stil des Zauberers war, war seine Anziehungskraft gestiegen und von dem bösartigen und gelangweilten Zauberer war nichts mehr zu spüren.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das war's! Vielen herzlichen Dank an alle Leser ^.~ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2016-03-10T19:28:05+00:00 10.03.2016 20:28
omg, lol - das Ende kam jetz in der Form irgendwie anders als erwartet xD
..ich kann es nich so richtig beschreiben, einerseits zwar scheinbar relativ 'unspektakulär' und schnell beendet, andererseits aber quasi gerade deswegen auch einfach lustig und irgendwie originell
..ich hoffe, du kannst meine komische Beschreibung verstehen x'D
Antwort von:  Psychopath
11.03.2016 09:35
Ich denke, ich verstehe, was du sagst. ^^ Vielen Dank für alle deine Kommentare!
Von:  catgirl13
2016-03-10T15:37:10+00:00 10.03.2016 16:37
Cool *-*
Antwort von:  Psychopath
10.03.2016 19:29
Danke sehr! :3


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