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Alice in Magicland

Die Geheimnisse von Taleswood
von

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Eine zweite Chance

Da waren sie. Standen zusammen, lachten, diskutierten fröhlich, als wäre nie etwas Grausames geschehen. Und es benötigte nur eine Sekunde und ich begriff, dass dies die Gegenwart war. Das war keine Erinnerung – in keinster Weise – dafür war alles zu... real.

Und das bedeutete... die weichen, schneeweißen Finger, die sich sanft an mir hielten, der süßlich-herbe Duft in meiner Nase, das liebliche Seufzen in meinem Ohr gehörten... Mein Herz machte einen Aussetzer. Hatte man mir tatsächlich diese Chance gegeben?
 

„Ich spüre ihre Ankunft.“

„Sie hat es geschafft?“

„Ihre Lebenszeichen sind schwach.“

„Sie wird es schaffen. Kind des geteilten Blutes. Du musst uns nicht antworten, wir wissen, dass du uns hörst.“


 

Das Kollektiv... Es sprach zu mir, aber... wo war ich?
 

„Sie fragt, wo sie sei.“

„Es geht nicht darum, 'wo' sie ist. Es geht darum, 'wann' sie ist.“


 

Wann? Meinten sie etwa... war ich... in der Zeit zurückgereist?
 

„Positiv.“

„Wir konnten dich ein paar Zeitintervalle zurückschicken. Zu einem Punkt ab dem die Entität Mycraft noch nicht erwacht war.“

„Wir befinden uns etwa drei Sonnenumläufe davor.“

„Ich glaube, die Sterblichen bevorzugen den Begriff 'Tage'.“


 

Also bewahrheitete sich meine Vermutung, auch wenn ich es nur bedingt realisierte: Wir befanden uns an jenem Sonntag, kurz bevor mir Coleman mein Medaillon gestohlen hatte und damit alles ins Rollen kam. Aber was war mit Florence?
 

„Um die alte Zeit nicht zu sehr zu verfälschen, war es vonnöten, dass sie ihr Sein im Kollektiv aufgibt.“

„Zumindest temporär.“

„Es war ein notwendiges Puzzlestück.“

„Wir haben die Zeit schon genug gereizt.“


 

Sie... war also wieder in Mycrafts Schatten gefangen. Es tat mir weh, das zu hören. Das hatte sie nicht verdient.
 

„Ein geringer Preis.“

„Bedenke, dass Ihre irdische Hülle unwissend ist.“

„Das künstliche Mädchen, das einen Teil Florences in sich trägt.“

„Wenn deine Aufgabe beendet ist, wird sie wieder zu uns stoßen.“

„So wie du.“


 

...Was? Kaum hatte es die Worte ausgesprochen, merkte ich, wir mir schwummrig wurde. Meine Sicht verblasste, wurde klar, verblasste wieder und in meinem Kopf hämmerte ein grausam-schmerzhaftes Pochen. Dann ein Ziehen, ein langgezogenes Ziehen aus den Zehen und Fingern heraus, bis in meine Brust... fast so, als wäre mein Körper auf einmal zu eng geworden.
 

„Die Nebenwirkungen zeigen sich bereits.“

„Es war zu viel Kraftaufwand.“

„Sie wird es wohl schaffen.“


 

Langsam kam ich wieder zu Sinnen, der Schmerz verschwand. Nebenwirkungen sagte es? Hing es damit zusammen, was das Kollektiv gerade erwähnt hatte? Dass ich wieder zum Rückgrat gehen sollte?
 

„Die Zeit mag es nicht, umgekehrt zu werden.“

„Und noch weniger mag sie wissende Rückkehrer – wie eben dich.“

„Damit dich der Sturz nicht zerreißt, mussten wir dir einen Teil unserer Macht zukommen lassen.“

„Dies dürfte auch deiner magischen Kraft zugute gekommen sein.“

„Doch sei dir bewusst, dass du dadurch angreifbar wirst. Unsere Stränge in eurer Welt sind abtrünnig, vergiss das nicht.“


 

Die Anomalien... Wenn ich mich also nicht sputete, dann würde ich wie Mycraft enden...
 

„Keine Sorge, soweit wird es nicht kommen.“

„Vorher frisst die wilde Magie dich von innen auf und kehrt nach außen.“


 

Von innen... aufgefressen? Unverzüglich zog sich mein Magen wieder zusammen, verkrampfte sich, doch diesmal war es die Vorstellung im meinem Kopf, die dies simulierte, keine echten Leiden. Die Bereitschaft zu Sterben war etwas ganz anderes, als dem Tod direkt gegenüber zu stehen. Aber gut. Ich würde also mein Leben lassen müssen... Nein, der Gedanke wurde nicht davon angenehmer, dass man ihn wiederholte.
 

„Dir bleiben vielleicht 48 Stunden. Aber wir lassen dich nicht sterben. Wenn du die Sache beendet hast, wirst du dich in jene Ader stürzen, die ihr Madcap River nennt.“

„Und wir werden dich als Teil des Kollektivs begrüßen.“


 

Und wenn ich scheitere?
 

„Die Option der Niederlage stand und steht nicht zur Debatte.“

„Die Wahrscheinlichkeit besagt, dass du im Falle des Versagens sowieso von Dritten getötet wirst.“

„Aber... und sei dir versichert, das sagen wir nicht zu jedem...“

„...wir vertrauen dir, Kind des geteilten Blutes.“


 

…Verstanden. Das Ziel war also klar. Mit der wenigen geschenkten Zeit musste ich sehr achtsam umgehen, das Beste daraus machen. Wenn man so wollte, hatte ich den Joker gezogen; und ob dieser das Spiel wenden könnte... das müsste sich erst noch zeigen.
 

„Dein Hausmädchen sieht mir etwas schläfrig aus, Jack“, bemerkte Polizeichef Floyd mit einem verschmitzten Grinsen in unsere Richtung. Ich schreckte hoch. Seine Worte hatten mich aus meiner Trance gerissen. Meine Kiefer pressten sich zornerfüllt aufeinander, als ich das Gesicht dieses Bastards erblickte, doch ich wollte nicht zu viel preisgeben. Er sollte nicht merken, dass ich wusste, für wen er arbeitete.

„Hast sie wohl in letzter Zeit nicht nur für den Haushalt beansprucht? Oder war es vielleicht dein Lehrling?“

Tief in meine Gedanken versunken nahm ich das Gekichere der anderen kaum wahr, so irrelevant erschien es mir in diesem Moment. Hausmädchen... Fleur! Mein Puls schlug bis in meinen Hals, Blut schoss in meine Wangen.

Sie war es, die an meiner Seite lehnte. Natürlich. So wie an jenem Abend. Ein Pflock rammte sich in mein Herz. Fast schon hatte ich mich mit ihrem Tod abgefunden, da war sie wieder bei mir und dann... sollte ich statt ihrer gehen müssen?

Nein, von derlei Dingen durfte ich mich nicht beeindrucken lassen! Das hier war meine Chance, dafür zu sorgen, dass Fleur und Jack und Thomas und all den anderen noch ein paar glückliche Jahre zustanden. Oder zumindest denen, die nicht auf der Gegenseite standen.

Unwillkürlich zuckten meine Mundwinkel nach oben. Ich musste sterben, das war der Preis, aber... was war das schon für ein Preis, wenn ich sie nur noch einmal – ein letztes Mal – lächeln sehen durfte?

„Hier...“

In meine Hand drückte sich ein schmaler, metallischer Gegenstand: ein Schlüssel.

„Geht ihr schon mal vor. Ich komme dann nach.“

Vater zwinkerte mir zu, doch hielt inne als er in mein Gesicht sah, legte prüfend eine Hand auf meine Stirn. Seine warmen, rauen Finger... Ich konnte die vergangenen Bilder nicht ignorieren.

Sein leerer, seelenloser Blick, während er zu Boden ging – fast kampflos... Das war kein böser Traum gewesen, das war alles passiert... und sollte wieder passieren, wenn ich nichts dagegen unternahm. Ich müsste sie alle noch einmal sterben sehen.

Nach Luft schnappend zuckte ich ein wenig zurück. Mehr und mehr wurde mir bewusst, wie recht das Kollektiv mit seiner Aussage hatte: Scheitern war keine Option.

„Alles okay, Alice?“

„U-und bei dir?“

„Was soll mit mir sein?“, fragte er verunsichert. „Ich frage dich das, weil du etwas blass erscheinst. Du wirst doch nicht krank?“

Wenn es nur das wäre... Für einen Moment überkam es mich, ihm alles zu erzählen, doch ich musste vorsichtig sein: Floyd hörte mit.

„Ruh dich ein wenig aus, es war eine arbeitsreiche Woche. Fleur, du kümmerst dich doch sicherlich um sie, oder?“

Ich spürte eine kurze Regung von der Person an mir, eine Art Nicken. Dann sah ich noch einmal in die Runde, murmelte eine kurze Abschiedsfloskel, bevor mich ein Paar schneeweißer Hände in die andere Richtung heimwärts geleitete. Ihre Wärme wirkte fast unwirklich, ihre Nähe... war wie ein schöner, aber nur allzu zerbrechlicher Traum und ihn festzuhalten erschien mir in dem Moment wie eine unlösbare Aufgabe.
 

Um uns verwischten die Bewohner zu einer zerflossenen Farbpalette, Haut und Fell sich abwechselnd. Ich wagte es kaum nach links zu sehen, konnte nicht begreifen, ihr hübsches Gesicht noch einmal in voller Pracht zu erblicken. Und umso mehr schmerzte es mich, wie traurig sie schaute... als hätte sie jemand verletzt...

Nein, nicht irgendjemand... ich hatte sie verletzt!

An diesem Tag hatten wir gestritten, aber... worüber eigentlich? Gemessen an allem, was passiert war – über all die letzten Tage hinweg – erschien es mir in jedem Falle ein unnötiger und unwichtiger Disput gewesen zu sein; vergeudete Zeit, verschwendete Liebe. Was wohl gewesen wäre, hätte ich doch nur nie die Frechheit besessen, sie zu rügen... dafür, dass sie mich liebte.

„Verzeih mir...“ Meine Stimme brach, die letzte Silbe war nicht mehr als ein Quieken. Ich hielt an und zerrte Fleur grob zurück.

„Was... Aber Alice... Warum weinst du denn?“

Ich weinte? Tatsächlich: Mein Ärmel war mit salzigem Wasser angefeuchtet, als ich mir damit über das Gesicht strich. Fleur beugte sich zu mir hinab und holte ein Taschentuch hinaus, tupfte sanft über meine Augen. Wie sie mich schon wieder bemutterte... Aber das war mir egal, denn ihre weichen Hände auf meinen Wangen spendeten mir ungeheuren Trost über alles, was ich erlebt hatte.

„Alice, ich weiß, du willst nicht, dass wir unsere Gefühle füreinander öffentlich zeigen, es ist nur... es fällt mir so unheimlich schwer, zu lügen“, murmelte sie trist.

Das wusste ich doch! Sie sollte aufhören, sich Vorwürfe zu machen!

„Versteh nur bitte: Ich habe noch nie so gefühlt... noch nie geliebt... und wenn ich Pech habe, ist die Hälfte meines Lebens bereits vorbei. Ich möchte doch nur so gerne jede einzelne Sekunde...“

Weiter kam sie nicht, denn in jenem Moment schlang ich meine Arme um sie, stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste sie, lang und innig. Wie kleine elektrische Impulse nahm ich das Zittern ihrer Lippen war, dazu das leicht schüchterne Zurückziehen gemischt mit dem verschämten und doch begierigen Verlangen nach mehr; ihre Hände, die unsicher an meiner Schulter und Brust drückten, sich dann aber fest an meine Bluse klammerten... wenn es auch nur den geringsten Zweifel gab, dass sie es wirklich war, so wurden diese in einer Welle ihres intensiven Duftes und des bittersüßen Geschmacks ihrer Zunge ertränkt. Von Glücksgefühlen überwältigt wurde mir beinah schwindelig, meine Knie weich, die Lider schwer – als würde mir ein besonders schwerer Wein eingeflößt.

„Ich habe dich so vermisst...“, hauchte ich, als wir uns endlich lösten und ich stolperte beinahe nach hinten, als meine Fersen endlich wieder festen Boden berührten.

„W-was meinst du? Wir waren doch gar nicht...“

„Halt die Klappe, küss mich nochmal!“, befahl ich, reckte mich jedoch dieses mal nicht zu ihr hinauf, sondern packte sie am Kragen und zerrte sie zu mir. Wieder legten sich unsere Lippen aufeinander, wieder setzte dieses unvergleichliche Hochgefühl ein.

Hörte ich Getuschel auf der Straße, empörtes Aufschnappen, schmutziges Gelächter, böswillige Bemerkungen? Vielleicht, doch das war mir egal. Mir blieb zu wenig Zeit, um Fleurs Dasein auszukosten, als dass ich mich mit den Urteilen anderer auseinandersetzen konnte. Ich wollte es niemals mehr missen, dieses Gefühl des Schwindels, die wohlige Wärme in meiner Brust, der Kraftverlust in meinen Beinen...

Dann löste ich mich von ihr und stürzte auf meine Knie, so plötzlich, als hätte mir jemand unsichtbaren Balast angehängt. Das Schwindelgefühl wurde stärker, zerriss das Bild vor meinen Augen in zwei halbdurchsichtige Illusionen, die wie wild umeinander kreisten und die Wärme entpuppte sich als ein ausgewachsener Großbrand, entzog mir alles Wasser und schmerzte unerträglich.

Meine Kehle war so rau, dass ein einziger Atemzug in einem staubtrockenen Hustenanfall endete, der mir die Tränen in die Augen trieb.

„Alice! Alice, was ist denn?!“ Fleur rüttelte an meinen Schultern, schien sich nach Hilfe umzusehen, doch so schnell dieser plötzliche Anfall auch gekommen war, so schnell war er auch wieder vorbei. Das mussten die Anomalien sein; eine schmerzhafte Erinnerung, dass meine Zeit knapp wurde. Als sich meine Sicht wieder normalisierte, war meiner erster Blick auf meine Hand gerichtet: Vereinzelte, hellrote Sprenkeln waren auf ihr zu erkennen und an meinem Gaumen hatte sich ein schwaches Metallaroma angesetzt. Hoffentlich würden sich diese Symptome nicht so kontinuierlich verschlimmern, sonst würde ich niemals die zwei Tage durchhalten.
 

"Damit könnte sie recht haben.“

„Sie wird sich daran gewöhnen.“


 

Die schon wieder. Warum nur hatte ich das Gefühl, dass das Kollektiv seine Hände – oder was auch immer sie sonst besaßen – im Spiel hatte?
 

„Dein mangelndes Vertrauen...“

„...enttäuscht uns...“

„...kränkt uns gar, könnte man sagen!“

„Sofern man unsere Entität überhaupt kränken kann.“

„Wenn wir diesen Einfluss auf eure Welt nehmen könnten, bräuchten wir die Hilfe von euch Sterblichen nicht.“

„Aber nimm den Schaden als Erinnerung an deine Aufgabe.“


 

Helft mir... was soll ich tun?
 

„Wir sind nicht allwissend.“

„Solltest du das vergessen haben...“

„Hat sie.“

„Aber wir wissen, was zu einer anderen Zeit passiert ist und dass auch in dieser Zeit eben jenes geschehen wird.“

„Die Zeit ist in derlei Dingen ein wenig unflexibel.“

„Es sei denn... du schreitest ein.“

„Verfolge deine Schritte zurück...“

„... und verändere die Faktoren.“

„Vergiss nur nicht, dass du nur einen Versuch hast.“


 

Die Faktoren ändern? Achso... Ich glaube, ich verstehe was ihr meint...
 

„Es geht mir gut... nur ein kleiner... Schwächeanfall“, murmelte ich, während ich mit Fleurs Hilfe aufstand. Tatsächlich stimmte dies auch: Diese Attacken kamen schnell und heftig, doch sobald sie zu Ende waren, fühlte ich mich vollkommen normal.

„Bist du sicher? Wir sollten besser schnell nach Hause.“

„Dafür ist keine Zeit. Los komm!“
 

Schnell rannte ich los, zog Fleur hinter mir her in die nächste dunkle Gasse. Der erste Schritt war der Diebstahl meines Medaillons. Den Faktor sollte ich ändern? Na gut... ich hoffte nur, sie würde mir nicht allzu böse sein.

„W-was ist denn los? Alice du machst mir Angst.“

Fest presste ich das Homunkulus-Mädchen an die Wand und meine Hand auf ihren Mund.

„Still... hörst du etwas?“, flüsterte ich und küsste dann meinen Handrücken an der Stelle, wo sich ohne meine Finger ihr Mund befinden würde.

Fleurs Augen wanderten wild und verängstigt umher, sie versuchte sich zu wehren, doch ich behielt strikt die Oberhand, presste die Finger nur fester zusammen, als sie einen Jammerlaut von sich geben wollte. So Leid es mir auch tat, gerade benötigte ich absolute Ruhe.

Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich... nicht auf Geräusche, denn mein Verfolger war von Natur aus auf leisen Pfoten unterwegs. Doch auch er konnte eine Sache nicht verbergen, die jeder magische sechste Sinn erfassen konnte. Ruhig versuchte ich, die Schwingungen in meiner Umgebung voneinander zu unterscheiden, achtete auf jede einzelne Ungereimtheit.

Vor meinem geistigen Auge bildeten sich die Umrisse der Umgebung, Häuser, Straßen und Passanten, doch all das interessierte mich nicht. Ich suchte etwas, einen deplazierten Fleck, der sich – jetzt, da ich scheinbar in einem innigen Kuss mit meiner Partnerin verwickelt war – von hinten anschleichen würde. Aber warum war da nichts?

Unter meinem strengen Griff ertönte aus Fleurs Mund ein kurzes Flehen, doch ich bestrafte dies nur, indem ich mich noch enger gegen sie presste. Verzeih mir, Liebste, aber es musste sein. Ich musste genauer hinsehen, mich fester konzentrieren...
 

Da waren schon die Pfoten nach meinen Nacken ausgestreckt, drauf und dran, den kleinen Haken der Kette zu öffnen. Ich bließ sanft Luft aus und spürte, wie die zuvor noch flinken Fingerchen von einem auf den anderen Moment langsamer wurden, sich kaum mehr bewegten.

Schnell wirbelte ich herum, schlug direkt nach vorne. Auch wenn ich ihn noch nicht sah, wusste ich doch, dass er dort war und nur wenige Sekunden darauf, traf meine Faust auf eine unsichtbare Schnauze.

Und mit dem Treffer nahm die Zeit wieder Fahrt auf. Binnen Augenblicken riss der Illusionsvorhang auf und von meinem Treffer zurückgeschleudert wurde ein hellbrauner Kater in einem grauen Anzug mit passender Melone und aufwendig verziertem Gehstock. Coleman stolperte einige Schritte zurück, hielt sich das Gesicht.

„Oh, verfluchte Scheiße!“, stieß er aus. Aus seinen Nasenlöchern floss ein dicker, tiefroter Bach. „Und dann auch noch auf das Näschen! Jede Wette, die ist eingedrückt wie bei dieser arroganten Perserbrut!“

„Das ist nur gerecht, du Arsch!“ Ich rannte auf ihn zu und rammte meine Knöchel direkt in seine Wange. Coleman fiel mit dem Bauch voran in den Staub, die Melone purzelte von seinem Haupt.

„Ok... das wollte ich ja eigentlich nicht tun, aber du lässt mir keine Wahl!“

Der Kater sprang auf, schwang seinen Stock in meine Richtung. Zwecklos. Kaum sah ich den Stock kommen, verlangsamte ich die Zeit, lehnte mich in aller Ruhe nach hinten, sodass er einfach an mir vorbei flog, machte einen Schritt nach rechts, als er den Griff nach vorne rammte und trat dem beschuhten Kater galant in die Seite.

Dieser rappelte sich wieder auf, fuhr seine Krallen aus, langte nach mir, doch ehe er sich versah, packte ich seine Pfote und ließ ihn über meinen Fuß stolpern.

Ich sprang durch die Zeit, als hätte ich noch nie etwas anderes getan, verlangsamte und beschleunigte sie, wie es mir gefiel. Es war unmöglich für den samtpfötigen Illusionisten, mit mir Schritt zu halten. Wollte er sich unsichtbar machen, unterbrach ich ihn, bevor es funktionierte, schlug er zu, war ich schon lange aus dem Weg, bevor er mich erreichen konnte – und bestrafte jeden Angriff mit einem Konter.

Was mich noch beim ersten Mal so angestrengt hatte, wurde jetzt – mithilfe der Macht des Kollektivs – zu einem Kinderspiel und inszenierte den Kampf wie ein Ballett.

Ich verspürte ein endlos befriedigendes Gefühl der Überlegenheit, hätte noch ewig so weiter machen können, doch als sich mein Gegner kaum mehr auf den Beinen halten konnte, beendete ich unsere einseitige Schlägerei.
 

„Was zur Hölle war das!?“, presste Coleman keuchend und hellroten Speichel spuckend hervor, während er sich auf seinen Stock stützte, um nicht aus den Latschen zu kippen. Sein sonst so gut gepflegtes Fell war überall zerzaust und die Melone saß mehr schlecht als recht auf seinem Kopf; hatte eine kleine Delle, da einer von uns wohl versehentlich draufgetreten sein musste.

„Das war meine Revanche.“ Ich merkte, dass ich doch etwas aus der Puste war, doch bedeutend weniger als in den Momenten, als ich zum ersten Mal Zeitsprünge genutzt hatte. Fast schien es mir, als würde meine Magienutzung die zerstörerischen Kräfte in meinem Körper besser im Zaum halten, als wenn ich sie sparte.

„Erstens: Die Blessuren kompensieren nicht den Diebstahl eines mickrigen Schmuckstücks – Gott weiß was sie ausgerechnet damit will – und zweitens: Das war nicht meine Frage. Ich meinte... das vorhin... das waren Zeitsprünge, oder? Sie hatte doch gesagt, du wärst nur ein winziger Lehrling.“

„Der Schein kann trügen, mein lieber Coleman.“

Einen kurzen Moment lang hüllte sich die Welt in Stille. Zumindest die Welt um uns drei. Als ich hinter mich blickte, sah ich in Fleurs verunsichertes Gesicht, doch zugleich war der Hauch von Bewunderung nicht zu verkennen und ihr Anblick zwang mir ein unwillkürliches Lächeln ab. Zum ersten Mal konnte ich sie wirklich beschützen. Ich griff nach ihrer Hand, zog sie hoch und küsste sie schnell auf die Wange.

„Lauf zurück und hol Jack. Sag ihm... Sag ihm, er soll dich unverzüglich nach Hause begleiten. Und sich danach zu La Belles Haus aufmachen. Aber erst wenn du sicher zu Hause bist und nicht eine Sekunde früher.“

Für einen Moment starrte meine Freundin mich nur ausdruckslos an, blickte nach unten; dann nickte sie schnell und lief aus der Gasse. Ihr wurde bewusst, dass ich mit meiner Bitte nicht scherzte – auch wenn ich mir noch nicht sicher war, ob mein Plan nicht nach hinten losgehen würde.
 

„So...“, begann Coleman, als wir allein waren und steckte sich eine Zigarette an. Er hatte unterdessen seinen Anzug gerichtet und gab sich beste Mühe, seine Würde zurückzugewinnen.

„Du weißt also wer ich bin... Und scheinbar weißt du auch, wer mich geschickt hat. Was bist du? Eine Hellseherin?“

Ich lehnte mich an die Wand und legte den Kopf schief. Ein gelassenes Grinsen zierte mein Gesicht, doch in Wahrheit wurde mir vor Nervosität schlecht. Ich ließ mir Zeit mit meinen Worten, überlegte jedes ganz genau.

„Was, wenn ich dir sage, dass du schon einmal versucht hast, mein Amulett zu stehlen? Und es dir sogar gelungen ist?“

„Bitte?“ Der Kater dachte wohl, ich verschaukelte ihn – wer sollte es ihm verdenken? „Nur damit ich das richtig verstehe: Ich soll dich schon einmal bestohlen haben? Und wann bitteschön soll das gewesen sein?“

„Vor etwa fünf Minuten.“

„Vor etwa fünf Minuten habe ich für eben jenen Versuch einen auf den Deckel bekommen.“

„Nicht unsere fünf Minuten. Aber es gibt eine Zeit, in der du dieses kleine Schmuckstück geklaut hast, womit eine Reihe von Ereignissen in Gang geriet, die Veronique, Jack, Fleur... und nicht zuletzt auch dir das Leben kosteten.“

„...Du kannst viel erzählen.“

„Ich kenne deinen Namen und den deines Auftraggebers und ich wusste, was du vorhattest. Ich kann dir auch sagen, dass Véronique dich darum bitten wird, damit die Barriere der Goldenen Uhr am Kirchplatz zu öffnen und dass du dafür meine Hilfe brauchen wirst. Und zuletzt weiß ich auch, warum du all das tust.“

Coleman schwieg für einen Moment, dann fing er an zu kichern und wischte sich mit einer Pfote über die Augen, bevor er aufseufzte.

„Also gut... ich spiele mit. Was ist mein Preis?“

„Deine Freiheit. Du willst den Fluch von dir nehmen lassen, der dich in dieser Stadt einsperrt. Und dafür brauchst du ein gewisses kleines schwarzes Buch.“

Coleman fiel die Zigarette aus dem Maul.

„Wer... bist du?“

„Eine Freundin. Eine zukünftige Freundin, die dir helfen will.“

„So bescheuert das auch klingt, aber bist du... aus der Zukunft?“

„Ich weiß es nicht genau. Was ich weiß, ist, dass ich Dinge miterlebt habe, die ich nicht noch einmal erleben will.“
 

Coleman haderte, das sah ich genau. Wer konnte es ihm verübeln, gab es doch immerhin keinen eindeutigen Beweis dafür, dass ich die Wahrheit sprach? Er drehte sich um, wanderte ein paar Sekunden auf und ab.

„Kannst du das wirklich? Kannst du mir helfen, diese Stadt zu verlassen?“ Ich sah einen seltsamen Hoffnungsschimmer in seinen Augen, während er mir diese Frage stellte.

„Dein Fluch ist wahrscheinlich an Mycraft geknüpft. Wenn er stirbt...“

„Mycraft ist schon lange tot.“

„Ist er nicht. Ich habe ihn gesehen. Wahrscheinlich ruht er aktuell, wartet auf seine Chance.“

Coleman lachte verächtllich.

„Also... hätte ich all die Jahre ihn einfach nur finden und abmurksen müssen?“

„Das letzte Mal, als ich ihn sah, konnten ihm gewöhnliche Waffen nichts anhaben. Aber vielleicht gibt sein Grimoire mehr her. Und das liegt bei Véronique.“

„Du willst es von ihr stehlen? Schlechte Idee, das garantiere ich dir.“

„Seh ich auch so. Deswegen werde ich dafür sorgen, dass sie es mir freiwillig gibt.“

„Warum sollte sie das tun?“

„... Weil das ihre einzige Chance ist, Frieden zu finden.“

Ein letztes Mal zögerte der Kater, dann streckte er seine Pfote aus und ich schlug ein.
 

Die Sonne tauchte das leicht schiefe Anwesen von La Belle in ein warmes und zugleich bedrohliches orange-rotes Licht, unterbrochen durch die unzähligen Baumkronen und so in ein unwirkliches Halbdunkel gesetzt, in dem die Schatten mit dem Wind tanzten. Es war entspannt ruhig, wir vernahmen nur die Geräusche des Waldes. Vater war also noch nicht da. Sehr gut. Das bedeutete, dass er Fleur sicher nach Hause begleiten würde, so wie ich es verlangt hatte. Doch noch mehr ging es mir darum, mit Véronique erst allein zu sprechen.

Coleman setzte mich vor dem Weg ab. Es war erstaunlich leicht gewesen, ihn davon zu überzeugen mich zu tragen – und zugleich auch bitter nötig, denn noch während wir liefen überfiel mich ein kleiner Schwächeanfall, der sich jedoch schnell wieder legte. Der Kater hatte davon nichts mitbekommen und das war mir auch lieber.

„So... und hier wohnt meine Auftragsgeberin.“

„Ich weiß. Ich war hier schon einmal.“

„Richtig, ganz vergessen... bist du sicher, dass es eine gute Idee ist, direkt mit Véronique zu sprechen? Soweit ich weiß, lebst du doch mit Jacob Salem zusammen, das ist doch auch ein erstklassiger Magier.“

„Leider brauche ich sie beide. Jack mag mächtig sein, aber La Belle hat Mycrafts Unterlagen. Und wenn sie nicht für uns ist... im schlimmsten Fall ist sie gegen uns.“

Mit diesen Worten schlug ich schwungvoll gegen die Tür und lauschte nach den schnellen Schritten einer der Homunkuli. Langsam wurde meine Nervosität größer. Mit diesem Ort waren mehr als genug negative Erinnerungen verbunden und als ich in das Katzengesicht neben mir sah, überlappten sich die Bilder seines blutgetränkten und durchlöcherten Fells, während seine Zunge schlaff aus dem Maul hing. Ich schüttelte den Kopf und diese Klette namens Erinnerung somit von mir. Dieses Mal war alles anders. Niemand musste sterben. Naja, niemand bis auf einem...

Die Tür ging auf und einer der Homunkuli, ein junger Mann mit akkuratem Kurzhaarschnitt und einem streng sitzendem Anzug stand in der Schwelle, sah uns mit seinen ausdruckslosen violetten Augen an.

„Sie wünschen?“, kam es kurz und knapp.

„Wir wollen mit La Belle sprechen.“

„Die werte Madame empfängt keine Bes-“

„Admetts-ils und zwar unverzüglich!“

Ich erschrak. Die Stimme La Belles hallte von allen Seiten wieder, so als stünde sie direkt neben mir – oder als käme die Stimme direkt aus unseren Köpfen. Der grauhaarige Diener zuckte kurz, blieb aber sonst unberührt. Dann machte er einen Schritt zur Seite, verbeugte sich schnell und sprach: „Meine Dame, mein Herr, bitte treten Sie ein.“

Ich ging voran, nachdem mich der Kater mit einem kleinlauten „Ladies first“ schon fast hineingeschoben hatte, vorbei an den stellenweise beeindruckend guten, aber auch so mancher peinlich schlechten Präparation, die in dem engen Korridor standen und geradeaus in den Salon.

Véronique musste ebenfalls gerade erst heimgekommen sein, denn sie trug noch ein paar Handschuhe und ihre Stiefel, während sie, die Arme hinter den Rücken verschränkt, auf die Buchrücken in ihrem Regal starrte. Sie machte keinerlei Anstalten sich umzudrehen, uns zu begrüßen, oder gar etwas zu Trinken anzubieten – nicht, dass ich Letzteres ernsthaft erwartet hatte, aber irgendeine Reaktion wäre schon wünschenswert gewesen.

„Coleman, als ich Sie anheuerte, dachte ich, ich hätte jemand Fähigen engagiert... Stattdessen haben Sie nicht nur beim Diebstahl versagt, Sie haben die Bestohlene sogar direkt zu mir geführt. Und verprügelt hat man Sie dabei anscheinend auch noch. Ein Straßenköter hätte das besser hingekriegt“, sagte die Magierin und schaute einmal kurz über die Schulter.

Ihr eisblauer Blick durchbohrte mich, doch anders als zuvor verängstigte er mich nicht mehr. Stattdessen fiel mir in diesem Moment auf, wie ähnlich sie und ihre Schwester sich doch waren und so konnte ich nicht anders, als hinter ihrer Fassade Florence zu sehen.

„Nun gut, jetzt bist du hier... Setz dich doch“, seufzte sie und wies auf den Sessel. Welch Ironie: Auf eben jenem hatte ich auch bei meinem ersten Besuch gesessen, war damals von ihr mit ihren liebenswerten Rosenranken gefoltert worden. Doch heute würde es nicht so laufen und so nahm ich entspannt Platz. Nicht zuletzt war sie noch immer die Herrin des Hauses und wenn man vom Gastgeber einen Platz anboten bekam, so setzte man sich – einfache Höflichkeit.

„Nun sag an, petite Alice... du weißt dass ich deine Kette haben möchte, die Tatsache, dass du hier bist, sagt mir, dass du sie vielleicht tauschen möchtest. Aber was lässt dich glauben, dass ich verhandle?“

„Was lässt denn Sie glauben, dass ich wirklich mein Medaillon abgeben möchte?“

Die Magierin lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander, verschränkte die Arme vor der Brust und blies hörbar Luft aus ihrer Nase.

„Ist das ein Spiel? Denn ich hasse die Spiele, deren Regeln ich nicht kenne.“

„Kein Spiel, keine Drohung und auch kein Hinterhalt. Ich will Ihnen helfen.“

„Du glaubst, ich bräuchte deine Hilfe?“

„Ich weiß es. Ich habe es gesehen.“

Für einen Augenblick zögerte die schöne Französin, tauschte Blicke mit dem Kater aus, doch Coleman gab weder durch Mimik noch Gestik etwas preis – wie denn auch, er wusste sowieso kaum etwas. Dann nickte sie und fing an zu kichern.

„Alles klar, ich verstehe schon. Es ging um meinen Besuch nicht wahr? Nun, zum einen habe ich damals nach Jack gefragt und nur mit dir als Notstopfen Vorlieb genommen. Zum anderen sind gestern und heute zwei verschiedene Zeiten. Alles, was ich heute von dir brauche, ist dein Medaillon.“

„Das wird Ihnen aber nicht weiterhelfen. Wenn Sie das Medaillon mit der Uhr verbinden, wird das Florence nicht wieder lebendig machen.“

Es war binnen einer Sekunde, dass die Magierin aufgesprungen und zu mir gestürmt war. Um sie und mich wickelten sich dunkle Ranken mit spitzen Dornen, schlängelten um mich, bereit auf Kommando zuzudrücken.

Die Augen meines Gegenübers glühten in scharlachrot, die Iris verdrehte sich in unwirklichen Schwaden um die zitternde, immer kleiner werdende Pupille, als würde der rote Sud die schwarzen Punkte auffressen. Und als Véronique die Worte durch ihre Zähne zischte, da hörte ich seine Stimme ganz eindeutig mit hinter der ihren hervorschimmern:

„Was weißt du Gör denn schon?! Du unterschätzt uns und unsere Fähigkeiten?!“

Eine Ranke schoss aus ihrem Schatten hervor und auf mich zu, bildete eine Schlinge, bereit sich um meinen Hals zu wickeln. Instinktiv riss ich die Hände hoch und drehte den Kopf weg, da entlud sich eine kurze Hitzewelle aus meinen Händen, begleitet von einem hellblauen Lichtblitz.

Véronique zuckte zurück, starrte auf meine bläulich glühenden Fingerspitzen. Ich musste instinktiv die Glut in meinem Körper hervorgeholt haben und wie zuvor bedurfte es keiner großen Anstrengung, um solche Magie zu wirken – und ebenso wie zuvor war der Ausstoß um ein Vielfaches gewaltiger gegenüber meinen alten Fähigkeiten.

Ein Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit. An solche Momente konnte ich mich gewöhnen.

„Nun Véronique... wie Sie sehen, bin ich mehr als nur ein Gör.“

Da schoss hinter mir eine ganze Reihe von Schlingen hervor, packte mich an den Armen und fesselte mich – die Adern fast schon abschnürend – an den Armlehnen fest. Ich pumpte alles Glut an die Stellen, brannte mich durch die Ranken Stück für Stück. Als sie durchschmorten, griff ich nach meiner Kette, riss sie von meinem Hals – wobei sie sich um ein Vielfaches verlängerte – und schwang sie auf Véronique, doch diese holte gleichzeitig mit einer Ranke zum Schlag aus und so knallten wir uns fast zeitgleich unsere Peitschen direkt ins Gesicht.

Von meiner Augenbraue bis zu meiner Unterlippe pulsierte ein brennender Schmerz und ein Blick zu meinem Gegenüber zeigte, dass auch ihr hübsches Gesicht von einem langen, hellroten Striemen entstellt wurde.

Mir wurde klar, dass ich stärker war als zuvor – dennoch, es war ein grundsätzlich anderes Gefühl, gegen einen echten Magier anzutreten, der genau wusste, wie er seine Fähigkeiten einzusetzen hatte. Es war so viel anders, als gegen jemanden zu kämpfen, dessen magische Fähigkeiten lediglich eine Nebenwirkung waren.

„Zugegeben, du hast das ein oder andere auf dem Kasten“, knurrte La Belle und hielt sich das Gesicht, ließ sich wieder auf das Sofa fallen.

„Und ich weiß sehr viel über Ihre Experimente. Insbesondere über Fleur.“

„F-Fleur?“ Auf einen Schlag entwich das glühende Rot und ein fast schon besorgtes, auf jeden Fall aber nur allzu menschliches Schimmern zeigte sich in ihren blauen Augen.

„Sie wollten sie niemals verletzen, nicht wahr?“

„Fleur war ein Fehlschlag, ein misslungener Homunkulus.“

„Nein. Sie war Ihre beste Schöpfung und das wissen Sie. Es war ihre Geburt, die Ihnen klar machte, dass es unmöglich war, Florence wiederzubeleben. Deswegen wollten Sie sie zerstören. Oder besser... nicht Sie, sondern Mycraft wollte sie zerstören.“

„Ich habe es fast gelöst! Ich brauche deine Hilfe nicht!“

Ich schlug die Beine übereinander und verschränkte die Arme. Dann drehte ich mich zum Kater.

„Coleman, in dem Regal da vorne findest du mehrere Bücher mit rotem Ledereinband. Das jüngste müsste etwa drei Jahre alt sein.“

Ein lautes Rumpeln unterbrach mich beinahe. Das Regal wurde in einem überdimensionalen Geflecht besetzt mit pechschwarzen Dornen eingeschlossen. Véronique schaute wütend zu mir, doch in ihren Augen spiegelte sich noch etwas, wenn auch nur ganz gering: Furcht. Und auch wenn dieser Schein nur kurz auftauchte, bedeutete er dennoch, dass die berechnende Fassade zu bröckeln anfing.

„Woher weißt du davon?“, knurrte sie und blitzte mich hasserfüllt an.

„Ich habe sie gesehen, Ihre Tagebücher. Sie sind auf französisch, daher verstehe ich sie nicht, aber zwischen den Seiten waren alchemistische Forschungsberichte. Sie stehen vor keinem Durchbruch Véronique. Denn Sie haben seit drei Jahren nicht mehr experimentiert.“

„Ich warne dich, kleine Göre, noch ein Wort und ich werde nicht nur dir, sondern auch deiner geliebten Fleur den Hals...“

„Das können Sie nicht. Sie sind an Ihr gebunden, Sie können Ihr gar nicht wehtun.“

„Und wer hat dir das nun wieder erzählt?“

„Das waren Sie selbst.“

Véroniques Zähneknirschen war so laut, dass ich es selbst unter ihrem schweren Schnaufen ohne weiteres hören konnte. In ihren Augen waberte das finstere Rot, ein Anzeichen dafür, dass sie nicht mehr Herrin ihrer Sinne war. Doch es übermannte sie nicht – noch nicht.

„Du lügst...“

„Fleur ist Florences nahezu perfektes Ebenbild. Ich weiß es, denn ich habe Florence getroffen.“

„Du lügst...“

„Glauben Sie, was Sie wollen, aber eines ist sicher: Florence liebt Sie über alles, aber fürchtet um Ihre Seele. Und Fleurs Tod wird nur Ihr Ende besiegeln. Denken Sie doch nicht, dass Mycraft jemals etwas an Ihnen oder gar Ihrer Schwester lag.“

„Halt endlich deine Klappe!!“

Ich hatte Sie zu stark gereizt – oder vielleicht gerade stark genug. Unter Ihrem Schreien schoss eine Reihe von Dornen aus ihrem Körper, schlugen wie Splitter in Möbel, Schränke und brachten die Gläser auf den Tischen zum platzen. Und auch ich erwartete, mir einige einzufangen, riss Arme und Beine hoch, um Gesicht und Torso zu schützen.

Klirren und Knarzen umgaben mich, bis es hinter mir lauthals krachte und ein donnernder Sturm durch die Tür brach. Doch der erwartete Schmerz blieb aus und das zittrige Stöhnen meines Gegenübers, welches schon fast mit Wimmern verwechselt werden konnte – aber bitte, wir sprachen hier von La Belle – verstummte kurz, bis es zu einem boshaften Kichern verzerrte.
 

„So, so... und ich dachte, du traust dich nicht in dieses Haus.“

Im Raum verteilte sich der bekannte Geruch eines sanften, fast schon süßlichen Tabaks und als ich die Augen wieder zu öffnen wagte, erschien vor mir eine schwarz leuchtende Barriere aus komplexen Zeichen, in welcher die Dornen stecken geblieben waren.

Und als ich über die Schulter blickte, sah ich in Jacks vom blaugrauen Dunst verwaschene Augen, vor Wut und Entschlossenheit knisternd und dennoch in einer leichten Traurigkeit verhangen. Um die eine Hand, welche nach vorne gestreckt auf die Barriere zeigte, und den Dolch in der anderen Faust waberte die gleiche schwärzlich leuchtende Aura, bis er den ausgestreckten Arm senkte und sie verblasste.

Die Barriere verschwand und die feststeckenden Dornen purzelten dumpf zu Boden. Ich atmete erleichtert aus: Ganze Bücher hätten nicht beschreiben können, was für eine klischeehafte Dramatik in seinem Auftritt lag, aber ich wollte mich nicht beschweren.

„Hatte ich es dir nicht gesagt? 'Wage es noch einmal jemanden zu verletzen und wir werden die Sache endgültig zu Ende bringen. Und zwar bis zum Tod.' Waren das nicht meine Worte, als wir uns zuletzt sahen?“, drohte Jack.

Ich dachte, ich hätte dieses Aufeinandertreffen nie wieder sehen, geschweige denn spüren können. Dieser Zusammenstoß eines tobenden Gewitters auf einen zerstörerischen Schneesturm. So angsteinflößend diese Auren auch waren, so süchtig machte es, sie zu erfahren. Und dennoch... etwas wirkte seltsam in diesem Moment.

„Nun zugegeben, mein Hübscher, das hattest du gesagt. Wie hätte ich deine Worte vergessen können, als du die arme kleine Fleur aus meinen blutüberströmten Händen gerissen und mich zum Sterben zurückgelassen hattest?“

„Glaub mir, wenn ich nicht fast genauso fertig gewesen wäre, hätte ich dir den Hals umgedreht.“

„Oh, versteh mich nicht falsch, deine Warnung war eindeutig. Und doch bist du hier und obwohl ich gerade so schwach und zerbrechlich bin, lebe ich noch.“

Véronique schwankte ein wenig, als hätte sie gerade nicht nur ein paar Dornen, sondern einen Großteil ihrer Kraft von sich gestoßen und obwohl ihr Satz so voller Sarkasmus steckte, sprach sie ihn zumindest mit Verwunderung, mehr aber noch mit Erleichterung aus. Doch Jack wirkte ähnlich seltsam erschöpft – nicht körperlich, eher seelisch – und während seiner nächsten Worte ließ er mich nicht eine Sekunde aus den Augen:

„Weil... weil meine Tochter dies so wünschte.“

Während er das sagte, zückte er einen kleinen Zettel. Eben jenen, den ich Fleur kurz vor ihrer Flucht in die Hand gedrückt hatte. Ich nickte ruhig und lächelte mild. Der Inhalt war mir bekannt. Und auch die Tatsache, dass ich ihn darin mit 'Vater' angesprochen hatte. Jack schluchzte auf, fuhr sich kurz über die Augen, als wolle er eine imaginäre Träne wegwischen.

„Du weißt es... du weißt es wirklich. Alice, ich...“

„Ist schon okay. Du hattest deine Gründe.“

„Aber ich verstehe nicht. Wer hat es dir gesagt?“

„Das ist eine lange Geschichte...“
 

Mein Schädel dröhnte, platzte geradezu, während ich ohne Unterlass den Anwesenden erzählte, was geschehen war – oder geschehen würde. Zum ersten Mal merkte ich richtig, wie schwierig es war, die Details richtig zusammenzufügen, denn die Erinnerungen an das Passierte waren Erinnerungen, die eigentlich nie geschehen waren – oder so ähnlich, ich wollte eigentlich nicht zu viel darüber nachdenken. Die Bilder in meinem Kopf schwankten, wurden undeutlich, meine Zunge fühlte sich an wie ein lebloser Lappen, den ich mir langsam fusselig redete. Schock, Unglauben und Faszination standen in den Gesichtern meiner Zuhörer, dem einen mehr, dem anderen weniger – wobei es mehr als eindeutig war, dass Coleman all dies am schlechtesten verdaute.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, bis ich endlich mit meinen Ausführungen fertig wurde. Und als ich endlich verstummte und mein Hals bis auf den letzten Tropfen ausgetrocknet war, versank alles für einen Moment in Totenstille.

Dann fing Véronique lauthals an zu lachen, kringelte sich schon fast. Es war ein überhebliches Lachen, keine Frage, doch etwas in ihm klang beinah... wie ein verzweifelter Hilferuf.

„Was für ein wunderschönes, kleines Märchen, das du uns da auftischst, ja! Aber glaubst du denn wirklich, dass wir dir das glauben sollen?! Eine überdimensionale magische Zwischenwelt, gefangen in der goldenen Uhr, Mycraft als unsterbliche Anomalie, der ganz Taleswood in seinen Fängen hat und nicht zuletzt... standest ausgerechnet du, von allen auf dieser Welt, vor Gott?! Aber touché, wie du es vorgetragen hast, habe ich es fast geglaubt.“

„Weil es wahr ist.“ Diese Worte kamen nicht von mir – es waren Jacks. Und erstaunten mich genauso wie alle anderen in diesem Raum, denn ich hatte nicht wirklich erwartet, dass mir auch nur einer anstandslos glaubte.

„Es ist schwer, das alles zu verkraften, aber wenn Alice uns wirklich belügen wollte, hätte sie uns etwas Glaubwürdigeres erzählt. Nicht zuletzt kennen weder ich, noch du, La Belle, die Grenzen der Magie – geschweige denn Ihren Ursprung. Ich glaube ihr... insbesondere, weil sie mein Kind ist.“

„Aber all das ist lächerlich“, protestierte sie. „Ihr wollt mir also erzählen, dass all die Jahre... all... meine... Hoffnung... ich könnte sie retten... unnötig waren?“

Véronique wankte nicht mehr – ihre Knie sackten zusammen, sie krallte sich am Vorhang fest und fing an lauter zu schreien, zerrte am Stoff, biss sich daran fest und lachte gehässig – oder heulte sie vielleicht? Ihre Fäuste rammten in den Boden, erschufen tausende Lichtblitze und mit jedem brachen blutrote Ranken aus allen Wänden und Ecken, eroberten bald schon jeden Winkel des Hauses.

Unsicher presste ich mich gegen Vaters Arm, um dem Schauspiel möglichst weit weg zu bleiben. Coleman hingegen trieb die Neugier näher an die seltsamen Pflanzen, die er vorsichtig mit seiner Pfote anrührte, bis eine Ranke ihm dafür auf die Finger schlug. Und unter all dem Chaos wanderte eine der Homunkuli – das Mädchen hieß Bise, wenn ich mich noch recht an die Unterlagen erinnerte – und tat so, als wäre nichts geschehen. Wahrscheinlich waren solche Dinge für sie nicht sonderlich spektakulär.

„Vater... was geschieht hier?“

Jack zückte seinen Dolch, umfasste ihn mit aller Gewalt.

„Erkennst du es nicht? Immerhin war es dir auch schon einmal passiert.“

Ich überlegte nur kurz, bevor es mir wie Schuppen von den Augen fiel.

„Du darfst sie nicht verletzen“, murmelte ich. „Wir brauchen sie.“

„Welch Ironie... Dass ich sie ausgerechnet jetzt verschonen soll. Aber keine Sorge... ich kann es zwar kaum glauben, aber sie... kommt seltsam gut damit klar. Es wirkt so, als würde sie gerade alle negative Energie aus ihrem Körper pressen. Sie... muss die ganzen Jahre tatsächlich nicht nur zum Studium der Zerstörung genutzt haben.“

„Sie musste sich zwar Mycrafts Macht leihen um eine echte Magierin zu werden, aber das heißt nicht, dass kein echtes Magierblut in ihr fließt. Sie und ihre Schwester sind Lafayettes.“

„Lafayettes?! Aber dann... dann ergibt vieles Sinn, was ich in jungen Jahren nicht verstehen wollte. Mycraft ist also nie an Véronique interessiert gewesen. Nur an ihrer Schwester. Sie selbst war nur ein Spielzeug...“

Kaum hatte Jack dies ausgesprochen, stoppten die Dornenranken ihren Vormarsch, hielten einen Moment inne und verkrochen sich dann blitzschnell wieder in alle Ecken und Ritzen aus denen sie hervorgekommen waren.
 

„Verflucht, was war das denn?!“, keuchte Coleman. Es war der erste Satz, den der Kater seit einer langen Zeit gesagt hatte. Und in seinem pelzigen Gesicht zeigte sich auch warum: Er war mit all dem absolut überfordert. Trotz Magie in seinem Körper, waren die Mächte eines echten Magiers für ihn eine fremde Welt – ebenso wie seine Probleme.

„Das, meine liebe Katze, nennt man eine magische Überreaktion“, sprach die schöne Französin mit einem leichten Stöhnen. Als wäre sie ein neuer Mensch erhob sich Véronique von ihrem Platz. Schweiß perlte von ihrer Stirn und verklebte das mattschwarze, strähnige Haar. Ihre vollen Lippen hatten sich zu einem Grinsen verzogen und ein dünner Blutstreifen lief aus der unteren hinunter zum Kinn – sie hatte sie sich wahrscheinlich aufgebissen.

„Ich konnte Florence nicht retten, sagst du?“, knurrte sie. Jack wollte sich schon schützend vor mich schieben, doch ich hielt ihn zurück.

„Niemand konnte das. Sie hat es mir selbst gesagt. Aber ihre Seele bleibt in Mycrafts Fängen, solange wir nichts unternehmen. Und alles wird sich wiederholen. Ich bitte Sie – euch alle – um Hilfe.“

Vater legte seine warme Hand auf meinen Kopf und küsste sanft meine Stirn. Ein einzelner Tropfen hing in seinem Auge und das Lächeln war müde. Doch da war noch etwas anderes; ein Schleier, der ihn sanft umfasste, sich an ihn schmiegte.

„Du wirst deiner Mutter wirklich immer ähnlicher. Äußerlich, aber vor allem im Wesen. Niemals hätte ich zu ihr 'nein' sagen können und so ist es auch bei dir. Ich bleibe. Nicht zuletzt, da deine Worte uns allen Angst machen sollten.“

Der Schleier glänzte noch stärker, schlug sich los und berührte mich leicht und bei dem sanften Schauer, den er in mir auslöste, konnte ich gar nicht anders, als zu lächeln. Ich kannte diese ruhige, ausgeglichene Aura nur zu gut, war sie doch immerhin ein Teil von mir. Wenn Mutter uns beistand, dann, so war ich mir sicher, würde alles gut werden.

„Wenn Mycraft tot ist, sagtest du...“, mischte sich Coleman ein. „... dann wird auch mein Fluch versiegen und ich kann endlich diese vermaledeite Stadt verlassen?“

„Es besteht keine Garantie“, ermahnte ich ihn. „Aber es ist deine beste Chance.“

„Das sind nicht gerade die besten Verkaufsgespräche. Aber dann wiederum habe ich auch mit Véronique paktiert. Irgendwie bezweifle ich, dass es unter deiner Fuchtel schlimmer wird. Diese Klauen gehören dir, Alice.“

Erwartungsvoll schaute ich zu Véronique. In ihren Augen spiegelte sich die Zwietracht, die sie erlebte, doch etwas kristallisierte sich darunter resolut heraus: Unbändiger Rachedurst. Und es war dieser Schein, der mir versicherte, dass sie auf unserer Seite stand.

„Ich will seinen Kopf. Es interessiert mich nicht, was danach passiert. Weder mit mir noch mit euch. Aber wenn es soweit ist... und Mycraft am Boden liegt... dann will ich es sein, die ihm den Todesstoß versetzt. Ich muss sein Gesicht direkt vor mir sehen, wenn endlich das Leben aus diesem altersschwachen Hundesohn entweicht.“

Mit festem Blick und noch fester geballter Faust trat sie zu mir, schaute mich direkt an. Sie würde nicht mein Einverständnis einfordern. Und das musste sie auch nicht. Aber tatsächlich war ich erleichtert. Von allen benötigte ich Véroniques Hilfe am meisten, denn niemand – nicht einmal Jack – war meinem Ururgroßvater so nah gewesen. Nicht zuletzt besaß sie sein Grimoire und wenn es etwas gab, das uns nicht nur seine Motive, sondern vielleicht auch seine Schwäche verriet, dann dieses Buch.
 

Die erste Etappe war geschafft. Welche Chancen wir uns zu viert ausmalen konnten, war fraglich, doch bisher war Mycraft uns nur begegnet, als wir geschwächt und er auf dem Gipfel seiner Macht war. Mein Plan war einfach, wenn auch nur auf dem Papier: Wir mussten den Spieß umdrehen.

Doch etwas verschaffte mir die Ahnung, dass alles gut ausgehen würde. Wir waren einfach zum ersten Mal wirklich vorbereitet.

Doch dann ermahnte mich mein Körper an unseren größten Konkurrenten: Die Zeit. Ich wollte schon zu einem kampfeslustigen Grinsen ansetzen, da füllte sich mein Mund blitzschnell mit metallischem Speichel und ich erbrach auf das helle Holzparkett einen Schwall tiefroter Flüssigkeit.

„Alice! Alice, was ist mit dir?!“ Ich bemerkte Vater kaum. Seine Stimme klang dumpf und weit entfernt, als wäre ich unter Wasser, meine Sicht wurde vom kleinsten Licht überstrahlt wie von einem Stern und in meinem Torso zerriss mein Gewebe. Es fühlte sich an, als würde etwas rasant Wachsendes aus mir platzen wollen, ohne Rücksicht auf Verluste – ein Geschwür oder gar ein Tumor. In meinen Beinen brannte alle Kraft aus, hielt meinen Körper nicht mehr, ich stürzte zu Boden.

Und während ich noch krampfhaft versuchte dagegen anzukämpfen, wurde mir schwarz vor Augen und ich fiel in eine endlose Finsternis.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  z1ck3
2017-11-08T21:13:05+00:00 08.11.2017 22:13
Wow das Kapitel ist perfekt, spannend und gleichzeitig ruhiger als die ersten. Alles super beschrieben.
Irgendwie erinnert mich das ganze an Darren Shan. Ich hoffe dass es nicht ganz so endet wie Darren Shan, aber ich stehe auch einfach auf Happy ends hehe.
Danke dass du dir so viel Mühe machst ich liebe Alice's Welt!
Antwort von:  Lazoo
09.11.2017 22:16
Vielen Dank :)

Es freut mich, dass es dir gefällt, allerdings musste ich Darren Shan tatsächlich erst googlen, bin leider nicht ganz so firm mit Autoren ^^"

Ich hab halt auch über die zwei Jahre einiges bezüglich des Schreibens gelernt, das merkst du als recht neue leserin natürlich am ehesten.

Hoffe dir wird das ende gefallen
Antwort von:  z1ck3
10.11.2017 07:48
Hehe kein Problem, ist ja auch nicht so richtig berühmt, glaube ich, obwohl es tatsächlich einen Filmvom Mitternachtszirkus gibt.

Ja, das merkt man auf jeden Fall und deine Weiterentwicklung gefällt mir persönlich sehr!

Ich freue mich schon!!!!!
Von:  Phinxie
2017-11-08T13:31:47+00:00 08.11.2017 14:31
Ohh, das Kapitel ist oben!
Dann kann ich ja jetzt endlich meine Kritik loswerden :P

Also, erst einmal zur Rechtschreibung und Grammatik... xD''

Okay, ich mache Ernst ^^
Wobei ich noch erwähnen muss, dass mir selbst gestern beim Betalesen wenige Fehler in der Richtung aufgefallen sind, also bist du sehr sicher in diesen Sachen.

Punkt 1
Dein Ausdruck gefällt mir unglaublich gut, gerade in diesem Kapitel. Ich liebe deine Beschreibungen, bei denen du dich - im Gegensatz zu den ersten Kapitel - wirklich enorm gesteigert hast. Überhaupt nimmst du dir inzwischen viel mehr Zeit und hetzt nicht mehr durch deine Geschichte wie vorher. Allerdings ziehst du es jetzt auch nicht unnötig in die Länge; inzwischen hast du ein super Tempo für deine Story gefunden, mit dessen der Leser gut zurecht kommt, ohne das Gefühl zu haben, dass war verloren geht :)

Punkt 2
Die Geschichte spitzt sich langsam zu und nimmt eine äußerst interessante Wendung.
Wobei "äußerst interessant" ja sehr untertrieben ist xD Ich gebe zu, bei Zeitreisen denke ich zuerst IMMER an Harry Potter, weil es einfach das erste Mal war, dass ich so etwas gelesen habe (und nur um es richtig zu stellen, als ich Band 3 las, war ich um die 9-10 Jahre alt!)
Ich persönlich sträube mich immer, über solche Sachen zu schreiben, beziehungsweise, sie mit reinzubringen, weil man einfach nur so verdammt viel Mist dabei beachten muss. Häufig gelingt es Autoren auch überhaupt nicht hinbekommen, so etwas gut unter einen Hut zu bekommen. (Und selbst J.K Rowling, bzw ihre Co-Autoren bei "Das verfluchte Kind" haben die einst so wunderbar ausgearbeitete Zeitreise ja in ein ziemlich lächerliches Chaos stürzen lassen...) Eine Buchreihe, die mir noch einfällt, die Zeitreisen recht gut rübergebracht hat, ist Dawn Cook mit ihrem Wahrheits-Zyklus gewesen (Gute Bücher, kann ich nur empfehlen^^)
So, jetzt aber zu dir xD
Also, wie gesagt, ich bin eigentlich wenig beeindruckt von solchen Sachen und empfinde sie häufig als eine Sache, die kommt, wenn einem Autor nichts mehr einfällt. Bei dir jedoch schien das sowieso von Anfang an geplant zu sein, abgesehen davon lässt du es nicht vollkommen abgedreht erscheinen, wie es hätte sein können (wie gesagt, bei solchen Zeitreise-Sachen kann viel schief gehen). Und dass auch Alice selbst diesen gewaltigen Zeitsprung nicht vollbracht hat, sondern vom Kollektiv (übrigens, ich LIEBE diesen Ausdruck an dieser Stelle!) hingeschickt worden ist, macht das ganze noch einmal glaubwürdiger und auch einfach besser. Wäre Alice dazu alleine in der Lage gewesen, hätte ich sie nämlich unweigerlich in eine Mary-Sue-Schiene geworfen.
Aber glücklicherweise achtest du darauf, deine Charaktere mächtig, aber nicht übermächtig zu machen und ihnen zudem Makel gibst, die sie realistischer und somit auch einfach sympathischer erscheinen lassen^^
Dass Alice jetzt ihre Magie beherrscht finde ich im übrigen super!
Einfach klasse, vor allem gefällt mir, wie du ihre Veränderung dahingehen beschreibst: Also, weniger Kraftaufwand, dafür aber mehr Stärker.
Einfach herrlich, das Ganze, vor allem, weil es ja lange genug gedauert hat^^
Des weiteren muss ich sagen, dass mir deine Kämpfe richtig gut gefallen. Du erzählst sie in einem angemessenen Tempo und schiebst keine öden Gedankengänge ein, die dem ganzen die Luft rausnehmen würden. Dass jetzt alle an einem Strang ziehen müssen, da jeder dann irgendwie sein Ziel erreicht, ist ebenfalls mal etwas anderes. Es ist nicht das: "Oh, klar, wir lieben dich und deswegen helfen wir dir, Alice!" - naja, gut, bei Jack vielleicht, aber sonst... - sondern eher das: "Na gut, Kleine, ich kann dich zwar nicht ausstehen, aber wir brauchen uns gegenseitig."
Es erinnert mich an einen Buchrücken, den ich einst las, in dem Schurken zusammengearbeitet haben, weil die Belohnung stimmte, sich aber nur gezofft haben xD
Eine letzte Sache noch: Ich mag die kleinen Humorspritzen, die du deinem Roman verleihst. Es ist nicht viel - und tatsächlich würde ich mir sogar ein bisschen mehr davon wünschen, weil ich es liebe - aber es ist dennoch genug, um dem Leser immer wieder zum Schmunzeln zu bringen, doch gleichzeitig vergisst niemand, wie ernst die Situation, in der sie sich gerade befinden, nicht. Es lockert die Geschichte alles in allem ein wenig auf und folgt keiner strengen Erzählstruktur, sondern sorgt dafür, dass es ein richtiges, spannendes Leseerlebnis mit Höhen und Tiefen ist - wie bei jedem guten Roman nun mal^^

Punkt 3
Bitte, bitte, bitte lass dir nicht wieder knapp 2 Monate Zeit bis zum nächsten Kapitel. Es fällt mir teilweise schwer, die Verbindungen herzustellen und hättest du sie mir beim Lesen nicht gesagt, hätte ich wohl vieles vergessen, weil es einfach zu lange zurückliegt.
Natürlich kann ich dich nicht zum Schnellerschreiben zwingen, doch ich bin unglaublich neugierig, wie die Geschichte enden wird. Bis jetzt kann nämlich alles passieren, von einem Friede-Freude-Eierkuchen-Ende oder der absoluten Zerstörung und dem darauffolgenden Tod Alice'. Bei vielen Büchern hat man ja eine Ahnung, wie es enden wird und dann ist es keine große Überraschung mehr, aber gerade bei dir erwarte ich schon fast eine Szene, die mir alles aus dem Gesicht fallen lassen wird XD
Demnach bin ich weiter gespannt und warte sehnsüchtig auf das nächste Kapitel :3

Liebe Grüße,
Phinxie ^_^

Antwort von:  Phinxie
08.11.2017 14:32
Oh mist... da ist eine Formatierung falsch gelaufen und man kann seine Kommis ja nicht bearbeiten...
Entschuldige ^^'
Antwort von:  Lazoo
08.11.2017 18:22
Nicht weiter schlimm, man kann es ja lesen^^ Ich bin zwar nach wie vor der Meinung, dass du mir das auch sofort gestern hättest sagen können, aber ich beschwere mich nicht^^ Mehr noch freue ich mich, dass dir die Geschichte nach wie vor so gut gefällt, dass du dir die Mühe machst, solche langen Kommentare zu verfassen.

Also ich kann mich nur recht herzlich bedanken für das Lob, zumal ich wie gesagt jetzt nicht der Meinung bin, dass mein Zeitreise-Arc jetzt sonderlich komplex ist. Aber umso mehr freue ich mich, das du dies als passend und gut empfindest.
Bei den Kämpfen habe ich mich ein wenig von deiner Schreibart inspirieren lassen, also klopf dir auf die Schulter^^

Und ja, ich werde auf jeden Fall wieder etwas mehr schreiben. ICh mag zwar nicht so schnell sein wie du, aber die letzte Wartezeit war wirklich zu lang. Zumal ich so kurz vorm Ende auch selber nicht mehr warten will ^^".

Ich hoffe, dir wird das Finale auch gefallen, ich werde das ein wenig anders schreiben, als die bisherigen.
Bis dahin freue ich mich aber auch auf deine nächsten Kapitel :)


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