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Chasing Demons

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen,

ein schönes Wochenende wünsche ich euch. Es ist mal wieder soweit und heute erwartet euch etwas ganz Besonderes xD

Und noch ein Hinweis: Es gibt keine Bonuskapitelfrage, da am Montag der 15. ist. Ich werde das Kapitel allerdings erst am Mittwoch hochladen ;)

LG
yezz Komplett anzeigen

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Demons and Hungry Ghosts

Renji gab Byakuya Freiraum, während sie zum Senkaimon gingen, ließ die Stille zwischen ihnen bestehen. Er wünschte sich wirklich, dass er dem Kommandanten versichern könnte, dass Hana/Hisana schon klar kommen würde, doch… nun ja. Zumindest würde sie mit seinem Geld in ihrer Tasche eine Sorge weniger haben und mit ein bisschen Glück würde sie auch die Nummern anrufen, die Kurosaki Senior ihr gegeben hatte. Vielleicht würde sie auch Schutz suchen oder mit anderen Menschen sprechen, die durch Ähnliches gegangen waren. Renji konnte immer noch nicht glauben, dass Byakuya in der Lage gewesen war, sie gehen zu lassen. Doch man sah ihm an, dass Byakuya nicht sonderlich glücklich mit dieser Situation war.
 

Als sie zurück im Anwesen waren, handelte Renji schnell. Er schickte Byakuya ins Badehaus und ließ das Personal wissen, dass der Kommandant nur für Mahlzeiten gestört werden soll. „Absolut keine Familienbesuche“, erklärte er dem Hausverwalter Eishirō unmissverständlich. „Mich interessiert nicht, wer auf dem Plan steht. Das Letzte, was der Kommandant aktuell braucht, ist, mit sich jemanden herumzuschlagen, der grausam zu Hisana war.“
 

„Das schließt die komplette Kuchikifamilie aus, den kaiserlichen Hof und den Seelenkönig selbst“, sagte Eishirō trocken, während er gegen den Herd in der Küche gelehnt war. Er hatte den üblichen schwarzen Kimono an und sein Haar war ordentlich zurückgebunden. Wie der Rest des Personals, welches sich in der Küche versammelt hatten, sobald sie von Renjis Ankunft gehört hatten, sah Eishirō etwas erholter aus, als hätten sie ohne ‚seine Herrschaft‘ besser geschlafen.
 

Renji hingegen war erschöpft. Das Adrenalin, welches ihn aufrecht gehalten hatte, seit sie über die wiedergeborene Hisana gestolpert waren, begann zu schwinden. Renji lehnte sich gegen den Zubereitungstisch und wartete darauf, dass Miki ein Tablett mit Essen fertig hatte, um es Byakuya zu bringen. Yuu, der Teejunge, war auch dort. Er hatte sich am Herd zusammengekauert und die Abwascherin saß auf ihrem Stuhl und beobachtete alles mit großen Augen.
 

Eishirō tippte mit einem Finger gegen die Unterlippe. „Ich sollte einige Vorkehrungen treffen. Es gibt eine gewisse Warteschlange."
 

„Kannst du nicht einfach sagen, dass der Kommandant einen Rückfall hatte?“, fragte Renji. „Das wollte ich zumindest in der Division erklären.“
 

„Ja, natürlich“, sagte der Hausverwalter in einem ‚Daran habe ich bereits gedacht‘-Ton.
 

Renji wollte ihn gerade anfahren, dass solche Kleinlichkeiten nicht nötig seien, als Miki ihre Vorbereitungen zum Frühstück unterbrach, um sich zaghaft die Hände zu kneten. „Herrin Hisana… Du hast sie wirklich gesehen, Renji? Wie war sie?“
 

Jeder blickte nun Renji an. Er sah ihnen an, dass sie gespannt auf die Neuigkeiten warteten. Während er in ihre hoffnungsvollen Gesichter blickte, war er versucht, zu lügen, doch seine eigene Vergangenheit ließ dies nicht zu. Renji schüttelte den Kopf. „Nicht gut. Was soll ich sagen? Das Schicksal ist ein Bastard. Keine Chance, dass sie das verdient hat, womit sie sich dieses Mal herumschlagen muss.“
 

Renji hatte genug davon mitbekommen, dass er ein klares Bild darüber hatte, ohne die schmerzhaften Details zu kennen. Dann fuhr er fort. „Und das Geld des Kommandanten wird noch nicht einmal die Hälfte davon lösen. Er denkt, er hätte damit alles verbessert – und wir werden ihm auch in diesem Glauben lassen – doch dieser Mist geht wirklich tief. Dinge, vor denen du nicht einfach wegrennen kannst, weil sie dich verfolgen, egal wohin du gehst oder wie weit zu rennst.“ Er musste sich unterbrechen. Sein eigenes Leben begann sich mit den Gedanken über Hisana zu vermischen. Also schüttelte er seinen aufsteigenden Ärger ab und seufzte. „Aber Urahara und Yoruichi sind da. Ich habe die Hoffnung, dass sie ab und an mal nach ihr sehen. Ebenso wie ich, wenn ich mal in der Welt der Lebenden eine Mission haben werde.“
 

„Und seine Herrschaft?“, fragte Eishirō. „Wird er sie besuchen? Will Lady Shihōin ihm berichten?“
 

„Ich bin mir nicht sicher, aber aktuell möchte er es nicht wissen“, erklärte Renji. „Es klingt kalt, aber es ist schlau. Würde er wirklich das volle Ausmaß ihrer Situation verstehen, würde er in die Welt der Lebenden ziehen. Und das wäre für beide nicht gut. An ihrer Stelle würde ich die Möglichkeit nutzen, wieder auf meine eigenen Füße zu kommen. Du hast keine Ahnung, wie sehr es der eigenen Seele hilft, sich seinen eigenen Weg aus der Hölle zu erkämpfen und etwas aus seinem Leben zu machen, trotz all den Bastarden, die versuchen, einen zu Fall zu bringen, dich versuchen zu brechen. Beste Revanche, kann ich dir sagen: Richtig leben.“
 

Renji hielt wieder inne. Das war viel zu persönlich. Jedes Mal, wenn er über sie zu sprechen begann, endete es in seiner eigenen Vergangenheit. Er löste seine Fäuste und atmete durch. Als er seine Finger lockerte, war er erstaunt, wie sehr ihn die ganze Hana/Hisana-Sache traf. Wie sehr es ihn zurück in den ganzen Inuzuri-Scheiß zog. Er war sich noch nicht einmal sicher, was an ihrer Situation ihn so traf, aber es war plötzlich an der Oberfläche, wie ein roher, freiliegender Nerv.
 

Shhhh, zische Zabimaru beruhigend, du bist nun mit uns hier.
 

„Richtig“, murmelte er und tätschelte abwesend den Griff seines Zanpakutō. Inuzuri war weit von der Seireitei entfernt. Er musste es dort zurücklassen, hinter den Mauern und der Verteidigung, wo es hingehörte.
 

Renji schüttelte sich und blickte durch die stille Küche. Jeder sah so geschockt aus, wie er sich fühlte. Renji hatte vergessen, dass die meisten von ihnen vermutlich im Anwesen aufgewachsen waren und nicht einmal annähernd ein Leben wie seines oder Hisanas gelebt hatten.
 

Eishirō räusperte sich, um die düstere Stimme zu brechen. „Wir werden alle für sie beten und daran denken, sie wie immer, an den Schreinen zu ehren“, sagte er ruhig, sein Gesicht blass und abgehärmt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas schaden kann.“
 

Renji war nicht überzeugt, dass es helfen würde, aber man konnte ja nie wissen. Es war ja nicht so, als hätte irgendwer jemals für ihn gebetet.
 


 

Renji brachte das Frühstückstablett durch den Privateingang des Badehauses. Wenn man die Uhrzeit bedachte, war dort vermutlich eine lange Schlange von schlechtgelaunten Leuten, die baden gehen wollten und nun angepisst waren, dass sie für Byakuyas Privatsphäre ausgeschlossen wurden. Doch das war eines der Privilegien, wenn es einem gehörte, hatte Renji herausgefunden. Er stecke den Kopf hinein und sagte, „Ich bin es nur.“
 

Renji nahm die Stille als Erlaubnis, einzutreten.
 

Der Kommandant war bis zu seinen schlanken, blassen Schultern im heißen Wasser versunken, blickte emotionslos auf den aufsteigenden Dampf vor ihm auf der Oberfläche. Er schaute nicht einmal auf, als Renji das Tablett an den Rand des Beckens neben ihm abstellte. Doch Renji schüttete unerschrocken eine Schale des kräftigen Tees ein und hielt sie ihm hin. „Trink zumindest ein wenig Tee, ja?“
 

Byakuya nahm die Schale ohne ein Wort.
 

Renji hockte sich neben dem Becken hin, lauwarmes Wasser durchtränkte seine Tabi, Wasserdampf hing schwer in seinem Shihakushō. Er blickte zur Umkleidekabine. Es wäre eine Wohltat, sich umzuziehen und zu waschen, doch es schien nicht so, als wäre Byakuya in der Laune für Gesellschaft. „In Ordnung“, sagte Renji, stand auf und ging zurück zur Tür. „Da ist eine Menge Tee. Ich habe sie eine zusätzliche Kanne machen lassen. Ich werde vermutlich ein Nickerchen machen und dann nach der Division schauen. Ich kann dir später einen Bericht geben, wenn du möchtest.“
 

„Hätte ich mehr tun sollen, Renji?“
 

Renji war schon dabei gewesen, aus der Tür zu gehen. Doch bei Byakuyas Frage blieb er stehen und schaute zurück. Der Gesichtsausdruck des Schwarzhaarigen war wie immer emotionslos, doch sein Kopf war leicht gebeugt, seine Haare hingen in feuchten Strähnen hinunter. Er sah… geschlagen aus.
 

„Du hättest nicht viel mehr tun können“, sagte Renji mit so viel Beteuerung, wie er aufbringen konnte. „Du hast dein Bestes getan.“
 

„Wir hätten sie töten können“, Byakuyas tiefe Stimme hallte unheilvoll von den gefliesten Wänden des Badehauses wider. „Und sie im Anwesen verstecken können.“
 

„Das können wir immer noch“, erinnerte Renji ihn. Es wäre auf so vielen Ebenen ein Desaster, aber es war nicht so, als konnte der Rothaarige diesen Impuls nicht verstehen. Und überhaupt, Byakuya war der Kommandant. Wenn er entschied, es zu tun, konnte man ihn nicht aufhalten. In Anbetracht dessen würde Renji eher an seiner Seite sein, als jemanden anderes aus der Kompanie mit reinzuziehen. „Die Option liegt auf dem Tisch, so lange sie lebt“, fügte Renji hinzu.
 

Und wenn wir wissen, wo sie ist und sie erwischen, fügte Renji in Gedanken hinzu. Er hielt es nicht für unwahrscheinlich, dass Urahara und Yoruichi Hana/Hisana irgendwo versteckten, wo sie sie nicht finden würden.
 

„Sie müssen es nur sagen, Kommandant“, sagte Renji.
 

Bei diesen Worten blinzelte Byakuya und schaute über seine Schulter, um Renjis festen Blick zu treffen. „Ist das so? Ich dachte, du wärst glücklich zu sehen, dass Hana – wie war das? – ‚das Geld nimmt und läuft. Weit, weit weg‘.“
 

„Ja und das bin ich auch immer noch“, sagte Renji schroff zur Bestätigung. „Und ich denke auch immer noch, dass das, was du getan hast auch das Richtige war. Sie gehen zu lassen. Ich sage, dass es für uns alle besser ist. Doch ich kann nicht zwischen dir und deiner Frau stehen… oder Gott bewahre, zwischen dir und deiner Ehre.“
 

Byakuya lachte düster und drehte sich um, um an seinem Tee zu nippen. „Tatsächlich.“
 

In der Vermutung, dass sein Aufruf zum Gehen war, legte Renji seine Hand wieder an die Tür.
 

„Dein Verständnis in dieser Angelegenheit war… bemerkenswert“, sagte Byakuya mit einer viel sanfteren Stimme, fast schon dankbar.
 

„Ich habe meine Gründe“, gab Renji zu. Er ließ seine Hand sinken. Er überlegte, ob er seine Klamotten und Zabimaru vor Ort ablegen sollte und ohne Dusche ins Becken steigen sollte. Er hatte offensichtlich Byakuyas Stimmung falsch gelesen und seine Socken waren tropfnass und der Rest wurde vom Dampf klamm. Doch er war nicht gewillt, das Wasser ohne eine klare Einladung zu betreten, also lehnte Renji nur seine Schulter gegen die Rückwand mit dem Mosaik vom Fuji.
 

„Und die wären?“, fragte Byakuya.
 

„Jede Seele, die Zeit in Inuzuri verbracht hat, gehört zur Familie, soweit es mich betrifft“, sagte Renji einfach. Da war natürlich noch eine Menge mehr. Aber er wollte nicht wirklich noch tiefer in die Ähnlichkeiten zwischen seinem und Hana/Hisanas Leben eintauchen. Er traute sich selbst nicht, nicht schon wieder nervös und wütend zu werden. Renji verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Nebenbei bemerkt, was wichtig ist für dich, ist auch wichtig für mich“, fügte er hinzu.
 

Byakuya strich seine Haare aus dem Gesicht und nahm einen langen, nachdenklichen Schluck aus seiner Schale. „Du hättest sie toleriert, wenn ich darauf bestanden hätte?“
 

Toleriert? Und auf was genau bestanden? Was erhoffte sich der Kommandant hier? Dass sie alle dazu übergingen ‚glückliche Familie’ zu spielen? Hoffte er, dass eine weitere Person in ihrem Bett für Renji ok war? Das der Kommandant vielleicht beides haben könnte: Eine Frau und einen Liebhaber? Wie würde das sein, wenn man Byakuyas Vorlieben bedachte? Hana/Hisana bekam all die Liebe und öffentliche Zuneigung, während Renji in irgendeinem dunklen Hinterzimmer festgebunden und geschlagen wurde?
 

„Ich liebe dich wirklich sehr“, sagte Renji. „Aber ich habe meinen Stolz.“
 

„Ja, natürlich“, sagte Byakuya leise und schien seine Aufmerksamkeit wieder auf den Dampf und seinen Tee zu lenken.
 

Renji kräuselte die Lippen. Wenn Byakuya sie beide hätte haben wollen, hätten sie in der Welt der Lebenden bleiben sollen. Dort zumindest gab es etwas Hoffnung darauf, dass die Dinge gleichwertiger aufgeteilt wären. Nicht, dass Renji glauben würde, dort auf der Verliererseite des Handels zu stehen, doch es würde wenigstens nicht die Komplikationen von Rang oder Erwartungen von Byakuyas Familie geben, die das Leben in der Soul Society mit sich brachte. Renji wäre immer noch das überflüssige 5. Rad am Wagen, doch er hatte wenigstens die Chance darauf, öffentlich mit ihm zusammen sein zu können.
 

Doch wie würde es in seiner Fantasiewelt, in der die Soul Society nicht sofort nach ihnen suchen und zurückzerren würde, aussehen? Byakuya ohne das Anwesen, dem Kenseikan, all den familiären Verpflichtungen, dem Rang… Die Dinge, die ihn und ihre Beziehung von Anfang an bestimmten?
 

Und könnte Renji damit Leben, dass Byakuya zwischen ihm und Hana/Hisana hin und her wechselte? Und was würde er tun, würde er sehen, wie Byakuya sie küsste? Oder sogar die Geräusche ihres Liebesspiels hörte oder noch schlimmer, ihren Geruch an ihm roch? Renji war sich sicher, dass sein Herz vor Eifersucht explodieren würde. Es war schon bei der Vorstellung kurz davor.
 

In seinen eigenen Gedanken verloren, schreckte Renji etwas auf, als er Byakuyas Stimme hörte. „Wie konnte sie nur eine solch furchtbare Wahl treffen, Renji?“
 

Renji grunzte. Er hatte keine Idee, wie die Situation von Hana/Hisana war, doch er kannte seine eigene, also zuckte er mit den Achseln. „Es ist niemals so einfach und es ist nicht immer eine echte Wahl. Manchmal ist deine einzige Wahl: Scheiße oder noch beschissener. Wenn das der Fall ist, sieht Scheiße wie ein Geschenk aus.“
 

„Ah“, machte Byakuya. Es war ein hilfloser Laut, als wolle er verstehen, obwohl er wusste, dass er nicht konnte.
 

„Du tust dir selbst keinen Gefallen, wenn du dir das Schlimmste vorstellst“, erinnerte Renji ihn. Oder mir, dachte Renji, denn da war Inuzuri wieder, wie der heiße Atem eines Wolfs und ließ seine Nackenhaare sich aufstellen.
 

„Wie kann ich etwas anderes tun?“
 

Da war ein verzweifeltes, unterschwelliges Mitleid in Byakuyas Stimme, das Renji irritierte und schnauben ließ. „Du könntest versuchen, nicht so ein privilegiertes Arschloch zu sein.“
 

„Was?“, blaffte Byakuya, seine grauen Augen fixierten Renji sofort mit einem intensiven Blick. „Was hast du gerade gesagt?“
 

Von dem plötzlichen Anstieg des spirituellen Drucks her wusste Renji, dass er vermutlich aufhören sollte, zu reden, doch er traf nun endlich darauf, was an dieser ganzen Situation wirklich störte. Also wiederholte er sich, diesmal lauter. „Ich sagte, du bist ein privilegiertes Arschloch. Wie wäre es damit aufzuhören, deine Frau mit diesem ganzen Opfermist zu beleidigen? Es ist wirklich verschissen selbstgerecht anzunehmen, dass du das Beste für sie bist.“
 

Byakuya sog zischend die Luft ein, die Augen gefährlich geweitet. Reiatsu drückte auf Renji hinab, ließ seine Knie erzittern.
 

Falls Byakuyas Machtdarbietung Renji verstummen oder zum Zurückweichen bringen sollte, hatte es den gegenteiligen Effekt. Renji drückte mit seinem eigenen spirituellen Druck zurück und fuhr fort. „Ich weiß nicht, wie du sagen kannst, dass du sie liebst, wenn du so respektlos ihr gegenüber bist. Du glaubst, dass sie keine eigene Stärke besitzt, oder? Keine Fähigkeit, es ohne deinen verkackten, vornehmen Gefallen zu schaffen? Was lässt dich glauben, dass du besser weißt, wie sie ihr Leben leben soll? Woher wollen wir wissen, dass sie es nicht selbst in die Klinik geschafft hätte, wenn wir nicht dort gewesen wären? Sie war in diese Richtung unterwegs und woher wollen wir nun wissen, dass Naoki sie überhaupt gefunden hätte, wenn wir nicht vor ihr gestanden und ihr Versteck so verraten hätten? Sie wäre davon gekommen, Kommandant. Du hast sie nicht gerettet. Sie war schon dabei, sich selbst zu retten. Doch du erkennst das ihr nicht an. Und nun tut sie das auch nicht. Sie wird jetzt denken, dass sie einen Retter im schimmernden Haori braucht, der sie auf die Füße stellt, auf denen sie bereits steht. Sozialer Stand“, spie Renji aus, „gibt dir nicht das Recht, ihr Leben und ihren Stolz kaputt zu machen. Hast du das beim letzten Mal auch gemacht? Ist das der Grund, warum sie wieder durch die Hölle gehen muss? Weil du sie ihrer wahren Stärke beraubt hast, als du sie mit all deinem Geld ‚gerettet‘ hast?“
 

Es gab ein knarzendes Geräusch und Renji war auf Händen und Füßen, schnappte nach Luft. Kidō? Eine Art fokussierte Reiatsu-Explosion? Renji hatte keine Ahnung. Doch Byakuyas spiritueller Druck presste weiter auf ihn ein, bis es langsam, trotz Renji enormer Mühe, sein Gesicht gegen die Fliesen drückte, bis er flach auf dem Boden lag, als würde er um Gnade flehen.
 

Renji blickte Byakuya wütend an. Ich weiß nicht, wie du dort stehen und denken kannst, dass du Hana/Hisana vor diesem bulligen Schläger gerettet hättest… Ich frage mich, ob Naoki sie jemals mit dem Gesicht gegen die Badezimmerfliesen gedrückt hat, weil sie ihm eine freche Antwort geben oder Wahrheiten an den Kopf geworfen hatte, die er nicht hören wollte?
 

Doch Renji hatte keine Luft zum Sprechen. Er konnte nicht einmal einen Muskel rühren, trotz der Tatsache, dass sie alle verzweifelt angespannt waren. Er konnte sogar spüren, wie Zabimaru versuchte, seine Kraft dazuzugeben, wobei dies kein Erfolg hatte. Byakuya war einfach zu stark.
 

„Gehe“, sagte Byakuya und wandte sich steif um. Der Druck ließ plötzlich nach und ließ Renji hilflos bebend und nach Luft keuchend zurück. „Du bist entlassen, Vizekommandant.“
 

Renji musste zur Tür krabbeln.
 


 

Zum ersten Mal seit gefühlten Monaten schlief Renji in seinem eigenen Bett. Sein Quartier hatte einen leicht modrigen, verlassenen Geruch. Trotz aller Emotionen, die durch seine Eingeweiden krochen, ließ er sich auf das Feldbett fallen und war fast sofort eingeschlafen.
 

Seine Träume hatten Schwierigkeiten, aus den letzten 48 Stunden einen Sinn herauszubekommen... und noch vieles mehr. Renjis Gedanken gingen immer wieder zurück zur Allee oder manchmal sogar zur Bibliothek, dort wo Byakuya ihn gedemütigt hatte und dann liebevolle Worte zu ihm gesagt hatte. In einem besonders furchtbaren Traum tanzten sie Walzer, tanzten umher und umher, bis Renji in einem Wirbel von Kirschblüten gefangen wurde, die sich in tausend Klingen verwandelten und ihn in Streifen schnitten, während die Musik weiter spielte...
 

Als er endlich wach wurde, fühlte sich Renji, als hätte er kein Auge zugemacht.
 

Er lag für eine Weile da, starrte auf die Risse in der Decke. „Ich muss schlauer werden“, sagte er zu Zabimaru. Er hatte sein Zanpakutō aufs Bett gelegt gehabt und sich im Schlaf rangekuschelt. Nun lag Renji auf dem Rücken, Zabimarus Griff auf dem Kissen, direkt nebem ihm, als würden sie Kopf an Kopf dort liegen. "Ich muss lernen, wann ich die Klappe halten muss oder er wird mich irgendwann wirklich umbringen."
 

Du hast gesagt, was gesagt werden musste, zischte Zabimaru.
 

"Ja, vielleicht", stimmte Renji zu und steckte eine Hand unter seinen Kopf. "Aber ich wusste, dass ich wegen Inuzuri zu aufgekratzt war, um rational darüber reden zu können. Und diese kleine Szene wird die Sexspielchen, die er gerne mag, ein bisschen unangenehm machen... zumindest für mich." Renji schüttelte den Kopf. "Ich wette er realisiert noch nicht einmal was er getan hat. Wie ironisch das ist. Ich habe ihm niemals gesagt, wenn er bei mir die Grenze überschritten hatte. Nicht in der Allee oder der Bibliothek oder heute. Vermutlich hätte ich das Sicherheitswort sagen sollen, huh?"
 

Er war so heftig über uns gekommen, dass du nicht sprechen konntest, erinnerte ihn die tiefere Stimme mit einem Knurren.
 

"Da haben wir’s", murmelte Renji. "Außerdem hast du auch das 'Vizekommandant' am Ende bemerkt, oder? Kommandanten ist es erlaubt, ihre Untergebenen zu disziplinieren, wie es ihnen als angemessen erscheint. Dieser Bastard weiß wahrscheinlich, dass er seinen Liebhaber nicht so behandeln sollte, doch die Regeln sagen, er kann mit seinem Adjutant machen, was er will."
 

Es ist eine chaotische Verbindung, zischte der Schlangenschwanz zustimmend. Der Pavian fügte hinzu, Eine, die von Anfang an kaputt war.
 

"Das ist wahr", nickte Renji. Es begann alles, als ein betrunkener Byakuya ihm befohlen hatte, sich im Kommandantenbüro auszuziehen. Sicher waren sie einen weiten Weg seitdem gegangen, doch ein paar private 'Ich liebe dich' änderten nichts an der Tatsache, dass Renji kein Ebenbürtiger war. Nicht einmal mit Bankai und, egal was er tat, würde er niemals ein Gleichgestellter sein.
 

Und du bringst all diese Sachen von sozialer Klasse wieder aufs Tablett, du dummer Junge, schalt sich Renji selbst. Als hätten wir nicht schon genug Probleme, ohne dass meine Inuzuri-Dämonen mir in den Arsch beißen.
 

„Man, ich würde diesen Ort so gerne hinter mir lassen“, murmelte der Rothaarige.
 

Er war so in Gedanken verloren, dass er die Präsenz auf der anderen Seite der Tür nicht wahrnahm, bis ein höfliches Klopfen erklang. „Sind sie da, Vizekommandant? Sind sie alleine? Kann ich einen Augenblick ihrer Zeit beanspruchen, Vizekommandant?“
 

Renji erkannte die Stimme des 3. Offiziers. Er richtete sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. „Ja, komm rein. Ich habe nur mit Zabimaru geredet.“
 

Die Tür glitt vorsichtig auf, als würde der Offizier befürchten, einen privaten Moment zu unterbrechen. Er hing am Türrahmen und hielt seinen Blick abgewandt, sodass Renji an sich hinunter schaute, ob er nicht aus Versehen sich zum Schlafen ausgezogen hatte. Aber nein, er war vollständige gekleidet, der andere war nur aus irgendeinem Grund besonders unterwürfig. „Ich entschuldige mich für die Störung, Vizekommandant. Einige der Männer sagten, sie haben euch gesehen, wie sie vom Anwesen zurückkehrten und ich wollte ihnen nachträglich alles Gute zum Geburtstag wünschen.“
 

„Heh, ja. Danke“, sagte Renji und schüttelte den Kopf. „Warum kommst du nicht rein und setzt dich? Wie kommst es, dass du dich plötzlich so formal verhältst?“
 

Der 3. Offizier hob den Kopf und blinzelte. „Nun ja, wenn sie mit Lady Rukia verlobt sind, dachte ich, dass ich vielleicht schon einmal beginnen sollte, sie wie einen Kuchiki zu behandeln.“
 

Renji brach in Gelächter aus. Über den überrascht dreinblickenden Offizier sagte er: „Dein Timing ist einfach nur grandios, das ist alles. Der Kommandant und ich hatten gerade einen riesigen Krach und ja... also... nein. Rukia und ich...“
 

„Oh nein!“, die Hände des Offiziers flogen zu seinem Mund, um seinen entsetzten Ausdruck zu verbergen. „Er hat eure Heirat abgesagt?“
 

„Nein“, sagte Renji. „Da war niemals etwas zwischen Rukia und mir. Ich weiß, dass du das immer glaubtest, aber so standen wir nie zueinander. Ich habe versucht, es dir zu erklären aber... Schau, können wir das zur Seite schieben? Ich würde dich gerne etwas über den Kommandanten fragen. Etwas Wichtiges.“
 

Der Offizier schien einen Augenblick verwirrt zu sein, schob dies aber Zugunsten seiner Neugierde zur Seite. „Was ist es, Vizekommandant?“
 

Renji winkte ihn in den Raum und der Offizier setzte sich auf eine kleine Kommode, die gegenüber von Renjis Bett stand. Der Raum war so eng, dass der Rothaarige seine Beine einziehen musste, um ihm Platz zu machen. „Du bist schon lange in dieser Division. Hattest du die Frau des Kommandanten gekannt?“ Als der 3. Offizier nickte, fragte Renji: „Weißt du, warum er sie von Inuzuri hierher gebracht hatte?“
 

„Uh... Ich kenne die Gerüchte“, gab er zu. Mit einem Kopfschütteln, als wolle er darüber nicht nachdenken, fügte er hinzu: „Das war vor einer langen Zeit und ich hatte gerade einen Rang erreicht. Ich habe nicht viel Wert darauf gelegt. Es waren die persönlichen Angelegenheiten des Kommandanten, wissen sie, und aus verschiedenen Gründen waren die Leute immer gemein zu ihr.“
 

Renji schaute ihn lange von der Seite an. „Möchtest du wirklich, dass ich es von Matsumoto erfahre? Denn wenn du nichts erzählst, ist sie die Nächste, die ich fragen werde.“
 

Der Offizier zeigte mit dem Finger auf Renji. „Sie stehen unter Hausarrest.“
 

Renji verschränkte die Arme vor der Brust. „Schön. Dann werde ich einfach Rikichi zur 10. senden und dann werden wie viele Leute davon wissen, bevor er überhaupt zurück ist?“
 

„Verdammt, sie spielen schmutzig“, murmelte er, bevor er mit einem Seufzen einknickte. „In Ordnung, von dem, was ich gehört habe, war sie eine Orian, bevor der Kommandant sie freikaufte und sie als seine Geliebte einsetzte. Dann, vermute ich, haben sie sich verliebt und er hat sie geheiratet.“
 

Renji setzte sich zurück, bis er die Wand an seinen Schultern spürte. „Du verarschst mich. Er hat sie wirklich gekauft... Er schlenderte zum Inuzuri-Fleischmarkt, hat sie aus den Fingern irgendeines Yakuzatypen herausgekauft, sie dann mit Heim genommen, wie von einem gottverdammten, kranken, kleinen Einkaufstrip?“
 

Der 3. Offizier machte ein entsetztes, ersticktes Geräusch. „Das würde ich niemals sagen.“
 

„Nein. Ich bin der Einzige, der dafür dumm-mutig genug ist“, sagte Renji grimmig. „Kein Wunder, dass er mich in den Boden gestampft hat, als ich sein Geld thematisiert habe. Verdammt. Die beiden scheinen ernsthaft in irgendeiner Karma-Schleife festzuhängen.“
 

„Wer?“
 

Renji blickte auf, als würde er sich plötzlich daran erinnern, dass er nicht alleine war. „Der Kommandant und seine Frau. Wir sind zu meinem Geburtstag in die Welt der Lebenden gegangen und... sind in ihr wiedergeborenes Ich gerannt.“
 

„Oh“, das Blut schien aus dem Gesicht des 3. Offiziers zu weichen. „Guter Gott.“
 

„Exakt.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Vorschau Kapitel 25:

In den Nachwehen seines Streits mit Renji, erhält Byakuya Einblick von einer überraschenden Quelle. Komplett anzeigen

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